key: cord-0051189-4c1s32gj authors: William, Oliver D. title: Schadensaggregation in der Rückversicherung – die Principles of Reinsurance Contract Law (PRICL) als Mittel zur Schaffung höherer Rechtssicherheit? date: 2020-10-06 journal: ZVersWiss DOI: 10.1007/s12297-020-00476-8 sha: 7f8f5f1e97653a1ae465335a8390af0e1768ed42 doc_id: 51189 cord_uid: 4c1s32gj Most legal systems do not contain any rules regarding the aggregation of losses in the field of reinsurance. As an exception, the law of England and Wales has developed a jurisprudential riches on the subject matter. An analysis of the case law shows that the English law of aggregation is characterized by considerable terminological uncertainties and that the tests and standards developed by English courts are inadequate for creating legal certainty in the matter. Considering the importance of nonproportional reinsurance, this situation of legal uncertainty is unbearable. With a view to creating more legal certainty in the area, chapter 5 of the Principles of Reinsurance Contract Law (PRICL) provides for newly designed rules on the aggregation of losses in reinsurance. Die nichtproportionale Rückversicherung (excess of loss reinsurance) zeichnet sich dadurch aus, dass der Rückversicherer lediglich jenen Teil eines Schadens trägt, der über die Priorität (retention) des Zedenten hinausgeht, das Deckungslimit (cover limit) jedoch nicht übersteigt. 1 Priorität und Deckungslimit prägen den quantitativen Deckungsumfang nichtproportionaler Rückversicherungen damit massgeblich. 2 Die Überprüfung, ob ein Schaden Priorität bzw. Deckungslimit übersteigt, setzt allerdings ein klares Verständnis dessen voraus, was als ein Schaden anzusehen ist. In sog. Einzel-und Kumulschadenexzedentenrückversicherungen 3 sehen die Parteien regelmässig Aggregationsklauseln vor, nach welchen all jene Einzelschäden, die durch ein bestimmtes Merkmal miteinander verbunden sind, mit Blick auf Priorität und Deckungslimit zusammen als ein Schaden gelten. Mit anderen Worten werden diese Einzelschäden aggregiert. Nur wenn das Aggregat die Priorität übersteigt, entsteht beim Rückversicherer eine Leistungspflicht. In der deutschsprachigen Literatur werden Aggregationsklauseln oftmals als "Serienschadenklauseln" bezeichnet. 4 Gemäss dem Gabler Versicherungslexikon sind "Serienschadenklauseln" Vereinbarungen in Versicherungsverträgen, nach denen "mehrere zeitlich zusammenhängende Schäden aus derselben Ursache als ein Schadenereignis gelten". 5 Nach englischem Verständnis bilden sog. "claims series clauses" jedoch nur eine Unterkategorie der Aggregationsklauseln. Dabei handelt es sich nämlich um Aggregationsklauseln, die explizit auf das Verbindungsmerkmal "series" abstellen. 6 Aggregationsklauseln sind i. d. R. sehr abstrakt gehalten und weisen ein nicht zu unterschätzendes Mass an Komplexität auf. So sind sich die Parteien über deren Auslegung oftmals uneinig. 7 Trotzdem hatte -soweit ersichtlich -weder die deutsche 8 noch die schweizerische Judikatur bisher Gelegenheit, sich mit dem Thema der Schadenaggregation in der Rückversicherung auseinanderzusetzen. 9 Es erscheint daher sinnvoll, die reiche englische Rechtsprechung zur Auslegung von Aggregationsklauseln auch für Rückversicherungsverträge zu berücksichtigen, die deutschem oder schweizerischem Recht unterstehen. 10 Dies muss umso mehr gelten, als die Rückversicherungsindustrie äusserst international agiert 11 und davon auszugehen ist, dass Parteien Aggregationsmechanismen relativ unabhängig vom anwendbaren Recht definieren. 12 Das schweizerische Bundesgericht erklärte jedenfalls ausdrücklich, dass die von Entscheidungen englischer Gerichte geprägte Rückversicherungspraxis für das schweizerische Rückversicherungsvertragsrecht bedeutsam sei. 13 Auch in der spärlichen deutschen Literatur zum Thema der Schadenaggregation in der Rückversicherung wird auf die englische Rechtsprechung Bezug genommen. 14 Im Folgenden wird entsprechend vornehmlich englisches Recht untersucht und es soll nicht von "Serienschadenklauseln", sondern von "Aggregationsklauseln" gesprochen werden. 6 Barlow Lyde & Gilbert LLP (2009, Rz. 28 .73 ff.); Merkin et al. (2019, Rz. 11-341 ff.) ; O'Neill et al. (2019, Rz. 7-024) . Bemerkenswert ist, dass eine Vielzahl solcher in der englischen Rechtsprechung diskutierter "claims series clauses" nicht auf eine Serie von Schäden, sondern z. B. auf eine "related series of acts or omissions", eine "series of related acts or omissions" oder eine "series of related matters or transactions" abstellen. Nicht die Einzelschäden sind also Teil einer Serie, sondern die Ursachen oder Umstände der Einzelschäden, siehe z. B. Lloyd's TSB General Insurance Holdings v Lloyd's Bank Group Insurance Co Ltd [2003] UKHL 48 [12] ; AIG Europe Ltd v Woodman [2017] UKSC 18 [1]; zum Ganzen . 7 Fausten (2018, S. 458) . 8 Fausten (2017 Fausten ( , S. 1062 . 9 Dies dürfte nicht zuletzt so sein, weil Rückversicherungsstreitigkeiten in den meisten Fällen unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor Schiedsgerichten ausgefochten werden. Vgl. dazu z. B. Noussia (2013, S. 20) . 10 Vgl. z. B. Fausten (2017 , S. 1062 ; im Entscheid des schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Januar 2014, BGE 140 III 115, E. 6.3, anerkennt das schweizerische Bundesgericht ausdrücklich den hohen Stellenwert der reichen Rechtsprechung englischer Gerichte für die Ausprägung der Rückversicherungspraxis. Jene solle bei der Auslegung und Ergänzung von Rückversicherungsverträgen eine wichtige Rolle spielen. 11 Merkin (2007, S. 380); Barlow Lyde & Gilbert LLP (2009, Rz. 3 .1); Looschelders (2013, Rz. 68) ; Heiss (2018 Heiss ( , S. 103, 2020 ; . 12 Hier ist allerdings beachtlich, dass dieselbe Aggregationsklausel unter englischem Recht wohl anders ausgelegt werden dürfte als unter dem Recht des Bundesstaats New York. Dazu . 13 Entscheid des schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Januar 2014, BGE 140 III 115, E. 6.3. 14 Siehe Fausten (2017, S. 1062 ff.). Die vom Zedenten dem Rückversicherer als Gegenleistung für die Übernahme des Risikos zu bezahlende Rückversicherungsprämie wird anhand der Wahrscheinlichkeit berechnet, dass Schäden eintreten, welche die Priorität übersteigen. Dabei spielen u. a. auch die erwartete Frequenz solcher Schäden und deren Höhe eine Rolle. 15 Ohne Verständnis eines Aggregationsmechanismus ist es nicht möglich, diese Wahrscheinlichkeit, Frequenz und Höhe zu berechnen. Aus diesem Grund erweisen sich Aggregationsmechanismen für die Prämiengestaltung als äusserst relevant. 16 Weiter setzt eine risikoadäquate Kapitalisierung eines Versicherungsträgers eine gewisse ökonomische Werthaltigkeit des Versicherungsschutzes 17 und damit unter anderem auch Rechtssicherheit über die Funktionsweise eines Aggregationsmechanismus voraus. 18 Entsprechend erscheinen Aggregationsmechanismen auch aus aufsichtsrechtlicher Perspektive als bedeutsam. Aggregationsklauseln sind in vielen verschiedenen Versicherungszweigen im Bereich der Erst-und Rückversicherung üblich. Aus aktuellem Anlass wird z. B. diskutiert, wie Aggregationsklauseln in Betriebsschliessungsversicherungen mit Blick auf die Covid-19 Pandemie auszulegen sind. 19 Ein weiteres Feld, in dem Aggregationsklauseln als höchst unsicher gelten, ist die Cyberversicherung. 20 Um mit Lord Mustills Worten zu sprechen, sind Aggregationsklauseln in nichtproportionalen Rückversicherungsverträgen "of cardinal importance". 21 Seit 1995 wurden vor englischen Gerichten vermehrt Streitigkeiten über die Schadenaggregation ausgefochten. 22 O'Neill, Woloniecki und Arnold-Dwyer sprechen von einem "embarrasment of jurisprudential riches", 23 das bisher kaum zu Rechtssicherheit beigetragen hat. 24 Für ein effizientes Geschäft ist diese Unsicherheit allerdings alles andere als zuträglich. 25 Entsprechend hält Barlow Lyde & Gilbert LLP die Schadenaggregation für "one of the most vexing issues facing the reinsurance market in recent years". 26 Im Folgenden soll zunächst auf den Einzelschaden als Grundbaustein eines Schadenaggregats eingegangen werden (Abschn. 3). Weiter wird der Geltungsgrund eines Aggregationsmechanismus sowie dessen Grundkonzept erläutert (Abschn. 4), bevor 15 Cannawurf und Schwepcke (2013, Rz. 274) . 16 Lloyd's TSB General Insurance Holdings v Lloyd's Bank Group Insurance Co Ltd [2003] UK-HL 48 [51] ; Barlow Lyde & Gilbert LLP (2009, Rz. 4.53) ; Louw und Tompkinson (1996, S. 11 ). 17 Vgl. Bork und Wandt (2019 , S. 1115 . 18 Fausten (2017 Fausten ( , S. 1059 auf die verbreitete ereignisbasierte (event-based) (Abschn. 5) bzw. ursachenbasierte (cause-based) (Abschn. 6) Schadenaggregation einzugehen ist. Sodann sollen die Regelungen der Principles of Reinsurance Contract Law (PRICL) zur ereignisbasierten bzw. ursachenbasierten Schadenaggregation überblicksartig vorgestellt werden (Abschn. 7). Schliesslich werden die Ergebnisse in einem Fazit zusammengefasst (Abschn. 8). Wie bereits erwähnt, erlauben Aggregationsklauseln, dass mehrere Einzelschäden, die durch ein bestimmtes Merkmal miteinander verbunden sind, mit Blick auf Priorität und Deckungslimit zusammengezählt werden. In Aggregationsklauseln werden Einzelschäden als "losses", "claims" oder gelegentlich "occurrences" bezeichnet. 27 Eine Aufarbeitung der englischen Rechtsprechung zur Verwendung dieser Begriffe in Aggregationsklauseln ergibt, dass keineswegs klar ist, ob sie synonym verwendet werden oder inhaltliche Unterschiede aufweisen. 28 Der Begriff "claims" wird regelmässig -aber nicht immer -verwendet, wenn Haftpflichtrisiken rückversichert werden. 29 Die Bezeichnung von Einzelschäden als "occurrences" hat in der Branche zu Missverständnissen geführt. 30 Denn das Wort "occurrence" wird in Aggregationsklauseln in der Regel nicht zur Bezeichnung eines Einzelschadens, sondern vielmehr zur Bezeichnung eines Verbindungsmerkmals (unifying factor) verwendet. 31 In Caudle v Sharp hielt Lord Justice Evans im Court of Appeal etwa fest, "[t]he relevant occurrence, strictly, is the making of a claim or the discovery of a loss by the original insured, but the word more readily means the occurrence out of which a claim arises [...] ." 32 In diesem Sinne wird der Begriff "occurrence" denn auch immer wieder mit dem Ausdruck "event" bzw. "Ereignis" gleichgesetzt. 33 Trotzdem ist es ratsam, im Einzelfall zu prüfen, ob das Wort "occurrence" im Sinne eines Einzelschadens oder im Sinne eines Ereignisses verwendet wird. 34 Neben diesen terminologischen Unsicherheiten besteht im englischen Recht auch inhaltlich keine Klarheit darüber, wie Einzelschäden voneinander abzugrenzen sind. 35 Fraglich kann z. B. sein, ob ein Erdbeben ein oder zwei Einzelschäden verursacht, wenn es zwei verschiedene sich auf demselben Grundstück befindliche 27 William (2020) . 28 . 29 . 30 Näheres dazu bei . 31 47 In diesem Sinne steht auch die Ausgestaltung eines Aggregationsmechanismus im Belieben der Parteien. 48 So können die Parteien z. B. vereinbaren, dass all jene Einzelschäden, die während derselben Rückversicherungsperiode anfallen, zu aggregieren sind (sog. Jahresüberschadenrückversicherung; aggregate excess of loss reinsurance). 49 In diesem Fall bedürfen die Einzelschäden zur Aggregation keines gemeinsamen Ursprungs. 50 Demgegenüber wird in sog. Schadenexzedentenrückversicherungen (excess of loss reinsurance) vereinbart, dass Einzelschäden nur dann aggregiert werden, wenn sie ein in der Aggregationsklausel designiertes Verbindungsmerkmal (unifying factor) aufweisen. Der englische Court of Appeal spricht in diesem Zusammenhang von "related" losses oder claims. 51 Im Kern solcher Aggregationsmechanismen liegt ein Kausalitätserfordernis zwischen dem Verbindungsmerkmal und den Einzelschäden. 52 Verschiedene Aggregationsmechanismen unterscheiden sich in ihren unterschiedlichen Kausalitätsanforderungen. Sprachlich finden diese Anforderungen in der Nennung von Verbindungsmerkmal (unifying factor) und Verbindungsworten (linking phrase) 53 Eingang in Aggregationsklauseln. 54 Als unifying factors werden z. B. Ereignisse (events; occurrences 55 ), Ursachen (originating/original causes), Unfälle (accidents), Handlungen und Unterlassungen von Schädigern (acts and omissions) und Naturkatastrophen (catastrophes; disasters; calamities) verwendet. 56 Als linking phrases werden Ausdrücke bezeichnet, welche die Verbindung zwischen den Einzelschäden und dem relevanten unifying factor herstellen. 57 Übliche linking phrases sind etwa "arising out of", "arising from", "consequent upon or attributable to", "in connection with" und "shall result from". 58 Englische Gerichte beschäftigen sich in erster Linie mit der Wortauslegung der in Aggregationsklauseln verwendeten Begriffe im Einzelfall. 59 Am Beispiel zweier viel verwendeter Kombinationen von unifying factor und linking phrase soll im Anschluss gezeigt werden, dass die Bestimmung der Kausalitätserfordernisse eines Aggregationsmechanismus und deren Beurteilung im Einzelfall oftmals alles andere als eindeutig ausfallen. Eine typische ereignisbasierte Aggregationsklausel lautet etwa: "For the purpose of this reinsurance the term ,each and every loss' shall be understood to mean each and every loss [...] arising out of one event". 60 Die Klausel verlangt, dass all jene Einzelschäden aggregiert werden, die auf dasselbe Ereignis (event) zurückzuführen sind. Das Ereignis fungiert als unifying factor. Die Kausalitätserfordernisse werden zudem vom linking phrase "arising out of" mitgeprägt. 53 . 56 Für einen Überblick über die englische Rechtsprechung zu den verschiedenen "unifying factors" siehe . 57 Im Einzelnen . 58 Clyde & Co (2016) ; siehe auch . 59 Zur zentralen Bedeutung der verwendeten Begriffe siehe Lloyd's TSB General Insurance Holdings v Lloyd's Bank Group Insurance Co Ltd [2003] UKHL 48 [17] . 60 Vgl. z. B. Caudle v Sharp [1995] CLC 642 (Court of Appeal) 644. In Caudle v Sharp legte der englische Court of Appeal eine ereignisbasierte Aggregationsklausel aus. Lord Justice Evans erklärte, der Aggregationsmechanismus würde sich aus drei Elementen zusammensetzen. Zunächst müsse etwas passiert sein, das die Einzelschäden verbinde und als Ereignis bezeichnet werden könne; zweitens müsse zwischen diesem Ereignis und jedem Einzelschaden ein Kausalzusammenhang bestehen, der, drittens, nicht zu schwach sein dürfe. 61 Der Begriff des Ereignisses (event) wird in der Rückversicherung in verschiedenen Zusammenhängen und entsprechend mit unterschiedlichen Bedeutungen gebraucht. 62 In Axa Reinsurance (UK) Ltd v Field definierte Lord Mustill den Ereignisbegriff im Zusammenhang mit Aggregationsklauseln folgendermassen: ein Ereignis ist "something which happens at a particular time, at a particular place, in a particular way". 63 Aus der englischen Rechtsprechung geht z. B. hervor, dass das Fassen eines Plans 64 kein Ereignis im Sinne einer Aggregationsklausel darstellt. Darüber, ob eine Entscheidung, etwas zu tun, ein Ereignis sein kann, ist sich die englische Rechtsprechung nicht einig. 65 Umstritten scheint auch, ob Unterlassungen als Ereignisse in Betracht fallen. 66 Sofern ein Geschehnis grundsätzlich als Ereignis in Betracht fällt, ist regelmässig zu klären, ob es sich dabei um ein einziges oder mehrere separate Ereignisse handelt. In der Dawson's Field Arbitration wurde diese Unsicherheit folgendermassen illustriert: "The crews of a submarine and of ships which are attacked and sunk in a convoy would no doubt regard each attack and sinking as a separate occurrence. An admiral at Naval Headquarters might regard the whole attack and its results as one occurrence; a historian almost certainly would." 67 Ob ein Geschehnis als ein oder zwei Ereignisse anzusehen ist, ist nach englischem Verständnis auch in Bezug auf die Rückversicherung vom Blickwinkel des Versicherungsnehmers im Erstversicherungsverhältnis zu bestimmen. 68 In vielen Fällen dürfte die Frage, wie viele Ereignisse ein Geschehnis bilden, umstritten sein. Damit kann konstatiert werden, dass in Bezug auf das erste von Lord Justice Evans beschriebene Element eines ereignisbasierten Aggregationsmechanismus ("something that can properly be described as an event") Rechtsunsicherheit herrscht. Die Verwendung des Ereignisbegriffs als unifying factor indiziert gewisse Kausalitätserfordernisse einer Schadenaggregation. Das relevante Ereignis muss für alle zu aggregierenden Einzelschäden kausal sein und darf in der Kausalkette von den Einzelschäden aus betrachtet nicht allzu weit zurückliegen. 69 Die Kausalitätsanforderungen eines Aggregationsmechanismus werden allerdings nicht alleine durch den unifying factor, sondern zusätzlich durch den verwendeten linking phrase geprägt. Auch der in ereignisbasierten Aggregationsklauseln regelmässig verwendete linking phrase "arising out of" fordert einen eher starken Kausalzusammenhang zwischen dem relevanten Ereignis und den jeweiligen Einzelschäden. 70 Anzumerken ist, dass die Kausalitätserfordernisse durch unifying factor und linking phrase gemeinsam bestimmt werden und dass sich die beiden Klauselbestandteile mit Blick auf die Kausalitätserfordernisse eines Aggregationsmechanismus gegenseitig beeinflussen. 71 Verbindet eine Aggregationsklausel den unifying factor "event" und den linking phrase "arising out of" kann das massgebliche Ereignis weiter zurückliegen als der "proximate cause" der Einzelschäden, d. h. die Verwirklichung der rückversicherten Gefahr. 72 Entsprechend muss das für die Schadenaggregation relevante Ereignis mit dem eigentlichen Schadenereignis, d. h. mit der Verwirklichung der versicherten Gefahr, nicht identisch sein. Trotzdem muss der Kausalzusammenhang zwischen dem Ereignis und den Einzelschäden aber relativ stark sein. 73 Nach Lord Justice Rix erfordere eine ereignisbasierte Aggregationsklausel per definitionem einen starken Kausalzusammenhang. 74 Letztlich besteht allerdings kein abstrahierbarer Massstab dafür, ob der Kausalzusammenhang zwischen einem Ereignis und einer Vielzahl von Einzelschäden für eine Aggregation stark genug ist. Der englische Court of Appeal hat daher festgestellt, dass das relevante Ereignis, dasjenige sei "which should be regarded as the cause of the [individual losses to be aggregated] so as to make it appropriate to regard these as constituting for the purposes of aggregation under this policy one 68 K loss". 75 Mit anderen Worten soll geprüft werden, ob ein Ereignis für die Aggregation der Einzelschäden kausal genug ist, indem gefragt wird, ob eine Aggregation angebracht erscheint. Diese Vorgehensweise erscheint unbefriedigend. Wenn man davon ausgeht, dass Einzelschäden nur aggregiert werden dürfen, wenn sie auf ein Ereignis zurückgehen, das kausal genug ist, so kann das erforderliche Mass an Kausalität nicht mit der Frage ermittelt werden, ob eine Aggregation im Einzelfall als angebracht erscheint. Denn andernfalls handelt es sich bei der Beurteilung, ob die vereinbarten Kausalitätserfordernisse im Einzelfall erfüllt sind, um reines Ermessen des Richters bzw. des Schiedsrichters. 76 Letztlich kommt Lord Justice Rix in Scott v Copenhagen Reinsurance Co (UK) Ltd auch auf dieses Ergebnis. In seiner Urteilsverkündigung erklärte er: Are the losses to be aggregated all arising from one event? That question can only be answered by finding and considering all the relevant facts carefully, and then conducting an exercise of judgment. That exercise can be assisted by considering those facts not only globally and intuitively and by reference to the purpose of the clause, but also more analytically, or rather by reference to the various constituent elements of what makes up one single unifying event. It remains an exercise of judgment, not a reformulation of the clause to be construed and applied. 77 Das zweite Element eines ereignisbasierten Aggregationsmechanismus nach Lord Justice Evans, nämlich, dass zwischen dem relevanten Ereignis und den Einzelschäden Kausalzusammenhänge bestehen müssen, erscheint unproblematisch. Wie die vorangehenden Ausführungen aber zeigen, ist die für eine Schadenaggregation erforderliche Stärke der Kausalzusammenhänge und damit das dritte Element nach Lord Justice Evans unsicher. Gerichte ziehen den sog. "unities test" heran, um diese schwierigen Ermessensfragen nicht nur intuitiv, sondern -wie Lord Justice Rix sagt -auch analytisch anzugehen. 78 Absicht der Verursacher der Einzelschäden dafür, letztere zu aggregieren. 96 Allerdings geht aus der englischen Rechtsprechung nicht hervor, was die Verursacher genau beabsichtigen müssen, damit eine Aggregation der Einzelschäden in Frage kommt. Konkret stellt sich die Frage, ob diese Absichten auf die Verursachung der verschiedenen Einzelschäden gerichtet sein müssen oder ob es ausreicht, wenn sie auf eine Handlung gerichtet sind, aus der in der Folge -möglicherweise auch völlig unbeabsichtigt -eine Mehrzahl von Einzelschäden hervorgeht. 97 In Kuwait Airways Corp v Kuwait Insurance Co SAK befand das Gericht, bei der Invasion von Kuwait durch den Irak und der Aneignung von 15 Flugzeugen durch irakische Militärs habe unity of intent vorgelegen. Denn es sei Saddam Husseins Absicht gewesen, Kuwait Airways die Verfügungsgewalt über die Flugzeuge zu entziehen und sich den Wert derselben anzueignen. Seine Absicht war damit auf die Verursachung einer Mehrzahl von Einzelschäden gerichtet. 98 In der Dawson's Field Arbitration entschied das Schiedsgericht, es habe unity of intent vorgelegen, weil die Absichten der Flugzeugentführer auf die Zerstörung aller drei Flugzeuge in Dawson's Field gerichtet war. 99 In Midland Mainline Ltd v Eagle Star Insurance Co Ltd entschied der englische Commercial Court, die Tatsache, dass aufgrund eines Unfalles an verschiedenen Stellen eines Eisenbahnnetzwerkes Geschwindigkeitsbegrenzungen angeordnet worden waren, würde eine unity of intent begründen. 100 Unzweifelhaft wollte man mit der Anordnung dieser Geschwindigkeitsbeschränkungen weitere Unfälle vorbeugen und nicht, den Eisenbahngesellschaften Schäden verursachen. 101 Damit ist nicht ersichtlich, wie die Absichten der Schadenverursacher gelagert sein müssen, damit man von einer unity of intent ausgehen kann. Zudem haben nicht alle (Schieds-)Gerichte, die eine Frage der ereignisbasierten Aggregation zu beurteilen hatten, den unities test überhaupt angewandt. 102 In MIC Simmonds v Gammell erklärte der englische Commercial Court sogar ausdrücklich, "[t]he ,unities' are merely an aid in determining whether the circumstances of the losses involved such a degree of unity as to justify their being described as ,arising out of one occurrence'". 103 Ergibt sich aus anderen Gründen, dass zwischen dem Ereignis und den Einzelschäden genügend starke Kausalzusammenhänge bestehen, muss der unities test offenbar nicht durchgeführt werden. 104 In welchen Fällen eine analytische Herangehensweise an die Ausübung des Ermessen durch die Anwendung des unities test zu erfolgen hat, bleibt damit aber unklar. Der unities test scheint nicht geeignet zu sein, die Rechtsunsicherheit in der ereignisbasierten Schadenaggregation zu verringern bzw. die Ermessensausübung der Entscheidungsträger zu objektivieren. Denn letztlich -so bestätigte das Schiedsgericht in Aioi Nissay Dowa Insurance Co Ltd v Heraldglen Ltd -ist auch die Durchführung des unities test eine Ermessensangelegenheit. 105 Nach Lord Justice Evans besteht ein ereignisbasierter Aggregationsmechanismus aus drei Elementen. Die Beurteilung, ob etwas passiert ist, das man als Ereignis bezeichnen kann (erstes Element) birgt bereits erhebliche Rechtsunsicherheit. Denn darüber, welche Geschehnisse als Ereignisse im Sinne einer Aggregationsklausel anzusehen sind, herrscht keine Einigkeit. Ebenfalls unklar ist, ob ein Geschehnis im Einzelfall aus einer Aneinanderreihung mehrerer Ereignisse besteht oder selber ein einziges Ereignis darstellt. Auch Lord Justice Evans drittes Element, nämlich dass die Kausalzusammenhänge zwischen einem Ereignis und den Einzelschäden eine gewisse Stärke 106 aufweisen müssen, stellt (Schieds-)Gerichte immer wieder vor Probleme. Letzten Endes handelt es sich dabei um eine Ermessensfrage. Zur Strukturierung und einer gewissen Objektivierung ihrer Ermessensausübung wenden (Schieds-)Gerichte regelmässig den unities test an. Eine Analyse der Rechtsprechung zum unities test zeigt jedoch, dass dieser selber zur Ermessensfrage verkommt und nicht geeignet ist, im Bereich der ereignisbasierten Schadenaggregation Rechtssicherheit zu schaffen. Unter englischem Recht besteht im Bereich der ereignisbasierten Schadenaggregation damit erhebliche Rechtsunsicherheit; eine Rechtsunsicherheit, die der eingangs erwähnten, erheblichen Bedeutung der nichtproportionalen Rückversicherung nicht gerecht wird. Ursachenbasierte Aggregationsklauseln finden sich häufiger in Erstversicherungsals in Rückversicherungsverträgen. 107 K Ursachenbasierte Aggregationsklauseln enthalten typischerweise entweder das Verbindungsmerkmal (unifying factor) des "originating cause or source" 109 oder jenes des "one source or original cause" 110 . Die beiden Varianten werden von Literatur und Rechtsprechung als funktional identisch erachtet. 111 In der Regel wird dieses Verbindungsmerkmal entweder zusammen mit dem linking phrase "consequent upon or attributable to" 112 oder "arising from" 113 verwendet. In Axa Reinsurance (UK) Ltd v Field grenzte Lord Mustill im House of Lords das Verbindungsmerkmal der Ursache (cause) von jenem des Ereignisses (event) ab. Während ein Ereignis etwas sei, das zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Art und Weise geschehe, sei der Ursachenbegriff viel weitläufiger. Beispielsweise könne ein Zustand und sogar die Tatsache, dass nichts geschehe, als Ursachen im Sinne einer Aggregationsklausel verstanden werden. 114 Dem hielt Justice Morison in Countrywide Assured Group Plc v Marshall entgegen, der Ursachenbegriff sei nicht einfach nur weitläufiger als der Begriff des Ereignisses. Vielmehr beschreibe das Wort "Ereignis" etwas, das passiere, während das Wort "Ursache" erkläre, warum etwas geschehe. 115 Das bedeutet jedoch nicht, dass Ursache und Ereignis unter keinen Umständen zusammenfallen können. 116 Es ist davon auszugehen, dass jedes für die Schadenaggregation relevante Ereignis gleichzeitig als Ursache bezeichnet werden kann. 117 So sind z. B. die Erdbeben von Christchurch im Jahre 2011 sowohl als Ursache(n) im Sinne einer ursachenbasierten Aggregationsklausel als auch als Ereignis(se) im Sinne einer ereignisbasierten Aggregationsklausel zu verstehen. 118 Umgekehrt kann nicht jede Ursache auch als Ereignis qualifiziert werden. So wäre es beispielsweise undenkbar, die Anfälligkeit Neuseelands auf Erdbeben als Ereignis zu verstehen. 119 Als Ursache im Sinne einer Aggregationsklausel fällt diese Anfälligkeit nach Merkin demgegenüber in Betracht. 120 In Axa Reinsurance (UK) Ltd v Field vertrat Lord Mustill die Ansicht, "the word ,originating' was [...] consciously chosen to open up the widest possible search for a unifying factor in the history of the losses which it is sought to aggregate." 121 Allerdings -zu diesem Schluss gelangte jedenfalls der Commercial Court in American Centennial Insurance Co v Insco Ltd -erfordert auch die ursachenbasierte Schadenaggregation, das zwischen der Ursache und den Einzelschäden Kausalzusammenhänge einer gewissen Stärke bestehen. 122 Unbestritten erscheint, dass die Kausalitätserfordernisse in ursachenbasierten Aggregationsmechanismen im Vergleich mit jenen in ereignisbasierten weniger streng sind. Mit anderen Worten erlaubt ein ursachenbasierter Aggregationsmechanismus eine Schadenaggregation noch, wenn die Kausalzusammenhänge zwischen dem Verbindungsmerkmal und den Einzelschäden für einen ereignisbasierten Aggregationsmechanismus bereits zu schwach wären. 123 In Regeln zur ereignis-und ursachenbasierten Schadenaggregation werden in Kapitel 5 statuiert. Der Anspruch der PRICL, im Bereich der Schadenaggregation vorhandene Rechtsunsicherheit wenigstens teilweise zu beseitigen, wird im offiziellen Kommentar zu Art. 5.1 PRICL zum Ausdruck gebracht. 141 Im Folgenden sollen die für die PRICL entwickelten Konzepte der ereignis-und ursachenbasierten Schadenaggregation überblicksartig vorgestellt werden. Art. 5.2 PRICL ist anwendbar, sofern sich die Parteien für ihren Rückversicherungsvertrag auf einen ereignisbasierten Aggregationsmechanismus geeinigt haben. 142 Die Bestimmung lautet wie folgt: (1) Where the parties agree on an event-based aggregation in a contract reinsuring first-party insurance policies, all losses that occur as a direct consequence of the same materialization of a peril reinsured against shall be considered as arising out of one event. (2) Where the parties agree on an event-based aggregation in a contract reinsuring third-party liability insurance policies, all losses that occur as a direct consequence of the same act, omission or fact giving rise or allegedly giving rise to the primary insured's liability shall be considered as arising out of one event. Aus der Bestimmung geht ohne weiteres hervor, dass eine Schadenaggregation nur dann in Betracht fällt, wenn ein Ereignis für zwei oder mehr Einzelschäden kausal ist. 143 Das Konzept der Bestimmung basiert auf der Erkenntnis, dass es vielfach umstritten ist, ob ein Geschehnis als Ereignis im Sinne einer Aggregationsklausel zu qualifizieren ist und dass es praktisch unmöglich sein dürfte, in einer abstrakten Regel festzulegen, wie weit ein Ereignis auf der Kausalkette zurückliegen darf, um für die Schadenaggregation noch relevant zu sein. Mit anderen Worten versucht 140 Die PRICL stehen zum freien Download bereit unter: , zuletzt besucht am 14. August 2020. 141 Kommentar C6 zu Art. 5.1 PRICL. 142 Vgl. Kommentar C4 zu Art. 5.1 PRICL; . 143 Siehe auch Kommentar C4 zu Art. 5.2 PRICL; William (2020). Art. 5.2 PRICL sowohl das erste als auch das dritte von Lord Justice Evans 144 angeführte Beurteilungskriterium zu vereinfachen. 145 Der unter englischem Recht entwickelte, rechtsunsichere unities test muss unter Anwendung von Art. 5.2 PRICL nicht bemüht werden. 146 Für die Bestimmung des für die Schadenaggregation relevanten Ereignisses unterscheiden die PRICL zwischen der Rückversicherung von Sachversicherungspolicen 147 (Abs. 1) und jener von Haftpflichtpolicen (Abs. 2). Die Sachversicherung versichert in der Regel das Risiko, dass der Versicherte durch die Verwirklichung einer im Vertrag designierten Gefahr in seinem Eigentum geschädigt wird. 148 Der Erstversicherer wird gegenüber seinem Versicherungsnehmer leistungspflichtig, wenn sich eine solche Gefahr verwirklicht und dadurch ein Schaden eintritt. 149 Soweit sich dadurch auch eine im Rückversicherungsvertrag definierte Gefahr verwirklicht, wird der Rückversicherer gegenüber seinem Zedenten (Erstversicherer) leistungspflichtig. Lord Justice Evans erstes Element eines ereignisbasierten Aggregationsmechanismus fragt danach, ob ein Geschehnis als Ereignis bezeichnet werden kann ("can properly be described as an event"). Art. 5.2 (1) PRICL löst die diesbezügliche Rechtsunsicherheit auf, indem es nur die Verwirklichung einer rückversicherten Gefahr als Ereignis anerkennt ("materialization of a peril reinsured against"). 150 Ein jedes Geschehnis, das nicht als Verwirklichung einer rückversicherten Gefahr bezeichnet werden kann, begründet kein Ereignis für die Schadenaggregation i. S. v. Art. 5.2 (1) PRICL. Weil es möglich ist, dass sich die rückversicherte Gefahr in kurzer Zeit mehrmals verwirklicht, ist es wichtig, dass jede Verwirklichung separat betrachtet wird. Laut Art. 5.2 (1) PRICL sind nur jene Einzelschäden zu aggregieren, die sich aus derselben Verwirklichung einer rückversicherten Gefahr ergeben haben ("same materialization"). Die Herausforderung besteht also in der Ermittlung einer einzelnen Gefahrverwirklichung. Gerade bei Naturgefahren wie zum Beispiel einem Erdbeben mit potentiellen Nachbeben kann es durchaus umstritten sein, ob sich die Gefahr ein einziges Mal oder wiederholt verwirklicht hat. Solche Fragen werden i. d. R. natur-wissenschaftlich begutachtet. Auch der offizielle Kommentar zu den PRICL spricht sich für eine wissenschaftliche Untersuchung dieser Fragen im Einzelfall aus. 151 Sofern das rückversicherte Risiko nicht in einer Naturgefahr, sondern vielmehr in der Gefahr eines durch Menschenhand verursachten Schadens liegt, dürfte es regelmässig schwierig sein, anhand von wissenschaftlichen Kriterien zu entscheiden, ob sich eine Gefahr einmal oder mehrmals verwirklicht hat. 152 . 153 Kommentar C10 zu Art. 5.2 PRICL. 154 Vgl. Wagner (2017a, Stichwort: "Haftpflichtversicherung"); Baumunk (2003, S. 332 ). 155 Vgl. Butler und Merkin (Loseblattsammlung, . 156 Beide Absätze von Art. 5.2 PRICL lassen eine Schadenaggregation nur zu, sofern die betreffenden Einzelschäden die direkte Folge ("direct consequence") eines Ereignisses darstellen. Wie bereits erwähnt, bedarf es für eine ereignisbasierte Schadenaggregation auch unter den PRICL Kausalzusammenhänge zwischen einem Ereignis und den Einzelschäden. 160 Die Formulierung der Bestimmung erweckt den Eindruck, dass nur qualifizierte, nämlich direkte Kausalzusammenhänge eine Schadenaggregation ermöglichen. Sofort wird man fragen müssen, was als direkter bzw. indirekter Einzelschaden gilt und zu bedenken geben, dass die erforderliche Stärke der Kausalzusammenhänge auch unter Art. 5.2 PRICL rechtsunsicher erscheine. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass für die Beurteilung, ob ein Einzelschaden die direkte Folge eines Ereignisses ist, kein allzu abstrakter, undefinierbarer Massstab zur Anwendung gelangen soll. Nach dem offiziellen Kommentar zu Art. 5.2 PRICL ist ein Einzelschaden als direkte Folge eines Ereignisses anzusehen, sofern er eine unausweichliche Folge des Ereignisses darstellt und kein entscheidender, unabhängiger Faktor hinzutritt, ohne den der Einzelschaden nicht eingetreten wäre. 161 Ein solcher massgeblicher, unabhängiger Faktor, der zum Ereignis hinzutritt und ohne den der Einzelschaden nicht eingetreten wäre, kann darin bestehen, dass eine Person es unterlässt, das Ereignis abzuwenden, obwohl dazu eine Pflicht bestanden hätte (conditio cum qua non). 162 Ebenso gut kann ein Geschehnis oder die aktive Handlung einer Person einen solchen Faktor darstellen (conditio sine qua non). 163 Selbst wenn ein Einzelschaden neben dem Ereignis von einem unabhängigen Einzelschaden mitgeprägt worden ist, entfällt eine Schadenaggregation nur, sofern dieser Faktor für den Schadeneintritt von entscheidender Bedeutung war. 164 Beispielsweise verhindert die Tatsache, dass ein Feuer nur aufgrund windiger Verhältnisse auf ein bestimmtes Grundstück übergetreten ist, eine Schadenaggregation nicht, sofern diese Windverhältnisse für den fraglichen Ort nicht gänzlich ungewöhnlich sind. 165 Eine Mehrheit von Einzelschäden ist auch zu aggregieren, sofern das fragliche Ereignis in der Kausalkette nicht unmittelbar vor dem Eintritt der Einzelschäden stattfindet. Es ist durchaus denkbar, dass das Ereignis unweigerlich zu einem weiteren Geschehnis führt, welches dann seinerseits unvermeidbar im Eintritt der Schäden 159 Kommentar C14 zu Art. 5.2 PRICL. 160 Kommentar C4 zu Art. 5.2 PRICL. 161 Kommentar C18 zu Art. 5.2 PRICL. 162 Kommentar C20 zu Art. 5.2 PRICL. 163 Kommentar C21 zu Art. 5.2 PRICL. 164 Kommentar C22 zu Art. 5.2 PRICL. 165 (1) Where the parties agree on a cause-based aggregation in a contract reinsuring first-party insurance policies, all losses that occur as the direct consequence of one or multiple events within the meaning of Article 5.2 paragraph (1) shall be considered as arising out of one common cause if it was reasonably foreseeable that a cause of this kind could give rise to such an event. (2) Where the parties agree on a cause-based aggregation in a contract reinsuring third-party liability insurance policies, all losses that occur as the direct consequence of one or multiple events within the meaning of Article 5.2 paragraph (2) shall be considered as arising out of one common cause if it was reasonably foreseeable that a cause of this kind could give rise to such an event. Wie Art. 5.2 PRICL unterscheidet auch Art. 5.3 PRICL zwischen der Rückversicherung von Sachversicherungspolicen (Abs. 1) und jener von Haftpflichtpolicen (Abs. 2). 167 Art. 5.3 PRICL folgt der englischen Rechtsposition auch darin, dass eine Ursache für eine Schadenaggregation in der Kausalkette weiter zurückliegen darf als ein Ereignis. 168 Die PRICL versuchen, die Kausalitätserfordernisse einer ursachenbasierten Schadenaggregation in einer abstrakten Regel zu beschreiben. Wenn die Parteien eines Rückversicherungsvertrags eine Priorität oder ein Deckungslimit vereinbaren, bestimmen sie den quantitativen Deckungsbereich des Rückversicherungsschutzes. In Abhängigkeit des quantitativen Deckungsbereichs sowie weiterer Aspekte setzen sie die Rückversicherungsprämie fest. Sofern die Parteien nicht verstehen, wie sich der an Priorität und Deckungslimit zu messende Schaden zusammensetzt, kann dies das Gleichgewicht zwischen dem quantitativen Deckungsumfang und der Rückversicherungsprämie beeinträchtigen. Eine genaue Bewertung des rückversicherten Risikos setzt entsprechend ein genaues Verständnis dessen voraus, was als ein Schaden anzusehen ist. Weder die deutsche noch die schweizerische Judikatur hat in Bezug auf die Schadenaggregation in der Rückversicherung konkrete Regeln entwickelt. Demgegenüber haben englische Gerichte seit ca. 1995 vermehrt die Gelegenheit, Fragen der Schadenaggregation zu beurteilen. Es ist davon auszugehen, dass sich auch deutsche und schweizerische Gerichte -wenn sie denn dazu Gelegenheit erhalten -von der englischen Rechtsprechung inspirieren lassen werden. Eine Analyse der englischen Rechtsprechung zur Schadenaggregation in der Rückversicherung hat gezeigt, dass in diesem Bereich eine erhebliche Rechtsunsicherheit besteht. Aufgrund von terminologischen und konzeptionellen Gründen scheint zunächst unklar, was überhaupt ein Einzelschaden ist. Sodann erscheinen 178 Kommentar C19 zu Art. 5.3 PRICL. 179 Vgl. Kommentar C19 zu Art. 5.3 PRICL. K sowohl der Ereignisbegriff als auch der Ursachenbegriff alles andere als eindeutig. Kann in einer Unterlassung wirklich unter keinen Umständen ein Ereignis gesehen werden? Können Entscheidungen, etwas zu tun, Ereignisse darstellen? Und kann die Tatsache, dass Neuseeland in einem Erdbebengebiet liegt, wirklich als Ursache für Einzelschäden angesehen werden? Sowohl in der ereignisbasierten als auch in der ursachenbasierten Schadenaggregation liegen die grössten Unsicherheiten in den Kausalitätserfordernissen zwischen einem unifying factor und den Einzelschäden. Aus der englischen Rechtsprechung scheint kein abstrahierbares Konzept zur Bestimmung dieser Kausalitätserfordernisse hervorgegangen zu sein. Lord Justice Rix erklärt in Scott v The Copenhagen Reinsurance Co (UK) Ltd, man müsse sich im Einzelfall die Frage stellen, ob ein Ereignis vorliege, das für eine Vielzahl von Einzelschäden ursächlich gewesen sei und eine Aggregation dieser Schäden daher angemessen erscheine. 180 Damit nicht der Anschein entsteht, dass (Schieds-)Gerichte Fragen der Schadenaggregation völlig intuitiv beantworten, wenden sie den "analytischen" unities test an. Die Untersuchung hat allerdings gezeigt, dass auch die Anwendung des unities test eine sehr intuitive Angelegenheit ist. Letztlich lässt sich mit dem unities test ohne grössere Schwierigkeiten jedes Ergebnis begründen, sodass es letztlich eben doch wieder auf das Bauchgefühl des (Schieds-)Richters ankommt. Dieses Ergebnis zeigt, dass es das englische Recht den Parteien nicht erlaubt, den Einfluss eines Aggregationsmechanismus auf das rückversicherte Risiko auch nur annähernd rechtssicher abzuschätzen und die Rückversicherungsprämie entsprechend festzusetzen. Kapitel 5 der PRICL sieht Regeln zur Schadenaggregation in der Rückversicherung vor. Unsicherheiten in Bezug auf die Definition von Einzelschäden werden darin allerdings nicht ausgeräumt. Demgegenüber enthält das Kapitel sowohl für die ereignisbasierte als auch für die ursachenbasierte Schadenaggregation eigens entwickelte Konzepte, welche zur Erhöhung der Rechtsicherheit beitragen sollen. Art. 5.2 PRICL sieht vor, dass das für die Schadenaggregation relevante Ereignis in der Verwirklichung einer rückversicherten Gefahr bzw. in einer die Haftpflicht des Erstversicherungsnehmers begründenden Handlung, Unterlassung oder Tatsache liegt. Damit entfällt in der Regel die schwierige Frage, ob etwas ein Ereignis ist oder nicht. Einzig, wenn der Vertrag die rückversicherte Gefahr nicht nennt, bleibt eine kleine Ungewissheit. 181 Art. 5.2 PRICL verzichtet ebenfalls auf komplizierte Kausalitätserfordernisse. Entsprechend dürfte die ereignisbasierte Schadenaggregation in Art. 5.2 PRICL im Verhältnis zur jener unter englischem Recht merklich rechtssicherer sein. Wie im englischen Recht lässt auch die ursachenbasierte Schadenaggregation unter Art. 5.3 PRICL im Verhältnis zu einer ereignisbasierten Schadenaggregation eine weitreichendere Schadenaggregation zu. Konkret wird der Ursachenbegriff unter den PRICL in Abhängigkeit des Ereignisbegriffs definiert. Art. 5.3 PRICL setzt zunächst die Bestimmung eines Ereignisses im Sinne von Art. 5.2 PRICL voraus und erlaubt es von diesem Ereignis aus gesehen auf der Kausalkette auf der Suche nach einer Ursache für die Gefahrverwirklichung bzw. die Haftpflicht begründende Handlung, Unterlassung oder Tatsache weiter zurückzuschreiten. Das Kriterium der "reasonable foreseeability" kontrolliert in der Folge, wie weit auf der Kausalkette zurückgeschritten werden darf. Art. 5.3 PRICL fasst den Ursachenbegriff nicht neu. Es ist jedoch davon auszugehen, dass z. B. die Tatsache, dass Neuseeland in einem Erdbebengebiet liegt, für die Verwirklichung eines Erdbebens nicht als ursächlich angesehen wird. Auch unter Art. 5.3 PRICL bestehen mehr oder weniger vage Kausalitätserfordernisse. Denn wo genau auf der Kausalkette die Ursache einer Gefahrverwirklichung liegt, kann abstrakt nicht bestimmt werden. Mit dem Kriterium der "reasonable foreseeability" versucht Art. 5.3 PRICL diese Kausalitätserfordernisse zu kontrollieren. Es ist davon auszugehen, dass dieser Mechanismus im Vergleich zur ursachenbasierten Schadenaggregation unter englischem Recht etwas mehr Rechtssicherheit bietet. Es bleibt abzuwarten, ob Kapitel 5 PRICL in der Praxis für die Schadenaggregation tatsächlich höhere Rechtssicherheit bringen wird oder die Vereinfachung der Aggregationsmechanismen nur theoretisch funktioniert. Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. Zeitschriftenartikel Court of Appeal) 652; vgl Phoenix General Insurance Co of Greece SA v Halvanon Ltd v Ecclesiastical Insurance Office Yasuda Fire & Marine Co of Europe Ltd v Lloyd's Underwriting Syndicates no 209 Denby v English and Scottish Maritime Insurance Co Ltd; Yasuda Fire & Marine Co of Europe Ltd v Lloyd's Underwriting Syndicates no 209 UK) Ltd v Field [1996] 1 WLR 1026 (House of Lords) 1035 Dawson's Field Arbitration, zitiert in: Kuwait Airways Corp v Kuwait Insurance Co SAK Aioi Nissay Dowa Insurance Co Ltd v Heraldglen Ltd and Advent Capital Ltd Commercial Court) [97] war das Gericht der Ansicht, dass "a decision (...) cannot constitute an event or occurrence Rep 664 (Commercial Court), dass die Umsetzung einer Entscheidung ein Ereignis sein könne; in IRB Brasil Resseguros SA v CX Reinsurance Co Ltd der vorzugswürdigen Ansicht, dass unter gewissen Voraussetzungen auch Unterlassungen Ereignisse im Sinne einer Aggregationsklausel sein können. Siehe auch Scott v The Copenhagen Reinsurance Co (UK) Dawson's Field Arbitration, zitiert in: Kuwait Airways Corp v Kuwait Insurance Co SAK Dawson's Field Arbitration, zitiert in: Kuwait Airways Corp v Kuwait Insurance Co SAK Kuwait Airways Corp v Kuwait Insurance Co SAK Dawson's Field Arbitration, zitiert in: Kuwait Airways Corp v Kuwait Insurance Co SAK Demgegenüber entschied das Schiedsgericht in Aioi Nissay Dowa Insurance Co Ltd v Heraldglen Ltd and Advent Capital Ltd Cox v Bankside Members Agency Ltd [1995] CLC 671 (Court of Appeal) 679; Standard Life Assurance Ltd v Oak Dedicated Ltd Standard Life Assurance Ltd v Ace European Group Municipal Mutual Insurance Ltd v Sea Insurance Co Ltd Court of Appeal) 967; vgl. auch Countrywide Assured Group Plc v Marshall Municipal Mutual Insurance Ltd v Sea Insurance Co Ltd Tokio Marine Europe Insurance Ltd v Novae Corporate Underwriting Ltd UK) Ltd v Field [1996] 1 WLR 1026 (House of Lords) 1035 Brown (RE) v GIO Insurance Ltd Dazu Kommentare C21 ff Gemäss Kommentare C30 ff. zu Art. 5.2 PRICL werden Lebensversicherungspolicen ebenfalls unter Absatz 1 von Art. 5.2 PRICL behandelt Auch für den Fall, dass der Rückversicherungsvertrag nicht ausdrücklich vorsieht, gegen welche Gefahren er Schutz bietet (all-risk Rückversicherungspolicen), kann Art. 5.2 (1) PRICL zur Anwendung gebracht werden Wie bereits erwähnt, können alle Ereignisse auch als Ursachen bezeichnet werden New York's Unfortunate Event Test: Its Application Prior to the Events of 9/11 Der Moderne Guidon de La Mer: Die Principles of Reinsurance Contract Law (PRICL) Duties and Remedies in the Principles of International Commercial Contracts (PICC) and the Principles of Reinsurance Contract Law (PRICL): Notes for a Comparison, 25 Unif Abweichende Beurteilung einer Serienschadenklausel durch die Rechtsprechung und deren Auswirkung auf die Rückversicherung From contract certainty to legal certainty for reinsurance transactions: the principle of reinsurance contract law (PRICL) The principles of Reinsurance contract law: an optional instrument of transnational reinsurance law. Unif. L. Rev 25 Unif Curiouser and curiouser: the meaning of "event The Christchurch earthquakes insurance and reinsurance issues Versicherungsschutz in der Corona-Krise, hier: Deckung unter Betriebsschliessungsversicherungen und Schadenaggregation in der Rückversicherung Reinsurance practice and the law MacGillivray on insurance law. Sweet & Maxwell Butler and Merkin's reinsurance law Bd. 2. Sweet & Maxwell The law of reinsurance Klassische und moderne Formen der Rückversicherung A Guide to Reinsurance Law Colinvaux's law of insurance Reinsurance Arbitration The law of reinsurance in England and Bermuda Praxishandbuch: Rückversicherung. VVW Reinsurance and the law of aggregation: event, occurrence, cause Das Vertragsrecht der Rückversicherung §9 Das IPR der Rückversicherung Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz Stichwort "Haftpflichtversicherung Hrsg.) Gabler Versicherungslexikon Stichwort "Serienschadenklausel Aggregation words, the insurance hub Covid-19 and insurance-how many events or occurrences or causes have we got? Quadrant chambers Is Covid-19 one "event Cyber aggregation risk-the elephant in the Cyber room