o 017 1 /iFi ^ intotip CHASSIDISMUS von" AHRON MARCUS, "" ^3^&~ * LEMBERG. VERLAG VON MICHAEL WOLF. Druek von Felix Bednarski, Eingplatz, Nr. 9. 1S89. \mi DEM EDLEN Pbilantropeii und Macen Ilerrn JULIUS PRZEWORSKI KRAKAU in dankbarer Erinnerung gewidmet vom V ERFASSER. 1* 2UIJ 5017685 Vorwort. (in Thema wie das vorliegende, hat seiiie besonderen Schwierigkeiten in der Verschiedenheit der beiden Literaturen, zwischen denen ein hochst merkwiirdi- ger Parallelismus nachgewiesen warden soil. Die moderne Wissenschaft tragt die Schatze der For- schung vor den Konigsthron des Philosophen zusammen, der das Pass des Diogenes langst mit prunkvollen Pracht- bauten vertauscht hat, in denen die oberen Zehntausend die Weisheit empfangen, welche die moderne Gesellschaft be- herrscht. Ein Kind des neunzehnten Jahrhunderts, ist sie gewohnt ihren Ideenkreis als einer neuen Schopfungsepoche angeho- rig zu betrachten, in welcher die alte Weltweisheit sich aus- nimmt, wie ein fossiles Monstrum der Vorwelt. Das verhatschelte Schosskind der modernen Cultur ahnt nicht, dass das alte geheimnissvolle Wandervolk in den Einoden des jemenischen Arabien, am Rande der Sahara, im diistern marokkanischen Ghetto, in den sarmatischen Waldern, durch deren Nebelschleier kein Strahl der Cultur dringt, eine Literatur geschaffen habe, in welcher dieselben geistigen Entwickehmgsgesetze wirken, denen die arische Gei- stescultur ihre moderne Gestaltung verdankt. Das Judenthum besitzt eine eigenthiimliche Kunst, seine Geistesproducte dem Fremden unzuganglich zu machen. Der Talmud, den ein polnischer Judenknabe mit sechs Jahren nebst den schwierigsten Commentatoren zu lesen im Stande ist, bleibt ein Buch mit sieben Siegeln fur den ari- schen Geheimrath, der als berufener Sachverstandiger das Gestandniss ablegt, dass er erst einen Tag nach seinem Tode im Stande sein werde, ein Urtheil iiber dieses Buch VI 4abzugeben, weil es ein Menschenleben erfordert, um davon ein Blatt lesen zu konnen. Nun ist unter tausend tiichtigen Talmudisten nicht Einer im Stande, ohne besonderen Unterricht die sogenannte kab- balistische Literatur zu verstehen. Der semitische Professor an einer arischen Universitat, der sich zum unberufenen Sachverstandigen liber jene aufwirft, miisste daher, wenn er die Einfalt seines arischen Collegen besasse, wenigstens zwei Menschenleben fur sich in Anspruch nehmen, bevor er mit einem Urtheile herausriicken konnte. Eine Unbequemlichkeit, aus welcher sich derselbe durch die Behauptung hilft, dass z. B. im Emek hamelech einem bedeutenderen Werke dieser Literatur auch nicht ein einziger Satz enthalten sei, der uberhaupt irgend einen Sinn haben sollte. Und der Mann riskirt dabei nicht einmal die Gefahr der Entdeckung, dass er sich ein merkwiirdiges Armuthszeugniss ausgestellt habe. Fiir einen Polemiker gabe es da sehr wohlfeile Lorbee- ren zu pfliicken. Ich will mich darauf beschranken, den geehrten Leser ganz objectiv mit der neueren jiidischen Geistesarbeit be- kannt zu machen und bitte nur bis zur Prufung jene be- liebten Vorurtheile ruhen zu lassen, welche uber alles dem Judenthume Angehorige in den verschiedensten Formen im Umlaufe sind. Die Mangel der wissenschaftlichen Behandlung, der Sprache und des Styles beliebe man einem Autodidacten nachzusehen, welcher ohne Behelfe in einem galizischen Dorfe mit jiidisch-schwabisch-polnisch-ruthenischer Umgangs- .sprache schreibt. Winniki, den i. Januar 1888. Ahron Marcus. I. PNTWICKELUNGSTHEORIE, Es gibt kaum eine grb'ssere Ueberraschung ftir den jiidi- sclien Leser dem die rabbinische Literatur der Neuzeit zugan- glich 1st, als die Lecture der Philosophic des Unbewussten von Hartinann. Die rabbinische Wissenschaft contradictio in adjecto nicht wahr? die langst todtgesagte, stationare, stagnirende, empfindet aufs neue das Aufblitzen jener geistigen Ueberlegenheit, welche ihr der Arier durch so viele Jahrhun- derte seiner geistigen Versumpfung zugesteheu musste. Der Kampf den sie gegen Keule und Morgenstern mit- telalteiiicher Scholastik gefiihrt, sie nimmt ifan auf gegen das Dy- nainit des moderuen Zeitgeistes, denn sie hat in ihrem ,,Winkel der Geschichte" sich keinen Schlaf gegonnt, der Fortschritt, den sie anbahnen half, er ist ihr nicht vorausgeeilt. Hartmann ktindigt sein System an, als den Schlussstein im genetischen Entwicklungsgange der neuen Wissenschaften, wie sie sich urn ihre Centralmonade , die Philosophic als Wis- senschaft der Wissenschaften, gruppiren. Mit Eenan stimmt er in die Klage ein, iiber die Unfahigkeit der Generation fur philosophische Studien, welche die Kathederphilosophen hin- ter einer erkiinstelten Missachtung der Konigin der Wissen- schaften zu verbergen suchen. Er zeigt die Gefahr, welche der modernen Cultur durch die endlose Zersplitterung der einzelnen Disciplinen droht, durch das jahrliche Erscheinen von 30.000 wissenschaftlichen Werken, welche also nach einem Menschenalter eine Million zahlen werden und weissagt eine Siindfluth, die das geistige Leben mit Vernichtung bedroht und der europaischen Bildung dieselbe todtliche Stagnation vorbereitet, welcher die indischen, arabischen und jtidischen erlegen seien. Hartmann ist der moderne Noa, der die Eettungs-Arclie baut, bevor die Siindfluth anriickt. Wir werden hier an eine recht interessante rabbinische Prophezeihung erinnert: Midrascli Hanelam zu Abschnitt Wajera: Im 7. Jahrhundert des 6. Jahrtausends (also von 1840 der arischen Zeitrechnung an) werden die Thore der Weis- heit sich offnen von oben und ihre Quellen von unten, als Symbol diene dir der Yers : Ira 600. Lebensjahre Noa's offne- ten sich die Schleusen des Himmels und die Quellen des Abgrundes. Einige Jahre nachdem Hartmanu-Noa seine ersten Auf- lagen veroffentlichte, trat ein Ereigniss ein, welches seinen Bau mit Vernichtung bedrohte, ich meine den Berliner Ge- lehrtencongress 1882, der sich die Aufgabe gestellt hatte, den Ariern die Bilanz der modernen wissenschaftlichen Errungen- schaften zu unterbreiten. Der Eector Du Bois Eaymond legte folgendes Eesultat vor : Die Grenzen der menschlichen Erkenntniss wohl fur alle Zeiten bilden folgende sieben Ignorabimus: 1. das Wesen der Materie; 2. der Ursprung der Bevvegung; 3. die Entstehung des organischen Lebens; 4. die Erklarung der teleologischen (zweckdienlichen) Erscheinungen im Universum; 5. die Entstehung des sinnlichen Gefiihls ; 6. die Entstehung des Gedankens und der Sprache ; 7. die Existenz des freien menschlichen Willens. Die Kritik der etwas confusen Art der Zusammenstellung verstummt unter dem Eindrucke mit dem der 8. Lehrsatz, die Krone dieses Gebaudes, uns tiberrascht. Der achte Ignorabimus ist die Frage ob die Welt existirt oder nur in unserem eigenen, ebenso durch Meynert in Frage gestellten Ich.???? Das ist die mit feierlichem Ernste verkiindete geistige Yermogensbilanz, die mit einem ungeheuren Deficit abschliesst 9 welches die alten Glaubiger der Arier auf geistigem Gebiete, bei deuen sie durch Jahrtausende gepumpt haben, mit einem neunteu Zweifel an ihrer Creditfahigkeit erfiillen muss. Eine Eventualitat, die fiir Hartmann vernichtend werden kann, da nachgewiesen werden soil, dass auch seine Arche unbewusst mit jiidiscliem Capital unter Vorschiebung arischer Nauien ge- baut sei. Pariunt monies et nascitur ridiculus mus. Es kreisen die Berge und ein lacherlich winziges Mauschen wird geboren. Sollen die vulkanischen Umwalzungen, die auf dem Ge- biete der Wissenschaft stattgefunden habeii, seit der Zeit, als der in demselben Berlin thronende Soldatenkonig Friedrich Wilhelm I. es fiir gut fand, seinen Hofnarren zum Eector zu ernennen, keine auderen Eesultate zu Tage fordern, als die Bloslegung der Olmniackt des menschliclien Geistes, die ihn dock niclit hindert, ein Attentat zu begehen auf den absolu- ten Kosmokrator, den gesunden Menschenverstand ? Muss man diese unselige fixe Idee des achten Ignorabimus niclit einen geistigen Selbstmord nennen? Der Culminationspunkt der mo- dernen Bildung ware also iiberschritten , der Abstieg beginnt, und wohin man blickt, zeigen sich die schwiudelnden Tiefen des N'ihilismus, des Mysticismus, des Hypnotismus, des zer- schmetternden Eiickfalles in die Abgriinde des Mittelalters. Der Schiffer der sich dem Siidpol nahert, erblickt am Firmamente einen schwarzen Fleck, die Magelaenswolken, von deu Seeleuten die Kohlensacke genannt. Herschel halt diesel- ben fiir eine Oeffnung in der das Sonnensystem umgebenden Hiille, durch welche wir den Kreis der Finsterniss erschauen, der den Lichtball umschliesst. Dieser Fleck am Himmel des arischen Geistes ist der achte Ignorabimus, er zeigt uns die endlose Finsterniss des arischen Mysticismus. Wir begegnen ihm von einer anderen Seite in der hoheren Mathematik, bei Eeimarus und Gauss, die, an der aussersten Grenze menschli- cher mathematischer Combination angelangt, auf die vierte Dimension des Spiritismus stossen. Das Losungswort der geistigen Freiheit" , die Eevo- lution des vorigen Jahrhunderts gegen jede Autoritat, fuhrfe 10 zur Anarchie um mit der Dictatur des grausamsten Despoten in dor Geisterwelt, zu enden. Die Extreme bertihren sich, Un- glauben und Aberglauben reichen sich die Bruderhand, nach dem alten Talmud worte : Der unglaubige Eationalist ist ein verkappter Gotzendiener. Stain machschetves apikuros leakum. Zur Ehre der arischen Grossen mussten wir annehmen, dass sie derartige Lehren weder aus freier Ueberzeuguug vortragen , noch etwa aus der egoistischen Sucht, mit etwas recht Unbe- greiflichem die gedankenlose Masse zu liberraschen. Wir stehen hier vielmehr vor dem Problem der my stischen Conception, des himmlischen Wahnsinnes bei Plato, einer damonischen Macht, welcbe dem diirster.den Wanderer in der Wtiste des Unbegrei- flichen die grausame fata morgana vorspiegelt. Wir haben es hier mit dem hoheren Grade der Mystik zu thun. Uuter niederer Mystik verstehen wir eine Wissenschaft, die nur wenigen eigen- thtimlich veranlagten Kopfen zuganglich ist. unter hoherer eine solche, die gar Niemand versteht, auch der Erfinder nicht. Uebrigens ist jene moderue Theorie fur uns Juden nichts Neues. Schon der Talmud Jerusalem! sagt: n Der Begriff Glau- be umfasst auch den Glauben an die Welt, der Landmann, der die Aussaat auswirft, glaubt an das Weltenleben. Emunat Seraim, scliemaamin lechaie olam wcsorea. Der germanische Akosmismus ist nach Maimonides eine natiirliche Folge des Atheismus, dieses vorwiegend franzosischeu Geistesproductes, dessen unnatiirlicher Widerspruch mit den innersten Anlagen des menschlichen Geistes am besteu dadurch illustrirt wird, dass der Akademiker Volnev denselben durch einen Schwur beweisen wollte. Einer der grossten Kenner des menschlichen Geistes, schreibt der Verfasser des More Neluchim, Doctor perple- xorum, (also fasst wortlich, Irrenarzt der Philosophen) als Einleitung seines unsterblichen Gesetzwerkes Mischne Tlwra. n Das Urprincip der Erkenntniss ist die Erkenntniss eines ersten Wesens, durch welches alles Sein existirt. Ein Zweifel an dessen Wesenheit ware identisch mit dem Zweifel am Sein tiberhaupt, welches letztere vom Ursein abhangig ist, nicht umgekehrt, da das Aufhoren aller Existenz dasselbe unberiihrt lasst." Und im More: w Alles Erschaffene hat nur eine Schein- existenz im Verhaltniss zum wahren Sein". Kol niwra meduma- 11 Die einfache Wahrheit. das urspriingliche Gemeingut der ganzen Menschenfamilie 1st derselben in der Degeneration die der Karapf urns Dasein veranlasste, abhandeu gekomraen. Die Vorsehung hat das Judenthum zum Hiiter dieses Schatzes be- stellt, die unvergangliche Nation welcher ihr letzter Prophet Maleachi verkiindet: n lch der Ewige bin unveranderlich , so habt auch Ihr Sohne Jacobs keinen Untergang zu fiirchten". Es halt am Krankenbett der Menschheit Wache, deren Wlirde und Eechte es gegen die Stiirme der Irrungen von vier Jahr- tausenden vertheidigt und horcht auf die Symptome der ver- heissenen Besserung die so langsame Fortschritte raacht. Der Genius der Deutschen, nach dem Talmud der Erstgebornen imter den Nationen, (wie dies Samuel der Naliardoer bereits vor 1600 Jahren behauptete, dass Gomer der Erstgeborne Japhets des Erstgebornen Noa's Stammvater der Ger- manen sei, Gomer su Germania schel Edom",) zeigt auch die ersten Zeichen der Biickehr eines normalen Bewusstseins, aber das Verlangen nach so unnatiirlicher Nahrung, wie sie uns in den neuesten Evolution en der tonangebenden Hart- mann'schen Philosophie entgegentritt , weist noch immer auf den Krankheitszustand geistiger Schwache. Welche Ueber- zeugung kann uns eine Forschung einflossen, die, nachdem sie alle Gebiete der Wissenschaft von den alten und neuen Philosophien an bis zu den Blattlausen hinab durchforscht. hat, nunmehr den Born der Weisheit unter dem vermoderten Schutt chinesischer und indischer Thorheiten, in den Miasmea mittelalterlicher Mystik bei Paracelsus und Consorten sucht v um aus diesen Peststatten Bausteine fiir das Gebaude einer Zukunftsreligion zusammenzutragen? Derselbe Hartmann, der die Pfaffenarbeit des Mittelalters als Electrisiruugs-Versuche charakterisirt, um einen Cadaver vor der zersetzenden Faulniss zu bewahren, verharrt unbewusst bei derselben Taktik, wenn auch die Mittel andere, der modernen Apotheke des Somnam- bulismus entlehnte sind. Im triiben, bunt schillernden Sumpfe watend, ist fiir ihn der ewig frische Born des Judenthums fiir immer versiegt, wie folgende Auslassung bezeugt: Abth. II 369 Dem seiner Natur nach stationaren und stag- nirenden Judenthum ist der Begriff der immauenten Entwicklung 12 desson Anwendung auf die Welt als Ganzes. dor Glaubc an eine Weltentwicklung, wovon sich auch in der alten Philosophie keine Spur findet, so fremd und zuwider, dass selbst ein Mendelssohn noch einem Lessing gegeniiber die Unmoglichkeit eines Weltfortschreitens behaupten und verfechten konnte." Mit noch viel rauherera Griffe reisst Hartmann dem Berliner Neu-Judenthume den Mantel wissenschaftlicher Drapirung ab, indera er I 359 sagt! n Wehe dem Zeitalter, das die Stimme des Unbewussten gewaltsam unterdriickt, weil es in einseitiger Ueberschatzung des Bewusstverniinftigen ausschliesslich dieses gelten lassen will, dann fallt es unrettbar in einen wasserigen, seichten Eationalismus , der sich in kindisch greisenhafter Alt- klugheit brtistend iiberhebt, ohne fur seine Kinder irgend etwas Positives thun zu konnen, wie die jetzt von uns belachelte Zeit der Wolf-Mendelssohn-Nicolaischen Aufklarerei." Soweit Hartmann. Wir, die halbwilden Ghassidimsohno der sarmatischen Steppe fiihlen etwas wie eine menschlicho Mitleidsregung in unserer rauhen Brust nebich ob der Pusstritte die dem todten Lowen im markischen Sande versetzt werden. iiber Deinen straflichen Leichtsinn, Du Schwester von der Spree. Wie haben wir Dich beschworen, den Augen des treuherzigen Michel nicht zu trauen, als er Dir seine ersten Liebeswerbungen in der Gotsched'schen krautduftenden Junkersprache vortrug, nun da Du alt geworden, hat er Dich verstossen, dem Fluche der Lacherlichkeit preisgegeben. Wohlan! Es ist Dir nicht zu helfen, aber rachen wollen wir Dich, wie Simeon und Levi ihre Schwester Dina an dem Sohne Amor's. Ho'ren wir Hartmann weiter: n Erst Leibnitz ist es, der ihn , den Entwicklungsprocess , gleichsam von Neuem entdeckt , in seiner vollsten Bedeutung und mannigfachsten Anwendbarkeit ausfiihrt und in diesem Sinne gewissermassen als der positive Apostel der modernen Weltanschauung betrachtet werden kann". Ich muss hier rait der Bemerkung vorgreifen, dass wir -dem modernen Apostel so gut wie den antiken das jiidische Concept aus der Tasche ziehen werden. n Dass das ganze Weltgetriebe , fahrt Hartmann fort, ein sinziger grossartigor Entwicklungsprozess ist, das springt auch 13 immer deutlicher als Eesultat der modernen Kealwissenschaften hervor. Die Astronomie beschrankt sich nicht mehr auf die Genesis des Planetensjstems , sie greift mit der neueren Spe- ctralanalyse in den Kosmos Mnaus, um durch Vergleichung der gegenwartigen Zustande ferner Sonn- und Nebelflecken , selbe als verschiedene Stadien eines Entwickluugsprocesses zu begreifen in welchem der eine Theil schneller, der andere langsamer fortgeschritten ist, deren Summe aber nur als eine kosmische Gesammtentwicklung gedacht werden kann. Photo- metric und Spectralanalyse im Verein sucheii die Fortsetzung desselben in der Entwicklungsgeschichte der einzeluen Kometen vergleichend zu ermitteln, Cheraie und Mineralogie verbinden sich um die Entwicklungsphasen unseres Planeten vor jener Abkuhlungsperiode naher zu bestimmen , deren allmaliges Fort- schreiten bis zur Gegenwart die steinernen Denkmaler der Geologie in mehr und mehr entzifferter Hieroglyphenschrift erzahlen. Die Biologie deutet uns aus den versteinerten Eesten der Vorzeit die Entwicklungsgeschichte des Pflanzen- und Thierreichs und die Archaeologie enthiillt uns , unterstiitzt von vergleichender Sprachforschung und Anthropologie , die vorge- schichtliche Entwicklungsperiode des Menschengeschlechtes, dessen grossartige Cultur-Entwicklung die Geschichte zur Darste- lung bringt, indem sie zugleich neue Perspectiven eroffnet. Was die Einzelwissenschaften als Stiickwerk darbieten, hat die Philosophie mit zusammenfassendem Blicke zu iiberschauen und als die von der Allweisheit des Unbewussten nach fest vorge- zeichnetem Plane zu heilsamem Ziele providentiell geleitete Eutwickelung des Weltganzen anzuerkennen M . Wir sind mit dem Programm der Hartmann'schen Vor- stellung zu Ende. In gedrangter Fassung diirfte dasselbe lauten: Aufbau einer neuen Keligionswissenschaft auf Grund der modernen Entwickelungstheorie mit Hilfe der Philosophie behufs Eman- cipation von der jiidischen Offenbarungslehre. Letzteren Passus finden wir ja auch zu unserem Erstau- nen und wo wir ihn am wenigsten erwartet hatten, im Kos- mos bei Humboldt, der inmitten seiner Betrachtungen uber die Vulcane, und nach vielen Hoflichkeitsbezeugungen fur die "Weisheit der judischen Naturanschauung rait einem Stoss- seufzer dem gepressten Herzen Luft macht: Erst durch die Palaontologie ist cs gelungen, uns von dem semitischen Ein- tiusse zu befreien. Wahrend Humboldt aber noch in der At- mosphare des seichten Rationalimus athmet, der preus- ische Genius war damals noch nichtso fromra, sehen wir Hartraann auf der eifrigsten Suche nach einer neuen Eeligion. Das Judenthum muss jedes Streben nach dor Wahrheit, nach der Erkenntniss einer weisen Vorsehung, einer ziel- bowussten Schopfung mit den Hilfsmitteln der Vernunft - mit Freuden und ohne jeden egoistischen Hintergedaukeu begriissen. Ob mit uns, durch uns oder ohne uns: Das Ziel nach dem die Menschheit steuert, ist, wie Maimonides im Schluss- satze seines unsterblichen Werkes Misclme Tliora schreibt: Die Erde wird erfiillt sein von der Erkenntniss Gottes, wie den Meeresgrund die Gewasser bedecken." Jesaia 11. 9. Habakuk 2. 14. Halt jedoch Hartmann das, was er mit so pomphaft arischer Eeclame verkiindet? Wir miissen nach einem ernsthaften Studium seines Werkes diese Frage leider verneinen. In dem gegenwartigen Stadium befindet sich das Judeu- thum diesem Streden gegeniiber etwa in der Lage eiues Wachters, dem die Obhut eiues Leuchtthurmes anvertraut ist, der den Schitten die Einfahrt in den sicheren Hafeu zeigt. Es ist dem Alten recht unheimlich auf seiuem Folsenhorste, den die Brandung tobend mit Gischt iiberschiittet , er mochto am liebsten zunick an seinen liauslichen Iferd , und seine von Heimweh erfiillten Betrachtungen werdcn uur unterbrochen durch das Gekrachze der Eulen und anderer antisemitischeu Eaubvogel, die seinen Thnrm umschwirren. Da kornmt die frohe Botschaft: Er moge sein Feuer ausloschen, jedes Schiff bekommt electrisches Licht, das die Nacht taghell erleuchtet. Es wird vorsichtshalber Probe gemacht, ein altos Fahrzeug wird mit der neuen Maschine ausgeriistet, eine frische Brise, und das Schiff liegt als Wrack zu den Fiissen des Leucht- thurmes. 15 Hartmann nennt uns als seine Mitarbeiter: Die Astro- nomie mit der Photometric und Spectralanalyse, die Chemie und Mineralogie, Geologie, Biologie, Archaeologie , Philologie, An- thropologie und Geschichte im Dienste der Philosophie. Von alien diesen Disciplinen flnden wir, mit Ausnahme der Biolo- gie, in dem ganzen Werke fast keinen nennenswerthen Lehrsatz. Seine Biologie dagegen betrachtet den Darwinismus als einen iiberwundenen Standpunkt, nahert sich dem Wallacis- mus. dem mystischen Systeme des Englanders Wallace, wel- cher gleichzeitig mit Darwin die Descendenztheorie entdeckte, den Menschen aber als bibelglaubiger Englander, von der- selben ausnimmt. Wahrend nun aber einerseits die sieben Ignorabimus des Berliner Gelehrtentages der ganzen naturwissenschaftlichen Forschung, was ihre Verwendbarkeit auf philosophischem und religionswissenschaftlichen Gebiete betrifft, den Boden unter den Fiissen entziehen, fallt die . Hartmann'sche Philosophic in der Eichtung des achten Ignorabimus in eine arische Mystik, deren Consequenzen geradezu gefahrliche genannt werden miissen. Anstatt der verheissenen Erkenntniss einer providen- tiellen, nach fest verzeichnetem Plane, zu heilsamem Ziele, weltschopferischen Allweisheit, errichtet Hartmann ein blindes taubes, eisig kaltes Gotzenbild und seine Ueberhebung des meuschlichen Einflusses auf das Universum iibertrifft in man- chen Stiicken den religiosen Wahnsinn seiner religiousstifteri- schen Yorganger. Dagegen machen wir fur die Eutwickelungstheorie das Eigenthumsrecht des Judenthums geltend. Ich stelle die Behauptung auf, das wahrend die occiden- talischen civilisirten Juden, insoferne bei ihnen von einer jlidi- schen Wissenschaft iiberhaupt noch die Eede sein kann, davon nur eine rationalistisch verwasserte Fortsetzung der spanischen aristotelischscholastischen Theologie besitzen, im Gegentheil die als Civilisationsfeinde verschrienen, von der modernen Cul- tur durch eine chinesische Mauer getrennten Juden Ost-Euro- 16 pas im Besitze einer lebendigen Wissenschaft sind, welche durch den Umstand allein, dass sie seit Jahrhunderten nach- weisbar auf dem Niveau der modernsten Kosmologie steht, die Legitimitat ihres angeblichen Ursprungs, als uralte Propheten- iiberlieferung beweist. Meine Bemiihungen gehen dahin. nachzuweisen, dass es in dem ganzen Hartmannschen Systeme, welches als die Blii- the der modernsten Wissenschaft betrachtet werden will keinen einzigen verniinftigen Lehrsatz gibt, der sich in der rabbini- schen Wissenschaft nicht fande, keinen einzigen unvernunfti- gen, dessen Ursprung, bevor er missverstanden , in Degenera- tion gerieth, in dieser Wissenschaft nicht nachgewiesen werden konnte. Als Probe beginnen wir mit der Entwicklungsthe- orie, dem Fundamente der modernen Weltanschauung. Der Verfasser des Schulchan Aruch E. Josef Karo, ge- boren auf der Flucht aus Spanien 1492, gestorben zu Safet in Palastina 1575, war, wie auch Gratz berichtet, Schiller des beriihmten K. Salomo Molcho, welcher seinem der Inqui- sition entflohenen Vater geraubt, als Diego Pires, die Secre- tarstelle beim Kb'nig von Portugal bekleidete, durch das Er- scheinen eines Gesandten der jetzt am Tsad-See wohnenden Juden von Stamme Euben, David Harubeni, am portugiesichen Hofe, um Hilfe gegen den Negus von Abyssinien zu suchen, zur Eiickkehr ins Judenthum begeistert wurde. Seine merk- wurdigen Erlebnisse sind bei Gratz aus den Mittheilungen des portugiesischen Gesandten und anderer Zeitgenossen geschil- dert. Seine Prophetengabe , seinen Einfluss auf Pabst Cle- mens VII. seine Bekehrungsversuche an Kaiser Carl V. und Franz I. von Frankreich, seinen Feuertod in Mantua im Jahre 1531 siehe bei demselben Autor. Sein Schiller, eine der bedeu- tendsten jiidischen Autoritaten, hat Aufzeichnungen hinterlassen den Magid Mescharim, Mittheilungen eines Magid, sogenann- ten Spiritus familiaris, deren Echtheit Gratz gegen die un- begriindeten Eapoportschen Kritteleien nachweist. Da heisst es im Wochenabschnitt Achre. Gesprach von Donne rstag dera 8. lischri (Jahreszahl fehlt). n Ueber das Ge- heimniss des Siindbockes gibt es viele Zweifel, und obwohl Yieles dariiber gesagt wurde, wird der Verstand damit nicht 17 bemhigt da er diese Hypothesen weder umfassen noch dulden kann, denn wie 1st es moglich, dies gleichsam als eine Beste- chung des bosen Engels aufzufassen , damit dieser seinen An- theil vom Altare erhalte. Warum mtissen dann beide Opfer- bocke gleich sein und derselben Auslosung unterliegen, es ware ,ja genug, ihffi die Glieder und Pettstiicke hinzugeben. Aber das Geheimniss ist eines der tiefsten welches keinem Gelehr- ten bekannt ist, und von keinem ergriindet werden kann, es sei denn, dass es ihm miindlich iiberliefert worden, wie diese Wissenschaft ja auch Kabala, wb'rtlich: Ueberliefe- rung heisst. Es hat auch Niemand etwas dariiber der Schrift anver- traut, nur Simeon hat etwas angedeutet, was ohne Ueber- liefenmg unverstandlich bleibt. Dieses Geheimniss ist eine theure Porle, ein gutes Geschenk, welches ich Dir gebe, fiir dein fleissiges Mischnastudium, es steht in Yerbindung mit der geheimen Erklarung der acht edomitischen Konige, die vor Israel herrschten, welche sich auf die untergegangenen Wei- ten bezieht, auf den talmudischen Lehrsatz, dass es vor der Schopfung ein transcendentales Zeitmass Seder Semanim ge- geben hat, und hangt ab voa dem Geheimniss der Seins- feiudlichen Wesen, Schalensystem genannt (Klifin), aus wel- chen man das Wosen der heiligen Seinswelten erkennen kann, wie den Werth des Lichtes aus der Finsterniss und Alles was der Magid Dir sagt, beruht auf dieser Grund- theorie, welche im Abschnitt Haasinu angedeutet ist: n Das Geheimniss ist, dass das Gute verborgen war in den Schalen die es umgaben. eine auf der andern, so dass es acht Rangstufen der Monaden (Vergl. S. 73 Eeihe 10.) des Seins und dagegen der Schalen gibt, welche zusammen aus dem Unendlichen, dem Absoluten hervorgingen nach dem Schriftspruche , wer gibt das Eeine aus dem Unreinen, nicht der Einzige? Denn gewiss hat Alles einen Ursprung im Ab- soluten. Und sowie es unmoglich ist, eine Frucht zu essen r bevor die Schale entfernt wird, so herrschten die Schalen- systeme, bevor das Gute herrschte. Und sowie auf Seiten des Guten in jeder Epoche eine Monade den Vorrang hat, so war 54 18 ^es auch wahrend der Herrschaft der Schalen. Jede einzelne herrschte eine gewisse Zeit, verier sich, danii folgte die an- dere, der Eeihe nach, dann fing das Gute an, es herrschte die Monade der Giito wahrend einer Epoche, dieser folgte die Starke oder Strenge, und so werden sie sich in der Herr- schaft ablosen, bis da wo das Denken vergeblich und ver- boten ist." Folgt eine Auslegung der betreffenden Konigsnamen. M Die Ursache warum bei einigen der Name der Stadt ange- geben ist, beruht darauf, dass in den Epochen des Guten, wahrend der Herrschaft einer Monade die Leitung von einer anderen ubernommen wird, z. B. in der jetzigen Schopfungs- epoche leitet die Monade der Herrschaft die Welt, um die Strenge der herrschenden Starke zu mildern, das war aber nicht der Fall in den vorweltlichen Schalenepochen , denn selbst in der Monade, welche der Monade der Giite entspricht. war ihre Eesideuzstadt, womnter die leitende Monade ange- deutet ist, von ebenso grosser Strenge. Wahrend in den Epo- chen des Guten das Princip der Strenge, der Beschrankung Din (das schlichte Eecht, welches auch im Deutschen : schlecht und recht, schlechterdings, schlecht mit schlicht identificirt) immer mehr schwindet, war es in den Schalensystemen um- gekehrt immer starker als friiher. Dies ist der tiefere Sinn des Sterbeliedes Moses Haasinu Deut. 32. 7. ,,Gedenke der Tage der Welt", das sind die Epochen des Guten, ,,begreifet die Jahre der Geschlechter" , das sind die vorweltlichen Epochen, von denen alle Leiden und Drangsale der Menschheit herriihren, die mit diesen (atavistischen) Ees- ten kampft, und seit das System des Guten herangebrochen ist, geht das ganze Bestreben dahin, jene Eichtung von sich abzustossen, das ist das Geheimuiss sammtlicher Gebote. Der Versohnungstag ist nun das Symbol der reinen Welt des Guten, in der die Monade der Thatigkeit sich zu der der reinen Ver- nunft erhebt, desshalb mtissen wir das daseinsfeindliche Sy- stem von dem Guten abstossen. Dies symbolisiren wir durch das Hinstelleji der zwei Opferbocke vor das Heiligthum, um anzudeuten, dass urspriinglich beide Systeme von einer Quelle ausgehen, eins als Frucht, das andere. als Schale, 19 nachher sehicken wir dan Siindenbock in die Wiiste, als Sym- bol, dass, nachdem die Herrschaft der Schale ihre Zeit ge- wahrt hat, jetzt die Herrschaft des Guten begonnen, so dass das Bose sich an seinen Ort abzusondern hat. Die Hiitten, in denen auf dem Wege von Jerusalem zum Wiistenfels Wasser und Speise bereit gehalten wurde fiir den Fiihrer, bezeichne- ten die untergegangenen Welten, man sagte ihm in jeder Htitte da ist Trunk und Speise, obwohl es nie vorkam, dass davon Gebrauch gemacht wurde, eben nur als Symbol, dass jene Herrschaft des Chaos und der allgemeinen Mangelhaftigkeit voriiber sei, an deren Stelle der Segen herrscht, wahrend alles Schlechte an seinen Ursprung zurtickgefiihrt, die Siinde gesiihnt wird." Das ist die Eutwicklungstheorie des Schulchan Aruch, welche als Grundlage der ganzen judischen Gesetzgebung betrachtet werden will. Ausfiihrlicher behandelt, finden wir dieselbe bei E. Mose Chaim Luzzato 1700 1740. Dieser hat seine Concep- tion auf ahnlichem Wege empfangen wie E. Josef Karo (Siehe Interessantes darliber bei seinem Gegner E. Jacob Emden, Minchat Kenaof). Obzwar Zeitgenosse von Leibnitz, welcher seinen Umgang mit Kabalisten eingesteht, und dieser Wissenschaft zum grossen Aerger der Neologen Verehrung ent- gegenbringt, ware es voreilig zu behaupten, dass letzterer seine Theorien derselbeu entlehnt habe. Es gibt eben noch problematische Gesetze iiber das Wachsthum und die Ent- wicklung der Ideen, deren Auffindung die moderne Forschung beschaftigt. Die Infinitesimalrechnung hat Leibnitz gleich- zeitig mit Newton erfunden und denselben des Diebstahls an geistigem Eigenthum beschuldigt, eben so wie Darwin die Descendenztheorie gleichzeitig mit Wallace. Luzzato sagt in seinem Werke Klach: d. h. 138 Lehr- satze der Ueberlieferung . 1. Das Grundprincip des Glaubens und des Wissens ist die Einheit des Hochsten. Das leitende Princip der Wissenschaft der Wahrheit" .ist die Tendonz, die Wahrheit des Glaubens 2* 20 darzuthun, wie die ganze Schopfung aus dera obersten Willen hervorgeht Es 1st scbon anderen Orts erlautert, dass wir iiber das Wesen des Sehopfers durchaus nichts sagen konnen, und dass alle Attribute sick nur auf dessen allmachti- gen unendlichen Willen bezieheu". Wir scbicken diesen Para- graph voraii, um den Passus seiner Vorrede ins rechte Licht zu setzen, wenn er sagt: dass der Schopfer rectius der Wille (nicht zu verwecbseln mit dem Schopeiihauer'schen Gotzen) durch alle Zeitphasen eiiizig und allein mit der Entwicklung der Schopfung zum vollkommenen Guten beschaftigt sei. . 37 Die Welt der Punkte (Atome) oder die chaotischen 1 ) Welten und die Welt der Harmonie, Descendenztheorie. n Unter Ersterer verstehen wir den Zustand der Imma- neuzwelt mit ihren Sprosslingen der Seelen-Engel und Kor- perwelt in ihrer Enstehung. Der absolute Wille wollto diese Welten nicht in ihrer Vollkommenheit fertig entstehen lassen, sondern in einer Descendenz Hadraga vom uiedrigsten Grade der Vollkommeuheit anfangend, zu immer grosserer emporsteigend. Das Absolute, Unendliche legte sich also ge- wisser massen eine Beschrankuug auf, denn das Unendliche wiirde in seiner Schopfung die Entwickelung ausschliessen, vielmehr benahm sich die Schopfung nach dem Urprincipe der menschlichen Schaffungskraft dem Meister gleich, welcher dem Stoff zuerst eine rohe Form gibt, daun durch immerwahrenden Formwechsel bis zur Forrnvollenduug emporsteigt. Wir sehen also zuerst einen ganz formlosen Stoff dem einige unvollkom- mene Formen folgen, eiuen Zustand der Maugelhaftigkoit, bis die Yollendung uns mit der Vollkommenheit zugleich die Nothwendigkeit der vorangegangenen Formationen zeigt. Genau so war dieser Vorgaug bei der Immanenz: Der hochste Wille bildete selbe in der hochsteu Yorstellung und wahrend dieses Bildungsprozesses gingen die Atome (Nekudim) hervor in unvollkommenem Zustande, oder wie sich der Mi- drasch ausdrtickt, wie Funken aus dem gliiheuden Eisen. Die J ) Die Descendeztheorie kennt kein Chaos, aber schon Easchi Ge- nesis 1. 2. bemerkt zu ,,Tohu" dass daranter der Eindruck zu verstehen sei, den der Mensch empfaagt der jene Zustande betrachtet. Der griechische Begriff ,,Chaog" ist eben der jiidischen Anschauung fremd. 21 Vorstellung nahm namlich das Prototyp des Menschen (den Makrokosmos) urn es vollendet darzustellen, und wahlte das- jenige aus. was davon entfernt werden sollte. Dieses war das Princip des Bosen, 1 ) denn die in den vorhergehenden Para- graph en erlauterten Aeonen, waren in ihrer Entfernung von dem Absoluten schon bei einer Stufe angelangt, aus welcher das Bose hervorgehen konnte. Da es aber nicht in der Absicht lag, dem Prototyp des Menschen diese Fahigkeit das Bose zu schaffen, zu belassen, im Gegentheil seine Krafte fur die Eeinheit und Vollkommenheit herzustellen, so mussten jene Anlagen daraus entfernt werden, und in dieser Bewegung der Entfernung erscheinen dieselben als Funken, die voriibergehend Dasein und Herrschaft besitzen, und dann untergehen. Diese Zeit des Ueberganges ist die Herrschaft des Bosen, an wel- chem sie selbst zu grunde gingen, und darin liegt der Ur- sprung des Bosen in der Schopfung welches das Sein zu ver- nichten strebt. Das heist im Midrasch: ,,Der Gedanke zer- streute die Funken nach alien Seiten." Dieser Zustand zeigte sich nachher in den Epochen der Konige (s. oben Magidl M Benennung der vorweltlichen Epochen"). Die Selectionstheorie, Birur. . 46 des Klach: ,,Als es fiir nothig befunden wurde, den der Immanenzwelt als Beklei- dung dienenden Schopfungswelten eine selbststandige Herr- schaft zu geben, um durch sich selbst ihre Harmonie her- zustellen, verbarg sich die Immanenz der Atomwelt, so dass diese Welten ihre eigene Herrschaft antreten konnten, dies heisst fiir dieselben ein Fall denn sie fielen von ihrem Eauge der Immanenz in den Bang bekleidender Welten und herr- schten selbststandig ohne Ordnung und Harmonie sondern in Disharmonie,' 2 ) leer von dem von ihnen entfernten Geiste der Monaden und in diesem Zustaude waren sie unausgesetzt thatig dem Bosen Eutwicklung und Dasein zu geben. Das Bose hat namlich nur eine Wurzel in der eigenmachtigen Thatigkeit der Welten fiir sich, denn in der Immanenzwelt hat das Bose Das Princip des Nichtseins im Kampfe gegen das Sein. 2 ) Beweis: die Missformen der Fossilien in denen sich das ver- gebliche Ringen nach hannouischen Formen manifestirt. keine Stelle, da es aber in der Absicht lag, dem Princip des Bosen Entwicklung zu gonnen, mussten diese Aussenwelten es selbststandig hervorbringen konnen. Das Licht des Guten hielt sich so lange verborgen, bis nach Auftreten des Bosen das Bestreben hervortrat, die Harmonie wieder herzustellen. Der Zweck dieser Welten war urspriinglich : als L e i t u n- gen aus der Immanenzwelt fiir die Geschopfe der sichtbaren Welt zu dienen, im Zustande der Harmonie, im Chaos dage gen herrscht dieser Zweck nicht vor, denn jetzt gilt es lewar- rer auszuwahlen, das Dasein dieser Welten durch sich selbst, damit sie nachher ihre harmonische Leitung antreten konnen. Ein Gleichniss daftir: Bin Strom mit Canalen von denen jeder das Wasser an einen bestimmten Ort zu bringen hat, das ist der Harmoniezustand, wenn man aber die Canale erst- herstellen will, so haben sie wahrend dieses Baues keine Ver- bindung mit dem Strome, 1 ) im Gegentheil, er darf mit ihnen nicht in Verbindung stehen, und in der That sind sie wahrend des Baues von ihm nicht abhangig, sondern blosse Organe mit einer zukimftigen Bestimmung. Jetzt ist es also nothig, alles fiir ihren Bau Nothwen- dige herzustellen, das ist die Ausscheidung des Bosen bis die Disharmonie beseitigt werden kann. Inzwischen hat die Im- manenz damit keine Verbindung und die Welten wahlen sich ihr Dasein selbststandig zur Harmonie. Dieser chaotische Zu- stand wird Fall, Bruch, Katastrophen der Konigswelten ge- nannt. Ihre derzeitige Herrschaft ist demnach unabhangig in den einzelnen Theilen dieser Welten um ihre einzelnen Theile und Thatigkeiten zu entwickeln, als Bau, aus welchem die Principien des Bosen, die in den einzelnen Kraften sich vor- finden, ausgeschieden werden. Wir unterscheiden Fall und Bruch. Ersteres bedeutet wie oben, die niedere Eangstufe, Trennung von der Immanenz. Bruch entstand dadurch, dass ihre Herrschaft sich in Disharmonie der einzelnen Theile auf- loste, indem die Krafte der Vernichtung storond eintraten, so dass alle erdenklichen Disharmonien und Uebel sich einstell- ten, so dass nicht einmal von einer verborgenen Vollkommen- Die Disharmonie ist also nur Uebergangszustand. 23 heit die Eede sein konnte, da das Licht jede Verbindung mitr ihnen aufgeben musste und nur die scharfste Kraftentwicklung n Din u vorwaltete. Mchts destoweniger war der fernstehende Zweck dieses Zustandes, nicht die Existenz des Bosen, sondern die Her- stellung einer in weiter Feme liegenden Harmonie, so dass mit diesen Organen immer noch eine inhaerente Lebenskraft verbunden blieb. Als nun der Schopfer, gelobt sein Name, diese Harmonie herstellen wollte, wahlte er die Eangordnun- gen dieser Welten eine nach der andern aus, derart, dass sie nicht mehr nach dem Bosen streben, sondern sich anschicken sollen, demselben zu entgehen, so dass immer die erste Bang- ordnung den Begriff der Hervorbringtmg des Bosen der nachst- folgenden tiberliess, damit hatte sie zwar noch immer ihre Mitwirkung dabei, war aber gleichzeitig bemtiht sich darans frei zu machen, so dass sie fahig war Licht zu empfangen, und so der Eeihe nach bis eine neue Immanenzwelt, und die Seelen-, Engel- und Korperwelt hergestellt war in ihrem jetzi- gen Zustande. Die Entwicklung des Bosen verblieb bei der untersten Stufe der Monade der Korperwelt, die unserem Erd- korper entspricht, so dass alle das Immanenzlicht haben konnten, bis auf diese letzte noch unfertige Eangordnung. -Dagegen konnte der ursprtingliche Immanenz-Zustand nicht eintreten, so lange diese unterste mit ihrer Entwicklung nicht fertig sein wird. Das Chaos der zerbrochenen Welten dauerte uamlich so lange, als dies der Entwicklung des Bosen angemessen und soweit dieselbe in den Monaden bemessen war. Davon ent- standen disharmonische Geschopfe, wie sie auch in dieser Welt hervortraten, das ist die Erklarung des Verses: Die Erde war tohu wa loJm, denn sie wurde er- s chaff en und wieder vernichtet, erschaffen voll des Bo- sen, bis sich das Bose entwickelt hatte und damit die Erde vernichtete, indem es keinem Geschopfe das Dasein Hess. Dann sprach der Schopfer: Es werde Licht, und so fingen die Geschopfe an sich stufenweise aus- zuwahlen (lehisbarer)AeniLOch verschwand das Bose nicht, aber das Geschopf war nicht mehr voll des Bosen, sondern ausge- 24 wahlt aus demselben und bestrebt, sich davou zu eutfernen und loszumachen. Das Bose war unterdriickt und erniedrigt, da aber das betreffende Geschopf nicht vollstandig harmonisch hergestellt war, kann das Bose wieder die Oberhand gewinnen um es zu vernichten. Dies ist aber nicht unumganglich nothwendig, wie es in der friiheren Pe- riode der Fall war, in welcher es die Oberhand hatte und stets bereit selbe zu gebrauchen, wahrend es jetzt hinab- gedriickt nach unten strebt, mit der Moglichkeit sich zu er- lieben. Ausserdem existirt jener Theil des Bosen, welcher die eigentliche Uebermacht bildete ganzlich nicht mehr, denu im Anfange war nicht nur in jedein Geschdpfe ein grosser Theil des Bosen, sondern die einzelnen Organe waren dis- harmonisch, so das es actuell werden konnte, was an und fur sich ein grosses Uebel war. Nach her trat eine Eeihenordnung ein, die Dinge erhielten eine andere Gruppirung, die Geschopfe ein ausgewahlteres, harmonischeres Dasein und wahrend die erste Daseinsfonn an sich deni Un- tergauge Vorschub leistete, ist das bei der zweiten nicht der Fall. Noch mehr die erste ist, insoferne sie in der zwei- ten verblieben in einer neuen Einrichtung hergestellt, so dass die bosen Anlagen nicht mehr actuell werden kb'nnen, sondern latent bleiben miissen, es ist also das Aergste, die Disharmonie, nicht mehr da, im Gegentheil die Absicht be- steht, dass auch die atavistischen Eeste zum Guten sich entwickeln. Bisher sprachen wir von der korplichen Aussen- welt. Die Wurzel davon ist aber in der hohe.ren Welt. Denn das Mass der einzelnen Geschopfe ist identisch mit den Mas- sen der Weltleitung. Zuerst waren die Monaden die Gesetze der Leitung. welche den Begriff des Bosen insofern einschlos- sen als seine Eutwicklung beabsichtigt war, um durch die Eeparatur die Harmonie herzustellen. Jede Eangordnung welche dann das Bose hervorbrachte ging daran unter, da das Gute sich negativ verhielt, nur die Machte der Vernichtung herr- schten. Danach mass die hochste Vorstellung die Wescn, welche aus der Vernichtung entrannen als Daseine aus dem Boseu und gab jedem einzelnen sein Sein fiir sich, so dass die Absicht der Entwicklung des Bosen nunmehr der Entfer- 25 nung von demselben Platz macht. Die Harmonie 1st aber keine allgemeine, wie sie am Schlusse der Entvdcklung eintreten wird. Es treten daher die Geschopfe wieder auf, welche das Bose vernichtete, olme dass dies jetzt wieder geschieht, dagegen ist ihr Sein noch uicht vollstandig geordnet, da das Bose von ausserhalb ihre Organisation bedrohi;, wie dies in gemildertem Grade bei der Siindfiuth der Fall war ( 42), wo der Kleinheitzustand des Monadencentrums eine gegen die frtiheren gerailderte Katastrophe herbeifiihrte. Lassen wir die moderne Naturphilosophie bei Seite, welche das Ungliick hat, ihre mehr oder minder poetischen Systeme von der Empirik verlaugnet zu sehen, und verglei- chen die Luzzatini'schen Thesen mit den Eesultaten der neue- sten; Offenbarung, welche das Erdinnere dem menschlichen Verstande nnd dessen gesunden natiirlichen Sinnen erschliest, so finden wir die Chronik der Schopfung im folgenden Ztigen vor uns aufgerollt. 1. Die Erdoborflache mit den uns bekannten Geschopfen ist wedor wie Aristoteles annahm und durch dialektische Kiinste beweisen zu miissen glaubte stabil, d. h. seit eiuer anfangslosen Zeit in ein und demselben Zustande, der hochstens zwischen Orts veranderungen von Festland und Meer wechselte, noch ist sie, wie die mittelalterliche Scholastik in ihrer Compromissmacherei zwischen Aristoteles und der Bibel annahm, seit Beginn dor Schopfung aus dem Mchts stabil ; sie ist ferner nicht, wie die indisch platonische Epochenlehre annahm, seit der Neuschopfung aus der Hyle stabil sondern sie ist ein Glied in der aufsteigenden Formationenreihe, als deren verhaltnissmassig hochste sie sich entwickelt hat. Die- selbe ist der Zahl nach, gemass der Geognosie, deren Grund- lagen weit verworrener sind, als sie auf dem Papiere sich prasentircn - - ungefahr die zehnte. Das entsprache nun voll- standig der uralten Ueberlieferung des Maggid Mescharim, welcher 8 immer weniger unvollkommene Epochen des Schalen- systems und zwei zur Vollkommenheit aufsteigende Epochen des consolidirten Seins lehrt, denen hohere Entwickelungen zu folgen haben. Diese Zukunftstheorie nimmt auch die Geo- 26 gnosie als wahrscheinlich an, ohne sich in Forschungen ein- zulassen, die auf Gebiete hiniiberspielen, fur welche Hacke, Schaufel und Mikroskop, die einzig anerkannten Beweismittel dieser exacten Wissenschaft, ihre Mithilfe versagen. 2. Palaeontologie oder Versteinerungslehre. Die, auch dem Aristoteles bekannten Versteinerungen, sind nicht, wie dieser annahm, und seine Nachbeter durch zwei Jahrtausende lehrten, ein blosser lusus naturae, Naturspiel, sondern unter- gegangene Geschopfe der frtiheren Epochen, aus welchen sich obductiv deren Zustande bestimmen lassen. Diese bis in das letzte Jahrhundert keinem Sterblichej aus Anschauung bekann- ten Zustande, finden wir in der uralten rabbinischen Ueber- lieferung mitgetheilt, und bei Luzzato deductiv entwickelt, als einziges Beispiel, dass eine transcendentale Vorausbestimmung der Entwickelungsgesetze, durch die Erfahrung einen wirkli- chen Kern und Inhalt gewinut. Es sei hier gleichzeitig voraus bemerkt, dass die spanische Schule nach Erloschen der nach- manidischen 12501492, indem sie wie. E. Chaim Vital be- raerkt. die alten Lehren mit den herrschenden pliilosopliischen Systemen, besonders dem neuplatonisclien zu verquicken be- mtiht war diese Ueberlieferungen auf blosse Allegorien ohne reellen Hintergrund zuriickftihren wollte, welchen Irrthum bedeutende Autoritaten lange vor Luzzaio berichtigt haben; voriiber ausfiihrlich in der historischen Darstellung 3. Die Zustande unseres Erdballes theilen sich nach den neuesten Erfahrungen in folgenle Epochen: 1. Der allgemeine Atomzu- stand der Materie tiberhaupt, der nach dem 1. Ignorabimus nicht wissenschaftlich klargelegt werden kann, aber als Postulat der chemischen Forschung trotz unloslicher Widerspriiche als naturwissenschaftliches Dogma Geltung hat. 2. Den Mole- culzustand in welchem die Atome sich aus unbekannter Ursache zu Moleculen verbinden, d. h. den an der Grenze der Theilbar- keit stehenden K5rperteilehen, welche Unteilbarkeit unbescha- det der Zusammensetzung eines Holeculs aus Atomen fort- besteht, als Postulat oder Dogma der Pliysik. Der Erdball besteht aus Gasmoleculen, welche wahrscheinlich den ganzen uns jetzt sichtbaren Eaum des Universums ausfiillen. 3. Die Fliis- sigkeits periode: Die Gase verdichten sich durch ungeheuren 27 Druck oder Kalte zu Fliissigkeiten. 4. der Krystallisations- zustand, in welchem sich feste, anorganische Korper in geo- metrischen Figuren bilden, die in der neptunisclien Period teilweise zerstort, ihrer Formen beraubt werden. 5. Das eigen- tliche Chaos: Die oberen sedimentaren Schichten der Bildun- gen aus dem Wasser, werden durch eruptive sog. plutonische in zahfliissigem Zustande aus den Tiefen des Erdinnern her- vordringende, Schichten durchbrochen. Existenz organischer Bildungen ausgeschlossen. 6. Die Archaeische und palaeozoische Periode, in welcher als erste organische Korper die niederen Pflanzen vorkommen die Kryptogamen (Samenlose, die sich durch einzellige Sporen fortpflanzen, das Desche der Genesis im Gegensatze zu Esseb masria sera. Die Producte dieser Epoche bilden niedrige Species, Schachtelhalme in ungeheuren Dimensionen. Diese Pflanzen gehen in der Steinkohlenforma- tion unter. Vgl. Seite 120, Citat aus Eabenu Bechaja, wo- nach die Pflanzen der ersten Schopfung untergegangen sind, so dass im 2. Cap. der Genesis von einer Neu-Schopfung der- selben die Eede ist. Ebenso stimmt Seite 121 Eeihe 34. der Bericht dos E. Avigdor Karo mit dem Funde, dass unter den thierischen Organismen der ersten Epoche die Fische vor alien anderen auftreten. Die Geschopfe dieser Epoche sind den Formen nach ungeheuerlich, gefliigelte Eidechseu, Saurier von Kolossalen Dimensionen und absonderlich gestalteten Bewe- gungsapparaten, welche die Behauptnng Luzzato's von der Abnormitat und Disharmonie rechtfertigen. 7. Die mesozoische Periode mit hoher entwickelten Pflanzen (Nadelholzer) Fischen Insekten. 8. Die Kaenozoisclie Periode, erste Entwickelung der Laubholzer und Saiigethiere in gigantischen unbegreiflichen Formen, Dinotherium, Hippotherium, Megatherium (Eiesen- faulthier) Toxodon ein unerklarlicher Formenknatiel, gleichsam Versuchsapparat verschiedentlicher Formen. 9. Diluvium, oder die ratselhafte Eiszeit. Vgl. S. 120 Eeihe 21. 10. Alluvium oder die neueste Epoche. Abgesehen von einigen Schwankungen, welche durch Zwischenordnungen hervorgerufen werden, deren Einreihung Schwierigkeiten macht, ist diese Einleitung allgemein accep- tirt, so weit das Buch der Natur, welches wie ein bedeutender 28 Forscher sagt, der Auslegung em ebem>oweites Feld bietet, wie die Bibel der Juden die Moglichkeit der Entzifferung bietet. Nehmen wir nun die Luzzatinisclien Thesen zur Hand, so finden wir die iiberraschendeste Uebereinstimmung des sichtbaren Bildungsganges mit dem theoretisch vorgeschrie- benen. 1. Die Schopfung arbeitet nacli dem Urprincipe der menschlichen Schaffungskraft mit Beschrankung des Unendli- chen in der Endlichkeit in der stufenweisen Entwickelung der vollendeteren Formen aus den roheren und rohesten. Als Be- weis geniigt ein Blick auf die Stufenleiter 110. 2. Wir erkennen in diesem Processe einen fortwakrenden Kampf des nach Yollkommenheit strebenden Seins mit der Tragheit des Stoffes, der Disharmonie, dem Nichtsein. 3. Die Verschieden- artigkeit der Formationen als Anlaiife zur hoheren Vollkom- heit beweist die Freiheit der selbststandigen Wahl des Da- seins (Vgl. Cap. V.) Die in diesem Kampfe erzeugten Ab- weichungen zur Disharmonie, von welcher die fossilen For- meu, Zeugniss ablegen, bilden den Grund des Unterganges dieser Formationen. 5. Die Schopfung schreitet nach Ueber- windung der Unvollkommenheit zu immer hoheren Bildungen fort. 6. Die untergegangenen Formen werden modificirt zur Herstellung neuer beniitzt. Natura non facit saltum (die Na- tur macht keinen Sprung). 7. Mit den Geschopfen entsteht das Maas der Schopfung selbst, dessen hochstes der Mensch ist. Damit fait der Zweifel des 4. Ignorabimus iiber die Erklarung der teleologischen Erscheinungen, da die Schopfung den teleologischen Begriff in ihrer Annaherung an den Begriff Mensch und mit Hervorbringung desselben ins Dasein treten lasst, so das fiir den gesunden Menschenverstand dieser Zwei- fel nicht mehr Berechtigung hat, als der 8. aus einer dae- monischen Eegion stammende Zweifel an der Weltexistenz tiberhaupt. Diese einzelnen Citate aus Luzzato geniigen, uns die merkwtirdige Erscheinung vorzuftihren, wie ein achtzehiijahri- ger Eabbiner im Anfange des vorigen Jahrhunderts im dunklen Ghettostiibchen aus der dunklen Symbolik der Midraschim mit erstaunlicher Klarheit die Probleme der neuesten Geologie, Biologie, Descendenz und Selectionstheorie lost, ohne welche die Leibniiz'sche Entwicklungstheorie eine Seele ohne Korper vorstellt, die Lamark'sche Katastrophenlehre die 80 Jahre nach ihrn auftaucht, richtigstellt, und wahrend die moderne Forschung die Welt umsegelt, mit Tausenden von Mitarbei- tern die Eingeweido der Erdo urawi'ihlt, um inductiv oder richtiger gesagt obductiv, zu einer Unzahl der widersprechend- sten Hypothesen zu gelangen, sehen wir hier irn hellen Lichte des morgenlandischen Geistes nicht nur deductiv, sondeni in der intuitiven Anschauung den ganzen geistigen und korper- lichen Weltprocess, von dem uns Darwin 150 Jahre spater in der nebligen englischen Geistesatmosphare materialistische Fragmente liefert, welche die G elehrtonwelt in eine ebenso unbegriindete Aufregung versotzt haben, als die modern ge- wordene Ignorirung derselben ungerechtfertigt erscheint. Es ist selbstverstandlich, dass wir mit dem . 47 dieses Werkchens das Wesen der tiefsten jiidischen Wissenschaft nicht einmal gestreift habcn, so wie man, um ein unvoll- kommenes Gleichniss zu gebrauchen, die Planimetrie nicht boi dem pythagoraischen Lehrsatze anfangen kann. Aber es geniigt ftir unseren Zweck, die ais vernichtend gelten wolienden Hartmann'schen Behauptungon ad absurdum ge- fiihrt zu haben. Wir werden Gelegenheit haben, uns mit der talmudischen Kosmogenie, wie sie seit 1600 Jahren in verschiedenen Epochen literarisch an das Licht tritt, einge- hender zu beschaftigen, und schliessen dieses Capitel mit dem Worte Hillel's: Wenn sie keine Propheten sind, so sind sie doch Sohne der Propheten". II. Die unbewussten oder uneingestandenen Motive des Hartmann'schen Unbewussten, Die arische. Geistesrichtung schwankt zwisclien zwei Extremen, den religiosen und irreligiosen Irrungen, zwischen Spiritismus und Materialismus, zwischen Voltaire uud Duprel. Aus der romanischen Sittenfaulniss des vorigen Jahrhuu- derts stieg himmelstiirmend der Atheismus empor, der, uach dem Talmud, so gut wie die Epidemien, seinen eigenen Ge- nius hat, wodurch die Abnormitat von einem anderen Gesichts- punkte aus erklarlicli wird, das Volney auf ihn schworen konnte. Ihm folgte auf dem Fusse ein ebenso unheimlicher Geselle, der Mesmerismus , welcher mit den ihm verwandten Disciplinen, sich nachgerade anschickt, die ganze physiologische Anschauung wie sie seit Aristoteles die Arische Bildung be- herrscht, auf den Kopf zu stellen. Wahrend Locke's Schule als excentrische Englander von Extrem zu Extrem springend, die eifrigsten Mesmerianer lieferte , straubte sich die Academic frangaise aus Leibeskraften gegen die Anerkennung der Magi- schen Thatsachen , geradezu mit Berufung auf die althergebrachte gegensatzliche Anschauung , so das dass Protocoll vom Jahre 1784 wegen geringfiigiger Ungenauigkeiten das ganze Thema vom wissenschaftlichen Boden absetzte. Die Forscher liessen sich dadurch nicht abhalten, sich mit den immer zahlreicher auftretenden Thatsachen zu beschaftigen , so das auch die 31 Academie gezwungen war im Jahre 1825 die Untersuchungen wieder aufzunehmen, die im Jahre 1829 mit der vollstandigen Constatirung abschliessen , ohne die Losung der wunderbaren Probleme zu streifen. Bis heute ist es den Gelehrten nicht gelungen, selbe mit den herrschenden materialistischen An- schauungen in Einklang zu bringen. Betrachten wir zuforderst das Duprel'sche System, wel- ches auf Schopenhauer fussend , fanatischer Feind jeder positi- ven Eeligion, dennoch die Unsterblichkeit der Seele proclamirt , und die magischen Kunststiicke, deren sich die verschiedenen Culten bedieiiten, von den indischen Fakirs bis zu den meii- schenfressenden Caraibenpriestern , von den egyptischen Char- tumim bis zu den arischen Heiligen, nicht fur Gauklerkiinste erklart, sondern auf physiologische Vorgange zuriickfiihrt, die eine metaphysische Begriindung erzwingen. Fiinf Probleme sind es, welche die Physiologen auf die- sem Felde beschaftigen : I. Welchen Platz nimmt der thierische Magnetismus in der Natur ein? Ist er mit einer der bekaimtesten Naturkrafte identisch oder nicht? II. Wo ist der Sitz des Somnambulismus im Kdrper? Wo sind die Perceptionscentra fur die Sinneswahrneh- mungen, das Ausfiihrungscentrum fur Handlungs- und Sprachbe wegung ? III. Steht das somnambule Bewusstsein iiber oder unter dem normalen? IV. Wie verhalt sich das somnambule Bewusstsein zum Individualsubject? V. Wie verhalt sich der Individualgeist zum Absoluten? Wir hatten hier sofort eine Bereicherung der sieben oder acht Ignorabimus Du Bois Eaymond's um fiinf, denn die Losungsversuche sowohl Duprel's wie Hartmann's bieten nicht einmal einen Fingerzeig der moglichen Erklarung, wenn nicht die rabbinische deductive Theorie als Wegweiser dienen wiirde. Betrachten wir zunachst die Duprel'sche Behandlung dieses Themas. J32 Die Erscheinnngen des Somnabulismus treten zwar spon- tan in Nervenkrankheiten ein, sind aber darum keino abso- lut pathologischen , sondern hohere Bewusstseinzustande , von bedeutendem physiologischen Werthe. Die kiinstliche Erzeugung derselben zerfallt in a) mechanische du^ch betaubende Dampfe, Schwindeldrehungen bei anhaltendem Fasten, Fixirung eines nahon Punktes und b) physikalische durch die Magnetisirung. Erstere, niedere Eangstufe des Hypnotismus ist Gegenstand der deutscheu Forschung bei Heydenhain und Preyer, welcher die Braid'schen Versuche wieder aus Licht zog, bei denen der Hypnotismus durch Fixiren heller Punkte ohne Magnetiseur hervorgerufen wird, woraus die deutschen Materialisten voreilig schliessen, dass die Behandlung des Magnetiseurs eine vollig illusorische sei. Die Franzosen Gharcot, Eichet, Binet, Fere, Liebault, Bernheim und Beaunis weisen die Unrichtigkeit die- ser Behauptung und den Umstand uach, dass jedes Individuum durch wiederholtes Magnetisiren in somnambulen Zustand ver- setzt werden kann. Charcot stellt drei Hauptstufen des sora- nambulen Zustandes fest, die letargische, kataleptische und eigentlich somnambulo , letztere psychische, wird vorwiegend durch den Magnetiseur erzeugt, die zwei ersteren physischen Stufen herrschen bei der mechanischen Methode vor. Vielfach vorgenommene , grausame Versuche haben Aufschliisse gegeben iiber die Uebertragung der Activitat einer Gehirnhalfte in die andere und Umkehrung der Zustande in ihre polaren Giregen- satze, Activitat in Lahmung und umgekehrt, wie auch iiber die Erscheinung des ausschliesslichen Eapportes einer Somnam- bule zu einem bestimmten Experimentator. Tausende von iiber- raschenden Vorfallen lassen Duprel im Somnarabulismus die Grundform aller Mystik suchen, welche er als das magische Yerhalton des Menschen zu sich selbst definirt, in Ueberein- stimmuug mit dem delphischen Y V ^ SUTOU. Erkenne Dich selbst! Hypnotismus und thierischer Magnetismus sind ihm kei- neswegs identische Begriflfe, und werden nicht bloss durch Vorstellungsprocesse des Mediums erzeugt, da der Schlaf die magnetische Einwirkung erleichtert, und auch die Mimosa pu- dica (Sinnpflanze), die Magnetnadel und das Elektroskop auf 33 Mesmerisation reagiren, wahrend uragekehrt der Stahlraagnet gewaltige Yeranderungen im Nervenstrome erzeugen kann. Jeder Mensch hat die Fahigkeit zu magnetisiren, erlangt die Herr- schaft aber nur durch Uebung, well diese Fahigkeit nicht in bewnssten Willensorganen, sondern in nicderen Centralorganen durch den Willensimpuls ausgelost wird. Beweise a) die beson- ders starko Magnetisiruugsfiiliigkeit der willenlosen Somnambu- len, die sogar ihren Magnetiseur beherrscht; 1)) Der Kraftever- lust bei fortdauerndern Magnetisiren durch deu Consum orga- nischer Kraft, c) Der Zitterrochen, dessen Apparat aus blossen Ganglienzellen besteht, deren allgemoin magnetische Kraft durch Differenzirung ausgebiklet ist. Duprel identificirt daher ad Problem I. den Somnambulismus mit der Naturheilkraft , verwirft jedoch Schopenhauer's Theorie der Unentbehrlichkeit der Hirnfunctionen im Somnambulismus wie auch seine Hy- pothese des Bollentausches zwischen weisser und grauer Hirn- substanz. Die psycliischen Hauptsymptome des Somnambulismus sind Passivitat des Willens, Siunlichkeit und Bildlichkeit der Vorstellung, Starke der unwillkiirlichen PhantasiethJitigkeit, Neignng zur dramatischen Spaltuug des Ich, Mangel an Be- sonnenheit und zielbewusster Stetigkeit der Handlungen, Hy- peiiisthesie des Gedachtnisses, Geschwindigkeit des Vorstellungs- wechsels, Sensitivitat fiir natiirliche Yorgange namentlich me- teorologische , ausserhalb des Organismus. Gleichzeitige Steige- rung der wachen Fahigkeiten der Sinneswerkzeuge in der Aussenwelt auf deren Wahrnehmungen in Eede und Handlungen reagirt wird, bei zusammenhangender Erinnerung. Physische Symptome: Im niedrigsten Grade des Hypnotismus, vollkom- mene Lethargic. Im zweiten kataleptischen Stadium offnet sich das Ohr und die niederen Sinne. Im dritten , eigentlich som- nambuleu, offnen sich die Augen und tritt der Verkehr mit der Aussenwelt in einem dem Wachen t^uschend ahnlichen Zustande ein. Die Sensitivitatssteigerung gilt Duprel als Beweis, dass der Somnambulismus sich vom Schlafe nur durch eine Yer- schiebung der Beizschwelle unterscheidet , daher die Is erven auf viol geringere Eeize reagiren. Ad. II. nimmt Duprel das Sonnengeflecht als Sitz des Somnambulismus an. Beweis: die 3 34 innere Selbstschau der Somnambulen , ihre Diagnose eigener und frerader Krankheiten, ihre Sensitivitat fur chemische, meteorologische und andere Einfliisse. Ferner: Die Aussagen der Somnambulen tiber ihre Perception durch Magen- oder Herzgrube. Fur die Sinnesperception , Eede und Handlungs- vermittlung gentigt Duprel das Hellsehen. Consequent erklart Duprel die von der Basis des Centralnervensystems abgelosten abnormen Bewusstseinszustande ad III. als tiber dem normalen Bewusstsein stehend, und erkennt in dem abnormen Bewusst- sein die Vermittlungsstufe zwischen dem normal sinnlichen und dem ,,Unbewussten Bewusstsein", welches ubersinnlich , leibfrei, sich ahnlich wie das sinnliche auf den leibfreien Or- ganismus sttitzt, aber auf erne Basis von ungleich feinerer atherischer Beschaffenheit , auf einen vom Tode des Leibes nicht alternirten Metaorganismus. Das Problem IV sucht Du- prel auf folgende Weise zu losen : Es gibt im normalen, wachen Bewusstseins-Zustande Ge- dachtnissreproductionen ohne Erinnerung, d. h. es taucht plotzlich eine Erinnerung auf, deren Zusammenhang mit Perso- nen, Eaum und Zeit man nicht wiedererkennen kann, wobei man aber gewohnlich vermuthet, dass man diese Erinnerung, schon einmal gehabt hat, also sie undeutlich wiedererkennt. Das traumende Bewusstsein, welches der Besonnenheit des Verstandes entbehrt, verbildlicht, symbolisirt und personificirt seine Vorstellungen und iibertragt selbe auf Traumgestalten. Wahrend das wache Bewusstsein solche aus dem Unbewussten stammende Erinnerungen oder plotzliche Einfalle als Eigenthum des eigenen Ich anerkennt, hochstens ihre Provenienz aus dem Unbewussten Theile des Ich, dem Nichtich, zugibt, spaltet das Traumbewusstsein sich in zwei Personen , in ein doppeltes Ich. Dasselbe ist der Fall : bei der Krankenphantasie der Irren , bei der Doppelgangervision der Todtkranken und bei dem dop- pelten somnambuleu Bewusstsein. Das wache Bewusstsein weiss von dem Somnambulen Zustande nichts mehr, wahrend das somnambule den wachen Zustandkennt, aber als fremde Person. Als Spiritist in wissenschaftlichem Sinne betrachtet Duprel diese Spaltung des Ich nicht als bloss dramatische, sondern als reelle, aus einem doppelten Bewusstsein resultirend, auf 35 zwei Subjecten basirende, deren Scheidegrenze die psychophy- sische Schwelle zwischen Reproduction und Erinnerung , gleich- bedeutend mit der Grenze zwischen Bewusstem und Unbewuss- tem bildet. Dieselbe Anschauung gilt ihm fiir das objectiv alternirende Bewusstsein ohne Spaltung des Ich, worunter ver- schiedene Bewusstseinszustande z. B. bei Irren zu verstehen sind, die unter einander in keiner Ichreflexion stehen. Nun koinmen bei periodischer Geistestorung vier getrennte alterni- rende Bewusstseinszustande vor, so zwar, dass zwei getrennte Irrenbewusstseinszustande a, c mit einem wachen J und einem somnainbulen d abwechseln, wo gewohnlich a, von &, c, d und s. w. nichts weiss, ausser bei dem Besessensein , wo der Zu- stand als andere Person mit veranderter Stimme auftritt. Duprel halt diesen Zustand fiir koine Illusion, worin er tibrigens an Kant einen Vorganger hat , der nach einem Citat in Slonimsky's Existenz der Seele (hebr.) die Thatsache des Besessenseins anerkennt, ohne dieselbe erklaren zu konnen. Trotz dieser vielfachen Spaltung erkennt Duprel jedoch nur zwei Subjecte an, das sinnliche und das tibersinnliche , mit verschiedenen Bewusstseinszustanden , von denen der abnor- me bei dem Uebersinnlichen behufs Steigerung seiner Fahig- keiten eine Anleihe contrahirt, wobei die sinnlichen Begriffe von Zeit und Eaum den transcendentalen Platz machen, wie dies bei der Bilderflucht geschieht, welche namentlich bei Ertrinkenden beobachtet wird. Diese berichten, in's Leben gerufen , einstimmig , dass in der Agonie sammtliche Ereignisse ihres Lebens auf einmal im Gedachtnisse reproduzirt werden. Das Gedachtniss iiberhaupt bildet bei Duprel die Beweisgrund- lage fiir das tibersinnliche Bewusstsein, da er die materialistisch physiologische Erklarung der Gehirnspuren , als nicht begrundet, verwirft , grosse Z/ahlen von Gehirnspuren herausrechnet , denen jede Berechtigung fehlt, und uberhaupt der Materie jene Peinheit abspricht, welche die Gedachtnissfunction vorwiegend voraussetzt. Desshalb weist Duprel dem Gedachtnisse den me- taphysischen und metaorganischen unsterblichen Aetherleib des iibersinnlichen Bewusstseins als Werkstatte an, in welcher alle vergessenen Vorstellungen als actuelle fortbestehen. 3* 36 Was das fiinfte Problem betrifft, wie verhalt sich der Individualgeist zum Absoluten? so lasst D. die Frage offen, ob die individuelle Seele eine substantiell von ihres Gleichen ge- trennte Monade oder eine blosse Einschrankung , functionelle Concretion, dramatische Spaltung des absoluten Subjectes sei. Ueberschauen wir das Duprel'sche System in seinem Ge- sammteindrucke, so mlissen wir die Perspectiven , die uns die- ser moderne Forscher mit Crooke , Wallace , Zollner, Hellenbach zu den namhaftesten exacten Gelehrten zahlend, fiir die Ent- wickelung des arischen Geistes eroffnet, wahrhaft damonische nennen. Duprel spricht nicht nur dem Exorcismus als einer magnetischen Technik , entstellt durch religiosen Schwindel wissenschaftliche Berechtigung zu, er lasst durch den Magne- tismus sogar die Oudenvater'sche Hexenwage zu Ehren kommen, weil , wie Crooke's Experimente , angestellt zur Entlarvung des Spiritismus - bewiesen haben, der Mesmerismus die Ge- setze der Gravitationslehre auf den Kopf stellt und nicht nur die Korperschwere aufhebt, die grossten Gewichtsdrucke her- vorbringt, sondern auch das Medium Home, mit welchem Crookes zu experimentiren hatte, hefahigt habe, vor einer Versammlung von 60 Lords aus dem Fenster eines Zimmers 85 Fuss hoch liber dem Hofraume hinaus und zu dem zweiten Fenster hineinzufliegen. Es ist selbstverstandlich , dass Duprel keine Zweifel in den Bericht eines amerikanischen Professors (Seemens) setzt, welcher ihm die Zeichnung einer Pflanze einsendet, die Miss Elphinstone bei einer Sitzung hat wachsen lassen, er verspricht vielmehr auch dariiber eine wissenschaft- liche Erklaruug zu geben. Dass die auf einen gewissen Kreis beschrankte Zahl der magischen Experimente bei den Magiern aller Xatiouen und Zeiteu eiue und dieselbe ist, gilt ihm als Beweis, dass ihnen eine metaphysische Teehuik und kein be- liebiger Betrug zu Grunde liegt, und den Umstand, dass Eu- ropa in den letzten Jahrhunderten von dieser Praxis so wenig wusste, erklart er durch die Hexenprocesse des Mittelalters, durch welche circa 10 Milionen Menschen mit differenzirten somnambulen Fahigkeiten den Tod fanden wodurch der Bestand erschopft wurde und sich erst in den letzten 150 Jahren er- liolen konnte. Die Anerkennung des ganzen Hexentanzes genirt 37 Ihiprel jedoch nicht in dem Glauben, dass er mit dem streng- sten Eationalismus auf bestem Fusse steht, eine Consequenz- schwache des arischen Geistes, welche lebhaft an den gekopf- ten Frosch erinnert, der alle Bewusstseinsfunctionen mit abhan- den gekommenem Keflexionsvermb'gen ausfuhrt. Wir stehen hier vor den ernstesten Katastrophen, wie sie die Wissenschaft seit den Neuplatonikern und Alexandri- nern, von denen auch Duprel nach alten Quellen bestatigt, dass der Philosoph Jamblichus beim tiefer Denken in der Luft gescliwebt habe, - - nicht durchgemacht hat, an die Stelle der Erforschung der Aussenwelt, der astronomischen und tellurischen Wissenschaften, tritt die Erforschung des Ich als Schliissel des Weltgeheimnisses. Die grossen Wunder der Astronomio werden langweilig, nur die Atome des menschli- chen Mikrokosmos werden unter dem Forscherange zu unen- dlichen Aeonen, deren wunderbare Erscheinungen den Geist gefangen nehmen. Wird der arische Geist den Faden aus die- sem Labyrinthe finden oder in der agyptischen Finsterniss der modernen Chartumim imtergehen? Hartmann contra Duprel. Die Duprel'sche Forschung enthalt das ganze Material des Hartmann'schen Baues, an welchem nur die Architektonik und die Einrichtung originell genannt werden konneii. Hier haben wir die Quelle des Flusses, der verschiedene Noben- fliisse aus den Gebieten der Wissenschaft aufnimmt und in das Meer der Mystik miindet. Die Kritik, welche Hartmann an Duprel's System tibt, die Aendungen die er daran vornimmt, die mystische Farbung die er seinem Unbewussten gibt, welchem er das unbewusste Bewusstsein abspricht, sind ebenso unwesentlich , wie die ver- schiedenartige Beantwortung, die er auf die fiinf Probleme ertheilt. Das einzige neue Ingredienz, welches Hartmann den Duprel'schen zumischt, ist die altdeutsche Mystik. Der TJnter- schied zwischen der exacten franzosischen Denkweise des Letzte- ren und der traumerischen deutschen Hartmann's charakterisirt 38 sich am besteii durch die Yerschiedenheit ihrer Definitionen des Begriffes Mystik. Duprel definirt dieselbe als das magische Yerhalten des Menschen zu sich selbst. Ein ebenso einfacher als natiirlicher Gedanke, der sich schliesslich jedem Denker von selbst auf- drangt, der iin Kampfe des geistigen Menschen mit dem thierischen Selbstreflexionen anzustellen gezwungen wird. Diese Definition des Eationalisten wird denn auch von der jiidischen Mystik gebilligt. Derselbe Luzzato sagt in der Einleitung seines Werkes: ^Jedenfalls ist es Pflicht eines jeden Menschen nachzu- denken, denn wer nicht denkt, den wird die Weisheit nicht aufsuchen gehen. Er wird in der Finsterniss bleiben und vergehen und Eechenschaft daruber abzulegen haben, warum. er sich mit der Weisheit nicht beschaftigt und das ihm ge- schenkte Talent unbeniitzt gelassen hat; es vielmehr in ver- nunftswidrigen Streben vergeudet. Und wer in diese Lage vexfallen, kann sich durch Denken daraus retten, denn die Erkenntniss der Wahrheit kraftigt die Seele, welche durch nichts so geschwacht wird, im Widerstand gegen den thieri- schen Trieb, als durch Unwissenheit. n Desshalb sagen die Herrscher kommt nach Chesbon, Numeri 21, 27 d. h. accomo- dirt, wer sich selbst beherrscht, wird der Berechnung seiner geistigen Geschafte so gut ein halbes Stiindchen widmen, wie der Kaufmann den Handelsrechnungen. Daher heisst es ernstlich nachdenken, was bin ich? Was ist mein Zweck in der Welt? Was verlangt die Vorsehung von mir ? Nach der Yerpflichtung kommt die Art, wie man diese Fragen losen kann? Das ist die erste Forschung: Der Zweck dieser grossen Schopfung und wem es vermessen diinkt, den Plan des Schb'pfers erfor- schen zu konnen, den belehrt die Mystik daruber, dass dies nicht unmoglich sei". Die jiidische Anschauung lasst natiirlich keine Trennung von Eeligion und Wissenschaft zu, aber der nackte wissen- schaftliche Standpunkt entspricht vollkommen jener Definition , fiber das magische Yerhaltniss des Menschen zu sich selbst. Wenn Duprel nicht weiter hinausgeht, als iiber das eigene Ich und dabei auf die Unsterblichkeit der Seele stosst, so hat 39 er bereits eine Hohe erreicht, die den Ausblick auf em unge- ahntes Gebiet eroffnet. Dies driickt er selber auch in der Hoffnung aus, die er auf den Somnambulismus setzt, dags derselbe der wissenschaftlichen metaphysischen Forschung weitere Perspectiven zu eroffnen, angelegt sei. Diese Hoffnung ist, wie Hartmano richtig darthut , eine triigerische und darin trifft er mit der jiidischen Lehre zusammen, deren Ansichten iiber das Wesen dieser Erscheinungen wir spater beleuchten. Dennoch ist Duprel auf richtigerera Wege als Hartmann. Denn der Weg in die psychischen Eegionen fiihrt durch das Gebiet des Somnambulismus , der die dunkle Scheidewand zwischen jener und der Aussenwelt bildet. Duprel findet den Weg nicht, der in die Hohe fuhrt, wahrend Hartmann die Eegion nicht zu betreten wagt, auf halbera Wege umkehrt und in philo- sophisch-mystischen Phantasiegebilden Entschadigung fiir die intuitive Anschauung sucht. Die letzten Schlussfolgerungen , zu denen er dabei kommt, sind unbedingt verwerflich und offen- bart sich die krankhafte Disposition seiner Denkart schon in seiner Definition derMystik, unter welcher er n das gefuhlsmassi- ge Sicheinswissen des Menschen mit dem Absoluten" verstanden wissen will. In diesem ebenso harten, als scheinbar harmlosen philo- sophischen Brocken haben wir den Knoten aller religiosen, Verirrungen, der durchhauen, aber nicht gelost werden kann. Der Fetischanbeter hat dies ngeftihlsmassige Sicheinswissen" in der unbewussten Gefiihlsregion , welche iiber dem bewussten Verstande liegt und durch diesen von dem bewussten Gefiihle getrennt wird. Sobald dies unbewusste Gefiihl sich in dem Bewussten manifestiren will und den religiosen Funken, der nach Hartmann (siehe dessen n Selbstzersetzung des Christen- thums") auch in der Brust des Buschmannes schlummert, in Actualitat setzt, tritt der Verstand dazwischen und zeigt ihm die unendliche Kluft zwischen dem Ich und dem Absoluten. Diese Reaction ist aber nicht stark genug, die unbewussten und natiirlichen Gefiihle zu unterdriicken und aus dem Paralle- logramm dieser zwei entgegengesetzt wir kenden Krafte entsteht die Identification eines fremden Individuums, des Fetischbaumes , der Katze der Aegypter, der heiligen Kuh der Inder, mit dem 40 Absoluten, welche schiiesslich Letzteres in jene aufgehen'lasst, wie dies auck bei Hartmann nicht ausbleibt. Je mehr die Aestethik durch den Yerstand gelautert wird, desto hoher werden diese Personificationen , diese Uebertragungen des Ich. Bei den Alten waren es die Himmelskorper , mit den Borne rn begann der Menschencultus , lebten die Pharaonen und Hirams wieder auf. Caligula an der Spitze des die arische Cultur be- herrschenden Eoms identificirt sein Pferd nur mit dem Ponti- fex maximus, dagegen seine Wenigkeit ganz philosophisch- mystiscli mit dem Absoluten. Auf dem ganzen civilisirten Erdenruude hat nur das kleine jtidische Volk so wenig my- stisches Yerstandniss, dass es sein Knie nicht beugt und Ta- citus die Klage entlockt: Non regibus liinc adulatio, non caesaribus honor! und mit dem Attribut gens invisa dcis, ein den Gottern verhasstes Yolk, belegt wird. Denn bei dieseui Yolke kommt dem niichternen Yerstande die Ueberlieferung zu Hilfe, welche die Anschauung des Absoluten weit iiber den pantheistischen Missbrauch erhebt, indem das Absolute positiv nur als der Schopfungswille erfasst werden kann, der wahre Begriff des Absoluten aber nur privativ die absolute Unfahig- koit des menschlichen Geistes, Geftihles oder der unbewussten Anlagen tiber denselben bezeichuet, sich iiber sein Yerhaltniss zu dem Transcendentalen eine Keflexion machen zu konnen. Let Machschawa tfisa be Idol. Selbst der Gedanke des Willens hat keinerlei Begriffe dariiber. Das n Sichems\rissen" beschraukt sich vielmehr auf einen nach riickwarts gehenden Schluss, in welchem wir es in seiner Function intellectuell erreichen, wie dies der Schir hajichud des Kalonymiden aus dem dreizehnten Jahrhundert in schoner Darstellung ausfiihrt, und weil eben nach Kant dieser Yorgang parallel lauft mit der Erkenntniss des intellectuellen Subjects, kann von einer Beriihruug beider Liuien nicht die Eede sein, die durch das Gefiihl der eigenen Nichtigkeit von der Grosse des Urseins getrennt sind, oder durch die mit der intuitiven Eeflexion unvernieidlich eintretende Todesfurcht, die das Individualsein in seiner Beschrankung erhalt. Denn der Mensch kann nicht mich sehen und leben bleiben Exodus 33. 20. Es ware daher ein grobes Missver- standuiss, das r Sicheinswissen" des Cosri, den Jichud der 41 Ueberlieferung mit dem Hartmann'schen zu identificiren , wie wir an den Consequenzen des Letzteren an Ort und Stelle nachweisen, wenn er aus dem discursiven philosophischen Traunie in das Gebiet der praktischen Veruunft zuriiekkehrt. P AS ERSTE PROBLEM, Obwohl Hartmanns Anschauung unter dera Drucke der Duprel'schen Magik steht, gelingt es ihm um so eher, sich eine gewisse Unbefangenheit zu bewahren, je weniger er die Thatsachen aus der Nahe betrachtet hat, deren iiberraschen- deu, das Urtheil bctaubeuden, Einfliissen nicht ausgesetzt war, anstatt intuitiven Apercus die rait der Anschauung entstehen, die blasse discursive Kritik arbeiten liisst. Diese Behandlung hat aber den Fehler, dass sie Widerspriichen den Worth von Thatsachen beimisst, uud nach Art der Philosophie auf Fra- gen und negative Bow else, die gewuhulich einfache Missver- standnisse sind, Systeme aufbaut. I. Die Frage liber das Wesen der somnambulen Natur- krafte lasst H. offen, verwirft dagegen die Duprel'sche Iden- tification derselben mit der Naturheilkraft. Der Somnambulis- mus, ist vielmehr ein Kraiikheitszustand, eng verwandt mit den gefahrlichsten und scheusslichsten Nervenkraukheiten. Beweise: Seltenheit des spoutaneu, Schadlichkeit des kiinst- lich hervorgerufenen Somnambulismus, welcher immer eiue abnorme Sensitivitat und (iedachtuisschwache zur Folge hat, Hysterie, Epilepsie, Katalepsis, Ohnmacht, Starrkrampf, Veits- tauz, sowohl erzeugen, als durch diese Zustande selbst hervor- gerufen werden kaiin, feruer dieselben Symtome zeigt, wie Fieberdelirien, Todeskampf. I) Das Magnetisiren erfolgt mit Leichtigkeit bei Nerven- leidenden, namentlich beim weiblichen Geschlecht, bei wel- chem das geringe Uebergewicht des Grosshirns die decentra- lisirende Desorganisation des Centralnervensystems' begiinstigt. Der Pentateuch erlasst sein Yerbot der Zauberei namentlich gegen die Zauberin Mechaschefa. 42 c) Die Gleichheit der Korpersymptome bei Katalepsis imd hoherem Somnambulismus. Bei Beiden tritt die sogenannte Wachsstarre ein, d. h. ein Tonus der Muskeln, der ohne Krampfstarre jede Stellung und das Verharren in derselben gestattet, bei ersterer mit Bewegungslosigkeit, bei letzterer mit automatischer Beweglichkeit. d) Die schauderhafte Erscheinung des Veitstanzes, welche bei arischen Monchen als heilige Verziickung betrachtet wird, wirkt ebenso ansteckend, wie der spontane Somnarabulismus, so dass manche Theoretiker die Nervenkrankheiten als regel- lose Formen des Somnambulismus hinstellen, wie denn iiber- haupt die Analogic mit den Symptomen des Irrsinns dem Somnambulismus seinen Stempel aufdriickt. e) Dessen Verwandschaft mit der Narkose. Chloroform und Aether erzeugen ebenfalls eine von der Peripherie zum Centrum fortschreitende Analgesie (Schmerzlosigkeit) auch scheinbare Anasthesie (Gefiihlsmangel) und unwillkurliche Trati- me. Dass diese Anasthesie nur scheinbar ist, wie bei dem Pfeilgift der Indianer, kennt Schreiber dieses aus dem Falle einer Amputation eines nervenstarken Menschen dem die Narkose nicht die ganze Erinnerung geraubt hatte. Derselbe er- klarte lieber sterben zu wollen, als sich diesem Gefuhle noch- mals zu unterwerfen. Es schien ihm als lage er in unsaglicher Angst zwischen zwei Wassern (Hirnhemispharen) hinter denen ein Licht leuchtete. Aehnliche Analgesien kamen auch bei den Foltern des Mittelalters vor und wurden von den Inquisitoren dem Schutz des Bosen zugeschrieben. Bei Morphium und Haschisch kommt weniger Analgesie, mehr Traumbewusstsein vor, dagegen Hy- perasthesie des Gedachtnisses und beschleunigter Vorstellungs- ablauf, ebenso wie bei Somnambulen. Die Menge Chloroform die ein Korper fur die Narkose braucht, ist zugleich ein Grad- messer fiir seine Empfanglichkeit fur Magnetisirung. Ebenso erleichtert das Fasten und die Blutleere Narkose und Magne- tisirung. Dagegen ist bei alien Narkosen im Gegensatz zum Somnambulismus, der Verkehr mit der Aussenwelt abgeschnit- ten. Der Somnambulismus hat ein gesteigertes Schlafbediirf- 43 niss zur Folge, so dass Duprel nach Schopenhauer denselben irrig mit dem spontanen Naturheilschlaf identificirt, indem bei monatelangem Somnambulismus em Wechsel zwischen Schlaf und soranarabulem Wachen beobachtet wurde. Je tiefer desto ahnlicher wird der Somnambulismus dem wachen Zu- stande, und der von den Somnambulen selbst so gefiirchtete Hochschlaf bedroht die innersten Nervencentra, die ja im Schlafe die Lebensfunction zu besorgen haben, mit todlicher Lahmung. Duprel's Annahme der besonderen Phantasien fur Traum und Somnambulismus ist unerwiesen, dagegen spricht Walter Scott's Ivanhoe, welchen derselbe im Fieberdelirium componirte, woraus erhellt, dass normale Ktinstlerphantasie mit abnormer identisch ist. Der kunstlich hervorgerufene somnambule Schlaf ist nach Hartmann demgemass eine geistige Vivisection, viel grausamer als die physische. Wir erwahnen hier noch den tragikomi- schen Vorschlag Fahnestock's alle Menschen auf Somnambu- lismus emzuiiben. Duprel iiberschatzt die Sensivitat der Som- nambulen und ihre Fahigkeit zur medicinischen Diagnose, die um soweniger praktischen Nutzen verspricht. als unsere heutige Medicin (H. schrieb dies bevor der Kronprinz Friedrich Wil- helm in San Eemo weilte) ebenso fortgeschritten in der Dia- gnose, wie in Heilung der Krankheiten ohnmachtig geblieben ist. Die Art wie aber der Somnambule seinen Korper fiihlt, ist nicht einmal im Bewusstsein auszudriicken, wird erst in An- schauungsbilder umgewandelt und durch Uebersetzung in Worte entstellt, mehr oder weniger, je nach der^naagelhaften oder falschen Laienbildung der Somnambulen. Ferner ist das Gefiihl selbst sehr dunkel, dem erst durch locale magnetische Hyperasthesirung (im Gegensatze zur Anasthesirung bei Brand- wunden u. dgl.) nachgeholfen werden muss. Am schadlichsten ist dabei der Einfluss des Magnetiseurs, dessen bewusste und unbewusste Gedanken, Wtinsche oder Ahnungen auf das Me- dium ein, und von diesem auf ihn zuriickzustromen, eine kiin- stlich hervorgerufene Diagnose daher in Frage stellen. Aber auch in der Spontanen tritt die Mischung perverser Krank- heitsinstincte, wie das Verlangen nach den unverdaulichsten 44 Dingen, kolossalen Dosen starkster Medicinen, mit dem. Heil- instincte auf. Betrachtet mau die Berichte giinstiger Wirkungeu der somnambulen Verordnungen, so bleibt immer noch Erstaun- licb.es genug iibrig, aber ganz dasselbe findet man bei Scha- fern und sonstigen Wundercuren, besonders bei Nervenkrank- heiten, die jeder rationellen Behandlung spotten. Da heissts ,,der Glaube hilft", woraus sich die Vorliebe der Somnambulen fiir gleichgtiltige Mittel oder homoopathisch kleine Dosen. wie auch ihr Widerwille gegen Eathsehlage an dritte Personen erklart, denen selbe auch in der Eegel niclits lielfen. Ebenso iiberschatzt Duprel den psychischen uud moralischen Werth des Somnambulisnius. Die relative Wahrhcit der somuambulen Enthiillungen beweist ebensoweuig etwas gegen das Krank- liafte dieser Zustandes als der moralische Pathos, und die Venverthung der Herrschaft des Magnetiseurs liber das Me- dium hat durch aus koine sittliche Bedeutuug da die Imputation des fremden Willens dem automatisch handelnden Medium keiuerlei ethischen Werth verleihen kann. Die wache Person sucht die unglaublichsten Vonvande, urn einen im somnam- bulen Zustande erhaltenen Befehl des Magnetifeurs zu erfiillen ohne jede Erinnerung, als den dunkeln unmotivirten Trieb, durch die unbewusst fortwirkenden Eiickstande des somnam- bulen Lebens beim Hereinragen ins Bewusste, ein Zustand, der das Stadium der Besessenheit objectiv verwirklicht. Abgesehen von der Gefahr des grobsten Missbrauches (Schleiermacher - Henriette Herz) ist die Gefahr der Geisteszerriittung eiue so enorme, dass die meisten Eegierungen bereits mit Verboten der Hypnotisirung hervorgetreten sind. Das Pariser Publicum, das einer Donati'schen Vorstellung applaudirt, legt sich, wie ein Journalist treffend bemerkt, keine Eechenschaft von dem grauenhaften Hintergrunde der Vorgange ab. Von Nutzen konnte nach Hartmann die Mesmerirung nur bei Irren sein, denen man befiehlt, nicht mehr von einem bosen sondern von einem guten Genius besessen zo sein, oder bestimmte Vorstellungen auf die Dauer zu vergessen, zur Bekampfung von fixen Ideen oder Zwangsvorstellungen. 45 Was nun den Nutzen des Hellsehens anbelangt. so kommt dasselbe auch im norraalen wachen Zustande vor. Yergleiche Baco und Oken, und die Berichte iiber die Miradori, Wasser- seher, von denen Josef Gross Mtinchen durch Angabe einer Quelle auf 750 Meter Tiefe in Tirol im Jahre 1883 Aufsehen erregte. Geradozu naiv ist Oken's Erklarung, dass diese Erschei- nung eigentlich gar nichts Wuuderbares habe, denn so gut, wie man. mit dem Auge durch die Luft sehen kann, muss man bei gohoriger Disposition mit dem Hellsehorgan auch durch die Maucr sehen konnen. Das somnambule Hellsehen aber, ohuo zielbewusste besonnene Geistesthiitigkeit kann fiir Culturzwecke nicht ausgebeutet werden, und steht das nor- niale Bewustsein viol hoher; formal: durch seine Erhebung liber die anschauliche Bildlichkeit der Yorstellungen zu ab- stracten Begrifien und zur Gedankeureficxiou, inhaltlich : in der zielbewussten Leitung des Yorstellungs- und Motivationspro- cesses, durch welche auch die autonome Selbstbestimmung des "Willens ermoglicht ist. Ein bios bildliches Bewusstsein, dessen Yorstellungsbildor mechanisch vou aussen aufgezwungen werden, entbehrt der Finalitat im Yorstellungsablauf und damit der specifisch geistigen Yernunftigkeit und nur die wachsende II) perasthesie des Gedachtnisses und der Phantasie bewirkt, dass langere Bilderreihen im Zusammenhange verlaufen, wo- bei der Magnetiseur den Spiritus rector abgibt, welcher den mechanischeu Bilderfluss fm Ziigel halt und von Abschwei- fungen zuriickholt, so dass das Verntinftige im somnambulen Traumo von der Yernunftigkeit des Eectors abhangt. Je tiefer der somnambule Schlaf wird, desto tiefer versinkt das Bewusst- sein in gedankenloso Bildlichkeit und Neigung zu symbolischer Personification, desto weiter entfernt es sich von der ver- ntinftigen Geistigkeit des wachen Bewusstseins, desto tiefer wird die Seele in das organische Getriebe der Natur herab- gezogen, desto mehr steigt das Leben auf der Stufe der orga- nischon Entwickelung abwarts, desto unahnlicher wird es dem specifisch menschlichen und desto ahnlicher dem thierischen und pflanzlichen Leben. Das wache Bewusstsein der Thiere von den Amphibien abwarts, gleicht zweifellos mehr dem somnambulen als dem wachen Bewusstsein des Menschen und 46 &ie Sensivitat des somnambulen Zustandes fiir organische und unorganische chemische, elektrische und meteorologische Ein- fliisse gleicht mehr dem thierischen und pflanzlichen Ver- wachsensein mit dem Naturganzen, als der menschliclien Aus- sonderung aus demselben. Die praktische Ausbeutung des Sora- nambulismus gehort daher nach Hartmann in das Gebiet der religiosen Mystik und Traumdeuterei, es ware darnach eiu Verkennen der Natur des Somnambulismus, wenn Duprel ihn zur Grundform aller Mystik macht. Hier scheiden sich die Wege der beiden Forscher. Die Duprelsche Klinik ist fiir Hartmann die Dante'sche Holle, iiber dereu Thor das Lasciate ogni speranza geschrieben steht. Er tiiichtet aus dieser grauenhaften Atmosphare, in der Duprel sich. so behaglich filhlt und nimmt aus ihr den Hass und die Verachtung mit gegen die Luge des Mittelalters, aber auch gegen den Bastard des Voltaireanismus, den franzosische Sitten- faulniss der deutschen Eohheit als Erstgeburt der Aufklarung unterschoben hat, gegen den Materialismus, der dem Menschen die theuersten Giiter, die Erhabenheit des menschlichen Gei- stes tiber die Thierwelt, die konigliche Willensfreihoit, aus der Hand schlagen will, er fiihlt wie nio zuvor den Werth des kostbaren Geschenkes, das eine unbekannte Vorsehung verleiht, nachdem er schaudernd in den Abgrund geblickt, in dem Generationen zerschmettert liegen, und in den Purpur- tiefen des Herzens erheben sich die leisen Mahnungeu des Glaubens. Welcher verhangnissvolle Trieb des arischen Geistes fiihrt den Denker auf neue Abwege, zu den Todten, lasst ihn Graber offnen, aus denen die gefahrdrohenden Dunste der mittelalterlichen Mystik ihre Krankheitsstoffe zu verbreiten drohen ? PARACELSUS. ,,Es thut mir vom Grunde des Herzens weh, dass ich Dich in der Gesellschaft seh." Professor Josef Hyrtl berichtet in seinem Werke: Das Arabische und Hebraische in der Anatomie, Art 238. Zenith, ungefahr folgendes: Dieses in der 47 modernen Literatur vielgebrauchte Wort, hat einen eigenthiirn- lichen Ursprung. Der Phantast Paracelsus,-Leibarzt des polni- schen Konigs Sigismund um 1540, hasste die Medicin seiner Yorfaliren so sehr, dass er alle seine Bticher in das Johannis- feuer warf und neue schrieb, desselben Schicksals gewartig, Unter dem Namen Zenith, einer Corruptel des arabischen Samit, fiihrte er das n erste Menstruablut" incredibile dictu in die Medicin ein, woriiber Naheres aus Frederici Paullini's Dreckapotheke, Frankfurt 1696 su ersehen. Nomen Omen! Dass auch die Wechselfieber dieser Panacee nicht widerstehen konnten, wollen wir gerne glauben, da durch Ekel nicht we- niger Heilungen dieser Krankheit erzielt wurden. als durch Chinin. Ueber das Zenith als Hexenmmittel handelt Andreas Matthiolus. Was es in Liebestranken leistetete, was ausserlich gegen Eothlauf, Kratze, Sommersprossen, Kropf und Mutter- maler, zum Hasenfangen nnd Mausevertilgen, kann man im Schurigius nachlesen. Schliesslich sagt Hyrtl, glaube ich mei- nen Lesern folgende Pica nicht vorenthalten zu sollen: Seneca erzahlt von dem Consul Mamercus Scaurus, dass er ancillarum suarum menstrua ore liiante expectdbat." Ich kann hier eine Abschweifung nicht unterlassen. Die- ser Scaurus wird im Talmud als der erste Eomische Feldherr erwahnt, unter welchem die bella judaica begannen, von de- nen der Pole Szczepanowski sagt, dass sie zu den heroische- sten Freiheitskriegen der Geschichte gehoren, wahrend ein Eenegat in dem Feuilleton eines ersten Journals der soge- nannten Judenpresse, sie als Triumph des heiligen Eom iiber das Culturfeindliche Judaa feiert! Kehren wir zu Hartmann zurtick. Der cynische Wahl- spruch der Eomer: Naturalia non sunt turpia, 1 } gestattet ihm Paracelsus anders zu beurtheilen, als der Materialist Hyrtl. Unter der Schale des Phantasten hat er den praktischen Ma- gier gefunden, dessen scheussliche Therapie ihren somnam- bulen Ursprung verrath. Die moderne Praxis auf diesem Felde verspricht ihm keine Erfolge, weil dieselbe in der Wechsel- wirkung von Medium und Magnetiseur durch das Ueberge- J ) Natiirliches kAnn nicht schandlich sein. 48 wicht des letzteren nicht iiber dessen geistiges Niveau sich erheben wird, wesshalb es des professionellen Magikers be- diirfte um tiefere Eesultate zu erzielen. Zweitens scheint ihm ein eifriges Studium der Mystik die Ansicht beigebracht zu haben, dass diese atavistischen Biickstiinde iiberwundener bio- logischer Verhaltnisse des Alterthums und selbst des Mittel- alters gegen frithere Zeiten in einer bedeutenden Decadenz begriffen sind, im Gegensatze zu Duprel, welcher sie als keimartige Anticipation eiuer auf Erden noch unerreichten hoheren Entwicklungsstufe betrachtet, die eventuell in einem bessereu Jenseits, einem Schqpeiihauerschen Atheistenparadiese oder auf anderen Weltkorpern orreicht werden konne. Der Schuster Boehm hat's Hartmann angethan, der aus einer zin- nernen Schiissel ein gauzes Weltsystem orakelte, in welchem die Thesen des Hegelianismus 5 ) erkannt werden. Auch diese Art der Magik kennt der Talmud unter dem Namen Kessem vergleiche Maimonides Verbote des Gotzendienstes ; Paracelsus scheint ferner durch eine andere Stelle seine Aufmerksamkeit gefesselt zu haben, welclie von dessen dunkler Keuntniss des Telephon Zeugniss zu geben scheint, und dieses mystisch- metaphysiche Telephoii bildet fiir Hartmauu die Losung des V. Problems, indem er sagt: Gerade das Problem der Inspi- ration des sinnlichen Bewusstseius durch uubewusste Function der Individualseele zwingt in alien Fallen, wo es sich um hellsehendes Ahnen von raumlich und zeitlich weit entfernten Vorgangen handelt, zu der Losung durch den concreten Monis- mus tiberzugehen, weil hier eine Yerbindung aller Individual- subjecte im absoluten Subjecte im centralen Telephonanschluss fiir die Inspirationen der unbewussten Individualseele im Be- wusstsein existirt, wahrend der monadologische Individualismus nur die Wahl hat, die beziiglichen Thatsachen zu leugnen, oder auf eine ganz gewaltsame oder unwahrscheinliche Art als Geftihlswahrnehmungen. durch materielle Vermittlung zu erklaren. Diese ftir Hartmann unfassbare materielle Vermittlung wird durch eine Talmudstelle corrigirt, welcho gleichzeitig *) Uud der meisten iibrigen modern en Systeme der Naturphilosophie. 49 das Paracelsi'sche Telephon ins rechte Licht setzt. Es wlrd namlich im Tractate Erubin, pag. 54, eine Thatsache, dass sieben Lehrsatze, die am Samstag frtih in der Hochschule von Sura, an demselben Tage beim Nachmittags-Vortrage in dem viele Meilen entfernten Pumbadita vorgetragen wurden, zu commentiren versucht, um daran die zweifelhafte Gesetzes- frage zu losen, ob die sogenannte vierte Dimension, wie man heute sagen wiirde, unter die Beschankung der Sabbat-granze f&llt, die eine Entfernung vom Orte nur auf 2000 Ellen gestattet. Die im Texte ziemlich unklaren Einwiirfe begleitet der beriihmte Tosafist Or Sorua (um 1200) mit der Erklarung dass ess eine spiritistische Maschine gabe, durch welche sie sich auf die grosste Entfernung verstandigen. Hartmann hat sich auch hier auf ein dunkles Gebiet begeben, welches das blasse Licht der Philosophic nicht aufzuhellen vermag, in eine Atmosphare, die womoglich noch unheimlicher als die Duprel' sche auf die Sinne beklemmend wirkt, und den Aufstieg an's Tageslicht mit Freude begrtissen lasst. Fortsetzung, Hartmann's Losung der ubrigen Probleme, Wir miissen, um die inneren Motive des Hartmann' schen Systems nach alien Eichtungen kennen zu lernen, noch einige Zeit bei seinen psychologischen Theorien zubringen, deren Basis der Somnambulismus bleibt. Ad Problem II. Wo sind Sitz und Perceptions- Centra des Somnambulismus, bemerkt Hartmann, dass sie zweifellos nicht im Sonnengeflechte zu finden seien. Die Aussagen und die Selbstschau der Somnam- bulen beweisen nur eine gesteigerte sensitive Thatigkeit des Sonnengeflechts fiir gefuhlsmassig unbestimmte, nicht zu Sinneswahrnehmungen differenzirte Eeize, weil aber dasselbe in keiner directen Verbindung mit Sinnesnerven steht, miissen die Gefiihlsperzeptionen zu Hirntheilen hingeleitet werden, die mit Sinn und Sprachbowoguugsnerven in unmittelbarer Ver- bindung stehen. Duprel's Ueberschatzung des Gangliensy stems im Allgeineinen entbehrt der thatsachlichen Begriinduug. Hart- 4 50 mann's Boweisfuhrung gegen Duprel, der sich hier auf Expe- rimente stiitzt, 1st um so schwachor, als sie im Widerspruch mit seiner eigenen Theorie steht. In der Philosophie des Un- bewussten hat er aus den Infusorien deu Beweis geliefert, dass die Seelenthatigkeit durchaus nicht an die Nerven gebun- den ist, das Nervensystem vielmehr als Maschine beniitzt, welche dieselbe ungemein vereinfacht und erleichtert. Wo die Maschine nicht ausreicht oder nicht anweudbar ist, greife das v Unbewusste" direct ein. Consequenter Weise fielen hiemit seine Einwande gegen Duprel von selbst, denn im abnormen Zustande des Somnambulismus, concentrirt sich das ,,Un- bewusste" auf das Sonnengeflecht, und hilft sich schliesslich nebenbei durch indirecte Verbindung mit Sinn- und Sprach- organen. Hartmann scheint auch eine dunkle Erinnerung an seinen Lehrsatz vorgeschwebt zu haben, denn er sagt: Jeden- falls ist kein Grund da, die abnormen Bewusstseinszustande von der physiologischen Basis des Central-Nervensystem's ab- zulosen, weil selbe weit geistloser, sinnlicher, mechanischer , dem organischen Naturleben verwachsener sind, als die nor- malen, je tiefer der Somnambulismus wird. Aber damit schlagt sich Hartmann selbst, denn eben deshalb, weil diese abnormen Zust^nde so viel tiefer stehen, als die feine Organisation der Nervenmaschine, weil sie sich den Kreisen nahern, in welchen wie Hartmann beweist, das Unbewusste direct ohne Maschine arbeiten muss, ist dasselbe gezwungen auch im menschlichen organismus die Basis des Nervensystems zu verlassen, um die soviel feineren Leitungen nicht in gefahrliche Storungen zu bringen. Anstatt den krankhaften Eapport auf die Nerven- leitung zu ilbertragen, supponirt die Seele das weit niedriger stehende Gangliensystem, wie man das Pferd an den plum- pen Schlitten spannt, anstatt seinen Korper tiber den Schnee schleifen zu lassen. Hartmann tappt daher nur mehr in Hypothesen herum, wenn er den Sitz folgendermassen festzustellen sucht. Der Sitz des Willens ist die Grosshirnhemispharenrinde , so dass die Pe- ripherie das Centrum beherrscht, in den Hemispharen selbst Sitz des Gedachtnisses , der Phantasie und Sprachcentrum. Es gibt streckenweise Functionslahmung des Gedachtnisses , so dass 51 der Somuambulismus bei uuterdriicktem Willensgedachtuiss die unwillkiirliche Yorstellung reproducirt. Uebrigens soi keine Nothiguug da, dass Tlieile des Grosshirns betheiligt seiu miissen. Einzelue Hirntheile sind relativ selbststiindige Centralorgane mit selbststaudigen Motions uud Pcrceptionscentreu , selbststan- digem Gedachtuiss uud Reflexion zwischen Empfindung und Bewegung, Bewusstsein und Handlung und wissen wir nicht, ob nicht die wacho Phantasie ihr materielles Substrat ausserhalb des Grosshirns liegon hat, da sie weniger als andere Geistes- fahigkeiteu von der Willktir beherrscht wird. Jedenfalls soil aber die wache und Traumphantasie eins sein, gegen Duprel's Ansicht (s. oben Ivanhoe). Wir treffen hier bei Hartmanu schon auf eine hiibsche Anzahl Phantasieu. 1. in den inneren Grosshirnheniispharen ; 2. ausserhalb des Grosshirns; 3. diverse, in den diverseii unabhangigen Centralorgauen ; 4. eiu Centrum der musikalischou Phantasie im Ivleinhirn. Nehmen wir noch dazu den H.'schen Lehrsatz aus der Phil. d. IL, dass ini Unbewussten Wollen und Vorstellung untrennbar, im Bewussten derart vermahlt sind, dass kein Wollen ohne Vorstellung d. h. wie Aristoteles sagt: opsy.-'.y.ov cs OJK avsu ^aviaSia? und da sollen im Gehirne die beiden: Wille und Phantasie soweit getrennt und auf so verschiedene Centren zertheilt sein? ,,Trauriger Zustand der Hypsometric", seufzt Humboldt im Kosmos. Hartmann zieht nun das Kleinhirn fur den somnambu- len Verkehr herbei. Eeichenbach behauptet, dass die odische Intensitat der Innervationsenergie im Wachen, im Grosshirn im Schlaf, im Kleinhirn iiborwiegt. Letzteres ist das Geho'r- und Gleich- gewichtscentrum, daher die Gleichgewichtsbehauptung der Somnambulen gesteigert ist. Hartmann hat iibersehen diesen Hauptunterschied zwischen Somnambulismus und Schlaf gegen Duprel's Identificirung Beider geltend zu machen, wahrend gleichzeitig die Frage ungelost erscheint, waruni nach Keichen- bachs Theorie im Schlafe die Gleichgewichtsbehauptung ganz ausser Thatigkeit gesetzt ist. Gogen das Kleinhirn als Sitz des 4* 52 Somnambulismus spricht der Umstand, dass dasselbe zwar den Gehorsinn als ersten der oberen Sinne hat, mit welchem der Verkehr des Somnambulismus mit der Aussenwelt beginnt, und durch welchen ihn der Magnetiseur thatsachlich beherrscht, jedoch keine Verbindung mit den Sehnerven. Diese haben aber die Vierhiigel. Diese m Verbindung mit dem Kleinhirn diirften geniigen, um den somnambulen Verkehr mit der Aussenwelt zu vermitteln. Eine Schwergeburt der inductiven Suche. Ad Problem III. stellt Hartmann das somnambule Be- wusstsein unter das normale, als untersinnliches , wie bereits aus der untermenschlichen Natur bewiesen, unter das sinnliche, Duprel trifft dieser Vorwurf nicht, da er das somnambule nur als eine Erscheinungsform des leibfreien ,,Unbewussten" hin- stellt, die sich in einer niederen Sphare aussert, durch das Sprachrohr des Sonnengeflechtes redet. Damit fallt auch Hart- mann's Einwand, dass das leibfreie, ilbersinnliche in entge- gengesetzter Eichtung zu suchen ware, hinter dem sinnlichen, als ein dem wachen teleologisch tiberlegenes. Duprel nennt es die einzige Eingangspforte zum Unbewussten, welche Hart- mann in der Natur sucht. Gegen den Beweis, auf welchen Duprel seinen unsterblichen Metaorganismus stiitzt, die Uner- klarlichkeit des Gedachtnisses, behauptet Hartmann, dass er die Feinheit der Materie unterschatze , jedoch ohne wissen- schaftliche Gegenbeweise. Duprel steht zu sehr unter dem Eindrucke der Thatsachen, als das ihn die materialistische Erklarung der Hyperasthesie des Gedachtnisses befriedigen konnte. Selbst Prof. Leidesdorf lasst sich durch aussergewohnli- che Erscheinungen zu der abnormen materialistischen Erklarung herbei, dass es im Gehirn so zu sagen ein Dintfass gebe. das sich durch Jahrhunderte vererbt, also gleichzeitig als Mikro- phon die Erinnerungen der Vorzeit aufgenommen haben miisste. Eine Erklarung abnormer Gedachtnissreproductionen aus langst vergangenen Generationen , die doch viel ungeheuerlicher ist, als die DupreFsche Besessenheitstheorie. Naiv grobsinnlich muss der Einwand Hartmann's gegen den Aetherleib des Du- prel' schen Metaorganismus genannt werden, dass derselbe we- gen seiner geringen Dichte noch unfahiger ware, als das Ge- hirn, zur Gedachtnissreproduction , und in directem Wider- spruch stehend mit seiner Stofftheorie in der Philosophie des Unbewussten, nach welcher Materie nichts anderes ist, als Wille und Vorstelhmg , und die Aetheratome ebenso unentbehr- ]ich sein sollen fiir die Consistenz des Stoffes , als die Stoffatome. Ebcnsowig zutreffend ist die Hartmann'sche Widerlegung , dass das actuelle Fortbestehen aller vergessenen Vorstellungen im leibfreien Bewusstsein ein Chaos abgeben miisste, wie etwa die gleichzeitige Auffiihrung aller geschriebenen Musikstiicke, wobei die Auswahl bestimmter Vorstellungen aus diesem Chaos unorklarlich ware. Hartmann verwechselt da sein ,,Unbewusstes" , welches bowusstlos ist, mit dem Duprel'schen, welches ein dem Bewusston unbewusstes, tibersinnliches Bewusstsein hat, uiid eben die Bilderflucht, spricht, selbst nach der Eeduction auf ein natiiiiiches Mass, wie Hartmann will noch immer fiir die unbowusste Leitung der Auswahl. Sehr verniinftig und strong consequent ist daher bei Duprel das Postulat eines transcendentalen Zeitmasses, und gar nicht abzusehen, warum Kant's Theorie von Zeit und Eaum hier nicht richtig ange- wandt sein sollte. Das IV. Problem: Wie verhalt sich das somnambule Be- wusstseiu zum Individualsubject , bietet uns ein Feld, auf welchem wir die Psychiatric Hand in Hand mit der speculativen Phi- losophie beim Experimentiren an der Arbeit finden. Duprel ist von dem Eeichtum des Ich, den Schatzen die dieser dunkle Continent in sich birgt, so eingenommen, dass er die Aufgabe des Denkers hauptsachlich in die Erforschung desselben verlegt, wahreiid Hartmann den Sprung in den Ocean des Absoluten fordert. Duprel findet fiir die verschiedenen Bewusstseinserscheinun- gen die Nothwendigkeit einer Trennung der Individuality, fiir welche jedoch zwei Individuen a) eiu iibersinnlich unbewusstes aber mit Bewusstsein versehenes, an verschiedene abnorme Zustande Bewusstsein verleihendes uiid I) ein normales sinnli- ches Bewusstsein geniigen. Hartmann verwirft diese Eintheilung, weil selbe einen Trialismus a) tibersinnliches, b) sinnliches, c) untorsinnliches , ja sogar einen Septualismus oder mehr durch Hinzutreten eines traumenden, zwei somnambulen und zwei bis drei irren in ein und demselben Menschen verlangen wiirde. Aus diesem Dilemma liilft sich Duprel durch die ungenaue Definition seines Unbewussten, geradeso wie Hartmann seine einfache Theorie: die Aufrechthaltung der Einheit der Person durcli die daliinterlaufenden Functionen des Unbewussten deckt, die er aus dor falschen pantheistischen Individualitatstheorie der modernen Ichphilosophen erklart. Hartmann's Einwand, dass diese Theorie angenehmer sei, als die Annahme der Verkoppe- lung zweior Personen , deren eine die sinnliche, durch die zweite die iibersinnliche damonisch besessen 1st, hat auf die Eealitat keinen Einfluss. da, wie Hartmann in der Philosophic des Unbewussten sagt, die letzten Schlussfolgerungen seines Systems den Auforderungen der Annehmlichkeit gegeniiber taub sind. Hartmann 's Hypothese unbewusster Functionen immate- rieller Natur die den Aetherleib entbehrlich machen . ist von der Blasse dor Scholastik angekrankelt und kann weder den Materialisten uoch den Philosophen bcfriedigen. Cebereinstim- mend mit Duprel behauptet Hartmann, dass die psychische Function des Subjects nicht nur die siuuliche Bewusstseius- thatigkeit sonderu die vor und jenseits alles organischen Be- wusstseins liegenden Functionen hervorbringt, tragt, dadurch den Organismus producirt, erhalt, und die normaleu und ab- normen Bowusstseinszustande durch Inspirationen unterstiitzt. Die metaphysische und die materialistische Entwicklungs- theorie der moderneu Forschung, erhalt durch diese neueste psychogenetische Theorie erst ihre Vollendung, Erst bei der Bewusstheit treuut sich Hartmann von Duprel unter dem Vorwande, dass dieser das eingeschmug- gelte ubersinuliche Bewusstsein mit dem zwei Bewusstseine tragenden Individualsubject verwechselt, welches beiden gieich nahe oder gieich fern liegen rnuss, d. h. der unbewusste Pro- ducent oder Trager beider sein miisste, und es unmoglich ware, demselben dadurch naher zu kommen, dass man von der Erscheinungswelt des einen in die des andern hiniiberschreitet. Um also von der iibersinnlichen Person zum Unbewussten ge- meinsamen Subject beider zu gelangen, miisste man ganz ebenso in die metaphysische Tiefendimension hinabsteigen, als wenn man von dem Bowus^tsein dor ersten Person ausgeht. 55 derm das Subject selbst 1st niemals empirisch im Iiihalt seiner Function zu findeii, sondern nur aus der Function durch einen nach riick warts geheuden Schluss intellectuell zu erreichen, daher es Kant auch das intellectuelle Subject nennt, Hartmann verschmaht es nicht, das von ihm an Duprel gerugte Verfah- ren einzuschlagen, dass er Kant's transcendontale Begriffe mit der exacton Forschung zusamnieuruhre. Dieser Fehler wird aber Hartmann uoch unverzeihlicher , da er semen Angriff aus Kant auf spiritistische Begriffe der hoheren Mathematik stiitzt, welche weder positive Berechtigung, noch irgend eine Verbin- dungsbriicke mit der Kant'schen Speculation haben. Das in- tellectuelle Subject in der metaphysischen Tiefendimension suchen gehen, heisst sich bei den eigenen Haaren aus dem Wasser ziehen. Ueberhaupt sclireitet in der modernen Analyse des Ich das Eidiciile gar zu hart hiuter dem Erhabenen. Die alte griechische Philosophie welche nur das Object kannte, und iiber das Ich nie zu einer Eeflexion kam, be- trachtete dasselbe als das unvorriickbare Fundament auf das die Forschung baute, wahrend die Neuen in das entgegensetzte Extrem verfalleii, das Ich in Nichtig auflosen und so jene seltsame Frucht des Nihilismus zu Tage fordern, die wir selbst in der exacten Wissenschaft unter dern achten Igno- rabimus kennen gelernt haben. Wen das Pathos des philoso- phischen Sty Is nicht um seiuen Humor bringt, der wird hier an die Anekdote von dem gedachtnissschwachen Eisik erinnert, der vor dem Schlafengehen den Ort eines jeden Kleidungs- stiickes notirto um es Friih linden zu konnen, und schliesslich dazu schrieb : Eisik liegt im Bette. Als er nun aufstand, konnte er alles finden bis auf den Eisik der im Bette absolut nicht zu finden war. Das Ich wird man niomals durch das Ich auf- suchen geheii. Anders verhalt es sich mit der Anschauung des Ich, dazu gibt der Dualismus den Spiegel ab, in welchem es zum intelligiblen Subject wird, das Ich des Spiegels ist aber kein drittes Individualsubjekt sondern nur der Eeflex des be- wussteu im Unbewussten. Eine Philosophie die sich nicht entblodet, die Wand, an die sio mit dem Kopfe rennt, fiir eine optische Tauschung zu halten, sollte sich doch etwas kla- rer werden k<"nnen liber ihre eigenen Tauschungen. Ich glaube, 56 dass das Ich iiberhaupt em zusammengesetzter Begriff 1st, und der gewohnliche Begriff des Wortes n selbst" eine Tau- sehung. Das im Schlafe wache Herz kennt in seiner Verein- samung netaen dem unthatigen Gehirne den Begritf des Ich nicht mehr. sowenig wie ira Embryo oder beim Saugling, wegen der breiigen Beschaffenheit seines Hirnes. Erst der Eapport zwischen den verschiedenen selbstthatigen Centren bringt die Begriffe hervor : ich fiihle , denke , will. Der Duprel'sche Dualismus geniigt daher vollstandig fiir das Inividualsubject. Wir kommen nunmehr zu dem Streite zwischeu Hart- manu und Duprel iiber die getrennten Bewusstseine in wel- chem der Mystiker dem empirischen Eealisten mit einer ma- terialistischen Beweissfiihrung an den Leib geht. Niemand zweifelt, sagt Hartmann, dass Irre mit alternirendem Bewusst- sein nur einen in zwei Haufen getheilten Gedachtnissvorrath ohne Scheidewand nur mit leerem Eaume haben, da bei Uebergangen beide Grupen ineinandergreifen, aber sich wegen ihrer Fremdartigkeit abstossen. Das Bewusstsein gleicht einer Blendlaterne , deren Lichtkegel auf einen engbegrenzten Aus- schnitt fiillt; dreht sich der Kegel langsam, bleibt die Conti- nuitat gewahrt, dreht sich selber aber mit einem Eucke um mehr als den Scheitelpunkt des Kegels , so sind ganz getrennte Abschnitte beleuchtet, die bei der Dunkelheit der Briicke als zwei getrennte Bewusstseine erscheinen. Diese Art der mate- rialistischen Beweisfiihrung besticht durch das Gleichniss, welches aber an und fiir sich nicht einmal als Wahrschein- lichkeitsbeweis bei so verwickelten Problemen. und bei der totalen Unkenntniss des Gehirnes anwendbar ist. Der Budd- haist erklart die Erdbeben, durch ein Bad im Innern der Erde , dessen Umdrehung die Detonationen verursacht. Die Be- grtindung zeigt denn auch die ganze Schwache der Hartmann'schen Einwande, die schliesslich hochstens fur organische Hirnstorun- gen gelten konnen, mit denen die Duprel'sche Untersuchung nichts zu thun hat. Nun kennen wir, sagt Hartmann keine Bewusstseinszustande zwisehen denen nicht wenigstens aus- nahmsweise, eine schwache Grenzbertihrung stattfande, so erinnert sich das somnambule Bewusstsein ,,ausnahmsweise" aus dem Hochschlaf. Nach den neueren franzosischen Berichten 57 1st der entschiedene Befehl des Magnetiseurs an die Somnam- bulen sich nach dem Erwachen an bestimmte oder an alle Zustande zu erinnern, hinreichend um die Erinnerungsbriicke herzustellen (Anm.: ist das bei der Blendlaterne auch moglich, die Erinnerungsbriicke im Dunklen zu lassen und dies unge- schehen zu machen?) analog dem Befehl zum Vergessen oder Elimination bestimmter Vorgange aus der Wahrnehmungssphare welche soweit geht, dass die Sage von der Tarnkappe zur Wahrheit wird t ', indem die Somnambule nach dem Erwachen unfahig ist, eine anwesende Person wahrzunehmen , wenn ihi dies im somnambulen Zustande verboten war. Was ebenfalls eher als Beweis fiir Duprel dienen konnte, dass seine Ignori- rung der Differenzen zwischen den abnonnen Zustanden ge- rechtfertigt ist, um alle als zweite Person zusammenzufassen , da ja auch Hartmann in diesen Beispielen die objective Be- sessenheit, durch den Magnetiseur constatirt hat. Es bleibt daher von der Hartman'schen Beweisfuhrung nur eine schone Hypothese iibrig, welche, ob zutreffend oder nicht, sehr viele wichtige psychologische JVIomente enthali Dieselbe stellt sich wie folgt: Waches a und somnambules b sind a von 6 durch Erinnerungslosigkeit , & von a durch phantastische illusorische Personification des a abgesondert. Das Willkurorgan wird beim Einschlafen durch eine teleologi- sche Einrichtung am ersten depotenzirt, weil es der meisten Erholung bedarf, als Organ der Spontaneitat , Aufmerksamkeit , Besonnenheit, Zielleitung des Vorstellungsablaufes , Motiven- bilduug, der ziigelnden und hemmenden Thatigkeit durch Ein- wirkung auf innere und aussero Eeflextatigkeit der Central- theile des Nervensystems , deren decentralistische Impulse beherrschend. Nach dem Gesetze der Bestandigkeit der ge- hemmten Innervationsenergie , wonach Anasthesie des halben Korpers sich durch Hyperasthesie der zweiten Halfte ausgleicht, wahrend der galvanische Strom das Gleichgewicht herstellen kann, hat die Anasthesie des Willkiirorganes lebhafte Traume xVbends vor dem Sinken und Morgens vor dem Aufstehen der Innervationsenergie zur Folge, beim Somnambulismus bingegen Hyperasthesie gewisser Nerven, daher Schlafbedtirfniss und Anasthesie der iibrigen Nerventheile , trotzdem die Perceptions- 58 centra der Sinne thatig sind; Hyperasthesie des Gedachtnisses und Phantasieorganes als constante Compensation des Willkiiror- ganes. Streift der Leuchtkegel die Centralnervensystemtheile in denen die somnambule Vorstellung sich vollzogen, so be- giinstigt dies den Biickfall in Sorrmambulismus. Die Anasthe- sirung schreitet von der Peripherie zum Centrum, nur wissen wir nicht, welches von den zwei Hirntheilen der centralere 1st. Gewiss ist, dass das Willkiirorgan in .der Bindenschichte der Grosshirnhemisphare zu suchen ist, also peripherische Stellung zum Mittelhirne trotz seiner Hegemonie im Gebrauche der Leistungsfahigkeit des gesammten Organismus. Hartmann sucht demnach die alternirenden Bewusstseinszustaude als eino Oligarchie zu erklaren, welche sich wahrend der Absentirung des Willkiirorganes einstellt, wobei verschiedene Centralorgane die Leitung iibernehmen, ohne dass verschiedene Individuen substituirt werden mlissten. Wir sind mit dem Besuche der Hartmann'schen Werk- statto zu Ende. Wer die buntgefarbten Liqueure der Zukunftsre- ligion in seinem schon geputzten Schaufenster der Philosophie stehen sieht, der ahnt den Contrast nicht, den einem die dunklen Kellerraume bieten, in denen die verschiedenartigen Mixturen zusammengebriiut werden. Die Anschauungen des Eabbinismus iiber diese ver- wickelten Probleme konnen erst nach einer systematischen Definition der rabbinischen Philosophie und Psychologie dem Leser vorgefiihrt werden, welche eigeuthiimliche Schwie- rigkeiten bietet. Diese zwingen mich, die Methode der he- braischen Padagogik zu befolgen, welche, ahnlich wie die Bell Lancastersche, sprungweise einzelne Partien herausgreift, durch deren Verstandniss die dunkleu Zwischenglieder dann von selbst in Fluss gebracht werdeu. Ich muss daher den geehrten Leser um Entschuldigung bitten, wenn ich, ohne Vorganger auf diesem schwierigen Ge- biete, im nachsten Capitel durch den scheinbar losen Zu- sammenhang der oiuzelnen Gedanken seine Geduld und Nach- sicht in Anspruch nehmen miisste. III. Hartmann's Endziele, Die Zukunftsreligion, Historischer Ruckblick, Die Eecognoscirung der feindlicher Colounen, hat uns oinen Einblick in ihre Ordre de bataille gegeben. In dem leitenden Princip des Hartman'schen Systems erkennen wir, \vie richtig vermuthet, eine Evolution des deutschen Genius, mit Hilfe eines Aufgebotes der verschiedenartigsten Disciplinen der mateiialistisclien, mystischpsychologischen und philosophi- schen Forschung, eine Vernunftreligion zu griinden, geeignet, die Sendung Mosis entbehrlich zu machen, die Arier von dem Einflusse des Judenthums zu emancipiren. Eine praktisclie Anwendung der Lehre von der Fahigkeit des Unbewussten. den Eapport mit dem Korper, losgelost von der Basis der feinen Nervenmaschine, bewerkstelligen zu konnen. Obwohl in der Natur diese Anwendung nach Hartmann als Eegel nur bei der niedrigsten organischen Entwicklungstufe vorkommt, oder als Ausnahmezustand bei den hoheren Orga- nismen, der zugleich deren Bestand bedroht, so glaubt Hart- manu gerade in diesen Extremen das richtige Moment der Anpassung an das religiose Bediirfniss des arischen Charakters gefunden zu haben, welcher sich einerseits nur ungern zwin- gen lasst, dem dunklen religiosen Triebe den kleinsten Tribut zu zollen, wo aber sein Egoismus ein Befriedigungsobjeet der geistigen Wollust in der religiosen Inbrunst findet. die Sehran- ken des monschlichen Geistes scliomnigslos zertriimmert. Die 60 Disciplin des religiosen Dienstes, der langsame menschliche Entwicklungsgang der erne lange Selbstentsagung auferlegt, 1st dem Arier ein Grauel. Er verkauft noch immer die Wiirden und Biirden des mit dem Eange der Erstgeburt verkniipften Priesterthums um ein Linsengericht. Er stiirzt sich in den Strudel des Lebens das ihrn verhasst 1st, und glorificirt mit Montesquieu den Selbstmord. weil er den Tod fiirchtet. Dieser Kampf zwischen physischer Lust und den leison Mahnungen der Seele, dem Lebenshasse und der Todesfurcht, hat in dem Zusammenstosse des heiduischen Eom mit Judaa die arische Eeligion erzeugt, deren Prototyp wir iui embry- onischen Zustande, losgelost von dem historischen Aufputz, bei dem Heiden Tacitus vollstiiudig ausgebildet linden, Man lese dessen Expcditio in urltem sacram. Die verschiedensten heid- nischen Culte verschmelzen schon bei ihm zu einer Univer- salreligion, welche eins ist im Gegensatz zum Judenthum. Dieses den Gottern verhasstc Volk, welches vom Saturn zu dessen Andenken es den Sabbat (Saturday) feiert, aus Greta nach Egypten vertriebon wurde, hat den Namen Juden vom Berge Ida, natiirlich nach Barbarenart vorstiimmelt. Auf den Eath der Gotter aus Egypten vertrieben, weil dieses Land von Plagen heimgesucht wurde, irrten sie diirstend in der Wiiste umher, bis ihnen ein gewisser Moses eine Quelle zeigte welche ein Esel entdeckt hatte, weshalb sie das Bildniss die- ses Thieres noch heute verehren. (Ein verschamter Aufruf fiir das Tacitusdenkmal). Endlich gelang es ihnen unter Anfiih- rung eines gewissen Juda und Solyma Phonizien zu erobern, und dort die Stadt Hierosolyma zum Andenken an den letzte- ren zu griinden. Als Curiosum weisen mir darauf en passant hin, dass der oben erwahnte Feuilletonist in dem ersten Organ der modernen Bildung sich nicht entblb'det, Tacitus Angaben als historisch wissenschaftliche gegen die heilige Schrift zu verwerthen. Dieses Voik ist die projectissima ad libidinem gens, die ausschweifendste Nation; das sagt der romische Paderast auf , dessen Tisch das Emeticon nicht fehlen darf. Beweis : weil sie den ehelichen Umgang mit anderen Nationen verschmahen. 61 Hinc illae lacrymae. Nichts was uns heilig 1st, wird von ihnen respectirt, dagegen gibt es bei den Juden Nichts, was verboten ware, nihil ilhcitum. Sie sind die schlechteste Nation teterrima gens, Beweis, weil sio wegeu ilirer stets bereiten Mildthatigkeit miscricordia inpromptu und ilirer uugebundenen Freiheit aus aller Herren Lander Proselyten anziehen, die dann ihre hergebrachten Sitten verlaugnen mtissen. Sie sind die aberglaubischste Nation (aberglaubisch wie ein Eomer, war das alte Spriichwort so dass sich die Syrer vergebens be- miihten, ihnen die Gotterlehre aufzudrangen). Beweis: Sie ver- spotten die Bilder der Gotter und beugen sich selbst vor deneu der Kaiser nicht (Anspielung auf Caligula). Non regi- bus liinc adulatio non caesaribus honor; und glauben nur an einen im Geiste wahrnembaren Gott, und an die Unsterblich- keit der Seele, was lie in den Augen des finsteren todtbriu- genden Eomers schreckliche Folge hat: Hinc generandi amor, hinc moriendi contemptus. Daher ihre Liebe zum Familienleben, daher ihre Verachtung des Todes. Zum An- denken ihres Stammvaters Liber (Abraham), feiern sie die frohlichsten Feste mit Musik, Wie hartnackig darum ihr Aberglauben ist, beweist der Umstand, dass sie durch alle Zeichen und Wunder, die wahrend der Belagerung den Unter- gang des Tempels verkiindeten, dessen schwere Thore von selbst aufsprangen, der plotzlich in einem ubernatiirlichen Feuer erglanzte, sich nicht einsehuchtern liessen, bis auf den letzten Mann zu kampfen, warum, weil sie in ihren heiligen Blicheru gefunden haben, dass das heilige Volk herrschen wird, was sie auf sich beziehen, wahreud damit doch nur wir Eomer unter Vespasianus und Titus (also ein Doppelmessias Vater und Sohn) gemeint sein kb'nnen. Obstinatio viris feminisque par, ac quum Iransferre sedcs cogerentur, major vitae metus guam mortis. Ihre Hartnackigkeit ist gleich bei Mannern und Frauen, und wenn sie ihr Vaterlaud zu verlassen gezwungen werden sollen, so ist ihre Furcht vor dem Leben grosser, als die vor dem Tode. Kurz, mos hominum absurdum atque sor- didum, die Sitten dieses Volkes sind absurd und schmutzig. Da er die Gesundheit ihrer Korper, den Glanz und Eeichthum ihrer Stadte, ihres Landes riihmt, Corpora hominum salubria ac ferentia lalorum, so 1st darunter eine Anspieluug auf die Be- schneidung zu verstehen, welche den Eomern den Hauptstoff zum Spotte gab, ihnen unastethisch vorkam, die in ihrer classi- schen Literatur 95 Namen fiir das Zeugungsglied haben, und alljahrlich Wallfahrten veraustalteten zu dem Gotzenbild der alexandrinischen Frauen, dem Moirion, welcher den 96. Na- men fiir dasselbo abgibt. Aus jedem Worto des beriihmteu romischen Classikers spricht der Hass, der seinen so klaren Blick gegen die einfach- sten Gesetze der Logik blind macht, die unverfalschte Seelen- pein des geistigen Neides, der Sina, welche nach dem Tal- mud dem Sinai den Namen gegeben 1 ), weil dieser die Quelle der Eifersucht geworden, mit der die Nationen das Juden- thum verfolgen. Bei Tacitus sind weder liistorische noch so- ciale oder ethnologische Motive zu suchen, um den Hass zu erklaren, kein Gottermord, keine Capitalsiibermacht, keine Verschiedenheit der Eace, denn Griechen und Semiten und Aegypter sind fiir den Eomer gleiche Barbaren und willkom- mene politische Bundesgenossen. Es ist einzig und allein der Ingrimm des Weltschmerzes einer sich selbst vernichtendeii Misscultur, der atavistischen Eeste jener Epochen, die in ihrem Kampfe gegen das Dasein im Allgemeinen und gegen das Prototyp des Menschen insbesondere, die Welt zu einem Schei- terhaufen machen mochten, fiir Alles was Mensch genannt wird. Dieser heidnische Eomer, der seine Lust gesattigt an dem Schauspiele der jiidischen Gefaugenen, die sich ohne Kla- gelaut von den Lowen des Circus zerfleischen lassen, wie er von der Arena zuriickkehrt, zu seinen Biichern, um der Welt zu verkiinden, dass ihm der Gott in der Geschichte Israels die heilige Mission der Weltherrschaft iibertragen, wir erken- nen seine Signatur unter dem Wechsel der Gewander durch die fiinfzehn Jahrhunderte des Mittelalters. Wir sehen von Generation zu Generation immer frische ungezahlte Horden arischer Barbaren, aus den hercynischen Waldern an das Bec- ken des Mittelmeeres hinabsteigen, um die jiidische Erb- schaft des sterbenden Eomers zu iibernehmen, wir erleben Eine erlaubte Aecoinodation gleih lauteiuler Buchstaben. 63 das Schauspiel, dass der slavischo Czar seine Gesandteu au die Hofe von Eom, Byzanz und den des jiidischen Chazaren- konigs aussendet urn eine Eeligion zu fiinden, uud ein giitiges Geschick bewahrt uns vor dem uuverhofften Familiensegen. Die dumpfe, unerklarliche, religiose Gahrung, bei welcher die Juden dor Diaspora das unbewussto Ferment, den fernwir- kenden magnetichen Erreger abgeben, erreicht nach einem vollen Jahrtausend ihren Hohepuukt in den Kreuzziigen und das arische Eom schickt sich an, auf den Triimmern des Salo- monischen Tempels sein Capitol zu errichten. Die Schiller der palastineusischen Talmudisten linden in den Schiilern des babylonischen Talmuds, in den Sohnen Ismaels die Eivalen, die sich auf das Testament Abraham's stiitzeu, wonach ihnen das Erbe Israels gehort, denn Hagar ware die rechtmassige Gattin gewesen, nicht Sara, wie die Juden behaupton. Ein erbaulicher Erbschaftsstreit zwischen den reckenhaften Teu- tonen und dem hageren Wiistensohn, wolchem Maimonides Schiller der weise Saladin mit dem Schwerte ein Ende rnacht. Der religiose Bausch der Arier weicht der. Erniichteruug, und aus dem Morgenlande briugt er den Sameu der modernou Cultur in seine rauhe Heimat zurlick. Zwei Jahrhunderte spater eiiebt das Judenthum den Zusammensturz des 1000- jahrigen Byzanz, das an seiner unsagbaren Verderbniss, seiner Blutschande, seiner Sittenfaulniss zu Grunde geht. Die Triim- mer dieser Cultur verbreiten sich durch die fliichtigen Gelehr- ten iiber den barbarischen Norden, der in der Eenaissance mit der alten griechischen Wissenschaft und Kunst auch die by- zantinischen Giftstoffe aufnimmt, aus denen die Sittenfaulniss der nachsteu Jahrhunderte sich entwickelt bis zur franzosischen Eevolution. Nach lOOOjahrigem Schweigen hat das Weltgericht wieder einmal seine Stimme vernehmen lassen, aber der Triumph des Judenthums dauert nicht lange. Die vielkopfige Hydra der Inquisition erhebt ihr Haupt, das Wort bedeutet eigentlich die r .Erfinderische [t denn die Liebe zur Menschheit macht sie erflnderisch in Hollenqualen und Torturen, gegen welche die Proceduren des grausamen Eoms em Kinderspiel zu nennen sind. Das Jahr 1492 erneuert fiir die Juden die Zeiten des Titus und des Hadrian. Der thonerne Fuss des Kolosses 64 der auf dem Hellesponte ruhte, 1st gebrochen, mit um so grosserer Wucht driickt der eiserne auf die Saulen des Herkules. Spanien, der Erbe der westromischen Herrschaft, erreicht eine ungeahnte Hohe der Macht und des Buhmes der Befriedigung seiner unersattlichen Goldgier, seiner Mord- lust, seines Ehrgeizes, in der neuentdeckten Welt und das Weltgericht, welches der moderne Witz die Ironie des Schick- sals zu nennen beliebt, erwartet es auf dieser stolzen Hohe, damit es in seinem Falle den morschen Bau des romischen Eeiches in Triimmer lege. Mit dem Jahre 1492 beginnt die Aera der modernen Wissenschaft. Unter den Ariern des Alterthums waren die Griechen die einzige Nation deren Geistesschatze die Begriindung einer wissenschaftlichen Weltanschauung moglich machten. Freilich waren auch diese kein arisches Eigenthum. Das Schlagwort von der arischen Cultur ist eine Unwahrheit. Alle Anwohner des Mittelmeeres empfingen die Anfange ihrer Cultur von den Phoniziern und den Aegyptern, den Hamiten, deren Stamm- vater wegen seiner unasthetischen, materialistischen Triebe aus der ersten Volkerfamilie ausgestossen, zuerst die Wiege der Menschheit, das asiatische Hochland verlassen musste, um mit seinen Sohnen die Meereskiiste aufzusuchen. Phb'nizier uud Egypter waren die Pioniere der materialistischen Cultur, der sie die edlen Triebe des Geistes und Gemiithes in ererb- ter Missachtung des Idealen zum Opfer brachten. Ein scheuss- licher Pan- und Poly-theismus, erzeugt durch die Ausschreitungen einer verthierten Phantasie auf dem Gebiete der spiritistischen Mystik und Magie, vergiftete das geistige Leben dieser Natio- nen, und hinterliess tiefe Spuren in dem alten und neuen Eom wahrend dieselben in Technik, Kuiist, Mathematik und Natur wissenschaft der iibrigen Menschheit um Jahrtausende voraus- geeilt waren. Die Chemie verdankt Egypten ihren Namen, das bei den Griechen yr,[m nach Cham dem dunklen (Chum das braune im Hebr.) benannt war. Die Ktisten des Mittelmeeres, ja selbst des Oceans bis an die Ostsee, waren von Phoniciern bevolkert, die altesten Stadtenamen sind phonicischen Ursprungs. Die Eroberung Palastinas durch Josua trieb einen ganzen pho- 65 nizischen Stamm iibers Meer nach. Hellas. Kadmus (phon. der Erste erbaut Theben, phon. der Ban) und selbst der Name Griechen Graekos scheint dem phon. Girgasi entsprungen zu sein. Unter den arischen Analphabeten waren die Griechen wegen ihrer geographischen Lage die ersten, welche die ha- mitische Cultur und das semitische Alphabet von den Phoni- ciern annahmen. Die hamitische Volkerseele hat es weder bei den Aegyptern noch den ihnen stammverwandten Chinesen zu der bedeutsamsten aller Erfindungen, eines das Chaos der Vorstellungswelt durch die Monaden des Geistes beherrschen- den Alphabets gebracht. Unsere sog. arabischeo oder indischen Zahlen sind nichts anderes als die althebraischen Buchstaben- zahlen; 4, 6, 8, 9 sind noch heute unverfalschte Dalet, Waw, Chet, Tet des Ketab iwri und nur das Dekadensystem in der Arithmetik mit der Null. Sifra (im arabischen der Kreis, wo- von der Ausdruck Ziffer.) ist theils arabischen, theils indischen Ursprungs. Eine vollkommene Emancipation der Arier von judischem Einfluss, miisste daher mit der Vernichtung des Alphabets, der Ziffern und namentlich des Geldes beginnen, welches durch seine bedenklichen philosemitischen Neigungen seine n Ursprung nur zu deutlich verrath. Dass die Arier in der Cultur zuriick- blieben, und auf den Unterricht ihrer Yettern angewiesen wa- ren, erklart sich naturalistisch aus dem Umstande, dass ihr Stammvater Japhet, bei den Griechen der Eiese Japetos, sei- nen Kindern die langen Beine vererbte, die wir noch heute bei dem Volke der Denker bewundern, und die Unbequem- lichkeit des orientalischen Sitzens mit untergeschlagenen Extre- mitaten, mag am meisten zu dem besonders entwickelteu Wan- dertriebe dieser Familie beigetragen haben, der sie bis an die Gestade des Atlanticus fuhrend, im Kampfe mit der Natur die urspriingliche Cultur bis zur ganzlichen Verwilderuug ver- gessen liess. Aber nicht nur die Anfange der Bildung haben die Grie- cheii und nach ihnen allo Arier von Sem und Ham empfan- gen, auch die hochste Entwicklung des griechischen Geistes ist keine originelle. Die antiheidnischen Lehren eines Klean- 5 66 thes, Zeno und Socrates, welche zuerst nach der Zerstorung des ersten Tempels auftauchen, verrathen ihren jiidischen Ur- sprung, sei es durch Verkehr mit den Juden, der im Prophe- ten Joel angedeutet 1st, dass die Tyrer die Sohne Judas an die Griechen verkaufen, und welchen Aufschwung die ge- fangenen Juden in spateren Zeiten der arischen Cultur brachten dariiber berichten Cicero und solbst Tacitus sei es, dass der Feuerschein des brennenden Tempels die dunklen Fluren Hellas' erleuchtet hat. Socrates' Schiiller, Pythagoras, der nach Polyhistor am Berge Karmel seine Weisheit holte, hat sein ganzes System aus dem Oriente zusammengetragen, ebenso dessen Schiller Plato und erst seinem Schiller, dem Stagiriten Aristoteles, war es vorbehalten, vermittelst seines glanzenden Scharfsinnes, der systematischen Anlage seines Geistes und der Farbenpracht der arischen Phrase iiber den fremden TJr- sprung der Stoffe nach Griechenmanier hinwegzutauschen, aus denen sein Prachtbau hergestellt ist, und der griechischen Wissenschaft eine Weltherrschaft zu sichern, die den Staat seines Schulers des Welteroberers Alexander um zwei Jahr- tausende iiberleben konnte. Der Untergang dieser Herrschaft beginnt mit dem Jahre 1492. Nicht etwa, weil die Entdeckung Amerika's die Unrich- tigkeit der aristotelischen Geographie dargelegt hat, nach wel- cher die andere Halfte der Erde vom Ocean bedeckt ware, oder wie Cardinal Gonzaga den Columbus warnte, die Teller- form der Erde die Schiffe beim Anlangen am Eande in die unendliche Himmelstiefe hinabgleiten lassen miisse, - - der- gleichen Ungereimtheiten werden einem arischen Weisen ver- ziehen sondern weil mit der Entdeckung des neuen Welt- theils die exacte, niichterne Forschung beginnt, welche den Weltbau weder aus der zinnernen Schiissel des Mystikers, noch aus der dumpfen Atmosphare des philosophischen Horsaales auf schillernden Hypothesen zusammenstellt, dagegen die Pole der Erde aufsucht, mit Hacke und Spaten ihre Eingeweide durchwiihlt, mit Messer und Mikroskop ihre Organismen blos- legt, mit Fernrohr und Spectrum den Weg auf die fernen Himmelskorper findet, und wenn sie auch als ein positives Eesultat nur die Schwache des menschlichen Geistes zu Tage 67 fordert, so stiirtzt doeh gleichzeitig imter ihren Hiinden der glanzende Ban der aristotelischen Wissenschaft gleicht einem Kartenhause zusammen, und von den Triimmern ,,bleib nicht eiu Scherbeu ganz, mit dem man einen Trunk schopfen konnte." Jesaia BO. 14. Das Grundprincip des Aristotelischen Systems ist die Lehre von der. Stabilitat (hebr. Radmus). Es ist eine merkwiirdige Erscheinung, ein lusus naturae, dass der grosste Denker der Arier, der Vater aller Philosophie , mit seiner Ueberlegenlieit der subjectiven Geisteskrafte , sich objectiv nicht liber das Mveau der unter den Culturvolkreu geistig am niedrigsten veranlagten Chinesen und deren Stabilitatsprincip aufschwingen kounte. Das Universum zerfallt nach Aristoteles in drei Kategorieu : a) Die eigentliche Korperwelt, welche nur die Erde als Mittelpunkt des Universums umfasst und bis an die Mond- sphare reicht. I) Die Welt der mathematischen Korper, der Himmels- korper, deren Stoff mit den Elemeuteu des Erdkorpers uichts gemein hat, ein fiinftes Element, das wir nur deshalb Stoff uennon, weil es sich uns in drei mathematischen Korperdi- mensionen prasentirt. Sie zerfallt in die sieben Krystall-Spharen der Planeten, worunter auch Sonne und Moiid gehoren, selbe schliessen einander ringformig eiu, und bewegen die an ihnen befestigteu Planeten im Kreise. Die achte Sphare ist die der Sternbilder und Fixsterne, circa 2400 iii 48 Gruppen, die ueunte ist die Tagessphare, ein Schwungrad, welches sammtlicho kloineren Spharenrader in 24 Stunden urn die Erde dreht, die zehnte Sphare ist die des Geistes, bei welcher der Begriff des mathematischen Korpers und des Eaumes aufhort. Die Erde allein ist ein todter Korper, dessen Erdeleme'nt von drei libereinander liegenden Elementeu Wasser, Luft und Feuer umschlossen ist. Diese todten Stoffe unterliegen dem Formen- wechsel durch den Einfluss der sie umgebenden Spharen, sind daher veranderlich , im Gegensatze zu den Himmelskorpern, welche unveranderlich , lebendig uud veruunftbegabt sind. Alles Leben und die Bewegung btammt aus der Eiawirkung 5* 68 der Geister vou^sva deren zehn Eangstufen den zehn Spharen entsprechen. Der unterste Geist, der vouq IUOIYJTIVWX; sechel hapoel, verleiht Allera was unter der Mondsphare liegt, Form und Leben, Bewegung, Wachsthum und Geist. Sein Wesen ahnelt dem menschlichen Verstande, mit dem Unterschiede , das letzterer potenzioll durch ausserliche Einwirkung in Actu- alitat versetzt wird, wahrend jener nie aufhort actuell zu sein. Was wir Seele nennen, ist nichts als die Anlage zum Denken, und die Unsterblichkeit der Seele besteht darin, dass sie durch fortwahrendes Denken eins wird mit dem nous poietikos, dessen Actualitat annimmt, so dass z. B. die Seligkeit des Arithme- tikers darin bestehen diirfte, dass aus seiner Seelle ein unauf horlich actuelles Einmaleins wiirde. Dass iiber dem nous poietikos mehre- re hohere Geister rangiren, beweist die verschiedenartige Be- wegung jeder hd'heren Sphare, so dass die Eangordnung die Verschiedenheit der Geister durch den Causalnexus von Ursache und Wirkung bestimmt, in welchem der niedere aus dem ho- heren hervorgeht. Das Ende dieser Kette bildet der oberste nous die Weltweisheit, welche die oberste Sphare leitet. Die Thatigkeit der Geister beschrankt sich auf das ewig actuelle Denken, bei welchem im hochsten Geiste Subject und Object eins sind. Im Universum gibt es keine Veranderung als die der Be- wegung, denn da der Stoff der Mondsphare schon unverander- lich ist, so ist nicht nur die Materie (die mathematische , denn selbst das Licht ist bei Aristoteles kein Korper , nur eine opti- sche Erscheinung) sondern auch die Form der Himmelskorper eine ewige , unveranderliche , unerschaffene , und da macht nur die winzig kleine Erde einige Schwierigkeit als Ausnahme, da eine Veranderung derselben nicht geleugnet werden kann, die wir in dem ewigen Wechsel zwischen Tod und Leben , Wachs- thum und Vergehen wahrnehmen. Diese Aenderung ist aber eine nur zufallige, von den Einfliissen der Himmelsbewegung erzeugte , sie betrifft auch nur das Individuum , wahrend Stoff und Form der Gattung ewig unveranderlich bleiben, so dass die Menschheit nie aufgehort hat in einer ruckwarts unendli- chen Zeugung ihre Gattung fortzupflanzen, wogegen im Thier- reiche die Insekten und andere grosseren Thiere ohne Zeugung aus faulenden Pflanzenstoffen hervorgeheu. Das ganze weitlaufige aristotelische System wird durch sogenannte mathematische Beweise getragen , da er die teehnischo Handarbeit des Gehirns , welche den mathomatischen Gedanken webt, rait dem Denk- processe der reiuen Vernunft identificirt oder vielmehr ver- wechselt, und die zwangsweise Verkettung dieser so wesentlich verschiedenen Seelengebiete zu einem, bis auf die Zeit Kant's uuangefochtenen Grundsatze der Philosophie erhoben hat. Durch pythagoraische Mathematik verbannte Aristoteles die intuitive platonische Anschauungsweise aus der Philosophie, welche ihm zur rein discursiven Wissenschaft wird, der die unverriickba- ren Gesetze des reinen menschlichen Verstandes als unbestreit- bare Erkenntnisspriucipien zu Grundpfeilern dieuen. Fiir das Stabilitatsprincip hat Aristoteles keinen mathe- matischen Boweis, da aber auch kein Gegenbeweis existirt, so wird die Auflehnung des gewohulichen Verstandes gegon die Annahrae einer unendlicheu Vaterzahl durch gewichtigere Schwierigkeiten boi Annahme einer Schopfung, wie folgt, zu Gunsten der Stabilitatslehre ignorirt: a) Die Schopfung setzt eine Aeuderung des Zustandes beim Schopfer voraus, welche gegen die Vollkommenheit des hochsten Wesens sprache , da sie eine Unvollkoramenheit eines friiheren Zustandes bedingt, die zur Schopfung Anlass gibt. l>) Es gibt keinen Erklarungsgrund fiir den Zeitpunkt des Beginnes der Schopfung, und da wir die Weisheit als Attribut und Wesen des Schopfers nicht leugneu konnen, so miisste der gewahlte Anfangspunkt ein rein willkiirlicher genannt werden. c) Die Himmelskorper sind unveranderlich , ihr Stoffbe- griff ein bloss relativer, die Erdeverhaltnisse konnen daher weder fur das Universum als massgebend betrachtet werden, noch in ihrer verschwindenden Kleinheit ein Ausnahmsgesetz bilden, welches sie von dem Stabilitatsgesetze befreite. Der Begriff ,,Entwickelung" beschrankt sich daher bei Aristoteles auf den Process des Formenwechsels , wie er sich in der formlosen Materie aus der Einwirkung der Idee des ewig actuellen Geistes auf dieselbe nach unwandelbaren Ge- 70 setzen vollzioht. Die Eimichtung der Natur 1st erne beschrankt teleologiscke (zweekdienliche) , insofern als die Formeu jedos ludividiums der seiner Gattung eutspreekeuden Idee augepasst siiid, diese Ideen selbst siud kerne teleologiscken, da sie blosse naturgesetzliche Tliatigkeitsbewegungeu des actuellen Geistes bilden, desseu Weseu das ,,sich selbst begreifen" als Welt- subjectobject ausmacht, uud die Erscheinung des Universums hervorbringt , wie die Sonne die Erscheinung des Lichts als Idee und de3 Schattens durch das Dazwischentreten der Materie. Von einem freien Willeu der Weisheit kann dalier uach Aristoteles ebenso wenig die Eede sein, als von einem Eingreifen derselben in den Gang des Weltgesetzes , von einer Vorsekung und Vergeltnng, von eiuer Often barung uud Prophetie, von letzterer schon aus dem practischen Grunde nicht, weil eine solche, weftn vorhanden, nicht ermangelt liaben wiirde, den Aristoteles als zur hochsten Vollkommen- heit eutwickelten Verstandesmensclien hoimzusuclien , sick mit ihm in Verbindung zu setzen, wie dies der nous poietikos mit dem Genie des Poeten, Philosoplien uud Staatsmanues thut, sobald ein soldier seine Aiilagen gehorig entwickelt hat, Das gauze Gofuhlssystem des Menschen gehort dem tkleriscken Teile desselben an, der wahre Mensch beginnt erst mit der Verstandestlmtigkeit , jede Eegung des Herzens ist eine Thor- heit, ein Eaub an der Actualitat des Geistes, der wahren Seligkeit, alle Eeligion uud das Gebet blosse Ceromonie, die Ethik reines Vernunftgesetz der socialen Moral. Diese wenigen Striche geniigen zur Charakteristik der aristotelischeii Kosmosophie, welche merkwiirdiger Weise be- stimmt war, an der Seite des Judenthums gegen die heidni- scheu Auscliauungen des Altertliums zu kampfen. Wir gewinnen hier einen Einblick in die Werkstatte der Vorsehung ; und bewundern ein Parallelogramm zweier grundvorschiedener Krafte , die einem gemeinsamen Ziele dienst- bar gemacht worden. Der Entwicklungsgang der Anthropologie entspricht aber jiach dem jiidischen Identitatsgesetze , demsel- ben Vorgauge im Uuiversum. Wir haben oben beim Problem IV. erne dritte Ergan- zung der philosophlschen uud der materialistischen durch eine dritte psychologische Entwicklungstheorie kennen gelernt, wo- nach Duprcl und Hartmaun tibereinstiramen , dass die physische Function des Subjects den Organismus sogar producirt und erhalt, wobei zwischen beiden Forschern der Unterschied in der Erklarung des Individualsubjectes eine Tragweite annimint, von der sich Hartmann keine Kechenschaft gibt. Duprel lasst jones als substantiell getrennte Monado gelten, wahrend Hart- manues als blosse Concretion oder dramatische Spaltung des Absoluten betrachtet wissen will, wofiir Hartmann das ,,Unbe- wusste" substituirt. Die rabbiuische Wissenschaft weist jede dieser Ansichten an ihreu richtigen Platz, iudem sie eine doppelto Concretion oder dramatischo Spaltung des Absoluten in ein transceuden- tales oder peripherisches, lygulim oder Sawew, und ein im- manentes, contrales Joschcr oder Memale lehrt, aus welch letzterem in der Acone der Psychen die substantiell von ihres- gleichen getreunte Psychonmonade entstcht. Ebenso begegnen wir in dor Natur zwei grundverschiodenen Eutwicklungsarten, bei den anorganischen und den orgauischen Wesen. Bei Erste- ren wirkt die bildende Kraft von aussen nach innen, durch Krystallisirung um den Schwerpunkt, bei letzteren umgekehrt durch Auswahl von innen nach aussen. Ueber die letztere lehrt der Kalonymide in der Wormser Tosafistenschule (um 1200) in seinem Commentar zu dem Schopfungsbuche des Talmud: Zu Abschnitt I. Mischna 3. Ueber das Goheimniss der Seele: ,,Wir wissen, dass das Gehirn drci Abtheilungen hat, das Vorderhirn, als das zarteste ist Sitz der Vorstellung und der Traume, das Mittelhirn des Verstandes, die Werkstatte der Wissenschaft und Kunst, der Gedankenanlage, das Hinterhirn der Gedachtnissanlage , der activen und passiven sachor schamor wovon erstere die Erin- nerung reproducirt welche letztere htitet". Unter Schmira ist zugleich das Vorsichtsorgan zu verstehen, wohl identisch mit dem Eeichenbach'schen Gleichgewichtscentrum des Kleiuhirns. ,,Der Psychengeist, wolcher zwischen den Hirnhauten seinen Sitz hat, gibt die Vorstellungskraft und den Gedanken. Nun wisse, dass dieser Geist die Ursache des ganzen korperlichen Organismus ist, in demselben Verhaltniss, wie der Wille 72 (symboliscli Krone genannt 1 ) die Ursache des Universums ist, derselbe umfasst, die intuitive Vernunft (chochma), den discur- siven Verstand (twuna), das Gefiihl (daat), die fiinf Sinne und den praktischen Willen, also neun Krafte zu denen wir ihn, trotzdem er uiibewusst ist, hinzurechnen miissen, dagegen ist der vor ihm liegende M Begriff u (sechel) transcendental, keinen physischen Attributen unterworfen , und daher nicht als Monade zu rechnen. Alle diese Seelenkrafte , die wir we- gen ihres Verhaltnisses zum Korper physische nennen', existi- ren in der Vorstellung, bevor sie durch das Organ der Weis- heit actuell werden und gelangen durch die Vermittlung der Vorstellung zur Actualitat. Die fiinf Sinne und der praktische Wille 2 ) liaben ihren Ursprung in Weisheit und Vorstellung, diese wiederum in der hoheren Seelenpotenz , welche somit alle in sich vereinigt, daher konnen alle diese Functionen im Traume vorgestellt werden, trotzdem die physischen Organe derselben nicht functioniren , und wenn auch jede einzelne ihr besonderes Organ aufsucht, so dass das Ohr nicht sehen und das Auge nicht horen kann, so existirt diese Trennung nicht in der obersten einfacheu Psyche, daher die Schrift die Aus- driicke gebrauchen kann: Siehe den Duft meines Sohnes, oder: Das Volk sah die Stimmen, so dass jede einzelne See- lenthatigkeit auf ihre oberste Seelenwurzel zuruckzufiihren ist. Ueber die Production des Organismus spricht sich derselbe Autor deutlich in derselben Mischna aus: Aus der zahe- sten Substanz des Zeugungsbreies schlagt sich die Knochen- substanz nieder und der Lebensgeist grabt sich die Pfade und Hohlungen in demselben, die zuriickgebliebene Fliissig- keit wird graduell fiir die Knorpel und Sehnen verweudet, dann kommen die Muskeln, dann die Arterien, Venen, dann der Sumen, (Fetthaute ebenso wie Tarb dem Hebr. und dem Talmud entnommene Benennung, welche Hyrtl unnothiger- weise im Arabischen uud Persischen sucht) das Mark und die Nerven". Auf Grund dieser Ueberlieferung hehauptet denn auch Luzzato im Klach . 32. J ) Diese Erkl wo- nach z. B. die Fiillen einer Stute nach Jahren die zebrafor- migen Einge des ersten Hengstes tragen, ohne von demselben abzustammen, also einer Uebertragung zwischen zwei ganz fremden Generationen. Frei von dem darwinistischen. Stallgerucli nimrat der Begriff in der rabbinischen Wissenschaft eine Tragweite an, von der die Materialisten keine Ahnung haben. Die Kosmogenie und der Weltentwicklungsprocess ist nach dem Eabbinismus ein Zeugungsprocess', der in sammtlichen Eegionen des Universums, in den anorganischen, organischen psychischen und idealen in verschiedenen Formationen auftritt. Diese Theorie will weder als will ki'irli die poetische Allegorie verstanden sein, noch als wissenschaftliclies Schlag- wort von der Ungefahrlichkeit einer Phrase wie die: ,,Der Kampf urn's Dasein" Sie ist vielmehr die haarscharfe Klinge, die in ewiger Schwingung den Eingang zum Paradiese der Erkenntniss bewacht, und die heidnischen Culturen der pra- historischen Zeit, welche iiber ein nicht kleineres Quantum aufgespeicherter Geisteskraft verfiigt haben, wie die modernen, sind auf dem Glatteis dieser Theorie urn so rettungsloser in den Abgrund gestiirzt, je weniger ihnen die Gesetze bekannt waren, kraft welcher der Verstand die Phantasie unschadlich zu machen weiss, und je mehr ihre Anschauung in den Fes- seln jener magnetisch-mystischen Vorstellungsweise mit ihrer gedankenlosen Bildlichkeit und symbolischen Personification gefangen lag, welche die moderne Forschung Hartmann's wie Duprel's, jeder von einer anderen Eichtung aus, als Eingangs- pforte zur Erkenntniss aufsucht. Betrachten wir diese Lehre naher, so kommou wir zuerst zur Eegenthorio des Talmud. Es gibt da eine exoterische und eine esoterische. Nach ersterer entsteht der Eegen aus den Nie- derschlagen der aus dem Ocean verdunstenden Wassermassen , nach der letzteren gibt es wie iiberall in der Natur, so auch im Wasser mannliche und weibliche Principien, die astralen und die tellurischen "Wasser, auf welche das Erscheinen der Erste- ren in kleinsteu Quantitaten die Anziehungskraft zur Concentra- tionsbildung ausiibt. Das stimmt nun mit der neuesten Theo- rie des Professor Zach, wonach der Eegen durch astrale Einwir- kungen entsteht, welche die sogenannten Cyrrhuswolkchen bil- den. In hohen Gebirgsgegenden gewahrt man am wolkenlosen Firmamente die Bildung eines aus dem blauen Aether sich los- losenden weissen Flockchens, dem Landmann der sichere Vor- bote von Schuee oder Eegen binnen drei Tagen und dieses soil nach Professor Zach das Ferment bilden (im Talmud Ma- sw), welches die atmospharischen Niederschlage in Bewegung setzt. Dasselbe Verhaltniss gilt von den Sternbildern, und den Sternen, welche der Talmud in leuchtende und lichtlose ein- theilt, Berachot pag. 1. und Humbold neigt im Kosmos zu der Annahme, dass jeder Fixstern von eiuem dunkleu Neben- sterne begleitet sei. Derselben Eintheilung begegnen wir in der Chemie bei den anorganischen Korpern, wofiir das Verhalt- niss der Sauren zu den Basen, der negativen elektrischen und magnetischen Strome zu den positiven herbeigezogen werden kann, wie'denn auch das Vorwiegen der verschiedenen Strome bei den verschiedenen Geschlechtern beobachtet wird. Im Pflanzen- und Thierreiche ist diese Theilung selbstverstandlich j beim Menschen ist durch Degeneration die Zeugung zu einem unasthetischen Triebe geworden, der ihn nur zu haufig unter das Thier hinabzieht, und das Grundiibel der meisten Krank- heitsanlagen bildet. Der menschliche Korper selbst ist bei bei- den Geschlechtern aus mannlichen und weiblichen Principien zusammengesetzt. Der erste Mensch war nach Midrasch Ra- ba Tasria und Talmud an mehreren Stellen, ein Androgynes gleichbedeutend mit dem ebenfalls griechischen Hermaphro- dyten Hackel's, und die rudimentaren Organe auf welche die- ser seine Hypothese stiitzt, erklart E. Chaim Vital Ibtt von einem hoheren wissenschaftlichen Standpunkte nicht als atavis- tische Eeste sondern als physische Producte sexuell verschie- 89 dener Principien der schaffenden Seele. In der Seele werden sechs mannliche und ebensoviele weibliche Principien unter- schiedeu, die vermoge der Identitatstheorie als lebendige Sym- bole der hoheren Monadensphare fiir die Classification dersel- ben verwerthet werden. Selbst der Wille, die Krone des Uni- versums, ist aus zwei Prosopoen zusammengesetzt, die wir im raenschlichen Willen, in der latenten Wonne und der thatigen. Willenskraft Atik wenukweli erkennen. Der Wille heisst darum im Hebraischen Eazon gleichzeitig auch Wonne". Naftali siva raeon, lechol chai razon, und bedeutet ,,Lauf", weil die Wonne den Motor des Willens bildet, der durch die Lust in Bewegung gesetzt wird. Unter Prosopoen versteht der Eabinismus einen Wechsel- reflex, die Spiegel ung der Monaden, welche nur in der Har- monie stattfindet, nicht im Chaos, wo die Monaden fensterlos sind und blosse Punkte bilden. Ob Leibnitz den Begriff Monaden und ihrer Fenster (Chalonot hasfirot in Ez Chaim) direct oder auf dem Wege der mystischen Conception dem Eabbinismus entlehnt hat, muss dahingestellt bleibeu. Der Ausdruck Monaden achodim im Ti- Jcunim wird nur selten anstatt des viel wissenschaftlicheren sefirot Uima Nullzahlen gebraucht, welchen der Erfinder der Infinitesimalrechnung viel passender angewandt hatte als den widerspruchsvollen der vielfachen Einheiten. Ueber jede Principientheilung erhaben ist nur der Willens- besitzer, das Absolute, oder richtiger absolut Unbegreifliche, fiir welches wir, da wir nun einmal Attribute gebrauchen mlissen nur das Wort Echad n der Eine" haben. (Brit Menu- cha). Der Unterschied der mannlichen nnd weiblichen Princi- pieu ist aber kein wesentlicher, sondern nur ein formaler durch die Entwickelung begrundeter. Die Monaden vereinigen sich in den Igulim zu Eingformen, im Kaw zu Strahlenfor- men (in der visionaren Allegorie), in welcher sich die Atorne in Kern und Htille aneinanderschliessen, so dass die schwa- chere Gruppe der Htille gezwungen wird, sich selbststandig zu einem schwacheren, dem sogenannten weiblichen Princip zu entwickeln. Dieser Gleichheit entspricht die gleichartige 90 Benennung mit welcher der Pentateuch im ersten Stadium der hebraischen Sprache das Jugendalter beider Geschlechter mit Naar bezeichnet, wie er auch fiir er und sie -nur 1m 3 - im Ket'ib gebraucht, wahrend spater hu und hi unterschieden wer- den. Je tiefer die reinen Seinsformationen in die Kreise der organischen Welt mit ihren so complicirten Lebensformen hin- absteigen, desto ausgepragter werden die sexualen Unterschiede. Die Fortpflanzungsfahigkeit, bei Darwin das Geheimniss der Geheimnisse, beruht auf dem Gesetze der Productionsfahigkeit des eigenen physischen Organismus, durch die Seele. Das Pro- blem wird aber verwickelt durch das Zusammenwirken zweier Seelen, von denen jede Einzelne die Productionsfahigkeit eines zweiten, fremden Organismus nicht besitzt. Als eigentlicher Producent dieses Letzteren wird nun die weibliche angesehen nach dem talmudischen Grundsatze Ubar jerecli imo der Fotus ist ein integrirender Bestandtheil des Mutterkorpers ohne Selbstandigkeit, so dass ein Todesurtheil an einer Verbrecherin vor ihrer Entbindung vollzogen werden soil, trotzdem der Fo- tus mitgetodtet wird. Die productive Kraft erhalt die weib- liche Seele jedoch aus der mannlichen, welche zwar die Pro- ductionskraft eines neuen Organismus nicht besitzt, dafiir aber wie bei der Production des eigenen Organismus eine psycho- physische Schwelle hergibt, rucha desclidbik la, die der weiblichen Seele einverleibt wird und bis zur Auflosung des Organismus bei derselben verbleibt. Diese bildet das eigent- liche Fortpflanzungsorgan, durch die erste sonst unfruchtbar bleibende Verbindung, und bei der zweiten findet der Same bereits die Productionsfahigkeit hergestellt, welche fiir alle spateren Zeugungen productiv bleibt. Mit ihrem Erloschen liort auch die Fruchtbarkeit auf, so dass die Sohne auch des dritten Gatten von der psychophysischen Schwelle des Ersten abhangig waren. Aus diesem Grunde warnt der Talmud vor Ehelichung einer Witwe als einem nicht naturgemassen Acte, obwohl als Verbot solches im Pentateuch nur fiir den Hohen- priester existirt, welches Ezechiel auf den gauzen Priesterstamm ausdelmt, und nur die Priesterwitwen davon ausschliesst, als homogener Psychenorganisation angehorig. Auf demselben Ge- heimnisse beruht die Leviratsehe u. s. w. Mit dieser Theorie 91 ware der in der neuesten Naturwissenschaft beachtete eigent- liche Atavismus erklart. Diese Abschweifung war nothig uin nicht des Grund- irrthums der Darwinischen Theorie von der directen Fortpflan- zung heterogener Epochen durch den Gebrauch des Wor- tes Atavismus" geziehen zu werden. Der Talmud anerkennt nur eine atavistische Seitenzeugung aus lieterogenen meta- organischen Euckstanden friilierer Epocheu. Suliamat hanachas. Eine Psychenschwelleniibertragung kennt derselbe auch vom Lehrer auf den Schiiler, die in einer ahnlichen geistig sexuellen Principientheilung zu einander stehen, und nach denselben Gesetzen auf einander wirken. Ueberhaupt liegt kier ein Schliis- sel der intuitiv mystischen Anschauung in Allegorien und Personiflcationen, der wir auch bei Hartmanu in einer merk- wiirdig ihm selbst unbewus&ten Weise begegnen werden die den Unkundigen, der die Wegweiser nicht kennt, in das Labyrinth der religiosen Irrungeu fiihrt, in die Abgriinde der heidnischen Erotik, der Gnostik und was als solche nicht gelten will (man vergleiche gewiyse Ausziige bei Sue) des unter ganz conformen Verhaltnissen entstandenen ebenso scheusslichen Sabbatismus und der mit alien blutsverwandten islamitischen Paradiesesholle. Nach dem Kalonymiden Eokeach um 1200 in Worms, in seinem Chochmat hanefesch, stammen Spiritismus, Magik, Gnostik u. s. w. von den Tatkad Dorot des Talmud Ghagiga den 974 Geschlechtern der praadamitischen Epochen, woriiber Merkwiirdiges im Gale Easaia des E. Abraham. Halevi (1500) und im Emek Hamelech 1. und Noblot Chochma zu lesen. Nach der fSiindfluth beginnt die Bildung oiner neuen Volkerfamilie welcher beim Thurmbau von Babel das Ideal der Menschheit vorschwebt, eine eng zusammengeschlossene ein- zige Gemeinde zu bilden. Aber abgesehen dayon, das der Errei- chung dieses Zieles nach dem Eathschlusse der Vorsehung die Verbreitung tiber die ganze Erde vorauzugehen hat, lag nach der Ueberlieferung, dem Streben jenes Geschlechtes eine religiose Disposition zu Grunde, welche merkwiirdig mit dem Schlussresul- tate der Hartmann'schen Zukunftsreligiou iibereinstimmt, naralich, eine Entthronung des Schopferwillens durch Majoritats-Beschluss 92 des in der Meuschheit sich manifestirenden Weltbewusstseins. Wir werden passenden Ortes diese bereits erwahnte seltsarne Frucht des Zeitgeistes naher analjsiren und begniigen uns an dieser Stelle mit dem Ausspruche des weisen Salomo: ,,Alles schon dagewesen". Kohelet I. 10. Dem Geiste der Patriarchen war es vorbehalten den Pa- den zu finden, der aus dem Labyrinthe fiihrt, und ihren Nach- kommen diese Seelenfahigkeit zu vererben. Das Menschengeschlecht hatte damals jenen von Luzzato geschilderten Entwicklungsgang der chaotischen Epoche ein- geschlagen, wo Alles bestrebt ist, sich in Disharmonie auf- zulosen, von dem Einheitsstrome zu entfernen, das Bose durch dossen Urprincip, den Egoismus, zu produciren. Wir haben ferner den Grundsatz kennen gelernt, dass die Vorsehung die- ser freien Wahl kein Hinderniss entgegenstellt, jedoch aus der Ferae gewisse directive Einfliisse ausiibt, welche ein absolutes Aufgeben der Entwickelungsrichtung tliunlichst hemmen. Diese Einflusse aussern sich in den Lichtfunken Nizuzot des unbe- wussten religiosen Gefiihls, welche die Willkiir paralysiren und um so zahlreicher sind, je ausgedehnter der Tummelplatz der willkiirlichen Entwicklung ist. Daher sehen wir in der egyptischen Cultur einen enormen Eeichthum religiosen Ge- fiihls im Kampfe mit der wildesten thierischen Leidenschaft der Hamiten, die krankhaftesten Gebilde einer Mystik und Magie schaffen, aus denen spatere Culturen, auch die romisch- arische ihre Bausteine holen. Sobald der Gahrungsprocess seinem Ende naht, die egyp- tische Cultur ihre Schranken baut, welche der allgemeinen Entwicklungstendenz nicht mehr schadlich sind. und der Faul- nissprocess eintritt, werden diese Lichtfunken frei, und wir sehen nacheinander die Patriarchen Abraham und Jacob in die egyptische Niederung hinabsteigen, um die Selection die- ser Lichtfunken birur hanizusot vorzunehmen, welche den psychischen Nahrstoff fur die Production der Stammespsyche bilden. An demselben Tage, da dieser Selectionsprocess been- det ist, verlasst das jiidische Volk das Land seiner Drangsale, nachdem seinem grossen Seher am Dornbusche die Losung der 93 Frage geworden, tiber die Moglichkeit, die Erkenntniss der Patriarchen als lebendigen Geistestrieb in jedes einzelne Indi- viduum der so verschiedenartig veranlagten Nation zu pflanzen. Es wird ihra gelehrt, dass iiber der psych ischen Weltanschau- ung, welche den Eadius des Weltenkreises als Stufenleiter bentitzt, die von der organischen Welt bis an die Immanenz- welt fiihrt, dass iiber der transcendentalen Anschauung, welche die Unbegreiflichkeit des Urseins als Endresultat ihrer Betrach- tung erreicht der positive unbegreifliclie Wille des Abso- luten thront (Likute tora Rav) dor in der Offenbarung den Sinai aus dem todesahnlichen Schlafe der auorganischen Welt erweckt, der mit Flammenblitzen die Tiefen des Eaumes, der Zeit, des Begriffes dem zagenden Blicke euthiillt, und als Lichtstrom der geistigen Weltensonne, deren Strahl alles Leben von den hochsten Aeonen der Immanenz bis zu den Staub- kornchen der Sonnensysteme schafft, als ewigen Klang der Weltenstimme die Schallwelle des positiven Ich dem Auge iibermittelt, in welches mit dem Gehorsinne, alle Krafte der Seele sich concentrirt haben. Am Sinai war zum ersten Male das Ziel erreicht, welches nach der neuesten Philosophie das geistige Streben des Universums ist; das Unbewusste ins Be- wusstsein treten zu lassen, und fur die Ewigkeit lebt der Ein- druck dieses Ereignisses in jeder Faser der Seele des Volkes fort, die iiber Zeit und Eaum erhaben, die Faden der Indivi- dualitaten weiter spinnt, bis an das Weltenende, so dass Mai- monides in seinem Igeret Teman mit Eecht behaupten konnte : Es gibt keine Verhaltnisse irgend welcher Art, welche den Juden fiir immer von seiner Eeligion, von der Liebe zu seinen Gesetzen abwendig machen konnen, und weiin sich Einer trifft, so ist das ein Beweis dass seine Seele keinen Antheil genommen hat an der Ofienbarung am Sinai. Nach der Besitznahme von Kanaan war die Aufgabe des Judenthums, seine religiose Cultur zu der Hohe zu ent- wickeln, dass sie als Leuchte diene in der Volkerfinsterniss, als Magnet, der die versprengten Strome religiosen Gefiihls an sich ziehe, in ihre heimatliehe Psychenregion zuriickbringe, wozu ihm die geheimnissvollen Hilfsmittel in seinen Gesetzen r seinem Opfercultus gegeben waren. 94 Aber den fremden Elementen, welclie mit den egyptischen Proselyten dera Erew raw, mit den Kesten der kanaanitischen Bevolkerung mit den fremdem Frauen Salomo's in die Nation aufgenomraen wareu, wird die Schuld zugemessen, dass Israel haufig den vorgeschriebenen Weg verliess. Die gewaltige Per- sonlichkeit Jerobeam's, welclie zum Prototyp aller spateren Eeformer und Sekteustifter im Judenthum wurde, warf den israelitischen Geist auf Jahrhunderte an 8 seinem Geleise. Das Judenthum, welches seine civilisatorische Macht bis nach Oflr (Ethi Opia das heilige Ofir mit E rafa) geltend gemacht hatte unterlag unter seinen Haiiden dem Uebergewichte der heid- uischen Civilisation. Wie alle Sectirer, trat er unter dem Man- tel der Strengglaubigkeit mit dem Texte des Gesetzes, welclier -durch Salomo's Heirat einer egyptischeii Konigstochter verletzt war, gegen das Priesterthum und seine Ueberlieferuug auf. Der Grundgedanke des Pentateuch : Die Lehre die uns Moses gegeben. ist unantastbares Erbtheil der Gemeinde Jacobs, sein diesbeziigliches Gebet: ,,Damit wir, ich und Dein Volk eine Auszeichnung erhalten vor alien Nationen der Erde" hatte als Selbsterhaltungsprincip die Taktik eingeschlagen dass der leben- dige Geist des Gesetzes, ohne welchen es ein todter Buch- stabe, eine Statue bleibt, wie Maimouides dies im Egeret Te- man ausftihiiich beleuchtet, einzig und allein der Ueberliefe- rung anvertraut war. Die Kalenderrechnung Sod liaibur, deren Genauigkeit, was den Mondumlauf betrifft, noch heute bewim- dert wird, blieb das Geheimniss des leitenden Oberhauptes, und dieser prophetischen Yorsicht verdankt das Judenthum der Diaspora zum grossen Theil seinen geistigen uud physi- schen Bestand, iudem es die juden-christlichen Sekten durch den abweichenden Festkalender, ebenso wie Saducaer, Sama- ritaner und Karaiten, von sich abstossen konnte, wahrend der Islam in kindischer Nachahmung der jiidischen Neumond- verkiindigung sein Osterfest die Eunde durch alle Jahres- zeiten machen lasst, wie denn auch der Unterschied zwischen der zuerst veroffentlichten Tekufat Samuel und der spateren des E. Ada , die Ghristenheit in zwei Lager , das romische und griechische, gespalten hat. ;Mit der Einfiirung des egyp- tischen Sonnenjahres verlegte Jeroboam die grosseu Volks- 95 feste von Tischri auf Ghesvan (Bui), wies, wie die Ueberlie- ferung erzahlt, aus dem Schrifttexte nach, dass Betel als von. Jacob geweiht, begriindetere Anspriiche habe, als auserwahlte Stadt zu gelten, denn Jerusalem, entsetzte den Priestcrstamm , der keinen Gehorsam leiston wollte , seiner Wilrden , und ohne die Maske fallen lassen zu mtissen , gelang es ihm den Prophe- ten Achija zu tauschen, urn der republikanisch gesinnten Nation aus den Initialen des Verses: Bischurun Melech behi- sasef rasche dm jdchad, seinen Namen als von Moses priide- stinirten Konig zu zeigeu. indem er den Frommen durch sein Hohenpriesterthum und einen durch mystische Yorspiegelungen gereohtfertigten Kalberdualismus Geniige leistete. Diese Bewegung welche alles spatere Unheil der jiidisclien Nation verschuldet hat, ware im Keime erstickt worden, als ein Weltereigniss die Zerstorung der nationalen Einheit des Judenthums besiegelte. Der mit Jerobeam vom egyptischen Hofe befreundete Sisak Sesostris, der erste historische Welter- oberer, trat seinen neunjahrigen Eroberungszug durch die Welt an, welcher keine Spur in der Geschichte hinterlassen hat, als die Zweitheilung der jlidischen Nation durch die Kraftigung des Zehnstammereiches, womit die Oberherrschaft Juda's verloren war. Losgelost von dem Lebenstamme, verdorrte das Eeis des ersten Eeformjudenthums , ohne dass seine geistigen Bestande auf dem Felde der menschlichen Cultur irgend eine Frucht gefb'rdert haben, dagegen blieben als atavistische Eeste seiner Verbindung mit dem Heidenthume die Samariter, welche in dem ihnen von den zehn Stammen tiberkommenen Pentateuch, die jiidischen Benennungen durch den ihres Gotzen Aschima ersetzten (Vergl. E. Obadia Bartenora Eeisebeschr.) und den Gruudstock fiir alle spateren heidnischjiidischen Sekten gebildet haben. Die exoterische Mission des Judenthums, der Kampf ge- gen das Eeidenthum, welche durch das Auftreten der Jero- beamischen Eichtung paralysirt war, beginnt mit der Zerstorung des ersten Tempels. Die kurze Phase des babylouisch-persischen Exils bedeutet den vollstandigen Sieg des Judenthums liber don 96 hasslichen assyrischen Gotzendienst, so dass der Prophet ;Male- achi sagen konnte, n denn gross 1st mein Name unter den Na- tionen." Das Judenthum hatte die Welt erobert, da fand das Hei- denthum einen Eetter in der griechischen Cultur, die den Verwesungsgeruch dieses Cadavers in ein pikantes Parfum um- zuwandeln wusste. Der Einzug Alexander's des Grossen in Jerusalem fallt zusammen mit demTode Esra's und dem Aufhoren der Prophetie. Die moderne Eichtung betrachtet das Prophetenthum in einem ganz andern Lichte, als die abgewirthschaftete rationalistisehe des vorigen Jahrhunderts. Sie pocht an die Pforten dieses an- tiken Problems; das mitleidige Lacheln, mit welchem sic, die jiidischen Anscbauungen darliber zu betrachten gewohnt war, ist von ihren Lippen gewichen. Wir stehen hier vor der Losung des Eathsels der mysti- schen Conception, welche nach Hartmann als unumstossliche Grundlage aller philosophischen Systeme und jedor Erscheinung des hoheren Genie's iiberhaupt angenommen werden muss. Nach der Ueberlieferung (Schaare Keduscha E. Ch. Vital, 15421622) beginnt die geistige Eegion im Universum mit eiuer Vermittlung zwischen Geist und Korper. Die anor- ganischen Elemente besitzen namlich eine Art Halbseele , welche ihre Atome und Molecule zusammenhalt, die das physische Universum erfiillt, vom fernsten Sterne bis zum Staubkornchen. Selbe gehort dem seinsfeindlichen Schalensysteme an, wie die Materie tiberhaupt, und ist ein dunkles nicht leuchtendes Peuer. Esch schechora mizad haklifot. Der griechischen Wis- senschaft war etwas von dieser Erscheinung beiin Bernstein bekannt und der arische Forscher der dieselbe obductiv um cirka 200 Jahre nach. Vital, als das ganze Universum erf iillend , erkennt, legt ihr deshalb den Namen Eiectricitat eigentlich ^Bernsteinerei" bei. Denken wir uns den Korper aus dem Uni- versum weg, so sehen wir nichts als einen unendlichen Ocean elektris'eher Strome , wie er thatsachlich vor der Korperbilduug bestauden hat. Hinter diesem in unserer raumlichen, oder vor demselben in unserer zeitlichen Auschauung, sehen wir die sogenannte Engelwelt Olam Hajezira (Leibnitz) mit hoheren 97 Organisationen , aus einem geistigen Grundmeere , und in der- selben Stufenfolge die Psychenwelt, organisirt aus dem un- endlich feineren Or Maelizaw Hanschamot ,,Seelenlichtsubstanz" mit welcher die Schopfung deductiv anfangt, inductiv aufhort. Der Eadius, der aus ler transcendentalen Peripherie kom- mend, alle diese Eegionen durchschneidet , bis in die Korper- welt, setzt letztere mit jenen in Verbindung, vermittelt den Eapport der menschlichen Seele mit dem Psychenocean. Die Kabelleitung ist ebenso einfach als praktisch. Wir kommen hier zu dem Zukunftstelegrafen. Es war unlangst von einem Projecte die Eede, auf der hochsten Spitze der Cordilleren und ebenso auf den Alpen zwei elektromagnetische Apparate aufzustellen , welche jede andere Leitung als die der Luft iiberflussig machen, da diese nur we- gen der Storungen , welche die Bewohner der niederen Eegion hervorbringen , nicht als Leitung beniitzt werden konnen. Die- se Theorie finden wir bei E. Juda Chajit im Minchat Juda, geschrieben wahrend der Flucht aus Spanien 1492, worin er die psychologische Berechtigung des Gebetes damit erklart, dass zwei ganz gleiche Magnete , wenn sie auch in der grossten Entfernung von einander aufgestellt werden, jede Bewegung unter sich gleichformig nachahmen, so dass die Seele des Menschen , wenn sie rein ist , erne harmonische Bewegung in der hochsten Seelenregion hervorrufen kann. Dieser Eeflex, welcher von dem unteren Leitungsende beh'ndlichen Menschen ausgeht, Or choser ruft die Gegenstro- mung des Or jaschar hervor, welche wir Prophetie nennen. Der geistige Lichtstrom ist nun mannigfachen Aberratio- nen unterworfen , da er auf die leiseste Storung des unteren Psychenorganismus reagirt, trotzdem er denselben auch be- herrscht. Eine derartige "Wechselwirkung haben wir auf ganz anderem Felde in den fiinf Problemen kennen gelernt. Damit wird 'die Talmudstelle erklart, dass Konig Josia zu der sanf- ten Chulda geschickt habe, nicht zu dem gestrengen Jere- mias, um liber sein Schicksal zu fragen, weil eben der Cha- rakter des leitenden Organismus fur die Intensitat des ,,Schefa u Stromes nicht gleichgiltig sei. 7 98 Erne fernere Dissipation und Aberration ontstand durch die bei Samuel, Elisa und Jesaia erwahnten Prophetenschiiler , von denen Manche der Anstrengung des geistigen Aufstieges nicht gewachsen waren und dabei stiirzten, so dass Degel Machne Efraim voneinem Psolct Hanlua von Abfallen spricht, welche die griechische Yolkssoele aufgcnommen und als Phi- losophie reproducirt habe. Joscher Lewaw zu Mischnat Chasidim, vergleicht nam- lich die griechische Volksseele mit jener chemischen Substanz, welche das Tageslicht einsaugt und in der Nacht wieder aus- strahlt, als Klifat, nogah, die dem Lichte nahestehendste Partie des Schalensy stems, und Or liacliajim fiihrt die Parallelitat der Anschauungen , welche so verschiedenartig und iiherraschend auftritt, im Wochenabschuitt Wajera Ende, auf die Seelen- association in einer sehr geistreichen Beleuchtung der bei Eebecca's Geburt erwahnteu, sonst bedeutungslosen Verwandt- schaft zurtick. Die ratioualistische Kritik iiber den Ursprung der jiidischen "Wissenschaft, welche von alien diesen Proble- men keine Ahnung hatte, hat da, wie an einem (corpus vile, mit wiistem Behagen herumgewiih.lt. Ihr Stindenregister be- halten wir fur eine andere Stelle auf, es geniigt der blosse Hinweis auf die geradezu erstaunlichen Parallelen, die ich zwi- schen Chassidismus und neuester Philosophie nachweisen werde, und zwar gleichzeitig mit der absoluten Unmoglichkeit , irgend einer greifbaren Annaherung und Bekanntschaft der gleich- zeitig lebenden Trager dieser doch so grundverschiedenen Sy- steme,um jene kritiklosen Behauptungen ad absurdum zu fiihren. Die griechische Philosophie stand also in engem geistigen Zusammenhange mit dem esoterischen Judenthume, woraus die oben erwahnten Autoren die Anziehungskraft erklaren, welche die erstere auf die Eabbinen des Mittelalters ausiibte, und weil dieselbo, der griechischen Geistesrichtung entsprechend , zur rein transcendentalen Kosmosophie wurde, ist sie als Sturmbock gegen die heiduischen Anschauungen verwendet worden, wogegen das centrale, innerliche Gefuhlsbediirfniss der Menschheit sich an den Lehren des Judenthums erholt hat, so dass die fast unausrottbaren atavistischen Eeste des Heidenthums nur mehr als verlarvte Krankheitsformen in Is- 99 lam und Christenthum auftreten. Dieser Status entspricht dem Entwicklungsstandpunkte der Schopfung, wie ihn Klach fur die jetzige Epoche betrachtet wissen will. Das Judenthum selbst verdankt der aristotelischen Phi- losophic, den systematischen Abschluss des Talmud durch Maimonides, weleher die lOOOjahrige Arbeit der Geschlechter die sein grosser Ahnherr , E. Juda Hanasi begonnen , zu einem Prachtbau vollendet hat. Einen zweiten Dienst leistete dieselbe dem Judenthume dadurch , dass sie in jener Sturm- und Drang- periode der Sektenstifterei , der Jagd auf die Geistesschatze des Judenthums, demselben die Schale einer Beligionswissen- schaft gab, dereii schillerndes Farbenspiel die Sucher beschaf- tigte, bis mit dem Jahre 1492, dem Culrninationspunkte des religiosen Fanatismus, die neue Wissenschaft die Geister in Anspruch nahm, und dem Judenthum das Seinige liess. Als dritte Nutzanwendung gebraucht der jiidische Genius den Eationalismus fur die historische Selection , welche in den Worten Daniel's vorgezeichnet ist: M Fs werden ausgewahlt (Jitbareru) und geklart, undge- lautert werden Viele." Die heldenhaften Marty rer des Jahres 1492 erzahlen, dass der grausigen Verfolgung die philosophisch gebildeten Juden am wenigsten Widerstandskraft : entgegen- setzten, und wenn ihre unschuldigen Nackkommen dom Un- tergange im Schlunde der spanischen Hydra entrannen, so verdanken sie dies wie E. Moses Alschech treffend bemerkt, der Inquisition, welche durch die Ausmerzung des jlidischen Elernentes den Untergang Spaoiens und die geistige und re- ligiose Beformation Nordeuropa's beschleunigte. Was untauglich war, ging unter, nach dem Worte Je- cheskeel's; Ich werde von Euch auswahlen die Abtriinnigen, wahrend aus dem zweifelhaften Material, den marranischen Trummeru der .spanischen Scholastik, sich das rationalistische Judenthum aufgebaut hat. Dieses hat Hartmann kennen ge- lernt, daher wird seine Urtheilslosigkeit iiber jiidische Wis- senschaft erklarlich. IV. VoRGANGER IN t)EZUG AUF DEN DES UNBEWUSSTEN, Wer die Einleitung des Kalonymiden (1200) zu Sefer Jezira gelesen hat, wird gefunden haben, dass die Gegensatze von Geist und Natur, Denken und Sein, Subject und Object. deren Bedeutung in der griechischen Philosophie nicht erkannt war, wahrend die moderne sich denselben gegeniiber in un- eingestandener Bathlosigkeit befindet - - von den Tossafisten in ihrer deductiv mystischen Production, spielend beherrscht werden. Wir widmen dem Kalonymiden ein besonderes Capitel und beschranken uns jetzt auf den Nachweis, dass Hart- mann's neu entdeckter Begrifif, Eigenthum des Eabbinismus ist, und von demselben vollstandiger und richtiger definirt wird, als von Hartmann und alien seinen Vorgangern. Die Entwickelung der Theorie des Unbewussten hat nach Hartmann's Ansicht folgende Phasen durchgemacht. Das Alterthum bis auf Cartesius und Locke hinab, steht auf dem naiven Standpunkte der Identificirung von Be- wusstsein und Vorstellunghaben , deiin , sagt Locke : Ein ausgedehnter Korper ohne Theile ist so denkbar wie Denken ohne Bewusstsein, man kann mit ebensoviel Grund sagen: Der Mensch ist immer hungrig, aber er hat nicht immer ein Geftihl davon, und doch besteht der Hunger ebeii in diesem 101 (jefiihle, sowie das Deukeii in dem Bewusstsein, dass man denkt. Als mnemotechiiisches Hilfsmittel nennen wir diesen Lehrsatz, die Roastbeeftheorie. Auf Grund dieses naiven Postu- lates widerlegt Locke Cartesins' Annahrae , dass die Seele als denkendes Wesen unaufhorlich denken miisse, womit Cartesius tibrigens nur die aristotelische Actualitat des nous poictikos auf die Seele iibertragt. Die Unwahrheit des Locke'schen Satzes bringt nun Leib- nitz zur Gegentheorie der unbewussten Vorstellungen. Die Vorstellung Una mezajer zijurin wird bei den Rab- binen nahar scheeno posek ,,der niramorruhonde Gedankenstrom" genannt. Diese Continualitat und der unerklarliche Ursprung der angeborenen Ideen MusJcalim risclionim , stehen im Wi- derspruche mit der in Unterbrechung producirenden Erschei- nung des Denkens. Die Losung gibt Leibnitz in dem unbe- wussten Denken, welches also ebenfalls unaufhorlich ist. Hartmann sagt: Was Leibnitz zur Begriindung seines neuen Begriffes beibringt, ist freilich mehr als diirftig, aber ein ungeheueres Verdienst ist es, dass er sogleich mit genia- lem Blicke die Tragweite seiner Entdeckung iibersah, dass er die innere dunkle Werkstatte der Geftihle , der Leidenschaf ten , und der Handlungen, dass er die Gewohnheit und vieles an- dere als Wirkungen dieses Princips anerkennt , wenn er dies auch nur mit wenigen Worten andeutet, dass er die unbewussten Vorstellungen fur das Band erklart , welches jedes Wesen mit dem gaiizen iibrigen Universum verbindet, dass er durch sie die prastabilirte Harmonie der Monaden unter einander er- klart, indem jede Monade als Mikrokosmos unbewusst den Ma- krokosmos und ihre Stelle in}.demselben vorstellt. Letzteres ist ubrigens nur einer der ersten elementaren Lehrsatze des ihm bekannten Eabbinismus. So sagt tichaare Ke- duscha 30. anno 1570. Das kleinste Staubchen (vergleiche Chesed labraham II, Einleitung) spiegelt sammtliche Monaden wider, deren Centrum der Wille, von der Weisheit, der Po- tenz des Was, diese wieder von der Vorstellung umschlossen wird, welche wiederum die Sammelmonade des Gefiihls und endlich die ausserste der Thatigkeit umschliesst, wie wir schon 102 andern Orts erklart haben, dass noch dazu jede einzelne alle andern widerspiegelt (Jdula mi kulam). Die angeborenen Ideen sind nach Leibnitz nichts aude- res als natiirliche Fertigkeiten , gewisse active und passive An- lagen, deren wirkliche Erkenntniss der Seele nicht angeboren ist aber diejenigen welche man eine potenzielle Erkentniss nennen konnte. bekoach ~bepoel. So ware auch die Figur die aus dem Marmor entstehen soil, in seinen Adern bereits gezeichnet, und also in dem Marmor selbst, noch ehe man sie beim Arbeiten entdeckt. Wir stehen Mer vor einer Ueberspannung des Begriffes Koach hapoel benifal ,,Das Wesen des Meisters in seinein Werke." Die Nutzanwendung seiner Theorie auf das Gleichniss hinkt, durch die Verwechslung von Subject-Object. Leibnitz hebt das Kind seiner philosophischen Phantasie aus dem Hy- pothesenbade, und wahrend er es in ein prosaisches Laken hiillen will, gleitet es ihm aus den Handen. Man sieht diesen Ideen ihren fremdartigen Ursprung an, sie flihlen sich nicht heimisch im Gehirn des arischen Denkers. Hartmann will das Gleichniss durch einen Schelling' schen Satz retten: ,,Insofern das Ich alles aus sich producirt, ist alles Wissen ,,a priori, aber insofern wir uns dieses Producirens nicht ,,bewusst sind, insofern ist in uns nichts a priori sondern Alles a posteriori 11 n Es gibt also Begriffe a priori, ohne dass es angeborene ,,Begriffe gabe. Nicht Begriff sondern unsere eigene Natur und ,,ihr ganzer Mechanismus ist das uns Angeborene. Dadurch, n dass wir den Ursprung des genannten Begriffes a priori jen- ,,seits des Bewusstseius versetzen, wohin fur uns auch derUr- sprung der objectiven Welt fallt , behaupten wir mit derselben ,,Evidenz uud dem gleichen Eechte, unsere Erkenntniss sei ,,ursprliglich ganz und durchaus empirisch und sie seiganz und ,,durchaus a priori /" Soweit Schelling! Um den Leser zu trosten, der, wenn er Darwinist ist, unwillkiirlich an den Thierschutzverein gedacht haben mag. wollen wir nur eonstatiren, dass damit nichts 103 gewonnen 1st, als erne Verschiebung der Losung in eine unzu- ganglichere Eegion. Uebrigens spriclit ja Schelling selbst von der mystischen Fahigkeit desPhilosophen , Worte zu sageu , die er selbst nicht versteht, und wir kommen an anderer Stelle auf ein Citat aus domselben bei Hartmann, von welchem Letzerer sagt, dass er Denjenigen beneiden wiirde,.der den Satz ver- steht. Der Babbinismus kennt solche Qualereien nicht, und wiirde dieser Satz in der Spraehe des Kalonymiden lauten; Die Seele hantirt rait dem Mechanismus des Gehirus gerade so wie mit dem der Hand und wie die Hand rait dem Stocke. Der Stock hat zum gehen weder die poten- zielle noch actuelle Fahigkoit aber sio wird ihm verliehen durch den Willcn der Hand, wio er dieser von der Seelen- hand verliehen wird. Sehen , Wollon , Denken , Handeln sind Seelenthatigkeiten, die an verschiedene Organe gebunden sind, wie denn die Hand den Stock, das Auge das Glas beniitzt, in der Seele selbst sind sie in einer Substanz vereinigt. Die Fahigkeiten angeborener Ideen sind daher a posteriori im Kflrper wie im Stock dagegen a priori in der Seele, ver- moge ihrer psychochemischen Eigenschaften. Damit ist die Frage auf einem zwar hoheren aber vollig greifbaren Gebiete gelost, ohne dass wir ein fortwahrendes unbewusstes Denken annehmen mussten, ebenso wenig wie ich bei Jemanden der ein Pferd besteigt, anzunehmen brauche, dass er seit seiner Geburt nicht aufgehort habe zu reiten. Was der Schelling'sche Satz aber an dem Marmorgleich- nisse verbessern soil , ist unerfindlich , wenn nicht sein mys- tisches Subject-Object den Ktinstler mit dem Stein identifici- ren und das Gleichiss aus dem circulus vitiosus befreien soil. Die Reclame iiber den ungeheueren Fund veranlasst uns dem Ursprunge dieser Ideen nachzuspiiren. Da diese Systeme in ihren Urtexten ohne Schliissel fast unzuganglich sind, so suchen wir die chabadaischen Quellen auf. 104 Der Stifter der Chabadaerschule war der sogenannte n Eaw" E. Senior Salman 1743 1813 aus Lodi, der in sei- nem 30. Lebensjahre zum 16. Male den ganzen Talmud mit sammtlichen PosJcim stehend recitirte (vergl. Einleitung zu dessen Schulchan AmcK) eine rabbinisch-philosophische Lite- ratur schuf, welche durch seine Nachkommen ausgebildet und erweitert, jetzt in der vierten Generation iiber 100.000 trefflich geschulte Talmudisten beschaftigt. Wir greifen aphoristisch einige Stellen aus seiner Ab- handlung ilber Harmonie und Chaos Likute Thora. P. Emor heraus : ,,Der Urbegriff des Menschen stammt aus der Welt der Harmonie, das Mineral-, Pflanzen- und Thiorreich dagegen aus B dem Begriffe des Chaos, wie es in der Adra heisst, ,,0hne w das Princip" des Menschen gab es kerne Harmonie". Dies M manifestirt sich in dem Unterschiede , welcher den Menschen ,,gegeniiber den anderen Geschopfen charakterisirt , iiber wel- ,,che er eine Herrschaft ausiibt. Der Mensch entspricht dem ,,Begriffe der Prosopoe mit ihrer Monadenharmonie , die alle Begriffe der tibrigen Individuen in sich einschliesst, welche ,,nur je einem Separatbegriffe entsprechen. Wir finden daher M bei letzteren immer eine vorwiegende charakteristische Ei- ,,genschaft. So liebt der Adler seine Jungen, wahrend der ,,Eabe sie hasst. Liebe und Hass sind bei beiden consequent, kei- ,,ner Aenderung unterworfen, weil jeder nach seiner Schop- ,,fungsquelle von einem getrennten Begriffe ausgehet' wie sie ,,separatistisch im Chaos existiren, als untereinanderstehende ^Monaden, nicht in Prosopoen oder Parallelen gruppirt. Dieser Stand wird auch in den hoheren Organisationen angetroffen ,,so dass nach dem Talmud ein Engel nicht zweierlei Actio- n nen ausftihren kann; dagegen besteht der Mensch aus unzah- lichen zu einer Einheit stabilirten Gegensatzen, wie auch Maimonides bemerkt. Wir unterscheiden beim Menschen drei ^Principion der Erkenntniss, sieben des Gefiihlsy stems, zwi- n schen denen eine vollstaudige Spiegelung ihrer einzelnen Be- ,,standtheile herrscht, so dass z. B. Grausamkeit und Mitleid ,,ihm relative Begriffe sind. Der Vater schlagt sein Kind mit ,,Harte, weil er es liebt, u. s. w. Der Mensch spiegelt auch 105 iibrigen Organisationen sowohl in seinem physischen Or- ,.ganismus Midrasch EascJibi Toledot (jedes me nschliche Organ ,,eutspricht einem hoheren oder niederen Wesen im Makro- kosmos) als auch in seinem Seelenbau wider, in welchem die ,,Buchstaben des Denkvermogens dem unorganischen, (Buchsta- ,,ben als Bausteine der Seele im Sefer Jezird) das Gefuhl- system , dem Pflanzenreich entsprechen (siehe Pflanzenbe- M wusstsein bei den fiinf Problemen) das Erkenntnisssystem w mit seiner Beweglichkeit, das Thierreich reprasentirt , so dass ,,der Mensch die Welt im kleinen (Mikrokosmos) genannt wird. ,,Das ist aber nur eine Folge seiner Schopfung nach dem ,,Urprincip der Prosopoen der prastabilirten Monadenharmonie , n im Gegensatz zu der Punktform Nikudim der Monaden in M ihrer untersten (Atom) Form. Dagegen besteht die Prosopoe ,,aus Monaden, deren jede sammtliche andern widerspiegelt , ,,und in ihr allein existirt der Begriff der Erkentnissorgane ,,mit Veranderungsfahigkeit, die wir, als aufblitzende Grosse (Mochln degadlut) und deren Gegentheil Mocliin dekatnut ,,nennen. Die ihnen entsprechenden Seelenfahigkeiten aussern sich daher so raannigfaltig im Menschen, als innere und w aussere Organe, woraus der Vorrang desselben iiber andere n Organismen erklarlich wird. ,,Diese Eigenthiimlichkeit beruht aber auf dem kosmo- ,,genetischen Processe der Harmonie aus dem Chaos. In letzte- ,,rem waren die Monaden derart organisirt, dass ihre physische n Seite der geistigen nicht allseitig entsprach, daraus entstand ,,der Bruch, in welchem sich die physischen Welten bildeten, n abgesondert vom Geistigen, eine Disharmonie, welche die M Bildung der harmonischen Welt dadurch zu vermeiden suchte > ,,dass dem geistigen Princip eine Htille zahlreichere Organe bei- ,,gegeben wurde, um das Uebergewicht des sogenannten gei- w stigen Wesens aufzuheben. Unter Uebergewicht verstehen wir ,,dessen Phanomenalitat, so dass die siebeu Gefuhlskategorien , n oder vielmehr das Unfassbare, was diesen Begriffen im Chaos ,,entspricht, unter einander und nicht neben und in einander ,,geordnet bestanden, da jeder Modus in seinem separatistischen ,,Charakter mit dem Gegensatz unvereinbar war. Die Schwa- ,,chung dieser Phanomenalitat gab dann die Disposition zur 106 w Vermittlung > der Uebergange. Dieses Bild entrollt sich uns in ,,der physischen Welt in der Gemiithsdisposition des Menschen ,,im Gegensatze zu der thierischen, bei welcher die charakte- ,,ristischen Modi mit einer Vehemenz auftreten. Darin liegt n aber auch ein gewisser umgekehrter Vorrang, den diese ihrem n llrsprunge nach, vor deni Menschen voraus haben, weil das n Chaotische eine realere Existenz hat als das Harmonische , ,,gewissermassen nur aus Abglanzen der friiheren zusammen- ngesetzte. Dennoch erhalt sich der schliessliche Vorrang des n Letzteren, Harmonischen, weil diese Abschwachung das~ Ur- ,,princip alles Seins eher hervortreten lasst, als die urwiichsige ,,chaotische Kraft. Dieses Ursein ist ausschlaggebend , weil ,,schliesslich Chaos und Harmonie nur Modi und Attribute dessel- n ben sind, je mohr sich jene entwickeln, desto weiter entfer- ,,neu sie sich von dem Wesen des Urseins, und umgekehrt desto ,,naher kommt ihm der Zustand der Harmonie, welcher seine n eigene Negation durchschimmern lasst. Darum ist das Chaos ,,auch die Trennung Olam Hapirud und die Harmonie die ,,Einheit. Durch dieses Hervortreten des Urprincips konnen B die harmonischen Monaden, deren erstes harmonisches Auf- treten durch die schwachere Begriffsentwicklung gefordert ,,wurde, eine wahre Harmonie antreten durch Aufgehen aus ,,dem Sein in das Uebersein oder Vorsoin , wie das Einzellicht ,.in die grosse Flamme, in den Begriff des ,,Nichts" als Quelle ,,des ,,Was" und damit den Immanenzweg bilden, welcher alle n Lichtwesen und Monaden in einer vollstandig wahren Harmo- ,,nie verbindet, wie die eiuzelnen Gefiihle im Willen zusammen n fliessen, den wir daher visional- das Urprincip des Menschen ,,benennen. Daraus resultiren die zwei Grundkriterien des Menschen: Der freie Wille und die Herrschaft. Dennoch ist ,,er zu seiner Erhaltung von den untergeordneten Organismen n abhangig, die ihm Nahrung und Leben zufiihren, wahrend ,,sie gleichzeitig durch ihn in eine hohere Eangordnung geho- ,,ben werden. Denn als chaotische Bruchstticke einer ursprun- ,,glich der harmonischen iiberlegenen Organisation, wird die ,,Letztere in der hohern Eangordnung wieder lebendig, so dass w der Tisch an dem wir speisen, wenn wir anders durch unsere 107 n Leidenschaften nicht imter das Vieh hinabsinken, vom Talmud ,,mit Eecht dom Altare gleichgestellt wird". Seite 39: ,,Der Verstand bekleidet die Gefiihle, d. h. er ,,verschmilzt mit ihrem innersten Wesen, ebenso der Wille ,,mit dem Verstande , denn wenu ich eine Sache will, so bildet ,,sich der Wille eine begreifliche Ursache, welche aber dem ,,Willen auch ganz eutgegengesetzt sein konnte. So heisst es ,,z. B. vor der Siindfluth: Weil die Menscheit von Jugend an ,,siindhafte Triebe hat, soil sie vernichtet werden. Nach der Stindfluth und dem Gebetopfer Noa's dagegen: Ich werde ,,der Erde nicht mehr fluchen. wegen des Menschen, weil eben sein Trieb von Jugend an siindhaft ist. Da wird die M Anklage zur Entschuldigung, weil der Wille die Einsicht w entweder zur Gtite oder Strenge leitet, indem das substantiel- le Gefiihl im Willen in die Weisheitssubstanzen aufgeht. Das Bewusstsein kommt dabei nicht in Be- ,,tracht, weil es beim Auftreten des Willens nicht als selbst- ,,standige Potenz gerechnet wird, vielmehr als blosse Vermit- ,,tlung zwischen Erkenntniss und Vorstellung oder als Vermit- ,,tlung zwischen Verstand und Gefiihl zu betrachten ist. Es ,,gibt also zweierlei Gefiihlssysteme, erstens solche, welche aus dem Verstande entstehen, zweitens, welche in ,,einer hoheren Eegion liber dem Verstande liegen, jene werden in Midrasch Haschbi die er leuchte ten Berge, die- ,,se die finsteren Berge ture nehora, ture chaschocha ge- ,,nannt (Man vergleiche die illuminirten Stellen auf der Char- ge des Gefiilils bei Kant.) Betrachten wir die Eangordnung der Lebensgeber, so ,,nimmt auch beim Opfercultus das Brod eine hohere Stelle ,,ein als das Fleisch. Der Grund liegt darin, dass, wie der B Mensch hoher steht als Thier, Pflanze und Stein, der Ur- sprung jener Formation im Chaos ein hoherer ist, nur dass ,,sie durch die chaotischen Briiche in niederere Formationen ,,fallen mussten, wobei naturgemass das Ursprtinglich hohere, ,,z. B. die Grundform der Pflanze tiefer fallen musste, als die M des Thieros. Daher rangirt selbe jetzt niedriger, weil sie sich ,,bei ihrem Falle aus der Monadenwelt nicht an die Bedingun- ,,gen des Thierlebens anpassen konnte, tiefer hinunter musste, 108 ,,so dass das Thier mit dem Bezuge seiner Lebenskraft auf das ,,Pflanzenreich angewiesen 1st. Der Mensch fmdet aus derselben ,,Ursaehe mehr Leben in den Pflanzenstoffen als in den ihm ,,doch verwandten, blutbereitenden Tbierstoffen, so dass, wie ,,der Talmud sagt, im Erode der Verstand steckt und das Kind ,,erst Vater sagen lernt, wenn es Brod essen kann". Wir sehen hier die Leibnitz'schen Ideen in anderer Be- leuchtung und treffen schon auf die unbewussto Eegion, obne die unbewusste Thatigkeit annehmen zu miissen, ebensowenig wie die unnaturliche Annahme Leibnitz' von der bestandigen Thatigkeit der Seele , welche die Gefiihle, Instincte und Leiden- schaften fortwahrend in unendlich kleinen Bewusstseinen, pe- tites perceptions, in Bewegung halt, die sich dem Bewusstsein entziehen, wogegen auch Hartmann den Einwand erhebt dass es nicht einzusehen sei, warum die kraftigen bewussten Vorstellungen im Moment nicht pravaliren sollten. Diese Einfiihrung der Infinitesimaltheorie in die Psycho- logie, theilt dasselbe Schicksal mit den von Hartmann herbei- gezogenen Fechner'schen Logarithmen, mit den mathematischen Beweisen des Aristoteles und spateren unstatthaften mathema- tischen Analogien, als einer mechanischen Hirnsphare angeho- rig, die mit dem philosophischen JDenken nicht in Contact gebracht werden darf. Hartmann gesteht tibrigens verschamt ein, dass diese bengalische Beleuchtung mehr auf Knalleffect als auf logische Begriindung berechnet ist. Der Eabbinismus bedient sich der Zahlen als einer, iiberraschende Analogien bietenden Symbolik, ohne denselben deductiven Werth beizu- messen. Ein zweiter Yorganger Hartmann's ist Hume. Was nun die Causalitat anbelangt, so steht derselbe auf dem Boden des Eabbinismus, wenn er den Empiristen gegentiber ihre Abstra- hirbarkeit aus der Erfahrung, den Aprioristen (Cartesianern) ihre apodiktische Gewissheit bestreitet, und vielmehr der An- nahme Eaum lasst, wonach unser Denken und Schliessen nach causalen Beziehungen eine uns selbst unbewusste Bethatigung, eines unserem discursiven Denken, fernstehenden instinctiven Vermogens sei, welches, wie der so sehr angestaunte Instinct der Thiere, als eine urspriingliche Verleihung der Natur ange- 109 selien werden muss. Wir werden noch Gelegenheit haben, unsere Kabbinen ausfiihrlich dariiber sprechen zu hdren, fiuden aber noch einen tiefen Passus bei dem obencitirten Raw , welcher nicht nur das Denken nach Griinden als Frucht des Willens, und der iiber diesem stehenden verborgenen Gefiihlssysteme darstellt, sondern ausdriicklich hinzufiigt, dass diese Gefiihle die chemische Substanz von Begriff und Vorsellung im Causa- litatsnexus bilden (hislalschut bibckinat seder hischtalschelut ila we alul) wahrend ihre Schopferische Kraft im Weltsystem von einer viel hdher liegenden Quelle, aua dem ,,Nichts" Be- griff (bechinat ajin) , sprung weise" iiber den Causalitatsbegriff hinwegwirkend angenommen werden muss. Ebda. 39. Dass der Eabbinismus durcli seine merkwiirdige, fast materialistische Identitatsphilosophie vor den Irrwegen der exclusiv subjectivistischen Auffassung Kant's geschiitzt ist, an welcher dieser im Alter auch geistig zu Grunde ging, werden wir bei dem Kalonymiden beleuchten. Eben.so haben die Bab- binen bei den lure neJiora wachaschoclio den Kant'schen Feh- ler vermieden, die dunkle mit der unbewussten Vorstellung zu identificiren. Nicht minder geschickt wird der ungliickliche Behelf Kant's vermieden, fur die jenseits der Erkenntniss lie- genden reinen Verstandesbegriffe, eine blinde Function der Seele zu schaffen, welche in spontaner Weise das gege- bene Mannigfaltige des percipirten Vorstellungsmaterials syn- thetisch verknupft, eine schwerlich jemals bloszulegeude Kunst in der Tiofo der menschlichen Scele. Auf diesen blinden ari- schen Gotzen stosst auch Hartmann spa'ter beim Willen, wahrend den Eabbinen der Wille nur ein Schlussprocoss eines jenseits dor Erkenntnisssphiire gelegenen Systems von hoheren Erkenntniss- und Gefiihlskraften is^, aus welchem die unter- geordneten Kategorien des menschlichen Verstandes und Ge- fiihlsy stems scheinbar ohne vorhergehende Vermittlung gebil- det werden. Madrega tachtona schebaeljon naassa atik schel hatachton. Der grosse Kant, dem das unsterbliche Verdienst gebuhrt t die alte Philosophie in Triimmer gelegt zu haben, gesteht mit erhabener Bescheidenheit em. dass seine Metaphysik nur 110 problematischen Werth habe. Dagegen grabt Fichte, der Fort- setzer seines Systems, das Dintfass wieder auf, aus welchem Aristoteles der Schopfung die Gesetze dictiren zu konnen vermeinte. Der dunkel in das mensckliche Bewusstsein hineinragende Unendlichkeitsbegriff wird bei ihm zu einem realen Einge, wie der Kreidekreis deni Puter, aus dem ihm kein Entrinnen moglich scheint. Der Schopfer ist ihm, ganz aristotelisch , das substantielle Wissen, welchem, als dem Unendlichen, niemals Bewusstsein zugeschrieben werden konne Nur aus Nothwen- digkeit Selbstbewusstsein zu werden, spaltet es sich in die Bewusstseinsvielheit mannigfacher Individuen, als unendliche Vernunft und unendlicher Wille, in dem die endlicheu Ver- ntinfte und Willen enthalten sind. Trotz ihres absoluten unendlichen Wissens, oder vielmehr gerade wegen desselben, spricht er dieser Substanz Bewusst- sein und Personlichkeit, in welchen Begriffen Schranken lie- gen, erst recht ab. Jeder Kenner der rabbinischen Lehre wird hier einen Knauel unverdauter rabbinischer Lehrsatze erkennen, die nach Willkur durch einandergewiirfelt sind. Fichte hat unbewusst den Boden der modernen Anschau- ung wieder verlassen, welche ebenso unbewusst die rabbiui- sche Grundlehre von der Privativitat jeder Anschauung misitra dilan acceptirt hatte, und hat den alten aristotelischen Stand- punkt wieder angenommen, der den Vorhang, welcher die Erkenntnissprincipien des menschlichen Verstandes, von der hinter ihnen liegenden hoheren Begriffswelt trennt, fiir die Wand hielt, bei welcher, um ein vulgares Gleichniss, zu ge- brauchen, die Welt mit Brettern vernagelt ist. Wahrend Ari- ristoteles das ,,Ich" als Erkenntnissprincip gar nicht in Be- tracht zog, wird dieses dagegen bei Fichte zum Weltprincip auf mrstischem Hintergrunde. Das Buch n Maareches u um 1300, widmet ein eigenes Capitel der Harisa, d. h. den religiosen Irrungen der Mensch- heit, und stellt den Grundsatz auf, dass selbe auf dem ein- seitig monistischen Triebe beruhen, irgend ein hoheres oder niederes Glied aus der Mannigfaltigkeit des Universums abzu- losen und als Gotzen zu verehren. Der un- oder halb-civilisirte Mensch thut dies mit einem zur Anbetung gewahlten beliebigen Wesen aus der sichtba- ren Welt, die poetische, kosmosophische , oder philosopMsche Anschauung greift nach hoheren Einzelbegriffen oder verfallt in den Gegensatz des Pantheisraus. Sic versteigt sich bis zu dem Monadenbaume, wie er sich in dor menschlichen Erkennt- niss prasentirt, und mclcazez bintiot haut einen beliebigen Zweig ab, einraal die ,,Furcht" oder die ,,Starke", dieLiebe, die Vernunft, den Willen, je nachdera sie sich durch die Spiegelung aller Monaden in jeder einzelnen , fiir eine einzelne entscheidet. Den meisten Verunstaltungen, war von altersher die unterste Monade des Ich ausgesetzt, als angebeteter ani weafsi od des Pharao, des Hiram, des Caligula u. s. w. als abgehauener Logos, als verhasster Demiurgos, und bei den meisten dieser sogenannten Systeme fohlte es an einer mysto- sophischen Begriindung ebenso wenig wie bei Pichte. Dem Eabbinismus ist das substantielle Wissen nur zum Scheme eine Substanz, de facto ist es nichts als eine Thatig- keit des obersten Willens. welche von dem Begriffe der Un- endlichkeit durch die Scheidewand eben dieses Willens ge- trennt ist. Der Begriff Unendlichkeit ist an uud fiir sich nur ein subjectiver, eine zahllose Wiederholung der Endlichkeit. Der Begriff zahllos ist aber zusamengesetzt aus Endlichkeit und Nichts. En und Sof. Wenn sich nur ein einziges Staub- kornchen im unendlichen Weltonraum befande, und nichts ausser ihm, so ist der Begriff Unendlichkeit gegeben, nehmt dieses Kornchon weg, dann gibt es keine Unendlichkeit, keinen Eaumbegriff mehr. Der Wille wird daher im Eabbinismus zu der Sphlre der Unendlichkeit gerechnet, weil er die Vermitt- lung zwischen dieser Vorstellung und der Endlichkeit bildet. Bei den Eabbinen heisst die Unendlichkeit daher die subjective, Vergleiche Porta cocli von Admiral Herrera, Schtiler^des E. Israel Saruk urn 1596. Wie die Beschrankung, Concretion, Zimzum dieser Un- endlichkeit aufzufassen sei, ob objectiv oder als blosser, intuitiv visionarer Begriff, den wir nur vermoge der Identitatsgesetze 112 festhalten konnen, dariiber sind die rabbinischen Anschauungen getheilt. Schomer Emunim contra Mischnat Chassidim. Gerade- zu kindisch 1st der Fichte' sche Imperativ, wonach das Absolute keine Schranken kennt, denn wonn es ausserhalb der philoso- phischen Phantasie ein Absolutes oline Schranken, ein nach alien Eichtungen vollkommen schrankenloses Absolute gabe, dann ware der Akosraismus gerechtfertigt, dann gabe es keine "VVelt und keine Philosophen in derselben. Nachdem uns aber der men- schliche Geist den Begriff des Absoluten aufzwingt, so konnen wir denselben nur durch die Hiille des Zimzum der Beschrankung erschauen. Bei Fiehte sinkt das CCTTSISOV des Pytagoras zu einem mathematischen Begriffe des Unbegrenzten herab. Das Abso- lute ist aber im Eabbinismus das absolut Unbegreifliche, an welches jedes Erkentnissprineip so wenig hinanragt, wie das korperliche Auge an geistige Begriffe Attributi und Modi let machschawa tfisa be Tdal. Das Bewusstsein selbst des hochsten Willens hat keinen Begriff daruber, was aber nicht hindert wehu tafis lekola, dass es in freier Herrschaft alles ergreift, und sich als Ich am Sinai offenbart, und durch die Offenbarung die Modi und Attribute lehrt, welche ihm beizulegen ge- stattet sind. Wir haben iibrigens nicht einmal nothig, den Eabbinis- mus gegen Fichte aufzubieten. Schelling wirft dessen Gebaude um, und beladet seinen Karren mit dem Schutte, mit dem er denn auch richtig im stecken bleibt. Hartmann citirt seine Polemik, wie folgt: ,,Die Meinung dieses Fichte'schen subjectiven Idealismus konnte nicht sein, dass das Ich die Dinge ausser sich frei und mit Wollen setzte denn nur zu Vieles ist, dass das Ich ganz anders wollte, wenn n das aussere Sein von ihm abhinge. (Wenn Ich konnte, wie n lch wollte u. s. w.) Um dies alles zeigt sich nun Fichte ,,unbekummert... Angewiesen nun, die Philosophie da aufzu- w nehmen, wo sie Fichte hingestellt hatte, musste ich vor M Allem sehen, wie jene unleugbare und unabweisliche Noth- B wendigkeit mit der dem Ich seine Vorstellungen von der n Aussenwelt entgegentreten, die Fichte gleichsam nur mit n Worten wegzuschelten sucht, mit den Fichte'schen Begriffen, also mit der behaupteten absoluten Substanz des Ich sich 113 ,,vereinigen Hesse. Hier ergab sich nun aber sogleich, dass frei- lich die Aussonwelt fiir mich nur da 1st, wiefern ich zugleich selbst da uud mir bewusst bin, aber dass auch umgekehrt, n sowie ich fiir mich selbst da ich rair bewusst bin, dass mit w dem ausgesprochenen n lch bin", ich auch die Welt als be- r reits da seiend finde, dass also auf keinen Fall das schon be- wusste Ich die Welt produciren kann. Nichts verhinderte ,,aber mit diesem jetzt in mir sich bewussten Ich auf einen ^Moment zuriickzugehen, wo es seiner noch nicht bewusst war eine Eegion jenseits des jetzt yorhandenen Bewusstseins an- ,,zunehineu, und eine Thatigkeit die nicht mehr selbst, son- ,,dern durch ihr Eesultat in das Bewusstsein kommt." So- n weit Schelling. Es 1st ein Gliick fiir die Philosophic, dass sie den Moder- nen so wenig zugauglich ist, da ihre unfreiwilligo Komik ge- radezu erschiitternd wirken miisste. Wenn wir mit dem Ich in die Eegion zuriickgehen, wo es seiner noch nicht bewusst war, so wollen wir gar nichts mehr an die Welten denken, die es damals in seiner Jugend gemacht hat. Schelling hat sich schliesslich durch seine Ab- wege unmoglich gemacht, aber man weiss wirklich nicht, ob man spotteu oder doch lieber schelten soil, wie dies Fichte thut. iibor dieses Schwanken der anschen Wissenschaft zwi- schen der Apotheose des Menschen einerseits und der materia- listischen Negation des Begriffes Mensch als schwanzlosem Affen andererseits. Hinter dieser Pbilosophie lauert die Magie und Mystik des Alterthums und nicht mit Unrecht nannte Heine den Hegelianismus den verkappten Katholicismus. Der niichterne aristotelische Stand, der dem Menschen, trotzdern ihm die Erde als Weltcentrum gait, die unterste Stelle in der Welt des Geistes anwies, behagte darum so sehr dem Maimo- nides, dem nichts so verhasst war, als die mystische Ueber- hebung des Menschen, die aliem Aberglauben und Gotzen- dienste zu Grunde liegt. Der eigentliche esoterische Eabbinis- mus ist noch viel transcendentjvler als der. More. Ich habe schon auf Chesed 1'abraham (150) hiugewiesen dem die ganze sichtbare Welt mit ihren zahllosen Myriaden 114 Ton Himmelskorpern (Aristoteles nahm 2400 an, der Talmud ungezahlte Billionen) als ein Wassertropfen im Ocean des Un- endlichen, als ein einzelner Gedanke in dera unendlichen, Ge- dankenstrome eines unendlichen Denkers erscheint, das hoch- ste Prototyp des Menschen mit mbegriften, was jedoch nicht Terhindert, dass der Mensch der Barometer der Schopfung bleibt, welcher flir die philosophische Hypsometrie und Mete- orologie aber nur mit grosster Bescheidenheit und alien Vor- behalten verwendbar gemacht werden darf wobei es noch im- mer vorkommen kann, dass der Wilde die hochste Spitze besser herausfindet, der Bauer das Wetter richtiger voraussagt, als der als Hypsometer und Meteorologe arbeitende Philosoph. Da gilt das talmudische Sprichwort: ,,Die Kopfbedeckung der -Gelohrsamkeit dient der Bescheidenheit als Fussbedeckung. Wir kehren zu Hartmann's Unbewusstem zuriick. Manus manum lavat rein und tief trotzdem Schelling in der Genialitat seiner Conception den Begriff des Unbewussten erfasst hatte, M beweist folgende Hauptstelle : Dieses ewig Unbewusste, was ^gleichsam die ewige Sonne im Eeiche der Geister durch sein w eigenes ungetriibtes Licht sich verbirgt, und obgleich es nie Object wird, doch alien freien Handlungen seine Identitat ^aufdruckt, ist zugleich dasselbe fiir alle Intelligenzen, die ,,unsichtbare Wurzel wo von alle Intelligenzen nur die Potenzen w sind und das ewig Vermittelnde, des sich selbst bestimmen- ,,den Subjectiven in uns und des Objectiven oder Anschauen- n don, zugleich der Grund der Gesetzmassigkeit in der Freiheit M und der Freiheit in der Gesetzmassigkeit." Auch Schelling ,,kommt dazu. als das letzte und hochste Princip seiner Iden- w titatsphilosophie im Jahre 1801 die absolute Vernunft zu be- n stimmen, und hiemit seinem ewig Unbewussten eine concrete ^Erfiillung zu geben, welcher er im Jahre 1809 ebenfalls den w Willen, als der Wichtigkeit nach voranzustellende Erganzung hlnzufugte. u Wir finden in diesem . my stisch-poetischen Schwulst fol- gende termina technica des Eabbinismus, wie sie seit sechs Jahrkunderten unbestritten im Gebrauche sind: 115 Die Centralmonade, welche in der zweiten Monadenkate- gorie den Mittelpunkt bildet; Tiferet waw kzawot heisst die Sonne, (Parties ErJce hakinujim) mit dem Pradicat des Ewi- gen im Eeiche der Geister (ausdriicklich im Don jodin zu Schemcscti), die mit der untersten Mouade der Weltthatigkeit im Verhaltniss steht wie Sonne zu Mond, sie ist die Intelli- genz Thora, die Wahrlieit und Sehonheit, welche alle sechs Eadien als Potenzen des unendlichen lutelligenzkreises in sich schliest, das ewig vermittelnde Macliria zwischen Erkennt- niss und Handlung, oder als Daat zwischen den einzelnen Er- kenntnisskategorien, als soldier zugleich Sitz der Gesetzmassig- keit Jedia, Vorausbestimmung, im Gegensatze zu der durch die siebente Monade vermittelten freieu Determination becliira, womit der Widerspruch zwischen beideu, zwar nicht objectiv gel5st, aber als nur im Gebiete der subjectiven Anschauung vorfindlieh beseitigt wird. Das sind auch gleichzeitig die zwei Tabellen des grossen Magid, vgl. Geburat Israel, die in dem Worte Sot angedeutet sind, S als siebente Monade als Tha- tigkeit in der Gesetzmassigkeit, Alepli Taw als Buchstaben der Intelligenz die Gesetzmassigkeit in der Freiheit sym- bolisirend. Wahrend aber Schelling acht Jahre dariiber schwankte, wo er den Willeii im Verhaltnisse zur absoluten Vernunft zu placiren hat, und ihn schliesslich mit mystischer Logik, contra- dictio in adjecto als der Wichtigkeit nach voranzustellende Erganzung unterbringt, lernen wir diesen gedankenturnerischen Purzelbaum durch folgenden rabbinischen Lehrsatz begreifen: Die Vernunft tritt an die Spitze des Monadengebaudes, wenn wir die Monaden nach ihrem ausseren Erscheinen be- trachteu, weil. dann der Wille nicht mit ihnen in eine Eang- ordnung gebracht werden kann, vielmehr ihren Ursprung bil- det, da tritt das unendliche Bewusstseiu an Stelle des Willens als dritte Erkentnisskategorie vor die Gefiihlsmonaden, wah- rend auf ihr inneres Wesen gepriift, der Wille als erste Mo- nade gerechnet werden muss, weil er in der That nur die Vermittlung und den Thatigkeitsabschluss eines hoher liegenden. Systems bildet. Mischnat Chassidim. 8* 116 Was sieh bei Schelling als buntes Kalejdoscop sprung- weise herumwirft, finden wir im Eabbinismus mit der gross- ten 'Buhe und Klarheit systematisch geordnet, und im ver- stndigen Zusammenhange. Bei dem ahnungsvollen Diehtergemuthe, Eichter in Se- lina: ,,Von der weiten vollen Weltkugel des Gedachtnisses drehen sich dem Geiste in jeder Secunde immer nur einige erleuchtete Bergspitzen vor, und die ganze tibrige Welt bleibt in ihrem Schatten liegen", treffen wir nur ganz wortlich di& ture nehora und chaschocha erleuchteten und dunkeln Berg- spitzen wieder. Wir kommen nun zu Hegel, der die platonische Idee als Monade der Vorstellung in specielle separatistische Behandlung nimmt (siehe oben Harisa), die an sich ist, bevor sie sich zur Natur entliisst, um zu sich als Geist zuriickzukehren, die Wahrheit ohne Hiille, die Seite des Logischen oder der Vor- stellung, ein causalitatsloser nous poieticos. Die w ldee" ist von dem Kalonymiden an ihren Platz zuriickgedriickt worden, mit dem Satze: Die Allmacht ist weder eine blosse wunderbare Vorstel- lung, noch ein blosser erhabener Begriff, ween dimjon nifla ween cheker nichbad scheen sechel mada wechochma jecholim lehaschwot lo meuma. Weder Begriff, Idee, noch Vernunft konnen ihm irgend eine Analogie gewahren. Hier endet auch der Hartman'sche Weg in die Sack- gasse. Er kommt nur bis zu der Idee, als gestaltendem Prin- cip der Bildungsvorgange in Natur und Geschichte, uud einer leitenden Vernunft als im Weltprocesse sich offenbarend, also nur zu Chachma Bina, wUhrend das Bewusstsein ihm absolut unzuganglich bleibt, eine Potenz, welche der Eabbinismus der arischen Seele abspricht: chachma ubina jesch lahem dbal daat en lahem, das wurde durch jene Liicke im Hartmann'schen Systeme indirect bestatigt werden, indem diese aus der psy- chischen Construction resultiren dtirfte. Folgt Schopenhauer's Stellung zum Unbewussten : Schopenhauer's Philosophic ist in dem Satze enthalten: Der Wille ist das Ding an sich, das Weseu der Welt. Wir konnen nicht genug darauf aufmerksam machen, wie correct 117 sich hier der Lehrsatz der Harisa bewahrheitet, noch dazu fur denjenigen, der die Zweifel einiger Anfanger aus dem 13. Jahrhundert kennt, welche nicht recht wussten, ob dem Wil- len als Grundmonade eine hohere Macht zu hypostasiren sei oder nicht, was entschieden bejaht wurde, weil sonst der Fehler, deu die verschiedenen Irrlehren mit den tibrigen Mo- naden begangen, nunmehr mit der Krone dieses Baues vorge- nommen werden wiirde^ Daraus folgt, sagt Hartmann, dass die Vorstelluug nur ein offenbar zufalliges Hirnproduct ist, und dass in der gan- "zen Welt nur soviel Vernunft zu finden sein kann, als die sufallig entstandenen Gehirne hineinzulegen belieben, ,denn was kann aus einem absolut unverniinftigen sinnlosen und blinden Princip fiir eine andere als eine unverniinftige und sinnlose Welt hervorgehen ? (Wir dtirfen dabei nicht vergessen, dass, wie Hartmann in der Vorrede andeutet, der beriichtigte Scho- penhauer'sche Pessimismus seinen Hauptgrund in dem Mangel eines Verlegers hatte). Wenn eine Spur von Sinn in ihr ist, so kann er doch nur durch Zufall hineingekommen sein. So wenig ein blinder Wille sich Zwecke setzen kann, so wenig kanu er zweckmassige Mittel zu seinen Zwecken wahlen und verwirklichen und so kann der bewusste Intellect bei Schopen- hauer in Wahrheit nur als ein Parasit am Willen erscheineu (ahnlich wie Epicuros den Menschen aus Geschwtiren der Erde entstehen liess) der weit entfernt von diesem gewollt zu sein, ihm vielmehr auf unbegreifliche Weise angeflogen ist (.woher ?) wie der Mehlthau der Pflanze, Es liegt auf der Hand, fahrt Hartmann fort, dass das absolut Unverniinftige als Princip ge- nommen. sehr viel armer und unausgiebiger sein muss, als das absolut Verniinftige, die Idee und das Denken; es gehort auch eine merkwiirdige Beschrankung dazu, sich an dem absolut Unverniinftigen in seiner Armuth als Princip geniigen zu lassen (Kaehe fiir den Verleger) daher die dilettantische Farbung, welche bei allem Eeichthum an Geist das Schopenhauer 'sche Philosophiren an sich hat, daher das Aufathmen der Erholung wenn man im dritten Buch von der Welt als Wille und Vor- stellung an die grosse Inconsequenz im Systeme, an die Idee herankommt. (Diesen Vorwurf hat der grosse arische Kanzler 118 schon durch die Behauptung entkraftet, dass Consequenz ein Beweis von Ideenarmuth sei). Andererseits kann Hartmann die Weisheit des Unbewussten nicht genug bewundern und loben dass sie ein so bornirtes Genie schuf, um der Nachwelt zu w zeigen, was mit jenem Princip in seiner Isolirung anzufangen ,,ist, was nicht. (Dieser Kunstgriff ist geistiges Eigenthum w das Klach wortlich angewandt auf sammtliche Irrlehren). n Die einseitige Ausarbeitung dieses Principes war im gene- w tischen Entwicklungsgange der Philosophic gerade so noth- *wendig, wie die Zuspitzung des entgegengesetzten Extrems n in Hegel. M Von der Nothwendigkeit der unbewussten Vorstellung w hat Schopenhauer selbst keine Ahnung. so dass es ihm z. B. nicht einfallt, die Idee zur Erklarung der Zweekmassigkeit n in der Natur heranzuziehen, welche ihm vielmehr in echt ,,idealistischer Weise ein blosser subjectiver Schein ist, der durch die Auseinanderzerrung des real Einen in das Neben- einander und Nacheinander von Eaum und Zeit, entsteht, wo- bei dann die wesentliche Einheit in Form einer wesentlichen gar nicht existirenden teleologischen Beziehung hindurch schim- mert, so dass es ganz verkehrt ware, in der Zweckthatigkeit der Natur etwa Vernunft zu suchen. Dabei merkt er aber gar nicht, dass der unbewusste Naturwille eo ipso eine unbewusste Vorstellung als Ziel, Inhalt oder Gegenstand seiner selbst voraussetzt, ohne die er leer, unbestimmt und gegenstandslos ware. So geberdet sich denn der unbewusste Wille in den scharfsinnigen Betrachtungen iiber Instinct, Geschlechtsliebe etc. immer genau so, als ob er mit unbewussten Vorstellungen rerbunden ware, ohne dass Schopenhauer letzteres zugabe. Allerdings fuhlt sich Schopenhauer, der wie alle Philosophen und die menschliche Natur iiberhaupt mit dem Alter incon- sequent wurde (im Talmud Sikne Amhaarez kol sman sche- maskinin mittapschiri) im Stillen wohl eine gewisse Noth- wendigkeit, den Schritt den Schelling langst iiber Fichte hin- ausgethan hatte, den Schritt, vom subjectiven zum objectiven Idealismus, nachzuthun, aber er konnte sich nicht entschliessen seinen Jugendstandpunkt zu desavouiren. und musste das seinen 'Schulern iiberlassen. So finden wir nur Andeutungen, die wei- 119 ter ausgefiihrt, den ganzen bisherigen Standpunkt seines Sy- stems verriicken wtirden, wie die von Duprel hervorgezogene Stelle Parerga 291, wo er die Moglichkeit Mnstellt, dass nach dem Tode dem an sfch erkenntnisslosen Willen (also immer wieder dieser Gotzendienst der Identification des menschli- chen mit dem Weltwillen) eine hohere Form des erkenntniss- losen Bewustseins zukommen konne, in welchem der Gegen- satz von Subject und Object aufhort. Nur sein gehassiges Vor- urtheil gegen Schelling hinderte ihn dort das zu finden, wo- nach er vergeblich ringt (das Unbewusste namlich.) Wir wiirden fur die Schopenhauer' sche Bichtung um- sonst Paralleleii im Eabbinismus suchen. Was hat der Priester anf dem Todtenhofe zu thun. Ma lekohen bebet hakbarot. Scho- pen hauer's System kann nur in dem einen Begriffe charakterisirt werden: Der philosophische Katzenjammer, der auf den He- gel'schen Eausch nach der Schelling'schen Weinseligkeit folgt und in seinem Todesschlafe der Begriinder der Duprel'schen Mystik wird. Eilen wir aus dieser unerquicklichen Einode mit Hart- mann an die Gestade des Indus zu den Chinesen. Der Weise T sagt Salomo, hat die Weisheit in nachster Nahe, der Thor sucht sie an den Enden der Welt. Der unbewusste Racenhass lasst Hartmann das jiidische Lager scheu umgehen. Wozu auch aus dem reinen kiihlen Borne schopfen, wenn man in dem schillernden Sumpfe SOOOjahriger Irrlehren der Buddhaisten und Wiirger so prachtige Giftpflanzen pfliicken kann, zu dem Buddhaistentempel, wo die heilige Seife ausgeboten wird, aus dem Kothe der heiligen Kuh, die die Blinden sehend, die Ein- faltigen zu Philosophen macht. Aus Graul's tamulischer Bibliothek: Das Absolute heisst das Brahma (willkiirliche Uebersetzung, denn Brahma heisst das Grosse und hat drei Attribute -SM Sein, Git Wissen, Ananda Wonne. (Eine jedenfalls plumpe unwissenschaftliche Zusammenstellung. In der jiidischen Wissenschaft ist die Wonne ein Bestandtheil des Willens. Rason Wille und Wonne, siehe oben). Als absolutes wissendes heist das Brahma Cai- tanja, zugleich intelligibles Ich aller vorkommenden Individuen. Kutasta Giva Saksin. Das Ideale 1st das Eeale, sonst ware es dumpfe Materie ohne erhaltende Kraft. Der Unterschied von Erkenner und Erkenntniss zu Erkenneiidem wird im hochsten Geiste nicht gewusst. (Ein Gemeinplatz der aristotelischen Scholastik.) Lehrer: Jener rein geistige Caitanja erkennt Kor- per, da er aber selbst nicht Korper 1st, so wird er auch in Nichts erkannt. Schtiler: Wenn er obschon Wissen, doch von Nichts erkannt wird, wie kann er dann eben Wissen sein. Lehrer: Auch der Syrupsaft bringt sich selber nicht in Er- fahrung, dennoch erkeunen unsere Sinne, dass er suss ist. Schiller : Ist er denn etwas das erkannt, oder nicht erkannt wird. Lehrer: Koines von Beiden. Das dariiber Hinausliegende ist das Brahma. Schiller: Wie konnen wir es denn erkenneu. Lehrer: Das ist ja gerade, als wenn Jemand sagen wollte, Habe ich eine Zunge oder uicht: Obgleich wissenartig, fragst Du doch, wie ist das Wissen, schamst Du Dich nicht." Das letzte Argument, welches wohl von einigeu Piiffeu begleitet war, scheint den Schtiler uberzeugt zu haben. Ich iiberlasse es Hartmann, sein Unbewusstes in diesem Sjrupsaft zu linden, und gehe zu den eigeutlichen Vorgan r ,ern, oder vielmehr Zeitgenossen Hartman's liber, die mit ihm gleich. zeitig das Unbewusste entdeckt haben sollen. Wundt in seinen Beitragen zur Theorie der Sinneswahr- nehmungen : j n lst der erste Act des Bewusstwerdens, der noch ins un- bewusste Leben fallt, schon ein Schlussprocess (ich erinnere an den Willen als Schlussprocess im Mischnat Chassidim], so ist damit das Gesetz logischer Entwickelung auch fur das un- bewusste Leben nachgewiesen, es ist gezeigt, dass es nicht bios ein bewusstes, sondern auch ein unbewusstes Denken gibt obwohl erst ins bewusste Leben tibersetzt, der psychische Process der Wahrnehmung die Form des Schlusses annimt (wie herrlich ist dieser Gedanke in der rabbinischen Foimel ausgedriickt, dass der Schlussprocess des Willens als aussere Erscheinung nicht mitgerechnet wird, sondern als Bewusat- sein in Eechnung kommt!) daher vollziehen sich auch die unbewusst logischen Processe mit so grosser Sicherheit und 121 Gleichmassigkeit. Unsere Seele 1st so gliicklich angelegt, dass sie die wichtigsten Fundamente dor Erkenntniss uns bereitet, wahrend wir von dieser Arbeit keine Ahnung haben. Wie em fremdes Wesen steht diese unbewusste Seele da, die fur uns schafft, urn uns die reifen Friichte in den Sclioss zu werfen." Ebenso Bastiani: Dass nicht wir denken, sondern dass es in uns denkt, ist Demjenigen klar, der aufmerksam auf das zu sein gewohnt ist was in uns vorgeht." Was nun alle diese modernen Philosophen dunkel gealint und die neuesten Forscher entdeckt haben, das spricht der mehrerwahnte Or hachajim E. Chaim ben Atar 1696 1742 in P. Aclire in folgendem Wortspiele aus: Weaudia lemitbonen bipnimiut haskalat hamuskal sche- huskalat hamaskel taskil hahasJcalot, ubehaskel behaskalato jaskil schemusJcal muschlal hahaskel, uclisclie jaskil behaarat azmo wdoazmo jaskil sclieliamuskal muskal mimuskal bilti musical mehasechel wehaskilo lemaskilim bejichud haskalato besod ne- scliama lenischmato wechi jesch chaim lachaim umotaraw jiju itrot melachim. Das heisst wortlich: Ich sage demjenigen, der aufmerk- sam beobachtet das innere Wesen der Begriffstkatigkeit, dass die Thatigkeit der Verstandeskraft die Begriife bildet, wenn wir dann die Vorstandeskraft untersuchen, finden wir, dass das Wesen des Begriffes unbegreiflich ist, und wenn wir mit der Influenz dos Ich und Nichtich, des Selbst und Nicht- selbst darauf blicken, begreifen wir, dass der Begriff gebildet wird, von einer Begriffskraft, die der Verstand selbst nicht begreifen kann, wahrend selbe den Verstandespotenzen Mas- kilim die Harmonie der Verstandesthiitigkeit liefert. als ge- heimnissvolle Seele der Seele, und dass es ein Leben iiber dem Leben gibt, dessen Ueberschiisse uns als koniglicher Schmuck zufallen. Jedes Wort eine Ueberraschung die uns begreifen lasst, warum der grosse Gelehrte Oh. J. D. Azulai, der in dem Schem hagdolim die eigentliche Quelle fiir die modorne jtidi- sche Geschichtsforschung geliefert hat, diesem Talmudisten, seine m Lehrer , das Pradicat der n ungeheuren" Gelehrsamkeit 122 beilegt, ahnlich wie Hartmann bei Leibnitz den blossen Accord diesen Gedanken als etwas w Ungeheures" preist. Ich behalte mir eine systematische Zusammenstellung der rabbinischen Wissenschaft vor und gehe jetzt zur Betrach- tung der Hartman'schen Biologie iiber. y-p ARWIN, Wir setzen unsere Becognoscirung fort. Der rechte Flii- gel unter Duprel mit seiner unsterblichen Seele kann uns nicht gefahrlich werden. Das Centrum unter Hartmann's unbewuss- ter Fiihrung hat sich wenig hiebfest erwiesen. Wir kommen jetzt zum linken Flugel unter Darwin. Der Darwinismus hat vier Phasen durchgemacht: a) Ursprung bei Wallace, dem bibelglaubigen Englander und Spiritisten, der, wie bereits gesagt den Menschen, von der directen Descendenz auschliesst; b) entwickelt durch Dar- win der sieh als antimosaischen Deisten gibt: c) ergriffen von den deutschen Forschern, die mit dem Eifer der Adepten die materialistisehe Seite hervorkehren , um den Atheismus wissen- schaftlich zu begrtinden, so dass Darwin sich veranlasst sieht, selbe von seinen Bockschossen abzuschiitteln ; d) zum Dogma erhoben von der rationalistischen Presse, die denselben als unumstosslich bewiesenen obligaten Schulgegenstand einfiihren mocbte, wenn nicht ernste Gelehrte, wie Vogt, Virchow, Na- geli etc. ihre Stimme gegen voreilige Ueberschatzung erbeben. Der Zeitungsbeweis ist ein mathematischer : Man nehme einen Pavian in Zuchtwahl mit sexueller Wahl seiner Gattin, verschliesse dieselben in ein Zeitungsbureau unter Vorbereitung der Existenzbedingungen , und nach kurzen 200.000 Jahren flndet man eiiien vollstandig reifen , schwanzlosen Bedacteur mit der gehorigen Anzahl Becensenten. Darwin selbst denkt nicht so harmlos iiber die Sache. Seine Devise bleibt immer die des unsterblichen Kleihonz! ^Nichts Gewissea 124 kann man nicht wissen". Ich setze voraus dass der Leser seine TVerke durchgenommen hat und beschranke mich auf folgenden Auszug : Die Entstehung der Arten wird von Darwin , nach einem der grossten englischen Philosophen , das Geheimniss der Ge- heimnisse genannt, und er gesteht die Schwache des men- schlichen Geistes fiir die Losung des Problems in folgenden Worten ein: ,,Daruber, dass noch so vieles iiber die Entstehung der Arten unerklart bleibe, wird sich Niemand wundern, wenn n er unsere tiefe Unwissenheit hinsichtlich der Wechselbeziehun- ,.gen all der um uns lebenden Wesen in Betracht zieht ,,Wie kann man erklaren, dass eine Art in grosser Anzahl und n weiter Verbreitung vorkommt, wahrend ihre nachste Ver- ,,\randte selten und auf einen engen Eaum beschrankt 1st. ,,Aber noch viel weniger Kenutniss haben wir von den unzah- M ligen Wechselbeziehungen der Bewohuer dieser Erdo, wah- ,,rend der zahlreichen Perioden ihrer einstigen Bildungsge- ^schichte. Wenn daher auch noch Vieles dunkel ist, und noch ,,lange duukel bleiben wird, so zweifle ich doch nicht daran, w dass die Meinung, welche die meisten Naturforscher hegen, ,,und auch ich lange gehabt habe, als ware namlich jede Spe- n cies unabhangig von der andern erschaffen worden, eine irr- M thumliche sei. Ich bin vollkommen iiberzeugt, dass die zu ^einer sogenannten Sippe ( Genus) gehorenden Arten in einer ^Linie von anderen, gewohnlich erloschenen, Arten abstammen M in der namlichen Weise wie die anerkannten Varietaten einer w Art Abkommliuge dieser Species sind. Endlich bin ich iiber- n zeugt, dass nattirliche Zuchtung das hauptsachlichste , wenn nicht einzige Mi^tel zur Abanderung der Lebensformen i i/ ^geweseu ist." Die erste Frage die sich uns aufdrangt, ist die: Hat der menschliche Geist Aussicht, dieses Geheimniss griindlich, ohne dunkle Eestitua, welche jede Hypothese fraglich machen, also mit der mathematischen Gewissheit, welche vom Eudlosen durch die Beschrankung des Punktes zu den Vorstellungslinien fiihrt, zu losen oder nicht? 125 Wir beantworten diese Frage mit Nein! J3enn, das Pro- blem der Entstehung der Arten 1st identisch mit dem der Entstehung der Atome nnd ihrer Bewegung aus dem gleich- formigen Urzustande, fiir welche wir keine Erklarung haben, und nach den zweiten Ignorabimus des Gelehrtentages auch me eine hoffen konnen. Bei dem Kalonymideh (siehe VI) 1st dies der erste und zweite von den fiinfzig Ignorabimus, den n nun scliare bina" der Ueberlieferung, welcher in dem Verse; Job, Cap. 38, Efo liajita lejasdi are,?. ,,Wo warst Du, als ich die Erde griinde- te" so ausgelegt wird; ,,Hast du den ersten Nervenpfad (siehe ebenda) des Universums begriffen, welcher die Fahigkeit hat, die unveranderliche Materie aus ihrer Einfachheit in eine zweite Form zu bringen?" ,,Efo ist zusammengesetzt aus E wo w und fo Mer. Job wird aufgefordert sich Eechenschaft zu ge- ,,ben iiber seinen Ursprung und den aller Wesen in der ersten ,,Ursachen und in dem obersten Willen (der Krone des Uni- ,,versums) als den beiden Urpotenzen des Baumbegriffes , des dunklen Wo und des ,,Hier". Darauf folgt der zweite ignorabismus : Mi sam mema- dea Jci teda: Wer hat ihre Maasse festgesetzt, dass Du es weisst: Dazu die Erklarung, wonach das hebralsche Min, Art aus Mi wer, herzuleiten ist: Wisse dass alle Wesen eine Begrenzung erheischen, fiir jede Art und fiir jedes Indivi- ,,duum gleicht wiederum kein Organ dem andern, wie das ,,Glied des kleinen Fingers unterschieden ist vom Schenkel, und wie diese Organe wieder in alien Arten verschieden sind". ,,In der Frage liegt dann die prophetische Erklarung: ,,Die Stufe des Mi, das ist die Vorstellung, Una, gibt diese Fahigkeit, denn die Hervorbringung des Seins, die Eepro- ,,duction, beruht auf der Tendenz der Veranderung durch die ,,Gesetze des Wechsek, die Formenbildung , a) negativ als Veranderung besteht dieselbe in dem Abstreifen der Form ,,und ihrer Vernichtung, welche aus dem ,,Mchts" komnit, dem obersten Willen, den wir Vernichtung nennen, subjectiv, r weil ihn unser Begriff nicht erreicht, bei ihm vernichtet 126 ; b) positiv als Formenbildung 1st sie die Kraft des n Seins, der Gegensatz der Vernichtung, die dem Stoff jeder ,,Art oder jedes Individuums die Anlage gibt, die Form zu n erapfangen, angedeutet in der Versen: Er bereitet und be- ,,wirkt die Strahlen der Sonne, er bereitet die Welt in der ,,Weisheit" indem die Vorstellung den Keflex empfangt aus der n Sonnensubstanz der Weisheit, als formloser Substanz und selbe M fahig macht, die Form und die Begrenzung den Individuen, w Arten und Variationen zu ertheilen, das Weltmass, welches ,,die Phantasie enthalt, durch welche die Aehnlichkeit herge- M stellt wird, sie wird das Ebenbili des Schopfers genannt, ,,d. h. die bildende und verfthnelnde Kraft, welche als Mei- ,,ster durch die Form toleologisch wirkt, nicht wie die Mate- w rialisten (Epikuraer) annehmen, dass alle Einzelformen nur durch den Oausalnexus von IJrsache und Wirkung entstanden ,,sind. Diesem Prototyp entsprechend miisseu sich die Systeme w der organischen Gmppen, der einfachen und zusammengesetzten M im Zusammenhange entwickeln, z. B. wenn die Species ,,Mensch bloss in der Vorstellung ware, und nicht dififerenzirt, .so ware die allgemeine Art verschieden, aber nicht die ein- w zelnen Organe, es "muss daher in der wirkenden Kraft die Anlage der einzelnen Organe vorgesehen sein, die hohlen und w festen etc. je nach Bedarf der einzelnen Species, wie sie ,,ihrem Yorbilde ontspricht, so dass wir diese Kraft, Schopfer, Former und Bildner nennen, welche die Bestimmungen der ^einzelnen Grenzen festsetzt, die Abweichungen in der Gestal- M tung der Organe, welche nicht dem Zufalle zugeschrieben w werden konnen, weil dagegenihre Uebereinstimmung spricht, w da die Glieder des Erwachsenen denen des Kindes, die des ,,Zwerges denen des Eiesen proportionell gleich sind ebenso ,,muss in dieser Kraft auch die Fahigkeit der Ungleichheit ,,existiren, durch welche sich die einzelnen Organe unterschei- n den, und dasselbe Verhaltniss herrscht bei den Steinen, ^Pflanzen, Thieren, Menschen, und Himmelskorpern, in der Macht der Ausdehnung . bis zu einer Begrenzung in Kaum und ,,Zeit. damit sie nicht ins Unendliche gehen." Wir sehen dass die Tosafisten sich eingehend mit dieser Frage beschaftigt haben und die wissenschaftliche Losbarkeit 127 derselben negiren. Ob damit das Darwin'sche System ganzlich negirt wird, oder vielmehr, welche Art der Richtigstellung dasselbc erfahrt, wird uns erst eiu Eingehen in dessen Details klar machen. Jedenfalls darf das jadische System nicht vorwechselt werden a) mit dem der Naturaltheologen , &) mit dem Fina- litatsprincip der blinden Vorbestimmung , c) mit demselbeii Princip der unausgesetzt thatigen Harmoniebestimmung , d) mit dem blinden Causalitatsprincip. Wer die Grundlehren der jiidischen Kosmosophie aus den im Eingange citirten Autoren E. Josef Karo und B. Mose Luzzato im richtigen Gesichtswinkel erschaut hat, wird ver- stehen, dass alien jenen Systemen drei Grundmomente fehlen: a) Die transcendentale Anschauung der iiber aller men- schlicher Erkenntnissfahigkeit stehenden Wesenheit des Scho- pfers als Absolutem. b) Die Freiheit der Weltentwicklung zur selbststandigen Begrtindung einer gewiinschten Gesetzmassigkeit. c) Der Impuls der von a ausgehend beide letzteren her- vorruft. Die Klarstellnng dieser Begriffe und ihrer Einwirkung auf die Darwin'schen Hypothesen soil successive versucht werden. Dass iibrigens die Frage iiber das Schicksal der Losungs- experimente und die negative Antwort das Eichtige getroflten hat. finden wir unverhofft bei Darwin selbst, Seite 137, be- statigt: Er sagt: Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich uoch, weim wir auf die Morgenrathe des Lebens zuriickblicken , wo alle organischen Wesen nach unserer Vorstellung noch die einfachste Structur besassen, wie konnten da die ersten Fort- schritte in der Vervollkommnung in der Differenzirung und iSpecialisirung der Organe beginnen? Ich vermag darauf kei- ne geniigende Antwort zu geben, sondern nur zu sagen, dass wir nicht im Besitze leitender Thatsachen sind , wesshalb alle unsera Speculationen in dieser Beziehung ohne Boden und ohne Nutzen sind." Den ersten Lehrsatz Darwin's bildet die Theorie von der Abanderungsmoglichkeit der Arten durch Domesticitat (hausli- 128 che Zucht) welche durcli die Abweichung der Einzelwesen einer Varietat unserer Cultur-Pflanzen und -Thiere unter ein- ander bewiesen scheint, well sie mehr hervortritt als bei Einzelwesen einer Varietat im Naturzustande. II. Diese Veranderungen entstehen im embryonischen Zustande, und ist es zweifelhaft , ob im Augenblicke der Emp- fangniss, oder in der ersten, oder in der letzten Zeit der Entwicklung des Embryos" Damit ist nun wieder die ganze Speculation der directen Durchsehauung entriickt in das unzugangliche Gebiet der Ee- production, das, wie Darwin gesteht, voller Geheimnisse ist. Dann fangen die discursiven Schliisse an, von denen tausend richtig sein konnen, ohne das Wesen der Sache zu streifen und angesichts des wirklichen Sachverhaltes hinfallig und iiber- fliissig werden. Die Unfahigkeit, einen einzigen philosophischen Gedan- ken zu reproduciren, erscheint bei Darwin geradezu als ein organischer Fehler seines Geistes, und man mag tiber den prak- tischen "Werth der philosophischen Systeme noch so abfallig urtheilen, das substantielle n Was" der Erkenntniss steckt ja doch nur in dieser Disciplin, der brillanteste Scharfsinn kommt iiber die Oategorie des n Wie" nicht hinaus, ist eine geistige Disposition zweiten Eanges, und der complicate Apparat der Darwin 1 schen Dialectik wird am wenigsten dem Talmudis- ten imponiren, der gewohnt ist, die scharfsinnigste und erdriick- kend reiche Casuistik des geistreichsten n Pschettl" als Spielerei zu betrachten. Es handelt sich ja schliesslich bei Darwin nicht um die untergeordr.ete Frage der Varietat, als vielmehr um die weitestgehenden Consequenzen der ganzen Schopfungsge- schichte, der Anthropologie, Ethik, Moral, der ganzen geistigen Errungenschaft der Menschheit, welche schliesslich im Pferde- stalle stecken bleiben. Am scharfsten tritt dieser Mangel, diese Einseitigkeit bei der Embryologie hervor. Dieses Problem hat seinen Adepten Haeckel so frappirt, dass er es dem nil admirari zum Trotz, wirklich zu einer staunenden Bewunderung des Eies gebracht hat, soviel ist ihm von seinem unbewussten religios-metaphysi- 129 schen Geftihle geblieben, aber die ErklSrung db ovo fangt mit dem ovum an, sonst bildet dieses eine Scheidewand in der Forschung, die init subjectiver Bornirtheit identisch ist, und es entsteht ein Bau, der je grosser angelegt, um so sicherer stiirzen muss, weil sein Fundament nicht sichergestellt ist. Wir begegnen in jedem Abschnitte bei den unbedeutendsten Lehrsatzen einer Unzahl von Zweifeln und dem Gestandnisse der blossen Wahrscheinlichkeit, z. B. Cap. V. Abanderung: n lch habe bisweilen von -den Abanderungen so gesprochen, als r ob sie vom Zufall veranlasst waren, eine Ausdrucksweise, die ,,nur geeignet ist, unsere ganzliche Unwissenheit iiber die Ur- B sache jeder besonderen Abweichung zu beurkunden. Einige n Schriftsteller sehen die Aufgabe der Eeproduction mehr in w der Hervorbringung individueller Verschiedenheit als der Gleich- ,,heit von Kind zu Eltern. Aber die viel grossere Yeranderlich- M keit der Culturorganismen und ihre viel haufigeren Monstro- ,,sitaten leiten mich zur Annahme, dass Abweichungen der ^Structur von der Beschaffenheit der ausseren Lebensbedingun- M gen, denen die Eltern unterworfen waren, in irgend einer ,,Weise abhangen, da das Beproductionssystem fiir derartig e ^aussere Yeranderungen sehr empfindlich ist, so dass ich dessen ^functionellen Storungen in den Eltern die veranderliche oder ^bildsame Beschaifenheit ihrer Nachkommenschaft zuschreibe. n Die mannlichen oder weiblichen Elemente scheinen da von n schon beriihrt zu sein vor der Vereinigung zur Bildung von n Abkommlingen. Dagegen sind wir inganzlicher Unwis- n senheit dariiber, wie es komme, dass durch Storung des ^Eeproductivsystemes ein Theil menr als ein anderer beriihrt ^werde. Dennoch gelingt es hie und da, einen schwachen ^Lichtstrahl aufzufangen, und wir halten uns iiberzeugt B dass es fiir jede Abanderung irgend eine, wenn auch geringe B Ursache geben miisse. Wie viel unmittelbaren Einfluss Yer- ,schiedenheit in Klima und Nahrung auf irgend ein Wesen n auszuiiben vermag, ist ausserst zweifelhaft. Ich bin iiberzeugt n dass bei Thieren die Wirkung ausserst gering, bei Pflanzen ^vielleicht etwas grosser ist. Man kann wenigstens sagen r s dass diese Einfliisse nicht die vielen trefflichen Anpassungen ,,hervorgebracht haben, die wir uberall erblicken. 9 130 Pag. 178. Zusammenfassung : Wir sind in tiefster Un- w wissenheit iiber die Gesetze, wonach Abanderungen erfolgen ^Nicht in einem von hundert Fallen diirfen wir behaupten, n den Grund zu kennen, warum ein Theil des Organismus vqn ..dem gleiehen bei seinen Eltern abweiche. Doch scheinen, wo n wir ein Mittel zur Vergleichung haben, dieselben Gesetze gewirkt zu haben. Dann gibt es aber noch yiele Wechsel- ,,beziehungen in der Entwickelung, deren Natur \vir durchaus n nicht im Stande sind zu begreifen. Folgen drei, Hypothesen, ,,die erste mit ,,vielleicht", die anderen mit ,,wahrscheinlich". ,,Cap. VI. Schon lange, bevor der Leser zu diesem Theile M meines Buches gelangt ist, mag sich ihm eine Menge von B Schwierigkeiten dargeboten haben, Einige derselben sind von ,,solchem Gewichte, dass Ich nicht an sie denken kann. ,,oh.ne wankend zu werden. pag. 200. Liesse sich irgend ein zusammengesetztes Organ nachweisen, dessen Vollendung n nicht durch zahllose kleine, aufeinanderfolgende Modificatio- n nen erfolgen konnte, so miisste meine Theorie unbedingt ^zusammenbrechen." Wir haben vorderhand genug an diesen Beispielen, urn die Zeitungsreclame, nach welcher Darwin den Stein der Wei- sen gefunden haben will, ins rechte Licht zu setzen. Es wird damit gerade so gehen, wie mit der Entdeckung der Mondbe- wohner in den Zwanzigerjahren, welche namentlich die Deut- schen in solche Verziickung versetzte, dass wenig zur Organisi- rung einer Billetdoux-Taubenpost an die demi monde im Monde gefehlt hat. Genug, dass so beriihmte Palaeontologen, wie Cu- vier, Agassiz, Barande, Falconer, Forbes, und Geologen wie Lyell, Murchison, Sedgwick etc. heftige Gegner der Davwin- schen Theorie sind. Da aber der Darwinismus die ganze Eiesenarbeit der moderuen Naturforschung umschliesst, so mtissen wir suchen, aus den vielen Schalen den fruchtbaren Kern zu finden, nach der talmudischen Eegel: Semol docha jemin mekarebet. mit der Liiiken abstossen, mit der Eechten i -i an sich ziehen. Wir kommen zur Grundlehre des Darwiniamus, zur Embryologie, welcher Agassiz tiefere Gesichtspunkte abzuge- 131 winnen weiss als sein Gegner, wie z. B. den tiefen Lehrsatz, dass die alien Thiere in gewissen Beziehungen den Embry- onen neuer Thiere derselben Classe gleichen oder dass die geologische Aufeinanderfolge erloschener Formen gewisser- jnassen der embryonischen Entwickelung neuer Forraen parallel lauft. Wer die rabbinische Lehre kennt, stosst hier auf das Gesetz, dass die Ordnung der chaotischen Geschopfe Olam haclmrban identisch ist mit dem embryonalen Prosopoenstande Ibur. Denn jede Entwickelung der hb'chsten Seine aus dem Kichts hat in dieser Lehre den embryonischen Zustand, nattir- Hch in hochst allegorischer Bildlichkeit durchzumachen, so dass die ganze Seinsentwickelungslehre unter dem Namen Sod Haibbur bekannt ist. Diesem Problemo steht der arische Forscher mit geradezu klaglicher Hilflosigkeit gegeniiber. Die Hartmann'schen Hilfstruppen fallen einander da von selber in die Haare. Die Theorie, dass das Unbewusste bei Hartrnann oder die Psyche bei Duprel den Organismus producirt und erhalt, ist wissensehaftlicher bewiesen, als die Darwin'schen Ver- muthungen es sind und wird durch die rabbinische Ueber- lieferung unterstiitzt. Wenn Darwin den rathselhaften Zustand des Organismus im Embryo zum Ausgangspunkte seines Sy- stems macht, so brauchte er dem Materialismus nichts zu vergeben, wenn er die Seelenthatigkeit dabei in Betracht ge- zogen hatte. Ist ihm der Begriff ,,Seele" zuwider, was iibri- gens nicht so der Fall ist, wie man das vorzustellen beliebt, so erscheint derselbe ja auch dem Materialisten mundgerecht in der biblischen Fassung w das Blut ist die Seele", den wir an anderer Stelle beleuchten und Darwin selbst erhebt den- selben unwillkiirlich zum Grundsatz, wenn er pag. 171 sagt: Nun ist zwar nach zwolf Generationen das Blut des einen ,,fremden Vorfahren nur noch 1 in 2048 und doch geniigt n nach der allgemeinen Annahme dieses ausserst geringe Bruch- M theil fremden Blutes noch, urn eine Neigung zur Eiickkehr ,,in jenen Urstamm zu erhalten". Blut ist also ein ganz be- sonderer Saft, dessen psychologische Kraft koine cheraische Analyse bloszulegen im Stande sein wird. Wenn dieses eine 132 Blutsprenkel so fernwirkeiid bleibt, dann 1st es doch geradezu kindisch, wenn wir nicht einen unbewussten Drang, ein my- stisches Vorwartsstossen annehmen wollen, auf die rein ma- terialistische Betrachtung des ausseren Embryostandes eine so weitgehende Hypothesenflucht zu griinden, Baut ja Dar- win mit in Bescheidenheit verhtillter List seine zum Dessert aufbewahrte Affenmenschtheorie auf die Aehnlichkeit der Embryonen. Wahrend nun Darwin einerseits weit entfernt ist von dem Fanatismus seiner Adepten, unterlasst er anderseits fast bei keiner Hypothese zu betonen, dass dieselbe ihre Haupt- beweiskraft aus der Schwache der gegnerischen Erklarung jener Fragen schopft und indem er die Mangel der Seinigen zugibt, finden wir ihn stets bereit, selbe zu Gunsten einer annehmbaren Erklarung aufzugeben. Die Embryonologie, als Uebergangslehre der Entstehung der Wesen aus einem dem Nichts sehr nahestehenden Zustande kann ein- fiir allemal nickt ander gelost werden, als im Zusammenhange mit sammtlichen Disciplinen, welche den Schleier zu lliften versucht haben, der die Gesetze des Sein, Vorsein, Nichtsein, der Entstehung und Entwickelung bedeckt ob selbe im Gewande der Philosophic, Psychologie, Mystik. Metaphysik oder der exacten Forschung auftreten. Der rein- materialistische Standpukt, der eingestandenermassen, bei dem Geheimniss der Geheimnisse anfangt, also mit unbekanten Gros- sen operirt, speculirt entweder auf blosse Schlagworter, die den blinden Pobel bethoren sollen, oder er arbeitet fiir den Mysticismus, dem er den speculation Geist in die Arme treibt. Wir kommen unausweichlich in das Gebiet der Seelen- theorie, die wir, wenn auch moglichst materialistisch als Grund- lage der Embryologie heranziehen miissen. Die Seele pro- ducirt sich den Organismus und bestiinde sie nur in dem 2048stel Tropfen Blutes, fiir die Eeproduction haben wir ia Cap. Ill bereits die lurjanische Psychophysenschwelle kennen gelernt. Der darwinische Seelenbegriif wird sammtlichen We- sen zugesprochen, und in der That sehen wir ja bei E. Ch. Vital den sogenannten Electromagnetismus als Universalmotdr 133 die Kolle einer Art Halbseele spielen. Wir brauchen nicht zu der barbarischen Anschauung des beriihmten Kepler zuriick- zugehen, wonach die Erde als ein Thier zu betrachten sei (ich. erinnere hier an die Auslegung von Ofan und Chaia auf Himmelskorper), welches Ebbe und Fluth durch semen Wech- sel zwischen Schlaf und Wachen produeirt, aber wir konnen nicht umhin, der Erde, welche so verschiedenartig beseelte Korper hervorbringt den Begriff Seele, sei es in welehem. Sinne immer, zuzusprechen. Nehmen wir dazu die uralte, von Luzzato definirte Theorie, von der Unabhangigkeit der Welten sich ein eigenes Dasein zu griinden, von den vergeblichen Yersuchen derselben, dieses harmonisch herzustellen, von ihrer chaotischen Zersplitterung und disharmonisctien Organismen- production, von dem als Spiritus rector wirkenden fernen Im- pulse der prastabilirten Harmonie, von dem stufenweisen, gleich- sam buchstabirenden Anstiege zu derselben, wie dies Luzzato deutlich den'nirt, so liaben wir ohne Anwendung eines anti- darwin'schen Apparates und ohne Heranziehung der Natur- philosophie gegriindete Aussieht, alle Schwierigkeiten zu Ib'sen. Die Frage, wie sich die Ueberlieferung mit dem Texte der heiligen Schrift in Einklang setzt, lassen wir als rein haus- liche Angelegenheit des Talmud vorlaufig unbertihrt. Die Fortsetzer Darwin's haben, urn eine Hauptliicke seines Systems auszuftillen, die Moneren zuerst erfunden und dann richtig in dem Bathybius gefunden, der ersten organischen Urform, mit einfachem Plasma, einer eiweissartigen Kohlen- stoffverbindung, die in zahllosen Modificationen den Trager oder Begleiter aller organischen Lebenserscheinungen bildet und als formloser Schleimklumpen in einer Tiefe von 12.000 bis 24.000 Fuss die Abgrtinde des Meeres bedeckt. Fur die Phy- siologie sind die Moneren ebenso unerl&sslich, wie die Molecule fur die Physik, die Atome fur die Chemie, die Monaden fur die Ontologie. Alle diese Begriffe sind fur die materialistische Naturwissenschaft, welche den Akosmismus und die speculative Philosophie am liebsten ins Narrennaus verweisen mochte, vermoge des Identitatsglaubens keine subjective, sondern real objective Potenzen. 134 Die Vermittlung zwischen Sein imd absolutem Nichts bilden die Monaden, als Concretionen des Absoluten. Die Maasse fiir unsere Begriffe liefern namlich die Zahlen. -welcha mit der Concretion der Monade ,,Eins" anfangen, beim Ein- dringen in das vor dieser liegende Gebiet der Abstraction ver- fallen (welifne ecfiad ma ata Safer), so dass uns das eigeut- iche nicht zusamraengesetzte Sein nach der jiidischen An- schauung (siehe Kalonymide) zuerst als relatives Nichts am, weiter zuriick als absolutes Nichts efes hamuchlet erscheint, wobei wir durch Intuition zu dem intelligiblen Eiickschluss gelangen, dass diese subjective Erscheinung eine optische Tau- schung bedeutet, in der sich uns das wahre Wesen, das Ursein verbirgt. "Wenn wir nun in folgerichtiger Consequenz des Dar- win'schen Monismus eine Monere suchen, aus welcher die ganze Erde mit alien ihren Korpern entstanden ist und anneh- men, dass diese Voraussetzung ebenfalls durch eine nachtragliche Entdeckung in noch grosseren Meerestiefen gerechtfertigt wer- den wird, so haben wir den Trager und Begleiter des ganzen Erdenlebens gefunden, dem wir durch den Biickblick auf uns selbst als Endproduct dieser Entwickelung irgend einen noch so rationalistischen Seelenbegriff zugesellen miissen und diesen Begriif haben wir in der von ihres gleichen substantiell getrennten Erdmonade (Malchut scheV assia) gefunden. Damit ware gleichzeitig das fiinfte Problem Hartmann-Duprel's gelost wie sich der Individualgeist zum Absoluten verhalt und zwar ohne die mystischen Schwefeleien Hartmann's da wir anstatt des riickwartigen Telephonanschlusses an das Absolute uns damit begniigen konnen, die Individualgeister in Verbindung mit dem Monadencentrum der Erdseele zu setzen, welche zum. Absoluten noch in einer respectvollen Entfernung steht. Die Ueberlieferung von der Erdseele kniipft Eisch Lakisch im Midrasch Eabba an den Vers: ^chor wekedem gartani, interpretirt denselben: Du hast mich zuletzt und zuerst ge-r schaffen, zuletzt, denn der Mensch tritt als Letzter in der Schopfung auf; zuerst: indem er den Vers: und ein gottlicher Geist schwebte tiber den Wassern, dahin deutet, dass daruntei:, die Seele des ersten Menschen, als collective Erdenseele zu Terstehen sei. Maimonides hat in seiner kiihn rationalistischen 135 Art, urn den antropopathischen Buchstabensinn durch einen transcendentalen zu ersetzen; Ruach mit n Luft u erklart, wel- cher als dem Amorphen unter den Elementen das Pr&dicat gottlich beigelegt werde. Im Ee chajlm wird nun diese Midraschtheorie tiefer aus- gesponnen, dass der Schopfungsstand der Erde mit dem em- bryonischen Zustande verglichen wird, in welchem die Seele in einem ahnlichen Zustande iiber dem Organismus schwebend gedacht wird, bevor sie sich in demselben entfalten kann, wie nach dem Tode merache fet = refacli = ibbur und met. Die Erdmonade schickt sich also an, ihren Organismus aus dem ihr durch den Schopfer gebotenen Monerenstoff zu produciren, mit der Tendenz, nachdem sie den Entwicklungs- gang von der Concretion aus dem Nichts zum unbewussten Seiii zuriickgelegt hat, denselben bis zu seinem Hohepunkt, dem bewussten Sein vervollkomnet im Menschen, zu Ende zu fiihren. Damit hatten wir gliicklich die Klippe passirt, an wel- cher die Darwin-Haeckelsche Theorie zerschellt, wenn sie an- ders als wissenschaftliche Erklaruug und nicht als Dogma auf- treten will. Denn selbst nach der Entdeckung des Bathybius miissen wir ja doch immer darauf zuriickkommen, dass einzig und allein die Langweile den Entwicklungsprocess der Welt in Bewegung gesetzt habe. Der Bathybius hat in seiner mo- nerischen Unschuld circa 500.000 Billionen Jahre, ungefahr in der Gegend des heutigen Baireuth, zugebracht und den Zukunfts- klangen der unendliuheu Melodie des grossen Meisters gelauscht bis ihm die Geduld riss und er sich an die 6'ffentliche Meinung erinnerte, welche glauben konnte, dass ihm etwas Menschli- ches passirt sei. In diesem Impulse rafft er sich auf einen Salamander zu reiben, aus dem nach und nach ein ungeheue- rer Affe entsteht, der spater in der Metamorphose in einen Schopenhauer'schen Universalkatzenjammer den Menschen er- zeugt. So und nicht anders Iftsst sich die moderne Kosmogenie an. Bei Haeckel der sich dazu verleiten lasst, naturphilosophi- sche Moneren zu suchen, fehlt der Motor, der diese aus der Euhe bringt, wogegen Darwin als vorsichtiger Tactiker sich 136 nicht soweit vorwagt, um nicht das naturphilosophische Gebiet streifen zu miissen, wo sein Latein zu Ende geht, oder glaubt man wirklich, dass Darwin die zwingende Nothwendigkeit, die zu diesem Begriffe fiihrt, nicht erfasst habe? Er fiiklt sich sicherer im Kreise seiner Variabilitat und escamotirt den lee- ren und doch so popularen Begriff ,,Zeit" als Motor der Ent- wicklung. Time is money und Geld kann Alles, also zum min- desten aus einem Floh einen Professor, aus einer der Serenade des Brautigams lauschenden Schimpansin eine Jenny Lind hervorbringen. Wer das nicht glauben kann, der ist eben kein uhverfalschter Arier. Die Darwin'sche Beweisfiihrung ist der reinste Humbug. Er zeigt 50 verschiedene Naturprocesse, von denen jeder ein- zelne eben so viele Divergenzen aufweist, die einander wider- sprechen. Und was bedeutet schliesslich dieses so reichhaltig scheinende Arsenal im Yergleich zu der uugeheuren Mannig- faltigkeit der Natur. Warum sucht Darwin seine Thesen nur bei solchen Arten, deren Beproductionsvermogen in erwiesen anormalem Zustande sich befindet, wie Hasen und Kaninchen, von denen die Alten glaubten dass sie einen Monat Mannchen den anderen Weibchen seien, von den Vogeln, die laut der Fossilienlekre iiberhaupt wenig in Betracht kommen, die Tau- ben aus w alii t, deren einseitig entwickelter Geschlechtssinn die- selben zur Ausnahme stempelt. A'on den Vierfiisslern den Hund heranzieht, dessen gute Eigenschaften durch einen abscheulich entwickelten abnormen Eepruductionstrieb verdunkelt werden, dessen Ursprung wohl darin zu suchen ist dass derselbe nicht wie Darwin im ersten Werke annimt, von einer fossilen Urart sonderu wie er im zweiten "Werke ahnt, als Bastard erzeugt ist. Wenn er aber glaubt, dass Fuchs und Schakal dessen Aeltern waren, so meint der Eabbinismus, dass der Hund em Bastard von wahrscheinlich chaotischen Bind und Esel (siehe Likutim zu Don Jadin) sei, und scheint das Wort \ / ' Keleb eigentlich Kilab auf den Ursprung Kilajim Bastard- mischung hiuzudeuteu. Dagegen lasst Darwin, die sich durch Stabilitat auszeichiienden Binder, Pferde und Esel etc, immer scheu bei Seite. Er betaubt den Horer durch eine furchtbare Instrmnentalmusik, deren zahllose Dissonanzen man schliesslich fur Musik halten muss, so dass der Tapfere kaum den schiich- ternen Einwand wagt, dass er die Schopfung schliesslich fiir ein Unternehmen halte das die Krafte eines Privatmannes iibersteigen diirfte und am Ende macht ihn der fortwahrende Verkehr mit diesen verschiedenen Affen, Beutelthieren und ikren zahllosen Variationen von Schmarotzern so blitzdumm, dass er sick fiir die Annabme der Theorie in Bausch und Bogen erklart. Seiner Pflicht gegen die Menschheit geniigt er durch die Reflexion, dass von den 600 Millionen Indo-Ariern jedenfalls 10.000 als unabhangige Denker sich ein freies Urtheil be- wahren werden, 580 Millionen mit Hilfe ihrer Pfaffen nie dazu konimen diirften, an ihre Menschenwiirde zu denken, also nur circa drei Percent als gebildeter Pb'bel ihrem Schicksale uberlassen bleiben. Dass Agassiz die Invariabilitat der Arten und sogar Ari- stoteles die Stabilitat derselben Letzterer mit Zuhilfenahme von Burmisters Beschrankung auf die Stabilitat der Materie durch einfache Auswechslung der einzelnen Verbindungsglieder desselben Apparates nachweisen konnen, braucht wohl nicht erst weitschweifig bewiesen zu werden. Da die Zeuguugslehre als unergriindlich.es Geheimniss ' die Frage der Arten nur ver- wirren und unlosbar machen kann, so sollte Darwin dieselbe auf dem Gebiete der Mineralogie und der Chemie losen, da soil er den Nachweis bringen, wie die unzahligen Arten und 105 Elemente aus einigen wenigen durch Zeugung und Zuchtwahl entstanden sind bis sich aus einem Kieselsteine und dessen in besonders gesegneten Umstanden befindlicher Gattin der voilkommenste Stein, der Diamant, entwickelt hat. Es handelt sich nun darum, in diesem Labyrinthe von Dichtung, Wahrheit und Thorheit, den Faden zu finden, der die Principien der jiidischen Kosmogenie mit den praktischen Eesultaten der modernen Forschung in Einklang bringt. Die Erdmonade hat das Bestreben, sich aus dem Unbe- wussten ins Bewusste zu entwickeln, oder wie es der Rabbi- nismus nsnnt, ein Buch zu schreiben umeelaw jikare, das sich selbst Host. &efer, Sofer, Sipur. Likute lor a Bechukotai Raw: 138 Sprache und Gedanken sind Bekleidungen der Seele, ,,denn so wenig wie die Luftwellen, welche durch die Organe n in Bewegung gesetzt, die Sprache tragen, als dem Wesen der Seele inharent betrachtet werden konnen, ebenso wenig sind ,,es die Buchstaben , aus denen die Sprache gebildet wird. Aber ,,auch der Gedanke ist nur eine Sprache der Seele und besteht ,,wie jene aus Buchstaben, da wir in Worten denken, dies ,,wird der niedere Gedankengang genannt: Machschaba tetaa. ,,Ueber diesem steht der hohere Gedankengang *7aa, wenn wir ,,blosse Ideen denken, wobei scheinbar keine Buchstaben in n Verwendung kommen. Dies ist jedoch eine Tauschung, nur M dass wir diese Buchstaben nicht wahrnehmen, weil sie aufs ,,Fein8te mit der Seele verkniipft sind. Der Unterschied zwi- M schen diesen drei Arten von Buchstaben wird klar durch ein r Gleichniss a von den Bnchstaben, die als Laute in der Luft gebildet werden, & von den Buchstaben die auf Papier nie- B dergeschrieben werden, wobei das Papier die Stelle der Hirn ,,tafeln luach libecha vertritt. Die Dinte, welche die Buchsta- ,,ben bildet, ist zwar dem Papier ebenso fremd, wie die ,,Schalllaute in a der Seele es sind, abev sie bleibt dennoch ,,mit ihr in engerer Verbindung, (wie man denn auch beim M Schreiben einen tieferen Gedankengang entwickeln kann, als w beim Eeden). Die hochste Kategorie der Ideenbuchstaben ist n zu vergleichen c zu den in Stein gehauenen Buchstaben, welche von der Substanz des Steines nicht mehr verschieden n sind. So sind die Buchstaben des Geistes eins mit der Seele, ,,da aber deren Wesen hoch liber dem bewussten Verstande M liegt, denn Verstand ist noch nicht die Seelensubstanz, son- n dern nur deren Thatigkeit, so haben wir ihr Wesen in dem ,,Vorverstande Kadmut Hasechel, dem Unbewussten Sechel Jianeelam zu suchen. Dennoch bleiben auch diese Buchstaben n von c immer nur etwas ausserliches , ein Kleid dor Seele, das M aus deren unterster Kategorie gewoben wird, wie das Schnec- n kenhaus kahdden Jcamze dilteuscheh mineh ubek, u gewisser- massen aus der psychophysischen Schwelle. Soweit der Chassid. Ganz nach diesem Vorgauge bildet sich die Erdmonade ihr Bewusstsein: Sie schafft zuerst die Bausteine, die Sprache, die Buchstaben, in dem anorganischen Kleide, das sie sich 139 anlegt, als Uebergangsstufe aus dem Unbewussteu zum Be- wussten. Um diese todten Buchstaben zu einem hb'heren Be- wusstsein zu bringen, bedarf es der Tone, welche zwar kein Bewusstsein, aber die Vermittlung zu einem solchen prasenti- ren und dera Pflanzenbe wusstsein entsprechen, dem zweiten Naturkleide. Das dritte sind die Gefiihle, welche zwischen Ton und geistiger Idee die Mitte halten, dem Thierbewusstsein entsprechen und endlich bildet der Mensch durch den Geist der alle vorhergehenden Kategorien in sich vereinigt, das Bewusstsein. Wir kommen nun zu dem leitenden Grundsatze der rab- binischen Kosmogenie von der Unabhangigkeit der Welten bei Auswahl ihres Daseins durch den Kampf zwischen Freiheit und Gesetzmassigkeit. R. Abahu sagt im Midrasch Eaba. ,,Der Schopfer sah, dass es gut sei." Die Ehre der Allmacht erschwert den Sinn dieses Verses, aber wir haben darunter zu verstehen, dass sie Welten hat entstehen und untergehen lassen, bis diese Welt entstand, indem der Schopfer sprach: Diese entsprechen mei- nem Willen, jene nicht. Den hanjan li, Hen lo Jianjan li. Den Grund, warum der Schopfung diese Freiheit eingeraumt wurde, deutet schon die Mischna Abot V. I. an, am deutlich- sten aber Klach, weil das Prototyp des Menschen als Mikro- kosmos die Willensfreiheit voraussetzt, welche nur auf diesem Wege hervorgehen konnte. Die Gesetzmassigkeit ist urspriing- lich identisch mit dem Daseinsfeindlichen , denn ihr eigent- licher Begriff ,,Dm" ist nur auf das einfache absolute Urseia anwendbar, denn Jede Beschrankung durch ein relatives Sein verstosst gegen die absolute Gesetzmassigkeit. Darum ist die erste Concretion gleichbedeutend mit dem Princip des freien Willens, welches die Vermittlung zwischen dem absoluten und relativen Sein bildet. Likute Tora ebda. Die Monaden im er- sten Concretionszustande fiihlen sich aber gleichsam zu dem Urquell des Seins, von dem sie nur durch die dtinne Grenze der Concretion geschieden sind, angezogen daher ihre Unlust zur selbststandigen Fortbildung, welche durch die Concretion erzwungen werden muss, wobei aber Anfangs haor meruba al hakeli, das Sein sich ia keine entsprechende Form emschlies j >- 140 sen will, so dass die Formen untergehen, weil sie die Seins- fiille nicht ertragen konnen. Ganz denselben Yorgang offenbart uns die Geologie: Zuerst Kryptogaraen von den niedrigsten Formationen in unformlichster Grosse und genau so bei den Thieren, wo sich uns noch ostentativer der von Luzzato be- schriebene Hang zur disharmonischen Monstrositat, zum Formen- knauel zeigt, wie beim Dynotherium, Hippotherium, Megathe- rium, Toxodon , welchem absolut kein Platz angewiesen werden kann, zwischen alien bis jetzt bekannten lebenden oder fossi- len Formen. Dieses plumpe Monstrum als Knauel aller Formen wirft die ganze Darwin'sche Theorie iiber den Haufen und beweist die Ueberlegenheit der tiberlieferten Luzzatinischen. Durch diese vom Schopfer gewahrte Freiheit begeht nun die Schopfung einen Fehler nach dem andern, wie sie der Talmud aufzahlt: Am zweiten Scho'pfungstage erlangt die Atmosphare die ilir vorgeschriebene Bildung nicht. so dass es an diesem Tage nicht heisst, dass es gut sei. Am dritten ver- fallt die Erde in Ungewissheit iiber den Begriff Species" der so harmlos zu sein scheint, und doch nach dein Urtheile aller heutigen Forscher , und dem Kalonymiden, ein ewiges Ignora- rabimus bleiben wird. "Wie schon Easchi nach dem Midrasch bemerkt, waren die Kryptogamen (Deschaim) in Ungewiss- heit ob sie in verschiedenen Species erscheinen sollten, wie die Baume, bei welchen wiederum eine andere nicht beab- sichtigte Variation eintrat. Merkwiirdig ist die Ueberlieferung des Eabenu Bechaja (1200) zu dieser Stelle, welcher berichtet dass die Pflanzen der ersten Schopfung sammt und sonders untergegangen seien, so dass im zweiten Capitel von einer neuen Schopfung derselben die Eede ist. Am vierten Schop- fungstage, mit welchem der Begriff unserer Zeit noch nicht beginnt, trotzdem die Himmelskorper in Function treten, ereig- net sich eine vollstandige Umwalzung, durch den Sturz und relativen Tod des Mondes (man denafil midargeh Jcaruj met, der Eangsturz gleicht dem Tode.) Der Talmud tiberliefert, dass der Mond urspriinglich ein Himmelskorper von der Grosse der Sonne gewesen sei, der erst durch Verkleinerung seine jetzige Stelle eingenommen habe , wie denn nach dem Kalo- nymidi'schen Gesetze, die Himmelskorper genau denselben 141 Wandlungen und Wachsthumsgesetzen unterworfen sind, wie< die tellurischen. Dafiir hatte der Mond eine Menge Begleiter erhalten. (hirba sebaeha} Durch diese Thatsache ware erstens 'die Liicke zwischen Mercur und Mars erklart, zweitens der rathselhafte Ursprung der Asteroidenbruchsterne , als Theile der alten Mondsonne , drittens das eben so rathselhafte Auftre- ten der Eiszeit, durch die Mondkatastrophe , nach der ebenso wenig erklarten ungemein hohen Temperatur der vorhergehen- den Epochen. Jedes Chederkind weiss, dass Licht, Warme und Zeit der ersten sechs Schopfungstage nicht von Sonne und Mond abhingen, da wie Easchi lehrt, wahrend derselben das verborgene Urlicht functionirte , folglich auch andere Wa'rme- und Zeitverhaltnisse herrschten. Zum Uebrigen berichtet der Midrasch noch, dass der Jahresumlauf erst vom siebenten Schopfungstage mit dem jetzigen iibereinstimmt , eine Ansicht (Likute Tora) beruft sich auf den Vers: Jesaia 66. w Denn so wie die neuen Himmel vor mir stehen", dass di Himmels- korper in der ersten Periode keine oder nur unmerkliche Be- wegung hatten. Schliesslich wird Vogt's irrige Voraussetzung dass nach der heiligen Schrift die Erde ohne die Himmels- korper bestanden habe, durch Easchi wiederlegt, welcher an- gibt, dass bei Erschaffung des Himmels am ersten Tage auch die Himmelskorper erschaffen wurden, abet erst am vierten Tage ihre Leuchtkraft erlangten. Dass die Erde die Entwick- lung schneller durchgemacht hat, als alle tibrigen Himmels- korper und der einzige in seiner Art entwickelte zwischen alien sei, wird ja auch von der Forschung zugegeben, sie ist demnach die alteste. Daher ist es inconsequent ihr eine Aus- nahmstellung abzusprechen , und abgesehen davon, dass alle Naturforscher unwillkurlich die Natur ausser jedem Zusammen- hange mit der sie umgebenden Aussenwelt behandeln, ist an der Entgegenstellung von Himmel und Erde um so weniger etwas zu makeln, als die Erde in ihrer urspriinglichen Atom- form gewiss den ganzen Platz des jetzigen Sonriensystems eingenommen hat, was einleuchtet, wenn wir berechnen, dass unter den jetzigen durch den Gegendruck der Gravitation so enorm verringerten Spannungsverhaltnissen das Wasser dennoch schon im dampfformigen Zustande einen 1728 mal grosseren 142 f Baum einniramt, welcher im Atomzustande ohne Gegendruck ine fiir unsere Begriffe unendliche Ausdehnung erlangt. Was nun die Schopfungszeit betrifft, so erklart der Verfasser von Porta coeli der spanische Exadmiral Herrera, Schiller des E- Israel Saruk urn 1596 die Tage ausdriicklich fur Perioden. Ebenso in dem alten Sod Mescharim Glossen zu Baschi Jesaia: Der Hiiter spricht, es kommt der Morgen: der sich darauf beruft, dass die ersten Schopfungstage ^hne die Sonnenubr unermessliche genannt werden konnen. Es ist daher ein Anachronismus im Anfang der Schopfung von Millionen Jahren zu reden, und wo ist der Newton, der die Gravitationstheorie nachtraglich fiir die im gasformigen Zustande belindlich gewe- senen Himmelskorper dictirt. Ein merkwurdiger Hellblick des Prager Babbiners E. Awigdor Karo, gest. 1439. verdient noch der Erwahnung: In seinem Werke, Kauah. pag. 63 gibt er eine herrliche Erklarung der Entstehung der verschiedenen reinen und unreinen Thierarten, ohne dass wir mit Darwin zu glauben brauchen, dass Tiger und Schaf durch keinerlei Cha- raktereinfliisse sondern durch blosse Zuchtwahl sich so ver- schiedenartig ausgebildet haben, und berichtet dabei, dass die Fische der ersten Schopfungsepoche angehoren. Woher konnte dieser Babbiner, der wahrend der grausigen Massacres doch wohl keine Gelegenheit hatte bis zu der palaozoischen Schichte zu kommen, nun ! befahigt 47 n 2 n n n Paracelsus, Leibarzt Paracels us, Leibarzt 49 n 4 ' unten n Gefiihlsperzeptionen ,, Gefiihlsperceptionen 50 n 13 n n n organismus n n Organismus 55 n 19 n n n Nichtig n n Nicht ieh 60 n 9 n n n n weisen mir" n n weisen wir 63 n 7 oben magnetichen n n magnetischen 64 n 4 n n Euhmes n Ruhmes, 67 n 3 n n n bleib n n bleibt 67 n 12 n n n Culturvolkren n Culturvolkern 68 n 6 n n n das n n dass 68 n 12 n Seelle n Seele 70 n 2 unten n eine dritte Ergan n eine Ergan 71 n 8 oben n Hartmannes n Hartmann es 74 n 1 unten ist ganz zu streichen , dagegen soil es heissen: auf- tritt so 1st es nach der neuesten Eichtung der psycho 76 Eeihe 19 von oben anstatt ,,dam" soil heissen: dem 77 n 8 n n n wejeetaju wejeetaju 78 ti 2 unten n da n das 84 n 7 n n n heft n n Heft 97 n 13 11 TI dem unteren n n dem am unteren 99 n 17 n n n Fs werden n Es werden 103 ti 13 oben n zum gehen n zum Gehen 103 n 7 unten n Gleichiss Gleichniss 119 n 6 soil nach: das Grosse eine) stehen ; y^'^^- ^*ViC 3T '.. .