c/ # Allgemeine und Handels-Geographie. Ein Lehrbuch fur kommerzielle und tcchnische Lehranstalten, fur Raufleutc und Industrielle von ' "* ' : 2*| Dr. V. F. KLUN, Professor der Geographic und Statiitik an der Wiener Handels-Akademie etc. etc. Zweite verbesserte Auflage. 1. Theil: Allgemeine Geographic. WIEN. Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn. 1860. Allgemeine GEOGRAPHIE. Von Prof. Dr. V. F. RLT.V Zweite verbesserte Auflage. WIEN. Druck undVerlag von Carl Gerold's Sohn. 1860. ! f if 1 Seiner Ilocliwolilgeboren, HERRN HERRN Medrich Schey, Edlen von Koromla, PrSsidenten des Verwaltungsrathes der Wiener Handels-Akademie, grossherzogl. hessischen General-Consul, Commandenr des grossherzogl. hessischen Philipp-Ordens, dcs kon. gric- <"hischen Erloser- and des kon. hannorer'schen Guelphen-Ordens, Censor der priv. osterr. Nationalbank, Verwaltnngs- rath der Kaiserin Etisabeth-Westbahn, der k. k. priv. Theissbahn und der n. o. Escompte-Gesellschaft, k. k. Bor- senrath, Mitglied der n. o. Handels- und Gewerbebmmer, der Inventur- und Schatzungs-Commission ett. in besonderer Hochachtnng gewidmet Ver f asser. 11797v59 Yorrede zur ersten Auflage. Jedes Lehrbuch soil aus der Schule hervorgehen. Nur die gemachten Erfahrungen sind massgebend in Bezug auf das Was und das Wie des zu behandelnden Stoffes, d. h. wie viel aus dem Gesammtschatze der Wissenschaft herausgehoben, - - in welcher Form das Herausgehobene zu einera Ganzen verbunden und der Jugend geboten werden soil. Bei Verfassung des vorliegenden Lehrbuches hatte ich zu- nachst jene Kategorie unserer Mittelschulen vor Augen , welche unmittelbar fur das Leben, fiir den Verkehr in Handel und Gewerbe die Jugend vorbereiten , d. h. unsere Handels- und Realschulen. Fiir das Wie viel" des zu behandelnden Stoffes war mir das im Organisations-Statute der osterreichischen Realschulen ausgesprochene M Ziel" massgebend , namlich : Ueber- sichtliche Kenntniss der Erdoberflache nach ihrer natiirlichen und politischen Eintheilung und nach ihren fur Gewerbe und Handel wichtigsten Beziehungen. Genauere Kenntniss des osterreichischen Staates." In der obersten Klasse wird ein tieferes Eingehen in die Handels- und Industrie - Statistik Oesterreichs im Vergleiche mit den ubrigen Hauptstaaten" gefordert. Nach dieser Feststellung des Standpunktes und desAus- masses des zu behandelnden Stoffes kame die Frage des Wie" oder die Methode der Darstellung und Behandlung zu besprechen. Das Wachsthum der geographischen Wissenschaft und die Theorie ihrer Behandlungsweise sind stets Hand in Hand gegangen ; hier handelt es eich jedoch zunachst um die in einem Schulbuche zu beachtende Methode. Ich schliesse mich im Allgemeinen jenen Lehrern an, welche fQr die Volksschule ein syn t h e tisches Verfahren , fur die reifere Altersstufe hingegen die analy- tische Methode als passend befflrworten. Da vorliegendes Buch fur die ^reifere Alterss tufe" berechnet ist, so habe ich den topischen Theil , die Grundlage des ganzen geographischen Unter- richtes , zusammenhangend behandelt. Nur durch das Zusarnmen- VIII fassen der zusammengehorigen Theile gewinnt der Schiller eine Total- Uebersicht ; die Zerstuckelung der Gebirge , des Flussge- aders, iiberhaupt der natiirlich zusammenhangenden Gebiete kann hingegen niemals einen Ueberblick gewahren und erschwert jede Vergleichung, welche allein ein tieferes Eindringen ermoglicht. Dass bei der Beleuchtung der horizontalen und vertikalen Verhalt- nisse , bei der Oro- und Hydrographie auf deren Einfluss fiir den Verkehr besonders hingewiesen wurde, ist durch den bezeichneten Standpunkt des Verfassers begriindet. Besitzeri die Schiller eine moglichst klare Uebersicht der Erdoberflache, dann gehe der Lehrer zur Betrachtung der Theile der Erdrinde und der Naturgegenstande auf dereelben nach ihrer inneren natiirlichen Verbindung und Ver- wandtschaft, d, h. auf die physische Geographic, welche wohl erst dann mit Erfolg gelehrt werden kann , wenn die Schiller auf der Karte im grossen Ganzen sich zu orientiren vermogen. In der politischen Geographic ist auf die Betrachtung der physischen und technischen Kultur der Schwerpunkt ge- legt worden. In wenigen, moglichst scharfen Ziigen suchte ich die natiirliche Beschafienheit des Bodens zu charakterisiren ; auf diese sich stiitzend folgt die Beleuchtung der Tbatigkeit der Menschen in Hinsicht anf Landwirthschaft , Gewerbe und Handel und zum Schlusse mit wenigen Strichen ein Bild der geistigen Kultur. Mein Streben war , statt der trockenen Aufzahlung von ,,Merkwiir- digkeiten," iiberall ein ,,Kulturbild von Land und Leuten" zu geben. Hier war allerdings ein Masshalten in Zahlenangaben u. dgl. dringend geboten; r andernseits aber sind eben Zahlen der Beweis fur das Vorwartsschreiten oder den Rtickschritt. Die sta- tistischen Materialien haufen sich massenhaft; wir besitzen volu- minose Compendien iiber einzelne Zweige der Statistik , aber fiir wen? fiir Fachmanner! Statt der nur unzusammenhangenden Daten oder leeren Phrasen (,,gewerbreiche Stadt," M treibt Han- del" u. s. f.) sollen nun Baumaterialien fur ein selbststandiges Schaf- fen geboten werden. Es liegt durchaus nicht in der Absicht des Verfassers alle im Buche vorkommenden Angaben w auswendig lernen" zu lassen; ein Lehrbuch soil nur das Materiale an die Hand geben , welches die Schiller zu verarbeiten haben ; es soil ihnen hiedurch Gelegenheit zur Selbstthatigkeit geboten werden. Man lasse z. B. die Schiiler tabellarische Uebersichten verfassen, das Analoge zusammenstellen und mit andern Staaten vergleichen. Ich erlaube mir meine Ansicht an einem Artikel bei- spielweise darzulegen und wahle ,,die Baumwolle," wobei nach und IX nach folgende Fragen zur Beantwortung kamen: Geographischer Verbreitungsbezirk der Baumwolle; die wichtigsten Produktions- lander ; Markte; Wege, auf welchen, wohin und beilaufig in welchen Quantitaten sie verfiihrt wird ; Platze der Verarbeitung ; wesentliche Kennzeichen der Fabrikate in einzelnen Industrie- kreisen ; Uebersicht der Baumwoll - Industrie in Oesterreich, in Deutschland, Frankreich u. s. f. ; Uebersicht der Baumwoll- Industrie in West-Europa; Vergleich zwischen der deutschen und f'ranzosischen Baumwoll-Industrie u. s. w. Es gibt Hundert Vergleichsraomente , die sich dem denkenden Lehrer aufdringen. Haben die Schuler unter Anleitung des Lehrers nur Einen Indu- striezweig ausgearbeitet, das Weitere kann man in dieser Richtung getrost dem Privatfleisse iiberlassen. Es wird dadurch kein todter Gedachtnisskram , sondern ein lebendiges , fruchtbares Wissen er- zeugt. Der Schuler gewohnt sich an Selbstthatigkeit, die gewonnenen Resultate sind wirklich seine selbststandige Arbeit. Mit derlei vergleichen d en, s elb st standi ge n Arbeiten kann sofort begonnen werden, sobald nur einige Partien vorgetragen wor- den sind; in der Folge erweitern sich die Vergleiche und werdeu um so anziehender und belehrender, je mehr Lander man nach und nach zu vergleichen in der Lage ist. Wie interessant sind schon die Vergleiche zwischen dem Westen und Osten Oesterreichs, zwischen den industriellen Kronlandern mit den vorwiegend agri- kolen. Dass zu derartigen Vergleichen nur die bedeutendsten In- dustrie- und Handelsstaaten hervorzuheben , wahrend die minder wichtigen mehr cursorisch zu behandeln waren (die aber wegen der Vollstandigkeit in einem Lehrbuche doch moglichst genau be- handelt werden miissen), versteht sich wohl von selbst. In dieser Weise behandelt wird das Lehrbuch , das ja niemals zum mecha- nischen Memoriren verwendet werden darf, sicherlich nicht zu viel enthalten. Andernseits ist ein derartiges Lehrbuch kein ..Adressen- buch," in welchem jede Fabrik u. dgl. verzeichnet stiiode; es soil nur eine Charakteristik desLandes in seinen bedeu- tendsten Beziehungen geben. Das gleiche gilt von Zahlen- angaben, welche so haufig wechseln; an manchen Scellen habe ich die Angaben aus mehrfachen Griinden in Prozenten ausgedriickt. Eine ausfuhrlichere Hervorhebung und Verarbeitung des handels- statistischen Materials , insbesondere der grosden Handelsstaaten, mit spezieller Riicksicht auf Bezugs- und Absatzorte, Kouamunika- tionen, das Bank- und Versicherungswesen, den Welthandel in den bedeutendsten Natur- und Kunstprodukten u. s. f., wird im zwei- ten (selbststandigen, zunachet nicht fiir die Mittelschule bestimmten) Theile folgen, wobei ich das Verhaltniss der ,,Allge- meinen" zur ,,Handelegeograpbie" darzulegen mich bestreben werde. Dass Oesterreich ganz besonders beriicksichtigt wurde ist wohl begreiflich ; sein Vaterland kennt man niemals zu genau und die genauere Kenntniss des Vaterlandes erhoht noth- wendigerweise die Liebe zu demselben. Zunachst wurde auf D eu t s ch- land, das grosse Bruderland, spezielle Riicksicht genommen, sowie auf die wichtigen Industri estaaten, wobei die zuganglichen neuesten Daten als Grundlage der Betrachtungen nach Thunlich- keit beniitzt worden sind. In wie weit die That dem redlichen Willen entspricht mogen kompetente Stimmen entscheiden ; fiir jede Belehrung werde ich dankbar sein. Ebenso spreche ich den Herren Sekretaren der osterreic hi schen Han delskammer n , welche mich durch freundliche Mittheilungen unterstiitzten , meinen besten Dank aus. Moge dieses Buch zum Besten des Aufbliihens unserer Schu- len und dadurch des Gesammtvaterlandes auch ein bescheidenes Scharflein beitragen. Wien, 13. April 1860. Der Verfasser. Yorredezurzweiten Auflage. Die gunstige Aufnahme , deren sich dieses Lehrbuch sowohl bei Schulmannern als auch in kommerziellen und industriellen Kreisen erfreute , machte schon nach wenigen Monaten eine neue Auflage nothwendig, und zwar noch vor dem Erscheinen des 2, Ban- des des Werkes. Zu einer wesentlichen Aenderung in An- lage, Methode und Stoffvertheilung war kein Grund vorhanden; dagegen habe ich die von Fachmannern, insbesondere von dem um die geographischen Studien in Oesterreich so hochverdienten kais. Rath Steinhauser mir ertheilten Winke und gemachten Bemer- kungen thunlich beriicksichtiget, wodurcb, wie ich hoffe, diese Auf- lage in der That zu einer ,,verbessert e n" ward. Fur weitere begrundete Bemerkungen der Fachgenossen werde ich recht dankbar sein und dieselben bei einer allfallig folgenden Auflage beriick- sichtigen. Die Verlagshandlung hat den Preis des Buches bei dieser Auflage um mehr als 40% h er abges e tzt. Wien, 23. September 1860. Der Verfasser, Einleitung. g. 1. Allgemeiue Vorbegriffe. Die Geographie oder Erdbeschreibung lehrt uns die Oberflache der Erde kennen. Wird die Erde als ein Korper im Weltenraum und deren Verhaltniss zu andern Weltkorpern betrachtet, so heisst sie astro- nomische (mathematische) Geographie. Die t o p i s c h e Geographie beschreibt die Theile der Erdober- flache bloss nach ihrem ausseren, raumlichen Zusammenhange; die physische hingegen betrachtet die Theile der Erdrinde und die Naturgegenstande auf derselben nach ihrer inneren, natiirlichen Ver- bindung und Verwandtschaft. Die politische Geographie schildert die Erde als den Schauplatz fur die Entwickelung des Menschenge- schlechtes, und ihr Inhalt andert sich wie das Schicksal der Lan- der und Volker. Hinsichtlich des Zweckes , den man mit der Darstellung er- reichen will, wird das demselben Enteprechende aus dem allgemei- nen geographischen Stoff hervorgehoben und daher die Benennun- gen : landwirthschaftliche, Industrie-, Handels-, Militar-Geographie. Unter Handels-Geographie versteht man die Beschrei- bung der Erdoberflache, insofern diese als Schauplatz der Handels- thatigkeit der Volker auf Grundlage der Urproduction und Industrie betrachtet wird. lilun's Handels-Geographie. 2. Aufl. I. Astronomisclie Geographie. A. Die Erde als mathematischer Korper. . 2. Vorbegriffe. Die Erde hat die Gestalt eines Spharoids, d. i. einer an zwei entgegengesetzten Stellen abgeplatteten Kugel. Denkt man sich eine gerade Linie durch den Miuelpunkt der Erde, die diese zwei Stellen verbindet und dadurch der kiirzeste Durchmesser des Spharoids ist, so ist diese Gerade die Erdachse, und deren End- punkte sind die Pole dea Erdkorpers. Achse nennt man sie, weil sie jene Linie ist, um welche sich die Erde ohne Aufhoren gleich- formig dreht. Wegen der Kugelgestalt der Erde kann man nur einen klei- nen Theil von dereu Oberflache auf einmal iibersehen. Diejenige Kreislinie nun, in welcher sich von jedem Standpunkte der Be- trachtung aus gesehen Himmel und Erde zu beriihren scheinen, heisst Gesichtskreis oder Horizon t. (Schein barer, wirklicher.) Er wird in Welt- oder Himmelsgegenden eingetheilt, Die Richtung, in welcher die Sonne (am 21, Marz und am 23. September) aufzugehen scheiut, heisst Osten (Orient, Morgen), wo sie unterzugehen scheint, West en (Occident, Abend), wo sie zu Mittag uns erscheint, Sii den (Mittag), und dem Suden gerade gegeniiber, oder die Richtung, in welcher zur Mittagszeit unser Schatten fallt, Nor den (Mitternacht). (Nebcmveltgegenden : NO, NW, SO, SW; Zwischenweltgegenden: NNO, ONO, OSO, SSO, SSW, WSW, WNW, NNW; Magnetnadel, Windrose, Kompass.) Eine kunstliche Erdkugel heisst Globus. Landkarten stel- len grossere Abschnitte der Erde stark verkleinert vor (20.000mal bis viele millionenmal); Plane kleinere Erdabschnitte, aber in geringerer Verkleinerung; Seekarten sind verkleinerte Darstellun- gen ganzer Meere oder einzelner Bestandtheile derselben. Um die Lage eines Ortes auf der Erdoberflache zu bestimmen, denkt man sich dieeelbe mit einem Netz von Linien (Gradnetz) uberzogen, welches mit dem Netz, das auf dem Globus zum Theil wirklich gezogen ist, iibereinfetimmt. In gleicher Entfernung von den beiden Polen (Nord- und Siid- pol) ist auf dem Globus eine Kreislinie gezogen , welche die Erd- kugel in eine nordliche und eine sudliche Halbkugel (Hemisphare) theilt, und der Aequator (der Gleicher, die Linie) heisst. In stets gleicher Entfernung vom Aequator (parallel mit die- sem) laufen um die Erde Kreislinien, welche um so kleiner werden, je naher sie den Polen kommen; sie heissen Parallel- oder Breitenkreise. Andere Kreise werden um die Erde in der Weise gezogen, dass sie dutch beide Pole gehen und den Aequator nebst alien Parallelkreisen rechtwinklig durchechneiden. Diese unter einander gleich grossen Kreise heissen Meridiane, Mittags- oder Lan- genkreise. . 3. Grtissenverhftltniss. Den Aequator theilt man, wie gewohnlich den Umfang eines Kreises, in 360 Theile, Grade genannt. Der 15. Theil ernes solchen Grades gilt als die Lange einer deutschen oder geographi- schen Meile. Das ubliche Meilenmass ist je nach den Landern von verschieclener Liinge*). Ein Grad () wird dann in 60 Minuten ('), diese in 60 Secunden (") u. s. w. eingetheilt. Der Aequator oder cler Umkreis der Erde ist eomit gross: 360 X 15 = 5400 deutschen Meilen. Dividirt man den Umkreis der Kugel durch die Z-wcZo//'sche Zahl n = 3.14159 ..., so ist der Durchmesser des Aequators 5400 : 3.14159 1718.843 deutschen Meilen gross. Die Abplattung der Erde an den Polen ist beilaufig 1 : 299; demnach ist der Polar- Durchmesser oder die Erdachse um etwa 5.75 kleiner als jener des Aequators, also beilaufig 1713 deut- sche Meilen gross. Multiplicirt man den Erddurchmesser mit dem Umfang des Aequators, so erhalt man den Flacheninhalt der Erdober- flache, also : 1718 X 5400 = 9,277.200 Quadratmeilen, imd mit Rucksicht auf die Abplattung = 9,260.500 Quadratmeilen. Wird der Flacheninhalt der Oberflache mit % des Durch- messers multiplicirt, so erhalt man den korperlichen Inhalt (Kubikinhalt) der Erde ; somit I *T1 Q 9.260,500 X 4r = 2651,589.833 Kubikmeilen. *) Die wichtigsten Meilenmasse sind: 1 des Aequators = 15 geographischen Meilen. 14 67 osterreichischen Meilen (a 4000 Klafter). 11. 13 franzosischen oder belgischen Myriametern. 25. 00 franzosischen Lieues. 20. 00 franzosischen Lieues marines oder englischen (Sea- League) Seemeilen. 69., 6 englischen Statute Miles. 73. 00 englischen gewobnlichen Meilen. 60-Qo englischen geographischen oder Nautical Miles. 69., 8 nordamericanischen Miles. 14. 78 preussischen oder danischen Meilen. 20. 03 belgischen oder Brabanter Meilen. 10. 87 schwedischen Meilen. 104.33 russischen Wersten. 74. 47 r6mischen Meilen. 66. e , tiirkischen Berri. zehnmillionte Theil des Meridian - Quadranten = 1 franzSsischen Meter. 1 Meter = 3- M8116 Wiener Fuss. 0., = Decimeter. O-oi n = Centimeter. -ooi = Millimeter. 10 Meter = Decameter. 100 = Hectometer. 1000 = Kilometer. 10000 - = Myriameter. 1* . 4. Entfernung einzelner Punkte auf dcr Erdoberflache. Dutch jeden Punkt der Erdoberflache lasst sich ein Meridian ziehen. Da aber der Aequator in 360 Grade getheilt wird, so denkt man sich durch alle diese Theilungspunkte Meridiane gezogen, und erhalt somit 360 Meridiane. Einer derselben wird als Nullmeridian angenommen, welcher die Erde in eine ostliche und eine westliche Halbkugel theilt, weil man haufig nicht bis 360 fortzahlt, sondern 180 nach Osten und 180 nach Westen*). Die Entfernung ei- nes Ortes vom Nullmeridian heisst geographische Lange, und ist demnach eine ostliche oder westliche. Durch jeden beliebigen Ort kann man sich auch einen Breiten- kreis gezogen denken. Der Theil eines Meridians, der vom Aequa- tor bis zum Pol reichi, ist der vierte Theil des Kreises (Quadrant), und somit 360 : 4 = 90 gross. Denkt man sich nun durch jeden dieser Grade des Quadranten einen Breitenkreis gezogen, so erhalt man auf der nordlichen Halbkugel 90, und eben so viele Kreise auf der sudlichen ; der Aequator selbst ist der Null- parallel. Die Entfernung eines Ortes vom Aequator ge- gen einen der Pole zu heisst geographische Breite, und ist eine nordliche und eine siidliche. Jene zwei Parallelkreise, welche 23 30' vom Aequator entfernt auf der nordlichen und auf der sudlichen Halbkugel liegen, heissen Wendekreise (nordl. Wendekreis des Krebses, siidl. Wende- kreis des Steinbockes); jene zwei, welche 23.30' von den Polen ent- fernt liegen, nennt man Polar kreise (nordl. arktischer, siidl. antarktischer). Zwiscben diesen Kreisen liegen die mathematischen Zonen, und zwar zwischen den beiden Wendekreisen die heisse, zwischen den Wende- und den Polarkreisen die beiden ge mas- si g ten, und um die Pole herum bis zu den Polarkreisen die bei- den kalten Zonen. Die Entfernung eines Ortes von einem andern, oder tiberhaupt zweier gegebener Punkte auf der Erdoberflache kann auf dem Glo- bus oder den Land- und Seekarten durch Messungen gefunden werden. Alle Meridiane sind als grosste Kreise unter einander gleich gross, und jeder Grad des Meridians ist nahezu = 15 d. M. Auf den Meridianen werden die Breitengrade gemessen; mit- hin ist jeder Breitengrad = 15 d. M.**). *) Gewohnlich wird derjenige als Nullmeridian angenommen, welcher die Spitze der Insel Ferro (eine der canarischen Inseln an ,der Westkuste von Africa) durch- schneidet. In England (und gewOhnlich bei Seefahrern) gilt dafur der Meridian von Greenwich = 17. S9 ostl. v. Ferro. Frank reich Paris =20 Spanien Cadix = 11. 30 ' Russland St. Petersburg = 47,,' " I America Washington = 59. 2l ' westl. **) D e Grade des Meridians nehmen zwar (wegen der Abplattung der Erde) nach den Polen nm ein Geringes zu, doch ist diese Differenz sehr unbedeutend. Unter dem 0-Grade der Breite ist die Grosse eines Meridiangrades 14. d. M., unter dem 45, Grade = 14., 7 , und unter dem 90. Grade 15, nt . Unter den Parallelkreisen ist der Aequator der einzige grOsste Kreis, also der einzige Parallel kreis, auf dem 1 = 15 d. M. ist. Mit der wachsenden Entfernung vom Aequator werden die Parallel- kreise immer kleiner, folglich werden auch die Langengrade, welche auf den Parallelkreisen gemessen werden, bei zuneh- mender Entfernung vom Aequator immer kleiner*). Alle Orte, welche anf der gleichen Hemisphere liegen, haben gleichnamige Breite oder Lange; im anderen Falle haben sie entgegengesetzte Breite oder Lange. Haben zwei Orte ungleiche, aber gleichnamige Breite, trad zieht man die kleinere von der grSsseren ab, so erhalt man die Breitendifferene der beiden Orte; ebenso erkliirt sich der Ausdruck La ngen di ffere nzr**). Haben zwei Punkte gleiche und gleichnamige Breite, aber ungleiche und gleichnamige Lange, so bezeichnet ihre Langendifferenz so ziemlich den kiirzesten Abstand derselben auf der Erdoberflache***). Ist die Lange der zwei Punkte gleich und gleichnamig, die Breite aber ungleich, obwohl gleichnamig, so druckt die Breiten- differenz deren kiirzesten Abstand ausf). Haben zwei Punkte gleiche und gleichnamige Breite, aber entgegengesetzte Lange, so ist die Langensumme ihr kurzester Abstand; ist die Lange zweier Punkte gleich und gleichnamig, aber ihre Breite entgegengesetzt, so ist die Brei- tensumme ihre kiirzeste Entfernnng ff). *) Die annahernden Werthe sind folgende : 1 auf dem Nullparallel (Aequator) misst 15 deutsche Meilen. 10. Parallel 14 77 20. 14. 09 30. 12. 9 40. 11.. 50. 9., 60. 7. 5 70. 5., 80. 2.. 90. O.oo B. und 35 n. B. = gleichnamig. B. und 35 s. B. = entgegengesetzt. *) Z. B. 25 25 20 d>. L. und 45* o. L. = gleichnamig. 20 o. L. und 45 w. L. = entgegengesetzt. Der Ort A hat 35 n. B., der Ort B. 25 n. B., die Breitendiff erenz ist = 10, d. h. A liegt um 10 = 150 d. M. weiter vom Aequator gegen den Nordpol zu als B. A hat 35 6. L., B 25 6. L. = 10 Langendifferenz; diese wird am 0- Parallel mit 15, am 10. mit 14.,, u. s. w. multiplicirt, und das Product zeigt an, urn wie viele Meilen A von Ferro weiter gegen Osten liegt als B. ***) A hat 20 n. B. und 30 6. L. B hat 20 n. B. und 20 6. L. Langendifferenz = 10 X 14. 09 = 140., d. M., d. h. A liegt um so viel Meilen von B entfernt, u. z. weiter gegen Osten. t) A hat 30 n. B. und 25 6. L. B hat 20 n. B. und 25 6. L. Breitendifferenz = 10 X 15 = 150 d. M. d. h. A liegt von B 150 d. M. entfernt, u. z. weiter gegen Norden. ft) A liegt 30 n. B. und 25 B liegt 30 n. B. und 45 L. . L. Langensumme 70 directe Entiernung der beiden Pu A liegt 30 o. L und 25 B liegt 30 o. L. und 45 X 12.,, (oder app. X 13) = 910 d. M., d. kte von einamler. . B. . B. i. die Breitensumme 70" X 15 1050 d. M. 6_ B. Das Verhaltniss der Erde zur Sonne. . 5. Vorbegriffe. Die Erde ist ein Welt- oder Himmelskorper, w ein Stern unter Sternen", der frei im Weltenraume schwebt. Die Sterne werden eingetheilt in : 1. Fixsterne, welche mit eigenem, zitterndem Lichte leuch- ten und im Allgemeinen ihre Stellung zu einander nicht verandern; 2. Planeten, welche ihr Licht von einem Fixsterne (Sonne) erhalten, um welchen sie sich in regelmassigen Bahnen bewegen; 3. Monde (Nebenplaneten, Trabanten, Satellites), welche von der Sonne erhellt werden, sich zunachst um einen Hauptplaneten, und mit diesem um die gemeinschaftliche Sonne bewegen; 4. Kometen, welche echeinbar unregelmassige Bahnen um Fixsterne beschreiben, sich bald dem einen, bald dem andern nach bestimmten Gesetzen nahern, eine veranderliche Grosse und Ge- schwindigkeit zeigen, und dann wieder verschwinden. Man hat gewissen Sterngruppen Bilder von Thieren , Heroen und anderen Gegenstanden unterlegt , daher lesen wir von Stern- bildern des nordlichen und sudlichen Himmels, des Thierkreises (Widder, Stier u. s. f.) Orion, Perseus u. a. m. Die Erde ist ein Planet, der Mond ihrTrabant, und die Sonne ist der Fixstern, um welchen sie sich bewegt, von dem sie Licht und Warme empfangt. Ausser der Erde drehen sich aber noch mehrere Planeten von geringerer oder bedeutenderer Grosse, in engeren oder weiteren Bahnen um denselben Fixstern. Die Sonne, die Planeten und Nebenplaneten zusammen nennt man das Plane- t ensyste m. Denkt man sich die Erdachse zu beiden Seiten bis an das Himmelsgewolbe verlangert, so wird sie zur Welt- oder Hi ra- in elsachse, und die Endpunkte derselben sind Himmelspole. Um die Weltachse erfolgt die scheinbare Umdrehung des ganzen Himmelsgewolbes. Der nordliche Himmelspol liegt in der Nahe des Polarsternes (im Sternbild des ,,kleinen Baren"). Der Him- mels-Aequator ist jene Kreislinie, welche genau in der Mitte zwischen den beiden Himmelspolen gedacht wird, und die Himmels- kugel in eiue nurdliche und siidliche theilt. Parallel mit dem Him- mels-Aequator laufen die Wende-, Polar- und alle iibrigen Parallel- kreise der Himmelskugel, welche alle rechtwinklig von den Re et- as cens ions -Kreisen durchschnitten werden. Die kilnstliche Him- melskugel heisst Himmelsglobue. y, . 0. Bcwegung der Erde. Die Erde hat eine zweifache Bewegung : a) um ihre Achse (Rotation), und b) um die Sonne (Revolution). Um die eigene Achse dreht sich die Erde von Westen nach Osten in 24 Stunden, wodurch Tag und Nacht entstehen. Bei die- ser Bewegung werden die verschiedenen Theile der Erdoberflache nach und nach der Sonne zugewendet, und zwar die ostlicher ge- legenen friiher als die weatlicheren. Unter den verschiedenen Meri- dianen haben somit die Orte zu verschiedener Zeit Sonnenaufgang und Mittag. Ein urn den 24. Theil des ganzen Kreises (also urn 15) welter nach Westen gelegener Ort muss auch um den 24, Theil der Umlaufszeit spater Mittag haben, d. h. um 1 Stunde; also ein um 1 westlicher gelegener hat y j5 Stunde oder 4 Minuten spater Mittag. Bei der Rotation bleiben die Pole in Ruhe, die iibrigen Punkte auf der Erdoberflache aber befinden sich in einer desto schnelleren Bewegung, je n'aher sie dem Aequator liegen ; denn ein Punkt am Aequator wird in 24 Stunden 5400 d. M. durchlaufen, am 10 jedoch nur 360 X 14.77 20 360 X 14-09 90 360 X 0. Den Umlauf um die Sonne vollendet die Erde in 365 Ta- gen, ^Stunden, 4tf- Mmiiten", 48 Secunden. Die Linie, in welclier die Erde diese Bewegung ausfuhrt , ist eine langlich - runde (Ellipse), und wird die Erdbahn otter Ekliptik genannt. Die SOnne steht ntch't irn Mittelpunkte der Ellipse , sondern in einem der beiden Brennpunkfe ; ( ie Erde ist eonach einmal im Jahre der Sonne uaher, und einmal im Jahre ferner. Den der Sonne am nachsten und den ihr am fernsten gelegenen Punkt~3er Erd- bahn rif-nnt' man Solstitial- oder Wendepurikt; der erstere Jleisst Winter-, der letztere Sommer-S ol s tit ial punk t. Die Hintierniiri'|f""fl{?3 Winter- Sblstitialpunktes von der Sonne heisst Son- 11.926 Erddurchmessern), jene ^des Sommer- ^ Solstitialpunktes Sonnenferne (Aphelium = 12.333 Erddurch- ~ttre sserir) . ' Jene zwel Punkte^der Ejrdbahn, welche fast gleich weit von beiden Solstitialpunkten en t fern t "sin o!^ werden Aequinoctial- punkte (Tag- und Nachtgleiche) genannt. v X ' Tages- und Jahreszeiten. Die Sonne erleuchtet stets nur die halbe Oberflache der Erd- kugel. Die Grenze zwischen der erleuchteten und dunklen Halb- kugel heisst Erleuchtungskreis. Stande die Erdachse senkrecht auf der Ebene der Ekliptik , so hatten alle Punkte der Erdober- flache fortwahrend gleiche Tages- und Nachtlange. Die Erdachse steht jedoch nicht senkrecht auf der Erdbahn, sondern sie bildet mit derselben einen Winkel von 66y 2 sie weicht daher um 23 ] / z von der senkrechten Stellung ab. Diese Stellung behalt die Erd- achse wahrend der rotirenden Bewegung der Erde um die Sonne stets unverandert bei, d. h. dieLage der Erde imWelten- raum bleibt unverriickt die gleiche, die Stellung ge- gen dieSonne ist hingegen in jedem Augenblick eine veranderte. Aus der eigenthumlichen Neigung der Erdachse folgt die un- gleichmassige~ErlendifiTng der Erde, d. i. die Verschiedenheit der Ta- geslange unter verschiedenen Parallelkreisen. Die Ab- und Zunahme ^er~Tg6laDge ges^hicht fiir einen und dcnsclben Punkt allmah- lich, und zwar in dem Masse, als sich die Erde von den Aequinoc- tialpunkten entfernt und den Solstitien nahert. Nach dem Aequi- noctium am 21. M&rz wachsen die Tage auf der nordlichen, ver- 8 ktirzen sich jedoch auf der sudlichen Halbkugel ; am 22. Juni hat die nordliche Halbkugel den langsten, die sudliche den kiirzesten Tag. Nach dem Aequinoctium am 22. September wachsen die Tage auf der sudlichen , verkilrzen sich aber auf der nordlichen Halb- kugel bis zum Solstitium am 21. December, wornach die Zunahme der Tageslange auf der nordlichen und die Abnahme auf der sud- lichen Halbkugel bemerkt wird. Auch die Unterschiede der Tageslange vom Aequator nach den Polen zu wachsen allmahlich, und es erfolgt das Wachsen und Ab- nehmen der Tage und Nachte nach Massgabe der geographischen Breite um so schneller, je weiter ein Punkt vom Aequator entfernt ist. Zwischen dem Aequator und den Polarkreisen ist dieses Zu- und Abnehmen der Tage und Nachte minder rasch, als zwischen den Polarkreisen und den Polen. Unter dem Aequator und an den Polen sind Tag und Nacht stets von derselben Dauer; unter dem Aequator je zwolf Stunden, an den Polen je ein halbes Jahr. j)ie schiefe Stellung der Erdachse zur Erdbahn bedingt die Verschiedenheit der Jahreszeiten unter denselben Breiten ; der Wechsel und die Dauer dieser' Jahreszeiten aber werden durch die jahrliche Bewegung der Erde bedingt. Steht die Erde am 21. Marz in einem der Aequinoctialpunkte ihrer Bahn, so beginnt der Friihling auf der nordlichen und der Herbst auf der sudlichen Halbkugel (zwischen den Wende- und Polarkreisen). Steht sie im Solstitium der Sonnenferne (am 22. Juni) , so fangt der Sommer auf der nordlichen Halbkugel, der Winter auf der eiidlichen an, Im Herbst- Aequinoctium (am 22. September) ist der Friihlings-Anfang auf der sudlichen und der Herbst- Anfang auf der nordlichen Halb- kugel. Vf. 8. Das Planetensystem. Die Sonne ist der Mittelpunkt eines Systems von Planeten. Fiinf derselben sind dem freien Auge sichtbar, die iibrigen sind nur teleekopisch, d. h. nur dem bewaffneten Auge erkennbar. Die Planeten sind wie die Erde spharoidische Korper, bewe- gen sich um ihre Achse und in elliptischen Bahnen um die Sonne, von welcher sie Licht und Warme empfangen, und ihre Achse ist gegen die Sonnenachse geneigt. Einige sind von Nebenplaneten begleitet. Die Planeten werden in drei Gruppen eingetheilt: 1. die sonnennahe oder innere Gruppe; 2. die sonnenferne oder aussere Gruppe; 3. die mi 1 1 1 e r e Gruppe der P 1 a n e t o i d e n , als Uebergangs- glied von der inneren zur ausseren Gruppe. Zu der sonnennahen Gruppe gehoren Merkur, Venus, Erde, Mars; sie sind von geringerer Grosse (670, 1678, 1719, 1000 Meilen Durchmesser), minder abgeplattet, haben eine kiirzere Umlaufszeit um die Sonne, drehen sich in nahezu 24 Stunden um jhre Achse, und sind mit Ausnahme der Erde nicht von Monden begleitet. Die sonnenfernen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und N e p t u n iibertreffen die erstere Gruppe an Groese (20,000, 16,300, 7209, 9700 Meilen Durchmesser) und Abplattung, haben eine Achsenrotation von nur 10 Stunden, wegen der grosseren Entfer- nung von der Sonne lange Umlaufszeiten, und sind reicher an Monden. Die mittlere Gruppe oder die Planetoiden, welche zwi- schen den Bahnen des Mars und Jupiter kreisen, sind teleskopische Sterne, deren Bahnen zum Theil einander einschliessen, zum Theil in einander greifen wie Ringe einer Kette. Der Durchmesser des grossten soil hochstens 145 , jener der Vesta nur 60 Meilen betra- gen. Die Umlaufszeit betragt von drei Jahren und 97" Tagen (Flora) bis auf 5 Jahre 188 Tage (Hygiea). Die Zahl der nach und nach entdeckten ist bereits auf mehr als 60 angewachsen. Uebersicht unseres Planetensystems. Planeten Abstand von der Sonne Umlaufszeit Monde Ort und Zeit der Ent- deckung 1. Merkur. . 2. Venus . . . 3. Erde 4. Mars 8 MilLMeilen 15 21 31 88 Tage 224 365 1 Jahr 322 Tage 1 Merkur , Venus und Mars waren schon den Griechen und Romern als Planeten bekannt ; die Erde wurde erst seit Kopernikus als Planet betrachtet. 5. DieGrup- pen der Pla- netoiden. . . . 46-60 3 6'/ 2 Jahre Alle erst im laufen- den Jahrhundert ent- deckt. 6. Jupiter . . 7. Saturn .. 107 197 12 Jahre 29 4 8 Jupiter und Saturn waren schon im Alter- thum als Planeten be- kannt. 8. Uranus . . 396 83 8 Herschel in Bath am 13. Marz 1781. 9. Neptun . . (Die beiden Letzten tele- skopisch.) 626 227 2 Berechnet von Lever- rier in Paris, aufgefun- den von Galle in Berlin am 23. September 1846. X II. Topische Geographic. . 9. Iliiuinlifht- Verhaltnisse im Allgemeinen. Dreierlei Formen bilden die Hiille des Erdkorpers und sind die Lebensbedingungen fur alle organischen Wesen auf der Erde, namlich: Wasser, Erde und Luft. Die grossen Tiefbecken der Erdrinde sind so iiberwiegend mit Wasser angefiillt, dass kaum der dritte Theil der Erdoberflache als Land fiber den Spiegel des Oceans hervorragt; es entfallen auf das Land 2,500.000 und auf das Wasser 6,780.000 geographische Quadratmeilen, somit beilaufig 29% auf das Land, und 71% auf das Wasser. Nach den Hemispharen vertheilt, ist das Verhaltniss von Land zu Wasser auf der Os thai be wie 1 : 1V 2 , auf der We st- halbe wie 1 :5; auch auf der Nordhalbe ist das Verhaltniss wie 1 : 1V 2; und auf der Siidhalbe wie 1 : 5. Die nordliche Halbkugel ist somit ebenso continental , wie die ostliche, und die siidliche ebenso oceanisch wie die westliche. Das meiste Land drangt sich folglich nach Nord und Ost, der grosste Theil des Wassers nach Siid und W est - Construirt man sich eine kontinentale Nord- ost- und eine oceanische Sudwest-Hemisphare, so bildet Europa das Centrum der ersten, und die australieche Inselwelt jenes der zweiten Halbkugel ; auf der ersten iiberwiegt das Wasser das Land nur urn 10%, auf der zweiten aber stellt sich das Verhalt- niss von Land zu Wasser wie 1 : 16. . 10. Die MeeresriUime im Allgemeinen. Die zusammenhangende Wasserflache (das Weltmeer) wird durch die Zonen und die emporragenden Landmassen in 5 Haupt- meere oder Oceane eingetheilt: 1. Das nordliche Eismeer 200.000 Quadratmeilen. 2. Das siidliche Eismeer 350.000 3. Der indische Ocean 1,380.000 4. Der atlantische Ocean 1,626.000 5. Der grosse oder stille Ocean . . . 3,300.000 ' ,, Das nordliche Eismeer hat den Nordpol zum Mittelpunkt, erstreckt sich bis zum arktischen Polarkreise herab, und bespult die Nordkusten von Europa, Asien und America. Das Standeis reicht bis zum 78., das der Schifffahrt hochst gefahr- liche Treibeis bis zum 68. n. Br. herab. Neben den Eismassen schwimmt viel Treibhola, das an den Kusten abgesetzt wird. Der Wallfisch- und Haringsfang, so wie der Pelzhandel werden lohnend betrieben. Das sudliche Eismeer hat den Sudpol zum Mittelpunkt, erstreckt sich bis znm antarktischen Polarkreis, und beruhrt keinen der Coutinente. Das Stand- eis reicht bis zum 72., das Treibeis bis zum 62. s. Br. herauf. Die Eisfelder und Eismassen sind noch grosser als im nSrdlichen Eismeer, und den Erforschungsreisen haben sich hier noch grSssere Hindernisse entgegengestellt. Die Wallfischfanger ge- winnen jedoch hier eine grossere Beute. Der indische Ocean erstreckt sich von der Sudkuste Asiens bis zum sud- lichen Eismeer, im Westen bilden die Ostkuste von Africa und der durch die Sud- spitze von Africa gehende Meridian, im Osten der indische Archipel, das Fest- 11 land von Neu-Holland bis zum Meridian, der durch die Torres-Strasse, Neu-HoIIand und westlich von Van Diemens-Land geht, die Grenze. Der atlantische Ocean fluthet zwischen Europa, Africa und America, und ist im Norden und Suden von den beiden Eismeeren begrenzt. Seine Ostgrenze sind die Westkusten von Europa, Africa und der Meridian der Siidspitze Africas, seine Westgrenze die Ostkuste Americas und der Meridian der Sudspitze Americas. Der atlantische Ocean ist die grosse Fahrstrasse fur den Welthandel; er bespiilt die Kiisten der von den culttirfahigsten Volkern bewohnten Lander, er dient zur Verbindung der entferntesten Gegenden der Erde nnd ist sonach von der grOssten Bedentung. Charakteristisch sind der Inselreichthum in seiner nordlichen und die Armuth der Inselbildung in der sudlichen Halfte. Der grosse oder stille Ocean bespiilt die Ostkuste von Asien und Neu- Holland, und die Westkiiste von America. Die Nord- und Sudgrenze sind die bei- den Eismeere, im Westen die Ostkuste Asiens und der Meridian der Torres-Strasse und Van Diemens-Land, im Osten die Westkiiste Americas und der Meridian von Americas Sudspitze. Die rnhigeren StrOmungen und regelmassigen Windc sind der Schifffahrt sehr gunstig. Er scheint ein Riesenbecken, wahrend der Atlantik ein Riesenthixl scheint. Der nSrdliche Theil ist mit dichtgedrangten Inselreihen iiber- saet und das Becken urugibt ein Kranz thatiger Vulkane. Im sudlichen Theile zeigt sich ebenfalls Armuth der Inselbildung. . 11. Die Laudmasse im Allgemeinen. Die Landmasse zerfaUt in drei grossere zusammenhanfrende und in viele kleinere, vereinzelte Theile; die ersteren heissen K on- tin en te, die letzteren Ins ein. Die grosste zusaminenhangende Landmasse liegt auf der ost- lichen Halbkugel, wird in 3 Erdtheile: Europa, Asien und Africa eingetheilt, und heisst auch die ,,alteWelt;" diezweite liegt auf der westlichen Halbkugel und heisst der westliche Konti- nent, die ,,neue Welt," America; die dritte liegt auf der siid- lichen Halbkugel, eiidOstlich von der alten Welt, und heisst der siidliche, australische Kontinent oder Neu-Holland. Die Inseln, welche zuuachst den Festlanden liegen und kon- tinentale oder Gestade-Inseln heissen, werden nicht als selbst- standige Individuen angesthen ; dagegen vverden die Inseln beider Polarzonen und jene Australiens ak t o c^a-n 1 a irge, den West- Rand die West- Ghats, den Ost-Rand die Ost-Ghats; die Sudenden der beiden letzten verbinden sich zur Berglandschaft Nil Gerri (blaue Berge). 3. Das nordlich auslaufende Gebirgsglied Hinter-Asiens, d. i. die ostsibiri sche n Bergketten, heissen im Westen (vom Anschlusse an die daurischen Alpen bis zur Aldan-Quelle) das Jabl onoi- Chrebet (Jablonoi-Riicken), von da (bis zur Koliima- Quelle) Aldan -Gebirge und von da (bis zum Ostkap) S tano w oi- Chrebet. An das letzte schliessen sich die Gebirge von Kamt- schatka (mit einer Doppelreihe von 21 thatigen Vulkanen) an. 4. Das sudlich auslaufende Gebirgsglied Hinter-Asiens zieht sich als malayische Bergketten in fiinf Parallelketten durch die Halbinseln Hinter-Indien, deren eine (das west-siamesische Scheidegebirge) bis zur Siidspitze von Malacca reicht. Die Ge- birgsketten laufen wahrscheinlich im Norden in einer hohen Alpen- masse zusammen. 5. Das nordlich auslaufende Gebirgsglied Vorder-Asiens der Kaukasus hangt durch bergige Landsch^ften mit dem armenischen Hochlande zusammen und besteht aus mehreren zwi- schen dem schwarzen und kaspischen Meere nach Nordwesten ge- richteten Parallelketten mit einer mittleren Kammho'he von 10.000'. Auch im Norden sind Vorberge. 6. Das siidlich auslaufende Gebirgsglied Vorder-Asiens ist das syrisch-arabische Hochland, und man unterscheidet eine dreifache Gliederung: a) das syrische Hochland, b) das Sinai-Gebirge in der nordlichen Gabelung des rolhen Meeres (zwischen den Golfen von Akaba und Suez), c) das arabische Gebirgsland. Die ansehnlichste (bis jetzt bekannte) Depression der Erdoberflache *) theilt das syrische Hochland in einen westlichen Abschnitt mit dem Lib an on und einen ostlichen mit dem Anti- lib an on. Das Innere der Halbinsel Arabien ist eine Hochflache, welche sich nach alien Richtungen in Terrassen abdacht. Die Mitte dieser Hochflache Nedsched ist von hohen Felsketten durch- zogen. Der Nordrand ist noch unbekannt. Von den asiatischen Inseln sind mit Ausnahme der Maladiven und Lakkediven und einigen kleineren Eilanden alle iibrigen von *) Nach Russeggers Messung soil die Depression des Spiegels des todten Meeros 1340' betragen; Jerusalem liegt also auf einem Plateau 2000' ttber, das todte Meer 1340' unter dem Spiegel des mittellandischea Meeres. 38 Gebirgsketten durchzogen. Ceylon 1st im Innern eine Hochflache (3000') mit dem hochsten Punkt Adams-Pik (6000'). . 32. Die Stufen- and Ticfllinder in Asien. Den Uebergang von dem machtigen Hochlande zum Tieflande bilden verschiedene reichgegliederte Stufenlander mit weitver- zweigten Stromsystemen, welche sich strahlenformlg nach alien Rich- tungen wenden. Diese giinstige Bewasserung verdankt Asien nebst der centralen Stellung des Hochlandes auch dem Umstande , dass letzteres von grossen Tieflandern umgeben ist, wodurch eine bedeutende Stromentwicklung ermoglicht wird. Das Tiefland (292.500 QM.) fiillt mehr als ein Drittheil des Erdtheiles aus. Dem Hochlande liegt im Norden das ungeheuere Tiefland Sibirien (186.300 vor, dessen siidwestliche Fortsefzung bildet Turan (53.700 der Uebergang des asiatischen Tieflandes zum sarmatischen in Eu- ropa. Im Osten des Hochlandes von Hinterasien (am Unterlaufe des Yantsekiang und Hoangho) ist das reichlich bewasserte und vortrefflich angebaute chinesische Tiefland (10.000 QM.); sudlich liegt an den Ufern der hinterindischen Strome das gleichnaraige Tiefland. Im nordlichen Theile Vorderindiens liegt am Indus und Ganges das Tiefland von Hindostan (24.000 QM.). Das Tiefland von Mesopotamien und Babylonien (am Euphrat und Tigris) zwischen dem armenischen Berglande und dem persi- schen Meerbusen mit fruchtbaren Landschaften (am Mittel- und Unterlauf der genannten Fliisse). Westlich davon dehnt sich die syr isch- arabische Wuste aus, bereits ein Uebergang zu den Sandwiisten Africas. . 33. Die vertikale Gliedcrung von Africa. Wie in Hinsicht der horizontalen so bietet Africa auch in Hin- sicht der vertikalen Gliederung ein Bild der Massenhaftigkeit dar ; dagegen ist nach den neuesten Forschungen die Einformigkeit eine geringere, die vertikale Gliederung und die Zuganglichkeit im Innern eine grossere, als man friiher angenommen hatte. Das Hoch- land nimmt etwa zwei Drittel, das Tiefland ein Drittel der Gesammt- flache ein ; ersteres liegt vorzugsweise im Siiden, letzteres im Norden, beide sind von Bergzugen durchschnitten. Den Siiden nimmt Ho ch- africa (gegen 285.000 [U^O e i n > an welches sich im Norden das hohe Sudan und das Alpenland von Habesch (oder Abessinien) anschliessen. Dem Nordrande von Hochafrica ist das flache Su- dan vorgelagert. Zwei getrennte Gebirgsglieder, das Plateau der Berberei und jenes vonBarka, begrenzen die grosse africanische Hochebene, die ,,Sahara/ c . 34. Hoch-Africa. Die Sudhalfte von Africa (vom 6 n. B. an) scheint grossen- theils eine Hochebene zu sein mit einer tiefen Einsenkung in der Mitte, im Westen und Siiden von Randgebirgen umgeben, welche in terrassenformigen Absatzen fast bis zum Meere abfallen, und nur einen schmalen Kiistensaum iibrig lassen; an der Ostkuste dehnt sich eine groase Tiefebene aus, mit isolirten Gebirgsgruppen. Der Sftdraiiil, oder das Kapland iat eine Terrasse von drei Stufen. Die erste (unterste) bilden die Kiist enebenen des Kap- landes (57 M. breit); die zweite Stufe ist die 3000' hohe an 1000 GMeilen grosse Karroo -Ebene; die dritte 5000' hoch ist die Hochebene des O ranje-S tromes und wahrscheinlich schon ein Theil der Scheitelflache Hochafricas. Jede dieser Stufen ist von der nachsthoheren durch Randgebirge geschieden; die erste von der zweiten gegen den Atlantik durch das B ok keveld-Gebirge, gegen das indische Meer durch die Zwarten-Berge (beide 4 5000'), die zweite von der dritten durch ein Gebirge mit mehreren Namen: Roggeveld-, Nieuweveld-, Koudvelds- Berge (mit Gipfeln von 10.000'). Der Ostraud durfte zum Theile ahnlich gebaut sein ; zwischen dem 2 bis 13 sndlicher Breite erscheint die Ostkiiste jedoch als eine Ebene, die sich kaum merkbar erhebt, dann sich gegen Westen senkt, zu einem grossen See, der ira nordlichen Theile Ukerewe (oder Niassi , oder Uniamesi) genannt wird. Aus dieser Ebene (1 5 sudlicher Breite) soil sich der siidliche Abfall des Plateaus von Habesch erheben, dessen hochste Gipfel: Kignea (oder Kenia) und Kilimandscharo (zwischen 18 bis 20.000') in die Region des ewigen Schnees ragen. Als Fortsetzung der fruher genannten Bergketten (Koud velds -Berge) ziehen sich (von Suden gegen Nordosten) die Storm- Witte- Kalamba- (oder Drachen-) Berge, vor denen sich gegen das indische Meer die Kaffernkuste (Kaffraria und Natal), die Kuste von Sofala und Mozambique, ferner jene von Zanguebar (Zanzibar) und Adjan, endlich (vom Kap Guardafui bis zur Strasse Bab-el-Mandeb) die Kuste Somal ausbreiten. Das L u p a t a - Gebirge scheint die zweite Stufe von der dritten, und das Fura- Gebirge die dritte von der Hochflache zu scheiden. Welter nordwarts wissen wir bis jetzt vom Ostrande nichts Gewisses. Der Nordrand ist nur auf seiner Ost- und Westseite zum Theile bekannt; die Mitte des Nordrandes ist noch nicht erforscht. Auf der Ostseite bilden den Nordrand die drei Terrassen von Ha- besch, deren mittlere etwa 48009000', und die hochste 9.000 13.800' hoch sind; auf der Nordwestseite erhebt sich das hohe Sudan mit der Bergkette Kong, welche unter 20 o. zu einem breiten Ge- birgsriicken wird , und als solcher bis zur Sierra Leone sich hin- zieht. Nur die Vorstufen an dem Meerbusen von Benin sind etwas genauer bekannt. Der Westrand steigt aus der Bai von Biafra 13.000' hoch empor (Hochland der Amboser). Zwischen 6 und 16 siidlich wiederholt sich die Terrassenbildung des Kaplandes. Die Hochflache scheint 8000' hoch; im Uebrigen ist der Westrand ebenfalls wenig bekannt. 35. Die getrennten Gebirgsglieder in Africa. Nur der nurdlichste Theil Africas enthalt getrennte Gebirga- glieder: das Hochland der Berberei mit dem Atlas gebirge und das Plateau von Barka, beide von einander getrennt durch den Wiistenstreif der Sultinebene. a) Das Hochland der Berberei (von Ritter als w Klein- africa" mit ^Kleinasien" zusammengestellt) steigt auf einer Flache von 21.000 QMeilen zwischen 15002000' hoch. Den Nordrand 40 bildet der kleine Atlas, den Westrand der ho he Atlas (mit Gipfeln von 13.000'), den Siidrand der grosse Atlas, dessen ost- liche Verlangerung die Soudah- oder schwarzen Berge heis- sen, den Ostrand die Felshohen von Tunis. b) Das Plateau von Barka, ohne hohe Bergketten, 1500' hoch und 2000 QMeilen gross, fa-lit im Norden steil ab, im Siid- Osten senkt es sich zu der libyschen Wiiste herab. Unter den africanischen Inseln hat Madagaskar ein bedeutendes Kettengebirge (mit Gipfeln tiber 10.000'). Die Azoren, die kana- rischen (der Pik auf Teneriffa 11.000') und die kapverdischen Inseln, dann Ascension, St. Helena u. s. w. sind gebirgig und meist vulkanischer Natur. . 36. Die Tief- and Stufenlander in Africa. 1 Dem Ostrande des Kong-Gebirges ist ein wellenformiges Flach- land (von 1.200' mittlerer Erhebung und von etwa 40.000 QMeilen Flache) vorgelagert, welches eine Stufe zum Tieflande bildet, es ist Flach-Sudan, in eine westliche und ostliche Halfte getheilt. Im Silden der nordafrikanischen Hochlander, fast durch die ganze Breite des Erdtheils breitet sich vom atlantischen Ocean bis zu den Bergwanden des Nilthales die grosste Wiiste der Erde die Sa- hara auf einer Flache von mehr als 120.000 QMeilen aus. Sie ist eine Hochebene von ziemlich gleicher Erhebung (1.200 1.500'), aus der einzelne Bergziige und Berggipfel (bis zu 5.000 6.000') emporsteigen. Ein Zug klippiger Hohen, Felsenriffe und Oasen zieht sich von Tripoli nach dem Tsadsee (32 6'stlicher Lange), und theilt die Wiiste in zwei an Umfang, Bodenbeschaffenheit und Cha- rakter verschiedene Halften. Die grossere Westhalf te, die Sahel, ist das eigentliche Flugsandmeer, dessen Anhaufung an der Meeres- kiiste die hochsten Diinen der Erde (bis 400' am Kap Bojador) ge- bildet hat, und eine Fortsetzung dieses ,,Wandermeeres" in das Meer hinein ist die ausgedehnte, der Schiffahrt hochst gefahrliche Sandbank. Das innere der Westhalfte hat wenig Brunnen und Oasen, und eine grosse Armuth in der Pflanzen- und Thierwelt. Die kleinere Osth alf te die eigentliche Sahara oder die libysche Wiiste hat geringere Massen von Flugsand, an der Oberflache treten Kalk- und Thonboden, schwarzer Sandstein, Kiesel und (wo Felsen fehlen) Salzflachen hervor, Quellen gelangen leichter zur Oberflache , kunstliche Brunnen geben schon bei geringer Tiefe (6 8') Wasser, die Oasen sind zahlreicher und grosser, am Ost- und Nordrande bilden sich Kulturstellen, Der ostliche Oasen- zug, parallel mit dem Unterlauf des Nil, hat im Siiden die grosse (22 Meilen lang), im Norden die kleine (4 Meilen lang) Oase, beide von geringer Breite. Der nordostliche Oasenzug schliesst sich im Osten an den friiheren an, und hat die Oase Siwah (Ammo- nium) und Fezzan (Hauptstadt Murzuk). Das Ostende dieser Zone nehmen die Stufenlander des Nil ein, und zwar: a) das mittlere Stufenland Nubien, ein von 3.000' bis 600' sich senkendes Plateau mit den drei Stufen: Senaar, Dongola und Nuba; b) das untere Aegypten von dem Nilthal mit dem Delta 41 durchzogen (bis 30 nb'rdlicher Breite), zwis<5hen der arabischen Bergkette (im Osten) und dem libyschen Felsdamme (im Westen). . 37. Die vertikale Gliedcrung von America. Die vertikale Gliederung Americas unterscheidet sich von der Asiens und Africas dadurch, dass in America die Form des Tief- 1 a n d e s vorherrscht ; die Erhebung des Bodens tritt nicht als massen- haftes Plateausystem, sondern als das grosste System der Ketten- gebirge mit untergeordneter Plateaubildung auf. Die Ebene nimmt etwa 2 / 3 , das Bergland T / 3 der Geeammtflache ein ; die Vertheilung ist im Allgemeinen eine einformige, indem sich das Hoch- gebirgssystern der Cordilleren auf einer langausgedehnten Basis (an 216.000 QMeilen, o der fast % Americas) an die Westgeatade lagert, wahrend aus den ostlich ausgebreiteten Flachen nur isolirte Gebirge sich erheben. Sie scheiden somit America in eine breite ostliche, und in eine sehr schmale westliche Halfte. Die Einsenkung in der Landenge von Panama trennt die Cordilleren in zwei an L'ange ziemlich gleiche, an Breite und Hohe sehr verschiedene Half- ten, in die Cordilleren von Siid- und Nord- America, . 38. Die Cordilleren oder Anden (Cordilleras tie los Andes). a) Cordilleren von Slid - America. Nach dem Bau des Gebirges konnen sie eingetheilt werden in: die einkettigen Siid-Anden, die doppelkettigen Mittel-Anden mit Hochth'alern , Gebirgsknoten und salzigen Hochseen, und die divergirenden Nord -Anden ohne Ge- birgsknoten und mit Tiefthalern ; nach den Landschaften, welche sie durchziehen , in: Cordilleren des Feuerland-Archipels und der Magelhaens-Strasse, von Patagonien, Chile, Bo- livia und Peru, Quito und Neu-Granada. Der sudlichste Punkt der ganzen Gebirgskette ist das Cap Hoorn (2940'), einzelne Zweige derselben sind auf dem Feuerland und den benachbarten Inseln, doch scheint kein Gipfel fiber 7.000' sich zu erheben (Sarmiento, Darwin). Schneelinie 3.500 4.000'. Die Cord, von Patagonien (bis 42 sudlicher Breite) dicht an der Kuste des grossen Oceans, mittlere Kammhohe 3.000', Schneelinie 5.000', von Siiden nach Norden an Hohe zunehmend. (Nevados oder Schneeberge, Paramos sind hohe Bergeinoden unter der Schnee- region, Minchinmadom 7.640'). Die Cord, von Chile (4220 siidlicher Breite), an Hohe zunehmend (mittl. Hohe 12.000'), nach Westen steil, im Osten stufenhaft abfallend, bis 35 sudlicher Breite. Bis hieher Eine Kette , von hier drei ostliche Verzweigun- gen, noch wenig bekannte Hochebenen umschliessend (unter 37 siidlicher Breite Aconcagua 21.000'), mit metallreichen Bergland- schaften (Erzgebirge von Uspallata). Die Cord, von Bolivia und Peru beginnen mit dem Plateau von Potosi (11 12.000' hoch, unter 20 sudlicher Breite) mit mehreren Berggruppen (Lirima, 2223.000' hoch ? ?). Von diesem Plateau laufen zwei Gebirgsaste aus der westliche, die Kustencordillere oder Cord, von Peru mit den hochsten Theilen des CorJillerensystems (Cord de la cuesta) ; jah zutn grossen Ocean abfallend (mittlere Kammhb'he fast 14.000', Schneelinie 17.000') mit einer Kette theils erlosche- ner, theils thatiger Vulkane und kegelformiger Gipfel (Saharaa 20.971', Parinacota 20.670', Gualatieri 20.604', Pomarape 20.360', Chuquibamba 19.700') der o s 1 1 i c h e , die C o r d. von Bolivia mit geringerer Kammhohe (13500') und zerrissenen zacki- gen Pics (Sorata 19.974', Illimani 19.843'). Zwischen dem westlichen und ostlichen Cordillerenaste liegt das Plateau desTitica- casees (250 Q Meilen 13.000' hoch) oder Hochplateau von Peru und Bolivia (1.000 QMeilen). Am Nordende dieses Pla- teaus vereinigen sich die beiden Aeste zum Gebirgsknoten von Cuzco, dem ausgedehntesten in der ganzen Andenkette. Nordlich vom Gebirgsknoten Pasco (11 10 siidlicher Breite) spal- tet sich das Gebirge in drei Ketten , dessen westliche Gipfel rnit ewigem Schnee bedeckt sind und welche sich in dem Bergknoten von Loxa (5.5 3.75 siidlicher Breite) wieder vereiuigen. Die Cord, von Ouito zwischen dem Knoten von Loxa und von los Pas to s (4 siidlicher ! T / 2 nordlicher Breite) bestehen aus zwei Parallelketten, welche ein Hochthal (8.500' hoch) einschliessen. In der westlichen Kette ragt zwischen dem Y 1 i n i z a (16.300') und dem Vulkan P i c h i n c h a (14.950') der C h i m b o r a z o (20.150'), in der ostlichen der Vulkan Cotopaxi (17.700'), der A n t i- eana (17.960'), mit der hochsten Menschenwohnung auf der Erde (12.630' hoch) und der Cayambe (18.420', dessen Gipfel vom Aequator geschnitten wird). Die Cord, von IVeu-Granada zer- fallen in drei vom Knoten los Paslos auslaufende Parallelketten, welche durch den Kauka-Fluss und den Magdalenenstrom von ein- ander geschieden sind. Die ostliche, die Kette der Sum a Pa mit Schneegipfeln und dem Plateau von Bogota gabelt sich (un- ter 8 nordlich,) in einen westlichen Zweig, der am Meerbusen von Maracaybo, und einen ostlichen, der bei Caracas endiget ; die mittlere, die Kette von Quindiu, mit dem Vulkan Pic von Tolima (14.200') senkt sich im Norden zum Hugellande und dann zum Tieflande herab ; die westliche, die Kette von C h o c o , die eigentliche Fortisetzung der vulkanischen Kiisten - Cordilleren, senkt sich (zu 5000'), erhebt sich noch einmal zu Hohen von 8- bis 9000', gabelt sich in niedere Ziige und verflacht sich gegen den Isthmus von Panama. b) Das Gebirgsland von Central - America. Mittel-America bildet ein System breiter Tafellander, von einzelnen Gebirgsketten durchzogen und an den Randern von hohen Vulkangipfeln uberragt. Die Kette von Choco sinkt zu einer Hiigelreihe (von 600' und sogar bis 280') herab, steigt bei Pa- nama (zu 1000'), sinkt dann wieder (zu 300') ; somit sind die Cor- dilleren Sud-Americas von dem noch nicht genau durchforschten Gebirgssysteme Mittel-Americas geschieden. Von der Einsen- kung bei Panama bis zu der von Tehuantepec wer- den sie in drei gesonderte Gruppen zerlegt. Nordlich von Panama 43 erliebt sich das Plateau vonVeragua (Silla de Vcragua 8000'), welches durch die Kette der Cabeceras-Berge mit dem a) Plateau von Costa Rica (2000') in Verbindung steht, aus welchem sich zahlreiche Pics (fiber 10.000' hoch und vulkanisch) erheben. Gegen Norden fallt das Platean in die Ebene von Nica- ragua, nordlich erhebt sich aus dieser Ebene b) das Tafelland von Honduras , das aus Bergzugen und Hochebenen (bis 4000') besteht , an dessen Ostseite sich das Tiefland der Mosquito-Kuste ausbreitet, wahrend es im Westen in steilen Terrassen abfallt, und an der Siidseite von zwei Vulkanreihen begrenzt wird. Das Plateau von Honduras ist mittels eines Bergruckens (2000') mit dem c) Ta- felland von Guatemala verbunden, das bis 6000' steigt, nirgends unter 4000' sinkt und auf welchem ausgedehnte Ebenen mit niede- ren Bergzugen abwechseln. Der Sudwestrand ist von einer Reihe von Vulkanen (mit liber 12.000') eingeschlossen , nach Nordosten veiflacht es sich als Hiigelland in die Halbinsel Yucatan und im Nordwesten bildet das Bergland von Chiapa den Uebergang zu der Thalspalte von Tehuantepec. c) Cordilleren von Nord-Ameriea. Die Cordilleren von Nord-America beginnen an der Einsen- kung von Tehuantepec und enden am nordlichen Eismeere. Im Nordwesten der genannten Einaenkung breitet sich das Gebirge zu einem machtigen Landrucken, der Hochflache von A n a- huac (7000') aus, durchzogen von Bergketten mit 13 ,,schwach entziindeten" Vulkanen (Popocatepetl 16.000', Orizaba 16.300', Coffre de Perote 13.416) und Schneegipfeln. Unter 21 n. Br., auf dem Plateau von Guanaxuato beginnt der Charakter der Gebirgserhebung, und die Cordilleren theilen sich in drei Zweige: a) der westliche Zweig , die Cordilleren von Sonora, eine Fortsetzung des Westrandes der Hochflache von Anahuac, begleitet die Kiiste des kalifornischen Busens bis zu dessen Nordspitze; b) der mittlere Zug , die Sierra madre oder die Central- Cordillere von Nord-America, eine Fortsetzung des Ost- randes der Hochflache von Anahuac ; c) der ostliche Zug scheint mit dem mittleren parallel zu laufen und schliesst mit diesem die Hochflache von Neu-Mexiko (4 5000') ein. Er zieht langs des Rio del Norte und tritt in dessen Quellgegend zur Central- Cordillere heran. Ein nordostlicher Zweig dieser Kette ist die Sierra von Texas, welche bis zum Znsammenfluss des Mis- sisippi und Missouri den Namen Ozark-Gebirge (1800') fuhrt. Im Westen de-* Plateau von Neu-Mexiko liegen erloschene Vulkane (Mont Taylor 11.500'). Zwischen der Central-Cordillere und den nord- lich ziehenden Ketten findet nur duroh Plateau-Landschaften ein Zu- eammenhang statt. Von diesem Plateaulande verzweigen sich unter verschiedenen Namen Gebirgszuge nach Nordwesten und Siidosten mit hohen Gipfeln (Spanish-Peak, James-Peak, Long-Peak). Vom Knoten der Wind-River-Mountains (4244 n. B.) laufen vier Gebirgszuge aus. Der westliche und sudwestliche Zweig (Wah- eatch-Mountains) umachliessen ein (8000 QMeilen grosses) Becken 44 mit elnem abgeschlossenen System von Seen und Flussen; der nordostliche sind die Black Hills oder die schwarzenHugel, welche am Missouri (unter 46 n. B.) endigen ; der nordliche und bedeutendste Zug sind das Oregon- und Felsengebirge (Rocky-Mountain a) , welche bis zum Polarmeere ziehen. Zwischen den hochsten Gipfeln (Mount Hooker und Mount Brown, iiber 15.000' hoch, zwischen 52 und 53 n. Br.) liegt die merkwiirdige Einsenkung Athabasca-Portage (7000') , und nordlicher zer- epaltet sich der Zug in mehrere Ketten mit geringen Erhebungen. . 39. Die getrennten Gebirgsglieder von America. Die isolirten Gebirgegruppen Americas gehoren ihrer Erhe- bung nach zum Mittelgebirgsland , streichen (mit Ausnahme einer Kette) an der Ostseite des Kontinentes, welche keine Vulkane tragt. Zu diesen gehoren: 1. Das Bergland von Brasilien, bestehend aus Plateau- Flachen (12000 hoch), auf denen drei bedeutende, der Ktiste fast parallel streichende Ketten hervortreten : a) die Kustenkette (Serra do Mar), von welcher (unter 26 s. Br.) sich b) die Cen- tralkette oder die von Villa Rica trennt, und c) die Was- serscheidekette, Serra dosVertentes. Sie sind durch weite Thalflachen von einander geschieden und durch Querketten wieder mehrfach verbunden; 2. das Hochland von Guyana mit der aus mehreren Pa- rallelketten bestehenden Sierra Parime, welche durch Savannen von einander geschieden sind (Pik Duida 7800' hoch); 3. das Kustengebirge von Venezuela aus zwei Parallel- ziigen bestehend , welche sich an einen Zweig der Cordilleren an- schlieesen (Silla de Caracas 8100'); 4. die Sierra nevadade Santa Marta, ein aus der Ebene sich erhebendee, kleines Massengebirge , westlich vom See Maracaybo, mit Schneegipfeln von 18.000'; 5. die Alleghanies oder das apalachisch-akadische Gebirge, aus mehreren Parallelketten bestehend, liber 350 Meil. lang (miltlere Kammhohe 2700', Gipfel mit 6000'), und durch das Fluss- thal des Hudson in zwei ungleiche Halften getrennt. Die Ketten am atlantischen Ocean heissen blaue und griine Berge und Allegha- nies. Eine Fortsetzung derselben ist das Felsenplateau von La- bra dor. Die gronlandischen Gebirge sind noch wenig bekunnt ; 6. die n ordamericanischen Seealpen beginnen an der Sudspitze von Californien, folgen der Westkiiste, tragen die hoch- sten Berge von Nord- America (Vulkan Elias berg 16.900', Schon- wetter-Berg 13.800'), und wenden eich zur Halbinsel Aljaska und den Aleuten (Gipfel von Unimack 8000'), Sie stehen durch Quer- joche mit den Cordilleren in Verbindung. Alle grossen und fast alle kleinen Antillen sind gebirgig, am hochsten Jamaika (blaue Berge 7000'), Cuba, Haiti und die vulka- nische Insel St. Vincent. Die ostlichsten der kleinen Antillen, die Bahama-Inseln u. s. w. eind flach und nieder. 45 . 40. Die Tieflander in America. Das grosse americanische Tiefland dehnt sich im Osten der Cordilleren von Patagoniens Sudspitze bis zu den arktischen Kusten aus. Die siidamericanischen Ebenen bedecken zwei Drittel, die nord- americanischen ein Halbes ihres Festlandes ; bei beiden lasst sich eine Aehnlichkeit in horizontaler Gruppirung erkennen. 1. In Siid-America findet man drei grosse Niederungen : die des Rio de la Plata, des Amazonenstromes und des Orinoco. Die erste und dritte sind Steppen oder Grasfluren, die zweite eine Waldebene. a) Die patagonische Steppe, eine unwirthliche Kalkebene von diirftiger Vegetation, von ISalzseen und Morasten durchzogen ; b) die Pampas des Rio de la Plata zwischen den Cordilleren von Chile und Peru und dem brasilianischen Gebirgslande, eine unubersehbare hohe Grasnache ohne Baumwuchs, in der heissen Jahreszeit vollkommen ausgebrannt; c)die Selvas des Amazonenstromes (146.000 QMeilen), undurchdringliche, sumpfige Urwalder , in deren Inneres man nur auf dem Wasserwege gelangen kann ; d) die Llanos im Orinoco-Gebiete, in der trockenen Jah- reszeit diirre , baumlose Steppe , nach der Regenzeit aber das ,,Krautermeer" (mare de yerbas) genannt , mit mannshohen Grasern ; e) die Ebene am Magdalenenstrome (7.300 QMeilen) ist eine heisse, wellenformige Kulturflache. 2. In Nord-America erstreckt sich eine Niederung zwi- schen dem Felsen- und dem Alleghanies-Gebirge , vom Golf von Mexico langs der Kiiste des atlantischen Oceans und im Norden die arktische oder canadische. a)Die Savannen und Prairien am Missisippi undMis- souri (52000 QMeilen) , deren ostliche Halfte theils noch mit Waldungen bedeckt, theils fruchtbares, angebautes Hiigel- land ist ; die westliche Halfte bilden theils unubersehbare Gras- fluren, theils Waldland; b) die wellenformige E b e n e der atlantisc hen Kus tenflusse ist fruchtbar, die siidlichen Kustenstriche, besonders in Florida, sind sumpfig; c) die Ebene der arktischen Abdachung oder die ark- tische Fels- undSeeplatte ist bis zum auseersten Norden ohne Gebirge, steinig, und desshalb so wie wegen der Ungunst des Klimas kaum empfanglich fur die Kultur. . 41. Die vertikale Gliederung von Australian Drei Viertheile des australischen Kontinentes sind noch ganz- lich unerforscht, und selbst das von Europaern betretene Terrain ist nur zum kleineren Theile genau untersucht; es kann sonach eine charakteristische Gesammtansicht nicht gegeben werden. Nach den neuesten Mittheilungen scheint es, dass Australien eine man- nigfaltigere Gestaltung und Beschaffenheit in seinem Inneren berge, als man gewohnlich angenommen hatte ; dass auch hier keine ein- 4S formige Sand- oder SteinwQste existire, sondern ein Wechsel von nutzbaren und nutzlosen Strichen. Auf dem Kontinente scheint das Flachland vorzuherrschen , aus den Kustenlandschaften steigen iso- lirte Bergketten als Rand- und Kustengebirge auf , die sich jedoch weder durch Mannigfaltigkeit noch durch Grossartigkeit auszeichnen. Die bekannteeten Gebirgslander sind: 1. Das Bergland von N eu-Siid walea, an der Siidost- Kuste, aus einer Reihe schmaler Hochebenen bestehend, auf denen Bergketten gegen Norden ziehen, der Abfall zur Kuste ist steil, gegen das Innere allmahlich. Einzelne Bergketten sind die Austral- Alp en oder weissen Berge (Kosciusko-Berg an den Quellen des Murray 6.200'), die blauen Berge, die Liverpool- Kette, das Bogong-Gebirge, der Bullerberg, der Cob- boras, leztere drei je iiber 6.000' hoch. 2. Das nordliche Bergland scheint analog dem fiiiher ge- nannten zu sein, und zieht sich bis zur Siidspitze des Carpentaria- Golfes. 3. Fur das Dasein eines nordlichen Gebirgslandes eprechen die in den Carpentarie-Golf miindenden ziemlich bedeu- tenden Flusse, doch fehlt bis jetzt jeder nahere Aufschluss. 4. An der Westkiiste ist nur der sudwestliche Theil einigermassen bekannt. Sudlich vom S chwa nenf lusse (32 siid- licher Breite) streicht die Darling-Kette (2000'), als Rand eines gegen das Innere sich verflachenden Tafellandes. 5. Landein warts der Siidkiiste von Australien (vom Cap d'Entrecasteaux 133 OstlicherLange, 35 siidlicher Breite bis zum Spencer-Golf) besitzen wir nur wenige Andeutungen eines Gebirgslandes. Im Norden von Albany (135 ostlich und 35 sudlich) streichen die Stirling-Berge, und im Nordwesten vom Cap Pasley (141 ostlich 33 sudlich) die Russel- Kette. Nordlich vom Spencer- Golfe und gegen Osten ziehet die (2.0003.000' hohe) Gawler-Kette. Sowohl im Osten als im Suden dieses Hochlan- des ziehen zahlreiche Bergketten, welche zum Theil an das Berg- land von Neu-Sudwales sich anschliessen. Von den australischen Inseln gehort die Mehrzahl den hohen Gebirgsinseln an, theils mit erloschenen, theils noch thatigen Vulkanen. Die Ausbriiche der Vulkane auf Neu-Seeland und des Mauna Roa (1415.000') auf Oweihi sind besonders heftig. Die niederen Inseln sind Korallen-Inseln , in deren Mitte gevvohnlich eine Lagune liegt, welche mit dem Ocean in Verbindung steht (Atolle oder Lagunen-Inseln), oder es sind Korallenriffe oder Korallenbanke. G. Beschreibung der Gewasser des Festlandes. . 42. Vorbegriffe. Die wichtigste Verkehrsstrasse ist das Wasser ; eie ist die natiirliche Verbindung verschiedener Volker und Kulturverhaltnisse, Producte und Bediirfnisse. Das volkerverbindende Meer, die Flusse, Seen und Kan ale bilden die Adern des Verkehrs, in welchem 47 das kommerzielle und industrielle Leben pulsirt, ZunSchst ist das Meer die grosse belebte Wasserstrasse , welche die entlegensten Glieder der menschlichen Gesellschaft mit einander verbindet , die grossen Markfplatze des Welthandels einander naher bringt und die Thatigkeit der Volker nach alien Richtungen entwickelt. Dessen Bedeutung fur den Verkehr nimmt in dem Masse zu , als die An- zahl der Beruhrungspunkte deeselben mit dem Festlande wachst. Je langer also die Ku'ste und je entwickelter sie ist , desto wichti- ger ist sie fiir die Kulturverhaltnisse und den Handel des Landes, desto mehr ist das Land berufen, an dem grossen Weltverkehr An- theil zu nehmen. Die Kiistenlange und die Kustenen t wick lung oder Kusten glie derung sind, wenn dieselben nicht durch allzu- grosse natiirliche Hindernisse paralisirt werden, die Vorbedingungen und die sichere Gewahr fiir den Aufschwung eines Landes in mer- kantiler und mittelbar auch in industrieller Beziehung. Die Flusse eind die wahren Lebensadern des ganzen Pflan- zen-, Thier-, Menschen- und Volkerlebens , sie iiben den machtig- sten Einfluss auf den Menschen und seine Lebensart aus. An den Stromufern begann die Civilisation zu dammern, an diesen erbliih- ten Industrie und Handel, Kiinste und Wissenschaften. Fast alle grossen Stadte liegen an bedeutenden Fliissen , und der Lauf der Flusse ist in fernen Landern der Wegweiser fur Einwanderer und Colonisten. Je vielfaltiger ein Land von schiffbaren Fliissen durch- schnitten wird, desto leichter gestaltet sich der Binnenverkihr. Die an solchen Flussen gelegenen Stadte geniessen zum Theile die Vor- theile der Seestadte, insbesondere, wenn der Fluss auch auf heimat- lichem, somit freiem Boden in das Meer sich ergiesst In der Regel nimmt die Grosse und Bedeutsamkeit der Stadte in dem Masse zu, als sie naher der Mundung rticken. Allein nicht bloss die Lange des Flusses ist beachtenswerth, mehr noch die vertikale Erhebung des Ursprunges uber dem Meere , denn von dieser hangt die Re- gelmassigkei t des Rinnsales und das Gefalle ab, und diese beiden sind es vorziiglich, welche den Werth eines Flusses, d. i. dessen Schiffbarkeit, bestimmen. In ihrem Quellgebiete sind die auf hohen Gebirgen entspringenden Flusse wegen des zu star- ken Gefalles und der Unregelmassigkeit des Rinnsales entweder gar nicht oder hochstens fiir die Thalfahrt schifibar; sie gewahren also nur den hal b en Vortheil gegeniiber jenen, welche fiir Thal- und Bergfahrt schiffbar sind. Erst im Mittellaufe und iin Miin- dungsgebiete erhoht sich ihre Bedeutsamkeit, welche durch die ein- mvindenden Neben- und Zuflusse, durch die anschwellende Wasser- masse und groesere Tragfahigkeit vergrossert wird. Inebesondere mu'ssen schift'bare Fliisse in dieser Hinsicht beriicksichtigt werden, da sie die Faden des Verkehrs mitunter in industriereiche Hinter- lander ziehen, letztere mit dem grossen Verkehr in Verbindung setzen, und dadurch ein wahrhaftes Verkehrsnetz ausspannen. Unter den Seen bieten die eigentlichen Fluss -Seen die mei- sten Vortheile schiffbarer Flusse , gewohnlich in erhohtem Masse ; bei den in Ebenen oder Tieflandern liegenden Binnenseen kommen 48 __ ihre Grosse und Kiistenentwicklung vorziiglich in Betrachtung. Jeden- falls sind auch sie bequeme und billige Verbindungsstrassen. Kanale dienen theils als Wasserstrasse , theils zur Entwas- serung oder Bewasserung , und sind daher entweder zunachst fiir den Handelsverkehr oder fiir den Landbau von Wichtigkeit. Der Zweck der ersteren Art von Kanalen ist die Verbindung schiffbarer Fliisse, des eigentlichen Fahrwassers, wodurch gewb'hnlich getrennte Flussgebiete, verschiedene Meere mittelbar einander naher geriickt, mit einander verbunden werden. Der Kanal durchschneidet in der Regel die Wasserscheide, und diese bestimmt sonach ebenso die Schwierigkeit des Unternehmens, als die Beschaffenheit der zu ver- bindenden Fliisse die Wichtigkeit des Kanals bestimmt. In kommer- zieller Beziehung waren solche Kanale von grosster Bedeutung, welche Meere mit einander verbanden. . 43. Das FlussgeSder in Europa. Das gesammte europaische Flussgeader gehort drei Meeres- gebieten an, namlich: I. dem Gebiete des nordlichen Eismeeres , II. dem Gebiete des atlantischen Oceans, und III. dem Gebiete des Caspi-Sees. I. Das Gebiet des nordlichen Eismeeres. 1. Die Petschora, U. *) am Ural, schiffbar aber unwirth- liche Ufer, Limanmiindung **) in die Petschora-Bai, unterhalb Pu- stosersk ; 2. der Me sen, schiffbar, M. bei Mesen in das weisse Meer; 3. die Dwina, entsteht aus zwei Quellfliissen (Suchona und lug), wird bei Nikolsk schiffbar, M. bei Archangel in die Dwina- Bucht des weissen Meeres; 4. die Onega, U. Wosche-See, durchfliesst den Latscha-See, aus welchem sie schiffbar tritt ; M. bei Onega in die Onega-Bucht des weissen Meeres. II. Das Gebiet des atlantischen Oceans, u. z. A. In die Ostsee : 1. Die Newa, Abfluss des Ladoga-Sees mit hohen, steilen Ufern, fahrbar ; M, finnischer Busen ; 2. die Narwa, schiffbarer Abfluss aus dem Peipus-See, J/. bei Narwa in den finnischen Busen; 3. die Dun a, U. aus den Sump fen des Wolchonski-Waldes, hat flache, sumpfige Ufer und in ihrem Bette viele Klippen; M. bei Riga in den rigaschen Busen; 4. der Nje'men (im Unterlaufe Mem el), U. uralisch-baltischer Landriicken, von Grodno an fiir grossere Fahrzeuge schiffbar; Delta- M. in das kurische Haff; Delta-Spaltung unterhalb Tilsit; *) U. = Ursprung; M. = Miindung. **) Limans im russischen Sinne sind Baien mit vom Meere gebildeten Sand- dammeh umschlossen. Die meisten Limans sind am schwarzen und asowschen Meere, und den wenigsten sind Inseln vorgelagert, was man haufig, aber irrig, als Eennzeicben cines Limau anzunehmen pflegt. 49 5. der Pregel , U. mehrere Quellen auf der Landhb'he von Ostpreussen, echiffbar; M. unterhalb Konigsberg in das frische Haff ; 6. die Weichsel, U. Bjeskiden in Schlesien, der grosste Fluss dea Ostseegebietes, bildet die Grenzscheide zwischen dem germanischen und slawischen Tieflande, wird bei Dwory fiir kleine, bei Krakau fur mittlere , bei Sandomirz fur grossere Fahrzeuge schiffbar, vermittelt den Verkehr von Westgalizien mit der Ostsee ; ihre schiffbare Lange betragt an 84 Meilen. M. in drei Hauptarmen : No gat und alte Weichsel in das frische Haff, Danziger Weichsel (bei Danzig) in die Danziger-Bucht. Nebenf'lusse: links: l.Brahe, M. nahe bei Bromberg, Kanalisation der Weichsel mit der Oder; 7. Die Oder, U. in den Sudeten in Mahren, tritt bei Ratibor von wo an sie schiffbar ist in die norddeutsche Tiefebene, der sie grosstentheils angehort, durchbricht spater den pouimerschen Landrucken , und erweitert sich nach mehrfachen Stromspaltungen zum Stettiner Haff, welches durch drei Strassen (Peene, Swine, die wichtigste fiir die Schiffahrt und Diwenow) mit der pom- merschen Bucht zusammenhangt. Nebenflttsse: rechts: 1. Dunajec von der Tatra, 2. San vom karpathischen Waldgebirge, 3. der Bug vom ostgalizischen Plateau. links: 1. die Oppa, 2. die Glatzer Neisse, 3. die K a t z b a c h , rechts: 1. die Warthe (mit derNetze, welche dnrch den Bromberger Kanal mit der Brahe verbunden ist). 4. der Bober, 5. die L a u s i t z e r oder Gorlitzer Neisse; 8. Die Trave, U. aus dem Plb'n-See, schiffbar, durch den Stecknitz-Kanal mit der Elbe verbunden. M. bei Travemiinde (Hafen von Liibeck) ; 9. die Fliisse (Elfe) der skandinavischen Halbinsel sind wegen der vielen Stromschnellen zur Schiffahrt nicht geeignet. Die bedeu- tendsten sind: der Tornea (mit dem MunSo) , Lulea, Pitea, Umea, Angermann, Dal, welche in die Ostsee miinden. B. In die Nordsee : 1. Der Gota-Elf, U. aus dem Wenern See, M. bei Goteborg in das Kattegat; 2. der Glomen, Abfluss des Oresund-Sees, M. bei Frede- rikstadt in das Skagerack; 8, die Eider, aus kleinen Seen in Holsfein, der Grenzfluss Deutschlands, M. bei Tunning (durch einen Kanal mit der Ostsee verbunden) ; 4. die Elbe, U. Siidabhang des Riesengebirges; (Quellen: Elbebrunnen und Weisswasser) ; von Pardubitz mit Flossen, von Mel- nik mit Schiffen , von Aussig mit Dampfschiflen befahren; der grosste Fluss der norddeutschen Tiefebene, welche sie in vorherr- schend nordwestlicher Richtung durchstromt. Ist sie auch fiir das industriereiche Bohmen nicht ohne Bedeutung, so gewinnt sie doch ihre Wichtigkeit erst nachdem sie verstarkt durch Bohmens grosste Klun's naadels-Geographie. 2. Aufl. 50 Fliisse nach Deutschland getreten; M. bei Cuxhafen (unterhalb Hamburg). Nebenflusse: links: l.Moldau, U. Bohmerwald, gchiffbar von Budweis bis zu ihrer Mundung auf einer Strecke von 42 Meilen, vermit- telt den Verkebr im Innern BShmeus, M. bei Melnik; 2. Eger, U. Fichtelgebirge, M. bei The- resienstadt. 3. Mulde, U. sachsisches Erzgebirge, M. unterhalb Dessau; 4. Saale, U. Fichtelgebirge, M. unterbalb Calbe ; a) Ilm (Weimar), b) Unstrut (Muhl- hausen), a) weisse Elster mit der Pleisse (Leip- zig). rechts: 1. Iser, U. Riesengebirge, M. bei Brandeis ; 2. schwarze Elster, U. Lausitzer Gebirge, M- oberhalb Wittenberg; 3. Havel, U au8 mehren meklenburgischen Seen, M. unterhalb Havelberg. (Nimmt links die Spree [Berlin] auf.) 5. Die Weser entsteht aus der Vereinigung der Werra und Fulda bei Miinden, durchfurcht das Weser Bergland in einem engen Thale und trittt dutch die Porta Westphalica in die germanische Tiefebene. Die Weser ist sowohl fiir Bremen als die Uferstaaten von hoher Bedeutung, sowohl fiir die Ausfuhr deutscher Natur- und Kunsterzeugnisse (nach Nord-America) , als fiir die Einfuhr fremder Produkte. M. bei Bremerhafen unterhalb Bremen. U. der Werra ist im Thiiringer Wald, der Fulda in der Rhon; 6. die Ems, U. auf dem Siidabhangc des Teutoburger Wal- des, M. bei Emden in den Dollart-Busen ; 7. der Rhein, U. Vorderrhein im kleinen Toma-See am St. Gotthard, Mittelrhein am Lukmanier, Hinterrhein am Rheiq- wald-Gletscher des Vogelberges. Vorder- und Mittelrhein vereinigeh sich bei Dissentis, bei Reichenau tritt der Hinterrhein hinzu. Schon von Chur an wird er schiffbar, er durchstromt sodann den Boden- see (den Mittelpunkt eines regen, durch Dampf- und Segelschiffe vermittelten Verkehrs zwischen seinen ftinf Uferstaaten), den er bei Stein verlsst, und bildet bei Lauffen den durch Breite und Wasser- fiille beriihmten Fall. Von hier bis Basel ist der reissende Fluss fiir die Schiffahrt wenig geeignet. Auch in seinem Laufe durch die oberrheinische Tiefebene (von Basel bis Bingen) hat er nur den Charakter eines grossartigen Wildwassers, ist in viele Arme voll sandiger Inseln und Untiefen gespalten, und erst in neuester Zeit fur die Schiffahrt von einiger Bedeutung. Die kommerziell bedeu- tenderen Stadte liegen an seinem rechten Ufer. Von Bingen bis Bonn ist er der natiirlichste und direkteste Weg fur den Verkehr zwischen Ober- und Niederrhein , Nord- und Siiddeutschlaud, von Dampf- und Segelschiffen so sehr belebt, wie kein zweiter Fluss auf dem Kontinente, verbunden mit dem inneren Frankreich (Mosel) und dem Herzen des intelligenten, industriereichen Deutschland (Main, Lahn). Nachdem er unterhalb Bonn in das niederrheinische. Tiefland getreten, tragt der breite und machtige Strom die grossten Fahrzeuge. An seinen Ufern und in den Thalern seiner Nebenfliisse herrscht die schwunghafteste Industrie (Wupper, Ruhr), die sehr dichte Bevolkerung empfangt und versendet die reichenErzeugnisse 51 der AgrJkultur und des Gewerbefleisses auf dieser bequemen Wag- serstrasse. Unterhalb des Einflusses der Lippe beginnt bald der Uebergang zum Deltalande. Bei Pannerden, an der Grenze Deutsch- lands, spaltet er sich in zwei Arme, die Waal (sudlich), der nord- liche Arm behalt den Namen Rhein. Die Waal miindet nach der Vereinigung mit der Maas (bei Gorkura) in die Nordsee, der Rhein spaltet sich wieder in zwei Arrae, der rechte (Yssel) ergieest sich in die Zuider-See, der linke bekommt nach kurzem Laufe den Na- men Leek. Der Leek spaltet sich neuerdings, sendet den ,,krummen Rhein" bis Utrecht, von wo dessen Wasser als Vecht und Amstel in die Zuider-See sich ergieesen, der ,,alte Rhein" fallt bei Katwyk in die Nordsee, und der Hauptarm des Leek verbindet sich mit der nordlichen Mundung der Maas. Die bedeutendsten Nebenflusse sind: links: l.Dic Thur, U. bei Wildhaus (Canton St. Gallen), M. bei Martbalen, 2. die A a r , U. Aargletscher auf der Grimsel, M. bei Koblenz (in der Schweiz), a) der Giessbach a) die Reuss ans im Berner-Ober- dem Vierwaldstat- land, ter-See, b)die Zihl (dnrch- bjdieLimmat aus tiiesst den Neuen- dem Zurcher-See, burger- und Bie- ler-See, 3. der 111, U. franz. Jura, M. nahe bei Strassburg, 4. die Nahe, U. am Hunsruck, M bei Bingen, 5. die Mosel, U. in den Vogesen, bei Metz scbiffbar, M. bei Coblenz. Zuflusse, rechts : Meurthe und Saar; 6. die Maas, U. auf dem Plateau von Langres, schiffbar bei Verdun, vereinigt sich mit der Waal (bei Gorkum), wird bei Bourmont fur kleine Fahrzeuge sch'ffbar, bei Rotterdam und im Hol- lands-Deep ittr Seeschiffe. M. in drei Hanptarmen in die Nordsee. rechts: l.Der Plessur, U. Churer-Alpe, M. unterhalb Chur, 2. die Landquart, U. Selvretta-Glet- scher im Prattigau mundet nach eincm 7 Meilen langen Laufe, 3. die badische Kinzig, U. im Schwarz- wald, I/, bei Kehl, 4. die Marg, U. im Schwarzwald, trennt den Schwarzwald vom Odenwald, M. nnterhalb Rastatt, 5. der Neckar, U. am Sudost-Fusse des Schwarzw aides, begrenzt die Rauhe Alp gegen Nordwesten, durchbricht den Odenwald, M. bei Mannheim, 6. der Main, U. am Fichtelgebirge, M. gegenuber von Mainz, a)die Regnitz, M. a) die frankische bei Bamberg, Saale, Jf.beiGe- b)dieTauber, M. miind, bei Wettheim, b)die Hanauer Kinzig, H. bei Hanau : 7. die Lahn, U. im Sanerland, trennt , den Taunus vom Westerwald, 3f. unterhalb Ems, 8. die Si eg, U. im Sauerland, begrenzt im Norden den Westerwald, M. unter- Sambre beiNa- O nrt (bei Luttich) halb Bonn, mur), Roer (bei Roer- 9. die Ruhr, U. am Rothlager-Gebirge, monde); M. bei Ruhrort, 10. die Lippe, U. im Teutoburger Walde, nahe der Ems-Queile, M. bei Wesel. 8. Die Schelde, U. am Westende der Ardennen, von Cam- bray fur kleinere Fahrzeuge schiffbar, von Antwerpen filr Seeschiffe. Am letzteren Orte sind Ebbe und Fluth sehr stark, und selbst noch bei Gent bemerkbar; der westlichste Fluss des niederrheinischen Tieflandes; M. in zwei Hauptarmen (Wester-Schelde und Oster- Schelde), siidwestlich vom Rhein-Delta ; 9. die Themse, U. aus der Vereinigung des Charwell und lais bei Oxford, ist gleich fur kleine Fahrzeuge schiffbar, und bei 52 London fiir Seeschiffe, iiber welchen Ort noch hinauf Ebbe und Fluth bemerkbar sind; auf ihrem ungefahr 30 Meilen langen Laufe hat sie nirgends hohe Ufer und ist Englands bedeutendster Fluss. M. unterhalb London; 10. der Humber, U. aus der Vereinigung der Ouse und Trent, M. bei Hull. Die ubrigen Fliisse Grossbritanniens, welche znm Gebiete der Nordsee gehiJren, sind meist KiistenflQsse und zunachst wegen der verzweigten Kanalverbindung unter einander von Bedeatung. (Forth, Ness, Severn U. im Gebirgslande von Wales, M. bei Bristol , Shannon in Irland, verbindet mehrere Seen unter einander, M. unterhalb Limmerick.) C. In den Canal la Manche und den Wscayischen Golf: 1. Die Somme, Kustenfluss, M. unferhalb Abbeville; 2. die Seine, U. am Coted'or; von Troyes an ist sie schiff- bar fiir Flues-, von Rouen an fur Seeschiffe; sie hat einen ruhigen Lauf, Ebbe und Fluth erstrecken sich bis auf 18 Meilen von der Miindung aufwarts. M. bei Havre de Grace. a) Yone, b) Enre, a) A u b e , b) Marne, M. bei Paris, c) Oise. 3. die Loire, U. am Gerbier le Joux in den Sevennen, der grosste Fluss Frankreichs, die Haupfpuleader des Verkehrs zwiechen dem Innern Frankreichs und den seine Kiisten bespulenden Meeren, indem das grosse Flussgebiet durch Kanalanlagen kiinstlich noch bedeutend erweitert wurde, trennt das Forez-Gebirge von dem Gebirgszug von Lyonnais und Charolais, schiffbar fur grossere Fahr- zeuge von Orleans an, im Mittellaufe ist die Schiffahrt mehrfach durch Sandbanke und Inseln, im Sommer auch durch Wassermangel gehemmt; M. unterhalb Nantes (bei St. Nazoire). a) Allier, trennt die Gebirge von Forez und Auvergne, M. unterhalb a) Mayenne (mit der Sarthe und dem Loir), M. bei Angers, Nevers, b) Cher, M. bei Tours, c) Vienne, M. nahe bei Saumur, 4. Die Charante; Kustenfluss, M. bei Rochefort; 5. die Garonne, U. an der Ostseite des Pyrenaen-Thales Aran (in Spanien) nach der Einmlindung der Dordogne (unter- halb Bordeaux) heisst sie Gironde, und ist nun iiber eine Meile breit. Von Muret ist sie schiffbar fur kleine, von Toulouse fiir grosse Fluss-, bei Bordeaux , bis wohin Ebbe und Fluth bemerkbar sind, fiir Seeschiffe; M. bei Royan; 6. der Adour, Kustenfluss, aus den Pyrenaen, M. unterhalb Bayonne. D. In den atlantischen Ocean (unmittelbar) : 1. Der Minho, U. im galizischen Gebirge, fliesst reissend, meist in einem breiten von hohen Gebirgen begrenzten Thale; M. bei Caminha; 2. der Duero (Douro), U. im kastilischen Scheidegebirge, er ist fortwahrend reissend, stromt zwischen hohen und steilen Ufern; insbesondere ist das rechte Ufer von eteilen Wa'nden begleitet; M. bei Oporto ; 53 3. der Tajo (Tejo), V. auf der Sierra Albaracin (Osttheil des kastilischen Scheidegebirges), der bedeutendste Fluss der pyrenai- schen Halbinsel, fliesst bis Abrantes, wo er schiffbar wird, und bis wohin die Meeresfluth bemerkbar iet , zwischen felsigen , steilen Ufern, von da an tritt er in ein breiteres Thai ; M. bei Liesabon ; 4. die Quadiana, U. auf der Sierra Alcaraz (nordostlicher Theil der Sierra Morena); M. bei Ayamonte; 5. der Guadalquibir, U. auf der Hochebene von Murcia, der breiteste Strom in Spanien , hat durch das ganze Jahr die be- deutendste Wassermenge im Gegensatze zu den drei erstgenann- ten Flussen und wird von kleineren Seeechiffen bis Sevilla, von Flussschiffen bis Cordova befahren ; M, bei St. Lucar (in den Golf von Cadix). . In das mitteUandische Meer: 1. Die Kiistenflusse an der Odtkuste der pyrenaischen Halb- insel: Segura, Xucar, Guadalaviar (M. bei Valencia); 2. der Ebro, U. auf dem kantabrischen Gebirge, von Am- posta an versandet, fur die Schiffahrt von keiner Bedeutung, nur der mit dem M'ttellauf parallel laufende Kaiserkanal wird befahren; M. unterhalb Tortosa ; 3. die Rhone, U. aus den Furka-Gletschern, wird in Frank- reich mit Dampfern befahren, ist von Genf bis zumFort de TEcluse und von Seyssel bis Aries sehiffbar, die Kanale von Aries und von Beaucaire setzen den Fluss Gstlich und westlich von seinen Miin- dungen mit dem Meere in Verbindung; M. unterhalb Aries. 1. Die Arve aus dem Chamonny-Thale, M. bei Genf, 2. die Is ere, U. in den cottischen Al- pen, M. bei Valence, die S a 6 n e , U. am Plateau yon Langres, M. bei Lyon, Zufluss: Doubs vom Schweizer Jura, M. oberhalb Chalons s/S. 3. die Duran ce, U. in den Seealpen, M. nnterhulb Avignon; 4. Der Kustenfluss Var, M. bei Nizza; 5. der Arno, U. Monte Falterona (toskanische Apenninen), M. unterhalb Pisa; 6. die Tiber, U. in den toskanischen Apenninen (Fumajolo), von Rom an schiffbar , Deltamiindung unterhalb Ostia (Nebenfluss links Nera) ; 7. der Kiistenfluss Garigliano, M. Golf von Gaeta; 8. die Kustenfliisse Volturno, M. bei Castel Volturno (unter- halb Capua), Sele (oder Silaris) in den Busen von Salerno, und Brandano in den Golf von Tarent. F. In das adriatische, jonische und agaische Meer: 1. Die Kiistenflusse, welche von den Apenninen dem adriati- schen Meere von Slid west nach Nordost zufliessen, sind meistens unbedeutend; die wichtigsten : der Ofanto, M. in den Golf von Manfredonia, Marechia, M. bei Rimini, Montone, M. unterhalb Ravenna ; 2. der Po, U. an der Nordseite des Monte Viso in den West- alpen , der wichtigste und grosste Fluss Italiens , echon oberhalb Turin schiffbar, wird von osterreichischen Dampfschiffen befahren. in seinem Mittellaufe mussen die Ufer durch Damme gegenUeber- schwemmungen geschiitzt werden. Eine auegebreitete Kanalverbin- dung mit den Nebenfliissen durchschneidet sein linkes Ufer, und er- hoht den Werth fur Schiffahrt und Verkehr. An seinen Miindungen sind haufige Ueberschwemmungen , und in dem Sumpflande liegen die Ortschaften grossentheils auf kunstlich erhb'htem Boden. Miin- dungs-Delta (Po della Gnocca und Punta della Maestra 45 nord- licher Breite, 30 ostlicher Lange). 1. Dora ripera (M. bei Turin), 2. Dora baltea (M. unterhalb Ivrea), 3. Sesia (M. unterbalb Casale), 4. Tessin (Ticino), U. in den lepontini- schen Alpen, M. sfldlich von Pavia, 5. die Adda, U. in der Nahe des Ortler, M. oberhalb Cremona, 6. der Oglio, U. in der Nahe der Adda- 1. der Tanaro, U. am Nordabhange der Apenninen (M. Cassini), M. unter- halb Alessandria, 2. die T r e b i a vom Nordabhange der Apenninen, M. nahe bei Piacenza, 3. die Enza, M. oberhalb Guastala, 4. die S e c c h i a , .ft/, gegenuber der Mincio- Mundung. Quellen, M. oberhalb Borgoforte, 7. der Mincio (vor dem Eintritte in den Garda-See Sarca), U. gegenuber den Oglio-Quellen, M. unterhalb Mantna; 3. Die Etsch, U. erhalt ihr Wasser aus dem Oetzthaler-Fer- nerstock (Langtauferer-Ferner), schiffbar unterhalb Botzen nach dem Einflusse der Eisack, das Bett ist im Oberlaufe felsig, im Miin- dungsgebiete schlammig, der Lauf in Tirol reissend, spater gemas- sigt; die schiffbare Lange betragt iiber 40 Meilen; M. bei Porto fossone (nordlich vom Po-Delta); 4. unter den Kustenflussen, welche in den nordlichen Theil des adriatischen Meeres fallen, eind die bedeutendsten : der Bac- chiglione, die Brenta, die Piave, der Tagliamento und der Isonzo; 5. die dalmatinisch en Kustenflusse sind sammtlich unbe- deutend: Zermagna (M. bei Novigrad), Kerka (M. bei Sebenico), Ce"ttina (M. in den Brazza-Kanal) , Narenta (M. in den Na- renta-Kanal) ; 6. der Drino, U, im Ochridasee, M. bei Alessio (oder Leech); 7. der Aspropotamos, U. am Zigos-Berge (Pindus), M. in den Golf von Patras; 8. der Vardar, U. am Schar Dagh (Skardus), M. in den Busen von Salonik ; 9. der Strymon oder Kar'asu, U. am Balkan, M. in den Busen von Contessa; 10; die Maritza (Hebrus), U. am Balkan, M. in die Bai von Enos. G. In das schwarze Meer: 1. Die Donau, U. im Schwarzwalde (Quellen: Brege, Bri- g a c h , Vereinigung bei Donaueschingen), Die Donau ist der m'ach- tigste Strom Mitteleuropas, und ausser der Wolga der grosste Euro- 5 as. Sie ist die Hauptpulsader fur den gesammten Verkehr zwischent em kraftig schaffenden Occident und dem reichen, aber industrie- armen Orient; sie ist fiir Oesterreich und Siiddeutschland von nicht geringerer Bedeutung als der Rhein fur West- und Norddeutsch- land ; beide aber haben die e i n e gemeinschaftliche Bestimmung : sie sind die wichtigsten Vermittler deutschen Fleisses, deutscher Kultur mit dem Auslande. 1st sie schon als Bindeglied der deut- schen Zollvereinsstaaten mit Oesterreieh von Bedeutung, so 1st ihr Lauf mitten durch das Herz des Kaiserstaates, durch das auf- bliihende iiberreiche Ungarn und die siidlichen, an Agrikultur-Er- zeugnissen reichen Kronlander gleichsam die Pulsader fur das ge- sammte kommerzielle Leben unseres Vaterlandes. Wahrend sie beim Beginne ihrer Schiffbarkeit (Ulm) nur Schiffe bis 500 Zentner Last tragt, wird sie bei Donauworth schon von Dampfschiffen befahren, und im Kaiserstaate steigert sich ihre Tragfahigkeit bis auf 6.000 Zentner, ja sogar fur Kriegsschiffe mit 40 Kanonen. Ihre Quellen liegen etwa 2200' hoch, bei Press burg betragt die Seehohe je- doch nur mehr 400'; die Ebenen der mittleren und unteren Donau liegen demnach tief, der Lauf des Stromes, der von Of en an noch zwei Drittheile seines Weges zuriickzulegen hat, ist langsam, und zur Thai- und Bergfahrt sehr geeignet. In Oesterreieh und bis zur Miindung vermittelt den Hauptverkehr die ,,Donau-Dampfschiffahrt8- Gesellschaft" *), deren Dampf- und Schleppschiffe regelmassig nicht nur die Donau von Linz bis Galacz, sondern auch die Theiss bis Tokay, die Save bis Sissek, die Drave bis Essek und den Bega- Kanal befahren. An diese grosse Wasserstrasse, welche der osterreichischen und deutschen Industrie und dem Handel viele Ab- satzquellen eroffnet, schliessen sich die schiffbaren Fliisse der mei- sten Kronlander an; insbesondere sind die Alpen- und Karpathen- Lander mit ihren materiellen Interessen durch ihre bedeutendsten Flusse enge mit der Donau verkniipft und dem Haupthandelszuge naher gebracht. An den Einmundungen in die grosste Verkebrs- ader des Reiches entwickelt sich ein lebhafter, stets wachsender Handel. Der innere Verkehr, so wie der osterreichische Export- und der deutsche Durchfuhrhandel geben diesem deutschen Strome eine Wichtigkeit, welche nach Beseitigung mancher Storungen an des- sen Miindung und durch dessen vollstandige Freimachung noch ge- steigert werden wird. Die schiffbaren Strecken der zum osterreichi- schen Donaugebiete gehorigen Flusse haben eine Lange von bei- laufig 630 Meilen. Sie miindet in fiinf Hauptarmen, die drei grOss- ten : Kilia-, Sulina- und St. Georgs-Miindung. Die bedeutendsten links: 1. Die Altmuhl, U. auf der schwEbisch- frankischenTsrrasse, M. beiKehlheim, 2. die Naab, 7. im Fichtelgebirge, M. oberhalb Regensburg, 3. der Beg en, U. im Bohmerwalde, M. bei Regensburg, 4. die March, U. am Glatzer-Schnee- berge, M. bei Theben, 5. die Waag, U. am Liptauer-Gebirge (Kralova hora KOnigsberg), M. bei Komorn, Nebenflusse sind: rechts: 1. die Iller, V. auf den AJgauer- Alpen, M. bei Ulm, 2. der L e c h , U. am Hornspitz in Vorarl- berg, M. unterhalb Donauwdrth, 3. die Is ar, U. auf den bairischen Al- pen, M. unterhalb Straubing, 4. der Inn, U. aus dem Lac d>e Lugni auf dem Septimer (Schweiz) in seinem Unterlaufe schiffbar, M. bei Passau, (Zufluss: Salza), *) Im J. 1857- befOrderte sie uber 15% Mill. Pfd. Frachtguter und fiber 600.000 Personen; im J. 1838 zeigte sich beim Transports von Frachtguteru eioe Vermeh- rung urn mehr als 7%, bei jenem von Personen (einschliessig des Militars) eine Verminderung um beilaufig 10%. 56 links: 6. die Gran, U. am Sudabhange der Kralova bora, M. gegeniiber von Gran, 7. die Eypel (oder Ipoli), U. am Ho- melka-Berge, M. unterhalb Gran, 8. die Theiss, U. im siidl. karpathi- scben Waldgebirge, M. unterhalb Titel, (Znflusse: Szamos, Kor6s, Maro?), 9. die Alata, U. auf dem Borszek- Gebirge, M. gegeniiber von Nikopoli, 10. der S ereth, U. auf dem Ostabbange des karpathischen Waldgebirges, M. zwischen Braila und Galacz, 11. derPruth, U. auf dem Nordabhange des karpathischen Waldgebirges, M. unterhalb Galacz; rechts: 5. die Enns, V. auf dem Tauern-Zuge, M. unterhalb Enns, 6. die Raab, U. in den Fischbacher Al- pen, M. unterhalb Eaab, 7. die Drave (Drau), U. im Pusterthale (Toblacher-Fekl in Tirol), M. unterhalb Essek, (Zufluss: Mur), 8. die Save (SauJ, U. in den Krainer- Alpen (Nahe des Triglav) , M. bei Semlin (gegeniiber Belgrad), 9.die Morawa, U. (Ost-Morawa am Schar Dagh, West -Morawa 'auf den dinarischen Alpen , Vereinigung bei Krusewac in Serbien), M, unterhalb Semendria. 2. Der Dnjestr, U. am Nordabhange des karpathischen Waldgebirges, von Sambor bis zur Stry-Mundung (Galizien) breiten sich grosse Siimpfe am rechten Ufer aus, er ist reissend, Belt und Wasser sind schlammig, bei Chotym (Eintritt nach Russland) tritt er in die Ebene, bei Jampol (Podolien) wird die Schiffahrt durch einen Wasserfall unterbrochen; M. oberhalb Akjermann ; 3. der Dnjepr, U. am Siidabhange der uralisch-baltlschen Landhohe, wird schoji bei Smolensk schiffbar, unterhalb Kiew ge- fahrliche Strudel, steht durch Nebenfliisse, aus welchen Kanale in die Weichsel, den Bug, Niemen und die Diina fiihren , mehrfach mit der Ostsee in Verbindung; M. bei Cherson; 4. der Don, U. in den Morasten des Gouvernements Tula (See Iwanow) ; M. oberhalb Asow. III. Dos Gebiet des Caspi- See's : 1. Die Wolga, U. auf der Waldai-Hohe (oder dem Wol- chonski-Gebirge), der grosste Fluss Europas, schon bei Rzew Wla- di^mirow fiir mittlere, bei Twer fur sehr grosse Fahrzeuge schiffbar, \v^rd auch mit Dampfern befahren. Die Wolga ist der Mittelpunkt des grossen russischen Kanalsystems, welches einen lebhaften Ver- kehr zwischen dem holz- und pelzreichen Norden, dem metallreichen Osten, dem fisch- und salzreichen Suden und dem getreidereichen Innern vermittelt ; die Kunst hat eine vielfache Verbindung der bedeutendsten Seekiisten mit dem Innern hergestellt. Die Ufer sind meist flach und Ueberschwemmungen ausgesetzt ; bei Nishnji Now- gorod treten steile Berge an das linke Ufer, bei Saratow ist sie eine halbe Meile, spater drei Meilen breit; M. in einem sechzig- bis siebzigarmigen Delta unterhalb Astrachan. 1. die Ok&, U. in der Nahe der Don- Quellen, M. gegeniiber von Nishnji 1. Die Kama, U. am Ural, M. unter- halb Kasan. Nowgorod. (Zufliisse: Moskwa, Upa.) 2. Der Ural, U. am siidlichen Ural; M. bei Gurjew, Grenz- fluss zwischen Europa und Asien. 57 Vergleichende Uebersicht einiger Hauplflusse Europa's, Name des Flusses Seehohe der Quelle Direkter Ab- stand zwi- schen Quelle and Miindung Strom- entwickelang Stromgebiet Wol^a 840' 210 Meilen 430 Me len beilaufig 30000 QM Donau ... 2200' 220 380 14400 Elbe . . . 4^60' 80 155 2800 Rhein 7940' 90 150 4000 Weichscl Loire . . . 3500' 4310' 70 80 130 130 3.600 2400 2000' 70 120 2 100 Rhone 5750' 60 109 1.760 Seine . 2340' 55 92 1.200 Weser . . 2100' 50 70 870 . 44. Landseen von Enropa. Europa hat viele, aber (im Verhaltnisse zu den andern Erd- theilen) nur kleine Seen; die Gesammtflache derselben betragt etwa 2100 QMeilen, woven auf Russland iiber 1600, auf Sehweden und Norwegen 240 QMeilen entfallen. Die meisten derselben sind Fluss- seen, einige eind Quellseen. Um die Osteee zieht sich im angrenzenden Tieflande ein Ring von zahlreichen grosseren und kleineren FJuss- und Quellseen (,,bal- tischer Seengiirtel"). Die ebenen Kiistengegenden an der Westseite der Ostsee werden 'vom Hochlande durch eine Reihe grosserer L mdseen geschieden: der Wenern-, Wettern-, Hjalmar- und Malar-See auf der skandinavischen Halbinsel; in den Landschaf- ten um den finnischen Meerbusen sind die Seen meist von Siiden nach Norden gestreckt: Ladoga-, Onega-, Ilmen- und Pei- pus-See; langs der Siidkuste liegen gleichfalls viele kleine Seen im norddeutschen Tieflande. Um die Nordsee sind auf der Halbinsel Juttland und in Gross- biitannien mehrere kleinere Seen gelagert, der grosste Loch Ness in Schottland. Die in den Hochthalern der Alpen liegenden Seen sind sammt- lich klein , die urn den Fuss derselben an der Nord- und an der Siidseite ausgebreiteten dagegen meist von betrachtlicher Grosse. Am Nordfusse der Alpen: der Genfer-, Neuf chat eler- (oder Neuenburger-), Murtener-, Bieler-, Thuner-, Brien- zer-, Vierwaldstadter-, Zuger-, Wallenstadter-, Zur- cher-See, der Bodensee, der Ammer-, Wurm-, Tegern-, Chiem- und Konigssee, der Traunsee. Am Siidfusse der Alpen: der Lago maggiore, L ago di Lugano, di Como, d'Iseo und di Garda. Am Ostabhange der Alpen: der Neusiedler- und der Flatten- See (in Ungarn). Die Seen auf der apenninischen Halbinsel sind meist kleinere, abgeschlossene Seebecken : Lago di Perugia (Trasimenus), di B o 1- 58 s en a und di Celano (lacus Fucinus). Das gleiche Verbal tniss findet sich auf der griechischen Halbinsel; die bekannteren sind: der See von Ochrida und von Janina (in Albanien), der Topo- lias- oder Kopais-See (in Mittelgriechenland). Ladoga-See. Onega Wenern Ilmen Hjalmar Malar Flatten Genfer GrOsse einiger Seen in Europa: ... 325 DM. ... 195 ...108 10 15 12 9., Bodensee 8. 5 Nensiedler-See 7., Garda 6. s Lago maggiore 4.. Neufchateler-See 4. 2 Comer-See 3., Vierwaldstadter-See 2., Lago di Celano 3. 7l , Perugia 2 Chiemsee 1. 4 Zurcher-See 1.. Loch Ness l. s Janina See 1., . 45. Das Flassgeftder in Asien. Das asiatische Flussgeader gehort folgenden Gebieten an: I. dem Gebiete des nordlichen Eismeeres, II. grossen Oceans, III. ,, indischen Oceans, IV. ,, mittellandischen und schwarzen Meeres, V. der Binnenseen (und die Steppenfliisse). 1. Das Gebiet des nordlichen Eismeeres. 1. Der Ob, U. am kleinen Altai, hat das grosste Flussgebiet unter den asiatischen Flussen , M, bei Obdorsk in den Obiechen Busen, Nebenflusse: links: l.Irtisch, Z7. auf dem grossen Altai, durchfliesst den Dzaisang-See, M. un- terhalb Tobolsk. (Zuflusse: Ischim und Tobol.) rechts: I.Tom, U. im Kuznezk-Erzgebirge, M. unterhalb Tomsk, 2. Tschulym, miindet nBrdlich von der Tom-Mundung. 2. Der Jenieei, U. im Altai im chinesischen Reiche, hat nach dem Ob das grosste Flussgebiet in Asien ; M. in den Jenisei-Busen. Nebenflusse: links: rechts: 1. die obere Tunguska (oder An- gara), U. am Altai, durchfliesst den Baikal-See, M. oberhalb Jeniseisk, 2. die mittlere oder Stein-Tunguska, 3. die ant ere Tunguska. 3. die Lena, U. im Baikal- Gebirge, Delta-Mundung in den gleichnamigen Busen. Nebenflusse: links: rechts: 1. der Witim, U. in den Daurischen Alpen, M. bei Witimska, 2. der Aldan, U. anf dem Jablonoi- Gebirge, M. unterhalb Jakuzk. 4. Die Indigirka, U. am Alanischen Gebirge, Delta-Mun- dung (167 ostl. Lange); 59 5. die Kolyma, U. auf dem Stanowoj-Gebirge, Delta-Miin- dung unterhalb Nishnji Kolymsk. II. Das Gebiet des grossen Oceans: 1. Der Amur (oder Saghalian) enfsteht aus der Vereinigung des Schilka mit dem Argun (im Oberlaufe Kerlon), beider U. in den Daurischen Alpen; er ist breit und tief, reich an Zufliissen und Inseln , und scheint bestimmt zu sein , die Hauptverbindung zwischen dem asiatischen Russland und dem Weltmeere zu vermit- teln, obgleich seine Miindung in das ochozkische Meer seicht und nur drei Monate vom Eise frei ist; 2. der Hoang-Ho (oder gelbe Fluse), U. am Kuen-Lin, M. in das gelbe Meer; 3. der Yan-tse-Ki an g (oder blaue Fluss), U. aus der Ver- einigung von drei Armen, wovon der Hauptarm (Kin-cha-Kiang) in Tiibet entspringt ; M. unterhalb Nanking in das chinesische Meer. Diese beiden Zwillingsstrome bewassern mit ihren zahlreichen Neben- fliissen ein ausgedehntes, dicht bevolkertes Kulturland , die grosste Kornkammer der Erde. Der Hoang-Ho wird wegen des reissenden Laufes fast nur zur Thalfahrt beniitzt, und das Miindungsgebiet wird durch grosse Wasserbauten und Kanale vor Ueberechwemmun- gen geschutzt; auf dem Yan-tse-Kiang hingegen herrscht eine un- gemein lebhafte Schiffahrt in den vielen Provinzen, die er durch- stromt, welche durch da3 grossartige Kanalsystem Chinas derart ge- steigert wird, dass die Binnenschiffahrt Chinas einen der ersten Platze auf der Erde einnimmt. ///. Das Gebiet des indischen Oceans i 1. Der Menam-Kong (oder May-Kaung, oder Cam- fa odja^, U. am tiibetanischen Hochgebirge, M. in das sudchine- sieche Meer (nordostl. vom Cap Cambodja^; 2. der Men am, U. am tiibetanischen Hochgebirge, M t bei Bangkok in den Busen von Siam; 3. der Thalayn, U. im tiibetanischen Hochlande, M. bei Martaban in den gleichnamigen Golf; 4. der Irawaddy, U. im tubetanischen Hochlande, bewassert; das Land der Birmanen, wo er sich in viele Arme spaltet, M. in vielen Armen bei Rangun in den Busen von Martaban ; 5. der Brahmaputra (oder Burremputr), U. nicht genau be- kannt (der Dzangbotsiu soil der Oberlauf des Brahmaputra oder dea Irawaddy eein), M. in mehreren Armen (die grossten vereinigt mit jenen des Ganges) in den Busen von Bengalen; 6. der Ganges, U. am Himalaya, der heilige Fluss der In- dier. Durch zahlreiche Nebenfliisse verstarkt tritt er jahrlich fiber sein.e niederen Ufer, und befruchtet durch Ueberschwemraungen das eigentliche Land, wo der Reis, das Zuckerrohr, die Baumwolle und die Banane gedeihen. Ira unteren Laufe nahert er sich dem Brah- maputra, beide bewassern Bengalen, vereinigen sich im Miindungs- gebiete und der Strom ftieest durch morastige Waldungen die Heimat des Tigeijs in sehr vielen Armen (der westliche bei Cal- cutta) dem Buaen von Bengalen zu ; _JO__ 7. die kleineren Fliisse auf der vorderindischen Halbinsel, der Godavery, Kistnah (oder Krischna) und Ca very entspringen am Ostabhange des West -Ghats, durchstromen das Plateau von Dekan, und milnden in den Busen von Bengalen; der Nerbudda miindet auf der Westseite der Halbinsel in die Bai von Cambay; 8. der Indus (oder Sind), U. im Kailas-Gebirge (Nordseite des Himalaya). An den ostlichen Ufern seines Mittellaufes liegt das fruchtbare Hiigelland des Pengab (Pendschab), im Unterlaufe dehnt eich eine weite, waseerlose, von Biiffelheerden und Kameelen be- wohnte Steppe aus, welche wegen der hohen Flussufer durch Ueber- schwemmungen nicht befruchtet werden kann. Er epaltet sich in ein grosses Miindungsdelta unter Hydrabad, und fallt in vielen Armen in das persische Meer, links: Nebenflusse: 1. Dschunab, welcher mit seinen vier grossten Zuflussen Satadru, Beas (fli- phasis), Dschylum (Hydaspes), und Ravi (Hydrastes) das Pendschab (Funfstrom- rechts l.der Kabul aus Afghanistan, durch- bricht dea Ostrand des Plateaus von Iran (Verbindungsstrasse nach Hin- dostan). land) bewassert. 9. Der Euphrat und Tigris, U. der beiden im armenischen Hochlande; sie fliessen fast parallel, und schliessen die im Alter- thume fruchtbare, jefzt aber wtiste Ebene Meeopotamien ein. Der Lauf des Euphrat ist fiir eine Verbindung des Orients mit dem Occidente besonders giinstig, und dessen Bedeutung wiirde durch die Ausfiihrung der projectirten Dampfschifiahrt und Eisenbahnver- bindung fiir Europa sehr erhoht werden. Diese Zwillingsfliisse ver- einigen sich vor ihrer Miindung (in den persiechen Meerbusen) und fiihren vereint den Namen Schat-el-Arab, welcher ein herrliches Kul- turland, fruchtbar und gut bevolkert, durchstromt. IV. Das Gebiet des mittelldndischen und schwarzen Meeres: 1. Der Assy (Orontes), V. an der Ostseite der syrischen Berg- kette, M. unterhalb Antakieh (Antiochia) in das syrische Meer; 2. mehrere Kiistenfliisse, darunter Seihun (Cydnus), M. bei Tarsus; Minder (Maander) und viele kleinere ; 3. der Kisil-Irmak (Halys), U. im Anti-Taurus, M. unter- halb Bafra m das schwarze Meer; 4. der Kuban, U. im Kaukasus, unweit des Elbrus, M. ein Arm ins schwarze, der zweite ins asow'sche Meer. V. Das Gebiet der Binnenseen und die Steppenfltisse : a) des Caspi-Sees: 1. Der Kur, U. im armenischen Hochlande (nordlich der Eu- phrat-Quelle), M. unterhalb Saljan. (Nebenfluss Aras [Araxee]) ; 2. der Terek vom Kaukasus, mundet in vielen Armen. b)Des Aral-Sees: 1. Der Gihon (oder Amu Darja Oxus), U. am Hindu Kho, M. in das Sudende (unterhalb Conrad); 2. der Sihon (oder Sir Darja, -- Jaxartes), U. am Mus Tagh, Delta-Munduug an der Nordostseite. 61 c) Unter den zahlreichen Flussen , welche in die kleineren Seen miinden, sind: der Jordan, U. am Berge Hennon (Antiliba- non); er durchfliesst den kleinen, im Sommer meist ausgetrock- neten See Merom und den durch seine tiefe Lage, das fast tropische Klima und die reizende Umgebung ausgezeichneten See Genezareth, und fallt in das todte Meer; der Tarim, U. im Quellbezirke des Gihon, fliesst in den Lop No or (40 nordlicher Breite). Vergleichende Uebersicht der Hauptflusse Asiens: Name des Flusses Direkter Ab- stand zwi- schen Quelle und Miindung Strom- entwickelnng Stromgebiete Yan-tse-Kiang .... Hoang-Ho . 390 Meilen 280 650 Meilen 570 35.000 34.000 UMeilen Ob 270 475 64000 300 440 37.000 290 430 38000 Jenisei Indus 315 200 410 340 47.000 19.000 200 300 30000 }mit dem Enphrat 150 170 300 230 11.200 8000 Cmit dem Tigris) Sihon 190 230 6000 Tarim . . 180 200 10.000 . 46. Landseen von Asien. Die meisten Seen Asiens, welche zusammen (ohne den Caspi- See) an 4500 Q M. einnehmen, liegen im nordlichen Theile und auf der Scheitelflache Ostasiens. Die Seen von Inner-Asien liegen meist sehr hoch, die sibirischen schon tiefer, die westlichen am tiefsten. (Aral-See nur 34' fiber dem Meere, der Caspi-See an 76', das gali- laische Meer 625', das todte Meer beilaufig 1300' unt er dem Niveau des Mittelmeeres.) Grosse einiger Seen in Asien : Caspi See etwa 7500 DM. Aral- 1380 Baikal-See 558 Balkasch-See etwa 300 Wan-See etwa 78 DM. Urumia-See 77 Dzaisang-See etwa 56 Todtes Meer 20 . 47. Das Flussgettder in Africa. Die hydrographischen Verhaltnisse Africa's eind bis jetzt nur sehr unvollstandig bekannt. Das grosste Flusegeader ist im Hoch- Sudan und im Hochlande Siid-Africa's ; von den getrennten Gebirgs- gliedern kommen nur Kiistenflusse; weiters sind die haufigen Strom- schnellen der Schiffahrt hinderlich, wodurch das Eindringen in das Innere des Kontinentes fast unmoglich wird. Das africanische Flussgeader gehort drei Gebieten an: I. dem Gebiete des Mittelmeeres, II. atlantischen Oceans, III. indischen 62 I. Das Gebiet des mittelldndiscJien Meeres: 1. Der Nil, entsteht aus zwei grossen Fliissen, Bahr el Azrak (blauer Fluss) und Bahr el Abiad (weisser Fluss), welche eich bei Chartum vereinigen. Der blaue Nil entsteht auf dem abyssinischen Plateau von Dembea , und durchfliesst den Tsana-See; die Quelle des weissen Nil ist noch nicht bekannt (vielleicht im Nyassi-See ?). Nach der Vereinigung nimmt der Nil den Atbara (im Oberlauf Tacazze genannt) und dann keinen Nebenfluss mehr auf. Der Nil ist erst in seinein untern Laufe (nach den letzten Katarakten bei Syene) fiir die Schiffahrt von Bedeutung. In Folge der tropischen Regen in seinem Quellgebiete echvvillt er vom Ende Juni bis Ende September an, uberschwemmt das ganze Thai, fiihrt guten Frucht- boden herbei, und erhuht allmahlig das Flussbett. Kiinstliche Seen und Kanale fiihren das Wasser auch in entferntere Gegenden. Im Friihjahr ist das Land eine diirre Wiiste, im Sommer ein See, aus welchem Hauser und Dorfer gleich Inseln hervorragen, im Spatherbste die reichste Kulturlandschaft, statt dem Alterthume eine Kornkammer. Unterhalb Cairo erweitert sich das Thai, die Ufer sind wiiste, es beginnt die Deltabildung, deren bedeutendste Arme bei Rosette und bei Damiette in das Meer sich ergiessen. 2. Einige unbedeutende Kilstenfliisse. 77. Das Gebiet des atlantisclien Oceans: 1. Der Oranje (oder Gariep) entsteht aus der Vereinigung des schwarzen Flusses (Nu-Gariep) und des gelben Flusses (Ky- Gariep), und miindet beim Cap Voltas (29 siidl. 34 ostl.) ; trotz der bedeutenden Lange wird er wegen der geringen Tiefe zur Schiff- fahrt nicht benutzt; 2. der Coanza; M. unter 9 siidl.; 3. der C o n g o (oder Zaire), Ursprung unbekannt, M. unter 6 sildl. ; 4. der Niger (im Oberlauf Djoliba, spater Quorra geheiesen) entsteht im Hoch-Sudan, nimmt links dieTschadda auf (ein wasser- reicher Fluss aus dem Tubori-See, eudostlich vom Tsad-See). Der Niger (Isa) bildet die grosste schiffbare Wasserstrasse des Konti- nentes, und bei Kdbara den Hafen fiir das fiinf Stunden vom Haupt- strome entfernte Timbuktu, den Mittelpunkt der nordafricanischen Handelsstrassen, den bedeutendsten Marktplatz des ganzen Niger- febietes, welches von ziemlich civilisirten Negern (Fellata), die Acker- au und Gewerbe treiben, dicht bevolkert ist. Der Handel ist in den Handen der Fremden. Der Nebenfluss Tschadda scheint die einzige raturliche Strasse in das Innere zu eein , da Stromschnellen und Felsbanke die Schiffahrt auf dem Niger vielfach hemmen. Das Mun- dungsgebiet ist ein sumpfigee, von undurchdringlichen Waldungen bedecktes Delta, und die starken Schlammablagerungen erweitern stets die Kiiste. Er miindet in einem grossen Delta zwischen den Golfen von Benin und Biafra; 5. der Rio grande, kommt aus dem Hoch-Sudan (Quelle ungewiss), und mundet gegeniiber den Bissagos-Inseln ; 6. der Gambia, aus dem Hoch-Sudan (Quellen ungewiss), M. unter 13 l / 2 nordl.; V. der Senegal aus dem Hoch-Sudan, entsteht aus zweiFltis- sen, dem Bafing und dem Kokoro; M. unter 16 nordL Die drei letztgenannten Fluase ergiessen sich in grossen Delta- Miindungen in das Meer, iiberschwemmen vom Juli bis October das Land (Senegambien), wovon eine so ausserordentliche Fruchtbarkeit herriihrt, dass kiinstlicher Ackerbau gar nicht Bediirfniss ist. Der Gambia und der Senegal sind durch das Steigen der Meeresfluth (bis etwa 40 Meilen auf warts) auch fur Seeschiffe fahrbar. Der Senegal scheidet die Wiiste Sahara von den fruchtbaren, angebauten Kustenlandern Westafrica'a, die nomadischen Araber von den sess- haften Negern, die Viehzucht und Gewerbe betreiben. Der Export am Senegal ist in den Handen franzosischer, am Gambia eng- lischer und in den siidlichsten Theilen des Landes portugie- eischer Colonisten. III. Das Gebiet des indischen Oceans : 1. Der Limpopo, U. auf den Drachenbergen, M. in die La- goa-Bai ; 2. der Zambesi, U. auf der Hochebene Lobale, durcbbricht das Lupata-Gebirge, und milndet in fiinf Hauptarmen (bei Quilli- mani); einer der grossten Strome Siidafrica's. Ungeachtet des Reich- thums der Vegetation und der Thierwelt ist das Milndungsgebiet wegen der Versumpfungen hochst ungesund, eo dass in der portu- giesischen Strafkolonie nur 5 bis 7% Europaer das fiinfte Jahr iiberleben. Diese Besitzungen sind nur als Stationen fiir die Schiff- fahrt nach Indien von einiger Bedeutung; 3. der Liwuma, M. N. W. vom Cap Delgado ; 4. der Sabaki, M. bei Melindah; 5. der Wabbi (oder Web) ergiesst sich in den Strandsee Ballis, 1 nordl., ohne das Meer zu erreichen. . 48. Landseen in Africa. Unter den Binnenseen, welche sich im Innern Afrika's er- etrecken, sind verhaltnissmasgig am besten bekannt: 1. Der Ngami-See (14 Q M.) auf der Hochebene des Innern, im Norden der Waste Kalahari (22 '/ 2 sudl. B.); 2. der Nyassi-See (Niandscha-See, Ukerewe-See) mit sehr vielen Zufliissen, wichtig iftr die Schifiahrt und Strassen nach dem indischen Ocean; 3. der Fittre'-See im Lande Wadai; 4. der T sad- See, westlich vom vorigen, mit vielen bewohn- ten Inseln ; Zufliisse: der Schari vom Suden, der Yeou vom Westen ; 5. von Marokko bis an das Gebiet von Tunis, im und sudlich vom Atlas zieht sich ein Giirtel von Salzseen hin; 6. unter den abyssinischen Alpenseen ist der Tsana- (oder Dembea-) See der grosste (etwa 150 Q M.), mit vielen Inseln; dann der Salzsee Assal, welcher tiefer als der Meeresspiegel liegt. . 49. Das Flussgciider in America: Amerika hat die grossten Strome und Susswasserseen der 64 Erde; es ist der wasserreichste und der wohlbewasserteste Konti- nent. Das amerikanische Fiussgeader gehort drei Meergebieten an: I. Dem nordlichen Eismeere, II. atlantischen Oceane, und III. grossen Oceane. I. Das Gebiet des nordlichen Eismeeres: 1. Der Mackenzie, U. unter dem Namen Athapaska im Felsgebirge, durchfliesst den Athapaska-See, tritt als Skla- venfluss aus diesem heraus und in den grossen Sklaven- See, welchen er als Mackenzie verlasst. Vom grossen Baren- see nimmt er den grossen Barenfluss auf. M. in einem Delta (unter 69 n. und 117 w.); 2. der Kupferminenfluss, ein Abfluss einer Reihe kleiner Seen, miindet in den Kronungs- (Coronations-) Golf; 3. der Back-Fluss, Abfluss des Aylmer-Sees, fliesst durch den Garry-See (miindet unter 67 n. 77 w.). II. Das Gebiet des atlantischen Oceans: 1. Der Churchill, entsteht in einem kleinen See, fliesst durch mehrere Seen, und miindet (bei Fort Churchill) in die Hud- sons-Bai ; 2. der Nelson, der Hill, der Severn und der Albany, sammtlich Abfliisse des W in i peg -Sees (welcher den Fluss Saskatchawan und mehrere Steppenfltisse aufnimmt), miinden in die Hudsons-Bai; 3. der St. Lorenzstrom, der Abfluss fiinf grosser Seen, namlich des Oberen Sees, des Michigan-, Huronen-, Erie- und Ontario-Sees. M. bei Quebeck in den St. Lorenz - Busen. Zwischen dem Erie- und Ontario -See der Niagara-Fall (Welland- kanal) ; 4. die Kustenfliisse des atlantischen Ocean?, wasserreich aber mit kurzem Laufe, entspringen auf den Alleghanies. Die bedeuten- deren (von Norden nach Siiden) sind: St. John, Connecticut, Hudson, Delaware, S usqu ehannah, Potomak und St. James; 5. der Missisippi, der zweitgrosste Strom der Erde, hat seinen Ursprung im Itaska-See, mit vielen Stromschnellen, wird schiffbar beim Fort Antony, M. unterhalb Orleans in den Busen von Mexico. Sein Miindungsgebiet ist ein sumpfiges, vielarmiges Delta, welches jahrlich iiberschwemmt wird. Nebenfliisse: links: i rechts: 1. der Illinois. U. nahe dem Siidufer 1. der Missouri, U, im Felsengebirge, des Michigan -Sees (mit dem er in periodischer Verbindnng steht); M. M. bei St. Louis ; 2. der A r k a n s a s , U. im Felsengebirge,. nahe bei St. Louis (gegenuber der M. unterhalb Little Rock; Missouri-Miindung) ; I 3. der rothe Fluss (oder Red River). 2. der Ohio, U. in den Alleghanies, wasserreich , schiffbar , M. oberhalb Nen-Madrid. (Zufluss, Tenesse aus den Allc- ghanies ; 65 6. Der Rio del Nor te, U. im Felsengebirge, Delta-M. in den mexikanischen Busen (unterhalb Matamoros). In seinem Unter- laufe gefahrden Sandbanke und Untiefen die Schiffahrt; 7. der St. Juan-Fluss, der kurze Abfluss des Nicaragua- Sees in das Antillen-Meer; 8. der Magdalenen - S trom mit eeinem Nebenflusse Kauka r U. am Gebirgeknoten los Pastes, er wird vielfacb fiir den Waaren- transport benutzt; M. in der Nahe von Cartagena; 9. der Orinoko, U. 5m Hochlande von Guyana, M. in einenv vielarmigen Delta in Venezuela. (Vom Orinoko geht der Cassiquiare zum Rio negro Nebenfluss des Maranon ; die bedeutendste bekannte Bifurkation.) 10. Die Kiistenfliisse von Guyana: Essequibo, Deme- rary, Surinam, Maroni, Oyapok etc.; 11. der Amazonen strom oder Maranon, der grosste Strom der Erde, U. in den Anden von Peru (See Lauricocha 10 '/ 2 s. 59 w.), M. unter dem Aequator in zwei Hauptarmen , der nord- liche (12 Meilen breite) Maranon, der siidliche (5 Meilen breite) Para ; zwischen beiden Hegt die Insel Maranho oder Joannes. ,,Noch ,,liegt diese hydrographische Riesengestalt 7 fast ungebandigt von ,,der Herrschaft der Menschen, durch die am reichsten ausgestattete ,,Mitte der sudamericaniachen Tropenwelt ausgestreckt, grossten- ,,theils ganz unbekannt , unerforscht, gleich dem Innern Africa'?, ,,und darum noch nicht zu einem lebendigen Gliede in die tausend- ,,ringige Kette des Weltverkehrs eingereiht." Das breite Flusebett, der trage Lauf mit vielen Windungen und Inseln charakterisiren seinen Unterlauf. Die bedeutendsten Nebenflusse : links: 1. der Jap Bra (oder Caqueta), 2. der Rio negro; r e c h t s : 1. der Ucayali, entsteht aus den zwei Quellen Tambo und Parobeni (Ver- einignng unter 14 s.) ; 2. der Madeira, ans mehreren Qnellen (die bedeutendste Rio grande unter 18 s. 49 w.), M. unterhalb des Rio negro ; 3. der Tapajoz, M. bei Santarem; 4 der Xingu; 5. der Toe an tin (mit dem bedeutenden Zufluss Araguaya), M. in den Park. 12. Der Paranahyba und der San Francisco, beide aus dem braeilianischen Berglande, beide schiffbar, M. des ereten bei Paranahyba, des zweiten unter 10 sudl. ; 13. der Rio de la Plata. Der Hauptfluss ist der aus dem brasilianischem Berglande kommende Parana; mit diesem vereinigt sich (bei Corrientes) der ebenfalls aus Brasilien kommende Pa- raguay. Die vereinigten Fliisse fiihren den Namen Parana, und erst nach der Einmiindung des reissenden Uruguay (gegeniiber von Buenos Ayres) heisst er Rio de la Plata; 14. der Rio Colorado und der Rio negro aus den Anden von Chili, M. unter 40 eiid!. und der zweite unter 41 siidl. ///. Das Gebiet des grossen Oceans: 1. Der Fraser, U. am Felegebirge, M. unterhalb Langlay (Grenze zwischen British Columbia und den Vereinigten Staaten^; Elun's llandels-Geograihic. 2. Aufl. 5 2. der Columbia oder Oregon, vom Felsgebirge, M. bei Fort Astoria; 3. der Sacramento, M. in die Bai von St. Francisco (Ca- lifornien) ; 4. der Colorado; beim Ursprunge irn Felsgebirge heisst er S. Rafael; M. in die Spitze des Golfes von Californien. Yergleichende Uebersicht der Hauptfliisse America's : Name Direkter Abstand zwischen Quelle und Mundung Strom- entwickelung Stromgebiet 430 Meilen 730 Meilen 88 400 QMeilen Missisippi (Missouri- Quelle) . . . 320 730 53600 La Plata (Parana- Quelle) 260 470 La Plata (Paraguay. Qnelle) 330 460 72.000 St. Lorenz 250 460 62300 Mackenzie Orinoko 225 100 90 450 (?) 320 250 (?) 27.000 (?) 20.000 15.000 (?) Kio del Norte Colorado Magdalenenfluss .... 220 130 137 140 300 (?) 200 (?) 200 (?) 186 13.500 9000 (?) 5000 7000 190 260 [?} 8000 . 50. Landseen von America. Nordamerica ist reicher an Seen a^ Siidamerica, es iibertrifft hierin auch alle iibrigen Erdtheile; die Siisswasserseen Nordamerica' a enthalten mehr als die Halfte des siissen Wassers auf der ganzen Erde. Alle diese Wasserflachen sind Fluss- und Quelleeen , und nirgends ist in Nordamerica ein Steppensee von Bedeutung. In Siid- america findet sich nicht dieser See - Reichthum , indem nur zwei grossere Binnenseen nebst einer grosseren Anzahl kleiner Steppen- seen vorkommen *). Grosse einiger americanischen Seen : der grosse Barensee . . . 310 Sclavensee 490 Athapaska-See 150 Winipeg-See 551 Maraealbo 281 Nicaragua 242 Salzsee Titicaca . . . 240 i der obere See (Lac Su- perior) ... 1518 Michigan-See 1124 Huronen-See 1114 Erie-See 446 Ontario- See 360 grosse Salzsee . . . 120 *) Die Binnenseen America's nehmen eine Flache von iiber 10.330 QMeilen ein; davon entfallen auf: die St. Lorenz-Scen 4599. 30 , die Seen in Labrador 329. so , in Canada 142. 50 , im ubrigen nordlichen America 3847, in Ober- Californien 212. 50 , in Central-America 291, in Sud-America 909. 70 QMeilen. 67 . 51. Die GewSsser von Anstralien. Die Hydrographie Neu-Hollands iet bis jetzt sehr unvollstandig bekannt. Australien scheint der wasserarmste Erdtheil zu sein, und besitzt nur wenig bestandig fliessende Gewasser. Die meisten Fliisse schwellen nur bei heftigen Regengussen an; sonst trocknen sie zu einer Reihe zusammenhangender Pfutzen aus, oder vertrocknen bald nach ihrem Austritte aus der Berglandschaft. Sie zerstoren viel- mehr die Landschaft , als dass sie zu deren Befruchtung beitrugen. Die meisten bis jetzt bekannten Fliisse bieten die gleichen Er- scheinungen: flaches, meist seenartig erweitertes Flussbett und viele Hindernisse fur die Schiffahrt, welche auf den meisten nur so weit ins Land betrieben werden kann, als die Meeresfluth hineinreicht. Zu grossen Handelsstrassen in das Innere sind sie somit nicht geeignet. 1. Der Murray (Lange 176 M., Stromgebiet ungefahr 20,000 Q Meilen), U. in den australischen Alpen (siidl. vom Berge Wel- lington), durchfliesst die Ebenen von Neu-Siidwales, Victoria und Siid -Australien, und miindet in den See Alexandrina (15 M. lang, 8 M. breit), aus dem ein Kanal in die Encounter-Bai fiihrt. Der Strom ist fur Dampfschiffe fahrbar. Ueberschwemmungen vom Juni bis Januar. links: 1. der Goulbourn, 2. der L o d d o n ; Nebenflusse desselben : rech ts: 1. der Mornmbidschi mit dem Zuflusse Lachlan (rechts); 2. der Darling Cder Quellfluss ist der Barwan oder Karaula ). Zuflusse: links: rechts: a) Gwydir, a) Condamine; b) Peel (oder Na- moy), c) Macquarie, d) Bogan, 2. der Schwanenfluss; U. unbekannt, miindet (unter 32 s.) bei Perth in den indischen Ocean ; 3. der See Torrens in Sudaustralien (fiber 900' tiefer als das Meer), dessen Boden mit Salzkrystallen bedeckt ist ; 4. der Salzsee Gairdner, im Westen des Vorigen. III. Physische Geographie. 52. Voibegriffe. J_/ie physische Geographie betrachtet die Theile der Erdrinde und die Naturgegenstande auf derselben nach ihrer inneren nattir- lichen Verbindung und Verwandtschaft. Sie handelt somit von der Natur der drei Formen, welche die Hiille des Erdkorpers bilden, namlich : Luft, Wasser und Erde, von ihrer gegenseitigen Wirkung, und den Beziehungen derselben auf die drei Naturreiche. A. Die Luft. . 53. Allgemcines. Der Luftkreis (Luftocean) umgibt die Erdoberflache bis zu einer Hohe von 9 10 Meilen, gewissermassen in Schichten, welche nach unten wegen des Druckes der ilbergelagerten an Dichtigkeit zunehmen. Der untere Theil des Luftoceans , etwa bis zu 1 Meile Hohe, heisst Dunstkreis oder Atmosphare. Die Atmosphare besteht aus gasartigen Stoffen : 21% Sauerstoff und 79% Stickstoff. Die Luft umhullt nicht nur die Erde, sondern sie durchdringt auch iiberall den Erdorganismus, und ist die Grundbe- dingung des Pflanzen-, Thier- und Menschenlebeng. Die Luft beeitzt eowie alle Korper der Erde ein ge- wisses, sehr oft wechselndea Mass von Warme. Die jedeemalige fiihlbare Warme der Korper heisst ihre Temperatur. Auf dem Grundsatze, dass Warme alle Korper ausdehnt und Kalte dieselben zusammenzieht, beruht das Thermometer. Beobachtet man die Temperatur der Luft am Thermometer wahrend eines Tages mog- lichst oft in gleichen Zeitabstanden, addirt dann die beobachteten Thermometerstande und dividirt diese Summe durch die Anzahl der Beobachtungen, so erhalt man die mittlere Tagestempe- ratur fur den Ort der Beobachtung. Addirt man die mittleren Tagestemperaturen eines Monates und dividirt diese Summe durch die Anzahl der Tage des Monates, so erhalt man die mittlere Monat stemperat ur und endlich in analoger Weise die mittlere Jahrestemperatur. Der Gang der taglichen und monatlichen Warme ist nicht immer gleich. Be- obachtungen hahen gezeigt, dass die geringste Tageswarme etwa eine halbe Stnnde vor Sonnenaufgang, die grosste aber in den kiirzesten Tagen um 1 Uhr, in den langsten zwischen 2 und 3 Uhr Mil tags stattfindet. Die geringste Jahreswarme fallt bei uns in die Mine Januar, die grosste in die zweite Halfte Juli. Die taglichen Temperatur-Unterschiede sind endlich im Sommer grosser als im Winter. . 54. Geographische Vcrbreitung der Warme nach horizontaler Ansdehniing. Die Orte unter einem und demselben Parallelkreise haben nich t imraer gleiche mittlere Jahresternperatur. Jene Linien, welche Orte von gleicher mittlerer Jahreste^pgratur mit einander verbin- -den, heissen I s o_ t h e r m en ^"""ffffTCiDienVweTche Orte von gleicher verbinden, heissen I s o t h e r e n . von und von^^feicTeTTgodenj^ Isothermen laufen mff^feTF 1 "paraTIei (nur unter den Wendekreisen ist diess ziemlich der Fall) ; die Beugung ist auf der nordlichen Halbkugel weit grosser als auf der siidlichen , in der heissen Zone geringer als in der kalten. Die Isotherme jener Orte, welche die hochste mittlere Jahreswarme HaWBT^^isst der sondern lauft mit verschiedenen Biegungen nOrdlich von demselben, nur zweimal liegt er siidlicher (im Meridian der Sandwichsinsel Hawaii und in Hinter-Indien Singapore). Auch die kaltesten Punkte der Erdoberflache ^jjy^fiiAfcte TM^^^HI fallen nronRiBfPtBffBBBftRSBMistiifo^'^^ zusammen. AuT uer nordlichen Halbkugel sind zwei Kaltepole, der america- nische (77V 2 n. 78 w. nordlich von Boothia Felix), der asiatische (78 I / 2 n. 140'/ 2 ' nordlich von derLenamundung); der siidliche Kaltepol scheint vom mathematischen kaum abzu weichen. .Die wichtigste Ursache fiir die verschiedenen Kriimmun^en d T Isothermen liegt in der ungleichen Vertheilung von Festlaiid . und Meer, -\vozu noch Luft- und Meeresstromungeu und die Boden- beschaffenheit beitr-igen. 'Die nordliche Halbkugel ist warmer als ~Ttte' '&MlfCn1rf^ > u c fi 1 9 : * r E l ttr^a ist durch die Beugung der Isotherm sn am meisten begiinstigt. Auch die Isothereu und die Isochimenen laufen weder mit den Breitenkreisen, noch mit den Isothermen parallel, d. h. Orte von gleicher mittlerer Jahreswarme haben h'aufig verschiedene mitt- lere Sommerwarme und verschiedene mittlere Winterwarme. Die Isotheren weichen von den Isothermen in der Regel nach den Po- len, die Isochimenen nach dem Aequator ab. Die Beschaffenheit der Luft eines Landes in Bezug auf Trocken- heit,~~Heiterkeit, Gleichmflssigkeit, Winde und vorziiglich a'uf Warme heisst das Klima. Insofern es bios von dem senkrechten oder schreferr Auffallen der Sonnenstrahlen abhangig ist, heisst es mathe- matisches, insofern dieses jedoch durch die Beschaffenheit der Atmosphere und die Veranderungen in derselben beeinflusst wird, heisst es physisches Klima. Das mathematisehe und das physische Klima weichen oft sehr von einander ab, am nachsten kommen sie in den Kiistenlandschaften der heissen Zone. Da8 physische Klima zerfallt in das oceanische (oder Insel-, KQsten-, See-Klima) mit warmen Wintern und Nachten, und kiihlen Som- mern und Tagen , also mit verhaltnissmassig geringerem Tempe- raturwechsel, und in das kontinentale mit kalten Wintern und Nachten und warmen Sommern unl Tagen, also mit verhaltniss- massig viel starkerem Temperaturwechsel. Ersteres hat einen kon- stanten, letzteres einen exceesiven Charakter. . 55. Geographische Vertheilung der Wiirinc in vertikaler Riclitnng. Die Temperatur eines Ortes steht mit dessen Heine fiber dem Meere in umgekehrtem Verhaltnisse, d. h. je hoher ein Punkt liegt, desto niederer ist im Allgemeinen seine Temperatur; denn die Luft wird unmittelbar durch die Sonne nur wenig erwarmt, die untersten Luftschichten erhalten vielmehr ihre Warme fast ausschliesslich von der Erde und theilen sie den oberen Schichten mit. Weiters sind die unteren Lufrschichten dichter und desshalb warmer , die oberen diinner und kalter. Die Abnahme der Warme in vertikaler Richtung ist vorzug- lich auch durch die Bodenbeschaffenheit bedingt. Bei einzeln ste- henden, steilen Bergen nimmt die Temperatur rascher ab, als in Hochebenen und in zusammenhangenden Gebirgsketten. Auch die Unterschiede der taglichen und jahrlichen Temperatur vermindern sich im Verhaltnisse zu der vertikalen Erhebung und horen end- lich ganz auf. In Folge dieser Warmeabnahme kann man in jeder Zone bis zu einer Hohe gelangen, wo der Schnee das ganze Jahr nicht mehr schmilzt. Diese Grenzlinie heisst die Region des ewigen S chnees (Schneegrenze, Sc hn eel ini e). Je mehr man sich dem Aequator n'ahert, desto hoher wird sie hinaufsteigen, je weiter man sich von demselben nach den Polen hin entfernt, desto tiefer wird sie herabsinken. Das ozeanische oder das kontinentale Klima der Gegend wirkt ebenfalls auf die Schneelinie modificirend ein. Die verschiedene Bodenbeschaffenheit bringt jedoch auch hierin Ver- "anderungen hervor. Lagern sich Eismassen unter der Schneelinie in den Hoh- lungen, von denen die Seiten der Gebirge durchfurcht sind, so heis- sen sie Glet sober. . 56. Winde. Durch Stoning des Gleichgewichtes der Atmosphare in Folge der Warmeunterschiede in verschiedenen Gegenden entstehen die Bewegungen der Luft , welche W i n d e genannt werden. Man theilt eie ein: a) nach der Richtung, aus welcher sie wehen (32 Abtheilungen der Windrose), b) nach der Geschwindigkeit, (leichte Winde oder n Brisen" legen in einer Sekunde 5 20', starke Winde 2540', Stiirme 60-70', Orkane 100150', oder an 30 Meilen in einer Stunde zuruck. Letztere kommen fast nur in der tropischen Zone vor, auf den Antillen und in der Nahe der Maskarenen) c) nach ihrer Regelmassigkeit entweder regelmassige oder unregelmassige. Zu den ersteren gehoren die Land- und Seewinde, die Pas sate (oder Streichwinde ) und die Moussons (Monsune oder Wechselwinde). Die Land- und Seewinde wehen des Tags von der See zum Lande, und des Nachts umgekehrt; sie haben ihren Grund in der ungleichen Erwarrnungsfahigkeit des Wassers und des Lan- des. Das Land erwarmt sich bei Tage schneller und starker als das Wasser, desshalb zieht die kaltere Seeluft landwarts ; das Was- 71 ser kiihlt sich hingegen langsamer ab als das Land, und der kaltere Landwind zieht des Nachts seewarts. Diese periodischen Winde wehen nicht nur in Kiistengegenden, sondern auch an den Ufern grosser Seen und am regelmassigsten in den Tropengegenden. Pie Pa ssat^ wehen beatandig XS^ ' n Teer\ ~fund in diT Ei;\viinnunj^'der;^Atnio?p11are (lurch di ' At Hi MCTrptTfrmr ^PT ""Hr'rVp nnri er troiscnen one am starksten. Pie Luft wird dadurch leichter, steigt in hohere Regio- nen, und stromt dann gegen beide Pole, wodurch die beiden obern Hauptstromungen vom Aequator nach Nord und Slid ent- stehen. Gleichzeitig stromt die kaltere Luft aus den kalteren Zonen nach dera verdunnten Raume und es entstehen die beiden unteren Hauptstromungen von denPolen nach dem Aequa- tor. Hat sich nun die Luft der oberen Stromungen auf ihrem Zuge nach den Polen abgekuhlt, so senkt sie sich herunter, und hat sich die kaltere Luft der untern Stromungen in den Tropen erwarmt, so steigt sie hinauf. So entsteht aus dem oberen und dem unteren Luftstrome ein unaufhorlicher Kreislauf ( Polar - Stromungen). Bei der Achsendrehung der Erde, an "Wl'ltl'iiM. ' l!6T**'B!lflltfWII Antheil nimmt , haben die Tropengegenden die grosste Geschwindigkeit , die Luftmassen der kalten Zone rotiren eonach langsamer als jene der heissen Zone, sie bleiben also hinter der rotirenden Oberflache der Aequatorialjjegenden zuruck, und hier- durch entsteht in jenen Gegenden ein unaufhorlicher Ostwind^^yy^- f a ^^ e Pl ar8tromun g en unc ^ Aequatorial- stromungen der Luit meinander iibergehen , tritt in der nordlichen Hemisphare der Nordost-, in der siidlichen der Siidostwind auf. Piese Nordost- und Siidost-Passate wehen bis iiber die Wendekreise auf dem atlantischen und dem grossen Ocean mit ausserordentlicher Regelmassigkeit das ganze Jahr hindurch und sind fiir die Schiffahrt von hoher Wichtigkeit. Pie Monsune wehen ein Halbjahr aus der einen und das andere Halbjahr aus der beinahe entgegengesetzten Richtung; sie gehen meiftens aus den Passaten hervor. Wenn sich die Kusten- striche Asiens und Africa's zur Sommerszeit ini Zustande der gross- ten Erwarmung (bis uber 65 C.) befinden, steigt die dariiber ruhende Luft in anhaltendem Strome empor, so dass der Nord- ost-Passat stellenweise abgelenkt wird. Er wendet sich also um und wird zum Siidwest-Monsun des indiachen Oceans, der vom April bis October weht. Wird zur Winterszeit das Land nordlich vom Aequator kiihler, und die iiber ihm ruhende Luft dichter, siidlich vom Aequator aber erfolgt ein lebhaftes Aufsteigen der Luft, dann stromt die kaltere Luft vom Lande gegen das Meer, und es entsteht der Nordost-Monsun, der vom Novem- ber bis Marz weht. Pie Monsune wehen zwischen dem Aequa- tor und dem Wendekreis des Krebses und reichen von der Ost- kuste Africa's bis zu den Kusten von Indien, China, den Philippinen und bis zu den Marianen. Per Wechsel der Monsune ist haufig von heftigen Stiirmen begleitet, und diese Zeit ist fiir die Schiffahrt in den indischen Gewassern sehr gefahrlich. Im Allgemeinen sind die Passate trockene Winde, die Monsune hingegen Regenwinde. Unregelmassige Winde wehen besonders auf der nord- lichen Hemisphare und haben ihren Entstehungsgrund hauptsach- lich in ortlichen Warmeveranderungen der Atmosphare, in ortlichen Ausdiinstungen u. s. w. Manche Winde sind der Gesundheit des Menschen , dem Leben der Thiere und dem Pflanzenwuchse sehr sch'adlich, als die heissen, aus Africa heriiber wehenden (in Italien und Griechenland Sirocco, in Spanien ^.o | laji.Q . in der JSchweiz F5n genannt), ^HSPJJJJJimimi in Aegypten, derJEar...- C'lR "Lruinea , der SaSHHCJSuch die iiber Eisfelder mid neegebirge her wenendenW inde sind mitunter schadlich. . 57. Lufterscheinungen. Die Atmosphare ist der Schauplatz der Lufterschei- nungen oder Meteore, welche in wassrige (Regen, Schnee, Thau u. s. w.), in elektrische (Gewitter, Wetterleuchten u. s. w.) und in optische (Regenbogen, Hofe, Nebensonnen und Neben- monde, Luftspiegelungen , Abend- und Morgenrothe, u. s. w,) ein- getheilt werden. a) Die wasserigen Meteore nennt man im Allgemeinen den Niederschlag, und die Vertheilung desselben nach Be- schaffenheit und Menge ist eine der Hauptbedingungen fiir das Ge- deihen der Pflanzen. Die Erdoberflache wird in fiinf N ieder schlags-Regi o- nen (oder physische Zonen) eingetheilt : 1. die Region des f lils sigen Niederschlages (die Regenzone), in der es mit Ausnahme bedeutender Gebirgshohen niemals schneit ; 2. u, 3. die beiden Regionen des veranderlichen Nieder- schlagrs, innerhalb welcher der Niederschlag im Sommer als Regen, im Winter als Schnee herabfallt ; 4. u. 5. die beiden Regionen des festen Niederschlags, d. h, des blossen Schneefalls. Die Regenzone entspricht im Wesentlichen der heissen Zone und liegt zu beiden Seiten des Aequators. Auf der nord- lichen Halbkugel reicht sie in America bis etwa 36 nordl. Br., in Asien bis 40 nordl. Br., in Europa bis 40 45 nordl. Br. ; auf der siidlichen reicht sie ungefahr bis zum 46 48 siidl. Br. An diese schliessen sich die beiden Regionen des verander- lichen Niederschlags an. Auf der nordlichen Halbkugel ist die Nordgrenze im westlichen America etwa unter 73 n., im osfe- lichen unter 68 70 nordl., in Europa unter 74 nordl., in Asien unter 69 und 70 nordl. Auf der sudlichen Halbkugel ist die Siidgrenze in der Mitte des indischen Oceans unter 53 , im Westen von America unter 56, in den iibrigen Theilen unter 60 sudl. Breite. Die Regenmenge nimmt wie die Warme vom Aequator gegen die Pole ab, ebeaso von den Meereskusten nach dem Innern der Kontinente; die Zu- und Ab- 73 nahme der Regenmenge in vertikaler Beziehung wechselt je nach Beschaffenheit der Gebirgsformationen und der am Fusse sich ausdehnenden Ebenen. Wichtig ist die Vertheilung des Regens in der jahrlichen Periode, und man unterscheidet in dieser Beziehung eine regen lose Zone (Aegypten, Nubien, Sahara, Nordarabien, Plateau von Iran, Wiiste Gobi, an der Kuste von Pern); die Zone des periodischen Niederschlags, welche im Allgemeinen mil der tropischen Zone zusammenfallt, wo die Regentropfen sogar die Giosse von 1 Zoll Durchmesser erreichen ; die tropischen Regengusse fallen nur bei Tage ; die nordliche und siid- liche Zone der bestandigen Niederschl age, d. i. in den verschiedenen Jahres- zeiten mehr oder minder (Winter-, Herbst- und Sommerregen). Auch die Zahl der Regentage an einem Orte ist fiir das Klima und die Vegetation von Bedeutung ; denn die Einwirkung ist eine verschiedene, wenn es in wenig Tagen auf einmal viel Niederschlag gibt, oder wenn derselbe auf mehrere Tage vertheilt ist. (So haben z. B. Regentage im Jahre: Ost-Irland 208, London, Paris, St.. Petersburg 152 170, Munchen 131, Pest 112, Rom 89, Gibraltar 68, Jakutzk 60, u. s. w.) Die beiden Zonen des feat en Niederschlags erstrecken sich von den beiden Polen gegen die Polarkreise bis zu den bezeichne- ten Grenzen der vorher genannten Regionen. Hieher gehoren auch alle fiber die Schneegrenze ragenden Gebirgshohen innerhalb der andern Regionen. b) Elektrische Erscheinungen sind: das Gewitter, der Hagel, das Wetterleuchten und das St. Elmsfeuer. Die Gewitter. In der Zone der Passate ist besonders auf dem Meere der Himmel in der Regel heiter und wolkenlos. Nur in jenem schmalen Giirtel, welcher den Nordost- Passat vom Siidost-Passat trennt, kommen fast taglich die furchtbarsten Gewit- ter vor, und er heisst davon die Zone der ewigen Gewitter. Ausserhalb dieser Zone ereignen sich die Gewitter in den Tropen- landern meistens zur Regenzeit. In der gemassigten Zone herr- schen die Gewitter hauptsachlich in der warmeren Jahreszeit , ihre Zahl und St'arke nimmt gegen die Pole und gegen das Innere der Kontinente ab, sie sind haufiger an Gebirgsabhangen als in der Ebene, in der kalten Zone hingegen sehr selten. Auch ortliche Ver- haltnisse bedingen eine ungleiche Vertheilung der Gewitter unter die Jahreszeiten. In den mittleren Breiten sind die Gewitter ofters von Hagel, in den warmeren Gegenden von furchtbaren Orkanen n winden begleitet. Letztere erzcugcn au ^ l !^!S l | l M e ^. r l ^, die i hosen (Tromben), in grossen tfockencn Sandwii.sten d 'MVS'eTf!' Difci" "SlttwTtter trag^B ' lltJrt^B'iJ l 'V1feT fl yiS^rucntbareit der Bidu 1WfT' sie reinigen die Luft, mindern die Hitze und erquicken alle organischen Wesen. Das Wetterleuchten ist theils der Widerschein von Blitzen eines fernen Gewitters , theils ein langsames und sanftes Entladen der Elektrizitat des Gewolkes. Am haufigsten ist es in den Aequa- torialgegenden. Das St. Elmsfeuer ist eine elektrische Flamme, welche sich besonders h'aufig an den Spitzen der Hasten , an den Enden der Segelstangen u. s. w. zeigt, dohUre erleidet. B. Das Wasser. . 58 Zur Pbysik des Oceans. Der Meeresgrund ist die Fortsetzung der Qberflache des Festlandes und hat , wie dieses, Erhb'hungen und Vertiefungen auf- zuweisen. Einzelne Inseln und Klippen sind als die hochsten Gipfel und Spitzen von unterseeischen Bergmaasen, Inselketten und Riffe als die Kamme derselben , grossere Inseln und Untiefen als die Oberflache von Hochebenen anzusehen ; die Meerengen dagegen als die Einschnitte derselben, die grosseren Tiefen als die Thaler und die Ebenen des Meerbodens. Die Tiefe des Oceans ist nur unvollstandig bekannt, und die Messungen mit dem Senkloth geben haufig unbefriedigende Ergeb- nisse , weil unterseeische Stromungen das Senkblei seitwarts ab- ziehen. Die grossten, wirklich erreichten Tiefen sind im atlantischen Ocean (circa 27.000'). Die Binnenmeere haben in der Regel eine weit geringere Tiefe. Wenn man bei einigen Tiefmessungen bei 46.000', oder bei 49.000' keinen Grund erreicht hat, so ist das kein Beweis, dass das Meer dort wirklich so tief sei, und zwar, wie gesagt, wegen der unterseeischen Stromungen. Bemerkenswerth ist die Flache des Meeresgrundes zwischen Cap Race in Neufoundland und Cap Clear in Irland vonMaury das M Telegraphen-Plateau" genannt, auf welcher man den Draht des unterseeischen Telegjraplien zwischen America und Europa zu legen beabsich- tet. Die Entfernnng ist 1600 Seemeilen und die Tiefe wahrscheinlich nirgends grosser als 10000'. Das Meerwasser hat einen eigenthumlichen Salzgeschmack. Ausser dem Salze (nahezu l / z Unze auf 1 Pfund Wasser) enthalt es noch iibelriechende Substanzen, welche von der zahllosen Menge in Faulniss ubergegangener thierischer und ande^er Korper herriih- ren. Bleibt das Meerwasser eine Zeit lang ruhig, so geht es leicht in Faulniss fiber, und diese widerlichen Geruche erzeugen jene Krankheitsstoffe, welche so viele Kiisten in der heissen Zone unbe- wohnbar machen. Da mit dem Salzgehalte auch die specifische Schwere des Meeres in Verbindung steht, und von dieser die Trag- kraft abhangt, so ist die Kenntniss des Salzgehaltes der verschie- denen Meere fiir die Schiffahrt von Bedeutung. Unter den europaischen Meeren hat das Mittelmeer den grossten Salzgehalt. Je salziger, also je dichter das Wasser ist, desto mehr Segel kann das Schiff fuhren, desto mehr Dampfkraft muss angewendet werden. Wollte man z. B. von Triest ein Schiff nach Odessa ebenso befrachten als nach Marseille, so wiirde es sich im schwar- zen Meere als uberladen zeigeu, tiefer ins Wasser gehen und leek werden. Auch die Farbe des Meeres wird von Seefahrern beachtet, denn es zeigt z. B. eine plotzliche Aenderung derselben eine Un- tiefe an. Im Allgemeinen ist es von blaulich-griiner Farbe, welche Grundfarbe jedoch durch Tiefe, Beschaffenheit des Grundes, durch Seegewachse u. s. w. vielfach verandert wird. So hat das ,,rothe" Meer diese Benennung von den zahllosen, rothgefarbten Korallen- banken an der Kiiste, das ,,gelbe" von dem gelben Schlamm ; das ,,8ch\varze" Meer ist jedoch nicht dunkler, das v weisse" nicht heller als andere. Mit der Farbenerzeugung der See hangt ihr Leuchten nahe zusammen, welches von dreifacher Art ist. Entweder leuchtet das Wasser nur um das Schiff und die Furchen, die es zieht; die zweite Art wird nur in warmeren Gegenden, bei Windstille, star- ker Hitze und kleinem Wellenschlag wahrgenommen, in welchem Falle alle Wellen glanzen , die an einem festen Korper anschlagen ; die dritte Art bietet die grossartigste Erscheinung dar, indem nicht bios die ganze Flache des Oceans flammend erscheint, son- dern der feurige Glanz auch noch weit in die Tiefe hinabgesenkt sichtbar ist. Die Ursache des Leuchtens wird der Phosphorescenz einer unendlichen Menge kleiner, gallertartiger Thiere zugeschrieben, welche den Ocean bewohnen. Die Temperatur des Meeres hangt , wie die des Landes, von der geogr. Breite und den Jahreszeiten ab, ist aber im Allge- meinen viel regelmassiger; denn der Wechsel der Tages- und Jah- reszeiten bringt in offener See einen nur halb so grossen, zuweilen nur Y 5 so grossen Temperaturwechsel hervor. Eine plotzliche Ab- nahme der Warme des Oceans ist fur den Schiffer beachtenswerth, da sie ihm eine Veranderung der Stromung oder eine Untiefe an- kiindigt. Im ^tllgemeinen wird das Wasser kalter, je tiefer man kommt. Die Bestimmung der Temperatur des Meeres ist daher zu- gleich ein wichtiges Mittel zur Bestimmung der Stromungen. . 59. Die Bewegungen des Meeres. Das Meer erscheint nur selten, auf kurze Zeit und in kurzen Strecken vollig ruhig, im Grossen ist es in fortwahrender Bewe- fung. Diese wird bewirkt durch Winde, durch die Anziehungs- raft des Mondes und der Sonne, durch die Achsendrehung der Erde und die Temperatur. lenbeweffung, (fo G j e(E^ ""TJVDie durch oenT/rucKf aes Windes auf der Obernache des Wassers hervorgebrachten Erhebungen und Senkungen heissen Wel- len, deren Fortdauer der Wellen sch lag, und wenn sie hoch sich aufthurmen Wo gen. Die Hohe und Breite der Wellen ist nach der Tiefe der Meere und nach der Heftigkeit der Winde ver- schieden, und eine genaue Bestimmung derselben kaum moglich. Die scheinbare Geschwindigkeit der WelJen kann 20 bis 30 Meilen in der Stunde betragen, und diese wird noch vermehrt, wenn andere Ursachen, z. B. Erdbeben, mitthatig sind. 2. Die Gezeiten oder Ebbe und Fluth sind das von 6 zu 6 Stunden regelmas.-ig erfolgende Steigen und Fallen des Meeres an den mit dem Ocean in offener Verbindung stehenden Kiisten. Jeden folgenden Tag treten Ebbe und Fluth 50 Mmuten sp'ater ein, und erst in ungef'ahr 30 Tagen kehren sie wieder auf die Zeit ihres ersten Anfanges zuriick. Diese monatliche Periode weiset auf den Mond, der taglich 50 Minuten sp'ater aufgeht, und durch den Meridian eines Ortes. Die hochsten Fluthen (S p rin gfl ut h en) fin- den zur Zeit des Voll- und Neumondes, die nieder.-ten (N i p p f 1 u t h e n) zu jener des ersten und letzten Viertels statt. Zur Zeit der Aequi- noctien sind die Gezeiten besonders stark, was die Mitwirkung der Sonne beweiset. Ebbe und Fluth wechseln jedoch sowohl der Starke als der Zeit nach an einem und demselben Orte bedeutend ab. 3. Die Meeresstromungen sind jene Bewegungen der 76 See, in welchen einzelne Theile derselben wie in einem Bette zwi- schen zwei Ufern durch die iibrige Wassermasse dahinfliessen. Es sind wirklich sehr breite Strome im Ocean , welche an gewissen Stellen des Meeres theils bestandig, theils periodisch nach bestimm- ten Richtungen etreichen. Maury nennt sie ,,Pulsschlage des Mee- res, welche seine Gewasser durch alle Theile des Oceans treiben und so eine fortwahrende Circulation hervorrufen." Die Anzahl der- selben ist sehr gross, aber noch sehr unvollstandig gekannt. In den Meerestromungen haben die Oceane ihre von der Natur vor- gezeichneten Strassen, auf denen die Schiffe einherziehen. Die zunehmende Kenntniss derselben, verbunden mit der Beniltzung der periodischen Windstromungen desLuftoceans hat die Zwischenraume fiir die Schiffahrt sehr verkiirzt. Bei diesen Stromungen werden beriicksichtigt: a) ihre Rich tun g; in dieser Beziehung unterscheidet man Po- larstromungen, die von den Polen gegen den Aequator, und Aequatorialstromungen, die in def,Richtung der Parallelkreise von O. nach W. fliessen ; b) ihre Geschwindigkeit, nach welcher sie eingetheilt wer- den: in Driftstromungen, eine langsame und wenig tiefe Bewegung, welche durch Einwirkung des Windes auf die Ober- fiache des Meeres erzeugt wird, oder Meeresstrome, welche bei einer ausserordentlichen Breite auch sehr tief und mit einer Geschwindigkeit fliessen, welche die der Strome des Festlandes nicht selten ubertrifft; c) der Temperatur nach sind die Strome mit kaltem oder war mem Wasser, welche sich nicht leicht vermiachen, sondern sich zu verdrangen suchen. Eben durch ihre Temperatur un- terscheiden sich die Stromungen von den iibrigen Wassermas- sen des Oceans. Am meisten bekannt und ausserordentlich entwickelt ist das System der Stromungen im atlantischen Ocean, der am haufig- sten befahrenen Volkerstrasse der civilisirten Nationen, Einige der wichtigsten StrOmungen sind : 1. Das iturdliche Eismeer, welches wegen seiner Eismassen, seines rauhen Klimas und der gefabrlichen Nebel- nnd Schneesturme der Sch : ffahrt bedentende, mitnnter nicht zu bewaltigende Hindernisse entgegensetzt, ist in Bezug auf die Str5- mungen minder bekannt. In dem asiatischen Eismeere herrscht eine westliche StrCmung vor, welche die Wasser von den asiatischen Kiisten gegen Spitzbergen und von hier aus durch den Kanal zwischen Island und Gronland treibt. Aus dem americanischen Eismeere kommt eine ostliche Stromung durch die Davisstrasse und Hudsons-Bai herab. Beide Stromungen vereinigen sich an der Ostseite von Neu- Fonndland, wo sie auf den Golfstrom treffen. 2. Im siidliclien Kismeere kennt man nnr die antarktische Drift- Stromung welche durch herrschende Sudwestwinde in den grossen Ocean ge- trieben sich vom Sudpol zwischen Neu-Seeland und America nach Nordosten zieht, dann die americanische Kuste erreicht und sich spnltet. Die Cap Hoorner-Str6- mnng fliesst um die Sudspitze America's in den atlantischen Ocean; der kalte peruanische Strom oder die Humboldt's-Stromung eilt mit bedeutender Schnelligkeit langs der Kusten von Chili nnd Peru, wendet sich in der heissen Zone gegen Westen und bildet den breiten Aequatorialstrom des grossen Oceans. 3. Die Stromungen des atlantischen Oceans sind in Folge seiner eigen- thiimlichen Formationen unregelmassiger aU bei den Qbrigen Oceanen. Dio siid- atlantische Stromnng ist eine Fortsetzuug der StrOmung, welche aus dem in- 77 dischen Ocean um die Siidspitze Africa's kommt. Unter dem Aequator wird sie durch eine von Norden her ihr begegnende Stromung die Nordafrican ische und Guinea-StrSmung gegen Westen abgelenkt, und durchschneidet als Aequatorialstrom den atlantisehen Ocean von Osten nach Westen. An der aussersten Ostspitze Sadamericas theilt sich der Aequatorialstrom in zwei Arme : einen slid lie hen (die brasilianische Stromung) und einen nSrdlichen, welcher durch das Karaibische Meer in den Golf von Mexiko geht, aus diesem durch den Kanal von Florida als der durch seine hohe Temperatur (22) ausgezeich- nete Golfs trom heraustritt und mit zunehmender Breite aber abnehmender Ge- schwindigkeit die Kuste Nordamericas begleitet, bis ihm bei Neufoundland eine kalte PolarstrQmung begegnet (siehe n6rdliches Eismeer, ostliche Stromung), in Folge deren er sich gegen Osten wendet und bei den azorischen Inseln nach Siiden, der africani- schen Kiiste zu. Durch diese Nor daf ricanisch e oder G uin ea-S tromung voll- endet er seinen grossen Rundlauf, um ihn aufs Neue zu beginnen. Das warme Tropenwasser des Golfstromes erreicht zuweilen die Westkiisten Europas, welche desshalb ein relativ milderes Klima haben ; er bildet die Strasse von Nord-'und Mittelamerica nach Europa. Zu beiden Seiten des Golfstromes befinden sich mthrere GegenstrCmungen theils nach West, theils nach Sud. Maury sagt, es gibt auf der Erde keine zweite Wasserflutb, die dem Golfstrom an majestatischer Grosse gleieh- karoe. Seine Stromung ist reissender als die des Missisippi und des Amazoncn- stromes. 4. Tm nordlichen Theile des indischen Oceans und alien seinen Binnen- mecren hangen die Str5mungen von den Monsunen ab. Nordlich vom Aequator fliessen sie vom April bis Oktober nach Sud west, von Oktober bis April nach Nordost; zwischen dem Aequator und dem 10 s. Br. herrscht vom April bis Oktober die Siidost-, vom Oktober bis April die Nordwest-Stromung. Unter den periodischen Stromungen dieses Theiles ist jene des persischen Meerbusens beachtenswerth, denn vom September bis Mai stromt das Wasser heraus, vorn Mai bis September hinein. In der siidlichen Halfte dieses Oceans herrscht eine bestan- dige Stromung des warmen Wassers nach Sudwest, gegen Africa, durch dessen Ost- kuste sie in den Kanal von Mozambique gedrangt wird (Mozambiqu e- S trOmun g) und um das Vorgebirge der guten Hoffnung als Capstrom in den atlantisehen Ocean iibergeht. 5. Im grossen Ocean ist ausser der antark tischen Drif t- S t r6mung (siehe sudliches Eismeer) auch der kalte Strom aus dem nordlichen Eismeere bemerkbar, welcher zwischen der Kiiste Asiens und dem warmen Japan-Strom fliessf, ahnlich dem kalten Strome an der Ostkiiste Nordamerica's und dem warmen Golfstrome. Die warme Aequatorial-Stromung hat in dem tropischen Theile des Oceans wegen dessen weiter Ausdehnung einen ungehinclerten Lauf bis znm grossen Archipel Sud- Asiens und eine grosse.Regelmassigkeit. Bei der Insel Formosa wendet sie sich gegen Nordosten nnd bespult die ostjapanischen Ufer als japani- scher Strom. Dieser fuhrt, ahnlich dem atlantisehen Golfstrom und mit gleicher Schnelligkeit den nordlichen Breiten warmes Wasser und Treibholz zu; ihm verdan- ken die Aleutischen Inseln und Kamtschatka ihr milderes Klima, sowie das nftrdliche Skandinavien dem Golfstrom. Die mexikanische StrQmung, welche nach Suden gerichtet ist, wie die an der Westkiiste von Africa, ist noch nicht hinlanglich erforscht; doch scheint der Kreislauf des grossen Oceans (gleich jenem des atlantisehen Oceans) vollstandig nachgewiesen zu sein. . 60. Einige der gcbrftncliliclisteii, auf die Schiffahrt bezugliclien SeemaniiKansdriicJke. Abandon ist das Ueberlassen eines versicherten, ganzlich unbrauchbar gewordenen Gegenstandes an den Versicherer. (Die Ladung abandonniren.) Ballast nennt man jene Belastung, welche einem Schiffe nur in der Absicht gege- ben wird, um es hinlanglich zu beschweren, damit der Schwerpunkt unter das Wasser kommt, und es nicht umschlagt. (Ein Schiff ballasten = mit Ballast versehen ; belasten uberhaupt beladen ) Baratterie nennt man alle unredlichen oder kontraktwidrigen Handlnngen des Schiffers oder Schiffsvolkes. (In Hamburg wird gegen Baratterie versichert.) Bodmerei heisst ein Darlehensgeschaft gegen Verpfandung eines Schiffes oder auch der Ladung desselben. Sie kommt besonders vor, wenn ein Schiff wegen eilit- tener Unfalle in einen Nothhafen einlaufen und ansgebessert werden muss, nnd 78 der Kapitan sich genothigt sieht, Geld dazu aufzunehmen. (Bodmereigeld, Bodmeriebrief.) Casco ist eigentiich nur der Rumpf eines SchiiBfes, ohne die Hasten, das Tauwerk u. s. w. ; beim Assecuranzwesen jedoch nennt man so das ganze Seeschiff mit allem Zubehor, im Gegensatze zur Ladung. Certepartie (Chartepartie) nennt man den Kontrakt, den Jemand mit einem SeeschifFer iiber die Befrachtung seines ganzen Schiffes, Oder zuweilen aucb nur eines Theiles desselben abschliesst. Connossament heisst bei Waarensendungen zur See die Urkunde, welche der Schiffer uber den Empfang der Waare ausstellt, und worin alle in der Certepartie festgesetzten Bedingungen aufgefuhrt werden. Dispache n aufmachen" oder ,,anfertigen" heisst den Scbaden, welchen ein Schiff erlitten, genau berechnen und unter die Interessenten vertheilen. (Siehe aucb. H a v a r i e.) Docks sind grosse ausgemauerte Bassins, welche in der Nahe des Meeres, eines Hafens oder grossen Flusses angelegt und mit diesen durch Schleussen verbunden sind, so dass man mit der Ebbe das Wasser aus ihnen abfliessen lassen, sie ge- gen die Fluth absperren nnd dann nach Belieben das Wasser wieder einlassen kann. Sie haben den Zweck, dass darin Schiffe zum grossten Theil trocken gelegt und ausgebessert werden konnen ; auch werden darin Sfhiffe auf- und ausgeladen, und sind desshalb mit grossen Waarenmagazinen und einer Mauer umgeben. (London, Liverpool; in Antwerpen fur Kriegsschiffe.) Schiff- baudocks; Schwimmende Docks sind grosse holzerne Flosse mit Seitenwanden und Thoren, die, wenn ein Schiff in denselben aufgenommen wer- den soil, durch Ballast versenkt, und wenn das Schiff durch das Thor einge- ffihrt ist, mittelst Dampfmaschinen ausgepumpt werden, so dass sie sich mit dem Schiffe emporheben. Escalen (Echelles) sind die erlaubten Abweichungen, die ein Schiff von der direkten Linie seiner Heise macht, nm Proviant oder Wasser einzunehmen, Waaren zu verkaufen oder anfzunehmen, u s. w. ( n Escallen machen"). Fa den ist das gew6hnliche Langenmaas fur die Bestimmung der Meerestiefe und ist meist 6 Fuss lang. (Knot en siehe bei Log.) Fanal (Faro, Pharus, Leuchtthurm) ist ein an der Meereskiiste errichteter Thurm, in dessen oberstem Stookwerke des Nachts ein starkes, gewohnlich durch Spiegel oder geschliffene Glaser noch verstarktes moglichst weit sichtbares Licht angeziindet wird , nach welchem die Schiffe des Nachts ihre Richtung nehmen k&nnen. Hafen ist ein gegen Sturme und Brandung geschiitzter Ort an der Meereskiiste, der entweder von Natur (Bucht) oder durch Kunst gebildet ist. (Handelshafen, Kriegshafen, Freihafen in welchem die im Lande sonst eingefiihrten Zolle und Steuern auf die ein- und ausgefiihrten Waaren nicht erhoben werden, Nothhafen, Binnenhafen a. s. w.) Havarie (avarie, Haferei) nennt man jeden nicht totalen Schaden, den ein Schiff und die darin verladenen Giiter wahrend der Seereise erleiden. Kleine oder or din are Havarie sind jene Auslagen fur Schiff und Ladung, welche bios den gemeinsamen Zweck haben, die Fahrt unbehindert zu vollenden und die Ladung wohlbehalten und moglichst schnell nach dem Bestimmungsorte zu lie- fern. Die grosse oder extraordinare Havarie begreift alle Seegchaden, Verluste und Kosten, die dnrch ein frei williges Opfer entstehen, das in drin- gender Gefahr zur Vermeidung grosserer Schaden an Schiff und Ladung, zur Rettung beider sowie des Lebens der Menschen gebracht wird. (Ueber Bord werfen, das Kappen der Hasten u. s. w.) Die besondere oder par- ticulare Havarie sind jene Secscbaden und Kosten, welche das Schiff oder einon Theil der Ladung durch einen Unfall, d. i. rein zufallg wahrend der Seereise treffen. Kaplaken (Primage, Primgeld) ist eine Vergutung, welche der Befrachter dem Schiffer nebst der Fracht macht (ein Trinkgeld), und wird jetzt gewohnlich nach Procenten (8 bis 127 ) in die Fracht mitbezogen, wovon der Rheder dem Kapitan einen Antheil gibt. Klippen sind aus dem Meere emporragende Felsenspitzen; blinde Klippen solche, die nahe an die Oberflache des Meeres reichen; ganze Reihen von Klip- pen heissen Riffe, Felsenriffe (in der Ostsee Skaren). 79 Knot en (siehe Log). Last ist eine Gewichtsbestimmung von 2 Tonnen, jede zu 2.000 Pfund. Leccage nennt man das, was aus einem geschlossenen abernicht ganz dichten Fasse ausgeflossen und verloren gegangen ist. (Bei atberischen und letten Oelen.) Licgetage (Liege zeit) sind die fur Ladung und LOschnng bedungenen Tage. Die iiber die bestimmte Zeit hinausgehenden, hierzu verwendeten Tage werden Ueberliegetage genannt, und fur jeden Tag ist dem Schiffer eine Gebuhr (Liege- oder Wartegeld) zu bezahlen. Log (oder das Logg) ist ein Instrument, mil welchem man die Geschwindigkeit eines Schiffes abmisst. Es besteht aus einem dreieckigen Brettchen, am Boden mil Bleistreifeii verseben, damit es aufrecbt schwimmen kann, hat an den drei Ecken Sehnure, die zusammengeknupft in eine lange Schnur die Logleine ans- laufen. Diese ist um cine Rolle gewunden, die sich sehr leicht urn ibre Achse dreht, und am Hintertheile des Schiffes befestigt ist. Wenn man das Log ins Wasser wirft, bleibt es senkrecht und unbeweglich auf der Oberflache stehen, wahrend man die Leine genau '/, Minute (oder '/ 12? Stunde lang) von der Rolle ablaufen lasst. Die Leine ist durch Knot en in gleicbe Abtheilungen von je '/uo Seemeile getheilt, und so viel solcher Knoten in V I10 Stunde ab- gelaufen sind, so viel Seemeilen hat das Schiff in einer Stunde zuruokgelegt. Das Ergebniss dieser Beobachtungen wird dann in das Logbuch eingetragen. Lootsen (oder Piloten) sind Steuerleute, welche Schiffe durch ein gewisses Fahr- wasser in einen Hafen , eine Flussmundung, durch einen schmalen Meeresarm oder sonst auf einem Wege, der fur den Unkundigen mit Gefahren verbunden ist, fiihren. (Ein Schiff einlootsen oder auslootsen, Lootsenflagge, Lootsengeld oder Pilotage.) Loschen (entloschen) heisst die Guter eines Schiffes ausladen ; Loschnngs- platz ist der Bestimmnngsort der Fahrt des Schiffes. Molo ist ein an einem Hafen in's Wasser hinein aus grossen Quadersteinen aufge- fuhrter Damm, der dem Hafen mehr Sicherheit gibt, denselben vor Versandung und die Schiffe gegen Wellen und feindliche Angriffe schiitzt. Primage (siehe Kaplaken). Rhode ist eine Stelle in der See in einiger Entfernung vom Lande oder von einem Hafen, die einen guten Ankergrumi hat und wenigstens zum Theil gegen Sturme geschutzt ist. Die Schiffe gehen auf derselben vor Anker, um gunstigen Wind oder einen Lootsen abznwarten, Lebensmittel einzunehmen, die Ladung zn 16- schen u. e. w. Rheder heisst der Besitzer eines oder mehrerer Handelsschiffe. mit denen er die Seefrachtfahrt als Gewerbe betreibt, oder diese auch fur eigene Rechnung benutzt. Schiffe. Nach ihrer Bestimmung sind sje Han delsschiffe (Kauffartheischiffe, Kauffahrer) oder Kriegsschiffe; wenn sie in regelmassigen Fahrten fiir Zwecke der Postanstalten benutzt werden. heissen sie Packet- oder Postschiffe. Se- gelschiffe werden durch den Wind, Dampfschiffe durch Dampfkraft, Ru- derschiffe (nicht mehr im Grossen gebrauchlichj durch Ruder getrieben. Die Grosse der Handelsschiffe wird nach der Gewichtsmasse ihrer Ladung (nach Tonnen) bestimmt; die grossten (z. B. Ostindienfahrer) haben mehr als 1000 Tonnen. Die grossten Kriegsschiffe sind die Liniensch if fe, dann folgen Fregatten, Corvetten, Kutter, Schaluppen u. s. w. Eine grossere Anzahl von Kriegsschiffen nennt man eine Flo tte , eine kleinere Gesch wader, Flottille,Eskadre u. s. w. Platze, wo Schiffe gebaut werden, heissen Schiffswerften. Das Seewesen im Allgemeinen, mit Ru<-ksicht anf die Schiff- fahrt nennt man Marine. Tonne ist eine Gewichtsmenge von 2000 Pfund. Verklarnng B belegen" (oder Seeprotest aufnehmen) nennt man die schrift- liche Erklarung des Schiffers , wenn er grosse Havarie gemacht hat , die er im nachsten Hafen vor der betreffenden Obrigkeit zu Protokoll abgibt und beeidet, um sich vor aller Verantwortung zu schutzen. Wrack ist der KOrper eines gescheiterten oder sonst untauglich gewordenen Schif- fes, uberhaupt Alles, was das Meet von verungluckten Schiffen an das Ufer treibt. (Wrackrecht, Strandrecht.) 80 C. Das Land. . 61. Der Ban der Erdrinde. Die sfarre Erdrinde, welche fiber dem Meeresspiegel mehr oder weniger erhaben ist, nennen wir Land. Nach der fast allgemein angenommenen Hypothese war der Erdball einst eine feurigfliissige Kugel, deren Obeiflache durch allmalige Erkaltung fest wurde (die Gesteinsdecke oder Erdrinde), wahrend das Innere derselben noch immer gluhendfliissig blieb. Die Erdrinde besteht aus zwei ver- schiedenen Gesteinsarten: Massengestein (plutonische Bildung), und geschichtetes Ge stein (neptunische Formation, Sediment- gesteine). Das Massengestein hat entweder den Charakter geschmol- zener Massen (vukanisches Gestein), oder es ist von vorherrschend krystallinischer Bildung, dessen Felsarten ohne Regelmassigkeit in der Lagerung liegen (Urgebirge). Das Massengestein enthalt nirgends Versteinerungen, dagegen ist es sehr reich an Metallen und erdigen Fossilien, besonders an Edelsteinen. Unter dem Namen Urgebirge fassen wir die (wahrscheinlich altesten) Gebirge der Erdrinde zu- sammen, welche die Grundlage der ilbrigen Gesteine, in der Regel den Kern der Hauptgebirge bilden. Zum Urgebirgsgesteine gehoren : der Granit, der Syenit, der Griinstein, Porphyr u. s. w. ; zu den vulkanischen Felsarten: Basalt, Trachyt, Lava, Bimsstein u. s. w. Die geschichteten Felsarten sind in parallel laufenden Flatten oder Schichten nach einer bestimmten Ordnung iiber einan- der gelagert, und echliessen eine Menge von Versteinerungen (Petre- facten) von Thieren und Pflanzen ein. Die verschiedenen Sediment- bildungen oder Formation en werden in drei grosse Schichten, deren jede in mehrere Gruppen zerfallt, geschieden: 1. prim ares, 2. sekundares und 3. tertiares Gebirge. 1. Das Pri m a rgebirge besteht aus folgenden Gruppen : Grau- wacke n gebirge (Uebergangsgebirge), S te ink ohlengebirge und Kupfers chief ergebirge. Die erste dieser Gruppen enthalt Kalk, Schiefer und Sandsteine, die zweite Schieferthone, Kalk- und Sand- steine und dazwischen Steinkohlen , und die dritte Kupferschiefer mit Kupfererzen und Zechstein. 2. Dassekundare Gebirge besleht aus drei Gruppen : Trias, Jura gebirge und K reid e gebirge , und ist reich an Erzen, Salz, Gyps und Steinkohlen, so wie an Versteinerungen. 3. Das tertiare Gebirge lasst sich in eine u nt ere (antediluvia- nische) Gruppe, die aus Thon und Sandsteinlagern besteht, zwischen denen Braunkohlen eingeschoben sind, und in die obere einthei- len. Letztere ist das Diluvium (A uf geschwemmtes), welches aus Lagern von Lehm, Thon, Kies und Gerolle besteht. Auf das Dilu- vium folgt als letztes , oberstes Glied das Alluvium (An ge- schwemmtes), die Gebilde der Gegenwart , besonders Lehm, Sand, der sich stets neubildende Torf und Dammerde (Humus). Die aus dem Erdinnern emporgeclrungenen plutonischen Massen werden auch Eruptivgest eine, die Schiefergesteine Urformation, die Grauwackebildungen Uebergangsgebirge und alle iibrigen Sedimente zusammen FlStzgebirge genannt. 81 . 62. Verbreitnng der Mineralien. Die Mineralien sind Bestandtheile des festen Erdkernes. Ihre Verbreitung ist an kein geographisches Gesetz gebunden, keine Zone hat eigenthiimliche, sie besonders charakterisirende Gattungen, aueli lasst sich fiber die vorhandene Menge einer Mineralgattung nichts Zuverlassiges angeben. Die wichtigsten Fundorte sind far: l.Edle Metalle: Platina, Russland (am Ural); Brasilien; Bdrneo ; St. Domingo; Gold, Nordamerica (Calif ornien), Mexiko, Peril, Bolivia, Brasilien; in Asien der Ural, Sibirien, Tiibet, China, der indische Archipel; Neuholland; die Lan- der Mittelafricas ^Goldstanb und Goldsand); in Europa Siebenbiirgen und Ungarn. (Jahrliche Ansbeute beilaufig 200.000 Pfund, davon die Halfte auf America.) Silber, Mexiko, Pern, Chili, Russland, China, Norwegen, Sachsen, Hannover, Ungarn und Siebenbiirgen. (Jahrliche Ausbeute beilaufig 1,800.000 Pfund, davon zwei Driitel auf America und etwa ein Sechstel auf Europa.) 3. Unedle Metalle : Qnecksilber, Almaden (Spanien), Idria (Krain), bairische Rheinpfalz, Ost- indien, Japan, Peru, Brasilien, Mexiko. Kupfer, England, Norwegen und Schweden, Russland, Ungarn, Harz, Frank- reich, Chili, Nordamerica, Brasilien, Cuba, Japan, Kleinasien. (Europa ge- winnt jahrlich an 550.000 Zentner, davon entfallt die Halfte auf England ; Russland und Deutschland je ein Sechstel.) Eisen, Schweden, England, Steiermark und Karnten, Belgien, Russland, Deutsch- land, Frankreich, zahlreiche Fundorte in America, Asien und Africa. Blei, England, Spanien, Karnten, Harz, Nordamerica. Zinn, die Sunda-Insel Banka, die Halbinsel Malakka, bShmisches und sachsi- sches Erzgebirge, England. Zink, Schlcsien, Rheinpreussen, Belgien, England, China, Vorderindien. Kobalt, Sachsen, Schweden, England, Schlesien, Rheinpreussen. 3. Edelsteinc. Die meisten und schonsten Edelsteine liefert Ostindien ; auch Brasilien und Peru haben einen grossen Reichthum an einigen ausgezeichneten Gattungen von Edelsteinen. Es werden gefunden: der Diamant in Vorder- indien, auf Borneo, in Brasilien und am Ural; Rubin e auf Ceylon, in Hinterindien nnd in der freien Tatarei; Saphire auf Ceylon, in Birma, Brasilien und Columbia; Smaragde in Peru, Brasilien und Sibirien ; Topas, Hyacinth, Amethyst am schonsten auf Ceylon und in Brasilien, minder schon in Europa, Opal am schonsten in Ungarn u. s. w. 4.Unter den unedlen erdigen Mineralien sind erwahnenswerth: der G rap hit in England, Oesterreich, Frankreich und Spanien; die Porzellanerde in Sach en, Bohmen, Frankreich, Baiern, China und Japan; Meerschaum in Kleinasien, Griechenland, Siidrussland, Spanien und Mahren ; Marmor in Mittelitalien, Paros, Frankreich. 5. Die brennbaren Mineralien: Schwefel (den meisten und besten) liefern Sicilien, der Kirchenstaat und Toscana, dann Island, Croatien, Ungarn, Spanien u. s. w. ; Steinkohlen, die grOsste Ausbeute hat England, dann Belgien, Frankreich und Deutschland, Nordamerika, China; Bernstein wird am meisten an der Ostseekuste (zwischen Danzig und Memel), Asphalt in Sy- rien (am todten Meere), anf Trinidad in Westindien und auch in Dalmatian gewonnen; der Torf ist in Europa hauptsachlich in den norddeutschen Nie- dernngen, in Holland, dann in Sud-Baiern, Oesterreich u. s. w. verbreitet. 6. Die salzigen Mineralien: Kochsalz, das meiste Sieinsalz in Europa liefern die Karpathenlander, das meiste Sudsalz Dentschland, das meiste Sei'e kaukasische oder weisse; hierher gehoren die Europaer mit Ausnahme (lerXappen und Finnen, die West-Asiiucu diesseits des Ob, des caspischen Meeres, theihveise sogar'bis zum Ganges, die Nord-Africaner, und die in America und den europal- schen Colonieif 'Avohnenden Europaer, zusammen an 369 Millionen; 2. Die mongolische: gelb, mit gesdilitzten Augen, hervortretcnden BackenKno'clien; Chine- seW; MongTlen, iiberhaupt Asiaten (mit Aus- nahme der bei 1. Genannten und der Malayen), zu- eammen an 522 3. Die a t h io pise lie: schwarz, mit krausem Haar, vorTreTenden Kiefern, Avulsttgen Lippen, stum- pfenf'l^as'e 1 ; ^^dtfr^afrt^ftftlschen Neger an 196 ,, 4. Die &,me r i.c an i s c h e : rothlich sclnvarze Ilaare, von brcitcr aber m^iT~" sichtsbililunfT, inei^t mTt stark ausgepri' 5. Diem a 1 a y i s c h e ; braun, sch i warze Haare, breite ^{(SG^ t Jlf99ff!9'' l '^rif(fVff^^^^vK^>5fKlffS^ < fl^i-- latrwj-^TC Bcwofener der Philippinen, Molukken, Sunda- Inseln, auch wohl die Australier, zusammen bei- laufig an 200 Von der Gesammtbevolkerung der Erde gehoren somit an- nahernd : 28.85 % der kaukasischen, 40.61 % ,, mongolischen, 15.38 % malayischen, 15.08 % athiopischen, 0.08 / americanischen Race an. . G9. Die Bevulkernng der Erde nach den geistigen Verschiedenheiten. Die geistigen Verschiedenheiten unter den Menschejt^Jj^- ziehen sich auf Sprache, Religion, Kulturgrad und Staat s- TeTE"aTtrrtrse. ." 1. Die Sprache. Man unterscheidet drei Sprachenreiche : a) flee tirende Sprachen (in welchen den vTorlen durch inii'ere Verahdefurig Flexion eine wechselnde Bedeutung ge- geben wird) ; b) einsilbige, flexion sjpse. S.praclien (in \velclicn die Worto urivcrandert blciben, und alle grammatischen Formen durch VorseT'zworte, deren Stellung und den Zusam- menhang des Sinnes angedeutet werden) ; c) agglutini- ,* .. , ,-, D ! / i i i -! C3 . bprachen (sie haben keme \vivd durch das lose Anfugen der Beziehungslaute an den Be- deutun^sTaii>, d. Ii. durch aussercn Zuwachs am Ende oder in fler Mitte % "3fi[iB Bedeutung des Wortes gewechselt). Vincent nimmt 15, Pri chart 7 Racen an. Eetzius hetrachtete wieder die Schadelform als Grundlage der Eintheilung und unterschied Delichocephalen (mit langlichem, ovalem) und Brachycephalen (mit breitem und kurzem Schadel). a) Die flectirenden Spracben oder der imlo-europaisclie Sprachstamm, von der kaukasischen Race und fast von der Halfte des Menschengeschlechtes gesprochen, stehen am hSchsten auf der Stufenleiter der Sprachen und zer- fallen in zwei grosse Familien : die indo-germanische und a gyp tisch- semitische. Zu der ersteren gehoren die asi at ische Gruppe (indische, persische, und jene der Kaukasus-Volker), und die europaische (grie- chisch, lateinisch mit ihren T6chtern dann slawische Sprachen, keltisch und die deutschen Sprachen) ; zu der zwei ten nordsemitisch (syrisch und chaldaisch), mittelsemitisch (hebraisch) und sudsemitisch (arabisch). b) Der Sprach'stamm der einsilbigen aber flexionslosen Worter, aucb der ost- asiatische oder chinesische genannt, wird von vielleicht 500 Millionen Menschen in China, Japan und dem grossten Theile von Hinter-Indien ge- sprochen, und zerfallt in die chinesische, koreanische, japanische und indo- chinesische Farailie. c) Die agglntinirenden Sprachen, zn welchen bei Weitem die meisten Sprachen gehdren, bilden eine Mittelstufe zwischen den friiher erwahnten Sprachieihen und werden in den tatarischen Stamm, die kaukasi- schen und die einverleiben den Sprachen geschieden. Zum tatarischen Stamme gehoren die tatarischen n \m engereh Sinne" (mongolisch, tiirkische Familie, kirgisisch baschkirisch u. s. w.) und die f inischen Spra- chen (samojedisch, ugrisch, bnlgariscb, lappisch, finisch, estniscb, magya- risch u. s. f.); zu den kaukasischen gehoren der iberische Sprach- stamm, georgisch, abchasisch, lesgisch u. s. w, ; zu den ein- verleibenden gehort der baskische Sprachstamm (im innersten Winkel des Meerbusens ^von Biscaya), als Rest eines ehcdem weit verbreiteten Sprachstammes. Die Angaben iiber die muthmassliche Anzahl der Sprachen wechseln zwischen 800 und 3000 nebst einigen Tausend Mundarten; doch ist deren Menge von keiner Bedeutung, da einerseits manche Sprachgebiete so klein sind, dass sie nur von 15- bis 20,000 Men- Bchen geeprochen werden (in America), anderseits breiten sich die Sprachen der Kulturvolker immer mehr auf Kosten der ungleich zahlreicheren Sprachen der ungebildeten Volker aus, wie z. R die mehr als 100 einheimischen Sprachen der Amerikaner vor drei europaischen (der englischen , spanischen und portugiesischen) zum Theil verschwunden eind. Im Allgemeinen ist die Sprache ,,die ausserliche Erscheinung des Geistes der Volker : ihre Sprache ist ihr Geist und ihr Geist ist ihre Sprache*" . 70.2Fortsetznng. 2.JPie Religion. Die Religion der Volker, d. i. die Art und Weise, wie sie ihr VefHalfmss zu Gott auffassen, ist nach dem Grade der Gesittung sowie nach der Mstorischen' Entwickeliing uri'd Heranbildung verschieden. Das angeborne Gottesbewusst- sein suchet Gott, und es hat nie ein Volk ohne Reli- gion gege,i>n. '"Tnoer politischen Geographic theilt man in dieser Beziehung das Menschengeschlecht zuvorderst in zwei Klassen: Bekenner Eines Gottes oder Monotheisten und Bekenner mehrerer Ghrttheiten oder P o 1 y t h e i s t e n (eigentlich Pantheisten), Zu den Ersteren gehoren die Christen, Juden und Mu- hamedaner; die Letzteren nennt man He id en. Die Bevolkerung der Erde vertheilt sich in: 93 1. Christen 335 Millionen ; d. i. 25.77 Procent, 2. Juden 5 0.38 3. Muhamedaner 160 12,31 4. Heiden, u. z. asiatische Religionen... 600 ,, 46.15 ,, die iibrigen Heiden .... 200 Von den Christen sind: Romisch-katholisch .... 170 Protestanten 89 Griechen 76 15.39 50.7 26.6 23.7 In Europa bekennen sich zum Christenthiime iiber 262 Millionen, in America (unter 59 Millionen Bewohnern) an 57, in Asien zwischen 10 11, in Africa an 4, und in Australien beilaufig l l / z Million Menschen. Die Juden leben unter fast alien ansassigen Volkern, und desshalb finden sich fiir die jiidischen Bevolkerungen in den ausser- europaischen Landern nirgend bestimmte Zahlen, daher deren Merge nur annahernd geschatzt werden kann. In Europa konnen 3 l / 2 Million, in der asiatischen Tiirkei mindestens 350,000 ange- nommen werden. Sie leben auch in den iibrigen Theilen Asiens, in den cordlichen Theilen Africas, in Australien, auf den Sudsee-Inseln, und in America (an 100,000), besondera in den Nord-Americanischen Freistaaten. Muhamedaner wohnen in Europa etwa 6 l / 2 Millionen, in A si en durfte deren Anzahl mit 50 Millionen (inbegriffen 12,650,000 in der asiatischen Tiirkei), in Africa (da im Innern Nordafrica's nach Earth's Reiseberichten fast durchgehends Muhamedaner wohnen), mit 100 Millionen anzunehmen sein; America und Austra- lien mochten keine irgend nennenswerthe Zahl von Muhamedanern haben. Unter den Polytheisten sind der Buddhaismus und der Brahmaismus die verbreitetsten; jener in Hinterindien , auf den malayischen Inseln, China und Japan, dieser in Vorderindien. Die mongolischen Volker bekennen sich zum Schamanenthum, ei- nem von Zauberwahn und Damonenfurcht befangenen Geisterdienst. Die niederste Stufe des Heidenthums, der Fetischdienst, wel- cher Gegenstande der belebten und unbelebten Natur bis zu Klotzen und Holzpuppen herunter fur Kulturobjekte nimmt, findet eich nur bei Negern. . 71. Fortsetzung. 3. Der Kulturgrad. Die verschiedene Leben sweise und die Kulturstufe der Vulker beruht hauptsachlich auf dem Begriffe des Elgerithunis. -"Auraer^Ulitersten Stufe stehen die Sammelvb'lker, welche von wilden Pflanzen und Thieren leben, wie sie ihnen eben vor- kommen. Die Jager- und Fischervolker stellen bisweilen mit grosser Gewandheit den Thieren des Waldes und Wassers nach, erwgrben eich die Mittel zur Befriedigung ihrer Bediirfnisse stets 94 von Neuem, haben keine bleibenden Outer, vereinigen sich nur wider- strebend zu grosseren Gesellschaften, und ihre Geisteskrafte ge- langen zu keiner hoheren Entwickelung. Die Volker mit Eigenthum sind theils Wandervolker (Hirtenvolker, Nomaden), theils ansassige Volker. Die Lebensweise der W and ervolk er ist eine friedlicbere. Sie zahmen und nahren die Thiere, ihr Lebensunterhalt ist weniger dera Zufall ausgesetzt, es entwickeln sich die ersten Begriffe von Eigenthum und geordneten, geselligen Verhaltniss n, die Betrach- tung der Natur belehrt und erhebt Geist und Gemtith. Doch folgt der Nomade mit seinem beweglichen Zelte der weidesuchenden Heerde von Steppe zu Steppe, er hat keine Heimath, und die feind- eeligen Reibungen der Nomadenstamme unter einander halten sie noch auf einer niederen Kulturstufe, Vom Hirtenleben zum Ackerbau ist ein kleiner Schritt, und mit den fee ten Ansiedlungen beginnt die zusammen- hangende Kette der menschlichen Entwickelung und geordneteren Verhaltnisse. Der Ackerbau mit der Viehzucht begiinstigt das Zu- sammenleben Vieler, und begrundet feste Wohnsitze, Ortschaften. Das Bediirfniss der nothigen Gerathe und Werkzeuge ruft das Handwerk hervor, welches zuerst die nothw r endigen, dann die niitzlichen und endlich luxuriose Gegenstande fiir Wohnung, Be- kleidung und Bequemlichkeit liefert. Bald fiihrt der Ueberfluss an Produkten der Natur oder des Gewerbfleisses zu friedlichem Ver- kehr, zum Handel mit den benachbarten, dann auch entfernteren Volkern. Auf dem Ackerbaue ruht Alles, was die Menschheit er- rungen hat in Sitte und Bildung, ,,der Pflug hat die ersten Staa- ten gegriindet." An die Befriedigung der bloss materiellen Bediirf- nisse kniipfte sich in der Folge auch das Streben nach Befriedigung der geistigen und gemuthlichen ; die Fahigkeiten des menschlichen Geistes entwickeln sich in Wissenschaft und Kunst zur hoch- eten Stufe der Kultur eines Volkes. Sammelvolker (oder vegetirende) findet man noch auf Neu- Holland, auf den australischen Inseln , vielleicht auch im Innern von Africa. Jagerhorden streifen in America (in den Hudsons- bai-Landern, im Innern des Kontinentes) und im Innern Africa s ; zu den Fischer v olkern gehoren mehrere Stamme am arktischen Polarmeere und auf der Inselwelt Australiens. Wandervolker trifft man in Europa, America und Australien fast gar nicht; da- gegen sind sie zahlreich auf den ausgedehnten Steppen Asiens und Africas. Fast 5 / 6 der gesammten Menschheit fuhren sonach die Lebensweise der ansEssigen Volker." . 72. Schlnss. 4. Die Staatsverliiiltnisse. Die .inp'ussigen Menschen haben sich in Gesellschaften unter bestimmten Gesetzen vereinigt, um in iiupserer Kuhe und Sicherheit zu'leben und ihrem 'geistigen Tri'teres&e""materielleh "Schutz zu yerleihen ; diese Gesellschaften ii^isseri Staaten. Fur die Ertheffung und Vollziehung der Ge- eetze, fur den Schutz der Persbnen und des Eigenthums, fur die 95 Beforderung der offentlichqn Wohlfahrt des Staatesjhn^ ^SOTgt^thV'ft e g i e r u n-g~ t^wee-^zerfattf 'tft*1Jie'"S t aTOTvj irmt- i die 'S t a a t s v e r wjiilu^g^ (Jiigei'-i 1 FlffcTier^i volker bilden ke'lne S'taaten7'die''"emzelnen Familien leben unter der patriarchalischen Leitung von Familienaltesten oder Hauptlingen). a) Die Form (liir,.. JtfiSiMmilflLillffiff fit V erfaflHiin g._ 1st die Re- ^jperun|^einen^emzTgeti (JberrjaupreafWWR^!uiV y *80 ist sie eine monarchische; wird dje hQphste/fouttau!|inviil^^ ausgeiibt, so ist sie eine r e p u rjlTTv' all i s^iiJe L r JJ er8iereolaaten "fceiooen K M OTT a r eh i c h "(Kaiscrthum, Kunigreich, Ilerzogthum u. s. f.), IeTzt8Fe""Tte'p i"'ut)Tllj: en. Eine Monarchic ist erblich, wenn sich die huchste Gewalf in der Familie des Regierenden T^&yrtastie) forterbt; wird nach deni Ableben des Monarchen ein anderer ftB^seine Stellefij^jj^iJ-L.: jiin^ W^ ajil r e i c h. Ver- waltet der Monarch die Re^ierung al 1 e i n j^a^cTrt^esel'zen", denen er selbst mit unterworfen ist, und durch nur ihm allein ver- antwortliche Behorden , so heisst die Regierung eine u n u m- schrankte (absolute) M o n a r c^Ri 1 ; '"" ' "isV* duf c'h" organ! sche Cjruno!gese*!^e (Constitution, Charte) die GNjSetzgebung und die allgemeine Controle deT Staatsv^rvTciltung zwischen"dem Mon- archen und den Vertretern einze^er Stande oder des gesamrh- ten Volkes getheilt, so nennt man sie eine eingeschrankte (konstitutionelle) Monarchic. Kamj^fiuj.. Monarch nac^^yr- Idirjaber Fre|heit, Leben und iJesJtz seiner Unterflianen ver- fiigien7**TsT er daT^ei an kein Gesetz, sondern riochstens an ein gewisses Herkotnmen gebifnden, so ist die Regierung eine des- potische, der Staaf eine Despotic. Die Re pub liken (Freistaaten) heissen demokratische, in d^ne13r*TI1^^e^rn^uti ei t des Yolkes durch ihre gewahltea Vertreter die hochste Staatsgewalt ausiibt; 9der aristokra- tische, in denen zur Verwaltung der Staatsangelegenheiten nur ein bestimmter Kreis yon beyorzugten .Familien berufen ist. Die Ausartung der ersteren ist D chlokr a tie (Pobelherr- schaft), ein Zustand, der bald jedern^lilllHHHW^IWfiid geord- neten Staatsleben ein Ende macht; die Ausartung der zweiten ist Q^UUJg^hU^i^di^ widerrechtliche Anmassung der Herr- schaiteinigerC^walthaber. b^DieSttaatsverwaUung iat die Ausiibung der StaatgflfiiBilL uin 'ffirT^'giiigflgrrliPB^ des Staatslebenfzu" 'leiten. Das S-aatsoberhaupt bedient sich ill flI8HSBTWWiBW*WIWI l *Anzahl von Behorden, denen ein bestimmter Geschiiftskreis zugewiesen ist. Diese Bind theils Centralbehorden, die hochsten , um das Staatsoberhaupt versammelten, welche die Geschafte des Gesammtstaates leiten; theils Provinzialbehorden, welche den Centralbehor- den untergeordaet sind, und die Staategeschafte innerhalb eines bestimmten Verwaltungsgebietes und Verwaltungszweiges be- eorgen. _96 Das Verhaltniss , in welchem ein Staat zu anderen Staaten steht, ist entweder ein selbststandiges und unabhangiges (souveraine Staaten), d. h. der Staat ist in Hinsicht auf innere Verwaltung und aussere Verhaltnisse von keinem an- deren Staate abhangig; im Gegentheile heissen sie halbsou- veraine. Vereinigen sich Staaten zu ihrer gemeinschaftlichen Sicherheit in einem immerwahrenden Bunde , so heissen sie confoderirte (Staatenbund) ; ween sie sich nur zu einem be- stimmten Zwecke anf unbestimmte Zeit verbinden, alliirte Staaten. Die Darstellung des inneren und ausseren Lebens der Reiche und Staaten im Kreise der Gegenwart heiest Staatenkunde oder Statistik (im weiteren Sinne). Die Staaten von Europa. I. Das Kaiserthuin Oesterreicli. Ja, Der Oesterreicher hat ein Vaterland, Uiid liebt's, und hat auch Ursach' es zu lieben. Schiller's ,,Wallenstein." A. Die Monarchic ini Allgemeinen. . 73. Lage, Greuzjen, GrOsse. Jjas Kaiserthum Oesterreich Hegt zwischen 42 10' und 51 3' n. Br., und zwischen 27 15' und 44 7' o. L, Es dehnt sich so- mit zwischen fast 9 Breiten- und doppelt so viel Langengraden aus. Politische und natiirliche Grenzen (siehe die Karte). Der Fl'acheninhalt der Monarchic betragt 11.751 geogr. Geviert- Meilen. In Bezug auf die Bodengrosse ist es der dritte Staat in Europa, da es nur von Russland und Schweden-Norwegen iiber- troffen wird. . 74. Bestandtheile der Monarchic. Oesterreich, eine der fiinf europaischeu Grossmachte, ist eine erbliche, untheilbare, unumschrankte Monarchic. Die Thronfolge ge- schieht nach dem Rechte der Erstgeburt in dem romisch-katholi- schen Hause Hab s burg-Lo thringen mit Vorzug der gesamrn- ten mannlichen Linie. Die Monarchic besteht aus 20Kronlandern, deren einige in K r e i s e (im Lombardisch-Venetianischen ,,Provinzen" oder ,,Delegatio- nen," in Ungarn ,,Comitate," in der Militargrenze ,, Regiments- und Bataillonsbezirke"genannt) und in besondere den administrativen Lan- desbehorden untergeordnete Stadtbezirke zerfallen; die Kreise wer- den in Bezirke (im Lombardisch-Venetianischen ,,Distrikte," in Dalmatien ,,Praturen ," in Ungarn ,.Stuhlbezirke ," in der Militar- grenze ,,Compagniebezirke") eingetheilt. Bei den kleineren Kron- landern, deren mehrere administrativ Einer Statthalterei untergeord- net sind, besteht keine Kreiseintheilung. Uebersicht der Ssterreicbischen Kronliinder. Kronland Geogra- phische [JMeilen BevBlkernng (nach der Zahlung vom 31. Oktober 1857) Hauptstad t und deren Einwohnerzahl (am 31. Okt. 1857) absolute relative (Zum deutscben Bunde gehorig): 1. Erzherzogthum Oesterreich 360.,. 217.,, 130.,, 407., t nfl. 1,681.697 707.450 146.769 1,056.773 4669 3246 1127 2590 Wien 476.222 Linz 27.628 2. Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns 3. Herzogthnm Salzburg .... 4. Steiermark . . Elan's Handels-Geographie. 2. A Salzburg 17.253 Graz 63.176 7 98 K r o n 1 a n d Geogra- phische (JMeilen Bevolkerung (nach der Zithlung vom 31. Oktober 1857) Haup tstadt und deren (Einwohnerzahl amSl.Okt. 1857) absolute J relative 5. Herzogthum Karnten.. .. 6. . Krain 7- das Kustenland 188. J6 181.. 145, 522., 943, 403. 8 93, 1422. 5 , 189, 7 3265. 4t 544. 83 332 ;4 1102. 2t 232. 4I 456 609. S1 332.456 451.941 520.978 851.016 4,705.525 1,867.094 443.912 4,597470 456.920 8,125.785 1,540.049 865.009 2,172.748 404.499 2.444.952 1,064.922 564.989 1764 2491 3589 1627 4985 4623 4747 3232 2410 2489 2829 2599 1971 1740 5355 1747 Klagenfurt.. 13.479 Laibach 20.747 Triest 104.707 Innsbruck . . 14.224 Prag . 142 588 8. Gefiirstete Grafschaft Tyrol mit V orarlberg ... . 9. Konigreich BOhmen... . 10. Markgrafschaft Mahren . . 11. Herzogthum Schlesien. .. (Ausser-deutsche Kronlander): 12. KSnigreich Galizien one Lodomerien *) Brunn 58.809 Troppau 13.861 Lemberg 70.384 Krakau 41.086 Czernowitz.. 26.315 Ofen. . . 55 240 13. Herzogthum Bukowina . . . 14. Konigreich Ungarn 15. Serbische Wojwodschaft u. Temeser Banat Pest 131 705 Temesvar... 22507 Agram 16.657 Sermannstadt 18.588 Zara 8 000 16. KSnigreich Kroatien und 17. Grossfurstenthum Sieben- 18. Konigreich Dalmatien. . . . 19. Lombardisch-venetianisches Konigreich Venedig .... 125.000 20. Militargrenze K, k. Militar Zusammen. . . . 11.751. 41 35,002.953 2935 . 75. Bodenverhaltnisse and Klima im Allgemeinen. Der Boden des Kaiserstaates ist grosstentheils gebirgig, denn iiber 75% der gesammten Oberflache sind Gebirgs- oder Berg- land ; doch dehnen sich auch weite Ebenen und Thaler aus und verleihen dem Lande eine grosse Mannigfaltigkeit. Eigentliche Ge- birgslander, d. h. zumeist mit Gebirgen erfullt, sind Tirol, Salzburg, Obersteiermark, Oberkarnthen und Siebenbiirgen, in welchen Kron- landern sich auch die hochaten Berge erheben. Zwischen der bai- risch-schwabischen Hochebene und dem lombardisch-venetianischen Tieflande breitet sich das Al pen land aus, mit vielen Langen- und Querthalern, aber ohne grossere Ebenen. Im Nordosten des letzteren erhebt eich das bohmisch-mahrische Randgebirge als eine Terrasse der Alpen zum norddeutschen Tieflande. Im Osten der March zieht sich das karpathische Gebirge bogenformig zwi- echen Mahren, Schlesien, Ungarn, Galizien und der Bukowina zum siebenburgis chen Hochlande, welches eine Terrasse zum moldau-walachischen Tieflande bildet. Umschlossen von Alpen- und Karpathenzweigen ertreckt sieh die grosse ungarische Tiefebene in *) Die Herzogthiimer Auschwitz (Oswiecim) und Zator in Westgalizien (36 nMeilen mit 190.000 Einwohnern) gehoren zum deutschen Bnnde. Diese sind in den Ziffern unter Nr. 12 inbegriffen. 99 fast gleicher Seehohe mit der oberitalischen. Oesterreich gehort so- mit dem Alpenlande, dem deutschen und ungarischen Mit- telgebirgs- und dem Tieflande an. (Siehe die Einzelnheiten im . 25.) Von der Gesammtflache der Monarchic entfallen beilaufig 25% auf die Ebenen , deren grosste in Ungarn, Galizien und im lom- bardisch-venetianischen Konigreiche vorkommen. Die grosse un- garische Tiefebene erstreckt sich auf einem Flachenraume von etwa 1.700 QMeilen von den Karpathen bis zur sudlichen Do- nau, vom Bakonywalde bis iiber Grosswardein. Zwischem dem Ba- konywalde, dem karpathischen Hochlande und dem Leitha-Gebirge dehnt sich die kleine (etwa 160 QMeilen) oder westliche Ebene aus, welche nach Niederosterreich und Steiermark hineinreicht. Die grosse Ebene hat eine durchschnittliche Seehohe von 300', ist an einigen Stellen ausserst fruchtbar , an anderen eine diirre Haide oder mit Sumpfen bedeckt, durch welche die Theiss im tragen Laufe die Wasser fortwalzt; mhunter trifft man selbst auf wahrhaft ode, mit Flugsand bedeckte Wusten. Zwischen der Donau und Theiss ist die Kecskemeter-, zwischen der Theiss und Koros die Debre- cziner Haide mit ihrem ausserordentlichen Reichthum an Soda. In diesen waldlosen, nur von Hirten und Heerden zerstreut bewohn- ten Flachen sind Luftspiegelungen (Fata morgana, Delibab) sehr haufig. Im sudlichen Theile der Tiefebene , an welche sich die iiberaus fruchtbare kroatisch-slavonische Ebene anschliesst, gedeiht das beste Getreide in reichem Masse. Am Nordabhange der Karpathen beginnt die galizische Ebene, eigentlich ein von m'as- sigen Hiigeln durchzogenes, wellenartiges Plateau , an welches sich die grosse sarmatische Tiefebene anschliesst, die an der Ostsee, am weissen Meere und am Ural ihre Begrenzung findet. Die gali- zische, an 900 QMeilen grosse Flache hat theils ausgedehnte Weide- platze und sehr fruchtbare Gefilde, theils ist sie ode, nur durch Lehmhiigel, Moraste und tiefere Flussthaler unterbrochen. Weit gesegneter und in reicher Fruchtbarkeit breitet sich die beilaufig 400 QMeilen grosse lomb ardisch- ven etianische Tiefebene zwischen dem Siidabhange der Alpen und dem Po aus, welche nur durch die getrennten Hiigelgruppen der berici'schen und euganei'- schen Hiigel (jene bei Vicenza, diese bei Padua), voll flppiger Ve- getation und mit malerisch zerstreuten Landhausern bedeckt, unter- brochen ist. Der westliche Theil, reich an Kornfeldern , Maulbeer- baumen und Weinreben , durch natftrliche uud kunstliche Wasser- adern reich bewassert, ist im Norden von den anmuthigen Hiigeln der Brianza begrenzt, an den sudlichen Reisfeldern ist er sumpfig und Ode. Der ostliche Theil dehnt sich bis zum Isonzo-Thale aus, gleicht anfanglich der lombardischen Ebene, gegen die Kuste zu iet er je- doch versumpft, theilweise auch vom Gerolle bedeckt, welches die stromenden Alpenfliisse absetzen. Ebenen von geringerer Ausbreitung sind: die fruchtbare us tcrreic hi sche mit dem Marchfelde uod das Tulnerfeld; die Welser Haide in Ober- osterreich; das Grazer-, Leibnitzer- und Pettauer-Feld in Steiermark; die Klagenfurter Ebene mit dem lieblichen, fruchtbaren Larantthale in Earn ten; das Laibacher Feld in Krain; das Innthal in Tirol und das Rheinthal nebst 7* 100 der Flache am Bodensee inVorarlberg; in Bohmen kommen die gr5ssten Flachen im Budweiser, Chrudimer und Koniggratzer Kreise vor ; in M ah r en die fruchtbare Hanna ; Siebenbiirgen hat keine eigentlichen Ebenen, nur Flachen, erweiterte Thaler, terrassenfSrmige Formen und kleine Hochebenen (die Klausenbur- ger n Kampia" oder Mezoseg, bei Kronstadt etc.); der Karstboden Dalmatic ns hat nur wenige Flachen, wie zwischen der Kerka und Narenta. Die Zahl der Thaler ist in einem Gebirgslande wie Oesterreich begreiflich sehr gross. Viele derselben zeichnen sich durch Naturschonheiten aus, in sehr vielen hat die Industrie ihren Sitz aufgeschlagen ; denn eben die Thaler mit dem Reich- thnm an Wasserkraften und Heizungsmateriale sind fiir viele Industriezweige von hochster Bedeutung. Das Klima. Der ganze Staat liegt in der gemassigten Zone und geniesst im AUgemeinen ein mildes, dem vegetabilischen und animalischen Leben zutragliches Klima, wovon nur die N^ederungen in Ungarn und Slavonien und die wenigen ubrigen Sumpfgegen- den eine Ausnahme machen. Die kontinentale Lage, die Ausbrei- tung gegen Osten , vorziiglich aber der grosse Unterschied in der Erhebung des Bodens der einzelnen Landestheile der Monarchic bewirken eine grosse Verschiedenheit in der mittleren Jahrestempe- ratur *). Der starkste Temperaturwechsel ist in der ungarisehen Ebene, wo nicht selten die Sommerhitze iiber 30 R., und die Kalte im Winter gegen 20 R. erreicht. Die Kustenstriche sind im AUgemeinen geringeren Schwankungen ausgesetzt als die Binnenlander , obwohl auch hierin etarke Ausnahmen vorkommen. Trotz dieser vielfachen Verschiedenheiten lassen sich drei klimatische Regionen unterscheiden : a) Die sudliche Region (von 4246 n. Br.) begreift das lombardisch-venetianischeKonigreich, Siidtirol, das Kiistenland**), den sudlichen Theil Kroatiens, Slavonien, die Militargrenze, die Wojwo- dina und ganz Dalmatien. Der Winter ist kurz, mit wenig Schnee und Eis ; es gedeihen ausser den Getreidearten der Maulbeerbaum, Reis, Mais, Wein, der Oelbaum, hie und da Sudfriichte; b) die mittlere, vollkommen gemassigte (von 46 49 n. Br.) umfasst Oesterreich ob und unter der Enns, Salzburg, Steiermark, Karnthen , Krain , Mittel- und Nordtirol, Siidmahren, Sudbohmen, Ungarn, die Bukowina und Siebenburgen. Der Winter ist im AU- gemeinen langer und stronger, es gedeihen Getreide und Mais in Menge, in einigen Landstrichen sehr gute Wein- und Obstsorten; c) in der nordlichen Region (uber 49 n. Br.) liegen Boh- men, Nordmahren, Schlesien und Galizien ; die mittlere Jahrestem- peratur schliesst mit sehr geringen Ausnahmen den Mais- und Weinbau aus, dagegen ist sie fiir Getreide, Flachs und Hanf giinstig. Die Regenmenge ist in den Alpenlandern am grSssten, in Dalmatien, Istrien und in der ungarischen Ebene am geringsten ; doch wird der Regen hier einigermassen durch haufigen Thau ersetzt. Im grossten Theile der Monarchie sind die Herbstregen, in Tirol, Bohmen und im ungarischen Tieflande die Sommerregen am zahlreichsten. *) Mittelwarme in: Cattaro 11.. , Venedig 10 8 , Temesvar .9. 2 , Wien 8. 3 , Ofen 7.,, Gratz 7.,, Prag 7.,, Olmutz 7 S , Lemberg 5.,, Hohenfnrt in Bohmen 5. 2 R. **) So hat z. B. Triest bisweilen eine mittlere Hitze wie Neapel und beim Sturmen der Bora eine Kalte wie Prag, dazu haufig raschen und grossen Tempera- turwechsel. 101 Von den Win den ist der feuchte West wind in den meisten Kronlandern vorherrschend, auf den lombardisch-venetianischen Flachen der No rd wind. Hier, sowie in Tirol, Istrien, Triest weht aucb der Sirocco (= FOhn oder warmer Wind"), welcher insbesondere im Friihlinge den Schnee auf den Alpen schmilzt und hierdurch Ofter Lawinensturze und Ueberschwemmungen verursacht. Im Kustenlande, namentlich auf dem Karst-Plateau, sturmt besonders in den ersten Monaten des Jahres die Bora (Nordostwind, slawisch: burja) mit angeheuerer Wuth und wird der Schiffabrt sehr hinderlich und gefahrlich. Die wenigsten Ge witter sind in Niederosterreich, ihre Zahl und Heftigkeit nimmt gegen den Suden zu ; die haufigsten ereignen sich in der italienischen Ebene, in den hohen Alpen- und Karpathengegenden; beruchtigt, zahlreich und hagelschwer sind auch die Ge witter des Bohmerwaldes. Der Ha gel richtet im Mailandischen, in Tirol, Sudsteiermark und Unterkrain verhaltnissmassig die meisten Verheerun- gen an. . 76. Gewasser. A. Das Meer. Das adriatische Meer bespiilt auf einer Lange von 255 Mei- len die vielfach gegliederte osterreichische Kuste von der Po-Mun- dung bis zur albanesischen Grenze uud zwar die Kronlander Vene- dig, das Kiistenland (Gorzer Gebiet, Triest, Istrien), das kroatische Kiistenland, die kroatische Militargrenze und Dalmatien. Die vene- tianische Kiiste (23 Meilen lang) ist flach, nieder; vor den Miin- dungen "der italienischen Fliisse haben sich Banke von Sand und Schlamm gelagert, eine Reihe schmaler Diinen (Lidi) trennt die all- mahlich in Siimpfe tibergehenden Lagunen vom offenen Meere; die illirische (von Aquileja bis Fiume, iiber 60 M. lang) ist steiler, zum Theile felsig und die vielen Einschnitte und Buchten bilden na- tiirliche, sichere Hafen ; die kroatische (von Fiume bis siid- lich von Carlopago, 19 Meilen lang) ist ebenfalls felsig, aber min- der zuganglich als die frtihere; die dalmatinische (iiber 152 Meilen lang) ist theils sehr steil und zerrissen, theils ganzlich un- zuganglich; dagegen bilden die vielen dalmatinischen Inseln in ihren Buchten treffliche Ankerplatze. Die geringste Tiefe hat das Adria-Meer bei der Po-Mundung, die grosste an der Dalmatiner- Kiiste (bei Meleda iiber 2800'); an der Westkuste ist der Mee- resgrund wegen der vielen einmiindenden Alpenfliisse lehmig oder sandig, an der Ostkiiste steinig, mitunter mit Korallenstammen be- legt. Ebbe und Fluth sind in der Regel nicht bedeutend; die Stro- mung an der Dalmatiner-Kiiste ist nord warts, an der Venetianer siidwarts, wird jedoch haufig durch die Hauptwinde (Sirocco und Bora) abgelenkt, welche im Spatherbst und Winter nicht selten be- deutende Stiirme, insbesondere im Suden der Istrianer-Kuste (Cap Promontore) und im Quarnero erregen. Die Ostkiiste hat einen gros- seren Salzgehalt als die Westkuste; im Ganzen hat dieses Meer eine grossere Menge an salzigen Bestandtheilen als der Ocean, da- her verhaltnissmasig eine grosse Tragfahigkeit. Die grossten Golfe sind jene von Venedig, Triest, Fiume (Quarnero) und die bocche di Cattaro mit einer grossen Zahl von sicheren Buchten. Das adriatische Meer vermittelt den Verkehr theils zwischen den Oster- reichischen Seehafen, theils mit dem Auslande. Seine Bedeutnng ist durch die mittels der Siidbahn hergestellte direkte Verbindnng mit der Resident und den in- dustriellen Hinterlandern fiir Oesterreich noch gestcigert worden. Die bedeutenderen Hafen sind: an der venetianischen Kiiste Malamocco, Treporti und Lido, 102 welche in den Freihafen von Venedig fuhren. Zur Vermittlung des Verkehrs sind die Lagnnen von zahlreichen Kanalen durchschnitten und gegen die Brandung des Meeres mittels grossartiger Felsendamme (Murazzi) geschutzt. Zu der illyrischen Kuste gehort die Bucht von Triest, dann jene von Capod'Istria, Pirano, Rovigno, der ausgezeichnete Kriegshafen Pola; an der Ostkiiste Istriens die Hafen von Raba (bei Albona) und Volosca. Unter den 30 Quarnerischen Inseln haben Veglia, Cherso, Ossero nnd Lussin piccolo tiefe geraumige Hafen, von denen der letzte in jungster Zeit einen sebr scbwunghaften Verkehr entfaltet bat. Die kroatische Kuste hat die Hafen von Fiume, Biiccari, Portore, Zengg und Carlopago. Die Ostkuste gewabrt der Schiffahrt viele Vortheile, welche von den Seefahrern benutzt werden, indem sie den Weg aus dem Mittellandischen Meere nach Triest vorzngsweise langs derselben einschlagen. Die bedeutenderen Hafen an dieser Kuste sind: Zara, Trail, Spalato, Almissa, Macarsca, Kagusa, Cattaro. Der Reprasentant des 5sterreichischen Verkehrs auf dem adriatischen Meera ist der osterreichische Lloyd in Triest. Er unterhalt regelmassige Verbin- dnngen mit Venedig, Ancona, den dalmatinischen Hafen, den jonischen Inseln, mit Griechenland, Egypten und der Turkei, nnd dehnt seine Fahrten nach den Hafen des schwarzen Meeres und der unteren Donau aus. Nachst Triest sind auch Venedig, Fiume und die sebr zahlreichen grossen und kleinen dalmatinischen und istrianischen Kustenfahrer fur den osterreichischen Verkehr von Bedeutung. B. Gewasser des Festlandes. Das Flussgeader Oesterreichs scheidet sich nach mehreren Abdachungen. Der Grenzfluss Rhein und die Elbe fliessen mit ihren Nebengewassern zur Nordsee, die Oder und Weichsel zur Ostsee, der Po und die Etsch nebst mehreren Kustenfliissen zum adriatischen, die Donau und der Dnjestr zum schwarzen Meer. Mit Ausnahme von Istrien , welches selbst an Kiistenflussen arm ist , erfreuen sich alle ubrigen Kronlander (einzelne Distrikte von Krain, Dalmatien und Militar-Kroatien abgerechnet) einer ent- sprechenden Zahl von fliessenden Gewassern , welche der Binnen- schiffahrt eine Ausdehnung von uber 1150 Meilen schiff- und flosg- barer Fltisse bieten. Der Procentenantheil an dem gesammten Fla- cheninhalte der Monarchic stellt sich bei der Donau auf 65.9 , bei der Elbe auf 8.4 , bei der Weichsel auf 6.0 , beim Dnjestr auf 4.9, beim Po auf 3.6 und bei der Etsch auf 2.2 heraus; alle ubrigen Flusse, auf deren Gebiet zusammen nur 9% der Gesammtflache entfallen, konnen somit nur eine lokale Bedeutsam- keit haben. Die schiffbaren Gewasser werden von Ruder- oder von Dampfschiffen befahren. Der lebhafteste Verkehr zu Wasser ist im lombardisch-venetianischen Kronlande, in Ungarn, Bohmen, Ober- und NiederSsterreich. Dampfschiffe beiahren die Donau (auf 181 Meilen), die Theiss (148 M.), die Save (87 M.), die Drave (4 M.;, die Weichsel (36 M.), die Elbe (14 M.), den San (26 M.), den Po (55 M.). (Die einzelnen Flusse siehe im . 43.) Die Landseen sind nicht bloss ein Schmuck der Landschafr, sie sind auch wegen ihrer vielfach unmittelbaren Verbindung mit Flussen, von denen sie gespeist werden, oder welche in diesen ihren Ursprung nehmen, von Bedeutung fur den Verkehr und die Kultur- verhaltnisse der anliegenden Landschaften. Die meisten osterreichi- schen Seen sind Fluss-Seen, denn nur der Neusiedler-See hat (mit Ausnahme des Sumpfes Hansag) keinen sichtbaren Abfluss. Die grosste Zahl der Seen findet man an der Nord- und Siidseite der Alpen, denn im Lombardisch-Venetianischen zahlt man deren 103 fiber 40 , eben so viel in Tirol, in Oesterreich mit Salzburg sogar iiber 100. Auch in den Karpathen sind zahlreiche Gebirgs-Seen (,,Meeraugen")j; die grossten Seen sind im ungarischen Tieflande; die Lander des bohmisch-mahrischen Gebirgssystems haben dage- gen keine bedeutenden Seen. Mehrere Seen (Garda-, Traun-, Wor- ther- und Platten-See) werden mit DampfschifTen befahren; dage- gen sind auf dem vollstandig freigegebenen Bodensee noch keine osterreichischen Schiffe *). Zu den bedeutendsten im Kaiserstaate gehoren: a) Am Sudabhange der Alp en (im Flussgebiete des Po) ist der Garda-See, dessen Zufluss die Sarca , der Abfluss der Mincio ist. b) Am Nordabhange der Alpen: 1. Im Flussgebiete des Rhein ist der Bodensee, in jenem der Donau sind in Tirol der Achensee (bei Schwatz) und der PI an see (bei Reutte), welcher mittels eines Kanals mit dem Hin- terwangsee verbunden ist und seinen Abfluss in den Lech hat. 2. Die Seen in Salzburg und Oberosterreich zeichnen sich zumeist durch ihre malerische Lage und Umgebung aus. Er- stere sind durchgehends klein (Wolgang-, Fuschel-, Waller- und Trummer-See), letztere gehoren grossentheils zum Flussgebiete der Traun, in deren Quellengebiete an zwolf grossere und kleinere liegen. Auf ihrem Laufe durch Oesterreich bildet sie den Ha li- st ad ter- und den Traun- (oder Gmundner-) See, wahrend durch Zufliisse der Atter-, der Mond-, der Aber- und Aim-See nebst neun- zehn kleineren mit ihr in Verbindung stehen. 3. Im Flussgebiete der Drave liegen der Worther- (Kla- genfurter-) , Ossiacher- und Mil Istadter-See in Karnten. 4. In Krain sind der naturwissenschaftlich interessante Zirk- n i z - See, dessen Wasser haufig in den Sauglochern des zerkliifte- ten Kalkbodens abfliesst , worauf einzelne Theile des Bettes zum Feldbau beniitzt werden; dann die wegen der pittoresken Lage bekannten Seen im Quellengebiete der Save (Veldeser-, Wohei- ner-, Wurzner-See). 5. Einen ahnlichen unterirdischen Abfluss in die Hohlen des Kalksteines haben der Cepicer-See (in Istrien) und mehrere kleinere in der kroatischen Militargrenze und in Dalmatien , von denen einige im Sommer angebaut werden konnen. Der Vr ana- See (bei Zara) hat etwas salziges Wasser. 6. Im ungarischen Tieflande ist der Flatten- (Balaton-) See, mit den Siimpfen an 18 QMeilen gross, doch wegen des un- ruhigen Wassers minder zur Schiffahrt geeignet. Seinen Zufluss er- halt er hauptsachlich durch die Szala, sein Abfluss ist durch die Sumpfe in den Sio und die Sarviz in die Donau. Auch der (ohne den Sumpf Hansag) etwa 7 QMeilen grosse Neusiedler- See ist wegen der meist geringen Tiefe und des haufigen Rohr- wuchses wenig fiir die Schiffahrt geeignet; sein Wasser hat einen *) Der Betrieb der Dampfschiffahrt auf den Landseen und FlUssen ist in Oesterreich durch das Gesetz vom 4. Januar 1855 geregelt worden. unangenehmen Salzgehalt. Salzhaltig ist auch der Palitser-See (bei Theresiopel). Die meisten der ubrigen sogenannteu ,,Seen" in Ungarn sind nur Sumpfe. 7. Zahlreich sind die durch das Anschwellen der Fliisse in der galizischen Ebene und an den Abhangen der Karpathen sich bildenden kleinen Seen, sowie die GeHrgs-Seen der Karpathen. In Siebenbiirgen sind der St. Ann en- See, der wahrscheinlich mit der Aluta in Verbindung steht, dann der wegen der Ausstromung von kohlensaurem Gas bekannte Piriczker- und der fischreiche H o d o s - See bemerkens werth. Teiche. In den Landern des bohmisch-mahrischen Gebirgs- systems kommen keine bemerkens werthen Seen vor, dagegen kommt die grosste Menge der in Oesterreich zahlreichen Teiche auf Bob- men. Einige von diesen werden durch atmospharischen Niederschlag gebildet und heissen ,,Himmelsteiche," andere sind kiinstlich ange- legt und werden theils zur Ableitung von Siimpfen, theils zur Ver- edlung und Hebung der Fischerei oder zum Fabriksbetriebe be- niitzt. Die ausgebreitetste Teichwirthschaft wird im siidlichen Boh- men v betrieben. Die grossten Teiche sind der Rosenberger- und der Ceperka-Teich (jeder iiber 1100 Joch a 1600 Q). Auch in Mahren, Schlesien, Galizien und Ungarn kommen Teiche vor; doch wird der grb'ssere Theil ihres ehemaligen Flachenraumes gegenwar- tig zum Ackerbau verwendet. Sumpfe. An 200 n^eilen der Bodenflache sind in Oester- reich mit Siimpfen bedeckt, welche theils durch Gebirgswasser ent- stehen , die bei starkem Gefalle rasch in die Thalniederung treten ; theils erscheinen sie als eine Uebergangsperiode in dem Phanomen der ausgedehnten Wasserbedeckung, indem durch die fortwahrende Abnahme der Wasserhohe Seen zu Siimpfen werden. Beide Arten finden wir in unserem Vaterlande, zumeist in der ungarischen Tiefebene, welche schon ihres fetten Thonbodens wegen zur Sumpfbildung mehr geeignet ist, und dann bei ihrer sehr geringen vertikalen Erhebung die zahlreich ihr zustromenden Gewasser nicht rasch genug vorwarts walzen kann. Desshalb bilden fast alle Fliisse des ungarischen Tieflandes Ufersumpfe, insbesondere die Theiss, die untere Donau , die Save, Drave , Kulpa, Temea und Koros, Die grossten darunter sind die morastigen Wiesen (Sarret) von grosser Ausdehnung in den Komitaten Bihar, Szabolcs, und Bekes, der Eseder-Sumpf (in Szatmar) und der bereits erwahnte Hansdg am Neusiedler-See. Auch in der galizischen Tiefebene finden sich an den Ufern der Weichsel, des San, Bug und Dnjestr an 30 QMeilen Sumpf- land; ferner an der March, in den Niederungen der lombardisch- venetianischen Ebene, in der Tiefebene der Narenta u. s. w. Klei- nere, meist hochgelegene Sumpfstrecken findet man in Salzburg im Pinzgau, in Bohmen auf seinen Randgebirgen, in Schlesien im Ge- senke, in Steiermark am Bacher, andere in Karnten, Krain, Kroa- tien, Siebenburgen (der verrufene Hollenmorast) u, s. w. Die Siimpfe gewahren einen Nutzen durch ihre Mengen an Rohr, Wasservogeln , Fischen oder Bitterealz; dagegen sind ihre 105 Ausdunstungen der Geeundheit nachtheilig und ein namhafter Theil der Bodenflache wird der Produktion entweder ganzlich ent- zogen oder ist hochstens einer sehr ungenugenden, unregelmassigen Bebauung zuganglich. Die Torfgriinde liefern in einigen Gegenden ein fortwahrend mehr beniitztes Brennmaterial. . 77. Fortsetzung. Kanale. Im Verhaltnisse zu den zahlreichen naturlichen Wasserstrassen kann jene der kunstlichen Kanale nur eine geringe in Oesterreich genannt werden; denn die L'ange der gesaminten kunstlichen Binnenschiffahrt betragt etwa nur 111 Mei- len. Auf 109 QMeilen der Gesammtflache Oesterreichs entfallt somit nur Eine Meile Kanal, und das Verhaltniss der kunst- lichen Wasserstrassen zu den naturlichen ist 1 : 10. Dem Kanalbau geht allerdings naturgemass die Erweiterung der Schiffbarkeit der Fliisse, die Regelung des Fahrwassers voraus. Dadurch werden einerseits die Verheerungen und Ueberschwemmungen vermindert, anderseits werden der Kultur und der Ansiedlung neue Strecken gewonnen und die Wasserstrasse, das wohlfeilste*) Kommu- nikationsmittel, wird verlangert und vervollkommt. Nur drei Kronlander haben kiinstliche Wasserstrassen : das lombardisch-venetianische Konigreich, Niederosterreich und Ungarn. In grosserer Zahl und in zweckmassiger Durchfiihrung haben deren fast nur die italienischen Provinzen des Kaiserstaates. Im Vene- tianischen stellt der Tartaro mit dem Canal bianco, dem Canal Adi get to und jenem von Legnago eine Verbindung des unteren Po mit der Etsch her, welche durch den Canal di Valle mit der Brenta verbunden ist. Nieder- Oesterreich hat den Wien-Neustadter-Kanal; die Wojwodschaft den Fran- zens-Kanal, welcher mitten durch die fruchtbare Bacska ge- schnitten die Donau mit der Theiss verbindet, und den Bega- Ka- nal, Avelcher die Bega schiffbar macht; Ungarn den Sarviz- Kanal zur Entwasserung des Sumpfbodens zwischen Stuhlweissen- burg und Szekszard, und den Al b rech t-Kar asicza-Kanal zu gleichen Zwecken in der Baranya. Mineralquellen. Oesterreich ist sehr reich an den verschie- denartigsten Heilquellen (besonders in Bohmen und Ungarn) , und kein Staat in Europa steht in dieser Beziehung unserem Vater- lande gleich. Die wichtigsten sind: 1. Echte Sauerlinge zu Karlsbad, Bilin und Giesshubel (Bohmen), Luhatschowitz (Mahren), Rohitsch und Gleichenberg (Steiermark), Probel (Karnten), Bartfeld (Ungarn); 2. alkalische Sauerlinge zu Gastein (Salzburg), Fella- thai (Karnten), Teplitz (Krain), Marienbad und Teplitz (Bohmen); 3. Eisen-Sauerlinge zu Franzensbrunn und Liebwerda (Bohmen), Freudenthal (Schlesien), Recoaro (im Venetianischen) ; 4. Soolen zu Hall (Tirol), Wieliczka (Galizien), die See- b'ader in Triest und Venedig; *) Eg kostete z. B. die Seefracht fur den Reis von Indien bis Triest weniger, als die frtihere Landfracht per Achse von Triest nach Laibach. _106_ 5. Jod-Quelle zu Hall (Oberosterreich) ; 6. Bitter wasser zu Seidschitz, Sedlitz und Piillna (Boh- men), Gran und Fiired (Ungarn), Iwonicz (Galizien); 7. Schwefelquellen zu Baden und Pirawart (Niederoster- reich), Teplitz (Kroatien), Pistjan und Ofen (Ungarn), Mehadia (Militargrenze), Monfalcone (Gorz), Abano (iin Venetianischen). . 78. Bevolkerung. Die drei Hauptvolker Europa's : Deutsche, Slawen und R o m a n e n , vertheilen sich in den Gebirgslandern der Monarchie, wahrend der asiatische Volksstamm der Magyaren das Flachland der mittleren Donau bewohnt. In Hauptrnassen genommen gehoren die Nordabhange der Al- pen, dann die Gebirgsstrecken des Bohmerwaldes, des Erz-, Riesen* und Sudetengebirges den Deutschen an, die auch in zahlreichen Inseln langs der Donau und an beiden Seiten der Karpathen weit nach Osten eich ausdehnen ; wahrend die Sudabhange der Alpen im Siidwesten von West-Romanen (Italienern, Ladinern und Fri- aulern oder Furlanern), im Siidosten von Siid-Slawen (Slowe- nen, Kroaten und Screen) bewohnt sind, und in den Gebieten der Sudeten und Karpathen die Wohnstatten der Nord- Slawen (Cechen, Mahrer, Slowaken, Polen und Ruthenen), in den ostlichen Karpathen aber jene der Ost-Romanen (Walachen und Mol- dauer) aufgeschlagen sind, die Magyaren fiber die pannonische Ebene sich verbreiten, und die kleineren Stamme der Juden, Ar- menier und Zigeuner sich fast allenthalben hin eporadisch verbreiten. Die Bevolkerung vertheilt sich annaherungsweise in : 7,870.000 Deutsche (7,450.000 Ober- und 245.000 Nieder-Deutsche); 14,800.000 Slawen (10,850.000 Nord- und 3,950.000 Sud-Slawen); 4,900.000 Roman en (2,450.000 walscher Stamm, 2,450.000 Roman en); 5,960.000 asiatische Stamme (4,860.000 Magyaren, 16.000 Ar- menier, iiber 1 Million Juden, 84.000 Zigeuner). Die jahrliche Zunahme der Bevolkerung betragt im Mittel fast 1/ (0. ?98 / ) und ist im Osten und Norden bedeutender als im Westen und Suden, die geringste ist in den Alpenlandern. Vom Jahre 1818 bis Ende 1854 zeigt sich eine Zunahme vou uber 9,200.000 Einwohnern. Gegenwartig belauft sich die Bewohnerzahl auf mehr als 35 Millionen Seelen, wornach durchschnittlich 2935 Bewohner auf 1 QMeile kommen. Die uberwiegende Mehrzahl der Bewohner Oesterreichs iiber 23,000.000 bekennt sich zur romisch-kath olischen Kirche ; zur griechischen Religion gehoren 6 l / z Million (davon etwa 3 / 5 unirte und % nicht unirte), welche hauptsachlich Galizien, Ungarn, Siebenbiirgen und die Militargrenze bewohnen. Die Zahl der Pro- testanten betragt etwas iiber 3 Millionen (zumeist in Ungarn); ferner leben in Oesterreich Unitarier und andere christliche Sek- ten, und iiber 1 Million Israeliten. . 79. Kalturverhaitnisse im Allgemeinen. Oesterreich ist mit den mannigfaltigsten Ppodukten aus den drei Reichen der Natur reichlich ausgestattet. Der Boden gehort zu dem fruchtbarsten in Europa, obwohl hierin vielfache Abstufungen 107 unter den einzelnen Kronlandern vorkommen, welche von deren horizontaler Lage, der Seehohe, der Temperatur, der Menge des Niederschlages u. s. f. abhangen. Von der Gesammtflache der Mon- archie entfallen an 86% auf produktiven Boden, welcher alle we- sentlichen Erhaltungsmittel der Bevolkerung bietet. Wahrend die ungarischen und italienischen Lander, Bohmen , Mahren und Gali- zien gleichsam die Kornkaramern bilden ; sind Tirol, Salzburg und Oberosterreich zur Viehzucht besonders geeignet ; die Alpen- und Karpathengegenden sind reich an Salz und Erzen. Die Grundlage des Nationalreichthums liegt im Kaiserstaate sonach in den Ergeb- nissen der Bodenbenatzung. Die Land wirthschaf t, welche theils ausschliessend, theils vorwiegend an 29 Millionen Bewohner beschaf- tigt , ist wohl die erste Erwerbsquelle. Kann auch der durchschnitt- liche Werth der jahrlichen Bodenerzeugnisse mit 1700 Millionen Gulden veranschlagt werden, so ist die physische Kultur im Allgerreinen in Oesterreich doch noch nicht so hoch, als sie bei der natiirlichen Beschaffenheit und dem Produktenreichthum sein konnte. Einige Kronlander, wie Bohmen, Mahren, Niederosterreich, Venedig u. a. konnen den physisch kultivirtesten Landern an die Seite ge- stellt werden; hingegen stehen die ostlichen Kronlander noch viel- fach zuriick. An Mannigfaltigkeit der Produkte des Mineral- reiches wird es von keinem europaischen Staate iibertroffen; es fehlt ausser Platina keines der nutzbaren Metalle, namentlich wird Eisen von vorziiglicher Gute (in Steiermark, Karnten u. s w.) ge- wonnen. An brennbaren Fossilien ist ein ausserordentlicher Reich- thum, und an Salz gewinnt es weit iiber den Bedarf. Der grosse Reichthum an mannigfaltigen Rohstoffen , die vie- len Wasserkrafte und das grosse Absatzgebiet sowohl im Inneren des Staates als auch in den benacbbarten siidlichen und ostlichen Landern riefen in neuerer Zeit auf dem Gebiete der Industrie und des Handels viele schlummernde Kr'afte wach; es entfaltete sich eine vielseitige Thatigkeit, die in steter Zunahme begriffen ist und welche durch zeitgemaase Reformen in der Gesetzgebung wesentlich unter- stutzt und gefordert wurde. Die jugendliche Industrie Oesterreichs als Ganzes hat bereits eine weit hohere Stufe der Vollkommen- heit erreicht, als die Landwirthschaft und der Bergbau; in einigen Zweigen steht sie sogar unerreicht da. Die technische Kultur weiset demnach ein mehrfach erfreuliches Bild. Allerdings herrscht bei der grossen Ausdehnung des Reiches und den Abstufungen in der geistigen Bildung und den gesellschaftlichen Zustanden der yer- schiedenen Volksstamme des Reiches eine grosse Verschiedenheit in den einzelnen Kronlandern, Wahrend in Bohmen, Mahren, Schlesien, Niederosterreich und Vorarlberg das Fabriks- und Manufakturwesen sehr bliihend ist; sind inGalizien, der Bukowina, Ungarn, derWoj- wodschaft und Siebenburgen grussere Unternehmungen seltener, doch gewohnliche Handwerker in geniigender Anzahl yorhanden ; aber in Kroatien, Slawonien, Dalmatien und der Militargrenze kommen selbst die letzteren kaum hinreichend vor. Den Glanzpunkt der vaterlandischen Industrie bilden Leinen-, Tuch-, Seiden-, Gold-, Silber-, Eisen-, Glas- und Spiegelwaaren. Zahlreiche geistige und 108 materielle Forderungsmittel sind fortwahrend thatig, die b'sterreichische Industrie auf den ihr gebiihrenden Standpunkt zu heben. Der Werth der Industrie-Erzeugnisse ist auf 1000 1200 Millionen Gulden zu schatzen, wovon */ fl auf Bohmen, J / T auf Niederosterreich und Wien ; auf Mahren mit Schlesien l / lo entfallen; Dalmatien und die Militar- grenze haben daran den geringsten Theil. Die Industrie beschaftigt (mit Einschluss der Familienglieder und jener, die noch eine ,,landwirthschaftliche Nebenbeschaftigung" haben) etwa 25% der Gesammtbevolkerung. Der Handel Oesterreichs ist gleichfalls ansehnlich und zwar sowohl der Verkehr zwischen den einzelnen Kronlandern als mit dem Auslande; er wird durch die Lage der Monarchic in hohem Grade begiinstigt. Die Urproduktion, der Gewerbefleiss , die Be- triebsamkeit, Ausdauer und Bildung der Bewohner sind Grundlagen fiir die wachsende Bluthe des kommerziellen Lebens. Die Stufe der geistigen Kultur, auf welcher die einzel- nen Volksstamme Oesterreichs stehen, ist ebenfalls sehr verschieden. Tragen die Deutschen im Allgemeinen auch hier das Geprage ihres geachteten Stammes an sich ; so bieten doch die einzelnen ,,deutschen Kronlander" vielfache Abstufungen in dem ,,deutschen Charakter" dar, obvvohl die hervorragendsten Lichtpunkte nirgends ganz verdunkelt werden. Sie sind in vielfacher Beziehung die Tra- ger der Wissenschaft und des geistigen Lebens in Oesterreich. Noch verschiedener als die Deutschen gestalten v sich die slawischen S tarn me Oesterreichs, unter denen die Cechen den ersten Rang einnehmen ; das andere Extrem bilden die Morlaken in Dalma- tien und die Ruthenen. Regsamer und entwickelter sind die Kr oaten und Slow en en. Die im Allgemeinen reich begabten Slo waken bilden sprachlich das Uebergangsglied zwischen Ost- und West - Slawen , ihren Erwerb suchen sie vielfach im Handel. Unter den Polen findet man die Unterschiede zwischen ,,Adel" und ,,Volk" ziemlich stark; ersterer gilt haufig als der ,,Franzose des Nordens," da sich viel von franzosicher Lebhaftigkeit und den feinen ausseren Formen vorfindet; das Landvolk steht verhaltniss- massig noch weit in der Kultur und Bildung zuriick. Die Serben, die kraftvollsten, aber auch die rohesten und wildesten unter den Slawen, zeichnen sich durch ungewohnliche Tapferkeit aus, auch ist der Reichthum ihrer Volkspoesie im Auslande weit bekannt. Der Volkscharakter des Italieners mit seinen vielen Licht- und Schattenseiten, seiner Beweglichkeit und Leidenschaftlichkeit, seiner reichen geistigen Begabung und grossen Empfanglichkeit fiir die Kiinste, dabei nicht selten hinterlistig, rachsuchtig ist vielfach bekannt. Der stolze, offene, tapfere Magyare hat im Ganzen die Ritterlichkeit des Charakters seiner Voraltern treu bewahrt, die reiche geistige Begabung ist jedoch haufig nicht hinreichend ent- wickelt; in neuerer Zeit sind iibrigens in der Volksbildung durch Errichtung zahlreicher Lehrans taken grosse Fortschritte gemacht worden. Die R o m a n e n (Rumunen), welche die Grundbevolkerung in Siebenbiirgen bilden, stehen ihren benachbarten Magyaren und Sachsen in der Kultur weit zuruck. Von den kleineren Stammen 109 des vielsprachigen Oesterreich lassen sich bezeichnende Charakte- ristiken schwieriger geben, auch verschwinden nach und nach so viele Eigenthumlichkeiten. Am tiefsten steht der rohe, arbeitescheue aber schlaue und gewandte Zigeuner, der vielfach noch Nomade ist. Gelingt es, ihn standig anzusiedeln, so befasst er sich mit dem Schmiedehandwerk und der Goldwascherei. In Oesterreich findet man sonach alle Abstufungen der Kulturverhaltnisse vom Nomaden- leben bis zum Standpunkte der hochsten Civilisation. Die Mannig- faltigkeit der Bevolkerung hinsichtlich ihrer Abstammung und Sprache wird unter den europaischen Staaten nur von Russland iibertroffen ; sie ist ahnlich der Mannigfaltigkeit der Bodenver- haltnisse. Es sind jedoch keine schroffen Gegensatze, die sich gegeniiber stehen; die Schattirungen im Volksleben, in Sitte, Tracht, Beschaftigung greifen in einander und dies urn so rascher, je mehr die Begriffe von Entfernung und Zeit bei den grossen Erfindungen der Neuzeit verschwinden. Bleibt auch der Typus des Stammes und seine Sprache aufrecht; in der Beschaftigungsart, im Gange der geistigen und technischen Kultur vereinigt sich das gesammte osterreichische Volksleben zu Einem zwar bunten aber harmonisch geordneten Volksbilde. Dass fur die Hebung der geistigen Kultur des osterreichischen Volkes in neuerer Zeit viel geschehen, bedarf kaum der Erwahnung. Im gesammten Unterrichtswesen sind zeitgemasse Reformen einge- fiihrt worden. Die Vermehrung und Hebung der Volksschulen, die Errichtung zahlreicher Real- und Spezialschulen, die Organisirung der gelehrten Mittel- und Hochschulen bekunden laut den entschie- denen Fortschritt, dessen wohlthatige Folgen auch vielfaoh schon bemerkbar sind. Insbesondere werden vom industriellen und kommerziellen Standpunkte aus betrachtet die vielen Real-, Spe- zial- nnd technischen Lehranstalten nicht verfehlen, auf die gesamm- ten Kulturverhaltnisse der Bewohner entscheidend gunstig einzuwir- ken. Wissenschaft und Kiinste sind im Aufbliihen, Gelehrte und Kunetler ersten Ranges reprasentiren unser Vaterland in wiirdiger Weise gegeniiber dem Auslande; kurz in alien Zweigen der physischen, technischen und geistigen Kultur erblicken wir die ,,Neugestaltung Oest e rr eichs." B. Die einzelnen Bestandtheile der Monarchic. . 0. Das Erzherzogthom Oesterreich nnter der Enns. (Nieder- Oesterreich.) 360 DM. ; 1,681.700 (relativ 4669) Einwohner. Mit Ausnahme der Residenz (mit etwa 12.000 Protestanten, 1000 Griechen und 6000 Israeliten) fast durchgehends Katholiken; nach der Nationalitat (mit Ausnahme der Residenz) Dentsche. Grenzen: im N. Mahren, Bohmen, im W. Oesterreich ob der Enns, im Steiermark, im 0. Ungarn. Der Boden. Sudlich von der Donau ziehen Theile der no'rd- lichen Kalkalpen, welche aus Ober-Oesterreich und Steiermark her- iiberstreichen ; im Sudosten tritt die letzte Bergreihe der Central- alpen ( Wechsel) in das Land ; nordlich von der Donau ziehen Aus- laufer des bdhmisch-mahrischen Gebirges (der Manhartsberg)* Die 110 grosste Ebene enthalt das Wiener Becken an beiden Ufern der Donau. Am linken Donau-Ufer bis zu den kleinen Karpathen liegt das fruchtbare Marchfeld, am rechten das Wiener Becken im enge- ren Sinne, eine anmuthige, fruchtbare Landschaft; dann das Neu- stadter Steinfeld. Die nachstgrosse Ebene ist das Tulnerfeld. Die Donau, der Hauptfluss des Landes, nimmt _ fast alle Gewasser des Landes auf, deren bedeutendste ihr am rech- ten Ufer zufliessen (Enns, Ybbs, Erlaf, Bielach, Traisen, Schwe- chat, Fischa, Leitha); am linken die Krems, Kamp und die March (mit der Thaya). Schiffbar sind nur die Enns und March, die iibrigen sind theils fiir die Holztriftung, theils fur industrielle Zwecke von Bedeutung. Das starke Gefalle der Alpengewasser bietet der Industrie bedeutende Wasserkrafte, welche von den vielen Hammer- werken und Milhlen auch sehr gut benutzt werden. Der Wien- Neustadter-Kanal (im Jahre 1803 eroffnet) fur Schiffe mit 5 800 Zentnern Last, dient hauptsachlich fiir den Transport von Brenn- und Baumaterialien. Politische Eintheilung. Der k. k. n. 6. Statthalterei unterstehen die Bezirksamter. Die Landes- zugleich Reichshaupt- und Residenzstadt des Kaisers ist Wien (gegenwartig liber 500.000 Einwohner), die grOsste, bevolkerteste, in alien Zweigen der technischen nnd geistigen Kultur die bedeutendste Stadt der Monarchic. Die Stadt mit ihren 34 Vorstadten hat einen Flacheninhalt von l. ot QMeilen und an 9000 Hauser. Sie ist der Sitz der hGchsten Reicbsbehorden und eines Erzbischofes. Zu den vorziiglichsten Gebauden gehoren: die kaiserliche Burg, das Belvedere, das Arsenal, mehrere offentliche und Privatpalaste ; die im gothischen Style erbaute Metropolitankirche zu St. Stephan (Thurm 435'), die Karlskirche, die Kirche zu Maria Stiegen, die Kapnzinerkirche mit der kaiserlichen Gruft u. v. a. Beruhmt sind die grossen kais. Hofsammlungen : Hofbibliothek, Naturalien-, Munz-, Antikenkabinet, Schatzkammer, Gemalde-Gallerie, Ambraser-Sammlung und einige Monumente. Staats- anstalten sind : Akademie der Wissenschaften, Universitat, polytechnisches Institut, orientalische Akademie, 4 Gymnasien, Realscfculen u.'s. w., auch die Stadt errichtete mehrere Realschulen. Privatanstalten: Handels-Akademie, mehrere Handelsscbnlen und Privatinstitute. Fiir Handel und Industrie sind wichtig: die Nationalbank, die Creditanstalt, die n. 6. Escompteanstalt, die Immobiliengesellschaft, die Geld- und die WaarenbOrse, die Sparkasse, mehrere Assekuranzgesellschaften (Anker, Austria, PhSnix, Vindobona, wechselseitigeVersicherungsgesellschaft); die Handels- und Gewerbekammer, die Gewerbeschulen, der n. 6. Gewerbeverein, die Landwirthschafts-Gesellschaft, 'der In- genieurverein. Zahlreich sind die Sanitats- und Wohhhatigkeitsanstalten. Wien ist der Knotenpunkt des Reichsstrassennetzes. Von hier laufen folgende Eisenbahnen aus : die Nordbahn an die preussische Grenze; die Siidbahn nach Triest und Italien ; die Raaber- bahn ; die Westbahn nach Salzburg; zwischen den ersteren zwei besteht eine B Verbin- dungsbahn." Die Donau-Dampfschiffahrts-Gesellscbaft vermittelt den gr6ssten Ver- kehr auf der Donau durch nahezu 100 Dampfer und 500 Schleppschiffe. Wien ist die erste Fabriks- und Handelsstadt des Reiches. Kaiserliche Lustschlosser : Schdn- brunn, Hetzendorf, Laxenburg. Andere bemerkenswerthe Orte sind: 1. Wiener. Neustadt (13.000 Einw.), Baden, Bruck an der Leitha, Ham- burg, Neunkirchen, Gloggnitz, Pottendorf, Truman, Pitten, Klein- Neusiedl, Eben- fnrth, Schwechat, Liesing, VSslau, Gumpoldskirchen, Klosterneuburg, Mariabrunn ; 2. St. PSlten (6000), Molk, Tuln, Ybbs, Waidhofen an der Ybbs, Scheibs, St. Egyd, Lunz, Viehofen, Wilhelmsburg ; 3. Korneuburg (3000), Stockerau, Gross -Enzersdorf, Aspern, Rotz, Mail- berg, Meissau, Diirnkrut, Zistersdorf; 4. Krems (6000), Stein, Marbach, Waidhofen an der Thaya, Gross- Sieg- hardts, Durnstein, Zwettl, Horn. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Der grosste Thei? des Landes ist Hugelland mit lockeren sand- Ill und kalkhaltigen Lehmabhangen. Mehr als 90% der Flache sind produktiv und davon entfallen iiber 40/ auf das Ackerland, 34% auf Waldungen, auf Wiesen und Garten nur 14%. Der Ackerboden ist im Allgemeinen nur miltelgut; der fruchtbarste Theil ist das rechte Donau-Ufer im vormaligen Kreise ,,Ober dern Wiener -Walde" bis zum Tulner Felde und das gegeniiber liegende linke Ufer mit dem March- felde. Eigentlicher Ackerbau berrscht in den Donauebenen, an der March und Thaya ; doch geniigt die Produktion filr den grossen Bedarf, zunachst der Residenz mit der starken Bevolkerung nicht, Handelspflan zen werden nicht bedeutend kultivirt, denn mit dem steigenden Verbrauch der Baumwolle nimmt jener von Flachs und Hanf vielfaltig ab. Bekannt ist iibrigens der Senf und Safran von Krems, letzterer auch von Maissau, dann Krapp (Atzgerdorf), vorziiglich aber steigt die Kultur der Oelfriichte. Das Hiigelland im ostlichen Landestheile ist der Sitz des sehr vortheilhaft be- kannten osterreichischen Weinbaues auf etwa 8 QM., welcher einen beilaufigen Ertrag von 2 Millionen Eimern liefert (Gumpoldskirchen, Voslau, Rotz); im westlichen Theile wird die Viehzucht betrieben, darunter verdienen die Zucht des Rindviehes , jene der veredelten Schafe, des Gefliigels und der Bienen besondere Hervorhebung. Unter den Produkten des Bergbaues ist nur die Gewinnung der Steinkohle im Umkreise des Wiener- Waldes bedeutend; ferners werden etwas Eisen, Graphit, Alaun, vortrefflicher Kalk, Gyps und Muhlsteine gewonnen. In der Industrie nimmt dieses Kronland im Verhaltniss zur Volkszahl den ersten Rang unter den oster- reichischen Kronlandern ein, und im grossen Ganzen hat sie sich nur wenige Zweige ausgenommen auf eine befriedigende JBohe emporgeschwungen. Hauptsachlich ist Wien nebst TJmgebung, auf welches \vohl die Halfte des gesammten niederosterreichischen Pro- duktionswerthes, d. i. uber 40 Millionen Gulden entfallt, der Haupt- trager der bedeutendsten Industriezweige, als Seidenotoffe (der grosste Theil der osterreichischen Seidenwaaren entfallt auf Wien), Gold- und Silberar b eiten, phy sikalisch e und musikali- 8 c h e Instrumente (jahrlich etwa 2600 Klaviere) , Chemikalien, Galanterie- und Modewaaren. Grossartig ist die Baum- wollindustrie zwischen dem Wienerwalde und der Leifha, namentlich liefern die grossen 46 Spirnereien mit circa 550.000 Spindeln V 8 des in der Monarchic gesponnenen Games (Pottendorf, Trumau, Neunkirchen, Schwadorf, Fahrafeld, Schonau, Mollersdorf, Solenau, Felixdorf, Ebenfurth etc.) ; L ein en- und Zwin-Er- zeugung um Waidhofen an der Thaya, Weitra, Zwettl, Gross- Sieg- hardts. Riihmlich bekannt sind die Papie rf ab r i ka tion (Klein- Neusiedl, Schlogelmiihle bei Gloggnitz, Pitten, Ebenfurth, Ober- Eggendorf u. a.) ; die Zuckerraff inerien (Wien, Wiener-Neustadt) und die Rubenz uckerf abri ken (Diirnkrut, Absdorf ) ; die Zie- gelfabrik am Wienerberge (wohl die grosste auf der ErdeJ. Aus- gezeichneten Rufes erfreuen sich: die chemischen Produkte und Farben von Wien, Liesing, Modling, Klosterneuburg ; Oel- fabriken, Glashutten, S pi ege Ifa briken (Viehofen). Die Brauereien (Liesing und Schwechat erzeugen fiber '/, Mil- 113 lion Elmer, in Nieder - Oesterreich im letzten Jahre im Ganzen iiber 3 Millionen Eimer); die ararischen Etablissements: Staatsdruckerei, Porzellanfabrik und die ararische Tabakfabrikin Hainburg u. s. w. Die Produktion von Eisenwaaren hat ihren Hauptsitz in der Umgebung von Waidhofen an der Ybbs (in den Thalern der Ybbs, Erlaf, Traisen (,,die Eisenwurzen"); die Schrau- benfabriken (Neunkirchen, Wiener - Neustadt, Kirchberg am Wechsel, St. Polten u. a.). Die Leistungen und Fortschritte der Maschinenfabrikation, dieses Grundpfeilers der meisten an- dern Industrien, haben sich bereits die ungetheilte Anerkennung erworben , da sowohl wissenschaftliche Bildung als praktische Be- fahigung allerorts in den einheimischen Werkstatten zu treffen sind. Nebst der ,,F a b r i k der osterreichischen Staats- Eisenbahn-Gesellschaft" sind 35 Maschinfabrikanten und Konstrukteure in Nieder - Oesterreich thatig , davon 26 in Wien, die iibrigen in Flor'sdorf, Korneuburg, Leobersdorf u. s. w. Die Erzeugnisse finden nicht nur im Inlande Absatz, eondern ge- langen auch zum Export. Die Industrie Nieder- Oesterreichs repra- sentirt in einem raumlich kleinen Rahmen fast alle namhafteren Zweige des osterreichischen Gewerbfleisses, und Wien bildet in dieser Hinsicht gleichsam eine permanente Industrie - Ausetellung im Kleinen; es bietet ein Gesammtbild der Industrie des Kaiserstaates, welche bereits auf den grossen Ausstellungen zu London, Mun- ch en und Paris ehrenvolle und wohlverdiente Anerkennung ge- funden hat. Sie hat sich in der Epoche schwerer Priifungen stand- haft behauptet, und wird im grossen Ganzen neue tiefgreifende Erschutterungen kaum mehr zu befiirchten haben. Durch den neuen Zolltarif, wie durch die Ausdehnung der Eisenbahn- und Schiffahrts- linien ist unserer Industrie der Bezug der wichtigsten Roh- und Hilfsstoffe wie auch der nothigen Werkzeuge und Maschinen wesent- lich erleichtert worden. Der Aufschwung unseres Handels wird unzweifelhaft auch den einheimischen Gewerbfleiss immer mehr in Anspruch nehmen. Den Hauptsitz des Handels bildet Wien, wo alle bedeutenderen Fabriken ihre Niederlagen halten. Die Ar- tikel des Gewerbfleisses finden nicht nur in den (ibrigen Kronlandern Absatz ; viele werden nach dem Auslande exportirt, zunachst nach den Donaulandern und der Levante, aber auch nach America, Ost- indien (Kirchenstoffe) und selbst nach Australien. Durch die Un- terstiitzung von Seiten der Staatsverwaltung und die Bestrebungen der n. 6. Handelskammer, des n. o. Gewerbevereins, mehrerer Ge- sellschaften und unternehmender Privaten hat der Import- und Ex- porthandel in den letzten Jahren an Ausdehnung gewonnen ; er ist bereits von Bedeutung, und ohne Zweifel wird er noch erheblich gesteigert werden. Sowie die Residenz der Mittelpunkt der staat- lichen und volkswirihschaftlichen Thatigkeit des Kaiserstaates ist, so bildet sie auch den Mittelpunkt fur das geistige Leben. Das Unterrichtswesen findet sowohl durch Volksschulen , als die stets wachsende Zahl der gewerblichen, Real- und kommerziellen Lehr- anstalten immer groesere Verbreitung. Die reichen Schatze an wissen- schaftlichen und Kunstsammlungen in Wien wecken und fordern 113 die gelehrten Forschungen und Kunste, worin in neuerer Zeit grosse Erfolge erzielt worden sind. Die Residenz bildet somit den Ver- einigungspunkt des materiellen und geistigen Lebens des grossen Kaiserstaates. . 81. Das Erzherzogtham Oesferreich ob der linns. (Ober-Oesterreich.) 218 GMeilen 707.450 (relativ 3246) Einwohner; fast ausschliesslich Katholiken; nach der Nationalitat Deutsche. Grenzen im N. BShmen, im W. Baiern, Salzburg, im S. Steiertnark, im 0. Nieder-Oesterreich. Boden. Dieses Kronland ist dem grossten Theile nach ein Gebirgsland, dessen siidliche Halfte die nordlichen Kalkalpen aus- fiillen. Hier erheben sich die Dachstein-Gruppe, die Gruppe de8 grossen Priel, das Hochsengsen-Gebirge, der Schafberg mit seinem pittoresken Panorama und die letzten Gletscher der Nordalpen. Das linke Donau-Ufer wird von Abhangen und Auslaufern des Bohmer- waldes erfiillt. Das Hauptthal des Landes ist das der Donau, die meisten Nebenthaler sind an der Siidseite (Traun- und Ennsthal). Die bedeutendste Ebene ist die Welserhaide zwischen Wels und Linz. Gewfisser. Das Land ist im Ganzen wasserreich und mit einer sehr geringen Ausnahme gehort es ganz zum Gebiete der Donau, welche in Ober - Oesterreich einige Stromschnellen hat. Der fiir die Schiffahrt friiher gefahrliche ,,Strudel" (unterhalb Grein) und der ,,Wirbel" sind durch Felsensprengungen fast ganzlich un- schadlich gemacht worden. Die grossten Nebenfliisse hat die Donau am rechten Ufer, den Inn, die Traun, welche durch den Hall- stadter- und Gmundner-See fliesst, die herrlichen Wasserfalle bildet und deren oberes Thai mit den umliegenden pittoresken Alpengrup- pen das wegen der landschaftlichen Schonheit beruhmte ,,Salzkam- mergut" bildet, dann die reiesende Enns mit der Steier; am linken Ufer ist die M il h 1 , auf welcher grosse Quantitaten Holz geschwemmt werden , am bedeutendsten. Ausserdem hat das Land zahlreiche , prachtvoll gelegene Seen (Hallstadter- , Gmundner-, Atter-, Mond-, Wolfgang-See u. s. w.), von denen der Gmundner- See auch fiir den Verkehr (Salztransport) wichtig ist; die meisten aber liegen im Gebiete der Traun. Politische Eintheilung : Der S tatthalterei in Linz ist nebst Oestereich auch das Herzogthum Salzburg administrativ untergeordnet. Bemerkenswerthe Orte sind : 1. Linz (27.600), Mauihhausen, Grein, Freistadt, Haslach, Perg, Bohrbach, Aigen. 2. Hied (3300), Braunau, Scharding, Engelhartszell, Obernberg. 3. Steier (10.500), Enns, Kremsmiinster, St. Florian, Molln, Mfihldorf, Spital am Pyhrn. 4. Wels (6000), Gmunden, Ischl, Hallstadt, Ebensee, Grieskirchen, Lambach, V&klabruck, Schwaucnstadt. Kulturverhfi-ltnisse im Allgemeinen. Dieses an Naturschonheiten reiche, von einer ernsten, beeonnenen, den Fortschritt redlich anstrebenden Bevolkerung bewohnte Kronland weiset in neuester Zeit Resultate der Landwirthschaft, der Industrie Kluu's Haadcls-Geographic. 2. AuQ. Q 114 und des Verkehrs, eowle des Unterrichts und der humanen Anstal- ten, welche fast durchweg zu den besten Hoffnungen berechtigen. Dass an diesem Aufschwunge die eifrige Vertretung der materiellen Interessen durch die Handels- und Gewerbekammer in Linz einen bedeutenden Antheil hat, darf nicht unerwahnt bleiben. Von der Gesammtflache entfallen nur etwa 9.2/ auf unproduktiven Boden Gewasser, Felsen und Bauarea. Fast T / 3 des produktiven Bodens Jst Ackerland und liefert bei der rationellen , sehr fleissigen Be- bauung an Getreide iiber den Bedarf; eine rationelle Wiesen- kultur und treffliche Alpenweiden befordern die Viehzucht; der Waldstand ist sehr ausgedehnt; er nimmt nahezu l / 3 der Gesammt- flache des Kronlandes ein. Das Flachland an beiden Ufern der Do- nau und im Miindungsgebiete ihrer Nebenfliisse ist fiir den Getreide- bau, insbesondere fur den Roggen und Weizen sehr giinstig; sehr ausgedehnt ist die Kultur von Most-Obst, woraus der Cider (Aepfelwein , Birnen- und Aepfelmost) bereitet wird. Ausgedehnt und machtig sind die Braunkohlenlager des Hausruckgebirges, aus welchen (im Jahre 1858) nahe an eine Million Zentner gefor- dert warden. Besonders riihrig werden die Bergbaue zu Wolfs egg, Thomasroith, Haag, Pramet und Kaletsberg betrieben. An Koch- salz liefern Hallstadt, Ischl, Ebensee, Langbath iiber eine Million Zentner ; ausserdem bietet der Bergbau Eisen, Kupfer, Arsenik, Schwefel, jedoch in geringerer Menge. Den wichtigsten Indu- striezweig bildet die theils fabriksmassige, haufiger jedoch hand- werksmassige Erzeugung von Eisen- und Stahlwaaren, wofiir das Rohmaterial auf der Enns aus Steiermark bezogen wird. In Sensen und Sicheln behauptet es den ersten Rang (Miihldorf- und Kirchdorfer Innung im Kremsthale) ; doch hat es auch in Messern (Steier), Nageln (Losenstein), Handwerkzeugen, in hauslichen und land- wirthschaftlichen Gerathen guten Ruf, und ein steter Fortschritt ist ubcrall bemerkbar. Der Mittelpunkt fiir diese Industrie, fiir welche iiber 700 Etablissements bestehen und deren jahrliche Produktion einen Geldwerth von 4 Millionen Gulden reprasentirt , ist Steier (das ,,osterreichische Birmingham"); nachst Steier sind Molln, Miihldorf, Spital ana Pyhrn u. a. in dieser Industrie hervorragend. An Bedeu- tung nur von der Eisenindustrie iibertroffen, zeigt sich die Webe- Industrie, welche ausser den Kleingewerben und der Hausindustrie (im Miihlkreise) 24 Fabriks-Etablissements beschaftigt und (im Jahre 1858) Waaren im Werthe von nahe 3,660.000 Gulden erzeugte. Die ehemals bekannte Le in en -Industrie hat zwar im Ganzen nicht gleichen Schritt mit den Verbesserungen im Auslande gehalten und verlor ibren Ruf; doch zeigen die paar Fabriken im Miihlkreise ein regsames Auf^treben im Sinne der Neuzeh. Die Linzer-Tep- piche finden fast nur im Inlande Absatz. Die Baumwollspin- nerei ist mit den zweckmassigsten Maschinen der neuesten und bewahrteaten Konstruktion versehen. Unter den etwa 20 Unterneh- mungen fiir Papier-Erzeugung ist nur die Maschinenpapier- Fabrik zu Nettings d or f beachtenswerth, deren Erzeugnisse sich beliebten Absatzes erfreuen. Die Holz-Indus trie stellt sich durch Schiffbau, Erzeugung von ordinaren Holzwaaren und den Berchtes- 115 fadner-Waaren (in der Umgebung von Traunkirchen) als bedeutend eraus. Der Schiffbau (in Linz) ist vortrefflich , die eisernen Schiffe lassen nichts zu wiinschen iibrig, und bei grosserem Absatze konnte dieser Zweig auf eine sehr hohe Stufe gebracht werden. Ausserdem erzeugt das Kronland chemische Produkte, Leder u. a. m. Die Bierbrauereien stehen im guten Rufe. Der Handel. Fur den inneren Verkehr des Kronlandes ist die Schiffahrt auf der Traun mit ihren ZunQssen die bedeutendste. Ihr zunacht kom- men jene auf der Enns und Salzach. Der groaste Theil des Fluss- verkehrs geht dann anf die Donau fiber, welche nebst dem Inn, dessen Hauptbedeutung in der Vermittlung des Verkehrs von Tirol und Baiern nach der Donau ist, die weitere Verfrachtung der Outer iibernimmt. Ausser den zahlreichen schiffbaren Flussen und floss- baren Bachen hat das Land ein auegedehntes Netz von Reichs- p t r as sen und Komraerzial strassen (fur welche in den letzten Jahren von Seite der Staatsverwaltung sehr viel gethan wurde), die Gmunden-Linz-Budweis-Eisenbahn *) und die Kaiserin Elisabeth-Westbahn, als die kilrzeste Linie zwischen Wien und Paris durch Siiddeutschland. Im Verkehr mit dem Auslande hat der Handelsverkehr Ober-Oesterreichs mit Ungarn und den Donaufiirstenthumern eine kaum zu berechnende grosse Zukunft, und letztere bilden schon jetzt einen immer mehr sich steigernden Markt. Besondera hat der Speditionshandel in Linz zugenommen. Die wichtigsten Orte fiir den Verkehr sind Linz, Steier, Braunau, Scharding. . S2. Das Herzogthum Salzburg. 130 n Meilen > 146770 (relativ 1127) Einwohner; fast ausschlies slich Katholiken; nach der Nationalhat Deutsche. Grenzen: im N. Baiern und Ober-Oesterreich, im W. Baiern und Tirol, im S. Tirol und Karnten, im O. Steiermark nnd Oberosterreich. Boden. Salzburg ist ein Gebirgsland , eine Fortsetzung des Tiroler Alpenlandes; nur im Norden geht das Salzathal in die grosse bairische Ebene uber. Die Kette der hohen Tauern bildet beinahe fortlaufend die Grenze gegen Tirol , dann gegen Karnten ; gegen Siiden hat sie wenig Widerlagen und Arme , desto mehr an der Nordseite und die parallelen Steilthaler bilden das ,,Ober-Pinzgau" zu einer der grossartigsten Alpen-Scenerien. In den nordlichen Kalk- alpen, welche in Salzburg in mehrere, durch tiefeingeschnittene Was- eerlaufe getrennte Gruppen zerfallen, ist hier die imposante Gruppe das ,,steinerne Meer," dessen ode Kalkfelsen mit ihren muldenfor- migen Vertiefungen wirklich versteinerten Meereswogen gleichen. Ueber 90 QMeilen nehmen die Gebirge ein und gegen 6 QMeilen soil die Flache der Gletscher (,,Keese ft ) betragen. Die bedeutend- e ten Thaler ffthren lokale, altherkommliche Benennungen: Pinzgau (Saalethal), Pongau (Salza- uud Ennsthal) , Lungau (Murthal) und Salzachgau oder Flachland. An Engpaseen, hier die Klamm" genannt, ist das Land ebenfalls reich. Gewasser. Der grosste Fluss des Landes ist die Salza (oder *) Die alteste Eisenbahn auf dem europaischen Kontinentc / deren Ban im Jahre 1825 begonnen wurde. 8* 116 Salzach), welche von Golling ab flossbar und von Hallein ab schiff- bar ist, unterhalb Salzburg an die bairisch-osterreichische Grenze tritt und am rechten Ufer mehrere verheerende Wildbache, darun- ter die Saale und die Krimmler Ache die bedeutendsten, auf- nimmt. Die Enns bricht durch den Mandling-Pass nach Steiermark, auch die Mur tritt nach kurzem Laufe durch den Lungau nach Steiermark. Dieses Kronland hat den grossartigsten Wasserfall der Monarchic, den Krimmler-Fall (die Ache sturzt durch eine Reihe von funf Fallen von einer Hohe von mehr als 2000 Fuss), sowie mehrere andere prachtvolle. An Seen steht es jedoch den Nachbarlandern Tirol und Ober-Oesterreich zuriick. Die beriichti^- ten Pinzgauer Siimpfe verlieren durch Entsumpfung immer mehr an Umfang. Unter den wenigen Mineralquellen ist das weltberiihmte Gastein. Politische Eiiitheilung. Das Herz: Salzburg ist adminiatra- tiv der Statthalterei in Linz untergeordnet, jedoch untpr ausdriick- licher Wahrung der Stellung als Kronland des Reiches mit eigener Landesvertretung. Der politische Chef in Salzburg ist der Landes- hauptmann. Bemerkenswerthe Orte sind : Salzburg (17.300), Hallein, Oberalm, Bad Gastein, Hof Gastein, Gross- Arl, Krimml, Badstadt,Golling, Ebenau, Zell, St. Johann, Mittersill, Tamsweg. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Sind auch an 80/ des Landes produktiver Boden, so ist doch wegen der Ungunst des Terrains und des Klimas der Ertrag des muhsamen Ackerbaues so geringe, daes fast die Halfte des jahr- lichen Bedarfes an Kornerfrtichten eingefiihrt werden muss. Dage- gen ist die Viehzucht und die Milchwirthschaft vorherrschend, insbesondere steht die Rindviehzucht auf einer so bedeutenden Hohe wie nur in wenig Kronlandern. Hierbei sind der zur Zucht geeig- netere Pinzgauer- und der fur Milchwirthschaft und Mastung bes- sere Pongauer-Stamm auch im Handel bekannt. In der Pferdezucht gilt die Pinzgauer Gebirgsrace als das ausgezeichnetste schwere Zugpferd in Oesterreich. Der Schafstand besteht meist aus grob- wolligem Vieh. Einen eintraglichen Exportartikel konnte die Biber- zucht bilden; denn der salzburgische Biber, welcher an den Ufern der Salzach und Saale entsprechende Nahrung findet , hat von Al- ters her wegen des ausgezeichneten Kastoreums, welches dem der russischen , englischen und americanischen Biber weit vorgezogen wird , grosse Beriihmtheit erlangt. Auch die Forst- und Torf- wirthschaft verdient Beachtung, erstere exportirt an 70.000 Klaf'ter, letztere hat ihre Bedeutsamkeit fur die Feuerung in industriellen Etablissements. Unter den Produkten des Bergbaues ist Salz das bedeutendste (Hallein liefert iiber 400.000 Zentner); die Eisen- gruben in der Flachau u. a. liefern zu wenig Erz fur den Bedarf, der aus Steiermark und Karnten gedeckt werden muss. Nickel, Ko- balt und Arsenik (iiber 900 Zentner) werden erheblich gewonnen, die ihren Absatz auch nach Frankreich , Griechenland und der Levante finden. Einen grossen Reichthum hat das Land im Marmor des Untersbergea u. a.; bei Adneth bestehen 14 Briiche und die 117 Abfalle der Marmorsagen werden in vier KugelmDhlen ( B Schu8ser- muhlen") zu den kleinen Marmorkiigelchen verarbeitet, die bis nach America ihren Absatz finden. Auch an vorziiglichem Gyps (bei Golling) ist das Land reich ; der Alabaster von Leogang ist be- kannt. Die Gewinnung von Gold und Silber ist verhaltnissmassig geringe. Die Industrie dieses diinn bevolkerten Kronlandes ist zwar verhaltnissmasig sowohl hinsichtlich der Menge der Produktion als der Mannigfaltigkeit der Produktionszweige noch unbedeutend; die Etablissements kommen nur vereinzelt vor und der Betrieb dersel- ben ist im Allgemeinen kein ausgedehnter; dessenungeachtet ist nicht zu verkennen, dass die Gewerbindustrie in neuerer Zeit in nachhaltigem Aufbliihen begriffen ist. In grosserer Menge und zum Theil fur den Export werden erzeugt: chemische Pro- dukte (zu Oberalm), Papier tap et en (in Stein), Kunstwolle (in Lehen) , Holzwaaren (in Hallein); einige Etablissements bestehen fur Erzeugung von Thon- und Eisenwaaren, dann Branntw einbrennereien (Salzburger Kirschengeist) , Bier- brauereien (Kaltenhausen) u. s. f. Fiir den Verkehr hat die Salzach , als die einzige Wasserstrasse, Bedeutung fiir das Kron- land ; auf ihr werden an Holz, Salz und Gyps an 700.000 Zentner jahrlich verfiihrt. Auch der Inn bildet einen natiirlichen Verkehrs- weg. In kommerzieller Beziehung kniipft man Hoffnungen an die Westbahn und an die Pinzgauer Aerarialstrasse. Durch letztere wird eine Querverbindung der zukiinftigen Karntner-, Steiermarker- und Tiroler-Bahnen in direkter Linie durch die Hochgebirgsthaler her- gestellt und sie verspricht von Bedeutung zu werden. . 83. Das Herzogthnm strict-mark. 408 n Meilen 1,056.770 (relativ 2590) Einwohner; fast durchgehends Katholiken, nur etwa 6000 Protestanten und einige wenige Israeliten ; nach der Nationalitat an 7 / n Deutsche, die nbrigen Slawen (Sloweaen). Gren- zen: in N. Oesterreich ob und unter der Enns, im W. Salzburg und Karnten, im S. Krain und Kroatien, im 0. Kroatien und Ungarn. Boden. Steiermark gehort zu den Alpenlandern und ist gleich ausgezeichnet durch einen seltenen Reichthum hochst malerischer Landschaften und grossartiger Alpenpartien , wie durch die Fulle und Ueppigkeit der Vegetation in seinen Ebenen. Der nordliche und westliche Theil sind Gebirgsland ; der siidliche und ostliche weisen anmuthige Berg- und Hiigellandschaften , fruchtbare Thaler und Ebenen. Das Gebirgsland hat Antheil an alien drei Alpenziigen. Die Centralalpen treten aus Salzburg ein, durchziehen den nord- lichen Theil des Landes bis zum Wechsel , so wie zwischen der Mur und Drave, und auf beiden Ufern der Mur. (Siehe . 25. Cen- tralalpen Nr. 10.) Die nordlichen Kalkalpen treten mit der Dachsteingruppe als Grenzgebirge gegen Oesterreich in das Land und ziehen sich bis zur Schnee- und Raxalpe. (Siehe . 25. Nordliche Kalkalpen Nr. 4. 5. 6.) Die sudlichen Kalkalpen ziehen sich aus Krain heruber, und setzen den Zug nach Kroatien fort. Da die Alpen schon bedeutend an Hohe abgenommen , eo gibt es auch zahlreiche Passe, von denen nur der fahrbare Rottenmauner-Tauern 118 die Hohe von 5400', von den ubrigen jedoch keiner 4000' erreicht. Die Kalkalpen sind zudem reich an hochst romantischen Engpassen, wie an wilden Schluchten und prachtvollen Thalern. Das wichtigste Thai ist das Murthal, das obere ist uberall Engthal, das untere erweitert sich bis zu einer Breite von fiber drei Meilen; das freundliche Miirzthal, das Drauthal, das Ennsthal mit dem langen pittoresken Seitenthal der Salza u. a. m. Die bedeutendste Ebene des Landes ist das Pettauer- oder Draufeld, dann das an- muthige Grazer- und das fruchtbare Leibnitzerfeld. (jJewiisser* Das Land ist reich an fliessenden Wassern, welche sammtlich zum Flussgeader der Donau gehoren und von denen die meisten zu Verkehrs- oder industriellen Zwecken beniitzt werden. Der grosste und fiir den Verkehr bis jetzt wichtigste Fluss des Lan- des ist die Mur, der ansehnlichste Nebenfluss der schon schiffbar aus Karnten kommenden Drave (Drau). Die Mur wird zwar schon bei Murau schiffbar, doch erschweren das starke Gefalle, Klippen und Sandbanke, sowie der haufig niedere Wasserstand die Schiffahrt, die iiberhaupt nur zu Thai geht und sich zumeist auf den Trans- port von Brenn- und Bauholz beschrankt. Die Enns durchfliesst grosstentheils als reissender Wildbach vom Mandlingpaes bis Al- tenmarkt das Land, und wird erst schiffbar, nachdem sie die (stei- rische) Salza aufgenommen. Wichtiger fiir den Verkehr ist die Save. Sie kommt aus Krain, bildet die Grenze zwischen den beiden Kron- landern und nimmt die Sann auf, welche auf dem Sulzbacher Ge- birge entspringt und das liebliche Sannthal bewassert. Die Traun und die Itaab entspringen ebenfalls im Lande. Wasserfalle und Seen hat das Land verhaltnissmasig weniger als die ubrigen Alpen- lander; dagegen besitzt es sehr viele Mineralquellen , davon die Mehrzahl Sauerbrunnen, und unter den letztern der Rohitscher der bekannteste. Der wichtigste Kurort ist Gleichenberg, danu erfreuen sich eines zahlreichen Besuches Neuhaus, Tiiffer (Ro- merbad) und das Tobelbad bei Graz. Politische Eintheilung. Der Statthalterei in Graz ist nebst dem Kronlande Steiermark auch das Kronland Karnten administra- tiv untergeordnet. Bemerkenswertbe Orte sind : 1. Graz (63.000 Einw.), Tobelbad, Gleichenberg, Furstenfeld, Feistritz, Rein, Eadkersburg, Hartberg, Frohnleiten, Wildon, Vorau. 2. Brack a. d. Mar (3000), Vordernberg, Eisenerz, Leoben, Judenburg, Mariazell, Admont, Schladming, Neuberg, Murau, Krieglach, Kindberg, Murzznschlag. 3. Marburg (8000), Cilli, Luttenberg, Pettau, Rohitsch, Tuffer, TSplitz Windisch-Feistritz, Rann, Lichtenwald. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Von der Gesammtflache Steiermarks entfallen nahezu 90% auf produktiven Boden ; doch sind davon fast die Halfte Walduogen, 20/ ? Aecker, 6 QMeilen Weingarten ; den Rest nehmen Wiesen und Weiden ein. Um jedoch einen richtigen Ueberblick zu gewinnen, ist die Trennung des Gebirgslandes von dem Hiigel- und Flach- lande nothig, wie sie schon oben bei der Schilderung der Boden- verhaltnisse angedeutet wurde; und zwar bieten die ehemaligen bei- 119 den Kreise Graz und Marburg (Untersteiermark) em wesent- lich verschiedenes Bild von dem friiheren Brucker Kreise (Ober- steiermark). Die Hauptnahrungsquelle der Bewohner Untersteiermarka besteht in dem Ertrage der Landwirthschaft, welche sehr fleissig betrieben wird und reichen Ertrag an alien Getreidearten , beson- ders Roggen, Weizen, Hafer, Mais und Haidekorn liefert , obwohl sie den Bedarf des gesammten Kronlandes nicht zu decken ver- mag. Besondere Sorgfalt wird auf den Wein- und Obstbau ver- wendet. Ein Drittheil der Flache fur den Weinbau entfallt auf den Grazer-, */ 3 auf den Marburger Kreis (Luttenberger, Kerschbacher, Radkersburger , Pickerer u. a.) ; aua dem Mostobst werden an 300.000 Eimer Cider bereitet. Auch die Pflege des Maul be er- baumes und die Anfange der Seidenkultur sind beachtenswerth. Unter den Handelspflanzen haben der Hanf (von Radkersburg) und die Weberkarden (um Graz und im Bezirke Voitsberg) guten Ruf. Im Allgemeinen macht die Agrikultur, kraftig gefordert durch die Landwirthschafts-Gesellschaft in Graz, stets wachsende Fort- schritte, wie es auch der rationelle Wiesenbau bethatigt, welcher zumeist den bedeutenden Viehstand ermb'glicht. In dieser Bezie- hung ist auch die Gefliigelzucht in Untersteiermark erwahnenswerth, sie ist sehr auegedehnt und vortheilhaft bekannt (steirische Kapaune). Schlachtvieh , animalische Produkte und Getreide werden zum grosseren Theile nach Obersteiermark und Karnten, aber nur in sehr geringer Menge nach andern Kronlandern ausgefiihrt. In neue- rer Zeit hat ferners in Untersteiermark der Bergbau auf Stein- und Braunkohlen an Wichtigkeit derart zugenommen, dass die Ausbeute an ersteren im Jabre 1857 iiber 130.000 Zentner (Bezirk Wiudisch-Feistritz , Gonobitz und Schonstein) , und an letzteren nahezu drei Millionen Zentner (Koflach , in den Bezirken Tuffer, Cilli u. a.) betragen hat. Der Bergbau auf Metalle ist im Ganzen geringe; dagegen ist Untersteiermark sehr reich an Mineral wassern. Die Industrie ist in diesem Landestheile nicht von grosser Bedeutung, indem sie in den meisten Zweigen nur den Lokalbedarf des Landes im Auge hat und in einigen nicht einmal diesen voll- standig deckt. Die Maschinen-Fabrikation ist durch neun groscere Etablissements vertreten, von denen jenes ,,auf der Andritz" (bei Graz) sich mit dem Baue von Dampf- und anderen Maschinen befasst, wahrend die ubrigen ausschliessend nur landwirthschaftliche Maschinen und Werkzeuge liefern. Die Verarbeitung von Me- t alien liegt zumeist in der Hand der Kleingewerbe, und trotzdem die Eisenindustrie von geringer Ausdehnung ist , ubersteigt. die Produktion doch den Lokalbedarf. Die chemische Industrie zahlt wenig grossere Anstalten und deckt nicht den heimischen Be- darf. Die Erzeugung von Nahrungsmitteln und eonstigen Verzeh- rungssteuer-Gegenstanden beschaftigt an grosseren Unternehmungen eine Kolonialzucker-Raffinerie, Kaffeesurrogat-Fabriken, Bierbraue- reien, Glasfabriken am Bacher-Gebirge, an der Kor-Alpe und im Savegebiete, Tabak in Fiirstenfeld u. a. f. Auch dte Webe- und Wirkwaaren -Industrie ist von geringer Ausdehnung 120 (Baumwollspinnereien in Burgau, Pragwald u. a.). Die Ver- arbeitung desLeders beschaftigt ausschliesslich nur Kleingewerbe. Die Papier-Industrie ist etwas schwunghafter , sie beschaftigt sieben Fabriken und zwei Muhlen (Graz, Voitsberg, Pols). Das Kleingewerbe ist in alien Zweigen iiberwiegend vertreten. Einen Gegensatz bildet Obers teiermar k. Hier ist die Acker- flache eine geringe, die Arbeitskrafte sind unzureichend, der Boden ist nicht fruchtbar, das Klima rauh, und die Landwirthschaft vermag nicht den eigenen Bedarf zu decken. Von der Gesammt- flache (iiber 165 Q^) entfallen 9% auf das Ackerland, 24 2 / 3 % auf das Grasland', tiber 52% auf den Wald und nahe 13 3 / 4 % auf un- bebauten und unbeniitzbaren Boden. Im Durchschnitte leben auf einer Quadratmeile 1226 Menschen; doch iiben die Industrie und der Bergbau einen grossen Einfluss auf die Anzahl der Bewohner aus, wie es eine Vergleichung der Bezirke Leoben und Judenburg mit Grobming und St. Gallen beweiset. Die Hornviehzucht, fur welche Weiden und Alp en reichlich vorhanden sind, bildet eine be- deutende Erwerbsquelle, namentlich ist die Miirzthaler Race gesucht. Das Ennsthal liefert einen tiichtigen Schlag schwerer Pferde. Im Allgemeinen befriedigt jedoch der Boden die Lebensbediirfnisse der Bewohner nicht und der Abgang muss durch den Erwerb in der Industrie herbeigeschaftt werden. Diese Aufgabe erfiillt fast aus- echliessend die Eisenindustrie. Die wichtigsten Produkte des stei- rischen Bergbaues sind Eisen , Kohlen und Salz. Die Ro hei sen- Pro duktion betrug im Jahre 1857 iiber l T / 2 Million Zentner und hat im Zeitraume 1850 1857 um 59% (bei ararischen Werken um 57, bei Privatwerken um 60%) zugenommen; iiber 2 T / 2 Million Zentner Braunkohle und T / 4 Million Zentner Salz (der ,,Sandling" im ^steirischen Salzkammergut"), dann etwas Gold, Silber, Kupfer, Graphit u. s. w. In Eisen ist es der starkste Produzent Oesterreichs (von dessen Gesammtproduktion im Jahre 1858 iiber 2% Million Zentner auf die Alpenlander entfallen); zudem ist die Trefflichkeit des steirischen Eisens (Vordernberg, Ei- senerz) seit dem Alterthume schon ruhmlichst bekannt. Die Haupt- industrie beschaftigt sich sodann mit der Verarbeitung der Metalle, insbesondere in den Gebirgsthalern der obern Mur bis in die Nahe von Graz. Schwarzblech, gehammertes Streck- und Feineisen , ge- walztes Puddlingeisen, Rails und Tyres sind von vorziiglicher Giite ; ausgezeichneten Stahl erzeugt Steiermark am meisten unter alien osterreichischen Provinzen, wobei eine grosse Produktions-Ver- mehrung in den letzten Jahren nur bei jenen Werken stattfand, die vorwiegend auf die Verwendung von Steinkohle und Torf basirt sind (Murau, Leoben, Krieglach, Trieben, Mi sling, Frohn- leiten, Kindberg, Bruck, Judenburg, Gosting, Graz u. a.). Beruhmt ist das kaiserliche Gusswerk bei Mariazell (auch fur Kanonen), Neu- berg fur Eisenbahnschienen ; an Sensen, Sicheln, Hausgerathen u. s. f. werden grosse Mengen erzeugt und exportirt. Der steirische Stahl geniesst au.( dem Weltmarkte einen eben so bedeutenden Ruf als ehemals das norische Eisen." Der Eisensteinbergbau ist insbesondere in Riicksicht auf Forderung und Rostung der Erze in einer Weise und mit einem Kostenaufwande vervollkommt worden, wie noch bei keinem Eisen- eteinbau in Europa. Die Vollkommenheit des technischen Betriebes der Hochofen erhellet daraus , dass der Aufwand an Brennstoft per Zentner Roheisen auf ein Minimum gebracht wurde, wie sonst nirgends. Durch die gelungene Verwendung der Braunkohle zur Stabeisenfabrikation ist es moglich geworden , grossartige Puddlings- und Walzwerke auzulegen; diese Fabriken stehen im chemischen wie im mechanischen Theile auf gleicher Hohe mit derartigen Anlagen des Auslandes, und haben die sen in meh- reren Fallen selbst als Muster gedient. Seine Eisen- un8 Stahlwaaren exportirt das Land nach alien Kronlandern, nach Deutschland, Frankreich, Italien und Russland. Der Werth des in Handel gebrachten Roheisens und der verarbeiteten Eisen- und Stahlwaaren betrug im Jahre 1857 an ll 1 /, Mill Gulden und auf Einen Arbeiter entfiel ein durchschnittlicher Jahresverdienst von 280 Gulden. Im Ganzen unterhalt dasKronland somit einen lebhaften Ver- kehr und der dabei erzielte Gewinn wird durch einen bedeuten- den Transithandel betrachtlich vermehrt. Gute Reichsstrassen ver- binden das Land mit den Nachbarprovinzen ; die Siidbahn durch- zieht von Nord nach Stid das Land, an welche sich Ausastungen nach Osten und Westen anschliessen werden, und die Wasserstras- sen tragen ebenfalls zur Ausdehnung des Verkehres bei. Die ver- dienstliche Thatigkeit der Handelskammern in Leoben (insbesondere bezQglich der Statistik der gesammten Eisenindustrie), und jener in Graz muss ruhmend hervorgehoben werden. . 84. Das Herzogthnm Karntcn. 188 nMeilen: 332.456 (relativ 1764) Einwohner, uberwiegend Katho- liken und etwa 18.000 Protestanten ; nach der National! tat mehr als % Deut- sche, die ubrigen Slawen (Slowenen). Grenzen: im N. Salzburg und Steiermark, im W. Tirol, im . Venedig, Gorz und Krain, im 0. Steiermark. Boden. Karnten ist groastentheils Gebirgsland, mit langge- streckten , durch hohe Gebirgsziige scharf abgegrenzten Thalern, wslcne eich im Innern des Landes zu grosseren Ebenen erweitern. Der Westen ist ganz von Hochgebirgen erfullt (Oberkarnten) , im Osten ist es Hugelland von Gebirgen umschlossen (Unterkarnten). Die Gebirge gehoren im nordwestlichen und nordlichen Theile zu den C en t r alalpe n, die ubrigen zu den siidlichen Kalkalpen, und werden in mehrere kleinere Gruppen zerlegt, welche nach ihren hochsten Gipfeln benannt werden. Zum nordlichen Alpenzuge oder den Centralalpen , welche bis zum Hafnerspitz die hohen Tauern" heissen , gehoren: die Gruppe des Gro ssglockn er im Nordwesten, -- die Kreuzeckgruppe, eine kurze Parallel- kette des Hauptriickens, die Gruppe des Hochnarr mit zwei Hauptrucken, der kiirzere vom Heiligenblut- zum Korntauern, der langere von Norden nach Siiden zum Laitenkogel, die Gruppe des Ankogel, und jene des Hafnerspitz; dann die Gurkthaler Alpen vom Katschbergsattel bis zum Sattel von Obdach (im Osten) mit den Hauptthalern der Gurk , Glan , des 122 Worthersees und der Drave. Zu den eudlichen Kalkalpen ge- horen die karnischen und die Gailthaler-Alpen, die Monte Canin- Gruppe , die Karawanken und die Grintouc-Gruppe, welche nur die siidostliche Grenze des Landes beriihrt. Siehe . 25. B. c. N. 3. 4. 5.) Von den Gipfeln dieser Gebirge, insbesondere vom Gross- glockner, Dobrac, von der Saualpe, dem Speick- und dem Staff- kogel geniesst man herrliche Fernsichten. Das Land besitzt zwar keine ausgedehnten Eisfelder, aber dafiir den schonsten Gletscher der Tauernkette, die Pasterze. Das Hauptthal ist das Drauthal mit vielen Nebenthalern, als: das Mo 11 thai, im untern Theile gut angebaut und bevolkert, im oberen enger nnd erhabener mit der grossartigen Alpenwelt 5m Hintergrunde, das Gurkthal mit dem fruchtbaren Krapfeld, dem Glanthale und der wciten Flache des Zollfeldes, das frucht- bare und gewerbreiche Lavantthal, das Lieser- mit dem h'aufig beeuchten Maltathale u. a. Zahlreiche Sattel vermitteln den Uebergang iiber die Tauern , die Gurker- und die siidlichen Kalk- Alpen. Gewasser. Der grosste Theil der Gewasser gehort zum Ge- biete der Drave, welche auf 22 Meilen das Land durchfliesst und zum Flossen beniitzt wird. Die bedeutenderen Zufliisse erhalt sie am linken Ufer (die Moll, die Gurk mit der Glan und die Lavant), am rechten die Gail. Unter den Seen gilt der Mills tad ter fur den schonsten, der Wort her wird mit Dampf befahren und bietet viele herrliche Bilder, der Ossiachersee nebst vielen kleineren ; an den zwei letzten Seen finden sich hie und da Siimpfe. Auch mehrere Mineralquellen eind beachtenswerth, darunter der Sauer- brunnen bei Vellach. Politische Eintheilung. Das Kronland Karnten ist admini- strativ der Statthalterei in Graz untergeordnet, jedoch unter aus- driicklicher Wahrung der Stellung als Kronland des Reaches mit eigener Landesvertretung. Der politische Chef in Karnten ist der Landeshauptmann. Bemerkenswerthe Orte sind : Klagenfnrt (13.500 Einw.) ; Villach, Bleiberg, Wolfsberg, Hiittenberg, Lolling, St. Leonhard, Gark, Friesach, St. Veit, Volkertnarkt, Ferlach, Spital, Tar- Tis, Pontafel (Ponteba), St. Paul, Gmund, Lavamund, Prevail. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Von der Gesammtflache des Landes sind iiber 84% produk- tiver Boden; doch entfallt davon nur etwa T / 7 auf das Ackerland, wahrend die Halfte desselben die Waldungen und beilaufig T / 8 die Wiesen und Garten einnehmen. Karnten hat demnach zu wenig Ackerland, um den Bedarf des Landes an Getreide zu decken; zudem ist auch der Ertrag in der Regel verhaltnissmassig geringer als am Flachlande. Im Lavantthale wird vorherrschend Weizen, auf dem Krapfelde Korn und Gerste, in den warmeren Gegenden Mais und Buchweizen letzterer sowie die Hirse vorwiegend von der slawisehen , doch auch von der deutschen Bevolkerung ange- baut. In den Thalern und an den Bergabhangen ist die Wiesen- 123 kultur, welche viel Kleesamen in den Handel liefert, vorherr- schend. Bedeutender ist die V i e h z u c h t , deren Betrieb die ausgedehnten uppig bewachsenen Alpenweiden sehr zu Gute kom- men, besonders jene des Hornviehes, der Pferde und zum Theil veredelter Schafe ; auch ist der Karntner als ein eehr fleissiger Bienenzuchter bekannt. Wichtig ist der Birgbau und die darauf sich griindende Me- tallindustrie. Es leben in keinem Kronlande relativ so viele Bewohner davon wie in Karnten. Das Rohmaterial hat einen Werth von mindestens drei Millionen Gulden. Die Roheisen-Produk- tion betrug ira Jahre 1857 iiber 900.000 Zentner, und stieg die- selbe in dem Zeitraume 18501857 um mehr als 55%. Besonders reich ist die Gegend von Friesach bis in die Umgegend von St. Leonhard und Wolfsberg, dann die ,,Eisenwurze <4 bei Huttenberg, endlich Lolling, Lippitzbach u. a. Ferner liefert Karnten das meiste Blei in Oesterreich (an 60.000 Zentner) im Erzberg bei Blei- berg, Raibel beim Predilsattel, an fossiler Kohle iiber 1 Million Zentner, nebstdem Zink, Kupfer, Silber, jedoch in geringerer Menge. Die Industrie Karntens ist stets im Wachsen. Zunachst be- schaftigt si e sich mit der Verarbeitung der Metalle und zwar in einem Grade, dass die karntische Eisen- und Stahlwaaren- Fabrikation sich den starksten osterreichischen Produzenten an- reiht ; der Export der sehr vortheilhaft bekannten Artikel geht vor- nehmlich nach Italien. Prevail, mit den grossartigen Eisenwer- ken, lieferte die ersten Eisenbahnschienen in Oesterreich. Nebst den Ei senhamm ern im Nordwesten sind noch die Walzwerke von Frantschach, Lippitzbach und Buchscheiden bekannt, die Maschi- nengusswerke zu Pre'vali und St. Johann am Briickl. Die Gewehre von Ferlach waren sehr beriihmt; die Bleiweissfabri- ken von Klagenfurt und Wolfsberg geniesen europaischen Ruf; Victring liefert ausgezeichnete Tiicher. Beachtenswerth sind die Fabrikation in Leder, die chemischen Erzeugnisse, der Maschinen- bau, die Schrotfabriken in Klagenfurt, Villach, Prevail, die Spiegel von St. Vincenz u. m, a. Fur den gewohnlichen Bedarf sorgen die Kieingewerbe in befriedigender Weise. Das kleine, aber an Natur- schonheiten reiche, von einer strebsamen Bevolkerung bewohnte Land besitzt an 250 Fabriken und Manufakturen. Ist im Ganzen die Gewerbthatigkeit auch nicht m annigfal tig; so erfreuen sich doch die Produkte der Anerkennung im Handel und die Verarbei- tung der heimischen Rohetoffe ist unbedingt ebenso rationell als verhaltnissmassig grossartig. Karnten ist durch seine geographische Lage das natiirliche Verbindungsglied zwischen dem mittleren Donaugebiete und Italien; die ,,italienische" Strasse ftihrt aus Obersteiermark nach Italien, und die vielen Einsattlungen an den Grenzgebirgen sind die natfir- lichen Fingerzeige fiir den Verkehr. Berechtigte Hoffnungen setzt das Land auf die im Bau begriffene Eisenbahn, welche es mit Steiermark, Tirol und dem Venetianischen unmittelbar in Verbin- dung bringen, und welche die Vortheile der Lage Karntens erhohen wird. Es exportirt Produkte der Montan-Industrie und animalische 124 Produkte; dagegen fiihrt es Nahrungsmittel, Manufakturen und Hilfs- stoffe der Industrie und Gewerbe ein. 85. Das Herzogthnin Krahi. 181 GMeilen; 451.940 (relativ 2491) Einwohner, fast aus schliesslich Katholiken (etwa 250 Protestanten und 500 Griechen); nach der Nationalitat Slawen (Slowenen) ; nur 25.000 Gottscheer, dann die Bewohner an der nordwestlichen Grenze und einige der Hauptstadt gehoren zum deutschen Stamme. Grenzen: im N. Karnten, im W. G5rz, im S. Istrien und Kroatien, im 0. Kroatien und Steiermark. Boden. Krain, iiberwiegend ein Gebirgsland, ist durch die Verschiedenheit der Formation von Natur in drei Theile geschie- den. Oberkrain begreift das obere Flussgebiet der Save bis zur Eimniindung der Laibach ; der obere nordwestliche Theil ist wahres Alpenland mit schroffen hohen Bergen und engen Thalern, der un- tere bildet die grosste Ebene des Landes (das oberkrainische Becken), aus welcher sich vereinzelte Berge inselartig erheben (Grosskahlen- berg, Vrasica, Siska). Unterkrain, zwischen der mittleren Save und der oberen Kulpa ist mit Ausnahme der Gurkfelder Ebene ein Hiigelland ; im westlichen Theile beginnt schon die muldenfor- mige Bodenformation, welche in Innerkrain, mit Ausnahme der ofienen Thaler der Wippach und Idrica, die vorherrschende ist. Die Gebirge Oberkrains gehoren zu den siidlichen Kalkalpen, und zwar theils zur Mangart-, theils zur Triglav-Gruppe ; die Karawan- ken trennen das Land von Karnten ; in nordostlicher Richtung ist die Grintouc - Gruppe. (Siehe . 25, B. c. 3. 4. 5.) In der Mangart- Gruppe findet sich eine Anhaufung von Passbildungen, wie sie nur zweimal in den Alpen noch vorkommt (am St. Gotthard und am Ursprung des Inn). Der Triglav-Gruppe ist eine ausgedehnte Al- penplatte vorgelagert, die im Sudosten zum oberkrainischen Becken herabfallf. Die Thaler des Isonzo, der Idrica und Zeyer bis zur Save schliessen die siidlichen Kalkalpen ab; der grosste Theil von Innerkrain und der nordwestliche von Unterkrain gehoren der Karst- bildung an. (Siehe . 25 der Karst.) Innerkrain ist interessant durch die unterirdischen Gestaltungen, durch seine Grotten (Adels- berger-, Magdalenen-, Lueger-Grotte u. a.) mit den Tropfsteinge- bilden, Seen und rauschenden Wassern, durch seine reiche Grotten- fauna; das Wippachthal mit dem milden Klima ist bekannt durch eein edles Obst und den guten Wein. In Oberkrain ist die grossartige Alpenscenerie mit den wilden Schluchten, Wasserfallen und Seen, den dichtbevolkerten, gewerbfleissigen Ortschaften in den Thalweitungen, in Unterkrain ist das freundliche Hiigelland mit seinen zahlreichen Weinbergen das Charakteristische des Lan- des. Die bedeutendsten Thaler sind im Osten des Landes das Save- und das Gurkthal nebst mehreren kleineren. Gewasser. Der bedeutendste Fluss des Landes ist die Save, welche das Land in einer Lange von 26 Meilen durchfliesst, von Salog (bei Laibach) schiffbar ist und die meisten Gewasser (Zeyer {Zora], Laibach, Feistritz, Gurk) aufhimmt. Der merkwiirdigste Fluss ist die Laibach, welche als Poik (Piuka) nach einem drei Meilen langen Laufe in die Adelsberger Grotte sturzt , dort sich 125 mit mehreren Bachen vereinigt, die am Fusse des Nanos in die Erde verschwinden. Sie tritt dann als Unz wieder zu Tage, durch- fliesst das Thai von Planina , verschwindet abermals und kommt nordostlich von Oberlaibach als Lai bach wieder hervor, wo sie nach sehr kurzem Laufe schiffbar wird und bei Salog in die Save mundet. Die Kulpa bildet eine grosse Strecke die Sudgrenze Krains. Die Wippach und die Idrica flieesen dem Isonzo zu. In Inner- und Unterkrain gibt es eine grosse Zahl von Bachen, welche im Kalkboden verschwinden und wieder hervorquellen ; bei Regengiiesen aber Ueberschwemmungen verursachen. Von den Seen sind der Zirkniz-, Woheiner- und Veldes-See bereits friiher'erwahnt worden. Moriiste sind bei Laibach (an 4 QM,) und an der untern Gurk; ein grosser Theil des ersten, iiber welchen die Eisenbahn geht, ist bereits trocken gelegt und urbar gemacht wor- den. Mineralquellen sind zu Toplitz (bei Neustadtl) und am Veldes-See. Politiche Eintheilung. Das Kronland Krain ist admini- strativ der Statthalterei in Triest untergeordnet, jedoch unter aus- driicklicher Wahrung der Stellung als Kronland des Reiches mit eigener Landesvertretung. Der politische Chef in Krain ist der Landeshauptmann. Bemerkenswerthe Orte *) sind : Laibach (21.000 Einw.), Krainburg, Radmannsdorf, Assling, Sava, Eisnern, Kropp, Steinbuchl, Neumarktl, Stein, Lack, Idria, Wippach, Adelsberg. Planina, Oberlaibach, Zirkniz, Laas, Reifnitz, Gotschee, Weixelburg, Neustadtl, Toplitz, Tschernembl, Mottling, Gurkfeld, Landstrass. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Von der Gesammtflache des Landes sind nur beilaufig acht QM. unproduktiver Boden , vom produktiven gehoren tiber 40% dem Walde an und nur etwa 15% 8 i n ^ Ackerland, welches zudem ungemein zerstiickelt ist. Ausgedehnter sind die Wiesen, leider noch mehr die Weiden, auf Weingarten entfallen iiber zwei QMei- len. Krain ist zwar durch seine Bodenbeschaffenheit und die kli- matischen Verhaltnisse im Ganzen mehr begunstiget als Karnten, doch deckt auch hier die landwirthschaftliche Produktion nicht den Bedarf. In den Handel bringt es Rohprodukte (Kleesamen, Hanf, den Kohlkopf nach Triest , Obst aus dem Wippacher Thale, auch Wirthschaftsobst in gedorrtem Zustande) ; nach Trieet und Fiume liefert es bedeutende Mengen von Merkantilholz aus den Schneeberger Waldungen (Innerkrain) und Oberkrain (Stapelplatze : Planina und Senozec). Die Viehzucht steht nicht auf wunschens- werther Hohe, woran die grosse Zerstiickelung des Bodens und ala Folge dessen der Mangel an Viehfutter die Hauptschuld tragen. Die Bienenzucht wird sehr umfangreich betrieben und liefert viel Honig und Wachs von geeuchter Qualitat nach Deutschland. Auch mit der Pflege des Maulbeerbaumes sind gunstige Versuche gemacht *) Zur Aussprache der slowenischen Worte: c = z ; 6 = tsch ; z = gelindes s ; z = gelindes sch (= franz. / in jour) ; s =i sckarfes sch. 126 worden. Ueberhaupt verdient die erfolgreiche Thatigkeit der ,,Land- wirthschafts-Gesellschaft" mit ihren zahlreichen Filialen fur die He- bung der Agrikultur und Viehzucht rubmenswerthe Hervorhebung.. Unter den Produkten des Bergbaues nimmt die Gewinnung des Quecksilbers in Idria (an 3000 Zentner jahrlich, am meisten in Oesterreicb, nachst Almaden in Spanien am meisten in Europa ) den ersten Rang ein. Ausserdem werden zu Tage gefordert: Roh- eisen, im Jahre 1857 iiber 91.000 Zentner, und zeigt sich fiir die Periode 1850 1857 hierbei eine Produktions- Vermehrung um 59%, Steinkohlen (an */ 2 Million Zentner, am meisten in Sagor), Blei (in Knapouze und Sagor), Zink u. a. Die Industrie ist noch im ersten Stadium ihrer Entwickelung; man findet wenig grosse Fabriken, dagegen sehr ausgedehnte haus- liche Gewerbthiitigkeit unter dem Landvolke. Die meisten industriel- len Unternehmungen hat Oberkrain. Hier bildet die E i s e n verarbeitung (Jauerburg, Althammer, Feistriz, Sava) den Hauptzweig, dessen Mittel- punkt Neumarktl ist; Eisnern, Kropp und Steinbiichl erzeugen zumeist Nagel. Riihmlichen Aufschwung nimmt das Eisengusswerk in Hof (Un- terkrain). Die grossten Fabriken des Landes sind in und bei Laibach (Baumwollspinnerei, Ziindwaarenfabrik, Dampfmiihle, Papierfabrik [Jo- sefsthal bei Laibach], Oelfabriken [Josefsthal, Salog] u, s. f.). Andere Industriezweige sind: die Spitzenkloppelei (Idria und Stein), Wollspin- nerei und Strickerei (Oberkrain), ordinare Kotzen, Lodentuch, Fusstep- piche, Pferdedecken (in und bei Krainburg), Lederbereitung (Stein), Rosshaarsiebe (Strazise bei Krainburg), ordinare Holzwaaren (Reifnitz und Gottschee) u. a. m. Das Kleingewerbe ist befriedigend ver- treten und deckt im Ganzen den Bedarf; besonders zeigt sich hiebei in Laibach ein Aufachwung. Auch der ,,Gewerbe-Aushilfs- Verein" in Laibach entfaltet gleich dem ahnlichen Kredit-Institute in Klagenfurt eine erfolgreiche Thatigkeit, zunachst im Kreise der niederen Gewerbe, Der Handel mit Landesprodukten (Honig, Kleesamen, gedorr- ten Obst, Knoppern, Leinol) und der Getreidehandel mit den Ver- bindungen in Siasek und Kaniza werden schwunghaft betrieben ; der ehemals sehr lohnende Speditionshandel hat seit der Beendigung der Wien-Triester Eisenbahn seine Wichtigkeit grossen Theils ver- loren. Auch der innere Verkehr entwickelt sich reger , da die In- dustrie in der Zunahme begriffen ist. Sowie die natilrliche Be- schaffenheit des Landes, der Reichthum an Heizungsmateriale und Wasserkraften, die relativ dichte, arbeitsame und geniigsame Be- volkerung willkommene Vorbedingungen fiir eine aufstrebende In- dustrie sind; so gewahren die geographische Lage in der Nahe der ersten Seestadt der Monarchic und die Verbindungsstrassen nach den benachbarten Kronlandern eine geniigende Biirgschaft fiir den sich stets entfaltenden Handel. Der Hauptsitz des Handels ist in Laibach ; Lack kat seine Wichtigkeit verloren, die es ehemals durch seine Verbindung mit Italien und den Absatz seiner Leinenwaaren dorthin genossen; dagegen sind Krainburg, Gotschee, Laas und Se- nozec in kommerzieller Hinsicht von einiger Bedeutung. 127 . 86. Das Kiistriilaiiil. (Die gefurstete Grafschaft Gorz und Gradisca, die Markgrofschaft Istrien und die Stadt Triest mit ihrem Gebiete.) n; 520.980 (relativ 3589) Einwobner, mit Ausnahme von Triest, wo Geschaftsleute verschiedener Glaubensbekenntnisse wohnen, fast ausschliess- lich Katholiken; nach der Nationalitat uber 3 / 5 Slawen, '/ 3 Italiener, bei- laufig 2% Deutsche, und AngehSrige verschiedener Stamme in grosserer oder gerin- gerer Anzahl. Grenzen: im N. Krain und Karnten, im W. das veHetianisehe Gebiet, im S. das adriatische Weer, im 0. Kroatien und Krain. Boden. Der nordwestliche Theil des Kronlandes Kiistenland gehb'rt zum Gebiete der sudlichen Kalkalpen, der iibrige zum Kalkplateau des Karstes; mit Ausnahme des Miindungsgebietes des Isonzo und einiger Thalweitungen gehort es somit dem B erg- Ian de an. Das Alpengebiet wird durch das Isonzothal in die beiden Gruppen des Monte Canin und des Trig lav geschieden, welche sich am Engpasse der Fli t sc her - K lau se am nachsten beruhren. (Siehe . 25. B. c. N. 5.) Jenseits der Thaler des Isonzo und der Idrica 1st das Karstplateau, u. z. der Tarnovaner- Wald, eine fast 2500' hohe, grosstentheijs bewaldete Hochplatte, dann der eigentliche Karst mit dem Cicer-Boden. Hier ist die Karstnatur am scharfsten ausgepragt; eine einformige , fast nackte Hochflache mit karglichem Pflanzenwuchse in den vor der Bora geschiitzteren Mulden , mit vielen trichterformigen Senkungen (Doline), in denen sich zu Zeiten Wasser ansammelt, aber bald im Kalkboden versiegt. In den Gegenden, in denen ein ohnehin kar- ger Ackerboden vorkommt, wohnt eine arme Bevolkerung. Die Land- \virthschaft kann nicht ausreichend fur den Bedarf betrieben werden, fur Errichtung industriellef Etablissements fehlen die Grundbe- dingungen Wasser und Heizmateriale ; den meisten Erwerb bot vor der Eroffnung der Eisenbahn die Landfracht (das ,,Schlit- teln"). Zur Bewaldung dieser Flachen ist unter dem Schutze der Regierung ein ,,Karstbewaldungs-Verein" thatig , dessen bisherige Versuche zu einigen Hoffnungen berechtigen. Istrien ist ein Stufenland, das sich gegen das Meer herabsenkt und durch die in tiefen Rinnsalen nach Osten, Westen und Siiden fliessenden Ge- wasser in mehrere Plateaux zerlegt wird. Nur an der Siidwest- eeite ist ein freundliches, ergiebigeres Hiigelland, sonst ist der ode und diirre Karstboden wenig fruchtbar ; doch sieht man auch herr- liche Eichenwalder und weite mitOelbaumen und Reben bepflanzte Strecken. Die Inseln sind gebirgige Fortsetzungen des Karstbodens. Eben er Boden finden sich im Miindungsgebiete der Kiistenfliisse, die grosste Flache an der Miindung des Isonzo, dessen Thai das bedeutendste ist. In Istrien sind das Quieto- und Arsathal beach- tenswerth. Reich ist das Karstland an grossartigen Hohlen mit den prachtvollsten Tropfsteingebilden und wunderbar seltsamen Formationen (die Grotte von Corgnale und von S. Servolo, jene von St. Canzian, von Ospo, auf der Insel Cherso u. a.). Gewasser. Die Fliisse dieses Kronlandes eind Kiistenfliisse, welche sich in das adriatische Meer ergiessen. Der bedeutendste ist der Isonzo, der von der Westseite des Triglav in grossen 128 Windungen das grosste Querthal der Siidalpen durchfliesst , die Idria und Wippach aufnimmt , reiasend mit starkem Gefalle und reich an Stromschnellen bis oberhalb Gorz fliesst, wo er in die Ebene tritt , an Schnelligkeit des Laufes verliert , aber an Breite zunimmt und (als Stobba) in die von Siimpfen umlagerte Bucht von Monfalcone miindet. In Istrien sind der Quieto und die Arsa. Dieses Kronland wird im Siiden vom adriatischen Meere bespiilt , iiber dessen Bedeutung friiher gesprochen worden ist. (Siehe . 76. S. 101.) Auch der Cepicer-See in Istrien ist be- reits erwahnt worden. Politische Eintheilung. Der Statthalterei in Triest sind nebst der ,,reichsunmittelbaren Stadt Triest" das Gorzer Gebiet, die Halbinsel Istrien und das Herzogthum Krain untergeordnet. Die Hauptstadt des Kronlandes ist: Triest, mit dem Stadtgebiete l. s Q]M. gross, mit einer Bevolkerung von fiber 104.000 Seelen, besteht aus der Alt- und der regelmassig erbauten Neustadt. Sie ist die bedeutendste Seestadt und nachst Wien die wichtigste Handelsstadt der Mon- archic, und von grossem Einflusse sowohl fur den einheimischen Verkehr als 1'ur die Beziehungen des Kaiserstaates zum Auslande; insbesondere hat Triest einen wesentlichen Antheil an der Stellung Oesterreichs im Orient e. Das grossartigste Institut ist die im J. 1833 gebildete Aktiengesellschaft des n osterreichis chen Lloyd" (Aktienkapital 9,450.000 fl.), welche regeimassige Veibindungen mit dea grosseren Haftn des adriatischen, mittellandischen und schwarzen Meeres unterhalt und die Dampfschiffahrten nach Marseille, Barcellona und Liverpool ausgedehnt hat. In neuester Zeit bedroht Marseille den Lloyd mit einer gefahrlichen Concurrenz im Mittelmeere. Im J. 1859 beliefen sich die Brutto-Einnahmen des Lloyd auf 6,804.378, darnnter die Staats-Subvemion von 1,636000 fl. ; doch trugen mancherlei ungiinstige Verhaltnisse die Schuld an einem ansehnlichen Deficit, wie sich uberhaupt der See- verkehr von Triest im J. 1859 ungiinstiger gestaltete als in den Vorjahren. Triest ist derSiiz der Consulate von alien grosseren Handelsstaaten, der Central-Seebehorde, des Marine-Oberkommando u. s. w. Andere Anstalten zur Forderung der Industrie nnd des Handels sind: die Handelskammer, BSrse, Bankfiliale, das Tergesteum, die stadtische Gommerzial-Leihanstalt, iiber zwanzig Assekuranz-Institute, die nautische und Handels-Akademie, das grosse Arsenal des Lloyd, mehrere Schiffwerften u. s. w. Der Scbiffsverkehr gestaltete sich in den letzten Jahren in folgender Art: 1859 1858 18bT_ Schiffe Tonnengehalt Schiffe Tonnengehalt Schiffe Tonnengehalt Angekommen: . 10.969. 779.173 ...10356. 766.915 ...10.733. 747.706 Abgegangen: ..10.710. 777.555 ...10275. 764.850 ...10.772. 773195 Ein specielleres Eingehen in die Ausweise zeigt, dass im J. 1859 nur 7677 beladene Schifie mit 393.713 Tonnen einliefen ; dagegen im J. 1858 8111 Segel- schiffe mit 479.635 Tonnen; dessgleichen litt die inlandische Dampfschiffahrt, indem mehrere Linien in Folge der Kriegsereignisse suspendirt werden mussten. Selbst die neutrale Flagge betheiligte sich im J. 1859 weniger an dem Seeveikehre von Triest. Gegenwartig werden allseitig Anstrengungen gemacht, um diesen fur Oesterreich hoch- wichtigen Platz auf den ihm gebuhrenden Rang zu heben. Im J. 1859 zahlte die Handelsmarine Oesterreichs 9646 Schiffe von 373.016 Tonnen und mit 35.213 Matrosen. Die Kriegsmarine zahlt 37 Fahrzeuge (darunter 1 Linienschiff, 5 Fre- gatten, 12 Dampfer u. s. w.), der Personalstand derselben (im J. 1860) 6952 Mann. Andere bemerkenswerthe Orte sind : 1. Gorz (11.000), Gradisca, Monfalcone, Aquilej a, Cormons, Flitsch, Tollmein, Duino, Heidenschaft ; 2. (in Istrien) Mitterburg (Pisino, 3500), Capo d'Istria (8500), Isola, Pirano (9500), Rovigno (12.000), Pola, Parenzo, Cittanuova, Dignano, Volosca, Albona, Montona. Inseln: die Brioni'schen Inseln in (Nordwesten von Pola); im Quarnero: Veglia, Cherso, Lussin und viele kleinere Inseln und felsige Eilande (scoglj). Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Obwohl an 90 % der Gesammtflache zum produktiven Boden 129 zu rechnen sind, so 1st doch die Ertragsfahigkeit eine sehr geringe, da Wasser- und Regenmangel dem Getreidebau, welchem nur etwa Yo des Bodens zugewiesen ist, sehr hinderlich sind. Ueberdiess ist die kultivirbare Flache ungemein zerstiickelt, der Ertrag auch ein relativ geringer und die Produktion deckt demnach bei Weitem nicht den Bedarf. Die Hauptfruchte sind Mais und Weizen, als Nachfrucht der Buchweizen. Wahrend auf die Wiesen % des Terrains entfallt, nehmen die "VVeiden uber 2 / 5 ein; ausgebreitet dagegen sind der Weinbau und die Olivenwalder. Der Wald- stand ist im Ganzen ein geringer (nur T / 3 des Bodens) ; nur die grosaen Eichenwaldungen bei Montona , welche Schiffbauholz fur die kaiserliche Marine liefern, machen davon eine Ausnahme. Die Obstkultur erfreut sich ausser bei Gorz keiner besonderen Pflege; dagegen liefert der Oelbaum in Istrien und auf den quar- nerischen Inseln Oel von guter Qnalitat und trotz des grossen Ver- brauches uber den Bedarf. Die Viehzucht ist in keiner Richtung erheblich, nur im Gorzer Gebiet wird mehr Sorgfalt darauf ver- wendet, wo auch die Seidenkultur sehr giinstige Fortschritte macht. Von Wichtigkeit ist die Seefischerei. Ein Merkmal des Landes ist der vollige Mangel an Me- t a 11 en. An Steinkohlen wurden in letzter Zeit etwa % Million Zentner zu Tage gefordert (Albona und Pinguente in Istrien). Meersalz wird in den Salioen zu Capo d'Istria und Pirano im mittleren Jahresdurchschnitt an 600.000 Zentner im Werthe von 3 Mill. Gulden gewonnen. Istrien hat sehr viel Baust ei n e (Istria- ner Marmor), welche ehemals einen Hauptartikel des Handels nach Venedig bildeten. Der Gorzer Kreis, die Stadt Triest und die Halbinsel Istrieu bilden in Bezug auf die Be schaf tigung der Bewohner drei verschiedene Landstriche. Im nordlichen und nordostlichen Theile des Gorzer Kreises bildet die Rindviehzucht den wichtigsten Nahrungszweig , im siidwestlichen der Wein- und Seidenbau. Weiters sind in diesem Kreise zwei Baumwollspinnereien, eine grosse Zuckerraffinerie , Seidenzeug-Fabriken, die europaisch bekannte (in Oesterreich grosste) Rothgarnfarberei in Heidenschaft (Aidussina, slaw. Ajdovsna). Triest ist verhaltnissmassig keine Fabriks-, sondern eine sehr wichtige Handelsstadt , erzeugt jedoch nebst den fur den Schiffbau erforderlichen Gegenstanden (Seilerwaaren, Se- geltuch, Zwieback u. s. f.) viel Rosoglio, Leder, Oelseife, Kerzen u. a. Grossartig sind die technischen Werkstatten der Gesellschaft des osterreichischen Lloyd. Istrien hat keine Fabriken, die Hauptthatigkeit beschrankt eich ausser dem Wein- und Oelbau auf die Gewinnung von Seesalz und auf die Fischerei, den Schiffbau und jene Gewerbe, welche mit der Ausrustung der Schiffe in Verbinduug stehen. Das Gleiche gilt von den zu diesem Kronlande gehorigen Inseln.; insbesondere hat L us a in piccolo in jiingster Zeit sehr grosse Fortschritte im Schiffbau und den da- mit verbundenen Gewerben gemacht. Fiir den Handel Oester- reichs sind Triest und das Kustenland von grosster Bedeutung. Klua's Handels- Geographic. 2. Ann. 130 . 87. Die gcfiirstete Grafschaft Tirol mid Vorarlberg. 523 QMeilen; 851.000 (relativ 1627) Einwohner, fast ausschliess- lich Katholiken; nach der National! tat 8 /s Deutsche und 2 / 5 Walsche (320.000 Italiener, 9COO Ladiner). Grenzen: im N. Baiern, im W. die Snhweiz, Lichtenstein, Lombardei, im S. Lombardei und Venedig, im 0. Venedig, Karnten, Salzburg. Boden. Tirol ist ein wahres Gebirgsland, denn das Bergland nimmt fast 9 / 1( , der Oberfiache ein; es ist das hochste Gebirgsland Oesterreichs, eine Fortsetzung der hohen Alpenmassen der Schvreiz. Die Central-, die nordlichen und siidlichen Kalkalpen durchziehen das Land, zwischen denen sich drei Hauptthaler (das Inn-, das Etsch- und das Pueterthal) mit sehr vielen Nebenthalern ausdeh- nen. Die nordlichen Kalkalpen (Algauer Alpen) erstrecken sich vom Bodensee bis zur ostlichen Landesgrenze. (Siehe nordliche Kalkalpen S. 25.) Die C entralalpen, die eigentlichen Tiroler- Alpen sind das bedeutendste Massengebirge , in der ganzen Aus- dehnung von Gletschern bedeckt, mit hohen Spitzen, zahlreichen Widerlagen und Armen. Die Hauptmasse durchzieht das Land von West nach Ost ; die bedeutendste Widerlage langs der westlichen Landesgrenze von Norden nach Siiden enthalt die hochste Berg- spitze der Monarchic (den O'rtler). Die B renne r-Einsenkung scheidet sie in zwei Hauptgruppen. (Siehe Central-Alpen, S. 24 und 25.) Die siidlichen Kalkalpen gehoren zumeist als Grenz- gebirge dem Lande an. Zwischen dem Garda-See und der Etsch ist der schroffe Riicken des Monte Baldo ; ostlich von der Etsch sind die Gruppen der Venetianer- Alpen, deren Masse im Venetianischen liegt und wovon nur Verzweigungen nach Tirol auslaufen. (Siehe siidliche Kalkalpen S. 27.) Die Tiroler Gletscher (^Ferner" genannt) nehnien einen Raum von fiber 23 QMeilen ein; der Haupt- stock ist die Eismasse der Oetzthaler Ferner, zu welchen der Hoch- vernagt , der Gebatschferner u. a. gehoren, iiber mehrere derselben fiihren Saumpfade (der belebtesfe iiber den Jaufen von Sterzing in das Passeyerthal). Von Bedeutung fiir die gesammten Kultur- verhaltnisse des Hochgebirgslandes sind die sehr zahlreichen T h a- ler, welche in der Regel enge, selten iiber eine Stunde breit, da- gegen langgestreckt sind; bedeutende Thalweitungen und Ebenen kommen gar nicht vor. Das langste Thai ist das Inn thai (33 M. lang, bis zur Melach-Miindung Ober-, dann Unterinnthal), in welches das Oetz thai und das Zillerthal miinden; dem Flachen- inhalte nach ist jedoch das Etschthal grosser; der obere Theil Vintschgau ist durch die grossartige Alpennatur, der untere durch seine uppige Vegetation und sein mildes Klima ausgezeich- net. Das von der Rienz bewasserte Pusterthal ist besonders we- gen der Zucht des Hornviehes bekannt. Im Vorarlberg sind das Rh ein thai, das 111 thai (Ochsenthal), Vermontthal , Montavon- thal) und bei Bludenz der Walgau. Oewasser. Die Gewasser Tirols gehoren drei Flnssgebieten an, jenem des Rhein, der Donau und der Etsch. Der Rhein gehort nur etwa auf einer fiinf Meilen langen Strecke als Grenz- fluss zu Oesterreich. Er nimmt die meisten Wildbache Vorarlbergs auf, der namhafteste Nebenfluss desselben ist die II } . Die be- 131 deutendsten Fliisse des Landes gehoren zum Geader der Donau. Der Lech und die Isar erhalten ihre Bedeutung erst nachdem sie nach Baiern getreten (ersterer unterhalb Fiissen , der zweite durch den Scharnitz-Pass). Der grosste Fluss des Landes ist der Inn, der durch Finstermiinz-Clus nach Tirol eintritt und es unter- halb Kufstein verlasst. Schon nach der Einmundung des Oetzbaches wird er flossbar , doch erst von Hall ab schiffbar. Er nimmt sehr viele Wildbache auf, die wegen der haufig wiederkehrenden Verheerungen beruchtigt sind. Die Drave vom Toblacher Felde wird erst nach ihrem Eintritte in Karnten schiffbar. Die E t s c h, welche bei Gargazan flossbar, unterhalb Botzen schiffbar wird, nimmt den Eisack, den La vis und den Nosbach (Noce) auf. Dem Gebiete des adriatischen Meeres gehoren noch die Brenta, Sarca, Chiese und Piave. Seen hat das Land sehr viele, aber meist hoch- gelegene, kleine Alpenseen. Vom Bodensee gehoren 4'/ 2 Meile zu Vorarlberg , vom Garda-See 2 T / 4 Meile zu Tirol. An Gesund- brunnen ist das Land ebenf alls reich, die besuchtesten sind Mit- terbad (im Ultenthale), Rabbi und Pejo (im Sulzberg), May- statt, Innichen, Altprax u. a. im Pusterthale. Politische Eintheiliing. Die Landeshauptstadt Innsbruck ist der Statthalterei unmittelbar untergeordnet. Bemerkenswerthe Orte sind in: 1. (Nordtirol) Innsbruck (14.200 Einw.), Hall, Kufstein, Schwatz, Rattcnberg, Kitzbuchel, Achenrain, Imst, Landeck, Zirl, Reute ; 2. (Mittel-Tirol) Brixen (3500), Sterzing, Brunecken, Innichen, Lienz, Win- disch-Matrei, Botzen, Klansen, Meran, Glurns; 3. (Siid-Tirol) Trient (14.000), Roveredo, Riva, Arco, Ala, Levico, Lavis ; 4. Vorarlberg: Bregenz (3500), Feldkirch, Bludenz, Hohenembs, Dornbirn. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Bodenverhitltnisse des Landes sind mit Ausnahme eini- ger Thaler fiir die physische Kultur nicht gunstig. Werden auch etwa 2 / 3 der Gesammtflache auf nutzbaren Boden im Allgemeinen gerechnet , so entfallen von der produktiven Flache doch nur an 8% auf das Ackerland, doppelt so viel auf Wiesen und Garten, an 6 QMeilen auf Weingarten ; dagegen iiber 50% auf Waldungen und iiber 20% auf Weiden ; an 195 QMeilen (oder mehr als ein Drittheil des Landes) aber ist ganz odes, unkultivirbares Land. Es hat somit kein Kronland in Oesterreich so viel unbenutzbaren Boden. Im Siiden kommen in geringerer Ausdehnung auch Kastanien- und Olivenwalder vor. Der Ackerbau ist vielfach mit grossen S chwierigkeiten ver- bunden und liefert auf der geringen Flache bei weitem nicht fiir den Bedarf, welcher durch Getreidezufuhren aus dem benachbarten Baiern gedeckt wird. Auf den Wiesenbau wird grosse Sorgfalt ver- wendet, die vortrefflichen Alpenwiesen (Alm u ) sind der Viehzucht sehr dienlich, welche eine Haupterwerbsquelle bildet. Trotz des gros- sen heimischen Bedarfes an Milchprodukten gelangt (zumeist aus dem Bregenzer Walde) doch vorziiglicher Kase zum Export. Unter der Viehzucht hat jene des Rindviehes den ersten Rang ("Bregenzer Wald, Lechthal, Pusterthal); die Schafzucht wird nur fiir den Hausbedarf betrieben; die Bienenzucht ist in Vorarl- 9* 132 berg, jene der Seidenraupe sehr schwunghaft in Siidtirol. Die Obstkultur ist sehr bedeutend, namentlich bei Meran ; die Citro- nengarten am Garda-See diirften ihresgleichen schwerlich irgendwo finden; auch das Montavon-Thal ist im Obstbau bekannt. Der Wein ist em Hauptprodukt in Siidtirol, doch gibt es nur wenig bessere Sorten; bei Feldkirch kommt ebenfalls einiger Weinbau vor. Flachs, Hanf und Tabak werden in grosseren Mengen gebaut. Den be- sten Flachs liefert das Oetzthal (an 3500 Zentner), der Leinsamen aus dem Inn- und Oetzthale wird exportirt. Der ehemalige Reichthum an edlen Metallen besteht nicht mehr. Den Hauptreichthum in dieser Beziehung hat jetzt das Land an Salz (Hall), Kohl en und Eisen; doch erreichen die Produkte des Bergbaues (mit Ausuahme von Salz) kaum den Werth von Vg Million Gulden jahrlich, wovon an 3 / 4 auf ararische Werke ent- fallen. Tirol ist im Allgemeinen zwar kein Industriclaiid ; doch lassen sich in dieser Richtung drei Hauptgruppen aufstellen : Vor- a rib erg, Siidtirol mit dem Charakter der italienischen Land- schaft und das iibrige Deutschtirol mit seinen zahlreichen Tha- lern. Vorarlberg hat eine ausgedehnte Industrie, insbesondere eine sehr schwunghafte Baumwollindustrie (an 20 Spinnereien, viele Webereien, Druckereien , Rothfarbereien , Bleich- und Appretur- Anstalten), und ist nachst Niederosterreich und Bohmen der starkste Produzent (Geldwerth der jahrlichen Fabrikate beilaufig 2 Millio- nen Gulden). Fabriksorte sind: (Spinnereien) Kennelbach, Feld- kirch, Burs, Thilringen, Fussach, Bludenz, Dornbirn , Hohenembs, Mehrerau, (Gusswerke) in Dornbirn und Frastanz, (Ma- schinenbau) in Frastanz und Feldkirch, Papier fabrik in Blu- denz, Schiffbau und Verfertigung von Alpenhiitten fur die Schweiz. Die relativ meisten Fabriken sind im Rheinthal und im Wall- gau; auch die Handweberei und Stickerei ist wie im Nachbar- gebiete der Schweiz. In Siidtirol gibt die Seide den Haupterwerb durch die zahlreichen Filanden (uber 800) und Filatorien (iiber 50); dagegen bestehen wenige Etablissements fiir die Verfertigung von Seiden- waaren. Die grosste Filande in der Monarchic ist zu Lizzanella (bei Roveredo), auch die umfassenderen Filatorien sind um Roveredo, Mori, Borgo u. s. w. ; bei Ala bestehen (schon seit dem Jahre 1640) Sammtfabriken. In den iibrigen Theilen von Deutschtirol kommt die In- dustrie nur vereinzelt, hauptsachlich in den Thalern vor, und treten die Leder- und Eisenindustrie verhaltnissmassig am stark- eten hervor; erstere um Roveredo, letztere hauptsachlich im Stubai- thale, dann im Puster- und Fleimserthale und in den sudlichen , in das Venetianische ausmiindenden Thalern. Im Oetz-, Passeyer-, Inn- und Pusterthale kommt die Leinen-Handweberei , die Verfertigung von Lodentuch und Teppichen vor, im Zillerthale und im Pu- sterthale jene der Handschuhe, im Grodnerthale herrscht die Holzschnitzerei und die Spitzenkloppelei. Einzelne dieser wohlfeilen Erzeugnisse kommen sogar zum uberseeischen Export. Bedeutendere Industrieorte im genannten Theile Tirols sind: Imst, Innsbruck, Telfs (fur Baumwollwaaren) ; fiir Metallwaaren : Brixlegg, Achen- rain (Messingwerk) , Stans, Schwatz; endlich kommen Papier-, Tabakfabriken, Zuckerraffinerien u. a. w. vor. Hauptplatze fiir den Handel sind: Innsbruck, Botzen (mit vier stark besuchten Messen), Feldkirch (bedeutender Speditions- handel), Trient (Viehmarkte und Handel mit den Industrie-Erzeug- nissen der Umgebung) , Roveredo (Haupthandelsplatz fiir Seide), Riva (Haupthafen des Garda-Sees, Handel mit Holz, Kohle, Oel und Seide). Der Hausirhandel wird in sehr ausgedehntem Masse betrieben, und man nimmt an , dass bei 30.000 Tiroler mit ein- heimischen Produkten halb Europa durchziehen ; aber mit dem ersparten Gewinne kehrt der Tiroler gerne in die mm Hebe Heimat zuruck. . 88. Das Konigreich Bohinen. 944 n^eilen; 4,705.530 (relativ 4985) Einwohner, iiberwiegend Kat ho liken (etwa 90.000 Protestanten, 76.000 Israeliten); nach der Natio- nalitat uber s / 5 Slawen (Cechen) und nahezu 2 / 5 Deutsche. Grenzen: im N. Preussen, Sachsen, im W. Baiern, im S. Ober- und Nieder-Oesterreich, im 0. Mahren. Boden. Bohmen ist mit Ausnahme des Elbethales (von Pode- brad ab) ein Hochland. Das bohmi sch-mahrische Plate au mit durchgehends wellenformigem Charakter und einer zwischen 1200 2000' wechselnden Erhebung erfiillt den ganzen ostlichen, siidlichen und westlichen Theil des Landes. Im Inneren des Landea ist es gebirgiger als im Osten, es ist der relativ minder fruchtbare Theil, reich mit Waldern bedeckt, erzeugt Getreide, Obst, aber kei- nen Wein und wird nur von der Wittingauer und Budweiser Ebene unterbrochen. Die Moldau durchzieht das ganze Plateau in einem engen felsigen Thale, dessgleichen beinahe alle in die Moldau sich ergiessenden Fliisse, Mit diesem Plateau hangt im Westen der Boh- merwald zusammen, der jedoch ein eigenes Gebirge bildet; cha- " raktenstisch sind dessen langgezogene Rticken, durch Langenthaler von einander getrennt, und die dichten Waldungen. Er erstreckt sich in einer Lange von 28 Meileii bis zur Donau herab, fallt an der bairischen Seite steiler ab und wird in einen hoheren (siid- lichen) und einen niederen (nordlichen) Theil getrennt. Das FTcjL= > telgebirge gehort nur zum geringsten Theile nach Bohmen ; der Fuss dieses Schieferplateaus zieht sich nach Bohmen bis Eger. Durch die Einsenkung nordostlich von Eger ist davon daaE r z- gebirge getrennt, welches nach Bohmen steil abfallt, von vielen Klein en Thalern durchschnitten ist und eine mittlere Kammhohe von 2200' mit einzelnen hoheren Kuppen besitzt. Es ist gut bebaut oder bewaldet und der Sitz eines regen Bergbaues so wie einer leb- haften Industrie. Am rechten Elbeufer ist das LausiLz-er- Plateau (2000'), bestehend aus einzelnen, unzusammenhangenden "hPnpp^n7*H6her erheben sich die parallelen Kamme (durchschnitt- lich 3000') dea laergebirgea^-welchea durch die Einsattlung von Neuwelt vom"~noch hSheren (iiber 4000' hohen) Granitriicken dea Riesengebirgea getrennt ist. (Schneekoppe 5095', Sturmhaube 4666'). Das Kiesengebirge hat den ausgepragtesten Gebirgscharakter ; die Gipfel reichen schon fiber die Baumgrenze hinauf, auf dem brei- ten Rticken kommen sumpfige Wiesen und Knieholz vor, wahrend an dem tieferen Gehange' ansehnliche Waldungen stehen. Das Ad- lergebirgs (Schneeberg 4429') endigt mit der ,,hohen Mense" (3614') und ist durch die Triibauer Einsenkung vom bohmisch- mahrischen Plateau geschieden. Breite Thaler hat Bohmen wenige. Die Elbe bildet zwischen Josephstadt und Leitmeritz, die Moldau erst unterhalb Prag , die Eger die E b e n e von Laun ; Tiefebene ist jedoch bios das erwahnte Elbethal von Podebrad an. Ausser den bereits friiher genannten Ebenen ist die Georgenthaler Ebene im Saazer Kreise vielleicht die am meisten horizontale Flache Bb'hmens. Gewasser. Bohmen erfreut sich eines grossen Wasserreich- thums und gehort fast ganz zum Gebiete der Elbe, welche jedoch sowohl nach der Wassermenge, als der Lange des Laufes und der Grosse des Gebietes von ihrem bedeutendsten Nebenflusse der Moldau iibertroffen wird. Nachst der Moldau ist der wichtigste Nebenfluss die Adler. Vom Fichtelgebirge fliesst ihr die Eger, vom Erzgebirge die Be la zu. Die Iser ergiesst sich, nachdem sie mehrere Zufliisse aufgenommen, oberhalb Alt-Bunzlau in die Elbe. Die Moldau fiihrt die Wasser der Luschnitz, Wotawa, Sa- zawa, Beraun mit zahlreichen kleineren Fliissen zu. Ausser eini- gen unbedeutenden Gebirgsseen im Bohmerwalde besitzt das Land Seine Seen, dagegen im Siiden viele, mitunter grosse Teiche, aber nur einen Kanal, der die kalte Moldau mit dem Muhlflusse (oberhalb Haslach in Oesterreich) verbindet und zum Flossen des Holzes aus den filrstlich Schwarzenbergischen Waldungen benutzt wird. Von Wichtigkeit sind die Torfrnoore im Bohmerwalde. Weltberiihmt sind die ^bohmischen B'ader," welche alljahrlich von Tausenden von Kurgasten aus alien Landern Europas, ja aus den andern Erdtheilen besucht werden. Darunter sind besondcrs be- ruhmt: Karlsbad, Marienbad, Franzenabad, Teplitz, Bilin, Seidschitz, Piillna, Sedlitz, Giesshiibel u. a., deren Wasser auch weithin versendet werden. Politische Eintheilung. Das Konigreich Bohmen wird in 13 Kreise eingetheilt, welchen die Bezirksamter unterstehen. Der Sitz der Statthalterei ist in der Landeshauptstadt Prag (143.000 Ein- wohner). Prag (cechisch Praha) besteht ans vier Stadten, der Alt- und Neustadt, der Kleinseite ond dem Hradschin, und den Vorstadten Smichov und Karolinenthal. So- wohl die herrliche Lage der Stadt an beiden Ufern der schiffbaren Moldau und zum Theil auf den sie begleitenden Anh5hen, als auch die Menge alter und kunstreicher monnmentaler Gebaude zeichnen die altehrwiirdige Residenz der b5hmischen Konige vor den meisten andern Stadten der Monarchie aus. Zahlreiche Palaste, darunter die weitlaufige k. k. Burg, herrliche Kirchen (Metropolitankirche St. Veit, die Teinkirche u. v. a.), die grosse Karlsbrucke und viele historische Monumente gehoren zu den Sehenswurdigkeiten. Die Stadt ist der Sitz der hochsten Landesbehorden und eines Fursterzbischofes. An Bildungsanstalten besitzt Prag die alteste Universitat Deutsch- lands (gegrundet von Carl IV. im J. 1348) mit alien nothigen Hilfsanstalten, die kSnigl. Gesellschaft der Wissenschaften, die Gesellschaft des vaterlandischen Museums (eine Abtheilung bildet die Matice ceska fiir die wissenschaftliche Pflege der bohmi- schen Sprache und Literatnr) und andere wissenschafcliche Vereine, Ferner eine 135 standische technische Lehranstalt, 3 Gymnasien, eine deatsche und eine cechische Oberrealschale, eine hohere Handelslehranstalt, eine Kunstakademie, Conservatorium der Musik u. s. \v. Nicht minder zahlreich sind die Wohlthatigkeits- und Heil- anstalten. Sehr bedeutend ist der Gewerbfleiss dieser beruhmten Stadt und ihrer nachsten Umgebung; die meisten Zweige der technischen Kultur sind rubmenswerth vertreten. Besonders sind die Kattnndruckerei, chemische Prodnkte, Leder, Hand- schuhe, Silberarbeiten, Maschinen, musikalische Spiehverke n. s. w. erwahnenswerth. Prag ist der Mittelpunkt des bohmischen Handels; die grossen Fabriken des Landes halten hier ihre Niederlagen, und die Eisenbahn begnnsiiger, auch den Durchfuhr- handel. In nenester Zeit sind Industrie und Handel dnrch mehrere zeitgemasse An- stalten gehoben worden. Andere bemerkenswerthe Orte *) sind : 1. Prager Kreis: Melnik, Pribram, Bastehrad, Konigsaal, Eule, Beraun, Brandeis, Rakonitz, Schlan, Bohmisch-Brod, Hofowic, Kladno, Alt-Bunzlau ; 2. Leitmeritzer Kreis: Leitmeritz (5500), Theresienstadt, Bohmisch- Leippa, Rumburg, Teplitz, Tetscben, Biirgstein, Bodenbach, Lobositz, Warnsdorf, Haida, Auscha, Aussig, Grauppen, Zinnwald, Raudnitz, Sandau, Nixdorf, Sclionlinde, Schluckenau, Zwickau, Georgenthal; 3. Ji6iner Kreis: Ji6in (oder Gits chin 4500), Hohenelbe, Arnau, Lom- nitz, Jungbuch, Starkenbacb, Trautenau, Chlumetz, Lauterwasser, Neuwelt, Rochlitz, Schatzlar, Semil ; 4. Bunzlauer Kreis: Jung-Bunzlau ("5500), Reichenberg (18.000), Reichstadt, Niemes, Friedland, Liebwerda, Tannwald, Gablonz, Libenau, Turnau, Munchengratz, Hirschberg, Gabel, Kosmanos, Josephsthal, Bohmiscb-Aicha, Eisenbrod, Kratzan; 5. K6niggratzer Kreis: Koniggratz (8000), Josephstadt, Braunau, Koniginhof, Reichenau, Grulich, Senftenberg, Adersbach, Skalitz, Wiesen, Weckelsdorf ; 6. Chrndimer Kreis: Chrudim (6000), Pardubitz, Leitomischl, Hohen- mautb, Policka, Landskron, WHdenschwert; 7. Caslauer Kreis: Caslau ("3500), Kuttenberg, Hampolec, Polna, Cho- tebor, Kladrub, Kaui-im, Kolin, Ledec, Peles, Elbe-Teinitz, Switla, Podebrad ; 8. Taborer Kreis: Tabor (4500), Beneschau, Patzau, Pilgram, Wlasim ; 9. Bndweiser Kreis: Budweis (11.000), Krumau, Neuhaus, Rosenberg, Wittingau, Gratzen, Adolphsthal, Goldenkron; 10. Piseker Kreis: Pisek (6300), Horazdiowic, Bergreicbenstein, Strako- nic, Winterberg, Adolph- und Eleonorenhain, Schuttenhofen, Prachatic ; 11. Pilsner Kreis: Pilsen (12.000) Klattau, Mies, Neugedein, Nepomuk, Taus, Plas, Rokycan, Radnitz, Bischofteinitz ; 12 Eger Kreis: Eger (11.000), Franzensbad, Marienbad, Karlsbad, Elbo- gen, Joachimsthal, Asch, Gottesgab, Schlaggenwald, Graslitz, Konigswart, Flatten, Maria-Kulm, Altsattel, Hirschenstand, Dallwitz, Alt-Rohlau, Pirkenhammer (Ham- mer), Heinrichsgriin, Neudeck, Tachau, Buchau ; 13. Saazer Kreis: Saaz (5700), Brux, Kaaden, Klosterle, Pressnitz, Dux, Bilin, Sedlitz, Pulna, Seidschitz, Komotan. Kulturverhaltnisse im Allgeminen. Ueber 7 / 8 der Gesammtflache Bohmens sind nutzbarer Bo- den; fast die Halfte davon (an 400 CjMeilen) ist fruchtbares, gut bestelltes Ackerland, nahezu V 3 entfallt auf Waldungen , '/ 8 auf Wiesen und Garten und an 60 QMeilen sind Weideland. Die Flache des Ackerlandes ist somit so gross , als jene der iibrigen Kulturgattungen zusammen genommen, und Bohmen nimmt in Be- zug auf den Ackerbau den zweiten Rang im Kaiserstaate ein. Der Brutto-Ertrag der Kornerfrucht, wovon im Jahresdurchschnitt uber 1 l / s Million Metzen exportirt werden, hat einen Werth von mehr als *) Zur Aussprache: c = z; 6 = tsch ; 6 = je; z = gelindes s ; 2 = gelindes sch (= franz. j in jour) ; s = scharfes sch ; r -= rz. 136 90 Millionen Gulden. Geringere Sorgfalt wird der Wiesenkul- tur zugewendet; im Siiden wird viel Klee gebaut. Der Obstbau wird stark betrieben ; der Ertrag deckt nicht nur den bedeutenden Bedarf, sondern liefert auch f'iir den Export nach Norden. Auf gleicher Hohe steht im Allgemeinen derGemusebau, wovon jahr- lich an 50.000 Zentner ausgefiihrt werden. Der Weinbauhat einen beschrankten Bezirk und ist elier in der Abnahme, er liefert ejtwa 13.000 Eimer, darunter die geschatzten Sorten Melniker und Cernoseker. Von besonderer Wichtigkeit ist der Hopfenbau im Saazer- und Leitmeritzer Kreise, welcher nicht nur den ansehn- lichen inlandischen Bedarf deckt, sondern auch sehr gesuchte Waare, die keine Konkurrenz zu scheuen braucht, zum Export bringt. Flach s wird in alien Gebirgsgegenden angebaut und sind in neue- ster Zeit im Riesengebirge wesentliche Verbesserungen im Anbau und in der weiteren Bearbeitung eingefiihrt worden. Der Anbau der Runkelruben wachst fast mit jedem Jahre, Einen grossen Reichthum bilden endlich die Wai dun gen, deren durchschnitt- lichen Holzertrag man jahrlich mit mindestens 3'/ 2 Million Klafter veranschlagt. Den Gesammtwerth der landwirthschaftlichen Produk- tion (mit Ausschluss der Viehzucht) schatzt man im Jahresdurch- schnitt auf beilaufig 190 200 Millionen Gulden. Diese allge- meine Charakteristik erleidet jedoch in dem ausgedehnten Lande mancherlei Abstufungen, insbesondere in Bezug auf die vier nord- ostlichen Kreise Bohmens : Leitmeritz, Jicin, Bunzlau und Konig- gratz oder den ,,Bezirk der Reichenberger Ha ndelskammer.' 4 Ungeachtet der relativ grossen Ackerflache reicht deren Ertrag doch lange nicht hin, den Getreidebedarf dieses Kammerbezirkes zu decken, da in Folge der Lage die durchschnittliche Fruchtbarkeit des Bodens eine geringe, die Bevolkerung dagegen ausserordentlich dicht ist *). Auch das Verhaltniss des Waldbodens ist, trotzdem der Kam- merbezirk vorwiegend Gebirgsland ist, ein auffallend geringes und erklart die Hohe der Holzpreise, was namentlich auf die Rohglas- erzeugung nachtheilig einwirkt. Die Viehzucht steht noch nicht durchgehends auf der wiin- schenswerthen und erreichbaren Hohe; nur die S c h afzucht macht die grossten Fortschritte, denn mehr als die Halfte sind bereits hoch- veredelt. Fur die Pf erdezucht ist das Hofgestiit zu Kladrub wich- tig. Die Zucht des Gefliigels (besonders Ganse und Huhner) ist sehr bedeutend ; im Budweiser Kreise und um Pardubitz die Teich- wirthschaft. Der Wildstand ist gegen fruher sehr gesunken. Wichtig und von Alters her beruhmt ist Bohmens Reichthum an Produkten des Mineralreiches; gait es doch ehemals fiir das gold- und silberreichste Land. Eule liefert noch immer etwas Gold, in PHbram und Joachimsthal wird Silber, in dem ehemals be- riihmten Kuttenberg Kupfer und Blei gewonnen, dann findet man Zinn, Bleiglatte, Eisen, Schw efel u. s. f. Die Aus- beute an Stein kohlen (in Kladno, Radnitz, Nachod, im Bud- *) Im Dnrchschnitte kommen hier anf 1 QMeile iiber 6600 Bewohner ; im Bezirke Warnsdorf uber 19.100, Reichenberg fast 15.740, Starkenbach 11.100, Na- chod iiber 8600 Einwohner auf eine 137 weiser Kreise) betrug im Jahre 1855 an 18 Millionen Zentner, auch Torf wird viel gewonnen. Nur Salz fehlt, Bohmen hat weder Salzberge noch Salzquellen. In den nordostlichen Theilen hat Bohmen einen ansehnlichen Reichthum an Edel- und Halbedelstei- nen ; die zahlreichen Mineralquellen im Nordwesten sind weltberuhmt. Die natiirliche Beschaffenheit des Landes ist auch fur die In- dustrie ausserst gunstig , in manchen Beziehungen vielleicht noch giinstiger als jene von England. Der Reichthum an Waldern, Stein- kohlen und Wasserkraften ist dem englischen ve r hal tnissm as- sig fast gleich; dazu aber kommt in Bohmen die grossere Produk- tion des Bodens und darum viel geringere Arbeitslohne. Bei giin- stigen Handelsverhaltnissen wird Bohmen den besten rheinischen, belgischen und englischen Industriebezirken zur Seite gestellt wer- den konnen. In Oesterreich nimmt es in dieser Richtung unbestritten den ersten Rang ein. Sind auch einzelne Industriezweige im ganzen Lande vertheilt ; so sind doch die Gegenden langs des Erz- und Riesengebirges bis zur mahrisch-schlesischen Grenze, zumeist die Kreise Leitineritz, Bunzlau, Jiein und Koniggratz, welche den Bezirk der Handels- und Gewerbekammer zu Reichenberg bil- den, die Hauptsitze der Industrie. Den ersten Rang mit dem relativ hochsten Ertrage nehmen die beilaufig 150 Fabriken fiir Schafwollwaaren ein, unter de- nen Reichenberg den Hauptsitz fiir Tuche und Wollwaaren bildet. Die Schafwoll-Industrie dieses Kammerbezirkes beschaftigte (im Jahre 1856) iiber 25.400 Arbeiter, und der Gesammtwerth der Produktion erreichte die Hohe von fast 18 Millionen Gulden. Aus- ser Reichenberg sind hierin bemerkenswerth Gablonz, Senftenberg, Bodenbach, Pisek, Klattau, dann viele Orte langs der bohmisch- mahrischen Grenze; tiirkische Miltzen in Strakonic und Pisek. Die Fabrikate haben nicht bios im Inland guten Absatz, sie gehen auch nach Italien, der Levante und nach Nordamerica. Reichenberg ist gleichfalls der Hauptsitz fiir die Kammgarnmanufaktur, welche sich mit grosser Schnelligkeit entwickelt hat. In der Leinenindustrie, welche ihren Hauptsitz gleich- falls im nordlichen und nordostlichen Bohmen hat , steht Bohmen alien Kronlandern voran, wozu sowohl der treffliche Flachs der Sudeten, als die bessere Zubereitung des Rohmaterials und die Ein- iuhrung mechanischer Flachsspinnereien (mit mehr als 52.000 Spin- deln) wesentlich beitragen. Dessenungeachtet zahlt man noch iiber 15.000 Handspinner im Reichenberger Kammerbezirke. Im Ganzen linden iiber 52.000 Arbeiter bei dieser Industrie ihren Erwerb, deren Produktionswerth auf mehr als 24 Millionen Gulden geschatzt wer- den kann. Die bedeutendsten Orte und Bezirke fiir diesen Industrie- zweig sind: Rum burg, Warnsdorf, Starkenbach, Georgswalde, Reichenberg, Hohenelbe, Braunau ; fur die Bandweberei : Taus ; fiir Zwirnwaaren: Schonlinde, Hainspach, Kamniz (im Rei- chenberger Kammerbezirke beschaftigen eich mit der Zwirnerei auf Maschinen 13 Etablissements, mit der Handzwirnerei etwa 1260 Fa- milien); die Sp itzenkloppele i und Stickerei finden sich am starksten ini Erzgebirge (um Gottesgab, Wiesenthal, Pressnitz). 138 Die Baumwollindustrie beschaftiget wohl fiber 80 Fabri- ken mit mehr als J / 2 Million Spindeln, welche iiber 90.000 Ztr. Garn liefern. Der Hauptbezirk dieses Industriezweiges zieht sich gleich jenem der Leinen- und Wollindustrie vom Fichtelge- birge langs des nordlichen und nordostlichen Gebirgssaumes bin, und ist am starksten in der Uragebung von Reichenberg*). Das Garn wird zum grossen Theile zu Kattun verarbeitet , dessen Druck von Prag, Kosmanos, Reichstadt, Bohmisch-Leippa, Hirsch- berg u. a. 0. sehr vortheilhaft bekannt ist. Bedeutend sind in die- ser Industrie: Reichenberg, Hirschberg, Friedland, Warnsdorf, Kru- mau, Neugedein, Asch, Hohenelbe, Bodenbach, Schluckenau, Boh- mischbrod u. s. w. In der Glasfabrikation nimmt Bohmen den ersten Rang auf der Erde ein, trotz der in neuester Zeit aufgetretenen Konkur- renz von England, Belgien und Frankreich, wahrend es friiher un- beschrankt auf dem Weltmarkte herrschte. Unter den 23 Glas- fabriken im nordlichen Bohmen sind die Fabrikate aus Haida, Gablonz, Steinschonau, Neuwelt u. a. O. auf alien bedeu- tenden Handelsplatzen geschatzt. Im Bohmerwalde sind etwa 85 Glashiitten (darunter Eleon o renh ain ), welche viel und gesuchte Waaren liefern. Im Reichenberger Kammerbezirke wird die Roh- g 1 a s - Produktion in 12 Glashiitten betrieben. Die Hiitte zu Kosten (bei Teplitz) erzeugt ausschliesslich Tafelglas, drei andere ordinares Hohl- und Tafelglas, die iibrigen nur Stangen- und Hohlglas fiir die Raffinerien. Neuwelt allein veredelt das eigene Rohglas in den eigenen Schleifwerken. Den Mittelpunkt der Raffinirung des Hohlglases bilden Haida und Steinschonau, welche an 10.000 Arbeiter beschaftigen , und der Produktionswerth betragt iiber 2,600.000 Gulden. Fur die Quincaillerie - Produktion ist Gablonz sammt Umgebung der Hauptsitz, wo nahezu 15.000 Ar- beiter Bijouteriewaaren im Werthe von fast 2,600.000 Gulden er- zeugen. Die kunstlichen Edelsteine, Luster- und Schrnucksteine, Glasperlen , Glaskorallen (worin Turnau gute Waare in grosser Menge liefert) sind weltberuhmt. Fur die Spiegelfabrikation ist am bedeutendsten Burgstein, dann auch Ne uh urkenthal, deren Fabrikate sich eines wohlbegrundeten Rufes erfreuen. Der Gesammtwerth dieser Erseugnisse betragt jahrlich iiber 10 Millionen Gulden und iiber 5000 Zentner gelangen zum Export. Nachst diesen Hauptzweigen der Industrie sind auch fast alle iibrigen Zweige gewerblicher Thatigkeit mehr oder minder vertreten. So verarbeiteten 52 Biiben- zuckerfabriken, welche den Colonialzucker in Bohmen grosstentheils verdriingt haben (im Jahre 1858) an 4,600.000 Zentner Kuben, unter denen Cakowic, Libnowes, Caslau, Schonhof, Postelberg, Konigsaal die bedeutendsten sind. Wichtig sind die Eisenwerke, welche Guss- und Schmiedeeisen, die grossten Maschinen (Prag, lleichenberg, Tannwald und Harzdorf, Miihlwerke, Spinn- und Webe- *) Dieser Kammerhezirk allein zahlte im Jahre 1856 42 Spinner eien mit uber 256.600 Garn- und fiber 8900 Zwirnspindeln, 48 Fabriks- und 2175 kleinere Webereien mit 570 Maschinenstuhlen, 1238 Regulator- und 56.874 gewohnlichen Handstuhlen; dann 25 grfissere Druckfabriken mit 17 Peroutinen, 15 Rouleaux und 2000 Drucktischen ; 5Rothgarnfarbereien,10 grossere Bleichereien, 4 Ban dfabriken. Das Arbeitspersonale betrug nahezu 98.000 Individuen, und der Werth der Produktion belief sich auf mehr als 28 Millionen Gulden. 139 maschinen, Chlumetz Dampfmaschinen nnd landwirthschaftliche Maschinen) nnd die feinsten, elegantesten Gusswaaren liefern (Plass, Pilsen, Hofowic, Alt- und Neu- hutten). In der Lederfabrikation mit einem Werthe von liber 10 Millionen Gulden steht dieses Kronland den ubrigen deutschen und slawischen Provinzen eben- falls voran (Koniginhof, Elbe-Teinitz) ; die Papier fa brikation mit etwa 20 Fabriken und fiber 100 Papiermiihlen (Wran, Arnau, Trautenau, Lauterwasser n. a.), sowie die der chemischen Produkte sind sehr belangreich. Ueber 1000 Bierbrauereien liefern fiber 15 Millionen Eimer Bier, mitunter von vorztiglicher Qualitat (Pilsen, Prag). Dazu kommen die zahlreichen vorzfiglichen Porzellan- und St eingutfabriken (in und urn Karlsbad, Dallwitz, 1'irkenhammer (Ham- mer), Elbogen, Alt-Rohlau, Budweis u. a.), Stahl- und Nfirnbergerwaaren (Nixdorf), Eisenkochgeschirr (Purglitz), Waffen, Handschuhe, Hute u. s. w. Der Gesammtwerth der jahrlichen Industrie-Erzeugnisse in den beilautig 1400 Fabriken und Manufakturen B6hmens diirfte wohl mit 200 Millionen Gulden angenommen werden; berechnete man doch die Produktionswerthe in der Fabriks-Tndustrie des Keicheuberger Kammerbezirkes (mit Ausschluss der Produktion der Kleingewerbe) iui Jahre 1856 mit fast 105 Millionen Gulden C. M. Der Handel Bohmena ist schwunghaft. (Einfuhr etwa 19, Aus- fuhr 20, Durchfiihr 40 Millionen Gulden). Es iniportirt Salz aus dem Salzkammergute iiber Budweis, Kolonialwaaren und Baumwolle meistens aus Hamburg; zum Export gelangen die Erzeugnisse der Landwirthschaft und der Industrie. Ausser den bereits im Betriebe stehenden Eisenbahnen sind noch einige projektirt, darunter die bohmische Westbahn zum Anschlusse nach Baiern (bereita conces- sionirt). An Wasserstrassen ist es im Verhaltnisse zur grossen An- zahl der Fliisse arm, da nur die Elbe von Melnik und die Moldau von Budweis ab fiir Schiffe fahrbar siud. Dagegen hat es treffliche Reichestrassen (iiber 500 Meilen) und mehr ala dreimal soviel gut unterhaltener Landesstrassen. Das Centrum des Strassennetzes bil- det Prag, der Hauptsitz fur den Handel und die Gewerbe mit mehr als 270 Fabriken und Manufakturen, sowie das Centrum des geistigen Lebens in Bohmen mit mehreren Lehranstalten fiir kom- merzielle und technische Bildung. Die Handelskammer, der Gewerb- verein, Geld- und Creditinstitute u. s. w. fordern den materiellen Aufschwung dieses gesegneten Landes. Aus den meisten bedeu- tenden Stadten verzweigen sich zahlreiche Strassen und Kommu- nalwege, und dehnen die Adern des Verkehrs durch das ganze Land aus. . 89. Die Markgrafschaft Mahren. 404 nMeilen; 1,867.100 (relativ 4623 Einwohner); nberwiegend Ka- tho liken (beilaufig 53.000 Protestanten und gegen 40.000 Israeliten); nach der Nationalitat uber 7 / 10 Slawen (Mahrer), sonst Deutsche, einige Kroaten u. s. f. Grenzen: im N. osterr. und preuss. Schlesien, im W. Bohmen, in S. Nieder-Oesterreich und Ungarn, im 0. Ungarn und 6sterreichisch Schlesien. Boden. Mahren ist im Allgemeinen betrachtet eine Hochebene, welche im Westen, Norden und Osten von grosaeren Bodenerhebun- gen eingeschlossen iet, wahrend die tiefaten Punkte in der Mitte des Landea von Norden nach Siiden ziehen. Im Westen senkt sich das wellenformige bohmi sch -mahri s ch e Plateau bis zum Thale der March, welche es vom Adlergebirge trennt. Eine Fortsetzung des Letzteren ist das Gesenke (,,Jesenik u -Eschengebirge) oder das mahrisch-schlesische Gebirge, welches vom Spieglitzer Schnee- berge an der Nordgrenze Mahrens iiber die Einsattlung von Gol- denstein (2000') zum Altvater (4700') streicht und sich bis zum 140 Marchthale herabsenkt. Die siidostlichen, hiigelformigen Verzweigun- gen bilden als Odergebirge den Uebergang zu den Karpathen. Iin Osten sind die mahrischen Karpathen; durch das Thai der obern Becwa in zwei Theile geschieden, namlich : a) die kleinen Karpathen zwischen der March und Waag bis an die Quellen der Becwa , mit einer mittleren 'Kammhohe von 2000' und Kuppen mit uber 3000' (Jawofina 306Q) , im Ganzen steil und mit wenigen Passen nach Ungarn ; b) die Bieskiden in zwei Hauptarmen von Wisoka nordwestlich und westlich. Das Innere des Landes ist eine Fortsetzung des Wiener Tertiar-Beckens, theilweise Hiigel- oder Wellenland, theilweise Ebene. Unter den Thalern ist das b.edeutendste das Marchthal, dann das ,,Kuhlan d ch en" oder das Oderthal , die fruchtbare und weite Hanna siidlich von Olmiitz (die eigentliche Kornkammer des Landes), das pittoreske Thai der Thaya und jenes der T ess (Schonberg), endlich die Thalweitungen der Iglawa, Schwarzawa und Zwittawa. Mahren ist ferners durch grossartige Erdfalle ausgezeichnet, unter denen die Mazocha der grosste in Oesterreich ist; auch hat das Land n'achst dem Karst- lande die meisten Hohlen (Slouper-Hohle mit Tropfsteingebilden, im Nordosten von Blansko, Bejci Skala bei Adamsthal, Tu- raldshohle bei Nikolsburg). Gewasser. Mit Ausnahme des geringen Geaders der Oder, welche ihre Wasser der Ostsee zufiihrt, gehort das ganze Land zum Gebiete der Donau , denn fast alle Gewasser des Landes fliessen der March zu , deren Quellen vom Spieglitzer Schneeberge kom- men und die von Goding ab schiffbar ist. Ihr bedeutendster Neben- flu9s ist die Thaya, zu deren Gebiet der ganze Siidwesten des Landes gehort, und welche die durch die Iglawa und Zwittawa verstarkte Schwarzawa aufnimmt. Die Nebenflusse der March am linken Ufer (Oskawa, Beowa) sind unbedeutend. Die Oder, deren Quellen im Gesenke liegen , nimmt auf ihrem kurzen (etwa 12 Meilen langen) Laufe durch Oesterreich mehrere Bache auf ; ihre eigentliche Bedeutung fiir die Schiffahrt erlangt sie jedoch erst nachdem sie die Monarchic verlassen. Ein paar Bache senden ihre Wasser der Waag zu. Seen hat das Land keine, dagegen ziem- lich viel Teiche; die Zahl und Grosse der Siimpfe an der March, Hanna und Ostravizza vermindert sich fortwahrend. Unter den zahl- reichen Mineralquellen sind die Schwefelquelle zu Ullersdorf (im Tessthale) und die alkalischen zu Luchaeowic (Luchatschowitz) die bekanntesten. PolitischeEintheilung. Der Statthalterei inBriinn istnebst dier Markgrafschaft Mahren auch das Herzogthum Schlesien admi- nistrativ untergeordnet. Bemerkenswerthe Orte sind: 1. Brttnn (59.000 Einw.), Lundenburg, Mahrisch-Triibau, Wischaa, Gross- Seelowitz, Raigern, Bossitz, Oslawan, Eibenschitz, Austerlitz, Blansko, Lettowitz, Auspitz, Boskowitz, Budschowitz, Zwittau; 2. Olmutz (14.000), Sternberg (12.000;, Mahrisch-Neustadt, Schonberg, Wiesenberg, Prossnitz, Prerau, Janowitz, Friedland, Altstadt, Hohenstadt, Komerstadt, Littau, Maglitz; 3. Neutitschein (8000), Fulnek, Weisskirchen, Freiberg, Frankstadt, Mistek, Leipnik, Mahrisch-Ostrau, Walachisch-Meseritsch (Meseric), Bistritz; 141 4. Hradisch (Ungarisch-Hradisch 2500), Kremsier, GSding, Napagedl, Klo- bauk, Gaya, Holleschau, Ungarisch-Ostrau, Ungarisch-Brod, Wisowitz, Bisenz, Pole- schowitz, Straznic; 5. Znaim (6500), Nikolsbnrg, Namiescht, Frain, Krawska, Kromau, Budwitz; 6. Iglau (18.000), Gross-Meseritsch, Teltsch, Trebitsch, Datschitz, Ingrowitz, Neustadtl. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Der grosste Reichthum des Landes liegt in den Produkten der Landwirthschaft. Von der Gesammtflache Mahrens sind iiber 93% produktiv und mehr als die Halfte davon ist dem sorgfaltig betriebenen Ackerbau gewidmet, worin es den ersten Rang un- ter den Kronl'andern Oesterreichs behauptet und bedeutende Quan- titaten an Kornerfriichten exportirt. Auf Waldungen entiallen etwa 25 %, auf Weiden 10 %, die Wiesen und Garten nehmen bei- laufig 33, die Weingarten an 4 QMeilen ein. Hauptfriichte des Ackerbaues sind Hafer und Roggen, an welche sich Gerste und Weizen sowie der geschatzte Spelz in der Hanna anschliessen. Die Runkelriibe gewinnt immer mehr an Ausdehnung, der Kleesamen bildet einen ansehnlichen Ausfuhrartikel, sowie einige Gewiirz- und Apothekerpflanzen. Der fruchtbarste Theil des Landes ist die Ebene der ,,Hanna." Auf die Wiesenkultur wird verhaltnissmassig geringere Sorgfalt verwendet ; die beaten Wiesenprodukte sind in den Flussgebieten der Thaya, Zwittawa und Schwarzawa. Der Ob s t- bau ist am vorziiglichsten im Kuhlandchen, besonders nimmt die Zwetschke einen bedeutenden Platz ein, welche zumeist gedorrt in den Handel kommt. Der Gemiisebau wird sorgfaltig betrieben (Spargel von Eibenschitz). We in wird wenig, aber von ziemlich guter Qualitat in der Gegend von Bisenz, iiberhaupt an den Hii- geln langs der Thaya, von Znaim bis zur March gebaut. Der Hanfbau ist urn Holleschau und Kremsier, Hirse in der Um- gebung von Prossnitz erwahnenswerth ; an M o h n liefert die Hanna iiber 30.000 Metzen, wovon der grosste Theil ausgefilhrt wird. In den Gebirgsgegenden wird trefflicher Flachs in grossen Mengen angebaut. Die jahrliche Holzproduktion belauft sich iiber l J / 4 Mil- lion Klafter. Unter der Viehzucht nimmt jene der hochveredelten Schafe den ersten Platz ein und die mahrische Wolle wird zu den feinsten und gesuchtesten gezahlt. Zudem hat das Land schones Rindvieh; die Hanna liefert starke und schone Pferde und Ganse in gros- ser Menge. Endlich verdient noch die Bienenzucht Beachtungj das mahrische Wachs ist von vorziiglicher Giite. Mahren besitzt kein Kochsalz und keine edlen Metalle; der Bergbau ist auf Eisen, Steinkohlen, Alaun und Graphit beschrankt. An Steinkohlen wurden (1856) 3% Million Zentner gewonnen (in Rossitz, Mahrisch-Ostrau , Oslawan, Trubau, Lettowitz, Bosko- witz, Gaya und Goding), an Roheisen 2% Millionen, an Guss- eisen V 7 Million, an Graphit 20.000 Zentner, im Gesammtwerthe von etwa 2V a Million Gulden. Die Industrie steht in Mahren auf einer hohen Stufe. An Man- nigfaltigkeit der Produkte steht sie zwar der bohmischen nach, doch ist der Werth der Produktion relativ grosser. Die Hauptartikel sindTuch, Leinen und Rubenzucker. Der Hauptsitz der U2 industriellen Thatigkeit ist Brunn. Der bedeutendste Industrie- zweig ist der in Schafwoll waaren, worm Mahren fast die Halfre des Gesammtwerthes der Monarchic reprasentirt, und durch die Menge und Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse von den ordinarsten bis zu den feinsten Qualitaten den ersten Rang in Oesterreich ein- nimmt. Die bedeutendsten Orte sind: Briinn, Iglau (ordinare Waare), Zwittau und Namiest (feine Tiicher), Teltsch, Gross-Meseritsch, Neutitschein und Freiberg, nebat vielen Orten im Gebiete der Baum- wollindustrie. Mahren liefert jahrlich iiber 600.000 Stiick Tuch im Werthe von iiber 25 Millionen Gulden. Die Leinenindustrie bluht im Gesenke und im bohmischen Scheidegebirge. De^ Haupt- sitz ist Schonberg, wahrend Gross-Meseritsch mil seinen Flachsspinnschulen der Reformator der Leinenkultur und Flachs- bereitung genannt werden kann. Weiter sind bemerkenswerth : Stern- berg, Janovie, Mahrisch-Trtibau, die grossartigste Bobbinetfabrik der Monarchic Jst zu Letovic, endlich Briinn, Rumerstadt u. s. w. Die jahrliche Erzeugungsmenge iibersteigt 600.000 Stuck im Werthe von fiber 4 Millionen Gulden. Die Industrie in Baumwoll- und Halb wollstoffen schliesst sich an das Gebiet der Leinen- industrie an, ist in rascher Zunahme begriffen und wird nur von Bohmen iibertroffen. Sie liefert hauptsachlich Barchents, Kannevas und Ttichel. Am schwunghaftesten ist sie in und um Sternberg (iiber 1 Million Stuck), dann in Prossnitz, Zwittau, Trubau, Tre- bitsch und imNordosten zu Mistek, Frankstadt, Braunsberg u. s. w. In der Eisenindustrie liefert Blansko Guss waaren und Maschi- nen, Petersdorf Dampfkessel, Friedland und Witkowitz Maschinen- bestandtheile, Zoptau Eisenbahnschienen. Im Ganzen zahlt Mahren an 115 Eisen- und Schmelzwerke. Auch die Runkelruben- zucker-Erzeugung ist in der Aufnahme, worunter die Fabriken zu Selowitz, Doloplas, Grussbach, Martinitz, Rossitz, Modritz die bedeutendsten sind. Wichtig ist ferners die Fabrikation in Lede,r zu Briinn, Trebitsch, Iglau und Znaim, dann die Rosoglio- und Branntweinerzeug ung, die B ierbrauer ei, Steingutfab- rikation, die Wagen von Neutitschein (Neutitscheinka); minder wichtig die Papier- und Glasfabrikation, Der Handel ist bedeutend, denn es kommen sowohl Rohpro- dukte als Manufakturwaaren zum Export, und die vier Briinner- markte gehoren in letzterer Beziehung zu den besuchtesten in der Monarchic. Olmiitz ist der Hauptstappelplatz fur den Viehhandel (es kommen jahrlich iiber 100.000 Ochsen auf den Markt). Auch der Speditionshandel ist von Bedeutung. Dem Mangel an Wasser- strassen helfen die im Ganzen gut unterhaltenen Strassen und Ei- senbahnen ab, welche das Land durchziehen. Dieses Kronland nimrat sonach in der physischen und technischen Kultur einen der ersten Platze im Kaiserstaate ein, und ist noch fortwahrend im Vorwarts- schreiten begriffen , woran die Briinner Handelskammer redlichen Antheil hat. . 90. Das Herzogtlmm Schlcsien. 93V, QMeile; 443.900 (relativ 4747) Einwohner, uberwiegend Ka- t ho liken (beiliiufig 62.000 Protestanten und an 2500 Israeliten); nach der 143 Nationalitat nahezu die Halfte Deutsche im westlichen Theile , die andere Halfte Slawen (30% Folen, 22% Mahrer). Grenzen: im N. Preussiscb-Schle- sien, im W. die preussische Grafschaft Glatz und Mahren, im S. Mahren, im 0. Cngarn und Galizien. Boden. Schlesien, welches aus zwei getrennten Gebietstheilen besteht, ist im Ganzen ein Hochland, insbesondere ist der westliche Theil sehr gebirgig. Diese Gebirge gehoren theils zum Hauptkamme, theils zu den Auszweigungen desGesenkes; der ostliche kleinere Theil des Landes liegt am Nordabhange der Bieskiden, durch welche der J abl unka-P as s geht, der Schlesien mit Ungarn ver- bindet. (Lissahora 4176', der grosse Baranio 4300'). Die flachen Stellen sind an der Oder und gegen Galizien zu. Von Ben Tha- ( lern sind das Oderthal mit theilweise sumpfigen Ufern, das rechte Ufer der Oppa und das Weichselthal , sowie die fruchtbaren Flachen von Wei'denau, Troppau und Skotschau bemerkenswerth. Gewasser. Schlesien gehort zu dem Gebiete der Ostsee, wo- hin sich die beiden Hauptfliisse Oder und Weichsel ergiessen. Die bedeufendsten Nebenflusse der Oder sind die^)ppa und die Mora, welche durch den westlichen Theil fliessen und die kleine- ren Gewasser aufnehmen ; erstere bilden von Jagerndorf bis zur Einmundung die Reichsgrenze. Auf der rechten Seite nimmt die Oder die Ostravizza und die Olsa auf, welche aus dem west- lichen Landestheile ihr zufliessen. Der wichtigste Nebenfluss der Weichsel ist die Biela, der Grenzfluss gegen Galizien. Nebst ein paar kleinen Seen in den Sudeten hat das Land mehrere grosse Teiche theils im Oder-, theils im Weichselthale. Unter den Mi- neralquellen ist die bedeutendste der Sauerbrunnen Carls- brunn am Fusse des Altvaters. Politische Eintheiliiiig. Schlesien mit der Landeshauptstadt Troppau (14.000), iet der Statihalterei in Briinn administrativ untergeordnet, jedoch unter ausdriicklicher Wahrung der Stellung als Kronland des Reiches mit eigener Landesvertretung. Der politische Chef in Schlesien ist der Landeshauptmann. Bemerkenswerthe Orte sind: Teschen (7000), Bielitz, Jagerndorf, Freivvaldau, Grafenberg, Jauernig, Karwin, Wicgstadtl, Odrau, Wurbenthal, Freudenthal, Zuckmantel, Olbersdorf, Endersdorf, Jablunka, Benisch, Freistadt, Hotzenplotz, Polnisch-Ostrau, Oderberg, Wagstadt. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Von der Gesammtflache des Landes sind nahe an 84 QMei- len, d. i. beilaufig 96 % produktiv, wovon etwa 41 QMeilen auf Aecker, iiber 30 QMeilen auf Waldungen, der Rest zur Halfte auf Wiesen und Garten, zur Halfte auf Weiden entfallen. Trotz des Fleisses und der rationellen Bebauung deckt wegen des rauhen Klimas und der relativ geringeren Fruchtbarkeit des Bodens der Ertrag der Landwirthschaft selbst in ,,guten S. Ungarn und die Bukowina, im 0. Russlaml. Boden. Galizien ist im siidlichen Theile Gebirgsland, im nord- lichen Tiefland , welches zur grossen slawischen (aarmatischen) Ebene Nordost-Europas gehort. Die Bieskiden treten aus Schle- sien in das Land, breiten sich zwischen der Sola und Skava aus und werden durch das Thai des Dunajec von den Central-Kar- p a then geschieden. Letztere sind wildromantische, dichte Walder, deren rauhe Felsgruppen, saftiggriine Matten, Wasserfalle und B Meer- augen" diesem Hochgebirgslande den Charakter grossartiger Alpen- natur gewahren, obwohl keine Gletscher vorkommen und die gali- zischen Centralkarpathen den ungarischen an Hohe nachstehen. Ost- warts vom Popradthale ist das karpathische Waldgebirge (Werchowyna), ein steiler, minder hoher, jah abfallender Gebirgs- zug mit einigen P'assen und kurzen Querthalern. Zwischen den Kar- pathen und der podolischen Landhohe, einem wellenformigen Plateau (urn Lemberg), erheben sich die mazurischen Iliigel, welche das ganze Land von den Vorbergen der Bieskiden bei Boch- nia bis an den Dnjestr erfiillen. Die Tarnowitzer (oder polnische) Platte reicht nur in den Umgebungen von Krakau nach Galizien herein. Jenseits des Dnjestr und der podolischen Landhohe dehnt sich die galizische Ebene aus. Die wenigen Uebergange fiber die Bieskiden sind meistens beschwerlich , somit fur den Ver- kehr von geringerer Bedeutung; wichtig ist der Dukla-Pass im Waldgebirge fur die Handelsverbindungen zwischen Galizien und Ungarn. Klun's Daodels-Geocraphic. 2. Anil. 10 U6 . Galizien ist ein wasserreiches Land. Die zahlrei- chen Fliisse und Bache mit vielen Wasserfallen , welche in den Karpathen entspringen, sind raeistentheils flossbar und ergiessen sich entweder in die Weichsel (Ostsee) oder durch den Dnjestr, den Pruth und den Styr in das schwarze Meer. Die schiffbare Weichsel bildet auf einer grossen Strecke die Reichsgrenze, welche sie bei Popowice verlasst und nimnot in Galizien die Skawa, Sola, die Wisloka, denDunajec (mit dem Poprad), den San und den Bug auf, welche ihr alle Gewasser von Westgalizien zufiihren. Der wichtigste Flues Ostgaliziens ist der Dnjestr, der den Stryi, die Lomnica, den Grenzfluss Podho rce unddenSered nebst sehr vielen kleineren Zufliissen des ostlichen Abdachungs- gebietes aufnimmt. DerPruth ist auf osterreichischem Gebiete, das er bei Nowosielica verlasst, von keiner Bedeutung. Seen hat das Land nicht, dagegen an Umfang zwar kleine, aber sehr tiefe ,,Mee r- augen," und viele fischreiche Teiche, welche einen Gesammt- flachenraum von fast 10 QMeilen einnehmen. Fast alle galizischen Fliisse bilden Siimpfe (Bory-Sumpf in den Centralkarpathen). Unter den zahlreichen Mineralquellen sind besonders bekannt: der Sauerling Szcawnica (am Nordabhange der Tatra), die Schwe- felquellen Konopkavka, Lubien, Sklo u. s. f. Politische intbeilung. In administrativer Beziehung bilden Galizien, Krakau und die Bukowina das Verwaltungsgebiet der Statthalterei in L em berg, welcher auch die Landeshauptstadt Lemberg unmittelbar untersteht. Bemerkenswcrthe Orte sind: 1. Lemberger Kreis: Lemberg (70.000 Einw., an 20.000 Israeliten), Grodek, Janow, Winniki. 2. Zolkiewer Kreis: Zolkiew (5000), Belz, Sokal, iubaczow, Glinsko 3. Przemysler Kreis: Przemysl (5000), Jaroslaw, Jaworow, Sklo, Mosciska, Sieniawa. 4. Sanoker Kreis: Sanok (3000), Dobromil, Lisko. 5. Zloczower >Krei s: Zloczo w.(7000), Brody (18000), Busk, Zatosce. 6. Brzezaner Kreis: Brzezan (8000), Bobrka, Robatyn, Przemyslany. 7. Tarnopoler Kreis: Tarnopol (18000), Mikulince, Zbara2. 8. Czortkower Kreis: Czortkow (4000), Zaleszczyki, Borszczow. 9. Stanislawower Kreis: Stanislau (Stanislawow 12000), Halicz, Tysmienica, Nadworna, Bnczasz, Ttnmacz, Delatyn. 10. Kolomea'er Kreis: Kolomea (13.000), Sniatyn, Kutty, Obertyn, Kossow, Horodenka. 11. Samborer Kreis: Sambor (12.000), Drobobycz, Komarno. 12. Stryi 'er Kreis: Stryi (5500), Kahisz, Bolechow, Dolina. 13. Krakauer Kreis: Krakau (41.000 Einw.), Chrzanow. 14. Wadowicer Kreis: Wadowice (4000), Biala, Auschwitz (Oswiecim), Zator, Lipnik, Kenty, Seybusch (Zywiec^), Mislenice, Andrychau, Swoszowice. 15. Sandecer Kreis: Neu-Sandec (6300), Alt-Sandec, Neumarkt, Zako- pane, Kamienica. 16. Jaslo'er Kreis: Jaslo (2500), Dukla, Krosno. Gorlice, Kolaczyce, Ropa. 17. Rzeszower Kreis: Rzeszow (6300), Przeworsk, Rozwadow, Lancut. 18. Tarnower Kreis: Tarnow (17-000). Dembica, Pilsno. 19. Bochnia'er Kreis: Bochnia (6000), Wieliczka, Podgorze. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Mehr als in irgend einem Kronlande Oesterreichs werden in Galizien alle Interessen des Handels und der Gewerbe, die Regsam- keit des Verkehrs , die Steuerkraft der Gesammtbevolkerung , der Privatkredit, kurz alle Elemente des Nationalwohlstandes dutch die landwirihschaftliche Produktion bestimmt. Von der Gesammt- flache sind fiber 1100 QMeilen produktiver Boden; davon entfallen etwa 650 QMeilen auf Aecker , 350 QMeilen auf Waldungen, 315 QMeilen auf Weiden und an 77 QMeilen auf Wiesen und Garten. Die natiirliche Bodenbeschaffenheit ist dem Ackerbau giinstig, insbesondere die grosse Ebene ira nb'rdlichen und nordost- lichen Theile ; eigentlich steriler Boden ist fast gar nicht vorhan- den. Bin Joch Ackerland liefert in fruchtbaren Jahren 1214, in schlechten 6 8 Metzen Getreide ; im letzten Falle deckt somit die Production nicht den Bedarf, im ersteren uberschreitet sie um ein Bedeutendea das Bediirfniss des Verbrauches. Leider kann dieser Ueberschuss wegen der Entlegenheit von den westlichen Kornmark- ten und wegen Mangels ausreichender Kommunikationsmittel nur selten als Getreide verwerthet werden, sondern muss zum Maisch- bottich wandern, um als Spiritus leichteren Absatz und billigeren Frachtlohn zu erzielen. Dieses gilt jedoch nur von der Produktion des ^grossen Grundbesitzes," denn der eigentliche Bauer produzirt selten uber seinen eigenen Badarf, und die im Allgemeinen niedere Stufe der lotelligenz, auf der sich das galizische Landvolk befindet, ist eines der grossten Hindernisse im Fortschritte der Landwirth- schaft. Die Bestrebungen der galizischen Landwirthschaftsgesellschaft zur Hebung des Landbaues und der landwirthschaftlichen Industrie, die angestrengtesten Bemiihungen der grossen Grundbesitzer, die Wirthschaft zu heben und dem Boden eine grossere Rente abzu- gewinnen, sind bis jetzt vielfach an der Lassigkeit und Arbeits- scheu des Bauers gescheitert , wodurch auch die Arbeit vertheuert wird und die Produktionskosten sich steigern. Es ist jedoch in die- ser Hinsicht Aussicht auf Besserung vorhanden. Einerseits wird die Aufhebung der Kobot nach und nach die freie Thatigkeit for- dern und andererseits werden die im Baue begriffenen Eisenbah- nen (galizische Karl-Lud wigs-Bahn) , denen wohl auch die nothwendige Regulirung der schiffbaren Fliisse (Dnjstr, "Weichsel, San und Bug), so wie die Schiffbarmachung der bis nun flussbaren folgen wird, den Handel in Landesprodukten beleben und heben. Ausser den Cerealien produzirt das Land an Han del 8- pflanzen: Tabak (uber 100.000 Zentner), Flachs und Hanf, Mohn, Khabarber, Raps u. a. w. Der Gartenbau ist noch in der Kind- heit, nur beim Obstbau ist ein erfreulicher Fortschritt bemerkbar. Der W a Id stand ist im Ganzen ziemlich bedeutend; im Rzeszo- wer Kreise wird der Holzhandel schwunghaft betrieben, es wird viel Schiffbauholz nach Danzig exportirt. Der Tarnopoler und der Czort- kower, zum Theil auch der Bochnia'er und Krakauer Kreis leiden hingegen mitunter Holzmangel. Die Waldungen im Kammerbezirke Brody bestehen zumeist aus Eichen und Buchen, und werden fast nur fur den eigenen Bedarf an Brenn- und Bauholz ausgebeutet. D)r Kohlen- und Holzhandel nach dem Westen so wie auf dem 10* 148 Dnjestr hat bis jetzt die wunschenswerthe Ausdehnung noch lange nicht erreicht. Die Viehzucht bildet nachst der Feldwirthschaft die Haupt- nahrungsquelle der Bewohner. Die Zucht von Pferden, Schafen und Borstenvieh erfreut sich keiner besonderen Ausdehnung, obwohl das Land in neuerer Zeit yiel dauerhafte Pferde erzeugt, und die ver- edelte Schafzucht im Aufnehmen ist. Die Branntweinbrennereien befassen sich mit der Mastung von Rindvieh, welches auf dera Olmiitzer Markte Absatz findet. Die Bienenzucht wird vorziiglich in den Kreisen Tarnopol , Zolkiew , Przemysl , Stry und StanisJaw gepflegt. Der Honig wird zumeist zum Methbrauen (Lemberg) ver- wendet, das Wachs gelangt in den Handel. Gefliigel wird in gros- ser Menge gezogen ; sehr ergiebig ist die Fischzucht ; die Jagd hin- gegen bietet nicht mehr den ehemals gekannten reichen Ertrag. Unter den Produkten des Bergbaues nimmt das Salz den ersten Rang ein. Das unerschb'pfliche Salzflotz dehnt sich vonWie- liczka bis in die Bukowina im Halbkreise aus, und Salz wird vor- zuglich zu Wieliczka und Bochnia bergmannisch zu Tage gefordert. Die jahrliche Ausbeute betragt uber 2 Millionen Zentner. An Steinkohlen wurden im Jahre 1856 an 1 / 2 Million Zentner gewonnen. Die Gebirgegegenden im Sandecer , Samborer und Stryi'er Kreise sind zudem reich an Eisenerz, zu dessen Bearbei- tung mehr als 20 Schmelz- und Eisenhammerwerke bestehen. Aus- serdem liefert das Land etwas Silber, Blei, Kupfer, Zink, Schwefel, Kreide u. s. f. Mit der Hebung der Landwirthschaft halt auch die Beniitzung der Naturschatze und die Verwerthung der Arbeitskrafte zu industriellen Zwecken gleichen Schritt und ist ein Aufschwung in der Industrie insbesondere in jenen Zweigen bemerkbar, welche landwirthschaft- liche Produkte verarbeiten. Einzelne Gewerbe, namentlich im west- lichen Theile, sind im bluhenden Zustande ; aber eine selbstandige, von der Urproduktion des Landes unabhangige Fabriksindustrie hat sich noch nicht herangebildet, trotzdem die Bedingnisse hierzu im Lande nicht fehlen. Der Reichthum an Flachs und Hanf begiinstigt die Leinenindustrie in den westlichen Kreisen, wo auch Da- mast und feinere Waaren erzeugt werden , wahrend die mittleren und ostlichen Kreise ordinare Sorten, Packleinwand, Segeltuch, Seilerwaaren (in Radymno) fabriziren. Komarno liefert den be- sten Zwillich, Jaroslaw den grossten Theil fur den Bedarf der Militarverwaltung. Die bedeutenderen Orte fur diese Industrie sind : Kenty, Biala, Dukla, Tarnow, Rzeszow, Lancut, Przemytl, Zloszow, Tarnopol, Andrychau, Jordanow und Gorlice. Die meisten Bleichen sind im Ropa-Thale (Gorlice), zu Krasiczin, Lancut u. s. f. Die Sackleinwand wird haupteachlich nach Ungarn, Russland und der Moldau exportirt. An der Erzeugung von Leinen-, Hanf- und Sc haf wollge web en (letztere zu Halina-Tuch) sind vorzugsweise die kleinen Grundbesitzer zur Winterszeit betheiligt , in den Stad- ten bestehen Weberzunfte. Eine Spezialitat der Wollenindustrie bil- det die im Kreise Przemysl fabriksmassig betriebene Erzeugung von Bethmanteln (Tales). Die Spiritus-Erzeugung bildet den 149 Hauptzweig gewerblicher Thatigkeit. In den letzten Jahren ist die- ser Geschaftszweig zwar im Abnehmen , dessenungeachtet ist er noch immer sehr bedeutend, da er z. B. im Lemberger Kammer- bezirke (1854 1856) im Durchschnitte jahrlich an 180.000 Eimer (dreissiggradig) lieferte (gegen 225,000 Eimer in den Jahren 1851 bis 1853.) Auch im Kammerbezirke Brody ist er im Abnehmen (im Jahre 1856 fiber 211.000 Eimer). Die Bierbrauerei ist in Gali- zien im Allgemeinen von geringer Ausdehnung und gleichfalls in der Abnahme, Wichtig ist die Lederfabrikation mit dem Hauptsitze zu Bole chow (Kreis Stry), wo, sowie in den zahlrei- chen Garbereien der Kreise Stry, Zolkiew, Przemysl, Sanok, Sam- bor und Stanislaw, Loh-, Alaun- und Samiech-Leder, dann Juch- ten, im Kreise Kolomea (zu Kutty) hingegen vorwiegend Korduan- leder erzeugt wird. In der Runkelriibenz u c k e r - Fabrikation nimmt Tlumacz den ersten Rang in der Monarchic ein; es verar- beitete (in der Campagne 1857 1858) nahezu % Million Zentner Ruben; auch Lancut ist bedeutend. Weiters werden erzeugt: Tuch (in Mikulince, Brzezany, Zolkiew, Jaroetaw, Biala u. a. O.) ; Glas ordinare Sorten zu Sokal, Milkow und in mehreren Glashiitten; die westgalizischen Papiermuhlen erzeugen zumeist ordinares Biittenpapier , im Kammerbezirke Brody bestehen drei grossere Etablissements. Die Erzeugung von Pottasche vermin- dert sich ; dagegen gewinnt die Theer-, Terpentin- undCam- ph in -Erzeugung an Bedeutung; fur Baumwoll- und Galan- teriewaaren, far Stearinkerzen, Zundholzch en, Surro- gat-Kaffee u. s. w. bestehen vereinzelte Etablissements. Die Me tall-Indus trie (mit Ausnahme einiger Kupferbammer) ist verhaltnissmassig unbedeutend; sie ist zumeist durch Kleingewerbe vertreten und beschrankt sich auf ordinare Waare. Im Betriebe der Kleingewerbe ist kein wesentlicher Aufschwung bemerkbar; dagegen hat der Besuch eowohl der Volksschulen als der Real- und Handel sschulen in den letzten Jahren an Ausdehnung sehr gewon- nen, wodurch ein Aufschwung in der technischen Kultur in siche- rer Aussicht steht. Der Handel erstreckt sich zumeist auf die Au sfuhr von Rohprodukten , als : Getreide, Salz, Holz, Rindvieh, Wachs und Honig, auf ordinare Webe- und Seilerwaaren; auf den Transit der osterreichischen Industrie-Erzeugnisse nach Russland und auf die Einfuhr von Manufakten und Kunstprodukten. Der Holzhandel auf den Flussen Bug, San, Dnjestr und Pruth ist sehr bedeutend, und sieht noch einer grosseren Entwickelung entgegen , wenn die Karpathenwaldungen mit Hilfe der zahlreichen Gebirgsbache zur Ausnutzung gelangen werden. Von Wichtigkeit ist der Verkehr von Brody mit Russland. Als Zollausschluss vermittelt Brody einen bedeutenden Absatz von Manufakten aus England und dem Zoll- vereine nach Russland; aus Oesterreich werden dorthin exportirt: Sensen (2y 2 Million Stiick), ungeschliffene Glaswaaren, Glasperlen, Leinwand , Handschuhe und Weine. Die Hauptartikei der Einfuhr aus Russland bilden Schafwolle, Unschlitt, Felle, Haute, Leder und Ge- treide. Der Jahrmarkt zu Ulaszkowce (Kreis Czortkow) ist fiir den Verkehr von Getreide, Vieh und Manufakten (Schnittwaaren) von Bedeutung und wird auch vom Auslande besucht. Auf die Ausdehnung und Verbesserung der Kommunikationsverbindungen wird gegenwartig grossere Aufmerksamkeit verwendet. . 92. Das Hcrzogtluim Bukowina. 189V, [DMeile; 456.920 (relativ 2410) Einwohner; uberwiegend nicht- nnirte Griechen (an 36.000 Katholiken, bei 10.000 unirte Grie^hen, 8000 Pro- testanten, 15000 Israeliten) ; nach der National! tat etwa 48% Ruthenen, 40% Komanen, 6%Dcutsche, nahezu 4% Israeliten und 2/ entfallen auf Polen, Magya- ren, Zigeuner u. s. w. Grenzen: 4m N. Galizien, im W. Galizien, Ungarn, Siebenburgen, fm S. die Moldau, im 0. die Moldau, Russland. Boden. Die Bukowina ist im Ganzen ein Hochland, nur am Dnjestr und am Pruth ist Tiefland; zwischen diesen Fliiasen befin- det sich ein wellenformiges Plateau, das vom Dnjestr-Ufer rasch aufsteigt, dagegen zum Pruth sich langsam herabsenkt. Am rechten Pruth-Ufer findet wieder eine rasche Stufenerhebung statt. Diese terrassenformige Erhebung der Flussthaler wiederholt sich noch beim Sereth und bei der goldenen Bistritz. Im Westen des Landes erheben sich die Karpathen, die theils Auslaufer des Waldgebirges, theils des siebenbiirgischen Hochlandes sind, die Schneegrenze zvvar nicht erreichen, aber die Waldregion iiberragen, grosstentheils mit dichten Waldern bedeckt sind, ihre hochsten Spitzen jedoch nicht im Lande haben. Groseere E ben en besitzt das Land nicht, son- dern nur mehr oder minder erweiterte Flussthaler , die bedeu- tendste ist bei Eadautz an 4 QM. gross* Einige Jochtibergange fuhren in die Nachbarlander. Gewasser. Das an Naturschonheiten reiche Landchen wird von mehreren Fliissen fast parallel von West nach Oat durchflos- sen, doch werden diese bis jetzt noch nicht als Wasserstrassen be- niitzt. Alle Flusse der Bukowina gehoren zum Gebiete des schwar- zen Meeres. Mehrere derselben sind im Sommer wasserarm, im Friihlinge und nach starken Eegengiissen tibersteigen sie hingegen ihre Ufer und richten bieweilen arge Verheerungen an. Der Dnjestr bildet im Norden die Grenze und ist die einzige benQtzte Wasser- strasee. Der wichtigste Landesfluss ist der Pruth, dann der Se- reth, welchem ausserhalb der Monarchic die Suczawa, die Moldawa und die goldene Bistritz aus der Bukowina zuflies- sen. Das Land hat keine Seen; einige Teiche liegen zwischen dem Pruth und dem Dnjestr. Das Klima ist im Ganzen zwar rauh aber gesund, mit starken , vorherrschenden Sommerregen und Som- mergewittern, worauf ein langerer angenehmer Herbst folgt. Politische Eintheilung. Die Bukowina mit derLandeshaupt- stadt Czernowitz (26.000 Einwohner) ist administrate der Statt- halterei in Lemberg untergeordnet, jedoch unter ausdriicklicher Wahrung der Stellung als Kronland des Reiches mit eigener Lan- desvertretung. Der politische Chef ist der Landeshauptmann. Bemerkenswerthe Orte sind: Suczawa, Sereth, Kadautz. Kimpolang, Kirlibaba, Jakcbeny, Nowosielitza, Patna, Sadagora, Schipat. _8L_ Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Beilaufig 94% der Gesammtflache konnen zum produktiven Boden gerechnet werden ; doch entfallen davon 47/ al f Walflun- gen, von\ denen ein grosser Theil noch unbeniitzt ist. Dem Acker- lande gehoren etwa 36, den Wiesen und Garten an 29 und den Weiden an 26 QMeilen an. Das eigentliche Kulturland Hegt ioi nordostlichen Landestheile zwischen dem Dnjestt und ! Pruth (an 24 QMeilen), wo der Fefdbau betrieben wird. Nur der W gr6ssere Grundbesitz" und der mit Landeigenthum dotirte Klerus , so wie die fremden Ansiedler haben eine ratiorjelle Bewirthschaftung und landwirthschaftliche Reformen eingefiihrt ; der Bildungsgrad des Bauers ist' ein sehr geringer, die Zahl der Volksschulen verhaltniss- raassig sehr kleirt, daher die Landwirthschaft im Allgemeinen viel- fach unbefriedigend. Trotz der unvollkommenen Bearbeitung gibt der fruchtbare Boden doch ein lohnendes ErtrS-gniss. Die Haupt- frucht bildet der Mais (die ,Mamaliga*' Maiskuchen , ist eine allgemein verbreitete Speise des Landmannes) , der fiber 60% des Ackerlandes einnimmt; doch werden davon noch bedeutende Quan- titaten aus der Moldau und Bessarabien eingefiihrt. Diesem zunachst steht der Hafer; von geringerem Umfange ist der Roggen- und Weizenbau. Die Produktion an Gerste im Dnjestrgebiete reicht nicht einmal fiir den Bedarf der Branntweinbrennereien und Bier- brauereien aus. Der Hanf- und Flachsbau deckt nur nothdiirftig den eigenen Bedarf. Die Wiesenkultur steht noch auf sehr un- tergeordneter Stufe. Die Obstbaumzucht entspricht nioht den gunstigen klimatischen Verhaltnissen des Lancles ; veredeltes Obst findet man nur in Sradten und bei den deutschen Colonisten ; namentlich Aepfel, Weichseln, Wallniisse undPflaumen. Der Wein- bau ist kaum nennenswerth , da nur in der Gegend von Suczawa eine sehr gewohnliche Sorte vorkommt. Auch die ViehzucHt, fur deren Gedeihen die giinstigsten Be- dingnisse vorhanden sind, hat nicht die wiinschenswerthe Ausdeh- nung. Die Pferdezucht im k. k. Militargeatute zu Radautz (2000 Stiick) nimmt den ersten Rang in Oesterreich ein, dagegen wird sie von den kleineren Grundbesitzern arg vernachlassigt. Aus- gedehnter wird die Hornviehzuch t betrieben, so wie jene der gemc-inen S chafe; doch ist auch jene der edleren bereits im Stei- gen. Die Wolle der letzteren wird nach Preussisch-Schlesien und Mahren abgesetzt. Die Zucht der Ziegen, Schweine und des Geflii- gels deckt den Bedarf; die Bienenzucht steht auf einer sehr primitiven Stufe trotz aller natiirlichen sehr gunstigen Bedingnisse. Der Verbrauch an ungebleichtem Wachs ist (durch den griechisch- nichtunirten Cultus bedingt) sehr stark und wird durch die Lan- desproduktion kaum gedeckt. Mit Ho nig wird ein ansehnlicher Handel betrieben. Die Jagd ist sehr ergiebig; die Fischerei hin- gegen hat gegen ehemals abgenommen. Die Industrie in der Bukowina ist kaum im EntsteHen, selbst die kleineren Gewerbe sind auf einer noch vielfach primiitiven Stufe. Das Kapital und die Arbeitskraft sind verhaltnissmassig theuer, die Bildungsstufe der Bewohner eine geringe, die Kommunikatioo 152 noch sehr ungeniigend. Am ausgedehntesten ist die Branntwein- brennerei, an welche sich die Verarbeitung einiger landwirth- schaftlicher Produkte anschliesst, ohne jedoch die Hohe einer selbst- standigen Fabriksindustrie zu erreichen. Die Bierbrauereien decken nicht den Bedarf; die Pot t aschensiederei wird nicht mehr in der friiheren Ausdehnung betrieben. In der Eisenindustrie nimmt Jakobeny und die dazu gehorigen Hammerwerke einen be- achtenswerthen Rang ein. Die Gewinnung des Waschgoldes aus der ,,goldenenBi8trica" nimmt stets ab und ist hochst unbedeu- tend ; das Silbergewerkin Kirlibaba erzeugt nur 3 400 Mark Silber ; zu Poczoritta mit der Bergkolonie Louisenthal wird K. u- pfer gewonnen. Salz gewinnt man ebenfalls nicht hinreichend fur den Bedarf, die bedeutendste Saline ist zu Kaczika , welche an 20.000 Zentner liefert. Fabriksmassig werden betrieben die zwei P a p i e r fabriken zu Radautz und Wasskouz, die M asc ni- ne n- und die Broncefabrik in Czernowitz, ferner drei Glashut- ten (Fiirstenthal, Czudin und Serecel) ; Suczawa liefert Saffian und Korduan. Der Handel beschrankt sich fast ausschliesslich auf Rohpro- dukte, als: Getreide, Branntwein, Schlachtvieh , Holz, Rohhaute, Wolle und Pottasche. Von Wichtigkeit ist der Grenzverkehr nach Bessarabien und der Moldau, zunachst der GrenzortFolticzeny (in der Moldau) wohin auch osterreichische Fabrikate jahrlich im Werthe von 3 / 4 Millionen Gulden exportirt werden; auch der Transit nach Galizien, Ungarn und Siebenbiirgen ist belangreich. Jahrmarkte werden in Czernowitz, Suczawa, Sereth, Radautz, Sada- gura, Kimpolung, Wiznitz und Bojan abgehalten. . 93. Das Kftnigreich Dalmatien. 232 OMeilen; 404.500 (relativ 1740) Einwohner, uberwiegend Katho- liken (an 80.000 Griechen, einige wenige Protestanten und Israeliten) ; nach der Nationalitat iiber */i Slawen (Kroaten, Serben, Morlaken), dann Italiener, Deut- sche. Grenzen: im N. die kiistenlandische Militargrenze, das adriatische Meer, im W. das adriatische Meer, im S. das adriatische Meer, die Turkei, im 0. die Turkei. Es wird zweimal vom turkischen Gebiete, das bis an das Meer reicht, in der Art unterbrochen, dass der Kreis Ragusa nirgends an 6sterreichiscb.es Gebiet grenzt. Boden. Dalmatien ist ein Terrassenland , welches, so wie die zahlreichen vorgelagerten Inseln, zum Karstgebiete gehort. DerHoch- rand streicht aus der kiistenlandischen Militargrenze nach Dalma- tien unter dem Namen V e 1 e b i c , auf einer langeren Strecke als Kronlandsgrenze ; mehrere parallele Gruppen ziehen in eiidost- licher Richtung, erheben sich jedoch nirgends iiber die Mittelhohe (,,dinarische Alpen"). Vom Urlica-Berge bei Knin (an der drei- fachen Grenze von Dalmatien, Militargrenze und Turkei) zieht sich der eine Zug als Reichsgrenze gegen die Turkei in siidostlicher Richtung (Dinara 5700'), bei Sebenico erhebt sich das Tartaro- Gebirge, sudlicher das Moss o r-Gebirge. Hier beginnt ein eigent- liches Bergland mit zahlreichen fruchtbaren Mulden und Thalfurchen. Gegen die Kuste haben die Berge zumeist einea sehr steilen Abfall, der vielfach zerkluftet und zerrissen ist. Die Jura-Kalkformation des Festlandes von Dalmatien findet sich auf den Inseln vor, welche nur eine Fortsetzung der Gebirge des Festlandes sind, und gross- tentheils mit diesem parallel laufen. Das Land besitzt keine aus- gedehnte^n Ebenen, die fruchtbarsten flachen Strecken sind bei Trau und Spalato , bei Macarsca und Cattaro. Das Karstland hat keine grosseren offenen Thaler, doch kommen auch hier die cha- rakteristischen muldenformigen Einsenkungen im Karstboden zahl- reich vor. Unter den Einsattlungen, welche aus Dalmatien nach der Militargrenze fuhren, ist jene von Popina (zwischen dem Velebic und der Urlica) fur den Verkehr die bedeutendste. Sehr reich ist endlich das Land an Engpassen und Hohlen, mit pracht- vollen Stalaktiten (Aeskulap-Grotte im Snjznica-Berg, grotta di Ver- licca, Risano, auf Meleda u. s. f.). Gewasser. Dalmatien ist im Ganzen arm an fliessendem Ge- wasser; es hat nur vier grossere und mehrere kleine Flusse. Die Quellen derselben liegen im Verhaltnisse zu ihrem kurzen Laufe hoch, daher ist das Gefalle grosstentheils stark, was nebst mehreren Wasserfallen ihre Bedeutung fur die Schiffahrt vermindert. Mit Aus- nahme der Narenta sind die grosseren Flusse in hohe Felsenufer eingeengt, welche einen natiirlichen Schutz gegen Ueberschwemmun- gen bilden. Die kleineren Flusse trocknen zur Sommerzeit im Kalk- boden ganz aus. Die bedeutenden Flusse sind: 1. Die Zermagna aus der Licca, hat ein starkes Gefalle bis Obrovazza, eine mittlere Breite von 20, wird vom Meere bis Obrovazzo mit kleinen See- schiffen befahren und miindet bei Novigrad. 2. Die K e r k a ent- springt in der Nahe von Knin, bildet auf ihrem etwa 8 Meilen Ian- gen Laufe mehrere Wasserfalle (den bedeutendsten bei Scardona), und miindet nordlich von Sebenico ins Meer. Von ihrer Mundung bis zum Wasserfalle bei Scardona wird sie selbst bei niederem Was- serstande von Seeschiffen mit 30 50 Tonnen, zwischen den Was- serfailen mit Kahnen zu Thai und zu Berg befahren. 3. Die Ce"- tina kommt fast vom Fusse des Dinara, fliesst anfanglich zwischen niederen Ufern , iiber die sie haufig hinaustritt und Ueberschwem- mungen verursacht; spater ist der Fluss bis zur Mundung bei Al- missa in steile Felsen eingeengt und bildet den imposanten Wasser- fall bei Duare. Er wird nur vom Meere bis Vissech ('/ 2 Meile weit) von kleinen, flachen Schiffen befahren, 4. Die fischreiche Narenta entspringt im Grenzgebirge zwischen Bosnien und der Herzegowina (Berg Weljak), tritt bei Metkovich, bis wohin sie von ihrer Mundung (unterhalb Fort Opus) mit Segelschiffen von 100150 Tonnen be- fahren wird, nach Oesterreich. Durch Regulirung des Flussbettes k5nnte die Narenta zum Flossen des Schiffbauholzes aus der Herze- gowina benutzt werden. Die Landseen Dalmatiens sind (mit Ausnahme des salzigen Sees von Vrana) periodische Seen, d. h. sie bestehen nur zur Re- genzeit und trocknen im Sommer ganz oder zum Theile aus. Be- deutendere Seen sind: der Boccagnazzo, nordlich von Zara, des- sen hohere Stellen im trockenen Zustande kulturfahig sind; derNa- din, Prolosaz u. s. w. Auch die von den Fliissen gebildeten, verhaltnissmassig zahlreichen Sumpfe, welche eine Flache von beilaufig 23.600 osterreichischen Jochen einnehmen , trocknen im 154 Sommer aus. An Mineralquellen hat Dalmatian nur den schwachen Gesundbrunnen bei Verlicca und das kalte Schwefelwas- ser bei Spalato. (Das adriatische Meer siehe Seite 101.) Politische Eintheilung. Dalmatien mit der Landeshauptatadt Zara untersteht der Statthalterei in Zara. Bemerkenswerthe Orte sind: 1. Zara (7500 Einw.), Scardona, Sebenico, Knin, Novigrad, Nona, Obrovazzo , Dernis. Die Inseln Arbe, Pago. 2. Spalato (11.000), Salona, Almissa, Makarska, Trau, Sign, Metkovich, Fort Opus. Die Inseln : Brazza, Lesina, Lissa. 3. Ragusa (5000), Stagno, Slano. Die Halbinsel Sabioncello. Die Inseln: Curzola, Lagosta, Meleda. 4. Cattaro (2000), Castelnnovo, Budua, Castel Lastun. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Erwerbsquellen der frugalen Dalmatiner sind Ackerbau, Viehzucht, Fischfang, Schiffahrt und Handel ; im Ganzen bietet je- doch dieses Land kein erfreuliches Bild der Volkswirthschaft. Sind auch die Bewohner geistig reich begabt und ist das Klima ein ausserst mildes , so geniigt doch die Produktion nicht fiir den Be- darf. Der Ackerbau befindet sich in Dalmatien, trotz der vielfachen Bemiihungen der Landwirthschafts-Gesellschaft, in einem traurigen Zustande ; der Grundbesitzer bezieht ein hochst geringes Einkom- men von seinen Grundstiicken. Nur die Halfte der gesammten Bo- denflache ist kultivirt und von dieser entfallt etwa y io auf den Weinbau; die andere Halfte nehmen unkultivirte Weidegriinde, Siimpfe, Seen, Fliisse u. s. w. ein. Dem Wiesen- und Garten- bau sind nur an 2'/ 3 QM. zugewandt, etwas mehr kommt auf die Oliven-, Lorbeer- and Kastanienwalder *),. Die Hauptfriichte sind Mais und Gerste ; die wichtigeren Han- delspflanzen anderer Kronlander werden gar niclit, Hanf und Flachs nur seh? wenig angebaut; dasAckerland wird vielfach zugleich mit Oelbaumen und Reben bepflanzt. Das Hauptprodukt des Lan- des ist der Wein, doch iet er durchschnittlich von geringem Werthe ; ausgezeichnet sind nur die vielen Sorten von Dessert- Wei- .nen (Sebenico, Almissa). Zun'achst steht das Olivendl, da der Olivenbaum langs der Kiiste sehr verbreitet ist, und hierin behaup- tet Ragusa den ersten Rang. Auch Feigen, Mandeln und das Jo- hannisbrot gedeihen gut , vorziiglich aber die Steinvveichsel (Ma- rasca), aus welcher der bekannte Maraschino-Liqueur gebrannt wird. Die Viehzucht steht gleichfalls auf sehr niederer Stufe ; nur die der Forstkultur nachtheilige Ziege ist sehr verbreitet, deseglei- chen das gemeine Schaf, dessen Wolle filr die Bedurfnisse der Na- tionaltracht verwend'et wird. Die Stallfutterung , der Anbau von *) Als Ursachen dieses unbefriedigenden Zustandes des Ackerbaues werden ange- geben: Mangel an Arbeitskriiften, Annuth der Colonen und kleineren Grundbesitzer, die geringe Stufe der Bildung unter den Morlaken, deren A in Norddeutschland , Wurttem- berg und Hessen ; endlich kleinere christliche Sekten zumeist im Norden, . 101. Bodenverhaltnisse and Klima im Allgemeinen. Deutschland ist der mittlere Hauptkorper Europa's, In hori- zontaler Richtung dehnt es sich von Norden nach Suden (150 M.) fast ebenso weit aus als von Westen nach Osten (140 M.). Es ist tin Kontinentalland , dessen Meeresgrenzen nur etwa J / 4 des Ge- sammtumfanges betragen, und die Kiistenentwickelung ist verhaltniss- massig eine geringe (1 M. Kiiste auf 72 QM. Flache). Nach der vertikalen Erhebung des Bodens zerfallt es in drei Partien: das sudliche Alpenland, die Hochebene Mit- teldeutschlands und die germanisc h e Ti ef eben e in Nord- deutschland. Das erste erstreckt sich von der Schweiz bis nach Ungarn mit der Hauptabdachung nach Osten , die zweite , mit einer nordlichen und nordwestlichen Abdachung von den nieder- i heinisch - westph'alischen Gebirgen und den Vogesen bis zu den Karpathen, die dritte, mit der Abdachung nach Nordwest, ge- hort zum grossen europaischen Tieflande, welches sich im Westen und Siiden der Nordsee bis an die sarmatische Ebene hinzieht, von welcher es durch die Weichsel geschieden wird. Die Alp en bilden die Scheidewand zwischen dem germa- ni?chen und romanischen Kulturleben. An ihrem Fusse dehnt sich die bairische Hochebene (1500') hin. Die mitteldeutsche, an alien Agrikulturprodukten reiche Hochebene wird hie und da von Ge- birgen durchzogen , deren mittlere Kammhohe nur bis 2000' reicht, in dessen die Hochebene nur mehr an 600' iiber dem Meere sich erhebt. Die norddeutsche Ebene mit einer Flache von 7000 d^' liegt nur wenig uber, in einzelnen Strichen im Nordwesten sogar unter der Flache des Meeres, gegen dessen Andrang das Land durch Dunen und Deiche geschiitzt werden muss. In dieser Ebene ziehen sich hie und da einige unbedeutende Hiigelreihen, an deren Fusse sich dQrre Haiden oder Moore zeigen ; nur an den Ufern der be- deutenderen Fliisse findet sich fruchtbares Marschland *). *) Dunen = Sandhugel; Deiche = Erdwalle; Gast- oder Geestland = Sandflachen, welche Moore umgeben oder dnrchzichen, mit Haidekraut fiberwach- sen; Marschland = fruchtbar, niederer als Geestland ; Werfen = (310' hohe) AnhShen im Marschland. 186 In der bairischen Hochebene und noch mehr in den norddeut- schen Niederungen finden sich Siimpfe und Moore vor ; zwischen der Weser und Elbe grossere und an der Oder kleinere Haide- strecken, doch haben deutscher Fleiss und deuteche Intelligenz manchen von diesen unproduktiven Flachen Nutzen abzuringen verstanden. (Die Gebirge Deutschlands siehe . 25.) Das Kliiua. Deutschland nimmt in den klimatischen Ver- haltnissen eine Mittelstellung ein, da es in der Mitte der gemassig- ten Zone von der Armuth des Nordens fast ebenso weit entfernt ist, als von der iippigen Fiille des Siidens. Die mittlere Jahreswarme ist im Ganzen ziemlich gleichmassig (8 9 R-) , und diese Gleich- fbrmigkeit wird dadurch noch erhoht, dass die Erhebung des Bo- dens nach Siiden zunimmt, wodurch die Unterschiede zwischen dem tiefliegenden Norden und dem hochliegenden Suden zura grossen Theile ausgeglichen werden. Es bildet den gliicklichen Uebergang vom Kflstenklima Westeuropa's zum kontinentalen Klima von Ost- europa, Im Westen ist die mittlere Jahreswarme grosser als im Osten unter gleichen Breitengraden. Die Winde haben vorherr- schend eine siidwestliche, im Winter eine nordostliche und ostliche Richtung. Die mittlere Regenmenge betragt 25", in den Al- penlandern fallt im Herbste, in Mitteldeutschland im Sommer der meiste Regen. Im Durchschnitte ereignen sich an einem Orte 19 Ge witter, die meisten im Sommer, doch herrscht hierin ein gros- ser Unterschied (Niederschlesien hat 29, Niederosterreich 8 Gewit- ter im jahrlichen Durchschnitte). Im Ganzen ist das Klima gesund, fur die Vegetation zutraglich und der Wechsel der Jahreszeiten ziemlich regelmassig. . 103. Gewiisser. A. Das Meer. Deutschland grenzt an drei Meere: an die Nordsee, die Ostsee und das adriatische Meer. Besitzt auch die Ost- see in einer Lange von 83 Meilen eine grossere Kustenlange als die beiden andern zusammen (Nordsee 36, Adria-Meer [deutscher Antheil] 40 Meilen); so ist doch die Nordsee, mit der kleineten Kustenlange, fiir den Verkehr und den Handel Deutschlands von der grossten Bedeutung. Die Kustenentwickelung der Nordsee, ihre Verbindung mit der grossen Verkehrsstrasse des atlantischen Oceans, die bedeutenden einmundenden Flusse , welche als Adern die Verkehrslinien bis tief in das Herz der gewerbreichen, yon einer intelligenten Bevolkerung dicht bewohnten Hinterlander ziehen, der freieste Verkehr, der sich in den bedeutendsten Stadten (Ham- burg, Bremen) an den grossten einmundenden Flussen (Elbe, We- ser) entwickelt hat; diess alles iibt den wohlthatigsten Einfluss auf die Kulturverhaltnisse und den Handel Deutschlands aus, und macht die Nordsee zu einem ,,deutschen Meere," welches von der Ems- bis zur Eider-Miindung Deutschland bespult. Die nieder gelegenen Kiisten finden einen natiirlichen Schutz in den vorge- lagerten sandigen Eilanden und Watten (Untiefen), und einen kunst- 187 lichen in den Diinen und Deichen. Die Watten sind allerdings auch ein Hinderniss fur die Schiffahrt, weil z wise hen ihnen haufig nur fiir kleinere Schiffe Fahrwasser ist, doch werden die Haupt- kanale bezeichnet. Die bedeutenderen Busen werden durch die Einmiindungen der Fliisse Ems (Dollart-Busen), Jahde,Elbe und Eider gebildet. Die Ostsee oder das baltische Meer begrenzt Deutsch- land vom Eiderkanal bis an die Westgrenze der Provinz Preussen und bespiilt die letztgenannte nicht zum deutschen Bunde ge- horige Provinz bis nordlich von Memel. Sie hat eine mittlere Tiefe von 120', an einzelnen Stellen auch iiber 300', bei der Insel Bornholm 480', keine Ebbe und Fluth, wenig Salzgehalt, daher eine geringere Tragkraft, und friert im strengen Winter leicht zu. Be- merkenswerth ist die stete Abnahme des Wassers. Die wenig ge- gliederte Kiiste ist sandig und nieder (doch hoher als jene der Nord- see), und hat nur wenige grosse gute Hafen. Die Schiffahrt ist wegen der Untiefen und der haufigen Stiirme nicht gefahrlos. Die Ostsee ist die Verkehrestrasse fiir Deutschlands Handel von und nach Russland und den nordischen Staaten. Eine Eigenthumlich- keit der siidlichen Ostseekiiste sind die Strandseen ,,Haf f" genannt, und die ,,Nehrun gen," welche aus den Sandablagerungen der einmiindenden Fliisse durch den Wellenschlag zu Erdzungen ver- bunden werden. Die bedeutenderen Busen sind: der S c h 1 e s- w i g e r Busen , die Lubecker Bucht (Mundung der TraveJ, der Busen von Greifswalde (Bodden) , die Swinemiin- d e r - Bucht (mit dem kleinen und grossen Stettiner Haff) ; in der Provinz Preussen die D a n z i g e r - Bucht mit dem ,,fri- schen Haff" und Memel, in sudwestlicher Richtung das ku- rische Haff. Das adriatische Meer (siehe Oesterreich . 76, S. 101). B. Gewdsser des Festlandes Die Fliisse Deutschlands ergiessen sich in vier Meere: die Nord- und Ostsee, das adriatische und schwarze Meer. Die bedeutendsten sind: die Donau, der Rhein, die Elbe, die Weser, die Weichsel, die Oder, der Niemen, die Etsch mit ihren Neben- fliissen. Ferners zahlreiche Kiistenflusse, als: die Ems, die Eider, Trave, Pregel, Isonzo u. s. f. (Siehe topische Geographic . 43.) Seen. Der Siiden und der Norden Deutschlands sind reich an Flussseen, dagegen hat Mitteldeutschland keine Seen im eigent- lichen Sinne. Die meisten Seen sind in Siiddeutschland auf beiden Seiten der Alpen, demnach in der Schweiz, Baiern und Oesterreich. Deutschlands bedeutendster See ist der Bodensee, das ,,deutsche Meer," an welchem sich funf Staaten (Oesterreich, Baiern, Wurttem- berg, Baden und die Schweiz) zu gegenseitigem Verkehr und Han- del die Nachbarhande reichen, und der von zahlreichen Dampfachif- fen befahren wird. Ueber 1200' iiber dem Meere gelegen ist er an ^Va DM- gross, wovon % auf die deutschen Staaten und % auf die Schweiz entfallen. Ausser diesem eind in Baiern der Wai- 188 chen-, Amtner-, Tegern-, Chiem-See nennenswerth. In Norddeutsch- land sind Holstein, Mecklenburg und Pommern reich an Seen (Ploner-, Eutiner-, Schaal-, Schweriner-, Plau-, Miiritz-, Tol- len-See, der Ruppiner-See in Brandenburg u. e. w.). Insbesondere geben die vielen kleinen Seen in Poramern und die Strandseen langs der Ktiste der Ostsee der Gegend einen eigenthiimlichen Charakter. Die meisten Sumpfe und Moraste kommen im norddeut- schen Tieflande, hauptsacblich in Oldenburg und Hannover, dann in Mecklenburg und der preussischen Provinz Brandenburg, doch auch zum Theile auf der schwabischen und bairischen Hochebene vor. Kan tile. Der bedeufendste ist der Lud wigs -Kanal (23 Va M. lang) zwischen Donau und Main in Baiern (Bamberg, Erlangen, in die Altmuhl und miindet bei Kehlheim in die Donau); Finow- Kanal zwischen der Oder und Havel; der Mul Iroser- Kanal (oder Friedrich - Wilhelms - Kanal) zwischen der Spree und Oder; der Br omb erger -Kanal zwischen der Weichsel und Netze (Warthe, Oder); der Eider-Kanal aus dem Kieler Fjord in die Eider bei Rendsburg (Verbindung zwischen Ost- und Nordaee) ; der Wien er-Neustadte r- Kanal zwischen Wiener-Neustadt und Wien etc. . 103. Kultnrverhaltnisse im Allgemeinen. Deutschland ist im Allgemeinen ein sehr fruchtbares Land. Der mit vielem Fleisse bebaute Boden bringt alle Erzeugnisse der mittleren gemassigten Zone hervor. Die Grundlagen des National- wohlstandes sind der Ackerbau, die Viehzucht und in man chen Gegenden der Bergbau. Die Laiidwirihschaft wird in den meisten Landstrichen sehr rationell betrieben, wozu die zahlreichen landwirthschaftlichen Ver- eine, Unterrichtsanstalten und Zeitschriften nicht wenig beitragen. Insbesondere steht der Ackerbau, wo die Bodenbeschaffenheit es nur immer zulasst, in hoher Bliite, er liefert alle Arten von Getreide in hinreichender Menge, selbst zur Ausfuhr. Die nord- deutsche Ebene ist nebst der osteuropaischen die Kornkammer Europa's. Einer gleichen Sorgfalt erfreut sich die Viehzucht. Die vor- trefflichen Pferde aus Mecklenburg, Holstein, Westphalen sind all- bekannt; die Rindviehzucht ist besonders in den Marschlandern des Nordens hochst bedeutend, das ostfriesische und holsteinische Vieh wird am meisten geschatzt. Einen ausserordentlichen Auf- schwung hat die veredelte Schafzucht genommen, sachsische und echlesische Wolle wird sogar der spanischen vorgezogen. Die all- getnein verbreitete Schweinezucht ist in Baiern und Westphalen bedeutend, der westphalische Schinken geniesst grossen Ruf. Die Bienenzucht ist, mit Ausnahme der Liineburger Haide, minder verbreitet. Dem Seidenbau ist das Klima nicht gunstig, doch macht er in Preussen beach ten swerthe Fortschritte. Mannigfaltig eind die Produkte des Mineralrciches. Die Wissenschaft des Bergbaues ist recht eigentlich von Deutschland 189 ausgegangen. Von Deutschland und namentlich von Sachsen, vom Erzgebirge aus, ist nicht allein die erste grundliche Kenntniss der Mineralien zu den ubrigen Volkern Europa's gekommen; sondern noch jetzt dient der deutsche Bergbau andern Volkern zum Muster, und Russen, Spanier und Portugiesen haben erst durch deutsche Bergleute den rechten Betrieb ihrer sibirischen und amerikanischen Schatze kennen gelernt. Bietet auch der Bergbau auf edle Me- talle eine relativ minder reiche Ausbeute, so sind andernseits bei- nahe alle Gebirge reich an Blei, Kupfer oder Eisen, vorziiglich an brennbaren Fossilien und an Salz. Ferner besitzt Deutschland an 1000 Mineral quellen, von denen sich mehrere eines ausgebreite- ten Rufes erfreuen. Trotz der mancherlei Hindernisse, welche sich dera deutschen Gewerbfleisse entgegenstellten, hat die gewerbliche Thatigkeit doch eine hohe Stufe erreicht. Steht der deutsche Kunstfleiss auch nicht auf gleicher Hohe mit dem durch mancherlei Vortheile be- gunstigten Britanniens, so kommt er doch dem franzosischen und belgischen nahe. Viele Erfindungen im Gebiete der Technik wur- den von Deutschen gemacht (Leinpapier, Taschenuhren, musikalische Instrumente, Porzellan u. a.), manche Zweige der Industrie sind von Deutschen zur hochsten Vollkommenheit ausgebildet (Glas-, Eisen- und Stahlfabrikation), die Erfindungen anderer Nationen fanden in Deutschland bald Eingang, zum Theile auch Verbesse- rung, so dass gegenwartig deutsche Industrie uberall einen ehren- vollen Platz behauptet. Manufakturen und Fabriken aller Art sind zahlreich vorhanden ; eine Menge von Lehranstalten und Vereinen verbreiten und fordern technische Kenntnisse und Fertigkeiten ; Gewerbehallen, Gewerbekammern, Gewerbe- Ausstellungen , Kredit- und Assekuranz - Ges ells chaf ten uben einen wohlthatigen Einfluss auf die deutsche Industrie. Die industriellsten deutschen Lander sind: Schlesien, Sachsen, die Rh einpr ovinz, Franken, Schwaben, Thiiringen, Westphalen, Brandenburg. Die altesten und wichtigsten, zugleich fast uberall verbreiteten deutschen Ge- werbe sind die Leinen- und Wollenweberei. Die Baumwollindustrie hat namentlich in Sachsen einen ausserordentlichen Aufschwung ge- nommen. Die deutschen Eisenwaaren, besonders Waffen, Klingen und die preuesischen Gusseisen - Waaren gehoren zu den vorziig- lichsten ; das deutsche PorzelJan zeichnet sich durch Schonheit der Masse , durch Zierlichkeit der Form und die Malerei aus ; die Niirnberger- Waaren sind nicht bloss wegen ihrer Wohlfeilheit welt- beriihmt. In alien Zweigen gewerblicher Thatigkeit finden wir in Deutschland ein entschiedenes Vorwartsschreiten. Deutschland ist durch seine Lage in der Mitte von Europa und an drei Meeren, durch die Richtung der zahlreichen schiff- baren Flusse, durch die Mannigfaltigkeit und den Reichthum seiner Naturprodukte, und ganz besonders durch die gewerbliche Thatig- keit, die hohe geistige und sittliche Kultur der Bewohner zu einem fur Handel und Verkehr sehr giinstigen Lande geschaffen. Aller- dings steht Deutschland in Folge seiner mehr oder minder geschlos- senen Meere dem britischen Reiche, Frankreich, den Vereinigten 190 Staaten' von Nordamerika und Holland im Welthandel nach ; dage- pen ist es der natiirliche Vermittler des Landhandels zwischen dem Westen und Oaten, dem Norden und Suden Europa's. Die Indu- strie und der Handel sind durch die Errichtung des Zollve reins und den Abschluss von Zoll- und Handelsvertragen ungemein ge- fordert worden. Die trefflichen und vislen Landstrassen, die wach- sende See- und Flussschiffahrt, das dichte Netz der zahlreichen deutschen Eisenbahnen und Telegraphen, die Banken, Borsen, Kre- ditanstalten, Assekuranz- und Handelsgesellschaften , Konsulate, Handelskammern, Handelsschulen, Messen u. s. w. sind wichtige Beforderungsmittel fur den Handel. Ein noch schoneres Bild weiset uns die geistige Kultur Deutschlands. Ein gewisser Grad allgemeiner Bildung herrscht im ganzen Volke wie in keinem andern Lande, und an strengwissen- schaftlicher Entwickelung wird es von keiner der gebildetsten Na- tionen iibertroffen. Die Zahl der meist trefflich organisirten Bil- dungsanstalten ist grosser als in irgend einem Lande , und uberall finden wireinen stetigenFortschritt. Deutsche Intelligenz," ,,deutsche Wissenschaft und Kunst" sind keine Redensarten, sie sind anerkannte Thatsachen in dem Leben dieses grossen Kulturvolkes. Rechtsge- fuhl und Treue, religiose Innigkeit des Germithes, Forschbegierde, Grundlichkeit und Auedauer kennzeichnen den deutschen Mann, ob er in die Tiefen der Wissenschaft sich versenkt, oder auf dem Ge- biete der materiellen Interessen fur die Ehre und den Wohlstand seines Vaterlandes arbeitet. Auf diesen festen Grundlagen ruht die Hoffnung auf den geistigen und materiellen Fortschritt des Ge- sammt-Vaterlandes. B. Die einzelnen Staaten Deutschlands*). A. Sildliche Staaten. . 104. Das Konigreich Baiern. 1388 n Meilen ? 4,600.000 (relativ 3393) Einwohner, iiber 3 Millionea Katholiken, an l'/2 Million Protestanten, iiber 60.000 Israeliten ; nach der Nationa- litat fast ausschliesslich Deutsche (in der Pfalz etwa 3500 Franzosen). Oest- licher Theil: 1280 QM., last 4,000.000 (relativ 3125) Einwohner; west- licher Theil (Pfalz): 108 QM., fiber 600000 (relativ 5650) Einwohner. Grenzlander des dstlichen Theil es: sachsische und reussische Lande, feach- sen, Oesterreich, Bodensee, Wiirttemberg, Baden, Hessen; des westlichen Theiles: Hessen, liheinpreussen, Baden, Frankreich. Konstitutionelle Erbmonar- chie in der mannlichen und weiblichen Linie des romisch-katholischen Hauses W i t- telsbach. Boden. Von der meist gebirgigen oder doch wellenformigen Oberflache des bairischen Staates entfallt ungefahr die Halfte auf das Bergland. Im sildlichen Theile erhebt sich das bairische Hochland (die Algauer-, Tiroler- und Salzburger-Alpen) ; die ost- liche Grenze macht der bairische Wald; von Norden erstrecken sich der Frankenwald und das Fich telgebir ge in das *) Die B deutschen Kronlander des Kaiserthums Oesterreich" kommen bei Oester- reich, das n Herzogthum Holstein-Lauenburg" bei Dan em ark, das n Gross- herzogthnm Luxemburg" und das B Herzogthum Limburg" bei den B Niederlan- d e n" vor. 191 Land; im N. W. liegen die Rhon und der S peas art; von W. ziehen Verzweigungen der Rauhen-Alp, der Spessart und der Steigerwald in das Land. Das Hauptthal des Landes, das der Donau, erstreckt sich von Westen nach Oaten; siidlich von der Donau erhebt sich das Land bis zu den Alpen und bildet eine wenig fruchtbare Hochebene, nur die unteren Gegenden an den Ne- benfliissen der Donau sind ebener und fruchtbarer. Hugeliger, mil- der und fruchtbarer sind die Gegenden nordlich von der Donau ; die Mainufer aber gehoren zu den schonsten in Deutschland. An den Ufern der Donau, der Isar und derAmtner ziehen sich stellen- weise meilenlange Siimpfe und Moore ( M Moose") hin, theilweise sind sie mit niederem Nadelholze bewachsen ; doch sind die Donau- ufer im Allgemeinen fruchtbar. Die Pfalz (Rheinbaiern) wird von den Vogesen, dem Hardt und dem Donnersberge durch- zogen. Die sudlichen Gegenden Baierns haben wegen der Nahe der Alpen und der bedeutenden vertikalen Erhebung ein rauhes K 1 i m a , in Mittelfranken, in den Thalern des Main und des Rhein jedoch das mildeste in Deutschland. Gewasser. Die bedeutendsten Flusse des Landes sind: 1, Die Donau, welche Baiern von Westen nach Oaten durchfliesst ; sie nimmt auf der rechten Seite die Iller , den Lech , die Isar und den Inn mit der Salzach, und auf der linken die AltmQhl, die Naab und den Regen auf. Von Ulm ist sie schiffbar, und von Donau- worth ab beginnt die Dampfschiffahrt. 2. Dir Main fliesst von Osten nach Westen, nimmt am rechten Ufer die Rodach, die fran- kische Saale und die Kinzig, am linken die Regnitz und die Tau- ber auf und wird ebenfalls von Dampfschiffen befahren ; dem Rhein in der Pfalz fliessen zu: die Lauter, die Queich und die Nahe; zum Geader der Weser gehoren die Fulda und Ulster, zum Elbe-Geader die Eger und die sachsische Saale. (Siehe auch . 44.) Die bekanntesten Mineralquellen sind: Steben in Ober- franken, Kissingen, Briickenau und Wipfeld in Unterfraaken, Neu- markt in der Oberpfalz, Reichenhall in Oberbaiern. Baiern hat viele, mitunter sehr fischreiche Seen und Teiche namentlich im Siiden (in Schwaben und Oberbaiern). Der Bodensee, der Ammer- , Starenberger- , Chiem- (der grosste) , Konigssee. - Die wichtigsten Kanale sind: der Ludwigskanal (Miin-Donau, Bamberg-Kehlheim) und der Frank enthaler-Kanal (Stadt Fran- kenthal mit dem Rhein.) Politische Eintheilung. Baiern wird in acht Kreise ein- geth ilt. Die Reichshaupt- und Residenzstadt des Koniges ist : Munch en (132.000 Einw.) an der Isar, aaf einer Hochebene, eine der schon- sten Stadt e Deuischlands und wegen der vielen, durcli Konig Ludwig ausgefuhrten Prachtbauten, sowie wegen der reichen Kanstschatze jeder Art eine der sehenswer- thesten. Unter den grossartigen Bauwerken sind hervorzuheben : der neae Saal- und KOnigsbau mit herrlichen enkaustischen und Frescogemalden und Erz-Standbildern, der Wittelsbacher Palast, die Glyptothek, die alte und die neue Pinakothek, die Ar- kaden des Hofgartens, die Allerheiligenkirche, die Ludwigskirche, die Basilika, die gothische Kirche in der Vorstadt Au, das Bibliotheks-, das Ausstellnngs- und das Universitatsgebaude, das Siegesthor, am Ende der Theresienwiese die Buhmeshalle mit der kolossalen Bavaria u. a. m. Zahlreiche Statnen und Standbilder u. s. w. Akademie der Wissenschaften, Universitat (von Landshut 1826 hieher verlegt), grosse 192 Bibliothek (nachst der Pariser die grosste mit 800.000 Banden und 22.000 Hand- schriften), Sammlung von Alterthutnern, polytechnisches Central-Museum fur Baiern, Akademie der Kiinste, reiche Kunstsanimlungen, viele Sanitats- und Humanitats- Anstalten. In industrieller Beziehung sind wichtig: die Institute fur mathema- tische nnd astronomische Instrumente, Steindrnckerei (bier erfunden von Sennefelcler 1796), grosse weltberuhmte Erzgiesserei, Glasmalerei, beruhmte Maschinenfabrik (von Maffei in Hirschau), ausgedehnte Bierbranerei u. s. w. In der Nahe die konigl. Lust- schlosser Nymphenburg (k. Porzellanfabrik) und Schleissheim (landwirth. Centralschule). Bemerkenswerthe Orte sind : 1. Oberbaiern (309 D M - 750.000 E.), -Munchen (132.000), Nymphen- burg, SchleissLeim, Freising, Ingolstadt, Reichenhall, Rosenheim, Berchtesgaden, Benediktbeuern, Miihldorf; 2. Niederbaiern (195 QM., 555.000 E.), Landshut (11.000), Passau (12.000), Straubing, Oberzell, Hafnerzell, Kehlheim ; 3. Oberpfalz nnd Regensburg (175 n M -> 475.000 E.), Regensburg (26.000), Stadt am Hof, Donaustauf, Amberg; 4. Sckwaben undNeuburg (173 QM., 560.000 E.), Augsburg (40.000\ Nen-Ulm, DonanwQrth, Neuburg, Kempten, Memmingen, Kaufbeuern, Nordlingen, Oettingen, Solnhofen, Lindau; 5. Oberfranken (125 QM., 500.000 E.), Bayreuth (20.000), Bamberg (22.000), Kulmbach, Forchheim, Wunsiedel, Hof; 6. Mittelfranken (139 Q M M 530000 E.), Ansb ach (12.000), Nurnberg (54.0CO), Furth (18000), Erlangen (12.000), Eichstadtl, Schwabach, Weissenburg, Windsheim, Rothenburg, Spalt. 7. Unterfranken und Aschaffenburg (162 pM., 590.000 E.), Wnrz- burg (30.000), Aschaffenburg, Schweinfurt, Ochsenfnrt, Kissingen, Oberzelt, Kitzingen. 8. Pfalz Oder Rheinbaiern (108 QM., 600000 E.), Speyer (12.000), Germersheim, Ludwigshafen, Frankenthal, Anweiler, Landau, Nenstadt an der Hardt, G6llheim, Kaiserslautern, Zweibriicken, Obermoschel. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die wichtigste Erwerba- und Nahrungsquelle der Bewohner des Konigreiches Baiern ist die Landwirth^chaft in ihren ver- schiedenen Zweigen. Namentlich wird der Acker bau, dem fast die Halfte der Gesammtflache gewidmet ist, eifrig betrieben ; er lie- fert durchschnittlich noch erhebliche Mengen zur Ausfuhr nach der Schweiz und Tirol. Am ergiebigsten ist er in Niederbaiern, Franken, Schwaben und in der Pfalz. Der Anbau von Hulsenfriichten , Ge- muse und Kilchengewachsen (um Bamberg) ist vom Belange. Unter den Handelspflanzen nimmt der Hopfen den ersten Platz ein, ins- besondere in Mittelfranken ( B Spalter Stadtgut"), Oberfranken und Schwaben. Die ausgedehnten Gerstenfelder der bairischen Hoch- ebene und die Sorgfalt fiir den Hopfenbau sind die Bedingungen fur die schwunghaften Bierbrauereien. Hanf und Flachs werden in geniigender Menge gebaut, am vorziiglichaten ist der Flachsbau bei Nordheim, der Hanfbau in der Pfalz. Tabak wird in der Pfalz und in Mittelfranken (um Nurnberg) stark gebaut; im Jahresdurch- schnitte betragt die Ernte 240,000 Zentner, wovon fast 2 / 3 auf die Pfalz und iiber '/ ? auf Mittelfranken kommen. Pfalzer- Tabak geht sogar nach Amerika. Der Obstbau liefert reichen Ertrag, selbst zur Ausfuhr (Pfalz, Franken, amBodensee). In der Pfalz, am Main, in Ober- und Mittelfranken und am Bodensee wird atich dieWein- kultur betrieben und liefert fiir den Export nach Thiiringen und Sachsen, Die Wiesenkultur hat in neuerer Zeit ansehnliche 193 Fortschritte gemacht. Grossen Reichthum hat das Land an Wai- dun gen, welche fast 30% der Gesammtflache bedecken. Die Viehzucht 1st nachst dem Ackerbaue der wichtigste Zweig der bairischen Landwirth8chaft ; eie deckt nicht bloss den inlandi- schen Bedarf, es kann Vieh auch auagefuhrt werden. Die Rind- viehzucht ist am ausgebreitetsten in den Alpengegenden. Die Schweinezucht von Ober- und Niederbaiern, auf der Rhon und im Spessart erfreut sich eines besonders gunstigen Rufes. Die be- aten Pferde sind in Niederbaiern und Mittelfranken. Veredelte Schafzucht ist in Mittel- und Unterfranken auagebreitet und wird durch die landwirtbschaftliche Lehranstalt in Schleissheim, welche jahrlich 100 Merinos widder an die Besitzer von Schafereien abgibt, praktisch gefordert. Die Bienenzucht ist in der Pfalz und in Franken sehr bluhend, auch beginnt die Pflege der Seiden- raupen an Ausdehnung zu gewinnen. Unter den Produkten des Mineralreiehes besitzt Baiern re- lativ am meisten Eisen und Salz; ersteres wird von besondereu Gate in der Pfalz (Kaiserelautern) und in Oberfranken (Wunsiedel), doch nicht ausreichend fur den Bedarf gewonnen ; letzteres in den konigl. Salinen, worunter die grosaten zu Reichenhall , Berch- tesgaden und Traunstein sind, dann in Rosenheim, Kissingen, Orb, Dikkheim. Auch gewinnt das Land etwas Kupfer, Blei, Galmei, Zink, Quecksilber und Schwefel ; in Oberbaiern, Oberfranken und der Pfalz Stein- und Braunkohlen, aber nicht in ausreichender Menge; viel Torf in Schwaben, Oberbaiern und in der Oberpfalz. Marmor, Alabaster, Kalkateine und Gyps findet man in Oberbaiern , Mittel- franken und Schwaben, schone Porzellanerde bei Passau und in der Pfalz, lithographische Steine bei Solnhofen, schone Bausteine (Kehlheimer Flatten), Graphit bei Passau, und Siegelerde. Die gewerbliche Thatigkeit stand im Mittelalter auf einer sehr hohen Stufe der Ausbildung ; spater wurde Baiern von andern deutschen Staaten (Sachsen, Preusaen, Oesterreich) uberfliigelt ; in neuerer Zeit hebt sie sich wieder und mehrere Zweige erfreuen sich bereits eines ehrenvollen Rufes. In Rheinbaiern besteht Gewerbe- freiheit, in den andern Theilen ein Concessionssystem. Am bedeu- tendsten ist die Industrie in Ober- und Mittelfranken, doch kommen eigentliche Fabriken raeistentheiJs nur in den grosseren Stadten vor. Die Baum woll-Indust rie hat zwar an Ausdehnung und Vervollkommnung gewonnen, doch befriedigt sie nicht den inlandi- schen Bedarf. In der Spinnerei sind hervorragend: Augsburg, Hof, Kempten, Schweinfurt und Zweibrucken. Die weitere Verar- beitung des Games ist in Mittelsorten nicht unbedeuteud. Die We- berei ist besonders in den kleinen Landstadten verbreitet, am be- deutendsten jedoch in Munchen, Augsburg (treiflicher Kattun hier und in Kaiserslautern) , Hof und Nordlingen (schone Tuche, Tep- piche, Strurnpfwaaren u. 8. w.)- Der Import in Baumwollstofl'en isc ziemlich gross. Die Leinweberei liefert meist grobere Waare, feinere wird importirt. Der Damast von Augsburg, Munchen und der Pfalz wird im Handel geschatzt. Die Seidenw.aaren von Munchen, Augs Klua's Uaudels-Geograpbie. 2. Aufl. | ; 194 burg und Umgebutfg eind nicht von Belang. Die Papier fa briken zu Augsburg, Nurnberg, Aschaffenburg, Neustadt an der Hardt, Filrth erzeugen schemes buntes Papier, aber feinere Papiersorten werden aus dem Auslande bezogen. In Papiermache'-Arbeiten zeich- net sich Nurnberg , in Tapeten nebst Nurnberg auch Schweinfurt aua. Die Industrie in Holzwaaren bildet in manchen Ge- genden einen bedeutenden Erwerbszweig und liefert fiir den Export. Beriihmt sind die Berchtesgadner Schnitzwaaren, die Drechsler- und Kurzwaaren aus Nurnberg, Erlangen, Fiirth u. s. w. Der Schiff- bau wird in Kehlheim, Regensburg, Speyer, Wiirzburg und Passau lebhaft betrieben. Als eigentliches Nationalgewerbe kann die all- gemein verbreitete Bierbrauerei angesehen werden. An 5000 Brauereien erzeugen jahrlich iiber 10 Mill. Eimer Bier, das wegen seiner sehr geriihmten Qualitat nach alien Richtungen ausgefuhrt wird. Die Gerbereien sind sowohl wegen der grossen Anzahl als wegen der Giite der Erzeugnisae von Wichtigkeit, die meisten sind in Schwaben und Franken. Das Kalbleder von Bamberg wird sebr geschatzt, dessgleichen die feinen Lederarbeiten von Niirnberg ; Augsburg, Wurzburg und Fiirth. In der Metallwaaren- In- dustrie ist jene in Eisen am ausgedehntesten und in der Zunahme. Hieher gehoren die Nade Ifabrikation in Schwabach, die Messer- schmied- und Sc hw er tf egerwaaren von Nurnberg und Erlan- gen, die Gewehrfabrik in Amberg, die S tiickgi e sserei in Augsburg, vor Allem die konigl. Erzgiesserei und die Mas chi- ne n-Fabriken in Miinchen, dann Augsburg, Nurnberg, Wurzburg (Schnellpressen), in Zweibriicken und Kaiserslautern. Musikalische, mathematische und physikalische Instrumente werden in Miinchen, Augsburg, Nurnberg, WQrzburg, Fiissen u. a. O. verfertigt. Vor- treffliche Bleistifte liefert Nurnberg und Umgebung. Die Stein- druckerei ist in ihrem eigentlichen Vaterlande in hohem Grade ausgebildet. Zuckerfabriken bestehen in Regensburg, Wun- siedel, Baireuth, Schweinfurt. Vortheilbaft bekannt sind die G 1 a s- fabriken des bairischen Waldes (Theresienthal bei Zwiesel) und Benediktbeuern, die Spiegelglaser von Erlangen, die optischen Glaser und Instrumente in Miinchen. Porzellan wird in Nymphenburg, Regensburg, Passau u. a. O. gefertigt. Grosse Tabakfabri- ken bestehen in und urn Nurnberg, Erlangen und in der Rheinpfalz. Die gewerbliche Industrie fordern viele technische und Gewerbe schulen, iiber 40 gewerbliche Vereine, dann Handels- und Gewerbe- kammern, Induetrie-Ausstellungen u. s. f. Der Handel ist lebhaft und wird gefordert durch die echiff- baren Fliisse, den Ludwigs- und den Frankenthaler-Kanal , meist sehr gute Laudstrassen, Eisenbahnen , Telegraphen , Banken , Bor- sen, Handelsvertrage , Handelsschulen u. s. w. Sehr betrachtlich ist der Durchfuhrhandel. Im Ganzen ist der bairische Handel aktiv, denn der Werth der Einfuhr wird im Jahresdurchschnitt auf 35, jener der Ausfuhr auf 36 Millionen Gulden rheinisch veranschlagt. Die vorziiglichsten Handelsorte sind Nurnberg und Augs- burg, ersteres der vornehmste Platz fiir den Materialhandel in Suddeutschland, letzteres einer der wichtigsten Wechselplatze. Pas- 195 sau ist der Stapelplatz filr den bairischen Salzhandel; Lin da a vermittelt den Verkehr mit der Schweiz. Grosse Wollmrkte eind in Augsburg, Getreidemarkte in Memmingen , Miin- chen, Nordlingen und Straubing, Viehmarkte in Sonthofen, fur den Hopf en bestehen mehrere grossere Hopfenmarkte (Spalt, Hersbruck, Memmingen). Die geistige Bildung ist im Allgemeinen gleichfalls fortschrei- tend. Die Unterrichtsanstalten erfreuen sich in der Regel einer sehr zweckmassigen Einrichtung, der Beeuch der Volksschule ist streng- etens anbefohlen. Sowohl fiir die gelehrte Bildung, als fiir die land- wirthschaftliche, technische und kommerzielle Ausbildung bestehen zahlreiche, gut organisirte , offentliche und private Lehranstalten. Ganz besonders werden in Baiern die Kiinste gepflegt. Fiir jeden Zweig sind zweckmassige Schulen vorhanden und in alien grosse- ren Stadten finden sich Kunstsammlungen, unter denen jene der Residenzetadt Miinchen einen der ersten Platze nicht bloss in Deutsch- land, sondern selbst in Europa einnehmen. g. 105. Das Kiinigreich Wurttemberg. 354 QMeilen; 1,800.000 (relativ 5085) Einwohner; etwa 2 / 8 Protestanten, '/, Katholiken, auch Juden; nach der Nationalitat Deutsche. Grenzen: im 0. Baiern, im N. Baiern, Baden, im W. Baden, Preussisches Hohenzollern, im 5. Bodensee, Baiern. Konstitutionelle Erbmonarchie in der mannliehen und weiblichen Linie des Intherischen Hauses Wurttemberg. Boden. Das Konigreich Wiirttemberg ist mehr gebirgig als eben, doch herrscht eine mannigfaltige Abwechshing von Gebirgen, Hiigellandschaften mit anmuthigen oder grotesken Thalern und frucht- baren Ebenen , wodurch dieses Land als eines der schonsten in Deutschland erscheint. Auf das Gebirgsland entfallen etwa 29%, auf das Htigelland 46% und auf die Ebenen 25%. Im Westen bildet ein Theil des Schwarzwaldes mit seinen dunklen Nadel- waldungen die Grenze , wahrend der schwabische Jura (oder die R a u h e A 1 p) in einer Hohe zwischen 1800' und 2800' von Siidwe- sten nach Nordosten das ganze Land durchzieht. Dieaer bildet ge- gen Nordwesten einen sehr steilen, felsigen, durch anmuthige Tha- ler unterbrochenen Abhang; gegen Suden senkt er sich allmahlig zur Donau herab, und ist durch viele merkwiirdige Hohlen ausge- zeichnet, welche Versteinerungen und fossile Knochen vorweltlicher Thiere enthalten. Nordlich der Alp sind die reizendsten und frucht- barsten Parthien des Landes ; freundliche Hugelziige , welche ab- wechselnd mit Laubwaldungen, Reben- und Obtsgelanden prangen und von fruchtbaren, wiesenreichen Thalern durchzogen sind, wech- eeln mit flachen, wohlbestellten Aekern, die Getreide in Fiille lie- fern. Siidlich der Alp und der Donau dehnt sich die Hochebene Oberachwabens bis zum Bodensee aus, in deren Flachthalern hau- fige Moorgriinde vorkommen. Zahlreiche Passe und Gebirgs- strassen durchschneiden den Schwarzwald und die Alp als will- kommene Forderungsmittel fur den Verkehr. Gewasser. Das Land ist mit Ausnahme der Hochflache der Alp reich bewaasert und gehort theils zurn Donau-, theils zum Rheingebiete. Die Donau betritt bei Tuttlingen das Reich und 13* 196 verlasst es bei Ulra, wo sie erst schiffbar wird. Sie nimmt auf der rechten Seite die aus Vorarlberg kommende Iller, dann die Riss und mehrere kleine Bache auf, am linken Ufer ffthrt die Blau ihr einige Gewasser zu. Der wichtigste Flues des Landes ist der Neckar, welcher aus dem Schwarzwalde kommt, bei Kannstadt schiffbar wird und nach einem Laufe von etwa 40 Meilen (unterhalb Gundelsheim) Wiirttemberg verlasst. Unter eeinen vielen Nebenflussen sind be- merkenswerth : (rechts) die Fils, der Kocher und die Jaxt, dann (links) die Enz. In den Rhein fliessen weiters die Murg und Kin- zig, und in den Main die Tauber, Nachst dem Bodensee ist der Federsee der beJeutendste, doch kommen in Schwaben zahl- reiche kleinere Seen und Weiher vor. Auch an Mineralquellen ist ein ansehnlicher Reichthiim: Niederau , Boll (bei Goppingen), Kannstadt, Mergentheim, Wildbad u. a. Schiffbare Kanalesind: der Wilh elms k anal, durch welchen der Neckar von Heilbronn bis Kannstadt schiffbar wird, die Kaniile zu Esslingen, Berg bei Kann- stadt und Besigheim. Politische Eintheilung. Das Konigreich Wiirttemberg wird in vier Kreise eingetheilt, deren Unterabtheilung Oberamter genannt werden. 1. Neckarkreis (60 QM., -510.000 E.), - Stuttgart (50.000), Ludwigs- burg, Kannstadt, Hohenheim, Esslingen, Marbach, Heilbronn, Weinsberg; 2. Schwarzwaldkreis (86 D M -> 450000 E.), Reutlinpen (12.000), Tuttlingen, Ebingen, Schwenningen, Rottweil, Eottenburg, Tiibingen (80CO), Calw, Wildbad ; 3. Jaxtkreis (93 QM., 380.000 E.), Ell wan gen (4000), Heidenheim, Schwabisch-Gmund, Schwabisch-Hall, Oehringen, Mergentheim; 4. Donaukreis (113 QM., 420.000 E.), - Ulm (15.300), Biberacb, Kavensbnrg, Friedrichshaf'en, Goppingen, Geisslingen, Kirchheim unter der Teck. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Eine der Hauptrahrungsquellen des Volkes bildet die sorgfal- tig betriebene Laiidwirthschaft. Das verhaltnissmassig mildeste Klima und die grosste Fruchtbarkeit ist im Neckarthale und dessen Seitenthalern. Von der Gesammtflache werden iiber 60% landwirth- schaftlich benutzt, nahezu V 3 entfallt auf die Waldungen, das nicht kultivirte Areale ist demnach sehr geringe. Das meiste Getreide wird zwischen dem Schwarzwalde und der Alp gewonnen ; Ge- muse, Kiichen- und Gartengewachse in der Umgegend von Ulrn, Stuttgart und Heilbronn; edles Obst im Neckarkreise und am Bodensee; die hoheren Gegenden , vorziiglich im Do- naukreise liefern trefflichen Flachs, im Neckar- und Schwarzwald- kreise Hanf, Tabak am meisten der Neckarkreis. Ein wichti- ger Nahrungszweig ist auch der hochst bedeutende Weinbau im Neckar-, Rems- und Tauberthale und am Bodensee. Das Ertragniss kann mit etwa 100,000 wurttembergischen Eimern berechnet werden und ist von guter Qualitat. Die W i e s e n k u 1 1 u r ist sehr ansehnlich, Futterkrauter sind in Menge vorhanden. Die Waldkultur steht namentlich im Schwarzwalde auf einer hohen Stufe, mit Holz wird ein sehr eintraglicher Handel nach Holland getrieben. Auch die Nebennutzungen der Forste sind betrachtlich. Der Reichthum des Landes besteht daher in Getreide, Obst, Wein und Holz, welche 197 Produkte nicht nur den Bedarf der Bevolkerung decken, sondern zum Theile auch exportirt werden. Die Viehzucht ist ebenfalls bedeutend , vor allem jene des Hornviehes im Allgau und im Jaxtkreise ; die Pferdezucht wird in neuerer Zeit mit Fleiss behandelt, die meisten Pferde sind im Do- naukreise , die schonsten an der Alp. In der sich ausbreitenden Schafzucht sind die Schaferei auf der Achalm (bei Reutlingen) und die konigliche Privatschaferei zu Seeheim besonders erwahnenswerth. Die Schweinezucht ist am erheblichsten im Jaxt- und Donaukreise, die Schneckenzucht auf der Alp, die Bienenzucht in der ostli- chen Landeshalfte und im siidlichen Theile des Schwarzwaldkreises. Zur Einfiihrung und Hebung der Seidenzucht besteht ein Seiden- bauverein. Unter den Produkten des Bergbaues sind nur E i s e n und Salz von Belang ; die Gewinnung beider ist Staatsregal. Das meiste Eisen liefern die Gruben bei Wasseralfingen und Aalen, die Gesammtproduktion der Eisenerzgrubsn betragt an 400.000 Zentner Erze. Die Staatssalinen von Sulz, Friedrichshall, Klemenshall und Wilhelmshall am Neckar liefern fiber den Bedarf (fiber 700.000 Zent- ner). An Erden und Steinen trifft man viele Arten, Bau- und Werk- steine , Gyps , Marmor u. s. w. In Oberschwaben wird auch viel Torf gestochen. Von Anstalten fur Hebung der Landwirthschaft sind bemerkenswerth die grosse land- und forstwirthschafdiche Schule in H o h e n h e i m bei Stuttgart und die B Zentralstelle des land- wirthschaftlichen Vereins" in Stuttgart, mit welcher fiber 40 Be- zirkavereine in Verbindung stehen ; ferner der Kreditverein und die Versicherungsanstalten. Besitzt auch Wiirttemberg nicht die Menge grosser Fabriken wie manche andere Staaten, so herrscht auf dem Felde gewerblicher Industrie doch ein reges Leben, das an Umfang und Ausdehnung progressiv steigt. Einen der wichtigsten Zweige bildet die L i n n e n- fabrikation, welche, obwohl in der Alp und Oberschwaben fast durchgehends Handspinnerei , iiber den Bedarf des Landes produ- zirt. Urach besitzt eine mechanische Flachsspinnerei. Die Bleicherei und Weberei ist zumeist auf der Alp ausgebreitet. Die W oil in du- st rie, eine der altesten des Landes, hat sich seit dem Aufhoren der Hindspinnerei und der Einfiihrung des Maschinenbetriebes sehr ver- vollkommnet. Calw, Kannstadt, Warthausen, Heilbronn, Reutlingen nehmen hierin den eraten Rang ein. Unter den grb'sseren Tuchfabri- ken sind erwahnenewerth jene in Ludwigsburg, Waiblingen, Calw, Esslingan, Kannstadt, Stuttgart, Goppingen. Die zahlreichen Farbe- reien leisten Ausgezeichnetes. Die Teppichfabrikation und die Woll- stickerei sind in der Aufnahme. Die Baumwoll- Industrie ist relativ bedeutend und ebenfalls im Wachsen. Die bedeutendsten Fabriken sind in Bempflingen, Ravensburg, Spiegelberg, Heiden- heim, Esslingen, Hall. Ausser mechanischen Spinnereien bestehen grosse Webereien (in Goppingen, Biberach, Ravensburg), Manchester- Fabriken , Tiirkischroth-Farbereien (Berg, Kannstadt, Esslingen, Calw) und Strumpfwebereien. In neuester Zeit ist auch die Weiss- stickerei in grossem Umfange eingeffihrt worden. Die Seideu- 198 Industrie ist noch unbedeutend. Ein besonderer Erwerbszweig ist (zu Schwabisch-Gmiind und Biberach) die Haubenstickerei und die Gold- und Seidenstickerei in Stuttgart. Eines guten Rufes erfreuen sich die Holzwaaren des Schwarzwaldes, darun- ter aSchwarzwalder-Uhren," Tabakspfeifen aus Ulm und Kinderspiel- waaren. Die G e r b e r e i wird ausgedehnt in Calw (Saffian), Tuttlingen, Reutlingen, Heilbronn, Ulm betrieben. In der Metallwaaren- Industrie nehmen die Eisenwaaren den ersten Rang ein. Die Ei- senschmelzwerke befinden sich in Eigenthum und Selbstverwaltung des Staatee. Die grosste Eisengiesserei ist in Wasseralfidgen ; Ma- schinen werden in Esslingen und Stuttgart erzeugt, Messerschmied- waaren in Heilbronn, Heidenheim, Tuttlingen, lackirte Blechwaaren in Esslingen, Biberach, Stuttgart, Goppingen. Die meisten Glas- hutten finden sich im Schwarzwalde und auf der Alp, doch gibt es auch einige Fabriken. Sehr gutes Porzellan wird in Lud- wigsburg, Steingut zu Schramberg im Schwarzwald erzeugt, viel und gutes Papier in Heidenheim, Heilbronn, Ravensburg, Urach, mathemathi sche und phy si kalische Instru- ment e in Stuttgart, Esslingen, Ulm. Von nicht zu unterachatzen- dem Einflusse ist die Wirkeatnkeit der ^Zentralstelle fur Gewerbe und Handel," der Handelskammern und Gewerbvereine. Der Handel ist bedeutend, insbesondere der Binnenhandel. Die Schiffahrt auf dem Neckar, der Donau und dem Bodensee, die guten Landstrassen und Eisenbahnen fordern den Verkehr. Zu den wichtigeren Ausfuhr-Artikeln gehoren: Getreide (nach der Schweiz), Schlachtvieh (nach Frankreich), Holz (nach den Rheinlan- den), Salz, Wein und mehrere der genannten Manufakturwaaren. Ein- fuhr-Artikel sind: Kolonialwaaren, Sudfriichte, Oel, Baumwolle, Hopfen, Farbepflanzen, Tabakblatter, Eisen, Manufakte. Sehr wich- tig sind der Holzhandel und der Buchhandel (siiddeutsche Buch- handlermesse in Stuttgart). Der Eigenhandel ist aktiv. Der Spedi- tionshandel umfasst hauptsachlich Farb-, Material- und Kolonial- waaren und Vieh; die wichtigsten Platze hiefiir sind Friedrichshafen, Ulm, Heilbronn, Kannstadt, Stuttgart. Unter den vielen Jahr- und Wochenmarkten verdienen besondere Hervorhebung die Tuch- messen zu Stuttgart, die Wollmarkte zu Kirchheim, Goppingen und Heilbronn. Auch die geistige Kultur weiset einen erfreulichen Stand. Selbst unter den untern Volksklassen herrscht ein ziemlich befriedigender Grad allgemeiner Bildung; die vielen Gelehrten die- ses Landes waren und sind eine Zierde des gesammten deutschen Vaterlandes. Wiirttemberg bietet sonach in alien Richtungen ein er- freuliches Bild. . 106. Das G rossherzogtlium Baden. 278 QMeilen, 1,400000 (relativ 5035) Einwohner, uberwiegend Katho- liken (tiber 900.000), etwa 450.000 Protestanten, einige Dissidenten und an 24.000 Israeliten; nach der Nationalitat Deutsche. Grenzen: im Wurttem- berg, Hohenzollern, Baiern, im N. Baiern, Hessen-Darmstadt, im W. bairische Kheinpfalz, Frankreich (Rhein), im S. Schweiz, Bodensee. Konstitationelle Erbmonarchie in mannlicher und weiblicher Linie des Hauses Zahringen. Boden. Das Grossherzogthum Baden gehort zum siiddeutschen 199 Berg- und Hugellande. Etwa 44% konnen auf das Bergland, an 40% auf das Hfigelland und 16% auf die Ebenen gerechnet wer- den. Fast parallel rait dem Rheine erhebt sich der Schwarzwald mit steilem Abfall nach Westen, mit sanfterem gegen Oaten und Norden. Im Nordosten breitet sich der Odenwald aus, auch Theile des Neckar gebirges und der Rauhen Alp, sowie der schwabischen Hochebene streichen in das Land herein. Die Ebene breitet sich nur langs des Rheines aus; das Bergland ist reich an abwechselnd wilden und reizenden Thalern, welche meist sehr fruchtbar und gut angebaut sind. Wegen ihrer Schonheit sind namentlich das Neckar-, das Murg- und das Kinzigthal bekannt. Am Rhein und Bodensee ist das Klima mild, nur die theils kah- len und felsigen, theils mit Moorgriinden bedeckten Hohen des Schwarzwaldes eind rauh. Gewasser. Das Land ist gut bewassert. Der Hauptfluss ist der Rhein, in welchen fast alle Flusse sich ergiessen, unter denen der Neckar der bedeutendste ist; dann die Murg, die Kinzig, die Wiesen und die Elz (mit der Dreisam). Der Main beriihrt nur die nordliche Grenze und nimmt bei Wertheim die aus Wiirttemberg kommende Tauber auf. Die Donau hat ihre Hauptquelle, die Brege ( 3 / 4 Meilen nordwestlich von Furtwangen) am Schwarz- walde, welche sich durch mehrere Bache verstarkt und (nach einem Laufe von funf Meilen) unterhalb Donaueschingen mit der Brigach vereinigt. Der durch die Vereinigung der Brege und Brigach ent- standene Fluss heisst Donau , welche nach einem Laufe von 16 Meilen nach Wiirttemberg tritt. Unter den vielen Seen ist der Bodensee (Ueberlingersee mit der Insel Mainau) fiir Baden der bedeutendste. Sehr reich ist das Land an Mineralquellen, unter denen Baden-Baden, Badenweiler, Rippoldsau die bekannte- sten sind. Politische Eintheilung. Das Grossherzogthum Baden wird in vier Kreise eingetheilt: 1. Mittelrheinkreis (73 DM., 465.000 E.); Karlsruhe (26.000), Rastatt, Lahr, Offenburg, Kehl, Leopoldshafen, Baden, Durlach, Bretten, Bruchsal, Pforzheim ; 2. Unterrheinkreis (63 QM., - 350.000 E.), Mannheim (30.000), Hei- delberg, Schwety.ingen, Weinheim, Wertheim ; 3. Oberrhfitikreis (75 QM., 350.000 E.), Freiburg (im Breisgau, 17.000,), Tryberg, St. Blasien, Waidkirch; 4. Seekreis (67QM., 200.000), Congtanz (8000), Meersburg, Ueber- lingen, Donaueschingen, Stockach. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Der fruchtbare Boden und das gGnstige Klima fordern in hohem Grade die Landwirthschaft, welche eine der wichtigsten Nahrungsqueilen der Bevolkerung bildet. An 2 / 3 der Bevolkernng betreiben die Landwirthschaft in rationeller Weise und der Ertrag iibersteigt den Bedarf. Zunachst ist es die Rheinebene, welche grosse Mengen des schonsten Getreides liefert , in der Pfalz werden besonders Hulsenfriichte angebaut. Von Handelspflanzen sind zu erwahnen: der Hanf (auch in betrachtlicher Menge fiir den Export) um Altbreisach, Ettlingen, Pforzheim, der Flachs in 200 den Thalern des Schwarzwaldes , der beste Tab ak Deutsch- lands um Mannheim und Ladenburg , ferner Raps, Hopfen und Krapp. Die Wiesenkultur ist musterhaft. Alle Sorten selbst des feinsten Obstes sind in Menge vorhanden, namentlich an der Bergstrasse von Weinheim bis nach Hessen. Sehr betrachtlich ist der Wei n b au , dessen Jahresertragniss rait etwa 700.000 Eimer an- genommen wircl (Markgrafler, Wertheimer, Affenthaler und See- wein). Die F orstwirth schaf t wird ebenfalls sorgfaltig behandelt, aus dem Schwarzwald und dem Odenwald wird Holz auch ausge- fiihrt. Die bliihende Landwirthschaft hat eine vortreffliche Vieh- zucht zur Folge. Die Rindvieh zuch t ist im ganzen Lande sehr ausgebreitet und durch fremde Racen vielfach veredelt ; fur die Forderung der Pferdezucht sorgen die Landesgestiite , fur die Veredlung der Schafzucht die Landesstammschafereien, In ein- zelnen Gegenden kommt die Bienenzucht und hie und da auch die Seidenraupenzucht vor. Fischerei und Jagd bieten ansehnliche Beute. Unter den Produkten des Bergbaues kommen nur Ei- s en und Salz in betrachtlicher Menge vor; Blei, Kupfer und Sil- ber sind im Ganzen unbedeutend, eowie auch das Waschgold, wel- ches (in Darlanden, bei Kehl und in Philippburg) aus dem Rhein- sande gewonnen wird. Fur die Eisengewinnung sind Kandern, der Klettgau, die Donaugegend u. s. w. beachtenswerth ; fur Salz die Staatssalinen zu Diirrheim (im Seekreise) und Rappenau (bei Wimpfen). Baden ist iiberwiegend ein Agrikulturstaat ; dessenungeachtet erfreut sich auch die Industrie eines guten Rufes. Im Kleingewerbe herrscht eine grosee Riihrigkeit und die mehr vereinzelt vorkom- menden Fabriken stehen zumeist in hoher Bliithe. Die Garnspin- n e r e i und Leinweberei istim Breisgau, im Oden- und Soh warz- walde, vor Allem in und um Lahr am starksten. Die Maschinen- spinnerei gewinnt an Ausdehnung. In der Baumwollindustrie sind hervorzuheben die Spinnereien zu Constanz und St. Blasien, die Webereien zu Waldshut, Lahr, Constanz etc.; in der Wo 11- induetrie die Tuchfabriken zu Pforzheim und Neustadt, die Kal- tunfabriken zu Freiburg, Constanz, Lorrach und Bingen. Ausser den Seidenwebereien zu Kandern und Lahr gibt es deren noch an zwanzig im Lande. Papier wird viel und von sehr guter Qualitat im Mittelrheinkreise (Ettlingen), im Oberrhein- und See- kreise erzeugt. Ferner sind zu erwahnen: die Lederfabriken von Pforzheim, Karlsruhe, Heidelberg, Rastatt , die Strohflech- tereien, Papiermiihlen und die Verfertigung der Holz- waaren (insbesondere Holzuhren in Neustadt, Tryberg und Hornberg) im Schwarzwalde, die auegedehnte Tabakfabrikation (Karlsruhe, Lahr, Mannheim), die Sagemiihlen an der Murg, die Mahlmuhlen, Cichorien- und Runkelriibenzucker - Fabriken in der Rheinebene, die Eisenwerke von Pforzheim und Zell, der Maschinenbau in Karlsruhe, die Stein- und Kupferdruckereien in Freiburg, zahlreiche Bierbrauereien, Branntweinbrennereien (Mannheim und Wertheira) u. s. f. Die relativ am meisten indu- striellen Stadte des Landes sind: Mannheim, Pforzheim, Karlsruhe, 201 Heidelberg, Lahr, St. Blasien. Mehrere Gewerbevereine und tech- nische Schulen , unter diesen die beriihmte polytechnische Schule in Karlsruhe, uben auf die Gewerbe einen sehr vor- theilhaften Einfluss aus. Der Handel ist sehr lebhaft. Der Bodensee, der Rhein, der Neckar und der Main werden mit Dampfschiffen befahren, die zahl- reichen Strassen befinden sich im beaten Zustande und durchschnei- den nebst den Staatseisenbahnen, welche alle wichtigen Stadte ver- binden, das Land in alien Richtungen. Die geographische Lage eignet das Land zunachst fiir den Speditionshandel zwischen Frank- reich, der Schweiz und den deutechen Nachbarstaaten ; doch hat auch der Eigenhandel Aufschwung genommen. Zu den wichtigsten Exportartikeln gehoren : Holz (nach den Niederlanden ^Hollan- derholz"), Wein (nach der Schweiz), Schlachtvieh (nach Frankreich), Getreide, Hanf, Tabak, Obst, Holz- und Strohwaaren, Papier u.s. w. ; die bedeutendsten Importartikel : Siidfriichte, Kolonialwaaren, Pferde, Wolle, Baumwolle, Seide und Seidenwaaren, Eisen, Stahl, Galanterie- und Luxuswaaren u. a. m. Die Hauptorte fiir den Han- delsverkehr sind: Constanz, Ludwigshafen, Kehl, Pforzheim, Mann- heim, Heidelberg, Wertheim, Leopoldshafen und Knielingen (am Rhein). Grosse Fruchtmarkte sind in Mannheim. Die gei- stige Hiihur erfreut sich einer ganz besonderen Pflege und weieet sehr erfreuliche Ergebnisse. Die Volkebildung steht im Ganzen auf einer sehr achtenswerthen Stufe, alle Arten von Unterrichtsanstalten, ob sie die gelehrte oder eine auf das praktieche a Leben abzielende Bildung als Aufgabe haben, sind vortrefflich eingerichtet ; Wissen- schaften und Kiinste bluhen in diesem schunen, fruchtbaren und be- triebsamen Lande. . 107. Das Fiirstenthum Liechtenstein/ Das Fiirstenthum Liechtenstein, nicht ganz 3 QMeilen gross, ist von Vorarlberg und der Schweiz umgeben, meist von hohen Bergen bedeckt, vom Rheine, der Samina (Nebenfluss der 111) und mehreren Bacben bewassert. In den Gebirgen ist das Klima rauh, milder am Rheine. Es besteht aus den zwei Herrschaften Va- duz und Schellenberg. Die Bewohner, 7000 an der Zahl, sind Deutsche, alemannischen Stammes und, wie ihr in Wien residi- render Furst, katholischer Religion; ihre Wohnplatze sind iMarkt- flecken: Vaduz (1000 Einwohner) und 13 Dorfer. Die vorzugliche Erwerbsquelle ist die Landwirthschaft. Der Boden ist im Allgemeinen fruchtbar ; Acker- und Flachsbau, Obst- und Weinbau Cam Rheine) und die Rindviehzucht werden gut gepflegt. Die gewerbliche Thatigkeit beschrankt sich auf Baumwoll- spinnerei fur die benachbarten Schweizer Fabriken und ordinare Holzarbeiten. Liechtenstein ist (am 5. Juni 1852) nnbeschadet der landesberrlichen Hoheita- rechte dem Ssterreichischen Systeme der Z6lle, Staatsmonopole, Verzehrangsstener nnd Stempel beigetreten. Untersnchungen gegen Gefallsubertretungen ffihren Sster- reichische Beamte nnd die Zoll- und Steueramter sind gemeinscbaftlich. Oesterreich besoldet und beeidet die Zollbeamten. Die Jahreseinkiinfte werden nacb Abzug der Auslagen den fQrstlichen Kassen zagewendet, auch verburgt Oesterreich ein jahrliches Reineinkommen von 2 fl. far jeden Kopf der Bcvolkerung. Der Vertrag dancrt bis Ende 1863, nnd wird, wenn keine Kiindigung erfolgt, als auf weitere 12 Jahre ver- langert angesehen. Posten, Miinzen, Masse und Gewichte sind die Ssterreichischen. Das Fiirstenthum hat eine landstandische Verfassung. Die Landstande bestehea aus der Geistlichkeit und der Landmannschaft, welche in einer Kammer vereinigt sind, und sich jahrlich im Landtage versammeln, auf welchem der Landes- verweser von Vaduz als landesfurstlicher Commissarius den Vorsitz hat. Die oberste BehSrde der Staatsverwaltung ist die n furstliche Hofkanzlei" in Wien, welcher der n Landesverweser" und ein n Adjunkt" (fiir die Justiz in erster Instanz) in Vaduz unterstehen. Gesetze fiir Liechtenstein sind meistens die Ssterreicbischen. B. Westliche Staaten. . 108. Das Kurfiirstenthum Hessen. (Hessen-Kassel oder Kurhessen.) 173 QMeilen; 756.000 (relativ 4832) Einwohner, nberwiegend Pro- testanten (uber 620.000 E.), an 120.000 Katholiken, dann Mennoniten nnd etwa 11000 Israeliten; nach der Nationalitat vorwiegend Oberdentsche. Bestand- theile: das Hauptland, die Grafschaft Schaumbnrg, die Herrschaft Schmalkalden. Grenzen (des Hauptlandes) im N. Hannover, Prenssen, im 0. Preussen, Weimar, Baiern, im S. Baiern, Hessen - Darmstadt, Frankfurt a. M., im W. Hessen-Darmstadt, Nassau, Preussen, Waldeck ; Schaumburg ist von Hannover and Lippe, Schmalkalden von den sachsischen Herzogthumern und Preussen begrenzt. Konstitutionelle Erbraonarchie im lutherischen Hause Hessen nach der Linealfolge mit dem Ilechte der Erstgeburt im Mannesstamme. Boden. Kurhessen ist vorherrschend Bergland , am meisten gebirgig ist Schmalkalden. Das Hauptland wird von Zweigen des Spessart, der Rhon und des Vogelgebirges im Sttden, vom Reinhards- und Habichtswalde im Norden durchzogen. Schmalkalden ist vom Thiiringerwalde erfiillt, nach Schaum- burg streichen Theile des ostlichen Wesergebirges (Siintel). Die ebenen Gegenden am Main und das Kinzigthal haben mildes, die Gelande an der Rhon ein rauhes Klima. Gewasser Die Fliisse des Landes gehoren dem grosseren Theile nach zum Geader der Weser, im sudlichen Landestheile zu jenem des Main. Der wichtigste Fluss ist die Fulda (mit der Schwalm und Edder), welche sich mit der Werra (bei Miinden) zur Weser vereinigt. Der Main ist auf einer kurzen Strecke Grenzfluss und nimmt die Kinzig auf. Kurhessen hat keine Seen, aber viele fischreiche Teiche, auch mehrere Mineralquellen. Politische Eintheilung. Das Kurfiirstenthum Hessen wird in vier Provinzen eingetheilt : 1. Provinz Niederhessen und Schaumburg (80 QM., 370.000 E.), Kassel (37.000), WilhelmshOhe, Karlshafen, Grossalmerode, Hof-Geismar, Esch- wege, Witzenhausen. Allendorf, Rothenburg; (in Schaumburg): Rinteln ; 2. Provinz Oberhessen (36 QM., 130.000 E.) ; Marburg (8000), Ziegenhain. Frankenberg; 3. Provinz Fulda uiid Scbmalkalden (33 QM, 140000 E.); Fulda (10.000), Hersfeld, Hunfeld; (in Schmalkalden): Schmalkalden; 4. Provinz Hanau (23 DM., 130.000 E.), Ha nan (17.000), Geln- hausen, Bockenheim, Nauheim. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Kurhessen ist vorzugsweiee ein procluzirendes Land. Die Fruchtbarkeit des Bodens ist sehr verschieden; in einigen Theilen deckt die Produktion nicht den Bedarf, in andern wird nur durch Fleiss und Kunst ein massiger Ertrag abgerungen ; am fruchtbarsten sind die Mainebene und das Werrathal. Die Getreideproduktion ge- niigt nur in guten Jahren. Gutes Gemuse findet man in Hanau und in der Umgebung von Kassel. Unter den Handelspflanzen ist der Flachsbau in Schaumburg und Niederhessen am bedeutend- eten, Tabak wird viel im Werrathale und Hanau gepflanzt; in letzterer Provinz gedeihen auch recht gutea Obst und Wein. Die Wiesenkultur macht bedeutende Fortschritte. Die Forst- kultur ist sehr ansehnlich und liefert bedeutende Mengen Holz zum Export. Die Viehzucht ist befriedigend, sie deckt hinlang- lich den Bedarf. Relativ vorzuglich ist die Rindviehzucht, jene der Pferde, Schafe und Schweine geniigt. Bliihend ist die Bienenzucht; Fiecherei und Jagd gewahren reiche Ausbeute. Der Bergbau liefert Eisen und Salz, Stein- und Braun- kohle, dann Kupfer und Kobalt. Grosser Eisenbau ist urn Schmal- kalden, Kupfer wird zu Richelsdorf, Kobalt zu Richelsdorf und Bieber zu Tage gefordert. Salz liefern in bedeutender Menge die Staatssalinen zu Allendorf, Nauheim und Bodenberg ; Steinkohlen gewinnt man in Schaumburg , Braunkohlen in Niederhessen, Vortrefflichen Thon hat das Land bei Grossalmerode, von dem grosse Quantitaten nach America exportirt werden; endlich viele und gute Bausteine. In der gewerblichen Industrie nimmt Kurhessen keinen be- deutenden Rang unter den deutschen Staaten ein. Das niedere Ge- werbe ist ziemlich verbreitet; Fabriken sind nur in grosseren Stad- ten. Die G arnspinn erei und Leinweberei, der alteste In- dustriezweig , ist im ganzen Lande als Nebenbeschaftigung des Landmannes verbreitet, am betrachtlichsten in Niederhessen , dann um Marburg und Fulda, und liefert sogar fur den iiberseeischen Export. Die Wollweberei ist ansehnlich, besonders in Hersfeld, Melsungen und Eschwege. Die Baumwollindustrie beginnt sich auszubreiten, und sind Hersfeld, Fulda, Kassel, Hanau, Esch- wege hierin nennenswerth. Hanau liefert Seidenzeuge ; auch die Strumpfwirkerei , die Farbereien und Lederfabriken sind hier an- sehnlich. Einen guteu Ruf geniessen ferners die Topferwaaren von Marburg und besonders die Schmelztiegel von Grossalmerode, dann die Blaufarben von Karlshafen. Die bedeutendsten Eisen- undStahlfabriken sind in Schmalkalden und zu Steinbach im Thu- ringerwalde; Maschinen werden in Kassel gebaut; Gold- und Silberwaaren werden zu Kaesel und Hanau, Bijouteriewaaren in letz- terer Stadt am schonsten verfertigt; Kassel liefert uberdiess Tapeten, Tabak, Kattune, mathematische und physikalische Instrumente. Die wichtigsten Industrieorte sind: Hanau, Kassel, Hersfeld, Mel- sungen, Eschwege und Bockenheim. Der Handel ist lebhaft. Die schiffbaren Fliisse (Main, Weser, Werra und Fulda), gute Landstrassen, Eisenbahnen und die alten Handelswege zwischen Frankfurt und Leipzig, von Thiiringen nach Westphalen befordern den Verkehr mit dem Auslande und zumeist den Tiansithandel. Karlshafen, Eschwege und Hanau sind Haupt- platze fiir den auswartigen Handel , Witzenhausen ist Stapelplatz iiir die Almeroder-Waaren. Fur den inneren Handel ist Kassel, J04 insbesondere die Kas?eler Ostermesse von Bedeutung. Die Werra- stadte treiben vorzugaweise Getreidehandel. Die wichtigsten Aus- fuhrartikel sind Leinwand und Garn (,,Hesaengarn"), dann Ei- sen, Schmalkaldner Eisen- und Stahlwaaren, Thongeschirre, Holz (nach Bremen), Salz und Hanauer Fabrikate; Einf uhrartikel sind Kolonialwaaren, Sudfruchte, Wein, Getreide, Wolle, Baum- wolle, Seide und Seidenwaaren, Glaa, Luxus- und Galanterieartikel aus Frankfurt. Fiir die gei^tige Kultur ist gut gesorgt, die Lehr&nstalten sind zweckmassig eingerichtet, und sowohl fiir gelehrte als gewerbliche Bildung in hinreichender Anzahl vorhanden. . 109. Das Grosslierzogthmn Hessen. (Hessen-Darmstadt.) 152 QMeilen, 855.000 (relativ 5625) Einwohner, fiber % Protestanten, nahe J /s Katholiken, fiber 4000 ehristliche Sektirer, an 29.000 Israeliten; nach der Nationalitat zumeist Oher deutsche. Zwei durch das Gebiet von Frankfurt und Kurhessen getrennte Landestheile und mehrere (18) kleine Exclaven. Gren- zen: im 0. Baiern, Frankfurt, Kurhessen, im N. Kurhessen, im W. Preussen (Rheinprovinz) Nassau, Landgrafschaft Hessen, im S. Baiern (Rheinpfalz), Baden. Konstitntionelle Erbmonarchie in mannlicher und weiblicher Linie des lutherischen Hanses Hessen Boden. Die natiirliche Bodenbeschaffenheit der beiden Landes- theile ist verschieden. Der nordliche ist vorwiegend HQgel- und Bergland ; im Osten ist das VogelsgebSrge, an welches sich das hessische Hiigelland anschliesst, im Norden und Nord- westen streichen Zweige des W ester w aides und dea Roth- lagergebirges, im Siidwesten des Taunus in das Land; im Siidwesten des Vogelgebirges breitet sich die wellenformige, frucht- bare Ebene der Wetterau aus. Der sudliche Theil wird durch den Rhein in zwei Parthien getrennt. In der ostlichen erhebt sich der Odenwald mit herrlichen Thalern. An seinem westlichen Rande zieht von Suden nach Norden (von Heidelberg nach Darm- stadt) zwischen Weinbergen und der Ebene des Mittelrhein die ,,B ergstrasse," beruhmt wegen ihrer Naturschonheiten, des mil- den Klima und der trefflichen Obstbaume. Rheinhessen (am linken Rheinufer) ist im Ganzen ein Hiigelland, ausgezeichnet durch die mannigfaltige Abwechslung des landschaftlichen Charakters, durch ein mildes Klima und eine iippige Vegetation. Gewasser. Die Fliisse gehoren grosstentheils zum Geader des Rhein, welcher das Land von Worms bis Bingen durchfliesst und den Neckar, den Main und die Lahn nebst mehreren kleineren Fliissen aufnimmt. Die F u 1 d a nimmt die Edder und Schwalm auf. Viele Weiher und Teiche ersetzen den Mangel an Landseen. Mineralquellen hat das Land mehrere, abar von keinem be- deutenden Rufe. Politische Eintheilung. Das Grossherzogthum Hessen wird in drei Provinzen und diese in Kreise eingetheilt. 1. Provinz (Furstenthum) Htarkenbnrg (54., QMeilen, 320.000 E.), Darmstadt (31.000), OEfenbach, Heppenheim, Ludwigjhall, Seligenstadt, Erbach ; (in Baden) Wimpfen 2. Provinz Rheinhessen (24., g^., 228.003 E.); Mainz (38.000), Worms, Nierenstein, Laabenheim, Ingelheim, Bingen, Oppenheim, Alzey ; 205 3. Proviuz (Fiistenthum) Oberhessen (72, QMeilen, 310.000 E.), Giessen (9000), Friedberg, Laubacb, Lauterbacb, Alsfeld. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die wichtigste Erwerbs- und Nahrungequelle der Bewohner des Grossherzogihums Hessen ist die Landwirthschaft, welche rationell betrieben \vird. Der Ackerbau liefert Getreide aller Art, selbst zur Ausfuhr. Der Odenwald, der Vogelsberg und Rhein- heesen sind reich an Futterkrautern , Gemtise wird am vor- zuglichsten um Darmstadt, Offenbach und Mainz, Flaehs am Vogelsberge, Hanf in Rheinhessen, Tabak in Rheinhessen und an der Bergstrasse angebaut ; der Hopfenbau reicht filr den inneren Bedarf nicht aus. Obst kommt in Menge, besonders in den Rheiii- gegenden, in der Wetterau und an der Bergstrasse, Wein von bester Art am Rhein und an der Bergstrasse vor (Liebfrauen- milch bei Worms, Nierensteiner, Laubenheimer, Bodenheimer). - Sehr viel Holz liefern die Waldungen von Oberhessen und der Odenwald; in Rheinhessen ist dagegen zum Theil Holzmangel. Die Viehzucht wird am starksten in Oberhessen uud im siid- ostlichen Starkenburg betrieben, und zwar vorziiglich die Zucht des Rindviehes, der Schafe und Schweine ; in Rheinhessen ist sie im Allgemeinen nicht geniigend. Der Bergbau wird relativ am starksten in Oberhessen, am schwachsten in Rheinhessen betrieben; Hauptprodukte eind Eisen, Kupfer, Braunkohle und vorzuglich Salz (ttber 200.000 Zentner), welches in den Salinen zu Wimpfen, Salzhausen und bei Kreuznach gewonnen wird. Die gewerbliche Thatigkeit ist namentlich in der Lei n- weberei, S tr umpf stricke rei und Wollweberei von ziem- licher Bedeutung und fortschreitend. Die Leinwandfabrika tion hat ihren Sitz in Oberhessen (Lauterbach, Alsfeld, Schlitz, Griinberg etc.); die Baumwollindustrie ist von geringem Belange, von grosserem die Tucherzeugung. obwohl in der Abnahme (Fabriken in Michelstadt und Erbach, Tuchmacher in mehreren Ortec); bedeutender ist die Papier fa brikation, sowie die Papiermache- Waaren, Tapeten u.dgl. in Darmstadt und Offenbach. Letztere Stadt, die Hauptfabrikstadt des Landes, ist bekannt wegen der ausgezeichneten Leder- besonders Po rtefeuille arbeiten, der Holz-, Metall- und Lackirwaaien, des Maschinenbaues, der Bijouterie-, Luxus- und Seidenfabriken. Weitere Produkte der In- dustrie sind die Strohflechtereien (in Oberhessen), die zahlreichen Tabakfabrlken (Offenbacher Schnupftabak), die Holzarbeiten, der Schiffbau in Mainz, chemische Fabriken, grosse Mehl- und Oelmuhlen, die musikalischen Instrumente (Mainz, Darmstadt) u. s. w. Von wohlthatigem E ; nflusse auf das Gewerbewesen ist der grossherzoglich hessische Gewerbeverein in Darmstadt, eine der thatigsten und erfolgreichsten Anstalten dieser Art in Deutschland. Der Handel ist ansehnlich, zumeist der Durchfuhr- und Spe- ditionshandel nach den untern Rheinlanden, nach Baden, Frank- reich und der Schweiz. Die Dampfschiflahrt auf dem Rhein, dem 206 Main und dem Neckar, die beriihmte Bergstrasse, die Eisenbahn von Frankfurt nach Heidelberg, sowie die andern Eisenbahnen und die guten Landstrassen sind weeentliche Forderungsmittel dessel- ben. Die bedeutendsten Handelsplatze sind Mainz, Offenbach, Bingen, Worms, Darmstadt, Giessen und Seligenstadt. Speziell sind bekannt : Worms fur Wein, Getreide und Leder, Mainz fur Wein und Getreide, Offenbach fur Lederwaaren, Gernsheim fur Pferde, Erbach und Alsfeld fur Wolle. Hauptartikel der Ausfuhrsind: Getreide, Wein, Holz, Obst, Krapp, Hanf, Leinen- und Wollwaaren, Offenbacher und Mainzer Fabrikate; der Ein- fuhr: Kolonialwaaren, Sudfruchte, Pferde, Schlachtvieh , Tnbak- blatter, Seide, Papier, Glas, Kunstartikel u. s. f. Forderlich filr den Handel wirken zudem die Telegraphen, die drei Handelskam- mern zu Mainz, Offenbach und Worms, die ,,Bank fur Handel und Industrie" und die ,,Bank fur Suddeutschland" zu Darmstadt. Die geistige Kiiltur ist bedeutend , fur Volksbildung sowie fiir spezielle Fachbildung und fiir gelehrte Ausbildung wird sehr gut gesorgt. Die zahlreichen Handwerks-, Real- und Industrieschulen, insbesondere die ,,h 6 h e r e G e w e r b e s c h u 1 e" i n D a r m s t a d t iiben wohlthatigen Einfluss auf Industrie und Handel. 110. Die Landgrafschaft Hessen-llomburg. Die Landgrafschaft Hessen-Homburg, nahezu 5 QM. gross, besteht aus den zwei getrennten Gebieten: Herrschaft Hom- burg vor der Hohe, in der Wetterau gelegen, und der Herr- schaft Meisenheim an der Nahe. Der Boden ist im Ganzen gebirgig, doch sehr fruchtbar, gut angebaut, reichlich bewassert und das Klima angenehm. Beruhmt sind die Kochsalz - Wasser- quellen inHomburg. Die Bewohner, iiber 25.000 an Zahl, sind deutschen Stammes, iiberwiegend Protestanten (nur an 4000 Ka- tholiken, dann etwa 1000 Israeliten), und bewohnen vier Stadte, 34 Dorfer, mehrere Weiler und Hofe. Die Stadte sincl: Horn burg (6000), Meisenheim (2600), Ottweiler (1600) und Merxheim (1400). Die Hauptnahrungsquelle der Bewohner ist die Landwirth- schaft, welche viel Getreide, Obst, Wein (in Meisenheim) und Gemuse liefert. Die Waldungen sind ansehnlich. Von der Viehzucht ist jene des Rindviehes und der Schafe besonders bluhend. Bergbau wird (in Meisenheim) auf Eisen und Stein- kohlen betrieben. Die gewerbliche Industrie beschaftiget sich mit Wollenzeug-, Leinen- und Strumpfweberei, sowie (Herr- schaft Homburg) mit Garnapinnerei ; in Meisenheim auch Eisen- fabrikation und zwei Glashiitten. Im Handel ist vorzugsweise die Versendung des Homburger Mineral wassers (jahrlich fiber 300.000 Kriige) bemerkenswerth. Die Landgrafschaft ist eine unumschrankte Erbmonarchie im lutherischen Hause Hessen. 111. Das Herzogtlinm Nassau. 86 n^ei'en, 432.000 (relativ 5023) Einwohner; an 225.000 Protestan- ten, gegen 200.000 Katholikcn, raehrere christliche Sekten und beilaufi-? 7(XXJ Israeli- ten; nach der National! tat Deutsche frixnkischen Stammes (auch einige Nach- 307 kommen franz5sischer Hugenotten). Grenzen: im 0. Frankfurt, Kurhessen, Hessen-Darmstadt. Preussen (Rheinpreussen), im N. Preussen (Westpbalen, Rhein - provinz), im W. Preussen (Rheinprovinz), im S. Hessen-Darmstadt. Kon- stitutionelle Erbmonarchie im lutherischen Hause Nassau. Boden. Das Herzogthum Nassau ist fast durchgehends bergig und von vielen Thalern durchschnitten. In der sfidlichen Halfte erhebt sich zwischen dem Main und der Lahn der Taunus oder ,,dieHohe" von Nordosten nach Sudwesten streichend, ein wal- diges Gebirge, welches gegen die Lahn eanft, gegen Stiden hin steil abfallt. Siidlich vom Taunus gegen den Rhein und Main breitet sich das milde Rheingau aus, eine hochst fruchtbare, herrliche Land- echaft. Nordlich von der Lahn wird das Land vom rauhen Wes t er- walde durchzogen. Im Ganzen ist der Boden fruchtbar und 'gut angebaut, einzelne Strecken gehoren zu den schonsten, am meisten romantischen in Deutschland. Gewasser. Alle Fliisse gehoren zura Geader des Rhein, welcher von Biberich bis zur Lahn-Miindung Grenzfluss des Lan- des ist. Auf einer kurzen Strecke ist der Main, der bei Hochst die Nidda aufnimmt, ebenfalls Grenzfluss. Der bedeutendste Fluss ist die echiffbare Lahn, welche mitten durch das Land fiiesst und bei Nieder-Lahnstein mundet. In Nassau ergiessen sich in dieselbe (links) : die Weil, Embs, Aar und der Miihlbach. Seen hat das Land keine , aber viele Weiher. Sehr reich ist das Land an Mi- neralquellen (uber 150), unter denen jene von Wiesbaden, Sellers, Ems, Fachingen, Geilnau, Schwalbach, Schlangenbad, Soden, Weilbach u. a. besonders beriihmt siud, deren Wasser auch vveit versendet wird. Politische Eintheilung. Nassau wird in 28 Aemter eingetheilt. Bemerkenswerthe One sind : Wiesbaden (17.000), Biberich, Hochst, Johannisberg, Hochheim, Geisen- heim, Rddesheim, St. Goarhausen, Sellers, Schwalbach, Scblangenbad, Fachingen. Geilnau, Kronberg, Dietz, Holzappel, Ems, Nassau, Weilburg, Caus, Eltville, Limburg. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die wichtigsten Nahrungszweige der Bewohner sind die Land- wirthschaft und der Bergbau. Der grosste Theil des Landes ist gut kultivirt und gibt ansehnlichen Ertrag. Der Acker bau wird sehr fleissig betrieben; in den hoberen Gegenden wird vorwie- gend Roggen, an der Lahn und Aar vortrefflicher Weizen gebaut, der namentlich in Holland sehr geschatzt wird. Sehr stark ist der Rapsbau, der fur den Export lieiert; auch Flachs und Hanf erfreuen sich guter Pflege; an Tabak werden jahrlich uber 150.000 Zentner producirt. Nassau ist das Vaterland der edelsten, feurigsten Rhein- weine (Johannisberg, Rudesheim, Markebrunn, Hochheim, As- mannshausen u. a. jahrlich an 70.000 Eimer). Der Obstbau liefert Obst in Menge und von vorziiglicher Gate (grosse Baum- schule in Dietz). Die Wiesenkultur ist auegezeichnet ; die sehr ansehnliche Forstkultur bietet viel Holz zur Ausfuhr. Auf gleicher Hohe steht die Viehzucht. Die bedeutendste Hornviehzucht ist am Westerwalde, wo auch ein betrachtlicher Handl damit getrieben wird. Auf die Schafzucht wird in den Lahngegenden grosse Sorgfalt verwendet, dessgleichen auf die Ver- edlung der Pferde. Im Rhein ist die Fischerei bedeutend, und die zahlreichen Forste sind reich an Wild. Mehrere landwirthschaft- liche Vereine und Assekuranzen sind von wesentlichem Einflusse fur die Hebung der Landwirthschaft. Der Bergbau ist lebhaft. Ausser etwas Silber, Blei und Kupfer wird viel Eisen von vorziiglicher Giite gewonnen, die Erz- ausfuhr ist auch ziemlich bedeutend. Die Ausbeute an Braunkoh- len (an 900.000 Zentner) ist erheblich, ebenso an Thon und schonen Marmorarten (im Westerwalde); hiugegen an Salz nur wenig in den Salzquellen von Soden. Im Verhaltnisse zur Landwirthschaft und zum Bergbau ist die* gewerbliche Thiitigkeit mit Ausnahme des sehr ansehnlichen Huttenbetriebes eine nur geringe. Nur die Leinen- und Wollwebe- rei, die Gerbereien (Idstein), Topferwaaren (steinerne Kruge bei Selters) und die Papiererzeugung sind erwahnenswerth. Ferners bestehen fiber 1000 Branntweinbrennereien und Bierbrauereien, einige Schneide- und Pulvermiihlen und viele ^ottascbesiedereien. Die grossten Eisenwerke sind im Westerwalde und an der Lahn. Zur Forderung der technischen Kultur ist (im J. 1856) der ,,Nassau'sche Kreditverein fur Handel, Industrie und Gewerbe" (Grundkapital 12 Millionen Gulden) concessionirt worden. Der Handel wird befordert durch die Schiffahrt auf dem Rhein, dem Main und der Lahn, durch sehr gute Landstrassen und Eisenbahnen. Nassau selbst ist jedoch kein Handelsstaat; den Ver- kehr nach auswarts vermitteln Frankfurt, Mainz, Koblenz und Bingen ; nur fur den Weinhandel sind Biberich, Eltville und Riides- heim, fiir den Wollhandel Dietz bemerkenswerth. Zur Ausfuhr gelangen: Wein , Mineral wasser, Eisen und Eisenwaaren, Vieh, Wolle, steinerne Geschirre, Papier, Getreide aus dem Rheingau u. a.; eingefiihrt werden: Kolonialwaaren, Sudfriichte, Salz, verschiedene Fabrikate (Tuch, Baumwollwaaren aus Preussen, Ga- lanteriearbeiten u. s. f.). Die Volksbildung ist bedeutend; sowohl die Volks- als die Gelehrtenschulen erfreuen sich Jbesonderer Pflege. Fiir die technische Ausbildung sorgen die Realschulen und Realgymnasien, dann mehrere Spezialschulen, unter denen das landwirthschaft- liche Institut auf dem Geisberge bei Wiesbaden besondere Hervor- hebung verdient. . 112 Die freie S tacit Frankfurt am Main. Das nicht ganz 2 QMeilen grosse, in neun getrennte Theile zerstuckelte Gebiet der freien Stadt Frankfurt a. M. liegt an den beiden Seiten des Main zwischen Kurhessen, Nassau und dem Grossherzogthum Hessen. Der Boden ist eben und fruchtbar, wird vom Main, der Nidda und Ursel bewassert und gut an- gebaut, obwohl die Landwirthschaft den grossen Bedarf der star- ken Bevolkerung nicht zu decken vermag. Die Bewohner, iiber 76.000, sind iiberwiegend Protestanten , doch leben auch uber 11.000 Katholiken und an 5000 Juden in Frankfurt. Zum Ge- biete des Freistaates gehoren zudem eine Vorstadt (S achedi 1 ai Mn und 8 Dorfer. 09 Frankfurt, seit 1816 der Sitz des deutschen Bundestagee, be- sitzt zahlreiche M.mufakturen und Fabriken in Baumwollwaaren, Seiden-, Gold-, Silber-, Bronce- und Galanteriewaaren, Wachstuch, Tabak, Papiertapeten, mechanischen und physikalischen Instrumen- ten, chemische Fabriken , Kupferdruckerschwarze , Eisengiesserei u. s. f. Wichtiger ist der Handel , Frankfurt ist eine der ersten Handelsstadte Deutschlands. Die Lage am Main, die von alien Seiten einmiindenden Landstrassen und Eisenbahnen, die zwei gros- sen Messen tragen zur Bliithe des Handels nicht wenig bei, Ist die Stadt auch der wichtigste Platz fur Deutschlands Handel in Wein, Wolle, Seide, Leder, Tabak und Bauholz, so liegt der Schwer- punkt doch im Wechsel- und Geldhandel, der Speditions- handel ist von sehr grosser Auadehnung und auch der Buchhandel ist betrachtlich. Unter den Aktiengesellschaften sind jene der frankfurter Bank," der ,,Rhein- und Main - Schiflahrt" und die Versicherungsgesellschaft ,,Providentia" besonders bedeutend. Zahlreiche Vereine, Lehranstalten und Zeitschriften haben die For- derung der technischen und geistigen Kultur zum Zwecke; insbe- sondere entwickeln die wissenschaftlichen und Kunstanstalten und Vereine in dieser Richtung eine hochst anerkennenswerthe Thatig- keit, deren wohlthatiger Einfluss auch in den verschiedensten Zwei- gen bemerkbar ist. . 113. Das Fiirstenthura Waldeck. Das Furstenthum Waldeck, nahezu 22 QM. gross, besteht aus zwei getrennten Parzellen. Waldeck, iiber 20 QM. gross, ist* von Preussen und Hessen eingeschlossen, Pyrmont, iiber l'/2 DM., umgeben Lippe-Detmold, Hannover und Braunschweig. Beide Landestheile sind gebirgig, vorziiglich der erstere; die Ge- wasser gehoren zum Flussgeader der Weser. Nebst vielen Fisch- teichen hat es einige Mineralquellen, unter denen der Stahlbrunnen von Pyrmont der beruhmteste in Deutschland ist, von dessen Wasser jahrlich iiber 400.000 Flaschen versendet werden. Die Bevolkerung belauft sich fiber 58.000 Seelen , welche mit Ausnahme von etwa 1000 Katholiken und 500 Juden sammtlich Protestanten sind. Die bedeutenderen Orte eind : A r o 1 s e n (2300 Einw.), Korbach (2300), Niederwildungen (2000) und Pyrmont (1400). 1st auch der Boclen im Ganzen steinig und wenig fruchtbar, so hat doch der Fleiss der Bewohner denselben fur den Acker- bau derart giinstig gestaltet, dass er den Bedarf deckt , und in gunstigen Jahren sogar fiir den Export liefert. Auch die Vieh- zucht wird rationell und sorgfaltig betrieben und ubersteigt den Bedarf. Der Bergbau wird zumeist auf Eisen , doch auch auf Kupfer und Salz betrieben, und in der Edder wird etwaa Gold gewaschen. Die gewerbliche Industrie ist von geringem Belange. Der Handel geht auf der Weser nach Bremen, und um- fasst in der Ausfuhr nebst dem Mineralwasser auch Erzeugnisse der Landwirthschaft. Das Postwesen wird von Preussen verwaltet. -- Waldeck ist eine konstitutionelle Erbmonarchie im lutherischen Hause Waldeck. Klun's nandels-Geographie. 2. Aufl. 14 810 . 114. Das Grosskerzogtlium Luxemburg und das Herzogthum Limburg. (Siehe Konigreich der ,,Niederlande.") C. Mittlere Staaten. . 115. Das Konigreich Sachsen. 272 n Me 'l e n; 2,040.000 (relativ 7500) Einwohner ; vorherrschend Pro- testanten, an 37.000 Katholiken (darunter die regierende Familie), etwa 1200 Israeli ten ; nach der Na tionalit at Oberdeutsche und gegen 50.000 Wend en (slawischer Abkunft). Grenzen: im 0. Oesterreich, Preussen, im N. Preussen, im W. Preussen, Sachsen- Altenburg, Sachsen-Weimar, Reuss, Baiern, im Einwohner), in lieblicher Gegend an der Elbe, uber welche 2 steinerne Bracken ffihren. KSnigl. Schloss mit dem n grunen Gewolbe" und sehens- werthen Kostbarkeiten ; neues Museum mit der beruhmten Bildergallerie ("Sixtinische 211 Madonna von Raphael, die hell. Nacht von Correggio), Kupferstichkabinet ; der Zwinger mit dem histor. Museum, Naturaliensammlung; japaniscber Palast mit der Bibliothek , Antiken-, Miinz- und Porzellansammlung ; schOne kathol. Hofkircbe, Frauen- und Kreuzkirche. Akademie der Kunste, mediz.-chirurg. Akademie, poly technische und Kriegsschule, Handelslehranstalt, 2 Gymnasien nnd zahlreicbe Privat- lebranstalten. Industrie in physik. und chirurg. Instrnmenten, Bijouterien, Tapetea u. a ; Bierbrauereien, Riibenzuckerfabrik, Stuckgiesserei, kunstliche Mineralwasser {Struve's Anstalt). Lebhafter Handel nnd Verkehr auf der Elbe und den Eisenbah- nen; Wollmarkt; sehr starke Fremdenfrequenz (das ndeutsche Florenz"). Der Plauen'sche Grund durch geognostische Merkwurdigkeiten, Steinkohlengruben uud industrielle Etablissements ausgezeichnet. In der Nahe des kSnigl. Lustschlosses Pillnitz (an der Elbe) der Eintritt in die vielbesucbte ^sachsische Schweiz." Nachst der Residenzstadt verdient besondere Hervorhebung : Leipzig (70000) an einem Arme der weissen Elster und an der Pleisse, mit einer im J. 1409 gestifteten Universitat, 2 Gymnasien, Conservatorium fiir Musik, Zeichenakademie, polytechni- scbe und Handelsschule, zahlreiche Anstalten fiir Beforderung von "Wissenschaft, Kunst, Gewerbe und Handel. Allgemeine deutsche Kredit-Anstalt, Bank, Diskonto- kasse, ritterschaftlicher Kreditverein ; ausjredehnte Industrie in Bijouterien, Leder, Kunstblumen, Mssser- und Nadelwaaren, Wachstuch, Liqueure, musikalische Instru- mente, Oelraffinerien. Grossartig sind die Buchdrnckereien in alien Bicbtungen die- ses Kunstzweiges. Leipzig ist der Mittelpunkt des deufschen Binnen- und des nord- deutschea Buchhandeis und nachst Hamburg die erste Handelsstadt Deutscblands ; auf den 3 Messen grossar tiger Waarenverkehr. Sieg der "Verbundeten iiber Napoleon in der grossen Schlacht vom 16. 18- Oktober 1813. Andere bemerkenswertbe Orte sind : 1. Kreisdirektion Dresden (79 HM., 520.000E.): Dresden Tharand, Pillnitz, Pjrjia^ Schandau, ^Konigstein^ Meissen. Lommatsch, Altenberg. 2. Kreisdirektion Leipzig (63 QM., 450.000 E.): Hubertsburg, Grimma., Wurzen, Oscnatz, Dobeln. Hainichen. " . KreTsdlrektion ^^yickan ffis flMeii . - 750.000 F.inw r Marienberg, Annaberg, Zschoppan. Frankenberg, Mittweida, Chemnitz (32.000), Johann-Georgenstadt. Eibenstock, GlauchauJ80t9e) ? Schneeberg, Werdan, Crimmitschaa Plauen_, Reichenbach. 47 KrelsflireKtion Baujztm. C n OberIausitz" 45 QMeilen, 300.000 E.): Ban t z en (11 000). Kamenz. -LobauT Herrnhut. Zittau, Waltersdorf, Gross-Schonau, Hifschfeld', Ostritz. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Das Konigreich Sachsen gehort in jeder Beziehung zu den kultivirtesten Landern Europa's , und der Wohlstand des Landes hat in der grossen Thatigkeit seiner intelligenten Bewohner eine sichere und feste Grundlage. Der Boden ist zwar mehr bergig als eben, in grossen Strichen (wie im hohen Erzgebirge) sogar mager; dessungeachtet werden fast alle gewohnlichen Produkte in reichem Masse gewonnen, weil die sehr rationell betriebene Landwirth- schaft auf einer hohen Stufe steht. Trotz der Sorgfalt jedoch, welche dem Ackerbau zugewendet wird, deckt der Ertrag an Getreide nicht den Bedarf der in Deutschland relativ dichtesten Bevolkerung. Den fruchtbarsten Getreideboden haben die Gegen- den um Meissen (Lommatsch'scher Pflege), Pegau, Leipzig, Grimma, Leissnig, sowie um Bautzen^ Lobau und Zittau; dagegen gedeihen iin rauhen und gebirgigen Siiden des Zwickauer Kreises nur Hafer wnd KartofFeln. Der Anbau der Hulsenfru chte ist allgemein; die Wiesenkultur wird insbesondere im Erzgebirge und in den Elbeniederungen gepflegt. Unter den Handelspflanzen sind Raps und Rubsen (Dresden, Meissen, Oschatz, Leipzig), der Flachs 14* 212 im Erzgebirge, im Voigtlande und in der Lausitz (Jahresproduk- tion iiber 23.000 Zentner), der Tabak um Dresden und Leipzig (jahrlich an 900 Zentner), die Weberkarde (Lommatsch, Pegau, Dobeln u. s. w.), endlich Hopfen, Krapp und Saflor erwahnens- "vverth. Der verbreitete Obetbau (Dresden, Meissen, Leipzig, Kodlitz) liefert vorziigliche Qualitaten , die ,,Borsdorfer Aepfel" bilden einen ansehnlichen Handelsartikel zumeist nach Nord-Europa. Auch an der Hebung des Weinbaues (zwischen Pillnitz und Meissen) wird ernstlich gearbeitet. Die Forstkultur ist aus- gezeichnet und erfreut sich eines europaischen Rufes. Der grosse Reichthum an Waldungen, namentlich im Erzgebirge, deckt nicht nur den bedeutenden Bedarf des Hiittenbetriebes , es gelangt Holz auch zur Ausfuhr. Fiir die Ausbildung der gesammten Landwirth- schaft und des Forstwesens besteht die k. landwirthschaftliche und Forstakademie zu Tharand. Unter der bedeutenden Viehzucht nimmt die sachsische Schaf- zucht nicht bloss in Sachsen, sondern in ganz Deutschland den ersten Rang ein , und liefert einen der ausgezeichnetsten Rohstoffe (,,sachsische Elektoralwolle'') fur die inlandische Industrie und zur Ausfuhr. (Wollproduktion jahrlich an 12.000 Ztr.) Beriihmt sind die k. Schafereien zu Rennersdorf (bei Stolpen), Hohnstein und Lohmen (sachsische Schweiz). Ihr zunachst steht die Rind- viehzucht im Voigtlande und im Erzgebirge ( erzgebirgische Butter, voigtlandisches Mastvieh). Von geringerer Bedeutung ist die Pferdezucht, auch jene des Borstenviehes ist nicht ausreichend, Viel Federvieh halten die Wenden, die Bienenzucht kommt in der Lausitz vor, und fur die Seidenraupenzucht beeteht eine Muster- anstalt in Leipzig. In Hinsicht des Bergbaues behauptet Sachsen ebenfalls den ersten Rang unter den deutschen Staaten, Hierin hat es in wiseen- schaftlicher wie in technischer Beziehung eine hohe Stufe der Voll- kommenheit erreicht, und die beruhmte Bergakademie in Freiberg tragt hierzu vorziiglich bei. Der Hauptsitz des Bergbaues und Hiittenwesens ist das Erzgebirge, namentlich Freiberg.. Der Me- tallbergbau erstreckt sich auf eine grosse Menge von Erzen ; am bedeutendsten ist die Gewinnung silber haltiger Erze, der Zinji-^ Eisen- und Kobalterze. Die Anzahl der gangbaren Sergge- baude (Gruben und Stollen) betragt an 400, die meisten um Frei- berg. Die Ausbeute betragt jahrlich beilaufig an Silber 80.000 Mark, an Eisen 150.000 Zentner, uber 700 Zentner Zinn u. s. w. im Gesammtwerthe von mehr als 1 '/ 2 Million Thaler. Reiche S^inkohle nl^g er sind im Plauen'schen Grunde, bei Dresden und Zwickau, "BTa iink ohle nla_g_er vorzugsweise uin Zittau und an mehreren Sfetten^~3er" (JberlausHzT Endlich besitzt das Land viel Torf (auf dem Erzgebirge), Kalk- und Sandsteine (Pirna), vor- treff liche JPprzellanerde (bei Aue) ; mehrere Arten von E d e 1 s t e i- nen (im Erzge"blrge~)7~a1's Opale, Karneole, Rubine u. s. w. Nur Salz fehlt, doch erhalt es dieses nach einer besondern Ueberein- kunft von Preussen zu einem bestimmten Preise. Von grosserer Wichtigkeit als die Urproduktion ist in Sachsen 213 die gewerbliche Industrie, die Hauptgrundlage des Nationalreich- thums. Schon seit Jahrhunderten genossen die sachsischen Fabri- kate einen wohlbegriindeten Ruf und in neuerer Zeit haben sie eine solche Vollkommenheit erreicht, dassSachsen zu den ersten Industrie- staaten Europa's geburt. Mehr als die Halfte der Bevolkerung fin- det bierin ihre Hauptnahrungsquelle und ausser Grossbritannien besitzt kein Land verhaltnissmassig so viele Fabriken als Sachsen. In der Gross-Industrie nimmt die Baum w ollf abrikation den-'' ersten Rang ein. Der Hauptsitz der Spinnerei und Weberei ist CJ^emjLLta-, die erste Fabrikstadt Sachsene, dann Plauen, Franken- T>erg, Zschoppau, Mittweida, das ganze Voigtland, ein Theil der Oberlausitz (um Zittau). ,,Chemnitzer - Waare" nennt man Kattun, Piqud, Tiicher, Strumpfwaaren, halbseidene und halbwollene Modezeuge, , JE* I a u.ejilsdae -W-a a r e" sind feine, weisse Baum- wollengewebe, oder'lSloirffselm, Schleier, Gaze, genahte Waare, - und ,,Sebnitzer- Waare" bunte Halbleinen, besonders lich. Die Kattun- und Kaliko-Druckereien sind in und um Chem-**T nitz, auch in Leipzig, Strumpfwaaren in den Bezirken Chemnitz, Augustusburg und Stollberg, ferner baumwollene Bander, Posa- mentirarbeiten u. s. f. um Annaberg, Buchholz, Scheibenberg u. a. O., Bleichen zu Chemnitz, Glauchau, Wersau. Die Fabrikate haben auch im Auslande, selbst auf den iiberseeischen Markten (Strumpf- waaren, Kattune und Mousseline) guten Absatz und ehrenvollen Ruf. Von kaum geringerer Wichtigkeit ist die auf das ausge- zeichnete sachsische Rohprodukt sich stiitzende JWoll waaren- iabrikation, und die Fabriken in Tuch, CasimirpMerinos, Thi- &ef; FlaheTT, Band- und Strumpfwaaren, Miitzen setzen ihre fast durchgehends auegezeichneten Fabrikate in den Nachbarlandern, aber auch in Amerika und im Oriente ab. Die Tuchfabrikation sowohl in hochfeiner als mittelfeiner Waare wird sehr ausgedehnt betrieben und arbeitet fur den Export; am starksten (Werdau, Crimitschau, Reichenbach, Kirchberg u. a.), dann Oschatz, Bischofswerda, Grossenhain, Kamenz, Bautzen, Zittau u. s. w. Un- ter den Kammwollfabrikaten nehmen die Thibets, Merinos und die leichten Gewebe einen hohen Rang ein, worin Reichenbach im Voigtlande eehr vortheilhaft bekannt ist. Der alteste Industrie- zweig des Landes ist die Fabrikation von L^in-e-a-w^-ar^, wo- rin die Lausitz, vorziiglich Zittau nebst tlmgebung den Haupt- sitz bildet. Die Leinendamaste von Gross- und Neu-Schonau und Waltersdorf, die Zwilliche und Drells des letzteren Ortes stehen unerreicht da; erstere zieren die Tafeln der Fiirsten und sind ge- sucht auf alien Markten. Die Handspinnerei des Flachses ist zwar im ganzen Lande ausgebreitet, doch ist sie am vorzuglichsten in der Oberlausitz. Die eachsischen Spitzen, Blonden und ausgenah- ten Waaren aus dem Erzgebirge (Annaberg, Schneeberg, Johann- Georgenstadt, Schonheide, Eibenstock u. a. O.) konkurriren mit Erfolg mit den schweizerischen, englischen und belgischen Waaren. Die zahlreichen Kloppel- und Nahschulen tragen zur Vervollkomm- nung dieses Industriezweiges nicht wenig bei. Die wachsende Fabrikation inSeidenwaaren kommt zumeist in Annaberg, Chem- 214 m'tz, Frankenberg und Penig vor. Die bedeutenden Pa pier fa- briken von Bautzen, Leipzig, Plauen u. s. f. decken nicht den gros- sen Bedarf der zahlreichen und ausgedehnten typographischen An- stalten von Leipzig, des wichtigsten Platzes in Deutschland in dieser Richtung. Sehr bliihend ist die Industrie in Metal] waaren, Die grossten Eisenhammer und Walzwerke sind um Zwickau, Schnee- berg und Potschappel bei ^JineadeD, Maschinenwerkstatten in Chemnitz. Bekannt sind endlich die: Lederarbeiten, chemischen ^abrikate, leonische Gold- und Silberwaaren in Freiberg-, Holz- waaren iin Erzgebirge ^Seifen^ die musikalischen Instrumente in Leipzig und im VoigtlancTe, ausgezeichnetesJPoj^LeJlan in Meis- sen^ und Zwickau, vortreffliche Farben (Meissen, Zwickau, Dres- ? aen) , Strohwaaren auf dem linken Elbeufer , Tabakfabriken, iBierbrauereien , Branntweinbrennereien , SchriftgiessereTeif, BucF- druckereien u. s. w. Zahlreiche Gewerbvereine, sehr gut be- stellte technische und gewerbliche Schulen und die permanente In- dustrieausstellung in Leipzig fcirdern den Aufschwung der sachischen Industrie. Die ausgebreitete gewerbliche Thatigkeit hat einen lebhaften Handel im Gefolge. Die Elbeschiffahrt, die zahlreichen, gut unter- haltenen Landstrassen , die Eisenbahnen, die Bank zu Leipzig und andere Kreditanstalten , die Borsen , die Leipziger Messen fordern den sachsischen Handel, der in Hinsicht auf die Leipziger Mes- sen (Ostern, Michaelis und Neujahr) mit Recht Welthandel genanut werden kann. Auf diesen Messen entwickelt sich ein ausgedehn- ter und vielseitiger Verkehr, wie nur auf wenig Platzen der Erde, und der Waarenumsatz betragt im jahrlichen Durchschnitte an 75 Millionen Thaler. Nicht nur fast alle europaischen Lander schicken hieher ihre Kaufer und Verkaufer, auch Asien (vornehmlich aus Armenien, Grusien, Persien) und Amerika sind dabei vertreten. Die Ausfuhr umfasst alle friiher genannten Kunsterzeugnisse des sachsischen Gewerbfleisses (im Jahre 1856 im Werthe von 216 Mil- lionen Thaler); bei der Einfuhr sind ausser Kolonialwaaren, sonstigen iiberseeischen Importartikeln und den Rohprodukten fiir die Industrie auch Getreide, Salz, Wein, bohmisches Glas, Papier u. s. f. im Werthe von etwa 186 Millionen Thaler (im Jahre 1856) vertreten. Der Kommissions- und Speditionshandel, wie auch die Wechselgeschafte sind in Leipzig gleichfalls sehr bedeutend. Leip- zig ist endlich der Hauptort des Buch hand els fur die ganze civilisirte Welt; auf den sachsischen Buchhandel entfallt ungefahr der sechste Theil der gesammten deutschen Buchhandlerschaft und in Leipzig bestehen an 150 Buchhandlungen (davon etwa 50 reine Verlagshandlungen). Ausser Leipzig sind wichtigere Handelsplatze: Chemnitz, Dresden, Plauen, Zwickau, Zittau und Bautzen. Be- deutende Wollmarkte werden jahrlich zu Leipzig und Dresden ge- halten. Eine so hohe Stufe in der physischen und technischen Kultur setzt einen bedeutenden Standpunkt in der geistigen Kultur eines Volkes voraus. Der Einfluss von Wissenschaft und Kunst auf die Urproduktion, auf Gewerbe und hohere Industrie, auf den Handels- 215 verkehrist unbestreitbar ein machtiger; ist er auch unmittelbar dem gewohnlichen Auge nicht sichtbar, so wird er bald fiihlbar in dem Wachsen des Nationalwohlstandes , in dem Kampfe mit der Konkurrenz des Auslandes. In der That -mount Sachsen in der geistigen Bildung einen der ersten Platze unter den deutschen Staaten ein; in alien Volksklassen ist ein erfreulicher Fortschritt bemerkbar. Die unterste Stufe bildet die Volksschule , welche jedes Kind vom sechsten Jahre an durch 8 Jahre^u besuchen hat. Sowohl die gelehrten Schulen, als die technischen und sonstigen sehr zahlreichen Spezialschulen sind trefflich eingerichtet und ge- niessen sorgfaltige Pflege und Unterstiitzung. Die polytechnische Schule in Dresden, die mittleren Gewerbeschulen (in Chemnitz, Zittau, Plauen), die Baugewerkschulen (Dresden, Chemnitz, Leipzig, Plauen, Zittau), die Bergakademie in Freiberg, die Akademie in Tharand, die landwirthschaftliche Anstalt zu Liitzschena bei Leipzig, die Handelsschulen , Buchhandlerschule, Kloppel-, Weber-, Stroh- flecht-, Nab-, Stick-, Zeichnenschulen u. s. f. haben glanzende Er- gebnisse bereits geliefert, und Sachsen auf die hohe Stufe der Bil- dung und Kultur, zu heben mitgeholfen, auf welcher wir es jetzt erblicken. /^ir/ \ 16. Das Grossherzogtluim Sachsen- Weimar-Eisenach. Das 66 QMeilen grosse Gross herzogthum besteht aus drei grosseren, von einander getrennten Landestheilen und 23 Enklaven, und ist von etwa 264.000 meist lutherischen Thiiringern bewohnt, unter denen an 11.000 Katholiken und gegen 1500 Juden leben. Die grSsseren Landestheile sind: , Kreis Weimar (33 DM., 134.000 E.), Weimar (13.000), Jena. (7000), & Apolda. Kreis Nenstadt (11 QM., 48.000 E.), Nenstadt an d e r O r 1 a (6000/1 Kreis Eisenach (22 Q]M-> 82.000 E.), Eisenach (11.000), Ruhla (zur Halfte). Die grOsseren Parzellen sind I Ira en an, Altstedt, Ostheimnnd Kalten- n r d h e i m. Der Boden ist theils Berg-, theils Hiigelland, ebene Strecken finden sich nur in den Flussthalern. Am gebirgigsten ist das Fiir- stenthum Eisenach, im Norden vom Th-uringcrwal4--(Wart- burg 1315'), im Suden vom Rhongebirge durchzogen , von der Werra und deren kleinen Zufliissen bewassert. Der Kreis Wei- mar liegt im Thiiringer Hugellande, durch welches die Saale mit der Ilm und einigen anderen Fliisschen den Lauf nimmt. Ilmenau liegt im Thiiringerwalde , Altstedt auf dem sudostlichen Abhange des H a r z e s , der Kreis Neustadt gehort dem V o i g t- 1 a n d e an. f ^> V / A o^v^j Der Boden ist (mit wenigen Ausnahmen) fur den Acker fr nicht besonders gunstig; doch hat der Fleiss der Bevolkerung viele natiirliche Hindernisse besiegt und den Ertrag derart gesteigert, dass die Produktion in der Regel den Bedarf vollstandig deckt. Der ostliche Theil erzeugt viel Roggen und Gerste, um Altstedt Weizen, in den gebirgigeren Gegenden Hafer; im westlichen Theile ist die Ernte nicht ausreichend. Hulsenfruchte, Gemuse und Kar- tofteln werden in Menge produzirt. An Handelspflanzen werden 216 viel Flachs, Hanf (an der Saale) , Riibsamen, Mohn (in Eisenach), etwas Hopfen und mehrere "FarFekrauter gewonnen. Der Obstbau ist namentlich bei Ostheim bedeutend; die Forstkultur liefert Holz iiber den Bedarf (Eisenach, Neustadt), und die Wachholderbeeren gelangen zum Export. In der Viehzucht steht am hochsten jene der Schafe, zunachst steht die Rindviehzucht (Eisenach, Neu- stadt) und die Borstenviehzucht ; die Jagd gewahrt reiche Beute. Der Bergbau auf Eisen (Ilmenau), Kupfer (Eckartshausen), Stein- und Braunkohle ist unwichtig. Salz liefert die Saline Wil- helmsgliickbrunn (bei Kreuzberg an der Werra). Fehlen auch grossere Fabriken , so ist die gewerbliche Thatigkeit im Kleinen doch beachtenswerth, namentlich in Ei- senach und Ruhla. Die wichtigsten Gewerbe sind: Die Woll- und Leinweberei (Neustadt, Weida), die Strumpfweberei in Apolda; Ilmenau erzeugt Eisenwaaren, Glas, Porzellan, Ruhla Eisen- und Holzwaaren, vorziiglich Pf eifenkopfe ; Flanellfabrikation ist in Lengsfeld; bekannt ist die Stein- und Kupferdruckerei in Weimar (insbesonders gute Landkarten aus dem geographischen Institute). Der Handel hat in neuerer Zeit zugenommen, er wird durch die thuringische Eisenbahn und die Bank in Weimar gefordert. Zur Ausfuhr gelangen: Wolle, getrocknetes Obst, Beeren, Woll- und Leinenwaaren, Kurzwaaren aus Ruhla, Fabrikate aus Eisenach und Ilmenau, Topferwaaren , Landkarten aus Weimar. Bedeutsamer ist der Transithandel. Hauptplatze des Handels sind Weimar (mit be- deutenden Wollmarkten) und Eisenach. Die geistige Kultur steht auf einer hohen Stufe. Die Volks- bildung sowie die hohere wissenschaftliche und gewerbliche Bildung erfreuten sich seit jeher besonderer Pflege, Weimar uud Jena haben stets einen grossen Einfluss auf die geistige Entwickelung des Ge- sammtvaterlandes ausgeubt ; ein grosser Theil von Deutschlands gross- ten Mannern wirkte in diesem kleinen Lande (Gothe, Schiller, Herder, Wieland). Zahlreiche Anstalten fiir WissenschaftundKunst sichern dem Landchen einen bleibenden Einfluss in dieser Richtung auch fiir die Zukunft. . 117. Das Hcrzogthum Saclisen-Meiningen-HjlAtou'ffliau&cu. Das Herzogthum Sachsen-Meimngen-Hildburghausen zieht sicli in der Hauptmasse am eiidlichen Abhange des Thiiringerwaldes hin, wahrend zwei grossere Gebiete und eilf Parzellen davon getrennt sind (Krannichfeld zwischen Preussen, Weimar und Schwarz- burg, Kamburg zwischen Preussen und Weimar). Auf den 46 [jjMeilen leben an 166.000 meist lutherische Bewohner * Stadten, mehreren Marktflecken und Dorfern. Die bedeutendsten Orte sind: Meining^n (7000 E.\ Hildburghanscn (5000 E.), Salzungen, Saalfeld, Sonnenberg, Possneck, Eisfeld, Wasungen, Steinach. Das Land ist gebirgig und hat fruchtbare Thaler mit gutem Ackerbaue und ansehnlichem Viehstande. Das Bergland gehort theils dem Thuringerwalde, theils der ostlichen Rhon an. Fast das ganze Land durchstromt die Werra, einen kleineren Theil die Saale, welche die zahlreichen Flusschen des Landes aufnehmen. Die Hauptprodukte der Landwirthschaft, der wichtigsten Erwerbsquelle, bilden Getreide, Obst, Tabak, Gartengewachse und 217 Futterkrauter; der Ackerbau liefert jedoch nicht hinreichend Ge- treide. Die Forstkultur ist sehr bedeutend. Reich ist das Land an schonem Rindvieh und Schafen. Der Bergbau liefert Eisen (bei Steinach), Steinkohlen, viel Schiefer (bei Sonnenberg und Saal- feld), sehr viel Salz (Salzungen, Neusulza, Friedrichshall), Kupfer und Porzellanerde. In der sehr lebhaften gewerblichen Industrie sind hervor- zuheben: die starke Eisenfabrikation (im Oberlande, um Saalfeld), die Webe- und Wirkwaaren, die Glas- und Porzellanfabriken in Lauscha bei Steinach, die Blech- und Holzwaaren, Papiermache"- arbeiten, Schiefertafeln, Spielwaaren in und um Sonnenberg, die Messerschmiedwaaren in Steinbach und Wasungen , dann che- mische und Farbwaaren-Fabriken, Gerbereien, Topfereien, Brannt- weinbrennereien, Tabakfabriken, Getreide-, Schneide- und Schusser- miihlen u. s. w. Der Handel ist verhaltnissmassig ziemlich bedeutend und hierin nimmt Sonnenberg den ersten Platz ein, welches seine ,,Son- nenberger Waaren" bis nach America versendet. Auf der Werra ist starke Holzflb'sserei ; ferners werden ausgeftihrt: Mastvieh, Eisen und Eisenwaaren, Glas, Farben, Porzellan, Grafenthaler Wetzsteine und Schiefertafeln. Forderlich fiir den Handel sind die ,,Landes- Kreditanstalt" und die B mitteldeutsche Kreditbank fiir Industrie und Handel" zu Meiningen, sowie mehrere landwirthschaftliche und ge- werbliche Vereine. Die Volksbildung ist erfreulich vorgeschritten ; fiir gewerbliche und gelehrte Bildung wird durch mehrere Lehranstalten bestens Sorge getragen. . 118. Das Ilerzogthum Sachsen-Koburg-Gotha. Dieses Herzogthum besteht aus zwei^ durch Sacnsen-Meinin- gen und Preussen von einander getrennten Gebieten, dem Herzog- thume Koburg und dem Herzogthume Gotha (und mehreren Enkla- ven). Jenes liegt am eudlichen, dieses am nordlichen Abhange des Thuringerwaldes. Der Flacheninhalt betragt an 37 QMeilen mit 151.000 meist protestantischen Einwohnern, welche in 9 Stadten und mehreren Marktflecken und Dorfern leben. Die wichtigeren Orte sind: ^jiluurg (10.000), Ehrenburg, Neustadt; G_q,tha ^lo.oWi. Waltershausen (Schnepfenthal), Ohrdruf, Friedrichsroda, Tambach, ' Slanenzella (oder Zella), Ruhla (zur Halfte). Der Boden von Koburg ist fast durchgangig Hugelland, von Gotha gebirgig. Koburg gehort dem frankischen Hugellande an, Gotha ist zumeist von dem nordostlichen Abhange des ThiU ringorw aides bedeckt. In den ebeneren Gegenden ist der Boden sehr fruchtbar, das Klima der Produktion zutraglich. Beide Landestheile sind gut bewassert. Koburg durchfliesst die Itz, welche mehrere Fliisschen aufnimmt und nach Baiern zur Miindung in den Main tritt. In Gotha sind die Leine (spater Horsel ge- nannt), die Nesse (Nebenfliisse der Werra), und an der nordost- lichen Grenze die Un strut (Nebenfluss der Saale). Die wichtigste Nahrungsquelle der Bevolkerung ist die sorg- faltig betriebene Landwirthschaft, welche namentlich in Gotha 218 viel Getreide, Hiilsenfriichte, dann Flachs, Obst, Anis, Koriander, Kiimmel , Hopfen und Arzneikrauter liefert. Die Forstkultur ist hochst bedeutend, der Thiiringerwald hat Ueberfluss an Holz. In der Viehzucht ist der grosse, starke Schlag der Kinder benierkens- werth, die Schafe sind meist veredelt, die Pferde von dauerhafter Race ; die Waldungen beherbergen sehr viel Wild. Bergbau findet auf Eisen, Braunstein, Kobalt und Steinkohlen statt ; dann werden gewonnen Thon und Porzellanerde, vortreffliche Miihlsteine (Krawinkel bei Ohrdruf), Marmor und Salz. Die gewerbliche Thatigkeit ist in Gotha viel lebhafter als in Koburg. Zu den wichtigsten Erzeugnissen gehoren die Garn~ spinnerei und Leinenweberei in den Gebirgsgegenden, die be- riihraten Bleichen in Friedrichsroda, Eisen- und Kupferwaaren in Blasienzella, Ohrdruf, Ruhla, Holzwaaren in Ruhla, Por- zellan in Gotha, Lederwaaren, chemische Fabrikate in Gotha und Koburg, mehrere Steinschleifereien, Marmormiihlen, Brannt- weinbrennereien, Tabak- und Seidenfabriken etc. ; beriihmt sind die Landkarten und geographischen Lehrmittel aus dem Verlage von Perthes in Gotha. Der Eigenhandel ist ziemlich ansehnlich, auch der Transit ist beachtenswerth. Zum Export kommen: Farbe- und Arzneikrau- ter, Garn , Leinwand, Ruhla'er Metall- und Holzwaaren (Messer, Pfeifenkopfe , Pfeifenbeschlage), Theer, Kienruss, Porzellan, Mar- morkugeln, Gotha' er Landkarten. Die wichtigeren Platze sind Gotha, Koburg, Neustadt und Ruhla; die zwei ersten versorgen das Land mit Kolonialwaaren. Bedeutende Geschafte unterhalt die Feuer- und Lebensassekuranz-Anstalt in Gotha. Auch die w Zettel- und Diskontobank," die ,,Privatbank" und die ,,Koburg-Gotha'sche Kre- ditanstalt" entwickeln ansehnliche Thatigkeit. Die Fliisse sind nicht schiffbar , doch fordern die thiiringische Eisenbahn und die guten Landstrassen den Verkehr. Die Volksbildung steht im All- gemeinen auf hober Stufe; fur Unterricht und Erziehung bestehen sehr gute Lehranstalten, und zahlreiche Anstalten fur Wissenschaft und Kunst iiben einen erfreulichen Einfluss. . 119. Das Herzogthnm Sachscn-AItenbur^. Das Herzogthum Sachsen-Altenburg, iiber 24 QMeilen gross, und von etwa 134.000 lutherischen Thiiringern bewohnt, besteht aus zwei, durch Gera und den Weimarer Kreis Neustadt von. einander getrennten Landestheilen. Der Gstliche Theil, von der Pleisse und deren Zufliissen bewassert, liegt auf dem aussersten Nordabfalle des sachsischen Berglandes, ist hugelig, fruchtbar, vortrefflich an- gebaut und bringf viel Getreide, Hanf, Flachs und Obst hervor, hat bedeutende Viehzucht, aber keinen Bergbau. Die Einwohner, welche sich durch eine eigenthumliche Tracht und altherkommliche Sitten auszeichnen , scheinen urspriinglich wendischen Stammes zu sein. Die wichtigeren Orte sind: A 1 1 e nb u r ^ (16.000), Ronneburg, Schmolln, Gossnitz, Meuselwitz. *^~" Der westliche Theil liegt theils im sachsischen, theils im thiiringischen Berglande, ist bergig und waldig, weniger fruchtbar 219 und von der Saale bewassert. Die wichtigeren Orte sind: Eisen- berg (5000), Kahla, Roda. Die gewerbliche Industrie ist von geringem Belange. Grosse Fabriken, wie im benachbarten Konigreiche Sachsen, finden sich nicht. Erwahnenswerth sind nur wenige Gewerbe: die Wollen- und Leinweberei, die vortreffliche Gerberei (Altenburg, Kahla, Ei- senberg), Topferei (Altenburg, Kabla), Porzellan- und Steingut- Fabrikation , Ho.lzwaaren und die Verarbeitung einiger Boden- Erzeugnisse. N t Der Handel ist ziemlich bedeutend. Aus dem Osttheile wer- den exportirt : Getreide, Vieh, Wolle, Wollgarn, aus dem Westtheile: Brenn- und Nutzholz und Holzwaaren. Auch der Durchfuhr- und Speditionshandel ist ausgedehnt und Altenburg, der anaehnlichste Handelsplatz, macht grosse Wechselgeschafte. Die Leipziger Eisen- bahn und die Saale fordern den Verkehr. Die geistigeKultur desVolkes steht auf erfreulicher Hohe; Volksschulen , gelehrte und technische Anstalten sind in entspre- chender Anzahl vorhanden. . 120. Das Furstentbum Schwarzburg-Sondersliauscn. Die Lander der beiden Fiirsten von Schwarzburg bestehen ausser einigen kleinen Parzellen je aus zwei Theilen : der oberen und der unteren Grafschaft (Oberherrschaft und Unterherrschaft). Schwarzburg - Sondershausen hat den grosseren Theil der Unter- herrschaft. Schwarzburg - Sondershausen , mit einer Gesammtflache von 15 QMeilen und von etwa 62.000 lutherischen Thiiringern bewohnt, besteht aus einer Ober- und einer Unterherrschaft. Die Oberherr- schaft, aus zwei grosseren Gebieten bestehend, liegt am Nordab- hange des Thiiringerwaldes und im Thiiringer Hiigelland ; die Gebiete sind durch Weimar'sches , Rudolstadt'sches und Koburg- Gotha'sches Gebiet getrennt, und von der Gera und Una bewasserf. Bemerkenswerthe Orte sind: Arnstadt (6000), Breitenbach, Geh- ren, Langewiesen. ** Die Unterherrschaft, zwischen Preussen und Schwarz- burg-Rudolstadt, dehnt sich fiber einen Theil des Thiiringer Hiigel- landes aus und wird von der Helbe und Wipper bewassert. Grossere Orte sind: Sondershausen (6000), Greussen. Der Boden ist in der Unterherrschaft fruchtbarer, das Klima milder. Die Land wirthsch aft wird rationell betrieben und der er- giebige Ackerbau liefert in der Unterherrschaft Getreide fiber den Be- darf. Kartoffel- und Flachsbau sind sehr ergiebig, Gartengewachse und Obst werden in erheblicher Menge gewonnen. Die Forstkultur lie- fert Holz ffir den Export. Die Viehzucht, namentlich des Rind- und Borstenviehes wie der meist veredelten iSchafe ist bliihend. Der Bergbau geht auf Eisen (bei Gehren), Blei, Mfihlsteine, Salz (Fran- kenhausen), etwas Silber und Kupfer. Die gewerbliche In- dustrie ist von geringer Bedeutung, am starksten in und um Arn- stadt. Relativ am bedeutendsten sind : die Garnspinnerei, Lein- und Wollweberei, der Hiittenbetrieb und die Metallwaaren* Weiters die Gerbereien, ein paar Porzellanfabriken und Glashiitlen, musikalische Instrumente zu Breitenbach. Der Handel ist geringe. Zur Ausfuhr kommen : Holz und Holzwaaren , musikalische Instru- mente (Drehorgeln), Eisenwaaren, Arzneikrauter. Arnstadt ist der bedeutendste Handelsplatz. Zu Sondershausen besteht die ^thilrin- gische Bank" (Zettelbank und Hypotheken-Institut). Der Volks- unterricht wird zweckmassig geleitet , die geistige Kultur ist befriedigend. . 121. Das Fiirstentlium .Sf^wnr^ ffr pj.Rudol8tadt._ Das Furstenthum Schwarzburg-Rudolstadt, Imt einer Flache von 17 QMeilen und 69.000 lutherischen Thiiringern, hat den gros- seren Theil der Oberherrschaft. Die Ober herrsch a f t besteht aus einem grosseren und mehreren kleinen Gebieten, liegt zwischen den sachsischen Herzogthilmern und Schwarzburg - Sondershausen am Nordabhange des Thiiringerwaldes, und wird von der Saale, der Ilm und einigen Flusschen bewassert. Der Boden ist meist steinig , das Klima rauh. Grossere Orte sind : Rudolstadt (6000 E.), Ilm, Konigsee, Oberweissbach , Blankenburg. Die Unterherrschaft breitet sich im Thiiringer Hiigel- lande (Kyfihauser 1400') zwischen Schwarzburg- Sondershausen und Preussen aus , ist von der Wipper durchflossen, hat einen sehr er- giebigen Boden und ein milderes Klima. Wichtigere Orte sind: Frankenhausen (5000 E.), Schlotheim. Der Produktenreichthum besteht in Getreide, Kartoffeln, Flachs, Obst, etwas Wein (Frankenhausen), Holz und Waldproduk- ten. Der Viehstand ist erheblich. Der Bergbau liefert etwas Silber (bei Leutenberg;, Eisen, Kupfer, Blei, Schwefel, Steine und Porzellanerde; bei Frankenhausen ist eine Saline (60.000 Zentner Salz). Die Industrie ist schwunghafter als im benachbarten Fiir- stenthume. Bekannt sind die Medizinalwaaren von Oberweissbach. Wollenzeug- und Leinweberei sind ziemlich belangreich (in Ilm), dessgleichen die Branntweinbrennereien und Bierbrauereien , einige Glashiitten , Papiermiihlen und die Holzwaaren. In Konigsee ist eine Bleiweiss- und eine Farbenfabrik, in Frankenhausen eine grosse Runkelrubenzuckerfabrik und Leimsiedereien; zahlreiche Gerbereien sind zu Leutenberg, zu Blankenburg eine Lederfabrik u. s. w. Zum Export gelangen Salz, Holz, Getreide, Eisenwaaren, Wollen- zeuge, Porzellan u. dgl. Frankenhausen hat ansehnlichen Woll- handel. Einige Gewerbevereine und das wohleingerichtete Schul- wesen sind anerkennenswerthe Forderungsmittel der physischen, technischen und geistigen Kultur im aufstrebenden Fiirstenthume. . 12%. Das Fiirstenthnm Reusa iilterer Linie. Das Furstenthum Reuss alterer Linie oder Reuss-Greiz ist ein gebirgiges, nicht ganz 7 QMeilen grosses Landchen, im Voigt- lande und im Frankenwalde gelegen, welches durch das Fursten- thum Reuss jungerer Linie in drei Gebiete getrennt ist. Es wird von der weissen Elster und der Saale bewassert, ist reich bewaldet, hat in den Thalern einen fruchtbaren Boden und gemassigtes Klima. 221 Die Zahl der Bewohner betragt nahezu 40.000, welche in zwei Stadten, Greiz (8000), Zeulenroda (5500), zwei Marktflecken und mehreren Dorfern leben. Die Landwirthschaft wird zwar rationell betrieben , der Ackerbau liefert Getreide, Kartoffeln, Flacha, Garten- und Hiilsen- fruchte, jedoch wegen der gebirgigen Bodenbeschaffenheit und der ausgedehnten Waldungen fiir den Bedarf nicht ausreichend. Die Viehzucht, beaonders des Rindviehes und der Schafe ist bedeu- tender, das wichtigste Landesprodukt ist Holz. Der Bergbau lie- fert nebst Eisen viel Schiefer und Sandstein, Die gewerbliche Industrie ist in wollenen und baurawollenen Stoffen zu Greiz und Zeulenroda recht lebhaft, unter dera Landvolke sind die Spinnereien und Holzarbeiten verbreitet. Der gesammte Handel konzentrirt sich in den genannten zwei Stadten ; zur Ausfuhr kommen nebst Holz und Vieh die erwahnten Industrie - Erzeugnisse , vorzuglich Striimpfe, Miitzen und Eiaenwaaren. Fiir die geis tige Kultur der Bevolkerung wird bestens gesorgt. . 123. Das Furstenthum Reuss jungerer Linie. Dieses Fiirstsnthura, etwa 15 n^eilen gross und mit einer Bevolkerung von 80.000 Seelen, liegt im Frankenwalde und im Voigtlande , wird von der Saale , der weissen Elster und mehreren Flusschen bewassert, und beeteht aus drei grosseren nebst einigen kleinen Bestandtheilen. Die grosseren Gebiete sind die Herrschaf- ten Schleiz, Lobenstein und Ebersdorf, Gera und Saalburg. - Die bedeutenderen Orte sind; Schleiz (6000 E.), Gera (14.000), Lobenteein, Ebersdorf, HohenlEuben, .Langenwetzendorf, Kirschdorf, Kostritz. Das Land ist theils gebirgig, tbeils hiigelig, mit weiten Tha- lern und kleinen aber fruchtbaren Ebenen. Die Land wirthschaf t wird sorgfaltig betrieben und liefert in den meisten Landestheilen Getreide iiber den Bedarf, dessgleichen viel Flachs, Rubeamen und Obst. Der Vieh stand, insbesondere des Rindviehes, ist sehr be- deutend und bildet den Hauptreichthum des Landes; auch gibt es mehrere veredelte Schafereien. Die Forstkultur ist von Wiehtigkeit. Der Bergbau geht auf Eisen und Salz, ersteres im Loben- steinischen , das zweite liefert die Saline Heinrichshall (bei Gera) ; auch Alaun, Vitriol, Porzellanerde, Topferthon und Schiefersteine werden gewonnen. Die Industrie ist recht lebhaft, namentlich in Wollle und Baumwolle in fast alien obgenannten Orten. Die be- deutendste Fabrikstadt ist Gera (Gerbereien, Farbereien, Tabak-, Hut- und Kutschenfabriken, Eisengiesserei, Bierbrauereien, Brannt- weinbrennereien u. s. f.), die Bierbrauereien von Kostritz sind be- riihmt ; vortheilhaft bekannt sind die Eisen werke zu Saalburg, die chemische Fabrik in Heinrichshall u. s. w. Der Handel um- fasst nebst den Fabrikaten noch Holz, Schlachtvieh , Butter und Kase. Der wichtigste Handelsplatz ist Gera, bedeutend sind uber- diess: der Holz- und Ochsenhandel zu Saalburg, der Ochsenhandel zu Tanna, sowie die Platze Schleiz, Lobenstein und Hirschberg. Zu Gera besteht eine Handelskammer und die Gera'er Bank." 222 Das Furstenthum 1st durch hohe geistige Kultur ausgezeichnet und auch hierin stehen die gelehrten, gewerblichen und kommer- ziellcn Lehranstalten in Gera obenan. Zu Ebersdorf haben die Herrnhuter eine Erziehungsanstalt. D. Norddeutsclie Staaten. . 134. Das Kunigreich Preussen. 5103 qMeilen; 17,200.000 (relativ 3370) Einwohner, darnnter an 6l/ Protestanten (in Pommern, Brandenburg, Sachsen, Ostpreussen, Schlesien), 37% Ka- tholiken (in Ilheinpreussen, Posen, Westphalen), dann Dissidenten und Israeliten; uach der National! tat etwa 7o/ n Deutsche, an 4 Millionen Slawen und Jnden. Der 6stliche Theil hat 4227 QMeilcn, fiber 12,500.000 Einwohner, der west- liche 855 QMeilen, iiber 4'/ 2 Millionen Einwohner, Hohenzollern 21 n^ei- len, fiber 63000 Einwohner, Gebiet am Jahdebusen V 4 QMeile mit 230 Ein- wohnern. Untheilbare konstitntionelle Erbmonarchie. Die Krone ist in dem Man- nesstamme des protestantischen Hauses Hohenzollern nach dem Kechte derErst- geburt und der agnatischen Linealfolge erblich. Das Konigreich Preussen besteht aus zwei getrennten Haupt- theilen, dann einem isolirten Gebiete in Siiddeutschland Hohen- zollern und mehreren kleinen , auf fremdem Gebiete liegenden Enklaven. Es grenzt mit geringen Ausnahmen an alle deutschen Bundesstaaten. Boden. Der ostliche Haupttheil bildet mit geringen Ausnah- men eine ebene oder wellige Flache ; nur am sudlichen Rande der- selben sind einige Gebirge, als: die Sudeten, der Ha rz und der Thiiringerwald. Der Boden gehort im Ganzen zu dem minder fruchtbaren , besonders sind die Gegenden zwischen der Elbe und der ostlichen Grenze Preussens eine nur durch reichliche Bewasse- rung und fleissigen Anbau veredelte, von einzelnen fruchtreichen Strichen unterbrochene Sandflache. Die Gegenden westlich der Elbe hingegen gehoren zu den fruchtbarsten in Deutschland. Der west- liche Haupttheil zu beiden Seiten des Rhein ist grosstentheils Hii- gel- und Bergland , und wird von Aesten des Weser gebi rges, des Wes ter \valde s, des Hunsriick, der Eifel und der ho- hen Veen durchzogen ; nur der nordliche Theil ist eben. Die lange Kiiste an der Ostsee ist durchaus flach, den Versandungen ausge- eetzt und bildet keinen bedeutenden Hafen. (Siehe das norddeutsche Bergland S. 29.) Gewasser. Preussen wird im Norden von der Ostsee bespiilt (siehe . 102), daa Jahdegebiet liegt an der Nordsee. Die Flu's s e der beiden Haupttheile ergiessen sich in diese zwei Meere ; Hohenzollern hingegen gehort zum Donaugebiete. In die Ostsee fliessen: die Memel (Nje'men), der Pregel, die Weich- s el, die Oder (siehe S. 49); in die Nordsee: die Elbe, die Weser, die Ems, der Rhein (siehe S. 50). Die vielen Seen eind Strand- und Landseen, Die meisten und grossten liegen in Ost- und Westpreussen, in Brandenburg und Pommern. Die Zahl der Siimpfe und Moore verringert sich immer mehr, sie werden in trockenes und fruchtbares Land verwandelt. Kan ale sind sehr zahlreich, welche theils zur Schiffahrt, theils zum Holzflossen, theila zur Entwasserung dienen. (Siehe . 102.) Preussen besitzt end- lich viele Mineralquellen, besonders in Schlesien, in der Rhein- provinz und Westphalen (Aachen, Kreuznach, Rehme und Salzbrunn in Schlesien). Politische Eintheilung. Die preussische Monarchie wird mit Ausnahme des ,,Regierungsbezirkes der hohenzollern'schen Lande" und des ,,Jahdegebietes" in acht Provinz en eingetheilt. Jede Provinz wird in mehrere Regierungebezirke (zusammen 25) und jeder Bezirk inKreise, welche von Landrathen verwaltet werden, getheilt. Ausser den zwei Provinzen Preussen und Posen gehoren alle andern zum deutschen Bunde. Die Haupt- und Residenzstadt ist Berlin (450.000 Einw.) an beiden Ufern der Spree, Sitz aller hohen StaatsbehGrden. Die Stadt hat neuerbaute, regelmassige Stadttheile, sehr schone Strassen und offentliche Platze, unter denen der Wilhelms- platz mit Bildsaulen preussischer Generale; der Lustgarten; der Pariserplatz an dem schonen (mit der Quadriga geschmuckten) Brandenbnrger Thore. Die Friedrichs- strasse ; M unter den Linden"; Opernplatz, Gensdarmenplatz, das Schloss, Museum, Universitats- und Bibliothekgebande, die kathol. HedwSgskirche u. v. a. Berlin ist Mittelpunkt fur Wissenschaften und Kunste in Norddentschland ; auch Industrie und Handel nehmen ungemeinen Aufschwnng. Akademie der Wissenschaften, der bil- denden Kunste und mechaniscben Wissenschaften, Universitat (irn J. 1810 gestiftet) mit ausgezeichneten Anstalten und Sammlungen, 6 Gymnasien u'nd viele andere SpeziaJ- und Mittelschulen, sowohl offentliche als private. Viele Fabriken und Gewerbe fur Seiden-, Baumwoll-, Gold-, Silber- und Lackwaaren, Mobel, Maschinen, Eisengusswaaren, Porzellan; Borse; bedeutende Geldinstitute ; wichtiger Buch- uud Wollhandel. Viele Humanitats- und Sanitatsanstalten. Andere bedeutendere Orte sind: 1. Provinz Braiideuhurg. 734 Q M., 2,254.000 (relativ 3076) Einwobner: XlftbOO, Berlin (450.000). 8 <~v*Jl*4^-*^ L l.Wvu.'Vtt. Potsdam: Potedttm C41.000), Sanssouci, Charlottenburg, ^paa- dau, Brandenburg, Neu-Ruppin, Prenzlow ; l~i & 2. Reg. -Be z. Frankfurt: Frankfurt an der Oder (33.000.., _Kustrin, Gu- Jifin^. Kottbus, Landsberg. ^lillichau, Krossen, Sorati. . 2. Proviiiz~ToDlinerj>, 577 QM., 1,290.000 (relativ 2240) Ein- wohner: * l.Reg.-Bez. S te t tin : _S t e 1 1 i n 02 OOO), Swinemunde (auf der Insel Usedom), Stargard, Wollin (auf deTTnTeTlVollin) ; v 2. Reg.-BezT"ST?"alsund: StralsuntL (20.000). Greifswalde. Bergen (auf der Insel Rugen), Wolgast, BanEI 3. Reg. -Be z. Koslin: Ko slin (10.000), Koljberg, Stolpe. " 3. Provinz Sachs^JL 460 QM., '"1,862.000 (relativ 4040) Einwohner : l.Reg.-Bez. Magdeburg: Magdeburg (78000., Schonebeck, Halbsrstadt, Quedlinburg, Ascherslebun, Burg, Wernigerode, Sal/.wedel ; 2.Reg.-Bez. Mersebnrg; Merseburg (12.000). Halle. Wittenberg, Torgau, Naumburg. Eisleben. Zeitz, Ufrtzen, Rossbach; 3. Reg.-Bez. Erfurt: Erfurt (34.000), Langensalza, Nordhauscn, Miihlliau- sen^Sahl. \A 4. Provinz , Schlesien, 742 QM.. 3,182.000 (relativ 4300) Einwohner: l.Reg.-Bez. w> "<' Kj^l n n^"A29. nnn) | Brieg, Glatz, Schweidnitz, Wal- denburg, Reichenbach, Frankenstein ^ ^ 2. R e g. - B e*z. L i e g n i t z : L i e g n i t z (14.000), Gorlitz, Glogan, Grunebergj Hirsch- berg, Schmiedeberg, Jauer, Zillerthal, Goldberg, Bunzlau; 3.Reg.-Bez. Oppeln: Oppeln (8400), Neisse, Jiosel, Katibor, ^leiwitz^Tar- nowitz, Malapane. Tr*"" 5. Provinz Posen. 536 QM-, 1,3&3.000 (relativ 2600) Einwohner: l.Reg.-Bez. Posen: P OAiJL (^,000), Meseritsch, _Ljssa, Krotoschin, Hempen, Rawicz ; 2. Reg.-Bez. Bromberg: Brombertr (10.000^. Gnesen. 6. Provinz Jicussiui, 1178 n M -> 2.637jOoTr(relativ 2240) Einwohner: l.Reg.-Bez. Konigsberg: KOnigsberg (83.000), Pillau, Memel, Brauns- berg; - - ' f /> t 224 2. Reg.-Bez. Gumbinnen: Gumbinnen (7000), Tilsit, _Insttliurg, Lotzen, Trakehnen; 3. Reg. -Bez. Danzig! Danzig (70.000), Weichselmiinde, Marienburg, Elbing; 4.Reg.-Bez. Marien werder: Marienwerder (CSOU). Thorn, ^Grauilenz ? 7. Provinz Westphalen, 368 QM., 1,527.000 (rclativ 4150) Ein- wohner : 1. Reg.-Bez. Munster: Munster (26.000), Warendorf, Bocholt; 2. Reg.-Bez. Minden: Minden (14.000), Bielefeld, Paderborn, Herford, H5x- ter, Korvey ; 3. Reg. -Bez. Arnsberg. Arusberg (5000), Iserlohn , Soest, Hamm (in der Emperstrasse : Hagen, Gewelsberg, Schwelm, Langerfeld), Altena, Dortmund, Bochum. 8. Rheinprovinz, 487 Q M -> 3,040.000 (relativ 6240) Einwohner: I.Reg. -Bez. K6ln (100.000), Bonn, Deutz, Miihlheim; 2. Reg.-Bez. Dusseldorf: Dusseldorf (30.000), Elberfeld (42.000), Krefeld (46.000), Barmen (42.000) das Wupperthal , Solingen, Reroscheid, Cleve, Wesel, Kaiserswerth, Ruhrort, Burscbeid, Lennep, Mtihlheim, Duisburg, Kempen, Geldern ; 3. Reg. -Bez. Koblenz: Koblenz (26.000), Ehrenbreitstein, Rhense, Kreuz- nach, Neuwied, Andernach, Wetzlar; 4. Reg.- Be 2. Trier: Trier (20.000), Saarbrucken, Saarburg, Saarlouis; 5. Reg.-Bez. Aachen: Aachen (54.000), Burtscheid, Stollberg, Eschweiler, Eupen, Malmedy, Montjoie, Jiilich. 9. Fiirsteiitiiiini Hohenzollern, 21 QM., 63.000 (relativ 3040) Einwohner: Sigmaringen (2700), Hechingen (3600), Burg Hohenzollern. 10. Hafengebict des Jahdebnsens. Das Kriegshafengebiet zu beiden Seiten des Jahdebusens ist von Oldenburg begrtnzt und hat seine eigene unter der Admiralitat stehende Verwaltung. Die kleineren preussischen Gebietstheile oder Enklaven, die in andern Slaa- ten liegen, sind: Dnckow, Zettemin, Peenwerder, Rottmannshagen, Rutzenfelde, Karlsruhe, Pinnow und Lindow (6 QM. znm Reg.-Bez. Stettin) in Mecklen- burg - Sch werin; Benneckenstein, Hehlingen, Wolfsburg, Hesslingen, Luch- tringen, die Enklave bei Calvorde und der Regenstein (9 QM.) in Braun- schweig; Schierau, Priorau, Most, PSssigk, Repau, LQbnitz und Klinkow (7. 3 , D M in An halt: Kischlitz in Altenburg; Mollschiitz, Alt- lijbnitz (l. M QM.) in Meiningen; Wandersleben, Muhlberg (3. ;s QM.) in Goth a; der Kreis Ziegenriick zwischen Reuss, Rudolstadt, Meiningen, Weimar; Gefell, Sparenberg, Blankenburg, zum Theil Blintendorf in Renss- Schleiz; Schleusingen, zwischen Gotha, Kurhessen, Meiningen, Weimar ; Wetzlar zwischen Grossherzogthum Hessen und Nassau; Lugde in Lippe; Gross-Menow in Mecklenburg; die Grenzdorfer Porep, Suckow, Drenikow und das Rittergut Wolde gemeinschaftlich mit Meoklenburg-Schwerin. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Im Konigreiche Preussen sind guter, mittlerer, sandiger oder felsiger Boden in ziemlich gleichem Verbal tnisse vorhanden, aber auf verschiedene Weise in den einzelnen Landestheilen vertheilt. Trotz- dem bildet die Landwirthschaft, mit welcher sich mehr als die Halfte der Bevolkerung beschaftigt, eine der Hauptquellen des Er- werbes. Am sorgfaltigsten wird sie in den Provinzen Sachsen, Schle- sien, Brandenburg, in Pommern und Preussen betrieben. Der Acker- bau, der immer mehr an Ausdehnung gewinnt, liefert Getreide so- gar zum Export. Die getreidereichsten Provinzen sind Sachsen, Schlesien, Posen, Preussen und die Rheinprovinz; relativ werden weit mehr Roggen und Hafer als die ubrigen Getreidearten ange- baut , doch ist der Export an Weizen mehr als doppelt so gross, denn jener des Roggens. Am ausgedehntesten ist der Weizenbau 225 im ostlichen Schlesien, dann um Magdeburg, Erfurt, in Pommern (Stralsund) , in den Niederungen der Weichsel , in den Bezirken Aachen und Dusseldorf; Spelz im Grossen nur in der Rhein- provinz; Roggen in Preussen, Schlesien und Westphalen, doch ist der preussische auf den auslandischen Markten der geschatzteste ; die Jahresernte an H a f e r ist die relativ starkste. Unter den Hiil- senfruchten nimmt der Anbau der Erbse den ersten Rang ein. Von, hoher Bedeutung ist der Kartoffelbau, namentlich in den ost- lichen Sandgegenden (uber 280 Millionen Scheffel). Gem use ist in alien Theilen reichlich vorhanden, feinere Sorten vorzuglich im Rheinthale. Die Runkelriiben, zumeist ffir die steigende Zucker- fabrikation, gewinnen immer mehr an Ausdehnung , namentlich in Schlesien , Sachsen , Brandenburg und in der Rheinprovinz. Der Flachs, welchen man unter den Handelspflanzen am meisten kul- tivirt, wird am starksten und sorgfal tigs ten in Schlesien und West- phalen (den Hauptsitzen der Leinenindustrie) gebaut, und gelangen erhebliche Mengen noch zur Ausfuhr. Die Produktion an Hanf deckt hingegen nicht den Bedarf . Der Raps ist stark verbreitet, am starksten in den Bezirken Magdeburg und Erfurt. Krapp komrat besonders in Schlesien (Breslau), Waid um Erfurt und in der Rheinprovinz, Safflor um Erfurt und in Schlesien vor. Die Cichorie wird um Magdeburg und in Schlesien, Karden um Breslau, Halle, Burg und Aachen angebaut. Hopfen wird nicht genQgend produzirt; an Tabak wird am meisten in Brandenburg, am wenigsten in Westphalen gewonnen (Jahresproduktion etwa 220.000 Zentner). Durch Gartenkultur sind ausgezeichnet Erfurt, Halberstadt, Magdeburg, Berlin, Dusseldorf und vorzuglich Schlesien. Das beste Obst wachst am Rhein und an der Mosel. Hinsichtlich des We i n b a u e s ist nur die Rheinprovinz von Bedeutung, auf welche an 80% des gesammten Weinbodens entfallen; doch ist die Qualitat nach den Flussgebieten verschieden. Die Jahreeproduk- tion (mit etwa y, Million Eimer) deckt nicht den Bedarf. Bei- nahe 20% der Gesammtflache nehmen die Wai dun gen ein. Den grossten Holzreichthum hat die Provinz Preussen, zunachst stehen Schlesien , Brandenburg und die Berggegenden der Rheinprovinz. Wenig Holz findet sich in den Bezirken Dusseldorf, Merseburg, Erfurt und Minden. Der Holzbedarf des Landes wird im Allgemei- nen gedeckt. Mit den Fortschritten des Wiesenbaues und des Ackerbaues hat sich die Viehzucht zwar gehoben, doch hat sie die wiinschens- werthe HOhe noch nicht erreicht. Am bluhendsten ist die Schaf- zucht (iiber 16 Millionen). Ueber 30% sind Merinos, an 50% halbveredelt, die ubrigen Landschafe. Am starksten ist die Zucht in Brandenburg (Potsdam), Schlesien und Sachsen ; geringe in West- phalen und in der Rheinprovinz. Zu Frankenfelde (im Bezirke Pots- dam) ist eine Stamm- und Musterschaferei mit einem ,,Schafer- Lehrinstitute." Die Rind viehzucht hat sich bedeutend gehoben; schones Rindvieh wird gezogen an der Havel, Warthe und Netze, in den Seitenthalern des Rhein , in den Niederungen der Weichsel, in Pommern, Posen und den Gebirgsgegenden Schlesiens. Der Kluu's Baadols-Geogrraphie. 2. Anil. ^5 226 Pferdestand deckt zwar den Militarbedarf, aber nicht den Be- darf der Landwirthschaft. Die schonsten Pferde hat Ostpreussen. Hauptgestiite sind zu Trakehnen (bei Gumbinnen), Neustadt an der Dosse und Graditz. Die Zahl der Esel und Maulthiere ist ge- ringe, am grossten in Westphalen und in der Rheinprovinz. Die Ziegenzucht findet sich vorzugsweise in den Gebirgsgegenden, Schweine in Westphalen, Pommern und Preussen, Federvieh in Pommern (Ganse) und Preussen, die Bienenzucht zurneist unter der slawischen Bevolkerung ; Honig wird geniigend, Wachs jedoch nicht ausreichend gewonnen. An der Ostsee und in mehreren Fliissen ist die Fischerei ansehnlich. Der Bergbau und das Huttenwesen stehen in Preussen auf pehr hoher Stufe, insbesondere haben der Ko h 1 enbergbau und das Eisenhiittenwesen in neuester Zeit einen beispiellosen Aufschwung genommen. Der Werth der Erzeugnisse betrug im Jahre 1854 fiber 81 Millionen Thaler, wovon auf die Rheinprovinz an 36% und auf Westphalen 24% entfielen. Die Gold gewinnung ist unbedeu- tend, dagegen betrug jene des Silbers nahezu 53.000 Mark (in den Bezirken Oppeln, Merseburg und in der Rheinprovinz). Das meiste Eisen wird im rheinischen und schleeischen, das wenigste im sachsisch-thiiringischen Hauptbergdistrikte produzirt ; im ersten namentlich in den Bergamtern Siegen, Saarbriicken und Diiren. Im Jahre 1857 belief sich der Ertrag aus den gesammten (1615) Gru- ben auf iiber 3 T / 2 Million Tonnen Eisenerz. Zunachst steht an Wichtigkeit die Gewinnung der Steinkohlen (im Jahre 1857 in 503 Gruben fiber 47 T / 3 Million Tonnen) und der Braunkohlen (im Jahre 1857 in 440 Gruben an 18 '/ 4 Millionen Tonnen). Die meiste Steinkohle wird in Westphalen, Schlesien und der Rhein- provinz, die Braunkohle im sachsisch-thiiringischen Distrikte (Mer- seburg), Brandenburg und der Rheinprovinz gewonnen. Zink und Galmei hauptsachlich an der belgischen Grenze bei Aachen, im Bezirke Diiren und in Oberschlesien, Kupfer im Mansfeldi- schen , im Harz , in Schlesien (Tarnowitz), Blei im Bezirke Aachen (Stollberg, Gemiind), dann urn Saarlouis, Trarbach, Siegen und in Schlesien (Tarnowitz) u. s. w. An der ost- und west- preussischen Kiiste (zumeist im Konigsberger Bezirke) wird Bern- stein theils durch Schopfen und Sammeln, theils durch Graben gewonnen, und viel davon nach dem Oriente ausgeffihrt. - - Auch an Salz ist der Staat reich ; die 23 Salinen lieferten im Jahre 1857 nahe 77.000 Lasten im Werthe von fiber 1,750-000 Thalern. Grosse Salinen sind in Halle , Durrenberg (bei Merseburg), Schonebeck, Kosen (bei Naumburg) u. a. m. Von den nutzbaren Erden sind die Porzellanerde (Mori in Sachsen) , der Pfeifen- und Tcipferthon er- wahnenswerth. In Hinsicht der gewerblichen Industrie nimmt Preussen eine sehr bedeutende Stelle ein ; es gehort unter die wichtigsten Manufakturstaaten Europa's. Erst in unserem Jahrhunderte (seit der Gesetzgebung im Jahre 1810 und der spateren Bildung des Zollvereines), seitdem der Fabriksindustrie und den technischen Gewerben alle Freiheit gegeben ist, und diese durch die Konkurrenz '- rait dem Auslande zur Nachciferung und zum Wettkampfe in der vollkomtnensten Bearbeitung gezwungen warden; seitdem einerseits industrielle Unternehmungen nicht durch kunstliche Mittel und Hil- fen hervorgerufen, sondern aus freiera Antriebe unternommen wur- den, wahrend andererseita griindlicher Gewerbeunterricht, vermehrte und verbesserte Kommunikazionen , Gewerbevereine und Gewerbe- ausstellungen die junge Industrie krafrigten und forderten; erst seit dieser Zeit haben Gewerbe und Handel den Aufschwung ge- nommen, der dieaem Lande eine so bedeutende Stelle unter den europaischen Industriestaaten anweiset. Allerdings steht insbesondere die Grossindustrie mit den klimatischen und sonstigen natiirlichen Verhaltnissen in vielfacher Verbindung. Grosser Reichthum an Me- tallen und an Feuerungsmateriale , bedeutende Wasserkrafte , die Dichtigkeit der Bevolkerung , die landwirthschaftliche Produktion wirken unmittelbar auf die Fabriksthatigkeit ein ; aber viel wich- tiger noch sind die geis ti ge n Faktoren , namlich: Volksbildung und tiichtiger gewerblicher Unterricht, dann die Moglichkeit, seine geistige und physische Kraft unbehindert und frei auf dem unend- licben Gebiete der Arbeit verwerthen zu konnen. Die meiste Fabriksthatigkeit finden wir in den Provinzen: Rheinprovinz und Westphalen, in Mittel- und Nieder- schlesien, in Sachsen und in einigen Gegenden der Mark. Die wichtigsten Erzeugnisse der Industrie sind: die Leinen-, Wol- len-, Baumwollen- und Metallwaaren. Die Industrie in Flachs und Hanf ist eine der bedeutendsten -und altesten in Preussen. Die Garn sp innerei ist als landvvirthschaftlicbe Neben- beschaftigung im ganzen Reiche, am starksten im schlesischen Ge- birge, in Ostpreussen (grobes Garn) , in Westphalen und am Rhein verbreitet; auch die mechanische Spinnerei gewinnt an Ausdehnung, besonders in Schlesien. Das Gleiche gilt von der Leinen weberei, welche ihren Hauptsitz in Schlesien hat, dann in Sachsen , West- phalen, Brandenburg und einigen Theilen der Rheinprovinz verbrei- tet ist. Die beste Waare liefert Schlesien in den Regierungsbe- zirken Liegnitz und Breslau (Hirschberg [Leinwand, Schleier, Brabanter Spitzen], Schmiedeberg, Jauer, Gorlitz , Reich en- bach, Waldenburg, Glatz, Frankenstein); in Sachsen sind die Regierungsbezirke Magdeburg und Erfurt, in Brandenburg jene von Potsdam und Frankfurt , in Westphalen die Regierungs- bezirke Miinster (Warendorf) und Minden (Bielefeld), in der Rhein- provinz der Regierungsbezirk Dusseldorf (Barmen, Elberfeld, das Wupperthal) die starksten Produzenten. Die Gesammtproduktion an Leinwand kann jahrlich annahernd auf 300.000 Zentner (iiber 120 Millionen Ellen) und die Mehrausfuhr auf etwa 50.000 Zentner ge- schatzt werden. Vorziigliche und grosse Bleichen sind im Wup- perthale und in Schlesien. Fur Segeltuch sind Haupforte: Stet- tin, Konigsberg (sehr gute Taue nach Holland) und Danzig. Auch die preussischen Seilerwaaren sind geschatzt. Auf einer bedeutenden Hohe steht die S chafwollindustrie. Die jahrliche Produktion in Wolle- und Halbwollegeweben ist auf etwa 70 Millionen Ellen (jene in Tuch auf 56 Millionen Ellen) an- "*" '. 228 zunehmen , und die Mehrausfuhr an Wolhvaaren betragt an 77.000 Zentner. In der Spinnerei 1st das Handgespinnst vom Maschinen- gespinnst fast ganz verdrangt worden ; ersteres kommt verhaltniss- massig am starksten noch in den Regierungsbezirken Erfurt, Trier, Liegnitz und Diisseldorf vor ; die Maschinenspinnerei ist amstark- sten zu Streichgarn (iiber T / 2 Million Feinspindeln , fur Kammgarn etwa 41.000 Feinspindeln), und zwar in Berlin und in der Provinz Brandenburg, in Schlesien und der Rheinprovinz, wo auch fur Kammgarn die grossten Spinnereien bestehen. Bei dem Aufschwung der Fabrik^tion von Tuch und wollenen Zeugen muss iibrigens Wollengarn noch importirt werden. In der Wollenweberei (vor- ziiglich Tuchfabrikation) sind bedeutend : die Rheinprovinz (Aachen, Eupen, Malmedy, Burtscheid, Elberfeld, Lennep, das Wupperthal), Brandenburg (Kottbus, Guben, Berlin, Potsdam) , Sachsen (Burg, Magdeburg, Quedlinburg, Miihlhausen) und Schlesien (Breslau, Gor- litz). Schone Shawls werden in Berlin , Teppiche ebenda und in Schb'nberg gefertigt; der Hauptsitz der Bandweberei ist im Regie- rungsbezirke Diisseldorf. Die Baumwollindustrie macht gleichfalls grosse Fort- schritte ; sie deckt nicht nur den inlandischen Bedarf, sondern bringt erhebliche Mengen von Fabrikaten zum Export. Die Gesammtpro- duktion von baumwollenen und halbbaumwollenen Geweben kann jahrlich mit mindestens 356.000 Zentnern (an 320 Millionen Ellen) angenommen werden und die Mehrausfuhr davon betragt an 80.000 Zentner. Auch iiierin ist fast ausschliesslich die Maschinenspinnerei vorherrschend, obwohl der Bedarf an Garn nicht durch die einhei- mischen Spinnereien gedeckt wird. Die meisten und grossten Spin- nereien sind in Westphalen und der Rheinprovinz (Warendorf, das Wupperthal, Diisseldorf, Gladbach, Lennep, Kempen u. s. w.) und in Schlesien, die Webereien im Wupperthale, Bielefeld, Schwelm, Gorlitz, Berlin, Zeitz, Eilenburg u. a. m. In der Metallwaaren -Industrie nimmt die Eisen-In- dustrie den ersten Platz ein. Diese ist zunachst von dem Vorkommen des Eisenerzes abhangig. Die meisten Eisenwerke besitzen die Regie- rungsbezirke Oppeln, Arnsberg, Danzig, Aachen und Koln. Am ausgebreitetsten und grossartigsten ist in dieser Richtung die Indu- strie in Westphalen, dann in der Rheinprovinz, in einzelnen Zwei- gen sind aucn Schlesien, Brandenburg und Sachsen beachtenswerth. Insbesondere sind vortheilhaft bekannt: Gusswaren in Berlin, Malapane, Gleiwitz, Konigs- und Laurahutte (Schlesien) und Her- mannshiitte (Westphalen); Stahl in den Regierungsbezirken Arns- berg und Diisseldorf, ebenda Bl ech und Blechwaaren, Draht; Nadeln in Iserlohn, Altena, Aachen, Burtscheid, Koln, Xan- ten ; die E mpers trass e (Westphalen) enthalt zwei Meilen weit eine ununterbrochene Reihe von Eisen- und Stahlhammern, und liefert eine grosse MengeMesser, Scheeren, Sensen, Sicheln, alle Ar- ten grober und kurzer Eisen-, Stahl- und Messingwaaren ; fiir Schneidewerkzeuge ist besonders Solingen beruhmt (Klingen, Messer, Scheeren), dann auch Remscheid; Gew ehrfabriken in Potsdam und Sommerda a. d. Unstrut; Stiickgiessereien _229 in Spandau und Sayn (bei Koblenz); der Maschinenbau ist am erheblichsten in Aachen, Koln, Stettin und Berlin nebst Um- gebung (Moabit), in Buckau, um Konigsberg, Breslau und Liegnitz; die meisten und beaten Messingwaaren liefern Remscheid, Stollberg (bei Aachen) und die Umgegend von Potsdam. Die grossten und zahlreichsten Kupferhammer sind in der Rhein- provinz, dann in Westphalen, Sachsen, Preussen und Brandenburg ; die meisten Kupferschmiede haben die Regierungsbezirke Diissel- dorf und Munster, wo auch viele Roth-, Gelb-, Zinn- und Glockengiesser thatig sind. Die Bron ze wa aren-Fabri- kation ist schwunghaft im Regierungsbezirke Arnsberg und in Ber- lin; die Industrie in Go Id, Silber, Neugold und Neusil- ber u. s. w. ist durch zahlreiche Gewerbe und Manufakturen ver- treten (in Brandenburg, Sachsen, Westphalen u. a. O.) ; bedeu- tend ist die Uhrmacherei (Berlin, Breslau, Diisseldorf). End- lich bestehen viele Manufakturen und Fabriken fur einzelne Zweige der reichgegliederten jjMetallwaaren-Industrie," wodurch diese In- dustrie zu einer der wichtigsten in Preussen heranwachst und nebst der Deckung des inlandischen Bedarfes noch fur den Export liefert. Nebst diesen Hauptindnstrien sind in Prenssen noch hervorzuheben : Die Seidenindustrie hauptsachlich in der Rheinprovinz (Elbe rf eld, Krefeld, Barmen, Gladbach, fiberhaupt im Regierungsbezirke Diisseldorf), dann in Berlin, Frankfurt a. d. Oder, Potsdam u. a. O. Die Produktion betragt fiber 30 Millionen Ellen seidener und halbseidener Waaren, wovon etwa die Halfte ausgefiihrt wird. Die Lederindustrie ist theils handwerksmassig, theils fabriksmassig im ganzen Reiche verbreitet nnd in der Anfnahme, obwohl an Rohprodnkt (schwere Felle und Haute) zum Theil ein Import stattfindet. Die grossten Gerbereien sind in der Rheinprovinz (Malmedy, Koln, Siegen), dann in Berlin, Trier, Stendal. Be- rnhmt sind die Saffiane von Berlin, Stettin, KOnigsberg, Handschuhe von Berlin, Halle, Magdeburg, Breslau, Halberstadt u. a., fur Sattler- und Riemerwaaren sind bekannt Berlin, Breslau, Aachen, K61n, fur Kfirschnerwaaren Posen, Schlesien und Preussen. Auch in der sehr wichtigeu und ausgebreiteten Tabakfabrika- tion steht die Rheinprovinz an der Spitze, zunachst stehen Westphalen und Bran- denburg. Sowohl die Zuckerraf finer i en als die seit dem Jahre 1837 ent- standenen Rnnkelriibenzuckerfabriken sind grosse Anstalteu und haben sich in den mittleren Provinzen, namentlich in Sachsen , ungemein gehoben. Zn den be- deutendsten Raffinerien fur Kolonialzucker gehOren jene in Berlin, Stettin, Konigs- berg, Koln, fur Runkelrfibenzucker Magdeburg, Quedlinburg, Koln, Berlin, Breslau. Die Papierfabrikation ist bedeutend, obwohl das Fabrikat in der Qualitat clem englischen, franzosischen und schweizerischen nachsteht, und die Papier mfi hi en noch zahlreich bestehen. Das beste Papier liefern die rheinischen, westphalischen und Berliner Fabriken ; die bekanntesten sind in Aachen, Dfiren, Gladbach, Iserlohn, Berlin, Liegnitz, Mersebnrg u. a. Das gleiche Verhaltniss besteht bei der Erzeugung von Papiertapeten. Die Glasfabrikation ist am starksten in Schlesien, in der Rheinprovinz und Westphalen ; die meisten Glaser und Glasschleifer sind in den Re- gierungsbezirken Dusseldorf, Merseburg und Potsdam, Spiegelfabriken in Nenstadt a. d. Dosse und K6ln. Vorzugliches Porzellan Hefern Berlin, Waldenburg (Schle- sien), Trier und die Umgegend von Magdeburg; die meisten Handwerker fur irdenes Geschirr leben in den Regierungsbezirken KOnigsberg, Posen, Frankfurt und Liegnitz . Sehr ehrenvollen Rnf geniessen endlich die ch em i schen Fabriken (Rhein- provinz, Brandenburg, Sachsen, Schlesien), die Starkefabriken (Halle), Oel- muhlen (Halle, Tilsit, Konigsberg), Strohhut- nnd Wachstuchfabriken (Ber- lin), Cichorienfab rik en (Magdeburg), wohlrichende Wasser (KOln pro- duzirt jahrlich fiber vier Millionen Flaschen n k6lnisch Wasser"; und Seife, Brannt- weinbrennereien, Bierbrauereien u. s. w. Zu den einflussreichsten F5r- derungsmitteln kSnnen gerechnet werden : die Gewerbeausstellungen, die Ausdehnung ler Gewerbefreiheit, technische Vorbereitungsanstalten, Gewerbevereine, Kredit- und Assekuranz-Gesellschaften u. s. w. Der Handel ist sehr lebhaft. Zahlreiche schiffbare Fliisse und eine lange Seekiiste, mehrere Kanale, gute Landstrassen, ein weit- verzweigtea Netz von Eisenbahnen, die vielen Wochen- und Jahr- markte, die Messen, Asaekuranzen, Banken, Borsen und Handels- kammern befordern denselben. Von besonderem Einflusse sind der ,,deu ts che Zoll v ere in," die Konsulate und Handelsagenten, Zoll-, Handels- und Schiffahrtsvertrage und der hohe Stand der geistigen Kultur. Auch der Transit- und Speditionshandel ist bei der geogra- phischen Lage des Reiches ziemlich erheblich. Die bedeutenderen Handelsplatze fiir den inneren Handel sind: Berlin als Mittelpunkt des gesammten preussischen Handels, Breslau fiir den schlesischen , zum Theil auch polnischen Handelsverkehr mit einem der wichtigsten europaischen Wollmarkte, wichtigen Flachsmarkten und einem eigenen Honigmarkt , EI- berfeld und Barmen, Koln und Diisseldorf fur die rheini- schen Industrie-Erzeugnisse; letztere Stadte sind zugleich Haupt- flatze der Rhein-Dampfschiffahrt und des Rheinhandels, Kob- enz fiir den Weinhandel und die Mosel- und Rheinschiffahrt, Aachen und Gorlitz fiir Tuchgescbafte, Bielefeld fiir den Leinwand- und Malmedy fur den Lederhandel, Sol ing en, Remscheid und Iserlohn mit starkem Handel in Eisen-, Stahl- und Quincailleriewaaren, Magdeburg fur Kolonialwaaren, Spe- ditionsplatz fiir den Elbehandel und mit ansehnlichen Wollmarkten, Frankfurt a. d. Oder mit drei besuchten Messen , starkem Transit auf der "Uder und den "mit ihr verbundenen Fliissen. Auch Halle, Erfurt, Naumburg (Petri-Paul-Messe) u. a. sind fur den inneren Verkehr von Wichtigkeit. Der starkste Getreide- h an del wird in den Ostseestadten getrieben, dann in Neuss, Jauer in Schlesien. Fur den Handel nach aussen sind nebst den genannten Markt-, Mess- und Speditionsplatzen noch die Seeplatze an der Ostsee wichtig: Memel, Konigsberg mit Pillau, Danzig mit der Rhede Neufahrwasser, Stettin mit Swinemiinde, Stralsund, Greifs- walde, Zu Anfang des Jahres 1857 zahlte die Handelsmarine 933 Schiffe langer Fahrt mit nahezu 300.000 Tonnen. Der Seehandel geht vorziiglich nach Grossbritannien, Danemark, Schweden und Norwegen, Russland, den Niederlanden, dann nach Frankreich, Spa- nien, Italien, der Levante und Nordamerika. Gegenatande des Im- portes sind: Baumwolle, Twist, rohe Seide, Farbstoffe, etwas Rohr- zucker, Kolonialwaaren und Sudfriichte, Wein, Thiere und thierische Produkte, Eisen, Hanf und Leinsaat. Ueber die Halfte des Importes entfallt auf Grossbritannien. Gegenstande des Exportes sind: Ge- treide und Holz (die wichtigsten Ausfuhrartikel der Ostseehafen) nach Grossbritannien und den Niederlanden, die Erzeugnisse der bedeutenden, fruher genannten Industrien. Nahezu 2 / 3 der Gesammt- Ausfuhr geht nach Grossbritannien (Getreide, Holz, Flachs, Hanf, Oelsaat, Talg, Zink), etwa 11% nach den Niederlanden (Oelsaat, Flachs, Hanf, Getreide, Holz), dann folgen Danemark, Frankreich, Schweden und Norwegen, Liibeck, Russland u. s. w. Der Export ist bedeutend starker als der Import. 231 Zu Folge des seit dem Jahre 1818 freieren Handelssystems sind alle fremden Waaren (mit Ausnahme der monopolisirten und privilegirten Artikelj zur Ein-, Ans- nnd Durchfuhr erlaubt; sie bezahlen nach einem bestimmten Tarife einen Ein-, Aus- oder Durchgangszoll, wenn nicht voile Freiheit stattfindet. Seit dem 1. Januar 1834 besteht der deutsche Zollverein, welcher mit Ausnahme der beiden meck- lenburgisuhen Grossherzogtbumer, der Hansestadte, von Limburg, Holstein und Lauen- burg alle deutschen Staaten umfasst. Mit dem Osterreichischen Zollvereine ist er seit 1854 und mit Bremen seit 1856 enge verbunden. Freiheit des inneren Ver- kehrs zwischen den theilnehmenden Staaten, Annahme eines gemeinschaftlichen, durch ein verbindliches Zollgesetz gesicherten Zollsystems, und Theilung der rei- nen Einkiinfte des Vereines unter die Theilnehmer nach dem Massstabe der Bevol- kernngsmenge sind die wesentlichen Grnndlagen des deutschen Zollvereines, dessen Einfluss auf Industrie und Handel Deutschlands ein bedeutender ist. Die geistige Bildung des preussischen Volkes ist eine hochst bedeutende. Die Elementarkenntaisse sind allgemein verbreitet , be- sonders unter der deutschen Bevolkerung. Die Lehranstalten sind in der Regel trefflich eingerichtet und gut geleitet. Nebst den vielen mittleren und hoheren Anstalten fiir gelehrte Bildung bestehen auch viele fur den Erwerb und Verkehr. Die Burger-, Gewerbe- und Handwerksschulen, die technischen, land- und forstwirthschaftlichen und bergmannischen Schulen, die Handelslehranstalten (Handels- akademie in Danzig und viele hohere Schulen zu Dusseldorf, Koln, Berlin, Magdeburg, Elberfeld, Aachen, Erfurt, Konigsberg u. a.), die Schiffahrtsvorbereitungs- und die Navigationsschulen verbreiten die erforderlichen Kenntnisse von der untersten bis zur hochsten Stufe technischer und kommerzieller Ausbildung; ihr machtiger Einfluss ist nicht zu verkennen und ein sich stets steigernder. In jeder Richtung gehort somit Preussen zu den kultivirtesten Staaten Europa's. . 125. itanfi&taugreicb Mannovcr. 700 QMeilen, 1,820.000 (relativ 2600) Einwolmer7 uberwiegend Prote- stanten, an 220.000 Katholiken, dann etwa 12.000 Israeliten. Zwei dnrch Braun- schweig getrennte Haupttheile und einige kleinere Gebiete. Grenzenrim 0. Braunschweig, Prenssen (Sachsen, Brandenburg), im N. Mecklenburg-Schwerin, Lauenburg, Hamburg, Holstein, Nordsee, Oldenburg, im W. Niederlande, im *S. Preussen (Westphalen), Lippe-Schaumburg, Kurhessen, Lippe-Detmold , Waldeck, Preusaen (Sachsen). Konstitntionelle Erbmonarchie im lutherischen Hause Brann- schweig-Luneburg. Boden. Der grosste Theil Hannovers gehort dem norddeut- schen Tieflande an, nur beilaufig 20 / sind Hiigel- oder Bergland. Gebirgig ist der ganze siidliche Theil, vom nordlichen Theile nur der Siidrand. Das Hauptgebirge ist der wald- und metall- reiche Harz, woven ein grosser Theil des Oberharzes und ein kleiner des Unterharzes zu Hannover gehoren. Ferner durchziehen das Land Theile des Thiiringer- H iigella ndes (mit dem Gut- tingerwalde) und des westlichen und ostlichen Wesergebirges; zum westlichen Wesergebirge gehoren der Teutoburgerwald und das Osnabriicker-Hugelland, zum ostlichen der Sol- lingerwald zwischen Weser und Leine, und nordlich von diesem der Siintel, das Deister- und Oste rgebirge. Das ebene Land (mit 80 % der Gesammtflache) ist theils Geest-, theils fruchtbares M ars chland ; ersteres besteht aus Haiden, Sand- und Moorboden, letzteres aus fettem Boden. Das Tiefland (an der Nordsee am niedersten) wird durch kiinstliche Damme (Deiche) und Schleussen (Siele) vor den Meeresuberschwemmungen geschiitzt und von einzelnen HQgelgruppen (die jedoch nirgends 600' Hohe erreichen) durchzogen. Das Geestland ist zum Theile vb'llige Ein- ode, zum Theile wird es, wie die von grosstentheils wohlhabenden Landwirthen bewohnte L ii n e burger - Haide, von Jahr zu Jahr mehr kultivirt. Die am meisten wuste Haide und die odeste Ge- gend Deutschlands ist der 5 QMeilen grosse Huimling (ostlich tier Ems, Landdrostei Osnabriick). Von den vielen Mooren (in Ostfriesland, Meppen, uberhaupt in den Landdrosteien Aurich und Osnabriick) sind die meisten wegen des grossen Reich thums an Torf von hoher Bedeutung; in neuester Zeit sind grosse Moor- strecken durch Entwasserung in fruchtbares Land verwandelt wor- fepholz), 110 D M -> 350.000 (relativ 3210) Ein- wohner : 233 Hannover (55.000), Hameln^Nienburg, Rehburg; 2. Landdrostei Hildesheilll (bestehend aus den Furstenthumern Hildcsheia), Gottingen, Grnbenhagen und der Grafschaft Hohnstein) 81 QM., 368.000 (relativ 4540) Einwohner: Hildesheim (17.000), Goslar, GSttingen (11.000), Uslar, Munden^ Eimbeck 3. Berghauptniannschaft Klausthal, 12 QM., 36.000 (relativ 3000) Einwohner : iM|_|. f i..i (10.000), Zellerfeld (5000), Andreasberg, Altenaa ; 4. Lniiddrostei Luneburg (umfassend das Furstenthum Luneburg und den Rest des Herzogthums Sachsen-Lauenburg) 204 CJM., 340.000 (relativ 1670) Einwohner: Lflneburg (14.000'). Celle (13.000), Uelzen, Harburg (10.000); 5. Landdrostei Stade (enthaltend die Herzogthiimer Bremen und Verden und das Land Hadeln), 124 QM., 280.000 (relativ 2275) Einwohner: Stade (8000), Verden (5000), Bremerlehe (Lehe), BremervQrde, Buxtehude, Otterndorf, Geestemiinde ; 6. Landdrostei Osnabriick (bestehend aus dem Furstenthum Osnabruck, der Niedergrafschaft Lingen, der Vogtei Emsbuhren, dem Herzogthume Arenberg-Mep- pen und der Grafschaft Bentheim) 114 QM., 262.000 (relativ 2320) Ein- wohner : n n^h r .-;,.ir pAfvw) Lingen, Meppen, Papenbnrg; 7. Landdrostei Aurich (bestehend aus dem Furstenthume Ostfriesland und dem Harlinger Land nebst den Inseln Hannovers), 45 D M -> 185.000 (relativ 3430) Einwohner: Aurich (5000), Emden (13.000), Leer, Norden. Die Inseln: Norderney, Borkum, Baltrum nnd einige kleinere. Ktilturverhaltnisse im Allgemeinen. Die wichtigsten Erwerbs- und Nahrungsquellen der Bewohner sind die Landwirthschaft und der Bergbau. Liegen auch grosse Strecken ode, wenig oder gar nicht kulturfahig, so ist die Boden- kultur doch ziemlich bedeutend. Am fruchtbarsten und ergiebig- sten sind die Marschen an der Elbe, Weser, Nordsee, der grosste Theil von Kalenberg, Gottingen und Hildesheim. Getreide wird iiber den Bedarf produzirt , am Harz jedoch fast gar keines. Am stErksten wird der Roggen, doch auch Weizen, Hafer und Gerste, in den Haiden Buchweizen angebaut. Die besten Getreideprovinzen sind Ostfriesland, Bremen, Hildesheim und Gottingen. Unter den Hiilsenfriichten werden am meisten Bohnen gepflanzt, welche auch einen ansehnlichen Ausfuhrartikel bilden. Der Gemiise- und Kar- tofielbau ist bedeutend, letzterer vorzuglich in den siidlichen Pro- vinzen. Die Runkelriibe gewinnt an Verbreitung, Oelpflanzen kom- men in grosser Menge, zumeist in Ostfriesland und den nordlichen Provinzen vor; Oelfriichte werden ausgefuhrt, dagegen Oel einge- fiihrt. Sehr bedeutend ist der Flachsbau in alien Provinzen mit Ausnahme Bremens, wo mit Vorliebe Hanf gebaut wird; am vor- ziiglichsten gedeiht der Flachs um Uelzen und in den Marschlan- dern, Flachs sowohl als Hanf werden exportirt. Tabak wird nicht in hinreichender Menge (zumeist an den Ufern der Weser) gebaut; Tabakblatter werden importirt, Tabakfabrikate exportirt. Der Obstbau ist von grosser Wichtigkeit, ausgenommen im Altenlande und Hadeln ; der wichtigste Graslandbau ist im Harze und in Ost- friesland. Die Forstkultur ist in den Gebirgsgegenden bedeutend. Die Viehzucht ist sehr bedeutend, besonders in Ostfriesland, Luneburg und am Harze. Namentlich sind die Pferde- und 234 Rindviehzucht vorzuglich, erstere in Ostfriesland und Liineburg, letztere in den ostfrieslandischen Marschen (nach Hollander Art) und am Harze (nach Schweizerart). Sowohl Pferde und Kinder, als auch die ausgezeichneten Produkte der Milchwirthschaft (Emden'er Kase, Harzbutter) werden exportirt. Die Zucht der veredelten Schafe ist im Wachsen , eine Eigenthiimlichkeit des Landes sind die ,,Haids chnucken," d. i. kleine Schafe mit Hornern und mit grober Wolle, welche heerdenweise in den Haidegegenden gehalten werden. Sehr verbreitet ist in den Marschen und in den kultivir- ten Haidegegenden die Schweinezucht; auf der Liineburger Haide ist die Bienenzucht sehr bedeutend. Sehr lebhaft wird die Fische- rei in der Nordsee, in Fliissen, Seen und Teichen betrieben; fur Emden und Ostfriesland ist der Haringsfang von hoher Bedeutung, welcher an den schottischen Kiisten und Inseln betrieben wird. Mit Singvogeln unterhalten die Harzbewohner einen erheblichen Handel. Der Bergbau iat namentlich auf dem Harze von hochster Wichtigkeit. Der Mittelpunkt ist Klausthal mit Zellerfeld, wo sich die reichen Gruben ,,Dorothea" und ,,Karolina" befinden. Silber (an 50.000 Mark) und Blei (an 75.000, Bleiglatte an 25.000 Zent- ner) sind hier die Hauptprodukte ; der Bergbau und der Hiitten- betrieb sind die Hauptbeschaftigung der Bewohner. Auch in den Gruben von Andreasberg, Altenau und im Rarnmelsberge bei Gos- lar wird Silber gewonnen. Im Oberharze wird der Bergbau zum Theil gemeinschaftlich mit Braunschweig betrieben (,,C o m m u n i o n- Harz"), wovon 4 / T auf Hannover, 3 / 7 auf Braunschweig entfallen. Ausser den erwahnten Produkten werden auch beilaufig 10 Mark Gold jahrlich gewonnen. Eisen (fiber 100.000 Zentner) ist von vorziiglicher Giite, besonders in der Enklave Elbingerode. Auch die Ausbeute an Kupfer (an 7000 Zentner), Zink, Galmei und Ar- senik ist erheblich. Die Ausbeute an Stein- und Braunkoh- len durfte jahrlich mit nahezu 2 Millionen Zentner anzunehmen sein. In den Niederungen ersetzt die ungeheure Menge von Torf den Holzmangel. An Salz (meist Quellsalz) ist das Land sehr reich (uber V 2 Million Zentner jahrlich). Es bestehen 4 Staats- und viele Privatsalinen. Die Liineburger Salzquellen gehoren zu den reichsten in Deutschland. Bekaunt sind endlich die Kalkstein- bruche in den Landschaften Gottingen, Grubenhagen und Kalen- berg, der Gyps bei Luneburg, Alabaster bei Osterode, Tafelschiefer bei Goslar, die Pfeifenerde bei Munden u. s. f. Die gewerbliche Industrie ist im Ganzen geringer als in manchen andern Staaten Deutschlands. Grosstentheils befasst sie sich mit der Verarbeitung der einheimischen Rohprodukte. Die Zahl der Etablissements ist zwar nicht klein, aber die meisten der- selben sind von relativ geringerem Umfange und arbeiten iiber- wiegend nur fur den inlandischen Absatz. Am meisten ausgebreitet ist die Flachsspinnerei uud Leinwandweberei, vorziiglich in Hildesheim und Osnabriick ; doch gehort die Maschinenspinnerei erst der neuesten Zeit an. Zur Forderung dieser Industrie bestehen in vielen Orteu die ,,Linn enl eg en," in welchen das Fabrikat von beeideten Aufsehern gemessen, untersucht uad gestempelt wird. Flachs, Garn und Leinwand werden exportirt. Zwirn wird in Oat- friesland, Spitzen werden in Libenau und Andreasberg, Segeltuch und Taue an der Elbe und Weser (Emden, Leer, Papenburg) verfertiget. DieSchaf- und Baumwollfabrikation deckt nur den Bedarf an ordinarer und mittelfeiner Waare, feine wird importirt. Ansehnliche Tuchfabriken sind in Osterode, Gottingen, Eimbeck, Hameln, Uelzen u. a. Fur die im Allgemeinen unbe- deutende Seidenindustrie sind nur die Webewaaren von Ha- meln und Hannover nennenswerth. Verhaltnissmassig sehr er- heblich ist die L edererzeugung , worun'er die Lohgerbereien von Eimbeck, Hameln, Hannover, Hildesheim, Harburg, Osnabriick, Luneburg, Miinden, Celle u. a., dann das lackirte Leder aus Han- nover und Nienburg, und das Pergament von Bentheim und Schiit- torf einen ehrenhaften Platz einnehmen. Wichtiger ist die Pa- pi e r fabrikation (iiber 60 Fabriken), sowie jene fiir Tapeten, Bunt- papier und Spielkarten. Fiir die T a b a k fabrikation (Emden, Osnabriick, Harburg, Buxtehude, Hannover, Celle), die Oelerzeu- gung (Hannover, Celle, Luneburg) und die Cich or ienfubrikation (Nienburg) bestehen zahlreiche Etablissements. Erwahnenswerth sind: die zahlreichen Bierbrauereien (Goslar'sche ,,Gose," Miin- dener und Hardenberger Bier), Branntweinbrennereien und Ess i gsiedereien , die Zucker r aff inerien und Fabriken (Linden, Miinden, Luneburg, Otmabruck), die Seifen fabrikation {Luneburg), die Gl as fabrikation (am Odterwalde, Siintel, bei Hildesheim), die Schleifereien fiir optische G laser zu Got tingen u. s. f. Von Bedeutung ist die Industrie inHolzwaaren in den Harzgegenden um Luneburg und Bremen; zumeist der starke Schiffbau zu Papenburg, Leer, Emden und um Stade. Von gross- tern Belange aber ist die Industrie in Metallwaaren im Harze. Das meiste Metall wird verarbeitet in der Konigshiitte und in der Rothehiitte im Hildesheimischen , welche namentlich ausgezeichnete Gusswaaren liefern. Viele Eisenhammer und Hiittenwerke, Giesse- reien u. s. w. sind hier thatig. Sehr schone Gewehre kommen aus dem Furdtenthum Grubenhagen (Herzberg) und aus Hannover, schone Stahlwaaren aus Uslar (am Soiling), wo auch grossartige Kupferhammer bestehen, die besten Bleiwaaren vom Scheerenberge bei Osterode, vorziigliche musikalische, mathematische und chirur- gische Instrumente aus Hannover und Gottingen, bedeutende Ma- schinenfabriken sind zu Linden, Osterode, Gottingen, Osnabruck. Viele Bewohner der westphalischen Niederungen suchen wahrend des Sommers ihren Verdienst in Holland (das ,,Hollandsgehen")> wo sie Torf stechen, mahen und an Deichen arbeiten. Die geographische Lage Hannovere an der Nordsee mit ihren sicheren Hafen, Landunsfsplatzen und Buchten, sowie an den durch eine grossartige Schiffahrt belebten grossen Fliissen Deutschlands, und durchschnitten von zahlreichen schiffbaren Fliissen ist fiir den Handel, der sich schon friihzeitig in bedeutendem Umfange, zu- mal an der ostfriesischen Kiiste entwickelt hat , ausserst gunstig. Kanale, gute Landstrassen, mehrere Eisenbahnen, die Banken und Handel s vereine , die hervorragende geistige Kultur und besonders der im Jahre 1854 erfolgte Beitritt zum deutschen Zollvereine iiben einen sehr erfreulichen Einfluss auf die Entwickelung der Industrie und des Handels aus, welche in bedeutendem Aufschwunge begrif- fen sind. Hannover nimmt Antheil am deutschen Grosshandel und hinsichtlich der Qualitat seiner Rhederei den ersten Rang ein. Haupt- seeplatz ist der Freihafen Em den, nachst diesem : Haarburg (mit einem Freihafen), Leer (regelmassige Schiffahrtsverbindungen mit den hollandischen und norddeutschen Seestadten) , Bremerlehe und Papenburg. Die Handelsmarine zahlt an 680 Schiffe und nahezu 1900 Kiistenfahrer. Fiir den Flussverkehr sind wichtig : Miinden (Weser), Celle (Aller), Hannover (Leine), Stade und Haarburg (Elbe), Liineburg (Ilmenau). Ausser den Letzteren sind im Binnen- handel noch bedeutend: Gottingen, Meppen, Lingen, Osnabruck und Bremervorde. Den Handel mit Bergwerksprodukten besorgen Gos- lar und Osterode, Pferdemarkte sind in Weener, Norden und Aurich, im letzteren auch grosse Getreidemarkte, in Uelzen sind Flachs- und Viehmarkte, in Wittmund fur Butter und Kase, in Hannover gros- ser Wollmarkt. Fiir den sehr lebhaften Transit- und Speditions- handel sind Celle, Hannover, Haarburg, Liineburg, Osnabriick und Miinden die Hauptplatze. Zur Ausfuhr kommen: Pferde, Rindvieh, Salzfleisch, Milch- produkte, Flachs, Garn, Leinwand, Wolle, Bergwerksprodukte, Ge- treide, Holz und Holzwaaren, Tabak, Wachs, Papier u. a. ; zur Einfuhr: Kolonialwaaren und Sudfriichte, Hopfen, Wein, Seide und Seidenwaaren , Wollen- und Baumwollwaaren, Glas-, Eisen- und Stahlwaaren, Galanteriewaaren u. a. Die geistige Kultur steht auf hoher Stufe. Die Volksbildung ist im Ganzen sehr beachtenswerth. Jedes Kind ist verpflichtet, die Schule zu beauchen. Fur die gelehrte Bildung bestehen zahlreiche, treffliche Anstalten, unter denen die weltberuhmte Universitat Got- tingen den ersten Rang einnimmt. Unter den Lehranstalten fiir Erwerb und Verkehr gehort die polytechnische Schule in Hannover zu den vorziiglichsten in Deutschland. Die Navigationsschule zu Emden, die Baugewerks- und Handelsschulen, die zahlreichen Ge- werbe-, Real-, Industrie- und landwirthschafdichen Schulen gehoren in jeder Hinsicht zu den besten und fordern die technische und geistige Kultur in sehr anerkennenswerther Weise. Gelehrtenvereine, Vereine fiir Landvvirthschaft, Industrie und Handel bilden das be- lebende Moment in diesem aufstrebenden Lande. . 136. Das Grossherzogthnm Oldenbnrg. 116 D M eilen, 288.000 (relativ 2480) Einwohner; uberwiegend Protestanten, etwa 73.000 Katholiken, dann 1500 Isracliten. Drei getrennte Gebiete: Das Hauptland , Herzogthum Oldenburg, zwischen Hannover, Bremen und der Nordsee, das Furstenthum Lubeck (oder Eutin) liegt in zerstreuten Par- zellen in Holstein, das Furstenthum Birkenfeld im sftdlichen Theile der preussischen Rheinprovinz. Konstitutionelle Erbmonarchie im lutherischen Hause Oldenburg. Boden. Das Herzogthum Oldenburg hat die gleiche natiir- liche Bodenbeschaffenheit wie das Nachbarland Hannover, es gehort 237 zum norddeutschen Tieflande. An der Nordsee, der Weser und der Jahde ist sehr fruchtbares Marschland, welches durch kostspie- lige Deiche gegen das Eindringen des Meeres geschutzt wird. Das Innere des Landes ist Geestland , theils Haiden und Sandboden, theils Torfmoore (oahezu 50 n^eilen). Der Boden des Fursten- thums L ft beck ist ebenfalls fast durchgehends flach, mehr geest- als marschartig, zum Theil mit anmuthigen Hugeln und mit Seen, die mit Buchenwaldern umkranzt sind. Das Furatenthum Birkenfel d ist ein meist steiniges Bergland mit vielen kleinen Thalern ; die wald- reichen Hohen sind Zweige des Idar- und Hochwaldes (Hunsriick). Gewas.ser. Die Nordsee mit dem (an 4 QMeilen grossen) Jahdebusen beepult Oldenburg, die O s t s e e das Furstenthum Lti- beck. Der wichtigste Fluss ist in Oldenburg die Weser, welche die schiffbare Hunte (bei Elsfleth) aufnimmt. Im Norden ist der kleine Kustenfluss Jahde, im Siiden fliesst die Hase. In Liibeck ist die schifFbare Trave, in Birkenfeld die Nahe von Bedeutung. Die meisten Seen hat Liibeck (der Ploner-, Eutinersee u. a.), in Oldenburg sind der Zwischenahn- und der Diimmersee die gross - ten. Die vielen jedoch kleinen Kan ale (,,Sieltiefe") dienen haupt- sachlich zur Entwasserung, werden aber auch zur Schiffahrt be- nutzt. Das Klima ist im Ganzen gemassigt, an den Kusten feucht und nebelig mit haufigen Winden , in Birkenfeld ist es rauher. Politische Eintheilung. Das Grossherzogthum Oldenburg wird in drei Provinzen, das Hauptland dann in Kreise, diese in Aemter und Kirchspiele eingetheilt. Bedeutendere Orte sind im: 1. Herzogthuin Oldenburg, 100 CJM., 232.000 (relativ 2325) Ein- wohner: Oldenburg (9000), Bracke, Elsfleth, Varel (3800), Jever, Delmenhorst, Kloppenburg, Vechta. Die Insel Wangeroge (400 E.). Die vormals (bis zum 1. August 1854) graflich Bentink'sche Herrschaft Kniphausen am Jahdebusen. 2. Ftirsteiithnin Liibeck, 7 QM., 23.000 (relativ 3300; Einwohner: Eutin (3000). 3. Fiirstenthum Birkenfeld, 9 DM., 33.000 (relativ 3600) Ein^ wohner : Birkenfeld (2700), Idar, Oberstein (2800). Kulturverhaitnisse im Allgemeinen. Die wichtigste Erwerbsquelle der Bewohner bilden der Acker- bau und die Viehzucht, welche sorgfaltig betrieben werden. Am ergiebigsten ist der Ackerbau im Marschlande , besonders im ,,Butjadingerlande u (zwischen Jahde und Weser) und im Kreise Jever. In den Marschen wird hauptsachlich Weizen, Gerste, Hafer und sehr viel Raps gebaut, auch Bohnen und Erbaen ; im Geestlande Gerste, Hafer, Buchweizen, Flachs und Hanf, Kartoffeln und Ta- bak. In Lubeck wird die Feldwirthschaft auf holsteinische Art be- trieben und der gute Boden liefert reichlichen Ertrag; hingegen deckt in Birkenfeld der Ackerbau nicht den Bedarf. Der Waldboden nimmt nur etwa 12% der Gesammtflache ein, zumeist in Birkenfeld und hie und da im Geestlande von Oldenburg, in den Marschen herrscht jedoch Holzmangel. In Oldenburg und Liibeck ist die Viehzueht, namentlich vorzuglicher Pferde und Kinder (in den Marechen) sehr bedeutend. Im Geeetlande herrscht die Schafzucht vor, insbesondere viel Haideschnucken. In den Haiden ist auch die Bienenzucht schwunghaft. Die Seefischerei ist bedeutend, dess- gleichen im Zwischenahner Meer; in den Moorgewassern werden viel Blutegel gefangen und exportirt. Der Bergbau, zutneist auf Eisen (Jahresproduktion iiber 10.000 Zentner), dann auf Kupfer, Blei , Steinkohlen, Schiefer, schone Achate und Karneole u. s. f. wird nur in Birkenfeld unterhalten. In Oldenburg und Liibeck sind ausgedehnte Torfstechereien. Die Gewinnung von Seesalz (iiber 30.000 Zentner) ist ansehnlich. Fur die Hebung der Land- wirthschaft ist. die ,,oldenburgische Central-Landwirthschafts-Gesell- schaft" mit mehreren Filialvereinen sehr thatig. Die gewerbliche Industrie ist von geringem Belange ; gros- sere Fabriken eind nur in geringer Anzahl vorhanden. Verhaltniss- massig am starksten ist die uberall verbreitete Garnspinnerei und Leinwandweberei (um Varel), dann die Wollstrumpfstrickerei um Vechta und Kloppenburg. Baumwollfabriken hat Varel, der w i c h- tigsteFabriksort in Oldenburg. Ziemlich erheblich sind die Gerbereien (Birkenfeld) und die Verfertigung von Holzwaaren, snwie einige Tabak- und Zuckerfabriken in Oldenburg, endlich der Schiffbau und die SchifFahrt. Sehr vortheilhaft bekannt eind die Steinschleifereien , besonders der Achate und Karneole zu Idar und Oberstein. Auch in Oldenburg (Vechta und Kloppenburg) ist das ,,Hollandsgehen" ziemlich zahlreich. Mehrere Industrievereine und Biirgerschulen fordern die gewerbliche Thatigkeit. Trotz der giinstigen Lage des Landes ist der Handel mit dem Auslande von keiner Bedeutung. Die verhaltnissmassig wichtigsten Handelsplatze sind : Oldenburg, Jever, Varel (bedeutender Produk- tenhandel), Bracke (Freihafen), Vechta, Elsfleth. Zur Ausfuhr kommen: Pferde, Schlachtvieh, Getreide, Milchprodukte, gesalzenes und gerauchertes Fleisch, Raps, Leinwand, Blutegel, Torf; zur Einfuhr: Kolonial- und Materialwaaren , Siidfriichte, Wein, Bier, Salz, Eisen, alle Arten von Fabrikserzeugnissen. Die Rhederei und Schiffahrt wird am starksten in Oldenburg, Elsfleth, Varel, Jever und auf Wangeroge betrieben. Im Jahre 1855 zahlte die Handelsmarine etwa 560 Fahrzeuge mit nahezu 50.000 Tonnen. In der Volksbildung steht das Land auf der mittleren Stufe unter den deutschen Staaten; die vereinzelten, von einander ent- fernten Wohnungen im Geestlande erschweren den Schulbesuch. Oldenburg besitzt iibrigens eine grosse Anzahl von Volksschulen sowohl, als von Mittel- und hoheren Schulen fur gelehrte Bildung, sowie fur den Erwerb und Verkehr. . 137. Das Herzogthum Braunschweig. 68 nMeilen; 270.000 (relativ 3970) Einwohner; fast ausschliesslich Pro- testanten (nur beilaufig 3000 Katholiken, dann etwa 1500 Israeliten). Drei ge- trennte Gebiete und einige kleine Parzellen. welche sammtlich von Hannover, Preus- sen (Westphalen, Sachs^n) und Anhalt-Bernburg eingrschlossen sind. Das n6rd- liche Gebiet bilden die Kreise: Braunschweig, Wolfenbuttel, Helmstedt, das mittlere: Hol/minurg gelegenen Parzellen. Nachdem (am 23. November 1847) die Linie Kothen im Mannesstamme erloschen war, kam (am 4. Fe- bruar 1853) in Folge eines Vertrages mit Bernburg das Herzogthum Kothen ausschliesslich an Dessau. Das Land ist von der Elbe, der Mulde und Saale und L-inigen kleineren Nebenfliissen der Elbe bewassert; iiberdiess gibt OB mehrere kleine Seen und viele Teiche. In Zerbet ist eine sali- msche Mineralquelle. Bemerkenswerthe Orte sind: Dessau (14.000), Zerbst (10.000), Kothen (7000), Jessnitz, Oranienbaum, Sandersleben, Worlitz, Nienburg. Der ebene Boden ist am linken JElbeufer sehr fruchtbar und der Ackerbau mit der Viehzucht bilden die wichtigste Nahrungs- quelle der Bewohner. Am rechten Elbeufer ist der Boden mehr san- dig, kleine Haiden und hie und da Waldungen bedecken denselben. 243 Die landwirthschaftliche Produktion iibersteigt den Bedarf und bringt vorzuglichen Weizen, gute Obstsorten, einige Handelspflanzen (Krapp, Tabak), Produkte der Milchwirthachaft und Borstenvieh in den Handel. Metalle besitzt das Land keine; aber gute Bausteine, Schiefer, Braun- und Steinkohlen, Topferthon, Porzellanerde und Torf. Die gewerbliche Thatigkeit ist im Ganzen wenig erheblich; eie arbeitet zumeist nur fiir den Lokalbedarf. Die land- licbe Bevolkerung spinnt Flachs und Wolle , die Leinweberei er- streckt sich auf den Hausbedarf; die Tuchweberei ist in Dessau, Jessnitz, Raguhn und Zerbst mehr ausgedehnt. Bedeutender eind die Bierbrauerei , die Branntweinbrennerei , einige Gerbereien (Dessau, Zerbst, Kothen), die Tuchfabrikation (Dessau, Zerbst); relativ am wichtigsten ist die Rubenzuckerfabrikation ; in Nienburg werden auch Sehiffe gebaut. Der Handel ist von untergeordneter Bedeutung, der wichtigste Platz ist Dessau, wo (seit 1856) die ,,deutsche Centralbank," die ,,Kreditanstalt fiir Industrie und Handel," die ,,Landesbank" und die ,,Landrentenbank" bestehen. Dessau und Kothen halten ansehnliche Getreide- und Wollmarkte , Zerbst grosse Yieh-, namentlich Pferdemarkte. Mehrere Vereine sind fur die He- bung der Landwirthschaft und Gewerbe thatig, Die Unterrichtsanstalten sowohl fur gelehrte als fiir gewerb- liche und kommerzielle Bildung sind in bltihendem Zustande, sie er- freuen sich sorgfaltiger Pflege und starken Besuches, . 131. Das Herzogthum AnliaK-Bernbarg. Das Herzogthum Anhalt-Bernburg besteht aus mehreren ge- trennten Gebieten, welche zusammen uber 15 QMeilen gross und von etwa 54.000 meist lutherischen Sachsen bewohnt sind. Das Staats- gebiet zerfallt in das Unterherzogthum (die zerstreuten Lande an der Saale und Elbe umfassend) und in das Oberherzogthum am Unterharze. Ersteres ist ein grosstentheils fruchtbares Flachland, ietzteres ist gebirgig und waldig. Die Elbe, Saale und Bode bewassern das Land ; zudem hat es mehrere kleine Seen und die zwei Mineralquellen Alexisbad und Beringerbad, Grossere Orte sind : a) imUnterherzogthume: Bernburg (10.000), Koswig,Hecklingen; bjimOberherzogthume: Ballenstedt, Harzgerode, Gernrode, Hoym. Im Flachlande bilden der Ackerbau und die Viehzucht die wichtigste Nahrungsquelle ; im Harze der Bergbau und der Hiitten- betrieb. Der Ackerbau liefert Getreide, Hiilsenfruchte, Flachs, Tabak und Riibsamen in ausreichender Menge, auch schones Obst; in der Viehzucht ist die Rindvieh-, Schaf- und Schweinezucht er- heblich. Der Bergbau liefert viel Eisen, Silber (jahrlich an 1800 Mark), Blei und Steinkoblen, Der Mittelpunkt des Bergbaues ist Harzgerode. Mit Ausnahme des bedeutenden Hiittenbetriebes ini Selkethale (im Harze) ist die gewerbliche Industrie !*ehr untergeordnet. Sie arbeitet fur den Lokalbedarf und ist zu- meist nur durch das Kleingewerbe oder die mehrerwahnten ,,land- wirthschaftlichen Nebenbeschaftigungen" vertreten. Sie erstreckt sich auf Garnspinnerei, Leinweberei, Tuchmacherei , Leder und Papier, 16* 244 Steingut und Holzwaaren. Dass der Handel ebenfalls nicht hervorragend ist, ist erklarbar aus dem verhaltnissmaasig geringe- ren Stande , welchen die physische und technische Kultur in dem kleinen Lande einnehmen. Handelsplatze sind Bernburg und Koswig. Fiir die geistige Bildung des Volkes ist durch viele und zweckmassig eingerichtete Lehranstalten sehr gut gesorgt, . 133. Das tirossherzogtham Mecklenbarg-Schwerin. 244 QMteilen, 539000 (relativ 2112) Einwohnerj fast ausschliesslich Pro- testanten (nur etwa 1000 Katholiken, 3000 Israeliten). Nach der Nationalitat slavischen (wendischen) Ursprnnges, aber vollstandig germanisirt. Grenzen: im N. die Ostsee, im 0. Pommern, Mecklenburg-Strelitz, im S. Brandenburg. Hannover, im W. Lauenburg, Mecklenburg-Strelitz (Ratzeburg). Konstitu- tionelle Erbmonarchie im protestantischen Hause Mecklenburg. lioden. Mecklenburg -Schwerin liegt im norddeutschen Tief- lande. Der Boden ist flach, nur hie und da von einzelnen Hiigel- ketten (bis hochstens 570') durchzogen. Die tiefsten Punkte sind an der Ostsee und an der Elbe. Der grossere Theil des Bodens ist fruchtbar, zumeist im nordwestlichen Landestheile ; im Siiden kommen Sandflachen und Torfmoore vor. Gewasser. Das Land ist wasserreich. Auf einer Lange von 25 Meilen wird es von der Ostsee, welche mehrere Meerbusen und Buchten bildet, Wismar (mit der Insel Poel), Salzhoff, Warne- munde (bei Rostock) bespult. Die fliessenden Gewasser gehoren theils zum Gebiete der Ostsee, theils zum Flussgeader der Elbe. In die Ostsee fliessen: die Stepnitz, die War now (der bedeutendste Fluss des Landes), die Recknitz und die Peene; in die Elbe: der Grenzfluss Steckenitz , die Sude mit mehreren Zufliissen und die scbiffbare E 1 d e. Unter den vielen Seen (329) sind viele sehr klein , der grosste See Norddeutschlands ist der Miiritz-See, welcher mittels der Elde mit dem Male how-, K alp in-, Flee- sen- und Plauer-See in Verbindung steht. Der Schweriner- See steht (durch den Abfluss Stoer zur Elde) mit der Elbe in Verbindung. Die Peene fliesst durch den in der ,,mecklenburgischen Schweiz" gelegenen Malchin- und den Ku mmer o w-See. Zahlreiche Schiffahrts-, Verbindungs- und Entwasserungska nale durchschneiden das Land. Die meisten Quellen enthalten Eisen, Salz, Kalk oder Schwefel ; besuchte Seebader sind Dobberan, Warne- munde und Boltenhagen (bei Wismar). Politische Eintheilung. Die Bestandtheile des Grossherzog- thums sind: 1. der inecklenburg ische Kreis oder Herzog- thum Schwerin, 2. der wendische Kreis des Herzogthums Gustrow, 3. der Rostocker Distrikt, 4. das Fiirsten- thum Schwerin und 5. die Herrschaft Wismar. Die Kreise werden in Aemter und Vogteien eingetheilt. Bemerkenswerthe Orte sind: Schwerin (22.000), Ludwigslust, Domitz, Boitzenburg, Grabow, Parchim. Dobberan, Eldena, Gustrow, Butzow, Ivenack, Kostock und Warnemunde, Wismar, Basedow. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Mecklenburg - Schwerin ist ein Agrikulturstaat, nahezu drei 245 Viertheile der Bewohner finden in der sorgfaltig betriebenen Land- wirth scha f t ihre wichtigste Erwerbs- und Nahrungsquelle. Ueber 70% der Gesammtflache sind dem Ackerbaue zugewiesen, der an Roggen , in den sandigen Gegenden an Buchweizen den reichsten Ertrag bietet; auch Weizen , Gerste und Hafer werden angebaut. DieErnte an Hiilsenfruchten (besonders Erbsen), Knollengewachsen (Teltower Ruben um Gustrow), an Handelspflanzen, Farbekrautern 1st ziemlich erheblich. Die Forstkultur ist ansehnlich, sie liefert Holz, vorziiglich Tannen in ausreichender Menge. Der treffliche Wiesenbau hat eine ausgezeichnete Viehzucht im Gefolge. Den ersten Platz nimmt die Pferdezucht ein ; die mecklenburgischen Pferde, auf deren Veredlung und Pflege eine grosse Sorgfalt ver- wendet wird, sind die kraftigsten in Deutschland und werden vom Auslande, namentlich von Frankreich, stark gekauft. Die Rind- viehzucht und die Zucht veredelter Schafe (Gustrow, Toddin) sind bedeutend, mecklenburgische Butter und Wolle sind im Handel geschatzt. Der grosse Bedarf an Schweinefleisch wird durch die Schweinezucht gedeckt und gelangt auch zum Export. Bei dem Wasserreichthum des Landes ist die Fischzucht von Bedeutung; die sehr ausgebreitete Federviehzucht liefert geraucherte Ganse- briiste und Federn in den Handel. An Miner alien ist das Land arm, es besitzt keine Metalle, nur Torf, Kalk, Braunkoh- len , Gyps (bei Lubtheen) und Salz in der Saline zu Siilze (bei Gustrow). Die gewerbliche Industrie ist von keiner Bedeutung. Das Kleingewerbe ist in den Stadten fiir den Lokalbedarf hin- reichend vertreten, dagegen kommen Fabriken und Manufakturen nur sehr vereinzelt und in geringer Anzahl vor; die meisten Kunst- erzeugnisse werden aus dem Auslande bezogen. Die Leinen- und Wollenweberei ist ziemlich verbreitet, liefert jedoch nur ordinare Waare. Die meiste industrielle Thatigkeit findet sich in Rostock (25.000 Einwohner) , wo die Gerbereien , Branntweinbreunereien, Baumwoll-, Tabak-, Papier- und Ziindwaarenfabriken, eine Zucker- siederei und ansehnlicher Schiffbau (Warnemunde) u. s. f. bestehen. In letzterer Hinsicht ist auch Wismar beachtensvverth. ^ In Plan ist eine Maschinenfabrik thatig. Erwahnenswerth sind einige Glas- hiitten, Oel- und Papiermiihlen. Die geographische Lage des Landes zwischen der Ostsee und der Elbe ist fur den Handel sehr gunstig und wurde seit jeher zu einem lebhaften Schiffahrtsverkehr beniitzt. Die Verbesserung der Landstrassen, die Anlegung der Eisenbahnen, die durch Ka- nalisirung hergestellte Verbindung zwischen Schwerin und Hamburg hat auch dem inneren Hamlel grosseren Aufschwung gegeben. Im auswartigen Handel sind Rostock (mit Warnemunde) und Wismar, dann Boitzenburg an der Elbe die bedeutendsten Platze; an diese schliessen sich (auch fiir den inneren Handel) Gustrow, Schwerin, Grabow, Domitz, Parchim und Ribnitz an, wo wie in vielen Dorfern stark besuchte Jahrmarkte gehalten werden. (Wollmarkte und Vieh- markte in Gustrow, Rostock, Wismar, Boitzenburg, Buttermarkte in Grabow.) Ist die Einfuhr an Manufakten, Wein, Koloniahvaarea und Sudfriichten , Steinkohlen und Metallen bedeutend, so wird sie doch von der Ausfuhr im Geldwerthe iibertrofFen ; letztere umfasst Getreide (nach England, Skandinavien und Hamburg), Wolle (nach Berlin, Hamburg, Liibeck), Tabak, Mastvieh (nach Hamburg und Berlin), Pferde (nach Frankreich , auf die Messen nach Leipzig) , Butter und Kase u. s. f. Die Schiffahrt ist sehr ansehnlich, namentlich in Rostock und Wismar. Dampfschiffahrten bestehen zwischen Rostock und St. Petersburg und den inecklenburgischen Hafen, zwischen Wismar und Kopenhagen, zwischen Boitzenburg und Hamburg; auch die Elde, Stoer, Havel und Warnow werden befahren. In Hinsicht der unteren Volksbildung eteht das Land den iibrigen deutschen Staaten zuruck, obwohl in jungster Zeit hierin ein sehr erfreulicher Aufschwung bemerkbar ist. Fur hohere Bii- dung ist gut gesorgt, und zwar sowohl fur die gelehrte als fur die auf Gewerbe und Handel abzielende. Eine Hochschule besitzt das Land in der im Jahre 1419 gestifteten Universitat in Rostock. . 133. Das Grosshcrzogtliuin Mecklenburg-Strelitz. Das Grossherzogthum Mecklenburg-Strelitz besteht aus zwei Gebieten , welche durch Mecklenburg- Schwerin von einander ge- trennt sind. Der 6'stliche Theil, die Herrschaft Stargard, ist von Mecklenburg-Schwerin und Preussen (Brandenburg, Pommernj, der westliche , die Herrschaft Ratzeburg, von Mecklen- burg-Schwerin, Lauenburg und Lubeck begrenzt. Der Flachen- inhalt des Landes betragt an 50 QMeilen mit etwa 100 000 fast auaschliesslich protestantischenEinwohnern. Der Bo den ist durch- aus eben , mit nur wenigen Hiigelketten (Helpterberge 600'), und jenem des benachbarten Grossherzogthums gleich. Der bedeu- tendste Fluss ist die Havel, welche mehrere Seen mit einandei verbindet und ihren Lauf siidwarts nach Brandenburg nimmt. Die Trave ist Grenzfluss gegen Lubeck, deesgleichen deren Nebenfiuss die Wackenitz. Unter den sehr zahlreichen Seen ist der Tollense- See der grosste; die vielen Kan ale sind zumeist Verbindungs- und Entwasserungs-Kanale. Bcmerkenswerthe Orte sind : a) in der Herrschaft Stargard: Neu-Strelitz (8000), Neu - Brandenburg, Stargard, Friedland, Alt-Strelitz, Waldegk, Fftrstenberg, Wesenberg, Mirow; b) in der Herrschaft Ratzeburg: SchOnberg (2000), und ein kleiner Theil der Stadt Ratzeburg. Mecklenburg-Strelitz ist in Bezug auf die physische und tech - nische Kultur seinem Nachbarlande fast ganz gleichgestellt. Auch hier bilden die Landwirthschaft, und zwar vorzuglich der Ackerbau und die sehr ansehnliche Viehzucht die Hauptnahrunge- quellen der Bewohner, indem sie nicht nur den inlandischen Bedarf vollstandig decken, sondern auch fur den Export liefern. Ebenso besitzt das Land keine Metalle, aber Torf und mehrere Erdarten. In der wenig bedeuteuden gewerb lichen Industrie nehmen die Lein- und Wollweberei den ersten Rang wegen der grosten Verbreitung ein ; die Erzeugnisse sind fast ausschliesslich ordinarer Sorte. Die verhaltnissmassig wichtigsten Orte sind Neu-Strelitz. Stargard, Wesenberg und FQrstenberg. Erwahnenswerth sin Tiara" gekront. Parma, Modena , Toscana sind unumschraukte Erbmonarchien. Politische Eintheilung. I. Konigreich Sardinien. Es besteht aus dem Fiir sten- thum Piemont mit dem Herzogthum Montferrat, dem Herzogthum Genua, der Lombardei, und derlnselSar- dinien*). Das Konigreich wird (mit Ausnahme der Lom- *) Im Fruhjahre 1860 sind die Herzogthiimer Parma nnd Modena, das Gross- herzogthum Toscana und die ,,Romngna" mit dem Konigreiche Sardinien n anne- xirt" worden; dagegen hat Sardinien das Herzogthnm Savoyen und die Grafschaft Nizza an Frankreich abgetreten. Die erwahnte ,,Annexion" ist von den europaischen Miichten nicht anerkannt, mehrere haben dagegen protestir*. Auch dem KCnigreiche 266 bar del, deren politische Administration noch nicht organisirt 1st) in 14 Generalintendan zen (Divisionen) und diese in 50Pro- vinzen eingetheilt, welche meist nach ihren Hauptstadten benannt sind. 11' Generalintendanzen mit 39 Provinzen liegen auf demFest- lande, die ubrigen auf der Insel Sardinien. Bemerkenswerthe Orte*) sind in: 1. Piemont mit Montferrat: Turin (180.000), Pignerolo, Susa, Coni (21.000), Alba, Mondovi, Saluzzo, Vercelli (20.000), Casale, Ivrea (9000), Aosta, Alessandria (46.000), Asti, Tortona, Voghera, Novara (18.000), Mortara, Vige- vano, Domo d'Ossola. 2. Genua. Genua (130.000), Chiavari, Spezzia, die Insel Capraja, Novi, Savona (18.000), Acqui. 3. Insel Sardinien (433 QMeilen, 550000 Einwohner, und an 40 kleinere Inseln). Cagliari (32.000), Nuoro (4000), Sassari (26.000). 4. Die Lombardei (370 n^eilen, nahezu 3,000.000 Einwohner). Mai- land (170.000), Monza, Co mo (20.000), Varese, Sondrio (5000), Bormio, Chia- venna, Bergamo (35.000), Treviglio, Caravaggio, Lodi (20.000), Crema, Codogno, Pavia (27.000), Buffallora, Cremona (30.000), Pizzighetone, Brescia (40.000), Toscolano, Desenzano, Chiari, Montechiaro. Ein Theil der Provinz Mantua mit: Castiglione, Sabionetta. (Siehe Anmerknng auf S. 178.) II. Fiirstenthum Monaco. Der kleine, in der Grafschaft Nizza gele- gene Staat zahlt 3 Gemeiodcn: Monaco, Mentone und Roccabruna, die 2 letzteren von Sardinien besetzt. Der Boden ist sehr frnchtbar, besonders an Oel und Siid- fruchten. Monaco hat einen guten Hafen und treibt Handel. Die furstliche Dynastie der Grimaldi (seit 1856 Carl III.) herrscht bier schon seit dem Jahre 968. Die oberste Behorde ist der Staatsrath ; die Jahreseinkunfte betragen etwa 40 000 Gulden. III. Herzogthum Parma. Parma (45.000), Piacenza (30.000), Pon- tremoli (12.000). IV. Herzogthum Modena. Mo den a (32.000), Reggio, Guastalla, Massa, Carrara. V. (jrossherzogthum Toscana. Eintheilnng in 6 Compartimenti und 2 Gouvernements. Florenz (114.000), Signa, Pistoja, Prato, Lucca (25.000), Arezzo (10.000), Montepulciano, Siena (24.000), Grosetto (3000), Piombino, Soana, Pisa (22.000), Livorno (90.000), Insel Elba (7 QMeilen 22.000 Ein- wohner): Porto Ferrajo. Die Inseln: Gorgona, Pianosa, Formica, Monte Christo, Giglio, Gianutri. VI. Rvpublik San Marino. Die kleine, unter papstlichem Schutze ste- hende demokratische Republik besteht aus der Stadt San Marino und 3 Land- gemeinden. Die Bewohner n'ahren sich vom Landbau. Die gesetzgebende Gewalt ist dem sonveranen ,,grossen Rathe" (60 Mitglieder) ubertragen, aus welchem jahrlich der ,,Rath der Zwolf'' gewahlt wird. An der Spitze des Freistaates stehen zwei ,,Capitani reggenti" (regierende Hauptleute), welche aus den adeligen Mitgliedern des grossen Rathes auf 6 Monate gewahlt werden. VII. Kirchenstaat. Der Kirchenstaat zerfallt in den Stadtbezirk von Rom und in 4Legationen, welche in 20 Delegationen (Provinzen) eingetheilt und nach ihren Hauptstadten benannt sind. 1. Stadtbezirk: Rom (176.000) , Ostia, Tivoli , Albano, Viterbo, Orvieto. 2. Legation der Campagna und Maritima: Velletri (11.000), Ter- racina, Frosinone (6000); die beiden Exklaven im Neapolitanischen : Bcne- vento (17.000), Ponte Corvo. 3. Legation von Umbrien: Perugia (32.000), Assisi, Spoleto (7000), Rieti (12.000). 4. Legation der Marken: Ancona (36.000), Urbino (12.000), Pesaro, Sinigaglia, Macer ata (18.000), Loretto, Fe rmo (16.000), Ascoli (9000), Ca- merino (7000). beider Sicilicn steht eine ahnliche Annexion bevor. Auf diese revolutionaren Bcsitz- veranderungen wurde selbstverstandlich hier keine Rucksicht genommen. *) Die mit durchschossenen Lettern gedruckten Stadte sind Hauptorte der gleich- namigen Generalintendanzen Oder der Provinzen. 867 5. Legation der Komagna: Bologna (75.000), Ferrara (30.000), Commachio, Ravenna (16.000), Faenza, Forli (18.000). VIII. Konigreich beider Sicilien. Das Festland des K6nigreicb.es wird in 15, die Insel Sicilien in 7 In ten danzen (Provinzen) eingetheilt. Gebrauchlich ist auch die Eintheilung des Festlandes in 4 Landschaften : Campanien (Neapel), Abbruzzo (Aquila), Calabrien (Reggio), Apulien (Lecce). Bemerkenswerthe Orte sind: 1. Campanien: Neapel (420.000), Portici, Resina, Puzzuoli, Torre del Greco, Castellamare, Sorrento (die Inseln: Capri, Ischia, Procida), Cas erta (18.000), Capua, Gaeta, Nola, Salerno (12.000), Amalfi, Avellino (15.000). 2. Abbrnzzo: Aquila (15.000), Chieti (14.000), Terramo (11.000), Lanciano, Pesctira. 3. Apulien: Lecce (25.000), Brindisi, Otranto, Taranto, Bari (22.000), Molfetta, Barletta, Canne, Foggia (27.000), Manfredonia, Campo Basso (9000), Potenza (10.000). 4. Calabrien: Reggio (20.000), Sciglio (Scylla), Cosenza (15.000), Ca- tanzaro (12.000), Pizzo, Monteleone. 5. Insel Sicilien (477 D M -)J Palermo (200.000), Monreale, Messina (85.000.), (die 12 liparischen (oder aolischen) Inseln, die bewohnte Insel Stromboli und die unbewohnte Volcano), Trapani (26.000), Marsala, Castro- Giovanni, (die fruchtbaren und bewohnten Inseln Aegaden), Girgenti (18.000), Favara, (die Inseln Pantellaria, Lampedusa u. a.) , Caltanisetta (17.000), Sira- gossa (20.000;, Modica, Catanea (70.000), Mascali, Agosta, Aci-Reale, Cal- tagirone. Unter den zahlreichen, an Denkmalern und Kunstschatzen des Alterthums und des Mittelalters reichen, oder dnrch reizende Lage, den Kunstfleiss, durch Gewerbe oder Handel ausgezeichneten Stadten auf der apenninischen Halbinsel sind besonders hervorzuheben : Horn, die ,,ewige, einzige" Stadt, mit 178.000 E., eine Weltstadt, wie es in diesem Sinne keine zweite gibt. Hier stand die (im J. 753 v. Ch. G. gegrundete) grosse Metropole des beidnischen Romerreiches, und bier ist nach Besiegung des Heidenthums der Mittelpunkt der christlichen Welt, denn der Statthalter Cbristi auf Erden, der Papst, hat hier seinen Sitz. An beiden Ufern des Tiberflusses auf 12 Hugeln erhebt sich die Stadt voll grossartiger Bau- und Bilderwerke des Alterthums, reich an Kirohen (328) und Palasten mit herrlichen Kunstschatzen. Die St. Peters- kirche, die grSsste und prachtvollste auf der Erde, mit dem Grabe des heil. Petrus, und der beruhmten auf 4 kolossalen Pfeilern ruhenden Kuppel; vor der Kirche der St. Petersplatz, der schonste auf Erden, mit kreisformigem Saulengang tind kolossalen Statuen. (Zu der St. Peterskirche wurde im J. 1450 ein Anfang gemacht, 1506 der Grundstein gelegt, eingeweiht ward sie 1626. Die Kosten beliefen sich auf 64 Mil- lionen Thaler). Die eigentliche bischofliche und Hauptpfarrkirchc des Papstes ist St. Johannes im Later an (omnium ecclesiarum urbis et orbis mater et caput) rait der uberaus prachtigen Kapelle Corsini, dem Battisterio (Taufe von Juden und Turken am Ostersonnabend). Andere beriihmte Kirchen sind: die St. Paul's -Kirche, St. Maria ad martyres (das Pantheon des heid. Rom, eine Rotonda), S. Onofrio auf dem Gianicolo mit Tasso's Grab, die deutsche Nationalkirche S. Maria dell' anima, deren Pfarrer Oesterreich ernennt; S. Maria Mag g i ore u. v. a. Papstliche Palaste : der Vatikan, der grosste Palast in Europa, (22 H5fe, 200 Treppen, 4422 [nach andern, wahrscheinlich ubertriebenen Angaben tiber 11,(XK)] Zimmer und Sale, aber in der Regel nur zur Zeit des Conclave bewohnt) mit der Sixtinischen und Paulinischen Kapelle, den Logen und Salen mit Raphael's Meister- werken ; die beruhmteste Bibliothek mit wichtigen Handschriften ; Gemaldesammlung ; erste Antikensammlung der Erde im Belvedere (Laokoon, Apollo vom Belvedere, (ter Torso u. a.); Museum Chiaramonti, Gregoricnum u. a. ; der Later an, bis 1304 papstliche licsidenz; der Quiri nal (Monte Cavallo) gewohnliche Residenz Sr. lleiligkeit. (Pius IX., der 259ste Papst, ffuher Johann Maria Graf Mastai Feretti, geb. zu Sinigaglia am 13. Mai 1792, gekront am 21. Juni 1846.) Man zahlt uber GO grosse Palaste und nicht weniger Villen (Landhauser, villa Borghese) mit Garten, ausgezeichnet durch Bauart, Pracht- und Kunstwerke. Die Engelsburg (Castello di S. Angelo), aus dem Grabmal Hadrians (moles Hadriani) entstanden, mit dem bronzenen Erzengel Michael auf der Spitze dient als Arsenal, Staatsgefangniss, Ar- chiv, Aufbewahrungsort der papstl. Kleinodien. Campidoglio an der Stelle des alten Capitol's mit vielen Kunstwerken; zahlreiche Rninen von Tempeln, Amphi- theatern, Badern, TriumphbOgen, Saulen, Obelisken. Wasserleitungen, Katakomben u. 8. w. Bedentende wissenschaftliche Anslalten : Universitaf, Collegium de propa- ganda fide fur Z5glinge aus alien Erdtheilen zur Heranbildung von Missionaren, die Academia di San Luca fur alle Zweige bildender Kunst; viele Akademien, Schulen, KlOster. Grosser Zusammenfluss von Fremden, namentlich Kunstlern, Kunstliebhabern und Alterthumsforschern. Die Industrie ist ziemlich ansehnlich in Kunstblumen, Darmsaiten, Essenzen, Farbwaaren, Seidenwaaren, kirchlichen Stoffen und Paramen- ten. Einige Theile der Stadt und die Umgebnng (Campagna di Roma) sind im Som- mer wegen der schlechten Luft (malaria) ungesund. Neapel (ital. Napoli, im Alterthume Parthe"nope), 420.000 Einwohner (darunter an 70 80.000 Lazzaroni). Weltberuhmte amphitheatralische Lage am gleichnamigen Golf zwischen dem Vesuv (im 0.) und dem Berg Posilippo (im PP.). Das Innere der Stadt entspricht wenig der reizenden Lage, denn die Stadt mit bei- laufig 50.000 Hausern ist weder regelmassig noch schSn gebaut. Die Altstadt mit dem Geprage des ital. Mittelalters durchkreuzen enge Gassen in regellosen Windun- gen, die Platze (larghi) sind unbedeutende Erweiterungen. Prachtvoll dagegen ist die Neustadt, insbesondere der palastreiche Qnai ,,Chiaja", die Villa Reale, Strasse Toledo u. a. Neapel ist die reichste und belebteste Stadt Italiens, mit schOnen Kir- chen (Kathedrale S. Genaro u. a.), Palasten, vielen KlOstern, Hospitalern, Armen- und Arbeitsbausern. (Konigl. Palast Capo di Monte.) Universitat, Akademie, Schulen der schonen Wissenschaften, der Zeichenkunst und Musik ; grosse Kunst- und Alterthumssammlnngen (aus Hercnlanum und Pompeji), bourbonisches Museum. Das grOsste Theater in Europa (San Carlo). Die Industrie ist erst im Beginne ; einer der wichtigsten Handelsplatze am Mittelmeere, jahrlich laufen an 3000 Schiffe ein; Nationalbank, B6rse und einige Geld- und Creditinstitute. Dampfschiffahrt nach Marseille, Genua, Livorno, Malta. 6 Kastelle, darunter S. Elmo und Dell' Uovo die starksten. Die Umgebungcn sch6n und reich an Sehenswurdigkeiten aller Art. Palermo (200.000) in fruchtbarer Gegend, regelmassig gebaut, die grosste Stadt auf Sicilien. Prachtvolle Kathedrale und andere Kirchen ; Kapuzinerkloster mit beruhmter Gruft; Grabmal Friedrich II.; griechische Denkmaler; grosser konigl. Pa- last mit beruhmter Sternwarte, Universitat, Navigationsschule ; ansehnliche Industrie in Seidenzeug, Leder, Wachs, Korallen, Gold- und Silberwaaren ; lebhafter Handel, Dampfschiffahrt nach Marseille, Malta und Neapel; Rosalienfest im Juli. Florenz fital. Firenze), 114,000 Einw., in fruchtbarer reizender Ebene am Arno, eine der schfinsten Stadte in Europa (,,la bella"). Prachtige Kirchen (Kathe- drale St. Maria del Fiore; die St. Lorenzkirche mit den Begrabnissen der Medici, das beruhmte Battisterio; die Kirche zum heil. Kreuz mit den Grabmalern von Dante, Michel- Angelo, Macchiavelli, Galilei, Viviani u. a.); viele burgartige Palaste durch architektoniscbe Schonheit und Kunstwerke aller Art ausgezeichnet (palazzo Pitti, grossherz. Residenz, mit herrlicher Gemaldegallerie ; pal. degli uffizj mit einer der ersten Kunstsammlungen der Welt [mediceische Venus, Gruppe der Niobe, andere Antiken), die loggia dei lanzi, die schonste Hauptwache der Erde; Universitat; Ac- cademia della crusca; Lyceum der Musik; Akademie der bildenden Kunste; uber- haupt vorzngliche Sammlungen fur Wissenschaften und Kunste. Industrie in Seide, Strobgeflecht, Kunstblumen, Parfumerien, plastische Arbeiten in Marmor, Alabaster, Mosaik und Korallen. Der Handel concentrirt sich in dem befestigten Freihafen Livorno ; Verkehr mit der Levante, Odessa; in Kolonialwaaren, englischen, fran- zosischen und schweizerischen Manufakten; regelmassige Dampfschiffahrt nach Mar- seille, Malta, Neapel und der Levante; auch die Industrie stets wachsend. Turin (ital. Torino), 180.000 Einw., sehr regelmassig gebaut, mit schonen Strassen, grossen Platzen, langen Bogengiingen und prachtigen Palasten ; viele reiche und herrliche Kirchen (Kathedrale S. Croce ; S. Giovanni u. v. a.) ; zahlreiche wis- senschaftliche Anstalten, Universitat, Akademie, kSnigl. Museum mit Sammlung agyp- tischer Alterthumer, Miliiar- und Marine-Akademie ; Arsenal ; Bank, Borse, Miinze, prachtvolles Theater; bedeutende Industrie in Sammt, Bandern, Tapeien, Fayence, Stahl- und Eisenwaaren, Kanonengiesserei ; Industrieschulen fur Arme. Genua (ital. Genova), 130.000 Einw., amphitheatralisch am steilen Abhange des ligurischen Apennin gebaut, mit nur wenig fahrbaren Strassen ; die meisten Strassen sind enge, von vielstockigen Hausern eingefasst und fuhren auf- und ab- warts, sind hie und da durch Treppen verbunden, Felsenspalten sind uberbruckt (Briicke n del Carignano"). Viele Pachtbauten: der Dom; Kirche Annunziata, San Lorenzo; 269 der konigl. Palast, der ehemalige Dogenpalast; Universitat, Marine-Akademie, Navi- gationsschule; Bank, Borse, See- Arsenal. Die industrielle Stadt liefert viel beriihmte Artikel, als: schwarze Seidenstofie, Sammt, Korallen-, Alabaster-, Elfenbein-, Gold- und Silberwaaren, Stickereien, Kunstblumen, Mehlspeisen. Vortrefflicher Hafen; re- gelmassige Dampf'schiffahrt nach alien Hafen des Mittelmeeres ; die alteste Geld-Bauk (seit 1407), lebhafter Handel. In der Umgebung prachtvolle Landhaaser. 31ailaml (ital. MiUno), 170.000 Einw. ; in schoner Fruchtebene zwischen der Olona nnd dem Lambro an schiffbaren Kanalen, die den Tessin mit der Adda verbinden. Das Aussehen des oft zerstSrten und wieder aufgebauten Mailand ist modern und stattlich. Zahlreiche Kirchen und schOne Palaste; unter den ersten der beruhmte Dom, nachst der St. Peterskirche in Horn und dem Dora in Sevilla die grosste Kirche in Enropa (begonnen im J. 1386 vom deutschen Baumeister Heinrich Arler von Ground) zwar widersprechende Baustyle, aber vorherrschend gothisch; aus weissem Marmor mit 4500 marmornen Bildsaulen und durchbrochenen Thiirmchen; auch im Innern prachtvoll. (Grabmahl des heil. Carl Borromaeus). Institut der Wis- senschaften und Kunste in der,,Brera", ehemaligen Jesuitencollegium, mit Bibliothek, Gemaldegallerie, Munz- und Medaillencabinet, Sternwarte; ambrosianische Bibliothek; grosses Theater (della Scala) ; Musikkonservatorium ; Friedenstriumpbbogen (arco della pace) u. a. Prachtbauten. Lebhafte Industrie in Seide, Bijouterien, Wagen, Tischlerarbeiten, Glasmalorei, Zucker, Tabak u. a.; die bedeutendste Handelsstadt in Ober-Italien, insbesondere in Seide, Reis und Kiise. Auf der Strasse nach Pavia das beruhmte Karthauserkloster La Certosa mit einer der prachtvollsten Kirchen in Europa. Kulturverlialtnisse im Allgemeinen. Die mannigfaltigen Abstufungen im Kliina haben ebenso mannigfaltige Verschiedenheit in der Vegetation zur Folge. Im Ganzea ist der Boden von der Natur reich begiinstiget und bringt ohne grosse Anstrengung in der Bebauung einen Ueberfluss der gewohnlichen Ackerprodukte hervor. Der Norden Italiens ist in Hinsicht der Landwirthschaft, der Industrie und des Han dels, so- wie des sich daran kniipfenden Wohlstandes, der Civilisation und Aufklarung dem Siiden mehrfach uberlegen. Weizen, Mais, Maul- beerbaume und Wein gedeihen in grosser Menge in ganz Italien. In Oberitalien ist der Reis neben Weizen und Mais charak- teristisch , dann der Kastanienbaum und die ausgedehute Zucht des Maulbeerbaumes ; der Oelbaum, Siidfriichte und Siissweine beginnen erst jenseits der Apenninen , in Mittelitalien, doch haben Nizza und Genua ebenfalls so ziemlich die gleichen Produkte; Orangen werden erst allgemein von Neapels Nordgrenze ; Tro- penprodukte kommen nur im aussersten Siiden vor, in Unter- it alien, wo die Baumwollstaude (Sicilien und Sardinien), Man- deln, Feigen. Datteln, Granatapfel, das Johannisbrod u. dgl. ge- deihen. Die Walder in den untern Regionen der Apenninen (unterhalb der Eichen , Buchen und Ulmen) sind reich an immer- grunen Baumen , besonders Pinien , Cypressen , Lorbeerbaumen, Myrten u. s. w. ; in den hoheren Regionen der Apenninen und Al- g2n an Eichen, Buchen und Nadelholzern. Die Thiere spielen in insicht der Physiognomic des Landes keine so wichtige Rolle ala die Pflanzen; mit Ausnahme des Buffels, der ein wichtiges Last- thier ist, das zum Theil in halbfreiem Zustande lebt und_ sich namentlich in morastigen Gegeuden aufhalt, sind hier die gleichen Hausthiere wie in Nord-Europa; nur Esel und Maulesel kommen viel zahlreicher vor. 270 Urproduktion. Kaum die Halfte des italienischen Bodena erfreut sich einer rationellen, fleissigen Bebauung, und dooh liefert derselbe einen grossen Reichthum an Ackerprodukten. Am fleis- sigsten ist die Bebauung in der Lombardei, in Piemont, Modena, Lucca, im Arnothale und einigen Landstrichen Neapels; in der Kornkammer des Alterthums, Sicilien, insbesondere der Ebene von Catania, ist fiir den Landbau noch wenig geschehen. Von Wich- tigkeit ist die Reiskultur, durch kiinstliche Bewasserung zur hochsten Vollkommenheit gebracht, wovon die Lombardei, Piemont, die Umgebung von Ferrara und Bologna, und auch die Insel Sar- dinien grosse Quantitaten zum Export bringen. Weizen und Mais werden ebenfalls in grosser Menge, ersterer vorziiglich in Toscana und Neapel, letzterer in Oberitalien gewonnen ; sie liefern das Mehl fiir die Nationalspeisen Maccaroni und Polenta. Ein anderes Haupt- produkt sind die O liven; das daraus gewonnene Oel, namentlich die feinen Qualitaten von Genua, Nizza, Lucca, aus Apulien (Gal- lipoli) bilden einen bedeutenden Ausfuhrartikel. Der Wiesenbau ist insbesondere in der Lombardei und in Parma ausgezeichnet; er wird durch die zahlreichen Bewasserungskanale wesentlich gehoben. Unter den Handelspflanzen sind erwahnenswerth Hanf und Flachs um Bologna und in der Lombardei, Safran und Siissholz in Calabrien und Sicilien, Karden um Bologna, viele Medizinal- krauter. Mit Ausnahme der hohen Alpengegenden Savoyens ge- deiht der Wein in ganz Italien, obwohl die Behandlung der Rebe wie des Weines vieles zu wunschen iibrig lasst. Einige Weine gelten dessenungeachtet als vorziiglich, als: Lacryma Christi und vino greco des Vesuv und mehrere neapolitanische und sicilianische Weine, der Pulciano und Montefia scone in Toscana, die Weine von Modena und Reggio und andere. Einen grossen Reichthum be- sitzt Italien an Sudfriichten. Orangen und Citronen beginnen schon an den Alpenseen, mehr um Nizza, Genua, Massa, beeonders in Neapel und auf Sicilien. Mit Feigen , Mandeln und Korinthen wird von Sicilien ein starker Verkehr getrieben , dann mit Kap- pern, Triiffeln; auch findet sich Johannisbrot, Aloe und Manna, gowie etwas Baumwolle (Altavilla, Biancavilla , in den Provinzen Lecce , Bari und Basilicata) und Zuckerrohr auf Sicilien und in Calabrien. Unter den Zweigen der Viehzucht steht jene der^Seiden- raupe am hochsten, welche in ganz Italien verbreitet ist, am starksten in Piemont mit der Lombardei, dann in Parma, Calabrien und auf Sicilien. Sardinien mit der Lombardei ist der grosste Seidenproduzent in Europa und die Waare wird fiir die vorziig- lichste in Europa gehalten. Zunachst steht die Rindvieh zucht in Ober-, zum Theil noch in Mittelitalien. In der Lombardei und in Parma bildet sie eine der Hauptquellen des Wohlstandes , weil die Kasebereitung vortrefflich und in grossem Umfange betrieben wird. Die Erzeugung des Parmesankases hat nachst dem Gebiete von Parma ihren Sitz in den Umgebungen von Lodi , Pavia und Mailand; dazu kommt der in Gorgonzola (bei Mailand) bereitete Strachinokase. Auch in Toscana und im Kirchenstaate ist die Zucht 271 gtarken Rindviehes ansehnlich. In Toscana beginnen bereits die Buffelheerden, welche gegen den Suden zu stets zahlreicher sind und auch in der Ackerwirthschaft verwendet werden. Namentlich sind der Kirchenstaat undNeapel reich an Buffeln. Die Schaf- zucht ist im Allgemeinen bedeutend, obwohl grosstentheils geringe- rer Race ; in Toscana sind fiber 30 % durch spanische Merinos veredelt. Sehr verbreitet sind die Schafe in Savoyen und auf Sardinien (Mufflon-Schafe wild auf den Bergen), in Parma, am Mittelmeere im Kirchenetaate (Negretti und Pouille , letztere mit eehr feiner Wolle) , und grobwollige in Neapel. Z i e g e n werden gleichfalls in grosser Menge gehalten, doch zumeist zur Milch wirth- schaft und Kasebereitung (Chefrotin-Kase in Savoyen) ; an B o r- stenvieh haben Piemont, Toscana, Modena (Wiirste: Zampette di Modena), Toscana, der Kirchenstaat (Wiirste : Mortadelle di Bologna) grossen Reichthum. Schone Pferde ziehen nur Neapel und Toscana, die iibrigen Theile beziehen Pferde aus dem Aus- lande; dagegen gibt es viel Maulthiere und die schonsten Esel in Europa (Toscana, Kirchenstaat und Neapel). Die Bienenzucht wird auf der ganzen Halbinsel gepflegt , am meisten auf Sicilien, welches sehr guten Honig exportirt, dann in Savoyen, auf Sardinien und in Toscana. Die Seef i s cher ei bietet ansehnlichen Ertrag, insbesondere an Thunfischen, Sardellen, Korallen (an der Kuste von Sicilien und Sardinien) und Aalen ( in den Siimpfen von Comachio). Dem Bergbau wird noch lange nicht die wtinschenswerthe Aufmerksamkeit zugewendet; er bietet keine grosse Mannigfaltig- keit. Die Ausbeute an edlen Metallen ist kaum nennenswerth; an Eisen hat Elba (200.000 Zentner) grossen Reichthum; in Sa- voyen, auch in der Lombardei, Parma und Calabrien ist die Eisen- gewinnung ziemlich ansehnlich, obwohl sie den inlandischen Bedarf nicht zu decken vermag, wesshalb Eisen- und Stahhvaaren vielfach aus dem Auslande eingefiihrt werden. Toscana hat auch etwas Kupfer, Blei und Quecksilber, Der S c h w e f e 1 bildet einen wich- tigen Exportartikel Siciliens und der liparischen Inseln. Grossen Reichthum hat Italien an schonen Marmorarten (Carrara, Massa, Pisa, Siena). Erwahnenswerth sind der vortreffliche Alaun (Tolfa im Kirchenstaate, Volterra, Sicilien), Alabaster (Sestri bei Genua), Kreide (Bologna), Gyps (Parma), Siegelerde (Siena), Puz- zuolanerde (Neapel, Kirchenstaat) und etwas Quellsalz. Die Gewinnung an Seesalz ist in den am Mittelmeere gelegenen Staa- ten bedeutend. In der gewerblichen Industrie ist Italien von der hohen Stufe, auf der es vor ein paar Jahrhunderten gestanden , sehr herabge- kommen. Eine Konkurrenz mit den ubrigen europaischen Industrie- staaten, deren Lehrmeisterin die apenninische Halbinsel in manchen Gewerben gewesen, vermag sie nicht mehr auezuhalten. Die indu- strielle Thatigkeit beschrankt sich nur mehr auf einzelne Stadte und Zweige, grosse Industriebezirke finden sich gar nicht. Verhaltniss- massig macht Oberitalien, namentlich die Lombardei mit Piemont hierin die meisten Fortschritte. In Sardinien sind Genua und Turin die bedeutendsten In- 272 dustrieorte ; in Savoyen und auf Sardinien ist die Gewerbsthatigkeit kaum auf die Erzeugung der nothdurftigsten Artikel beschrankt. Im Allgemeinen ist der handwerksmassige Betrieb iiberwiegend ; die Gross - Industrie im Sinne unserer Zeit ist nur durch wenige vereinzelte Etablissements vertreten. Am wichtigsten sind die Sei- denwaaren, darunter der Sarnmt aus Genua; dann folgen Baumwoll- und Wollenwaaren , doch nicht ausreichend fur den Be- darf, ferners Segeltuch, Tauwerk, Korallenarbeiten, Gold-, Silber- und plattirte Waaren, Seife, Essenzen, Liqueure, candirte Friichte, kiinstliche Blumen, Papier u. a. m. Die Lombardei, unbestrit- ten die industriellste Provinz auf der apenninischen Halbinsel, ist in jeder Beziehung der gewerblichen Thatigkeit am raeisten vor- geschritten, und zwar zunachst in jenen Zweigen , welche sich auf die Landwirthschaft stiitzen , als die Sei den Industrie und die Ka sebereitung. Die Seide aus der Brianza ist beriihmt; die Fi- landen und Filatorien zu Como, Bergamo, Brescia, Maiiand, Cre- mona u. s. w. erzeugten (im J. 1857) iiber 25.000 Zentner Eohseide im Werthe von ilber 32 Millionen Gulden. Diese Provinz besass an 3600 Filanden mit 40.000 Kesseln und beschaftigte hierbei iiber 95.000 Arbeiter und uber 550 Filatorien ; die meisten werden fabriksmassig betrieben, insbesondere in Maiiand und Bergamo. In der Me t al 1 w a ar en Industrie haben guten Ruf: die zahlreichen Betriebsanstalten fur Kupferwaaren (Provinz Como) der Stahl aus Brescia, Bergamo und Bagolino, Bajonette und Gewehrlaufe aus Gardone , gewalztes Eisenblech aus Dongo , Messerschmiedwaaren aus Brescia und Maiiand , Bronzewaaren aus Maiiand, desgleichen hier die vorziiglichen Juvvelierarbeiten , woi'in Maiiand der Haupt- platz fiir den Suden ist , viele Eisenhammer (Val Trompia) und Etablissements fiir Kurzwaaren. Auch die Lederwaaren von Maiiand und Umgebung (an 60 Fabriken) sind sehr geschatzt. In Hinsicht der Baumwoll industrie behauptet diese Provinz sowohl in der Spinnerei, noch mehr in der Druckerei und Farberei einen be- achtenowerthen Rang, obwohl die ziemlich zahlreichen Fabriken (darunter: Solbiate Olona, Chiavena, Legnano) den inlandischeu Bedarf noch nicht zu decken vermogen. Erwahnenswerth sind noch: Wagen, Tiachlerarbeiten , Glasmalerei, Zucker in Maiiand, beruhmte Violinen in Cremona , die Papierfabrikation (Toscolano), die Leinenindustrie in Brescia , Lodi und Pavia ( Damast aus Maiiand). In Parma ist die gewerbliche Thatigkeit unbedeutend, sie konzentrirt sich auf die Stadte Parma und Piacenza; von eigent- licher Fabriksindustrie kann gar nicht die Rede sein, Nebst Kase werden iioch etwas Papier , JStrohwaaren, Seidenwaaren und Gold- arbeiten erzeugt. Gleiche Zustande weiset Modena, wo Modena, Reggio und Massa relativ am meisten in Tuch, Papier, Seide und Strohwaaren thatig sind. Nachst der Lombardei besitzt Toscana die bliihendste und lebhafteste Industrie in Italien, und liefert rnehrere Erzeugnisse fiir den Export. Die wichtigsten Indus trieplatze sind: Florenz, Prato, 273 Pistoja, Pisa, Livorno, Lucca, Siena und Si*na. Die bedeutend- sten Zweige sind : die Strohflechterei ( insbesondere Strohhute, Mittelpunkt dafur ist das Dorf Signa am Arno M Florentinerhiite a ), die Seidenweberei (Siena), und Sammt, das beste Papier in Italien, mittelfeine und grobe Wollwaaren und Leinen ; die Baumwollindu- strie deckt nicht den Bedarf. Ferners sind bekannt : die Leder-, Eisen-, Stahl- und Kupferwaaren, Porzellan, Majolica , Steingut und Glas; beriihmt sind die Kunstblumen , Mosaik- und Ala- baster arbei ten und der Malerlack, dann Teppiche, Tapeten, Koral- lenarbeiten und Bijouteriewaaren aus Florenz, schones Pergament aus Lucca und die (in Italien bedeutendsten) chemischen Fabriken. Im Kirchenstaate findet aich wenig gewerbliche Betrieb- samkeit. Das Kleingewerbe und die Manufakturen arbeiten zumeist fiir den Lokalbedarf, der im Allgemeinen ein geringer ist. Ver- haltnissmassig am starksten ist die Industrie in Seidenwaa- r e n (Bologna, Perugia, Horn, Ancona und Forli), zun'achst jene in Leder (Ancona, Rom, Rimini), insbesondere liefern Rom und Foligno schones Pergament. Die Woll- und Leinenindustrie sind schwach, mit Ausnahme von Ancona , wo Segeltuch und Tauwerk, Zucker-, Oel-, Seifen- und Bleiweissfabriken von einigem Belange sind. Bekannt sind: fiir Thongeschirre Faenza (Fayence), dann Rom fur Darmsaiten , Kunstblumen , Silberwaaren, Mosaik- und Marmorarbeiten, Glaspasten , fiir Schmuck- und Kirchengerathe. Die Industrie in Eisenwaaren nimmt gleichfalls einen untergeord- neten Rang ein. Im Kttnigreiche beider Sieilien sind in neuerer Zeit beach- tenswerthe Fortschritte gemacht worden , ein Aufschwung in der Baurnwoll-, Schafwoll- und Seidenindustrie ist unverkennbar, und auch manche andere Artikel haben sich Anerkennung selbst im Auslande errungen. Die Zahl der grosseren Fabriksetablissements ist im Steigen , dessgleichen deren Produktion. Neapel nebst Um- gebung weiset die grosste Thatigkeit auf , die geringste Sicilien, wo nur Palermo und Messina von einiger Bedeutung sind. Die alteste Industrie, jene in Leinenwaaren, deckt kaum den Be- darf an ordinarer Waare (Neapel, Reggio), bessere Qualitaten wer- den importirt. Etwas bedeutender sind die Wol lenmanufakturen im Westen des Reiches (Amalfi, Arpino, Chieti in den Abruzzen) ; noch wichtiger ist die sich immer mehr ausbreitende Fabrikation von Baum w oil waaren, vorziiglich in Neapel, Salerno und Otranto, dann in Palermo, Catania und Messina ; am erheblichsten ist jedoch die Seidenindustrie (Neapel, Catania, Palermo, Caserta, Portici, Sorrento und Bari). Die L e der Industrie ist in der Zunahme, die Handschuhe aus Neapel sind sehr vortheilhaft bekannt. Die meisten Industriezweige beschranken sich auf die Stadte. Neapel ist weiters bekannt durch die vortreffliche Seife (auch Gallipoli), die Violin- saiten und Maccaronibackereien ; Palermo durch ausgezeichnete Tischlerarbeiten ; Lecce durch Baumwoll-, Spitzen- und Holzwaaren ; Salerno durch Eisen- und Kupferhammer , Glas- und Porzellan- i'abriken, und die erwahnten Webewaaren. Beriihmt sind dieSchmuck- arbeiten aus Lava und die Steinschleifereien mit ihren schonen Klun's Handels-Geogrrapbie. 2. And. Jg 274 Marmor- und Achatarbeiten. Die Metallwaaren - Industrie steht im Ganzen noch auf geringer Stufe. Der Handel. Die Lage der apenninischen Halbinsel am Mit- tellandischen und Adriatischen Meere mit der ziemlich reich geglie- derten Kiiste und mehreren guten Hafen ist dem Seehandel ausserst gunstig. Hat auch Italien seine welthistorische Bedeutung als Sitz des grossartigen Handels eingebiisst, seitdem der Atlantische Ocean die Hauptstrasse ward fiir den Welthandel, und Venedig und Genua von den Stadten am Atlantik iiberfliigelt worden sind ; so ist der Handel nach der Levante und Nordafrica, nach Westeuropa, Ame- rica, nach der Schweiz und Deufschland noch immer beacbtens- werth. Genua, Livorno, Civita vecchia, Neapel, Messina, Palermo, Gallipoli, Ancona vermitteln den Seeverkehr ; sie exportiren die heimischen Produkte und treiben auch erhebliche Spedition. Dem inneren Handel stelleH sich mehrere Hindernisse entgegen ; das Land besitzt ausser dem Po und der Tiber keine grosseren schiffbaren Fliisse ; an guten Strassen ist nur Oberitalien reich, vorziiglich die Lombardei; Eisenbahnen sind erst im Entstehen, dessgleichen gros- sere Geldinstitute zur Belebung der Industrie und des Verkehrs. Turin, Florenz, Rom, die beruhmten Messen zu Sinigaglia (Kir- chenstaat), Foggio (Neapel), Neapel sind zunacbst fur den inneren Verkehr von Wichtigkeit. Zur Ausfuhr gelangen vorziiglich: Seide, Oel, Sudfriichte, Schwefel, Alaun, Seesalz, Seefische, Mac- caroni, Kase, Glas-, Korallen- und Kunstarbeiten in Marmor und Gyps; zurEinfuhr: Kolonialwaaren, Baumwolle, Leinwand, Wol- len- und Baumwollengewebe, Eisen- und Stahlwaaren, Pferde ; Ge- treide wird von Sicilien ausgefuhrt , dagegen in den siidlichen Ge- birgsgegenden eingefiihrt, Geistige Kultur. Italien ist nachst Griechenland die Wiege europaischer Kultur, das Vaterland der Wissenschaften und Kiinste. Leider steht es nicht mehr auf jener hohen Stufe, auf der es im 14., 15. und 16. Jahrhunderte gestanden. Die allgemeine Volks- bildung ist eine geringe, der Elementarunterricht arg vernachlassigt, nur Norditalien und Toscana weisen einen giinstigeren Stand. Dass einzelne strebsame Geister unter diesem hochbegabten Volke auch in unsern Tagen als wiirdige Stiitzen und Trager der Wissenschaft emporragen, ist nicht zu laugnen ; doch wachst die grosse Masse vielfach ohne alien Unterricht auf. Verhaltnissmassig bestehen ziem- lich viele Schulen fur gelehrte Bildung, dagegen sehr wenige fur industrielle oder kommerzielle Ausbildung. Dieser nichts weniger als befriedigende Standpunkt der geistigen Kultur ist auch eine der Hauptursachen der relativ geringen technischen und physischen Kultur. Auf dem Gebiete der schonen Kunste behauptet jedoch Italien immer noch einen sehr anerkennenswerthen Rang, wozu nebst der gli'icklichen Begabung des Volkes die zahlreichen Kunstanstalten und die Schatze der einstigen Grosse des Landes sehr viel beitragen. Italien tragt somit in sich die Vorbedingungen fiir eine grossere Entwickelung seiner geistigen und materiellen Wohlfahrt. 275 V. Das KOnigreich Spanien . 140. Bestandtheile. Bevttlkerung. 1. InEuropa: K6nigreich Spanien und die Balearen-Inseln 2. Africa: Provinz der kanarischen Inseln (152 QM M 227.000 Einw.), die Presidios in Nord- africa (1. 5 QM., 12.000 Einw.), die Gui- nea-Inseln (23 DM., 5600 Einw.) u. a. . 176 S 244.600 3. Asien: Generalkapitanat der Philippinen (der grosste Theil der Philippinen, die Babuyanen-In- seln, ein kleiner Theil < er Baschi-Inseln, die Marianen) 2500 3,500000 4. America: Generalkapitanate Cuba und Puerto-Rico, die Jungfran-Inseln 2500 L 400.000 Gesammtmonarchie 13.952 S 21,219.600 Nach der National! tat (in Europa) fast ausschliesslieh Spanier, dann et\va y 2 Million B as ken (in Biscaja und Navarra), Moris cos oder Mod ej ares, Keste der Mauren (in den Thalern der Sierra Nevada und Sierra Morena), deut- sche Kolonisten (in der Sierra Morena), viele Zigeuner (Gitanos), wenig Juden. Die romisch-katholische Kirche ist mit Ansschluss jedes andern Kultus die allein herrschcnde. Grenzen: Im N. der Biscaysche Meerbusen, Frankreich; im 0. das Mittelmeer ; im S. das Mittelmeer, die Strasse von Gibraltar, der Golf von Cadix ; im W. Portugal, der atlantische Ocean. Untheilbare konstitutionelle Erbmonar- chie in mannlicher und weiblicher Linie des romisch-katholischen Hauses Bourbon jiingerer Linie. liodeiiverhaltnisse und Klima. Die hesperische Halbinsel ist ein zusammenhangendes Hochland, ein abgeschlossenes Ge- birgsganzes. Zwei grosse (2000' bis 2600' hohe) Hochebenen bilden ein Tafelland, welches im Norden und Suden Hochgebirge begren- zen, und aus welchem sich von Ost naeh West parallels Gebirgs- ziige erheben. Die Hochebene von Altcastilien und Leon wird begrenzt irn Norden vom kantabrisch - asturischen , im Nordwesten vom iberischen und im Siiden vom castilischen Scheide- gebirge*; zwischen dem castilischen und dem andalusischen Scheide- gebirge dehnt sich die Hochebene von Neucastilien aus, erstere bewassert der Duero, letztere der Tajo. Die Tiefebe- nen an den Kiisten sind von verhaltnissm'assig geringer Ausdeh- nung: die aragonische am untern Ebro, die andalusische am untern Quadalquibir. Sammtliche Gebirgsziige gehoren zum pyrenaischen Gebirgssysteme. Siehe . 26. S. 32. Das K 1 i m a ist sehr verschieden. In den Hochpyrenaen und in der Sierra Nevada ist es am rauhesten und kaltesten , das centrale Tafelland hat kontinentales , die niederen Kiistenstriche haben oceanisches Klima. Nach horizontaler Ausdehnung kann man unterscheiden : eine nor dliche Zone, welche wohlbewassert, baum- utfd wiesenreich und milde , den nordlichen Kflstenstrich und Ga- licien umfasst; die mit tie re, das ganze Innere Spaniens umfas- send , ist diirr , im Winter kalt, im Sommer heiss, verbrannt, und fast ganz baumlos ; die siidliche sehr heisse, erzeugt Siid- fruchte und die feurigsten Weine. Wahrend auf den Hochebenen die mittlere Jahreswarme an 15 R. betragt, ist diese an den Kusten um ein paar Grad hoher und die Sommerwarme steigt in Granada 18* 276 uml Andalusien fast zur africanischeu. Die liegenmenge iet eine geringe (beilaufig 10") ; Hauptwinde sind im Nordwesten der kalte Galego, im Siiden der erstickend-heisse Solano. Gewasser. Der Atlantische Ocean und das Mittel- meer bespulen das Land, und schneiden mehrere Golfe und fur den Seehandel sehr geeignete Buchten und Hafen ein. Der Ocean bildet die Golfe von Ferrol, Coruna und Cadix, das Mittel- meer die Golfe von Almeira, Cartagena, Alicante und Valencia. 250 Leguas (20 = 1) der Kuste entfallen auf das Mittelmeer und 237 auf den Atlantik. Die Fltisse, von denen nur wenige scbiffbar, im Sommer gewShnlich wasserarm sind, wah- rend die kleinen ganz austrocknen , ergiessen sich in die beiden Meere. Dem Atlantik fliesseri zu: der Minho aus Galicien, zum Theile Grenzfluss gegen Portugal; der Duero aus dem iberischen Gebirge , Spaniens grosster Fluss; der Tajo, der Guadiana und der Guadalquibir, der wichtigste Flues des Landes, der wasserreichste und fflr die Schiffahrt, wclche bei Sevilla beginnt, der geeignetste. In das Mittelmeer: der Segura, Xucar, Gua- dalaviar und der schiff bare E bro. Siehe . 43. S. 52 und 53. Grossere Land seen gibt es nicht, wohl aber an der Ost-, zum Theii auch an der Sudkiiste Lagunen und Teiche. Der einzige nennenswerthe See ist der fischreiche Albufera bei Valencia. Unter den wenigen und meistens entweder gar nicht oder nur un- vollstandig ausgebauten Kanalen iet nur der von Kaiser Karl V. begonnene Kaieerkanal wichtig. Er beginnt unterhaib Tudela am Ebro und reicht bis unterhaib Saragossa. Mineral quellen besitzt das Land viele von verechiedenen Temperaturen und Be- standtheilen. Politischc Eiiitheilung. Spanien bestand nach seiner friihe- ren, auf die Geschichte des Landes sich grfmdenden Eintheilung aus vier Haupttheilen : Castilien, Aragonien, Navarra und den baskisc hen Provinzen, wozu noch die K o 1 o n i e n kamen. Diese Haupttheile bestanden aus mehreren Provinzen. Im Jahre 1833 wurde eine neue Eintheilung der Gesammtmonarchie in 49 Provinzen vorgenommen: 1. das eigentliche Spanien, das Fest- oder Mutterland (peninsula) mit 47 Provinzen; 2. die be- nachbarten Besitzungen (adyacentes), als : die Balearen, die an der Nordkiiste von Afrika gelegenen feeten Platze (los presidios de Africa), die kanarischen und Guinea - Inseln (48. Provinz) und 3, die uberseeischen Kolonien (ultramar) als 49. Provinz. - Bekannter und gebrauchlicher ist die a 1 1 e Eintheilung. Bemerkenswerthe Orte sind *) : A. Das Reich Castilien. 1. K5nigreich Neucastilien und Landschuft la Mancha: Madrid (302.000), Guadalaxara, Toledo, Aranjuez, Cuentja, Ciodad Real, Almadcn, Alcala. 2. Konigreich Al tcastilien: Burgos (16.000), Avila, Segovia, Escorial, Soria, Logrono, Santander. 3. K6nigreich Ledn: Valladolid (21.000), Salamanca. Leon. *) Zur Aussprache: c vor e und i =- as, sonst = k ; ch = tsch; g vor e und i => ch, sonst = g; j ch; 11 = Ij ; n = nj; x im All- gemcinen = ch; z = gelindes 8. 877 4. Furstenthum Asturien: Oviedo (20.000), Gijon. 5. KOnigreich Galici en: La Co run a (20.000), El Ferro"!, San Jago de Com- pestella, Lugo. 6. Landschaft Estremadura: Badajoz (12000), Merida, San Juste. 7. K6nireich And a hi si en (oder KOnigreiche Sevilla, Cordova, Jaen): Se- villa (152.000), Cadix (72.000), Jaen (20.000), Cordova (38.000), Xeres de la Frontera, Huelva, Palos. (Cap Trafalgar und Cap Tarifa.) Zur Provinz Cadix gehOren die vier befestigten Stadte (Presidios) an der Nordkiiste von Marocco in Africa: Centa, Pen on de Velez, Alhucemas, Melilla, und die 3 Zaffarinen-Inseln (I 1 /, QMe'le mit 12.000 Ein- wohnern). 8. KOnigreich Gran id a: Granada (100.000), Malaga (113.000), Almeria. 9. KOnigreich Murcia: Murcia (110.000), Cartagemi (34.000), Albacete. Die 12 kanarischen Inseln liegen 15 Meilen vom africanischen Cap Bajador im atlantischen Ocean. Die 7 grosseren (Tenerif fa, Gran Canaria, Palma, Lanzerote, Fuerteventura, Gomera und Ferroj sind bewohnt. Sie haben mildes, gleichfOrmiges, sehr gesundes Klima. liefern viel Wein, Sfidfruchte, Getreide, Baumwolle; der Ackerbau ist vernachl'assigt, die Zucht der Seiden- raupe, der Fischfang und Seehandel bedeutend. Hauptort: Santa Cruz de Teneriffa (9000). B. Das Reich Aragoiiieu. 1. KOnigreich Aragonien: Zaragoza (oder Saragossa 83.000), Teruel, Huesca. 2. Furstenthum Catalonien: Barcelona (252.000), Tarragona, Tortosa, Lerida. In der Provinz Lerida liegt die Rcpublik. An dor ra im gleichnamigcn Hochthale (9 QM., 16,000 Einw.). Unter den 34 DOrfern und Weilern ist Our die am wichtigsten. Die selbstgewahlte Rathsversammlung besteht aus 24 Mitgliedern; den Vorsitz mit der Exekutivgewalt hat der auf Lebenszeit gewahlte Syndicus, dem 2 LandvOgte (Vegueres) znr Seite stehen, deren eiaer vom Bischofe zu Urgel (in Catalonien), der andere von Frankreich er- nannt wird. 3. Konigreich Valencia: Valencia (146.000), Murvie"dro, Castellon de la Plana, Alicante. 4. KOnigreich Mallorca: a) die Balearen (77 QM.); 3 grOssere Inselo, Mallorca, Hauptort Palma (36.000), Menprca, Cabrera ; b) die Pithyusen (9 QM.) : Ivica, Formentera. < , Da.s Kvich \av,u ra. 1. KOnigreich Navarra: Pamplona (12.000), Tudela. D. Die baskischen Provinzen : Biscaya, Guipuzcoa, Alava mit den Stadten : Bilbao, San Sebastian, Vittoria, Tolosa. Bcsondere Hervorhebung verdienen die Stadte: Madrid, die kOnigl. Residenz, fast in der Mitte des tteiches am Maazanares- Flusschen auf einer wasserarmen Hochebene gelegen. Der konigl. Palast einer der prachtigsten in Europa; Palast Buen Retiro mit grossen Garten. Universitiit, meh- rere Akademien und gelehrte Institute mit reichen Sammlungen, besonders Gemalden. Grosse Cigarrenfabrik, eonst nicht bedeutende Industrie. National-Bank, Handels- gesellschaft der funf Gremios. Schone Spaziergixnge (Prado); grosses Amphitheater fur Stiergefechte. In der Nahe kOnigl. Lustschlosser, darnnter El Escorial, in einer Einode am Guadarrama-Gebirge mit dem von Philipp II. nach dem Siege vou St. Quentin 1557 erbauten prachtvollen Kloster, dem Begrabnisse der spanischen KOnige. Reiche Bibliothek und Gemaldesammlung. Toledo, ehemalige Resident der maurischen Konige mit dem Sitze des ersten Erzbischofes von Spanien. Sevilla. berfihmte Kathedrale mit dem hohen Giralda-Thurme; Alcazar, der Palast der raau- rischen KOnige; BOrse mit reichen Urkunden fiber die von spanischen Seefahrern gemachten Entdeckungen ; grosste Tabakfabrik in Europa; sehr lebhafte Industrie nnd bedeutender Handel. Universitat nebst andern gelehrten und Spezial-Lehr- anstalten. Granada, romantische Lage in fruchtbarer Gegend; Ueberreste alter Pracht; Alhambra (Palast der maur. Konige;, viele Alterthfimer; Universitat; ba- rtthmte Kathedrale. 278 KulturverMltnisse im Allgemeinen. Die naturliche BodenbeschafFenheit und das Klima sind in dera grossten Theile Spaniens der Bodenkultur sehr giinstig; allein derselben wird noch lange nicht die wiinschenswerthe Aufmerksam- keit zugewendet, obwohl in neuester Zeit die zahlreichen landwirth- schaftlichen Vereine zur Hebung dieses Nahrungszweiges erspriess- lich thatig sind. Nur wenig mehr als die Halfte des Flacheninhal- tes nimmt das bebaute Land ein (etwa 25 Millionen Hectaren & 1, 74 Wiener Joch) ; auf das unbebaute Land mit den Haiden und auf den unproduktiven Boden entfallen je 15%, auf die Waldungen jedoch kaum 3%. Allerdings ist die Diirre des Bod ens und der Wassermangel ein Hemmniss der Bodenbebauung , welches durch die nicht ausreichenden Bewasserungsanstalten und Kanale nicht gehoben wird ; und der geringe Waldstand iibt auf die klimatischen Verhaltnisse einen nachtheiligen Einfluss aus. Wird auch eine re- lativ nur geringe Flache und wenig rationell und fleissig angebaut; so deckt doch in der Regel die dermalige Produktion anGetreide den heimischen Bedarf, in guten Jahren gelangen Produkte des Ackerbaues noch zum Export. Am meisten wird Weizen ange- baut, dann Gerste ; in den nordlichen Gegenden mehr Roggen, Hirse und Buchweizen , in den mittleren Mais , in Catalonien und um Valencia Reis. Sehr bedeutend ist die Produktion an Hulsenfnichten , Gemusen und feirien Gartenfruchten. Der Silden liefert vorziigliche Siidfruchte (Mandeln , Rosinen , Feigen, Datteln, Orangen, Kastanien u. s. w.) in den Handel. Wichtig ist der Olivenbau, obschon das Oel wegen mangelhafter Behandlung dem franzosischen und italienischen nachsteht. Fur Safran ist es das wichtigste Land in Europa (in Neucastilien , namentlich um CuenQa) ; von Bedeutung sind ferner: die Farberrothe (Segovia, Ga- licien, Leon, Estremadura) , Sumach oder Gelbholz (Valladolid), Waid , Krapp, Saflor, spanischer Pfeffer (Estremadura), Siissholz, Hanf und Flachs (Castilien, Galicien, Leon), etwas Baumwolle in Valencia und Granada. Die Zuckerpflanzungen (um Malaga) haben in den letzten Jahren im Durchschnitt an 75.000 Zentner Zucker- robr gegeben. Einer der wichtigsten Exportartikel ist der Wein; die Vortrefflichkeit der sudspanischen Weine ist bekannt, nament- lich: Xeres, Malaga, Alicante, Tinto, Malvasier u. a. Die Jahres- produktion kann auf etwa 18 Millionen osterreichische Eimer (an 63 Millionen Arrobas) geschatzt werden. Die untergeordnete Stufe, auf welcher die Forstkultur steht, erklart den Holzmangel in den meisten Provinzen , ausgenommen in den nordlichen Ge- genden. In der Viehzucht nimmt seit jeher die Schafzucht den ersten Rang ein , wenn gleich die Wolle nicht mehr die ehemalige Beruhmtheit geniesst. .Die Zahl der Schafe wird auf 19 Millionen geschatzt, worunter 7 Millionen Wanderschafe (merinos) mit langer feiner Wolle, die ubrigen von geringerer Race und der jahr- liche Wollertrag soil sich auf 85 Millionen Pfund belaufen , wovon noch immer ein ansehnlicher Theil, wenngleich weniger als ehemals, nach England abgesetzt wird. Die Merinos leben stets in freier 879 Luft, im Sommer ziehen die Heerden (10.UOU bis 40.000 Stuck) in den gebirgigen Gegenden , im Winter hauptsachlich in Estrema- dura herum. Die Heerdenbesitzer bilden (im Jahre 1854 neuer- dings organisirte) Korporationen (mesta), das Umherwandern und Abweiden geschieht nach bestimmten Gesetzen. In den Gebirgen ist die Ziegenzucht, in Estremadura die Schweinezucht, in den Nordprovinzen die Zucht zahmer Kinder, im Guadarrama-Gebirge, in Navarra und der Sierra Morena jene der wilden Stiere (zu Stier- gefechten) am erheblichsten. Ein vorziiglicher Pf erdeschlag ist in Andalusien, doch vvird dem Maulthiere und Esel eine noch grossere Aufmerksamkeit zugewendet. Nennenswerth sind endlich: die Bienen- zucht (Sevilla, Cordova), die Seidenzucht (Valencia, Murcia). Coche- nille und Kermes (Valencia, Alicante), Canthariden oder spanischen Flie- gen. Die Fischerei auf Thunfische und Sardellen ist ziemlich bedeutend. Der llergbau ist in Spanien hochst wichtig. Die Erzah- lungen des Alterthums von den fabelhaften Reichthiimern des Landes an edlen Metallen geniessen zwar keine grosse Glaubwiir- digkeit , dessungeachtet kann ein ehemals relativ grosser Reich- thum nicht gelaugnet werden. Nach der Entdeckung America's ist der Silber- und Goldreichthum Spaniens, theils wegen der Ver- nachlassigung des Bergbaues im Mutterlande , theils wegen der verhaltnissmassig viel grosseren Menge edler Metalle in der ,,neuen Welt" auf ein sehr bescheidenes Mass herabgesunken. In neue- ster Zeit wird dem Bergbaue wieder eine grossere Sorgfalt zuge- wendet; besonders erheblich ist die Ausbeute an Blei, Queck- silber und Eisen; auch Kupfer, Silbererze und Steinkohlen so- wie andere mineralische Produkte werden in ansehnlicher Menge gewonnen. Im Jahre 1856 standen 386 Gruben im Betriebe und die Ausbeute betrug an: Blei iiber 5 Millionen, Quecksilber tiber 420.000, Eisen iiber 1 '/ 2 Million, Kupfer iiber 1% Mil- lion, Silbererze 770.000 (mit etwa 300.000 Mark Silber) und Steinkohlen nahe an 2 Millionen Zentner. Die ergiebigsten Bergwerke sind : fur Zinnober und Quecksilber Almaden, Blei Al- pujarras in Granada, Eisen Asturien, Leon, Granada , Sierra Mo- rena, Kupfer Sierra Nevada, Rio Tinto u. s. w. Die bedeutendsten Hiittenwerke sind in Almaden, Rio Tinto ( Cementkupferfabrik ), Malaga (Eisenhiitten), Cartagena (Bleischmelzhiitten), Hellin (Schwe- felhiitten) u. a. Sehr grossen Reichthum besitzt endlich das Land an Steinsalz, Salzquellen und Seesalz; 87 Salinen, unter de- nen jene zu Cardona die wichtigste ist, erzeugen jahrlich etwa 5'/ 2 Million Zentner Salz; Seesalz gewinnen Sevilla, Cadix, Va- lencia und die Balearen. In der gewerblichen Industrie nimmt Spanien keine her- vorragende Stelle ein. Auf eine langdauernde Vernachlassigung gewerblicher Thatigkeit, M 7 e!che theils in der Bequemlichkeit und den geringen Bediirfniasen des Volkes, theils in den haufigen inne- reri Unruhen und Kriegen und in dem ausgedehnten Monopol- system ihren Grund hatte , folgte in neuerer Zeit ein erfreulicher Aufschwung, der zur Hoffnung auf eine bessere Znkunft berech- tiget. Gegenwartig deckt die emheimische Industrie iui Allgemeinen noch nicht den Bedarf ; sie ist jedoch mannigfaltig und in manchen Artikeln so vorgeschritten, dass sie eine Konkurrenz mit dem Aus- lande wohl auszuhalten im Stande ist. Die Hauptsitze der Indu- strie, insbesondere des eigentlichen Fabrikswesens, sind Ca- talonien und die baskischen Provinzen; doch ist auch in Valencia, Galicien, Asturien, in Andalusien und Murcia das Ge- werbewesen ziemlich ausgebreitet. Hinsichtlich des Umfanges des Geschaftsbetriebes sowie der Qualitat der Produkte nimmt die im raschen Aufbliihen begrifFene Baumw o 11 -Industrie den er- sten Rang ein, und zwar in Catalonien (Barcelona, Vich, Tarragona, Reus, Mataro), zum Theile auch auf den Balearen und in Valen- cia. Die Einfuhr an Baumwolle steigt fortwahrend , die Zahl der Spindeln soil an 1 '/ 4 Million betragen, welche die hochsten Num- mern von Garn liefern und dermalen diirften an 150 Dampfmaschinen in den Baumwollenfabriken Cataloniens thatig sein. Die Seiden- industrie hat ihren Sitz gleichfalls in den Konigreichen Catalonien und Valencia, zum Theil auch in den Umgebungen von Madrid, Toledo, Talavera, Sevilla, Malaga, Saragossa und Granada. In Valencia selbet werden nahezu jahrlich an J / 2 Million Pfund roher Seide gesponnen und iiber iy a Million Ellen Seidenzeuge fabrizirt. Die S c h af wo 11 Industrie steht in keinem Verhaltnisse zu der Menge und Qualitat des im Lande gewonnenen Rohproduktes ; die besten Waaren erzeugen Segovia, Barcelona und Burgos. Fur Wollen- tucher sind erwahnenswerth : Terraza, Burgos, Segovia, Guadalaxara, Alcoy u. a.; fur Wachstuch : Barcelona. Die Erzeugung an Le in- wan d und Da mast (Galicien, Valencia, Malaga u. a.) ist nicht erheblich; wichtiger ist jene von Segeltuch in einigen Seestadten. Bedeutender ist die Fabrikation von Metallwaaren, obwohl ebenfalls nicht im Verhaltnisse zur Roherzeugung des Landes. Die meisten EisenhUmmer sind in Biscaya , auch in Burgos, Leon und Cuensa, das grosste Eisenwerk ist in Malaga. Geschatzt werden die Feuergewehre (Cybar und Plasencia in Biscaya), Messer, Klingen (Toledo), Bijouterie-, Gold- und Silberwaaren (Madrid, Sevilla, Bar- celona u. a.), Kanonen (Sevilla, Barcelona) u. s. f. Madrid liefert gutes Porzellan (konigliche Fabrik) , Alcora und Medina Fayence und Topferwaaren , S. Ildefonso (in Segovia) Spiegel. Beriihmt sind die im grossartigsten Massstabe betriebenen Ledergerbe- reien Cataloniens, dann von Cordova, Malaga, Burgos und Toledo, sowie die Weissgerbereien in Valladolid , Sevilla, Granada. Schone Seife erzeugen Mataro, Alicante, Valenca, Malaga. Die Fabrikation und der Verkauf des T a b a k s ist Staatsmonopol; die grosse Cigarrenfabrik in Sevilla liefert taglich 650.000 Stuck , zunachst steht Madrid. Das meiste Papier er- zeugen die Papiermiihlen in Catalonien und Valencia. Endlich be- stehen Branntweinbrennereien , einige Bierbrauereien, Zuckerraffine- rien u. s. f. Der Handel Spaniens hat die hohe Bedeutung , welche ihm die reichen Entdeckungen und Eroberungen in der neuen Welt, die gewinnreichen Geschaftaverbiuduagen mit beidea ladiea ver- schafft hatten, langat verloren. Nach den grossen Kampfen in un- 281 serem Jahrhunderte war derselbe noch mehr gesunken, und erst in den letzten 20 Jahren ist wieder ein progressiver Aufschwung be- merkbar. Zu Anfang dieses Jahrhunderts erreichte der Werth des Jahres-Importes etwa 220 Millionen, des Exportes 210 Mil- lionen Realen (a 10 1 / 9 Neukreuzer); im Jahre 1857 dagegen war der Import schon fiber 1500 Millionen , der Export auf nahezu 1170 Millionen Realen gestiegen*). Der starkste Verkehr ist mit den americanischen und africanischen Kolonien , auf welche fiber */ 5 des erwahnten Geldwerthes kommen ; bedeutend geringer sind die Geschafte mit Ostindien. Die Handelsmarine z'ahlt fiber 5200 Schiffe mit etwa 220.000 Tonnen (ungerechnet die Kfisten- fahrer). Die wichtigsten Seeplatze sind: Barcelona, Valencia, Alicante, Cartagena, Malaga (Ausfuhr der Sfidfriichte und Wein), Cadix (Hauptplatz fiir den Kolonialhandel), Coruria, Gijon, Santan- der, Bilbao und San Sebastian. In grosser Ausdehnung wird der Schmuggelhandel betrieben (mit Frankreich, Portugal und den Englandern in Gibraltar) , und es wurde vor wenigen Jahren der Betrag desselben auf 30% mehr als der des gesetzmassigen Handel s angegeben. Der Binnenhandel ist wegen Mangels an guten Strassen, an schiff baren Flfissen , Kanalen und grosseren Eisenbahnlinien ziemlich beschrankt. Den Verkehr im Innern vermitteln: Madrid, Sevilla, Burgos, Saragossa, Cordova, Granada und Murcia, Fiir die Forderung des Handels bestehen in neuester Zeit mehrere Ban- ken (Madrid, Barcelona, Cadix, Malaga, Valladolid, Coruna), die industrielle und kommerzielle Kreditgesellschaft in Madrid, viele Assekuranzen, Handelsrathe, Handelsschulen und Konsulate, und eine sehr lebhafte Dampfschiffahrts - Verbindung langs der Kiiste. Die geistige Kultur hat im grossen Ganzen die gleichen Wandlungen durchgemacht, die wir auf dem Gebiete der materiel- len Thatigkeit der Spanier gesehen haben. Von der hohen Stufe, auf der sie vom 15. bis zum 17. Jahrhunderte gestanden , sind sie allmalig herunter gestiegen und erst in neuester Zeit ist wieder eine erfreuliche Veranderung eingetreten. Die Zahl der Volksschu- len ist weder ausreichend, noch befinden sie sich in einem unserem Zeitgeiste entsprechenden Zustande , der allgemeine Bildungsgrad der grossen Masse ist sonach ein geringer. Die gelehrten Mittel- und Hochschulen stehen den analogen deutschen Anstalten weit zuriick, fiir technische und kommerzielle Fachbildung ist gleichfalls noch viel zu wenig geleistet worden. Es ist jedoch sichere Aus- sicht auf entschiedene Besserung vorhanden , indem in den letzten Jahren ein ernstes, entschlossenes Vorwartsstreben, ein Aufschwung in der gesammten geistigen und materiellen Thatigkeit der Na- *) Beim Import sind am bedeutendsten : Zucker (110 Millionen Realen), Baura- wolle (90 M. B.), Wollwaaren (43 M. R.), Cacao (42 M. R.), Stockfische, Baum- woll-, Seiden- und Leinenwaaren, Mascbinen u. s. f., beim Export: Weine (290 Millionen Realen), Mehl (125 M. R.), Korn (84 M. R.), Blei (83 M. R.), Oli- ven61 (67 M. R.), Qaecksilber (25 M. R.), Schafwolle (22 M. R.), Salz (17 M. R.), Reis, Seife, Gerste u. s. f. 282 tion, gefordert durch die Bemuhungen der Regierung, sich bemerk- bar macht. VI. Das Konigreich Portugal. . 141. Bestandtheile. Bevtilkerung. QMeilen Einwohner 1. Das Mutterl and 2. Die Inseln. 3. Die Kolonien: fAzoren JMadeira-Gruppe |Kapverdische in Asien: Vicekonigreich Indien mit"| den Gouvernements : Goa, Damao, } Diu (in Vorderindien), Macao (in\ China), Dille auf der Insel Timor,! u. a. in Africa (ausser den oberwahnten Inseln) die Gouvernements : St. Tho- mas und do Princide und einige Fak toreien ("Guinea), Angola und Ben- guela (Westrand von Siidafrica) , Niederlassungen auf der Kuste Mo- zambique. 1740 143 200.000 250 1,000.000 18.250 1,300.000 Gesammtmonarchie*). .20.383 6,000.000 Nach der Nationalitat (in Europa) meist Portugiesen, ein Mischlingsvolk wie die Spanier, dann Gallegos (Galicier), Englander, Franzosen, Deutsche und Italiener. Die romisch-katholische Kirche ist Staatsreligion. Den Protestan- ten und Juden ist die Ausiibung ihres Kultus gestattet. Grenz en : im N. und 0. Spanien, im S. nnd W. der atlantische Ocean. Untheilbare , konstitutionelle Erbmonarchie. Die Thronfolge geschieht in der inannlichen und weiblichen Linie des romisch-katholischen Zweiges des Hauses Sachsen-Koburg-Gotha, der durch Vermahlung mit dem letzten weiblichen Sprossling des Hauses Braganza in den Besitz der Krone von Portugal gekommen ist. Qberflache und Klinia. Portugal ist der westliche Abhang des centralen Hochlandes der pyrenaischen Halbinsel, welches sich von Osten nach Westen gegen den Atlantischen Ocean neigt. In diese geneigte Hochflache schneiden die vier bedeutenclsten aus Spanien kommenden Flusse Minho, Douro, Tejo, Guadiana die Hauptthaler, aus welchen sich die rauhen Bergwassen der *) Die Flachenzahl der portugiesischen Kolonien ist nur unsicher bekannt. und die Zahlen stimmen in den verschiedenen Schatzungen, besonders bei den Ko- lonien in Africa (welche ohnehin nicht gcnau abgegrenzt sind) gar nicht iiberein. Die wichtigsten auswartigen Besitzungen sind ubrigens Madeira und Goa, wah- rend die sogenannten africanischen Kolonien mit ihren Tausenden von Quadratmeilen grosstentheils unkolonisirbare Wildnisse und sehr diirftig bevolkert sind. Die gleiche Unsicherheit herrscht bei der B evolke rungs zahl, da officiell nur die Feuerstellen, nicht die Einwohner gezahlt werden. Die Anzahl der Feuerstellen mit dem gewohn- lichen Faktor (9 Kopfe auf 2 Feuerstellen) multiplizirt, gibt nahezu obige Zahlen. Im Jahre 1860 ist ein Vertrag zwischen den Regierungen der Niederlande und Portugal uber die Grenzen der beiderseitigen Besitzungen auf Timor im ost- indischen Archipel geschlossen werden. Nach demselben gelangt Holland in den vollen und untheilbaren Besitz der nSrdlich von Timor gelegenen Inseln: Flores, Solor, Lomblem, Pantare und Ombai, sowie aller kleinen Eilande, welche znm Ar- chipel von Solor gehSren. Das von den Portugiesen abgetretene Gebiet ist an Hol- land gegen Bezahlung von 200.000 Gulden uberlassen worden. West-Enden der spanischen Gebirgsziige erheben. Zwischen Minho und Douro gehort die Bergmasse Serra de Montezinho dem kantabrisch-asturischen Gebirge an (Gaviarra 7400'), zwischen Douro und Tejo die Se rra Estrella dem kastilischen Scheide- gebirge, zwischen Tejo und Guadiana dem Gebirge yon Estrema- dura, und das andalusische Scheidegebirge sendet seine Auslaufer durch den siidlichsten Theil (Algarve) als Serras de Monhique bis zum Cap S. Vincent. An der Kuste dehnen sich schmale Tief- ebenen aus, die breiteste siidlich vom Tejo. Bedeutendere Kusten- flusse sind der Mondego aus der S. Estrella (schiffbar von Coim- bra ab) und der fahrbare Sado aus den Serras de Monhique. Portugal hat keine grosseren Landseen, wenig Sumpfland ; fiber 50 Mineralquellen. In horizontaler Ausdehnung ergeben sich keine bedeutenden Verschiedenheiten der Temperatur, grossere nach vertikaler Erhebung, doch reichen die Gebirge -nirgends in die Schneeregion hinauf. Das ganze Land liegt in der Zone des Oelbaumes und der Siidfruchte, und hat im Allgemeinen ein sehr gesundes K 1 i m a. Wahrend die Kiistenstriche durch Seewinde etwas mehr abgekiihlt werden , herrscht im Innern des Landes in den Sommermonaten africanische Hitze. Der Schneefall gehort zu den Seltenheiten, dessgleichen Hagel ; Regen und Gewitter sind haufig im Herbst und Winter, um welche Zeit auch Erdbeben um Lissabon und den Tejo - Landschaften ofters bemerkt werden. (Lissabon, am 1, No- vember 1755.) Politische Einfheiluug. Die Gesammtmonarchie wird in 8 Provinzen eingetheilt, an deren Spitze Civilgouverneure stehen; das Festland besteht aus 6 Provinzen, die benachbarten Inseln bil- den 2 Provinzen. Bemerkenswerthe Orte sind : 1. Provinz Estremadura: Lissabon, Santarem, Setuval. Lissabon (port. Lisboa) mit 270.000 Einw., prachtvolle Lage an der Mtindung des Tejo, aber sehr unreinliche Stadt ; viele Kirchen und Kloster; mehrere Palaste seit dem grossen Erdbeben (1755) nicht ganz wieder hergestellt. K6nigl. Residenz und Sitz eines Patriarchen. Zahlreiche schone Landhauser (Quinta's). Wichtig fur den Handel, der fast ganz in Handen der Englander sich befindet. Kriegshafen mit dem Fort Belem. wo die Schiffe anlegen. Bank, Borse, Schiffswerfte. Grosse Wasserleitung von Alcantara. 2. Provinz Alemtejo: Evora (12.000), Elvas; 3. Provinz Beira: Coimbra (35.000), Lamego, Ovar; 4. Provinz Tras os Montes: Braganza (16.000), Villa Real; 5. Provinz Entre Minho e Douro: Oporto (81.500), Braga, Vianna, Guimaraes ; 6. Provinz Algarve: Faro (17.000), Tavira, Sagres; 7. Provinz der Azoren: Eine Gruppe von 9 bewohnten Inseln (Corvo Flores, Pico, S. Jorge, Fyal, Graciosa, Terceira, S. Miguel die grSsste, S. Maria); alle vulkanischer Natur; sehr mildes gesundes Klima. Der Ackerbau ist nicht er- heblich ; dagegen produciren die Inseln Siidfrflchte und Wein von vortrefflicher Qaa- litat und nnterhalten lebhaften Seehandel. Die bedeutendsten Hafenplatze und Orte sind: auf Terceira: Angra (24000), auf S. Miguel: Punta Delgado (29.000). 8. Provinz Madeira: Die vulkanische Gebirgsinsel Madeira, Hauptort Funchal (25.000), hat ein gleichfurmiges, sehr gesundss Klima und ausgezeichne- ten Weinbau. Auch Porto Santo ist bawohnt. Die Inseln des grunen Vor- gebirges sin I un^esuud und wenig frachtbar ; ihr Hanptprodukt ist Salz. 284 Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Der sehr fruchtbare Boden und das der Vegetation zutragliche Klima begGnstigen in hohem Grade die Bodenkultur; doch wird der Landwirthschaft bei weitem nicht die wiinschenswerthe Sorg- falt zugewendet. Das eigentliche Ackerland, zumeist in den nord- lichen Provinzen, nimmt nur etwas mehr als 18% der Gesammt- flache ein , und deckt kaum den Bedarf des Landes an Getreide ; die Reiskultur gewinnt hingegen an Ausdehnung. Noeh schwacher ist der Wiesenbau bestellt, auf welch en kaum iy a % entfallen; die Forstkultur mit etwa 4V 2 % der Area ist ebenfalls nicht aus- reichend. Reich ist das Land an Sudfriichten, besonders in Al- garve, wahrend die mitteleuropaischen Obstarten in der nordlichen Landeshalfte in grosser Menge gebaut werden ; auch der Hanf- und Flachsbau ist in den nordlichen Gegenden von Bedeutung. Der wichtigste Exportartikel ist der We in, insbesondere sind beruhmt die Weine von Oporto , dann um Lissabon, Setuval. Auf einem verhaltnissmassig besseren Stande steht die Viehzucht. In den Agrikulturgegenden des Nordens wird schones Rindvieh gehalten; sehr bedeutend ist die Zucht der Maulthiere und Esel, namentlich in Tras ps Montes ; die Schafzucht wird wie in Spanien betrieben, zumeist in Beira und Alemtejo , in den Gebirgen ist die Ziegen- zucht stark verbreitet; die Bienenzucht wird im Grossen nur in Alemtejo und Beira, die Seidenraupenzucht in Tras os Montes ge- pflegt. Die Seefischerei liefert Thunfische und Sardellen in gros- ser Menge. Der Bergbati ist bis jetzt ganz vernachlassigt , obwohl Spuren wahrscheinlich ansehnlichen Reichthums an edlen und un- edlen Metallen vorhanden sind. Die dermalige Gewinnung von Gold , Silber , Kupfer , Eisen , Blei , Steinkohleh u. s. f. ist kaum nennenswerth. Seesalz wird (besonders um Setuval, Aveiro) weit iiber den Bedarf gewonnen , Quellsalz nur bei Santarem am Tejo. Hat sich in neuerer Zeit die gewerbliche Industrie auch gehoben, so reichen die Erzeugnisse fast in keinem Zweige fin- den inlandischen Badarf aus , und auch hinsichtlich der Qualitat stehen die meisten Artikel den ahnlichen Produkten anderer Lan- der zuriick. Im Jahre 1855 berechnete man die Zahl der industriel- len Etablissements mit 1600 und die Zahl der darin beschaftigten Arbeiter nur mit 20.000, was auch auf einen geringen Umfang der meisten Etablissements schliessen lasst. Die industriellsten Orte sind Lissabon und Oporto. Relativ am starksten ist die Industrie der Webe- und Wirkwaaren , namentlich die Leine nindustrie (in Douro und Minho, Beira und Lissabon), dann in Baumwollwaa- ren (Oporto, Braga, Braganza, Lissabon und Evora), fiir Seide bestehen an 50 Fabriken (Lissabon, Oporto, Braganza), fiir Schaf- wolle sind Covilha (an der Sildseite der S. Estrella) und Porta- legre (Alemtejo) am bekanntesten. Erwahnenswerth sind Porzellan, Fayence und Glas, die Gold- und Silberarbeiten, das Tauwerk in Algarve, Hike und Papier, einige Zuckersiedereien , Tabakfabriken und Branntweinbrennereien. Zur Hebung der Industrie haben sich 285 in letzter Zeit zu Lissabon, Oporto und Coimbra Industrie-Asso- ciationen gebildet. Der aussere Handel, ehemals grossartiger Welthandel, be- schrankt sich gegenwartig auf die Seeplatze Lissabon, Oporto, Setuval , Faro und fur den Verkehr nach Spanien Elvas , und ist beim Import zura grossten Theile in den Handen der Englander. Regelmassige DampfschifFahrt besteht zwischen Lissabon, Havre, Rotterdam und Brasilien, Zur Ausfuhr gelangen : rothe Portweine (iiber Oporto und Setuval), Sudfruchte, Oel, Seesalz, Schinken, Wolle, Kork; zur Einfuhr: Webe- und Wirkwaaren, Metalle und Metallwaaren , Kolonialwaaren , Modeartikel , kurz fast alle Artikel der englischen Industrie. Der Werth der Einfuhr betrug in den letzten Jahren beilaufig an 15 Millionen, jener der Ausfuhr an 9 Millionen Gulden. Der innere Handel kann sich bei dem schlechten Zustande der Strassen , dem Mangel an schiffbaren Kanalen, der noch geringen Menge der Schienenwege und trotz der schifFbaren Fliisse nicht entfalten. In der letzten Zeit haben sich einige Gesellschaften konstituirt (Bank von Portugal mit nahe 20 Millionen Gulden Stammkapital mit einer Filiale in Oporto, Weinhandelsgesellschaft in Oporto u. a.), urn den Verkehr zu heben. Die geistigc Kultur weiset cbenfalls kein erfreuliches Bild. Die lange nicht in ausreichender Anzahl bestehenden Schulen und der Unterricht befanden sich seit jeher in einem traurigen Zustande; gegenwartig erst beginnt eine grossere Ruhrigkeit in dieser Richtung. Die politechnische Akademie in Oporto , mehrere Ackerbau-, Ge- werbe-, Handelsschulen und nautische Lehranstalten haben ihre Thatigkeit begonnen, und es ist somit Aussicht auf Besserung die- ser Verhaltnisse vorhanden. Fur gelehrte Bildung sorgen zunachst die Lyceen , die Universitat zu Coimbra und einige gelehrte Gesell- schaften. Bei der geietigen Begabung des Volkes , den giinstigen natiirlichen und klimatischen Verhaltnissen und der sehr gunstigen geographischen Lage des Landes diirfte bei ernstlicher Bestrebung ein Aufschwung in der physischen, technischen und geistigen Kul- tur zu erwarten soin. VII. Das Kaiserttmiii Fraiikreich. . 142. Betaiidtheile. Bevdlkernng. QMeilen Einwohner 1. Kaiserthum Frankreich (in Europa mit Savoyen [200 D M and Nizza [80 DM.J) 9899 36,000 000 2. Kolonien: in Asien: (Pondichery in Vorderindien) 6 206.000 in Africa: Algier 10.145 2.880.000 (Senegal, Gorde, Reunion, St. Marie, Mnyotta, Nossi-B^) 92 200.000 in America: (St. Pierre and Miquelon an. der Slidkiiste von Neufoundland, Qnadeloupe and cin Theil der kleinen Antillen, Insel Marti- niqnc 67 QM. ; Guyana 1822 1889 280.000 286 QMeilen Einwohner ia Australien: (Neu - Caledonien, Mendana- Archipel [Marquesas- und Washington-Inseln], Gesellschaftsinseln und Gambler 435 133.000 Gesamratmonarchie . . . 22,466 39,699.000 Nach der National! tat fast ausschliesslieh Franzosen; im Norden etwa ! 8 / 4 Millionen Wallonen, ebensoviel Deutsche in Elsas und Lothringen, uber 1 Mil- lion Bretonen (Kymren in der Bretagnej, Italiener, Basken, Israeliten u. s. f. Vom Staate anerkannt sind die katbolische Kirche, die reformirte und lutherische Konfession, die Israeliten und in Algier die Muhamedaner. Grenzen: irn N. Kanal oder la Manche, Belgien, Deutschland ; im 0. Deutschland, die Schweiz, Sardinian ; im S. das Mittelmeer, Spanien ; im W. der atlantische Ocean. Untheilbare kon- stitutionelle Erbmonarchie ; die Thronfolge geschieht in der mannlichen Linie des rSmisch-katholischen Hauses Bonaparte. Bodenbeschaffenheit. Frankreich liegt zwischen zwei Meeren (dem Atlantik und dem Mittelmeer) und zwei Hochgebirgen Euro-pa's (den Pyrenaen und Alp en). Getrennt von den beiden Gebirgssystemen erhebt sich Hochfrankreich oder das siid- franzosische Bergla'nd, welches durch Plateaulandschaften mit dem nordlichen deutschen Berglande (Vogesen, Ardennen u. s. w.) in Verbindung steht. Mehr als die Halite des Landes aber gehort theils der wellenformigen Ebene, theils dem Tieflande an. Diese Ebenen, welche ein zusammenhangendes Gebiet von dem Fusse der Westpyrenaen bis an den Rhein bilden , werden ,,von einer schon geordneten Flusswelt" reich bewassert. In der Halb- insel Bretagne erhebt sich ein kleines isolirtea Gebirgasystem. A. D i e Grenzgebirge. Der (an 8000' hohe) Kamm der Pyrenaen scheidet Frankreich von Spanien; die Centralpyrenaen sind reich an ewigen Schneefeldern und Gletschern, der Nordabfall sendet seine Auszweigungen in die siidfranzosischen Provinzen. Die Verbindung zwischen beiden Landern wird mittels vieler Passe und dreier Kunststrassen unterhalten. Im Oaten der Rhone erhebt sich der Westabfall der Westalpen; ein rauhes, wildes Gebirge mit zahlreichen Schneefeldern und Gletschern, mehreren nur fur Saumthiere gangbaren Passen und zwei Kunststrassen. Zwischen dem Mittelmeere und der Durance (sp. Diiranss) erheben sich die Seealpen; zwischen den Thalern der Durance und der Isere die cottischen Alpen mit den beiden Kunststrassen, und zwar fiber den Pass des M. Genevre (sp. Schnevr) und den Pass des M. Cenis (sp. Seni) ; zwischen den Rhonethalern und der Isere die &rajischen Alpen mit dem hb'chsten Berge Frankreichs (Mont Ian 12.960'). Der Kamm dieser Gebirge scheidet theilweise Frank- reich von Sardinien. Zwischen den Thalern der Rhone, Saone (sp. Sohn) und des Doubs (sp. Du) zieht sich als Grenzgebirge zwischen Frankreich und der Schweiz der Jura, im siidlicheren Theile der Kettenform , im nordlicheren der Tafelform angehorig, mit dicht bevolkerten, industriereichen Thalern, welche mittels Durch- gangen (cluses) mit einander verbunden sind. B, Das Ber gland im Innern von Frankreich. (welches nicht zu den Ausastungen der genannten Grenzgebirge gehort), be- steht aus einer Reihe einzelner Bergziige und Plateaux, sammtlich 287 mit dem Charakter des Mittelge bi rges und kann in abgeson- derte Gruppen zerlegt werden: 1. Das Hochland von Siidfrank reich (Hochfrank- reich) hat seinen Centralknoten in Hochterrassen ira Quellge- biete der Loire, des Allier und der Ardeche (sp. Loar, Allie, Ardesch). Von hier ziehen die Sevennen (im Mittel 3000') gegen Siidwest bis zum Kanal von Languedoc. Gegen Norden erstrecken sich von den Hochterrassen bis zur tiefen Senkung (nur 933' Seehohe), durch welche der Kanal du Centre (sp. du Santr) oder von Charolais (sp. Scharola) geht, drei Bergketten: a) das Gebirge von Lyonnais und Charolais zwiechen der Rhone mit der Saone im Osten , der Loire im Westen und dem erwahnten Kanal iin Norden (M. Pilat 4200'), b) das Gebirge von Forez (sp. Fore) zwischen Loire und Allier (Pierre sur haute 5000'), c) das Hochland von Auvergne (sp. Owernj), welches durch einzelne Bergketten (Magaride-, Aubrac - Gebirge) mit der Hochterrasse in Verbin- dung steht. Dieses zeichnet sich durch wilde, imposante Ge- birgspartien , schauerliche Felsenthaler und Bergstrome , den Reichthum an kalten und warmen Heilquellen aus , und tragt iiberall den Charakter vulkanischer Revolutionen (Cantal 5900', Mont d'or 5800', Puy de Dome 4500'). Im Osten und Siiden fallt Hochfrankreich unmittelbar zur Ebene herab, und zwar in das Rhonethal und zur Seekiiste; an alien iibrigen Seiten vermitteln Terrassenlandschaften den Uebergang zur Tiefebene, und zwar die Terrassen von Rouergue (sp. Ruerg) (zwischen den Sevennen und der Dordogne), von Limousin (sp. Limusan) (zwi- schen der Dordogne und dem Cher) und von Bourbonnais (zwischen Cher und Allier). 2. Das nordostliche Mittelgebirge beginnt nord- warts der Bodensenkung des Canal du centre und heisst bis zur Senkung des Kanal von Burgund Cote d'or, welchem nordlich (im Quellgebiete der Seine) das Plateau von Lan- gres (sp. Langr) und nordostlich (zwischen Saone und Doubs) das Plateau von Hochburgund vorgelagert sind. Aus dem Plateau von Langres erheben sich die Montagues de Faucille (sp. Montajn do Fossilj) (Sichelberge), welche mit denVasch aus der Rheinebene aufsteigenden Vogesen (Was- gau) und den am linken Maasufer nach Nordwesten ziehenden Argonnenwalde das Plateau von Lothringen ein- schliessen ; im Norden dieses Plateaus und des Argonnenwaldes erheben sich die Ardennen. 3. Zwischen den Aueastungen des nordostlichen Mittel- gebirges und dem Berglande der Bretagne und der Nor- mandie breitet sich das Plateau von Orleans aus, wel- ches zu den Tieflandern der Seine (sp. Sehn) und Loire sich herabsenkt. Diese beiden Tieflander mit jenem der Garonne bilden die Hauptmasse des franzosischenFlach- und Tieflandes, welches im Allgemeinen den Charakter der wellenformigen Ebene tragt und nur an den Kiisten vollig eben iet. 288 Der Kiistenstrich zwischen den Miindungen des Adour und der Gironde ist Haideland (les landes), von der Gironde bis zur Loire ist die eintonige Kiiste von Sand- und Moorflachen (lea sab- les und les marais) bedeckt. Am Mittelmeere ist die proven 9 a- lische Tiefebene, welche den westlichen Kiistenstrich und das Miindungsland der Rhone umfasst. Die Rhone-Ufer gehoren zu den gesegnetsten Erdstellen, die Provence (sp. Prowanss) geniesst seit jeher den Ruf hoher landschaftlicher Reize und Fruchtbarkeit. Nur das Deltaland der Rhone macht davon eine Ausnahme, im Westen sind Sumpfgegenden, im Osten das Kieselfeld Crau (sp. Kro). Gewasser. Die Lage Frankreichs am ofFenen atlantischen Ocean mit seinen beiden Theilen, dem Canal oder la Manche (mit der Bai St. Michel zwischen der normannischen und der bre- tagnischen Halbinsel) und dem Mitt el me er (mit dem Golf von Lyon) ist eine ausgezeichnete. Die Kusten der Normandie, Bre- tagne und Provence sind felsig, von der Seinemundung bis Calais (sp. Kala) steil, die iibrigen sind mehr oder minder flach, sandig, zum Theil auch sumpfig, mit salzigen Strandseen (etangs) begleitet. Unter etwa 5000 fliessenden Wassern sind fiber 100 schiffbare Fliisse und von den sogenannten ,,21 Hauptfliissen (21 fleuves prin- cipaux)" sind die vier bedeutendsteu : Loire, Seine, Garonne und Rhone. Die Loire, der eigentliche Hauptstrom, die langste Wasser- rinne des Landes, verbindet das siidfranzosische Hochland mit dem centralen Flachlande. Fast ein Viertheil Frankreichs bildet ihr Quellgebiet, an ihren Ufern liegen machtige Stadte, durch ein ver- zweigies Kanalsystem wird ihre Bedeutung fiir die Schiffahrt mach- tig gehoben und sie mundet nach eineni Laufe von 130 Meilen unterhalb Nantes (sp. Nant) bei Paimboeuf (sp. Pambof) in den Ocean. Ihre Nebenfliisse sind: (rechts) der Arroux, die Mayenne (mit der Sarthe), (links) der Allier, Cher, Indre (sp. Aendr) und Vienne. Die Garonne, aus den Pyrenaen, empfangt mehrere Fliisse aus den Pyrenaen und Sevennen, tritt bei Toulouse (sp. Tulus) in ein breites Thai , tragt nach der Einraiindung der Dor- dogne (sp. Dordojn) SeeschifFe und bildet, nun Gironde (sp. Schi- rond) genannt, unterhalb Bordeaux (sp. Bordo) den langsten der franzosiechen Limane. Die bedeutendsten Kiistenfliisse sind der Adour (bei Bayonne) und die Char ante (bei Rochefort). Die Seine entspringt mit mehreren Zufliissen am Cote d'Or, wird bei Troyes (sp. Troa) schiffbar und ergiesst sich in breiter Golfmiindung, an deren ausserBtem Ende Havre liegt, in den normannischen Busen des Kanals. Sie nimmt rechts die Aube (sp. Ob), Marne und Oise (ep. Oas), links die Yonne und Eure (sp. Oer) auf. Zwei paral- lele Kiistenfliisse sind ihre Begleiter , nordostlich die echiffbare Somme, siidwestlich die Orne. In das Mittelmeer ergiesst sich die Rhone, welche aus dem Rhonegletscher entspringt und den Genfer-See durchfliesst. Dann wendet sich der Fluss nach Westen, bis er bei Lyon nach dem Einflusse der durch den Doubs verstarkten Saone sich gegen Siiden wendet, wo der 889 Unterlauf beginnt. Unterhalb Avignon beginnt das Miindungsland und bei Aries (sp. Arl) die Deltabildung (Insel Camargue) , deren ostlicher Arm die Hauptmiindung ist. Unter den Nebenfliissen am linken Ufer sind die schiffbare Isere und die Durance die bemer- kenswerthesten. Dem Gebiete der Nordsee gehort der Grenzfluss Rhein an. Seine bedeutenden franzosischen Nebenfliisse dieMosel (mit derMeurthe [ep. Mort] und Saar) und die Maas bewassern das Plateau von Lothringen. Im nordlichen Hiigellande (von St. Quentin [sp. San Kantan] bis Conde) fliesst dieSchelde. Landseen von Bedeu- tung hat das Land nicht, dagegen viele Strandseen, die wegen der reichlichen Seesalzgewinnung beachtenswerth sind. Von hoher Bedeutung ist die vielfach verzweigte K a n a 1 v e r- bindung. Ueber 90 Kanale mit einer Gesammtlange von 635 Mei- len verbinden die Meere und alle grosseren Flusse des Landes un- ter einander, und bilden ein enges Netz guter "Wasserstrassen. Die wichtigsten sind: 1. Der Siidkanal (Kanal von Languedoc) ver- bindet den atlantischen Ocean mit dem Mittelmeere. Er fiihrt aus der Garonne bei Toulouse , nordlich an Carcassone vorbei in den Strandsee Thau bei Adge, welcher durch den Hafen von Cette mit dem Mittelmeere inVerbindung steht. 2. Der Canal du Centre (von Charolais) setzt die Loire mit der Saone in Verbindung. Er geht von Chalons (sp. Schalon) an der Saone bis Digoin (sp. Digoan) an der Loire. 3. Der Kanal von Burgund vereinigt (durch die Yonne) die Seine rait der Saone und durch diese mit der Rhone; also eine Wasserverbindung des Kanals mit dem Mittelmeer (Havre, Paris, Lyon, Marseille). 4. Der Rho n e-Rhei nk anal verbindet die Rhone durch Saone und Doubs mit dem Rhein, er geht iiber Be- san9on, Muhlhausen nach Strassburg. 5. Der Rhein-Marne- Kanal verbindet den Rhein mit der Seine; er fiihrt von Strassburg iiber Nancy, Toul, Bar-le-Duc (Bar le Diik) nach Vitry an der Marne. 6. Der Kanal vonBriare mit seiner Fortsetzung, dem Kanale des Loing (von Montargis) verbindet die Loire mit der Seine; dessgleichen der Kanal von Orleans, der auch bei Montargis in den Kanal des Loing mundet. 7. Der Kanal von Saint-Quentin verbindet die Seine (mittels der Oise) mit der Schelde und geht von Chauny (Schoni) (an der Oise) iiber St. Quentin bis Cambray. Aus diesem Kanal verzweigt sich der Kanal der Somme uber Amiens zur Somme. Unter der grossen Menge von Mineralquellen haben nur wenige einen verbreiteten Ruf: Bareges (Baresch), Biariz (bei Ba- yonne) und Bagneres (Banjer) in den Pyrenaen, Aix (Aehs) in der Provence, Plombieres, Vichy (Wischi) am Allier u. a. m. Klima. Frankreich hat im Allgemeinen ein gemassigtes und mildes Klima; doch bedingen die grosse horizontale Ausdehnung, die Nachbarschaft der Meere, die bedeutenden vertikalen Erhebun- gen eines Landestheiles und andere brtliche Umstande mannigfache Abweichungen. An den Kiisten des Mittelmeeres hcrrscht italie- nisches Klima und Oelbau, der Norden Frankreichs nahert sich den kalteren Zonen Europa's ; die Mittelwarme des Jahres betragt in Klun's Haodcls-Geogrraphie. 2. Anfl. 19 890 der siidlichen Region an 14, in der nordlichen etwas fiber 8 Grad. Die westlichen Tiefebenen haben oceanisches, die ostlichen Berg- gegenden Binnenklima, die Gebirgsgegenden sind zum Theile sehr rauh. An den Kusten des Mittelmeeres bringt der wuthende Mi- stral (Nord west wind) bisweilen einen strengen Winter, die lauen Sudwinde hingegen richten nicht selten arge Verheerungen (durch Schmelzen des Schnees) an. In den siidlichen und westlichen Ge- genden sind die Herbstregen, in den iibrigen Landestheilen die Som- merregen 'vorherrschend. Im Ganzen erfreut sich Frankreich eines gesunden, der Vegetation zutraglichen Klimas. Politische Eintheilung. Frankreich war vor der Revolution von 1789 in 36 Provinzen von ungleicher Ausdehnung einge- theilt, geschichtlich in 51 Landsch a ft en. Jetzt zerfallt es in 86 Departements, diese in 363 Bezirke oder Arrondisse- ments, die letzten in (2847) Kan tone und diese endlich in 36.826 Gemeinden oder Kommunen. Jedes Departement wird von einem Prafekten, das Arrondissement von einem Unter- Prafekten, jeder Kanton und jede Kommune von einem Ma ire (Burgermeister) verwaltet. In militarischer Hinsicht bildet Frankreich 5 Armee- und Landes-Ober- kommandos, die unter je einem Marschall stehen (Paris, Nancy, Lyon, Toulouse, Tours), nnd in 21 Divisionen zerfallen. In Bezug auf das Seewesen sind die Kusten Frankreichs in 5 See-Prafekturen (Cherbourg, Brest, 1'Orient, Kochefort, Toulon), mit See-Prafekten an der Spitze, eingetheilt. Eintheilung und Orte:*) 1. Isle de France (Departements: 1. Seine, 2. Seine nnd Oise, 3. Seine und Marne, 4. Aisne, 5. Oise): Paris (aber 1% Mill. E.), St. Denis, Vincennes ; Ver- sailles (36.000), Severs, Saint Cloud, Saint Germain en Laye; Melun (10.000), Fontainebleau; Laon (10.000), Soissons, Saint Quentin ; Bea uvais (14.000), Noyon, Compiegne, Crespy. 2. Picardie (Departement : 6. Somme) : Amiens (50.000), Abbeville, Saint Valery. 3. Artois (Departement: 7. Pas de Calais): Arras (25.000), Boulogne, Calais, Azinconrt, Saint Omer. 4. F la nd crn (Departement: 8. duNord): Lille (80.000), Dunkirchen, Cam- bray, Valenciennes. 5. Champagne (Departements : 9. Ardennen, 10. Marne, 11. Aube, 12 haute Marne); Mezieres (5000), Charleville, Sedan ; Chalons sur Marne (15.000), Eperaay, Kheims, Saint Me"nehould; Troyes (27.000), Clairvaux, Brienne; Chau- mont (7000), Langres. 6. Lotbringen (Lorraine, Departements : 13. Vogesen, 14. Meurthe, 15. Maas, 16. Mosel): Epinal (12000.); Nancy (41.000), Luneville, Toul; Bar-le-Duc (15.000), Verdun, Varennes; Metz (58.000). 7. Elsass (Departements: 17. Niederrhein [Bas Ehin], 18. Oberrhein [Haut Bhin]): Strassburg (80.000), Schlettstadt, Hagenau, Weissenburg; Kolmar (21.000), Muhlhausen, Befort. 8. Franche Comte (freie Grafschaft Burgund, Hoch-Burgund, Departe- ments: 19. Doubs, 20. Jura, 21. Haute Saone): Besan9on (42,000), Montbeliard; Lons-le-Saulnier (19.000); Vesoul (7000). 9. Bourgogne (Nieder-Burgund, Departements : 22. Sa6ne et Loire, 23. C6te *) Die alte Provinz-Eintheilung ist bekannter und im taglichen Verkehr gebrauchlicher als die neue Departements-Eintheilnng, welche jedoch die officielle ist; es werden desshalb hier beide gegeben. Die mit durchschossenen Lettern gedruckten Stadte sind Departem ent s-Hauptstad te, und zwar in der Beihenfolge der in der Klammer aufgefiihrten Departements, 891 d'Or, 24. Yonne, 25. Ain): Mac on (13000), Clugny, Chalons sur Sa6ne; Dijon (33.000); Auxerre (14.000), Bourg- en-Br esse (12.000), Fort de 1'EcIuse. 10. Nonnandie (Departements: 26. Seine inferienre, 27- Eure, 28. Orne, 29. des Calvados, 30. la Manche): Eouen (110.000), Elbeuf, Havre de Grace, Dieppe; Evreux (14.000): Alen9on (16.000); Caen (42.000); Saint-L6 (10.000), Cherbourg. 11. Bretagne (Departements: 31. tile et Vilaine, 32. Cotes du Nord (Nord- kusten), 33. Finisterre, 34. Morbihan, 35. Loire inferieure [untere Loire]): Rennes (40000), Saint Mal<5 ; Saint Brie ax (12.000); Qui mper (11.000), Brest, Insel 'Sein, Insel Quessant; Vannes (12.000), L' Orient, Insel Belle Isle; Nantes (100.000). 12. Tonraine (Departement: 36. Indre und Loire): Tours (30.000). 13. Orleauais (Departements: 37. Eure and Loire, 38. Loiret, 39. Loire und Cher): Chartres (18.000), Orle'ans 148.000), Bio is (15.000). 14. Nivernois (Departement: 40. Nievre) : Nevers (18.000). 15. Bourbonnais (Departement: 41. Allier): Moulins (17.000). 16. Berry (Departements: 42. Cher, 43. Indre): Bourges (25.000), Cha- teauroux (16000). 17. Anjou (Departement: 44. Maine und Loire): Angers (40.000). 18. Maine (Departements: 45. Mayenne, 46. Sarthe): Laval (20.000), Le Mans (25000). 19. Marche (Departement: 47. Creuse) : Gueret (5000). 20. Limousin (Departements: 48. Haute Vienne, 49. Correze): Limoges (30.000); Tulle (10.000). 21. Poitou (Departements : 50. Deux Sevres, 51. Vendee, 52. Vienne) : Niort (20.000); Bourbon-Vendde (6000); Poitiers (30.000). 22. Annis (Departement: 53 Charente inferieure) : La Rochelle (16.000), Rochefort, die Inseln Re und Oleron. 23. Saintonge and AngOlimois (Departement: 54. Charente): Angou- leme (20.000), Cognac. 24. Guyenne (Departements: 55. Gironde, 56. Dordogne, 57. Lot. 58. Lot und Garonne, 59. Aveyron) : Bordeaux (130.000); Perigueux (13.000); Ca- hors (14.000); Agen (17.000); Rhodez (11.000). 25. Gascogne (Departements : 60. Les Landes, 61. Hautes Pyrenees, 62. Gers, 63. Tarn und Garonne): Mont-de-Marsan (5000); Tarbes (13.000), Bagneres de Bigorre; Auch (12.000); Montauban (25.000). 26. Navarra und Beam (Departement: 64. Basses Pyrenees) : Pau (14.000), Bayonne, Biariz. 27. Foix (Departement: 65. Arriege): Foix (5000). 28. Ronssillon (Departement: 66. Pyre"ne"es orientales, Ost-Pyfenaen) : Per- pignan (22000). 29. Langnedoc (Departements: 67. Haute Garonne, 68. Aude, 69. Herault, 70Tarn, Tl.Lozere, 72. Gard, 73. Ardeche, 74. Haute Loire) : Toulouse (100.000); Car cassonne (21.000), Narbonne; Mont pellier (46.000), Cette, Beziers; Alby (13000); Mende (7000); Nimes (54.000), Beaucaire, Alais ; Privas; le Puy en Velay. 30. Alive rgne (Departements: 75. Pay de Dome, 76. Cantal): Clermont (38.000); A ur iliac (12.000). 31 Lyonnais (Departements: 77. Rhone, 78. Loire): Lyon (212000); Saint Etienne (80.000). 32. Danphine (Departements: 79. Isere, 80. Hautes Alpes, 81. Drome): Grenoble (32.000), Vienne; Gap (11.000), Brian9on; Valence (17000). 33. Avignon, Venaissin und Orange (Departement: 82. Vaucluse): Avignon (36.000), Orange (10.000). 34. Provence (Departements: 83. Bouches du Rhone = Rhonemundungen, 84. Basses Alpes, 85 Var) : Mar s eil le (200.000), Aix, Aries; Digne (5000); Draguignan (9000), Frejus, Cannes, Toulon (70.000); die vier hyerisohen Inseln. 35. Iiisel Corsika (Departement: 86. Corsica): Ajaccio (12.000), Bastia. 36. Savoyen*): Chambery (17.000), Aix, Annecy (9000;, Chamouny, Thouon; Nizza (37000), S. Rerno. *) Von Sardinien im J. 1860 an Frankreich abgetreten. 19* 898 Besondere Hervorhebung unter den Stadten Frankreichs verdienen*): Paris (Lutetia Parisiorum) an der Seine, die stark befestigte Hauptstadt mit I 1 /, Million Einwohner, die Residenz des Kaisers, der hochsten Staatsbehorden und eines Erzbischofes. Der Fluss theilt die Stadt in eine nordliche und cine siidliche Halfte, beide durch 23 Bracken mit einauder verbunden. Zwischen der Stadt und den Vorstadten 22 Boulevards mit eleganten Hotels, Kaffeehausern, Kaufladen, zu- gleich Spaziergange. Obwohl in den letzten Jahren Hunderte von Hausern nieder- gerissen wurden, um freiere Communikation zu gewinnen, gibt es doch viele enge und schmntzige Strassen, Dagegen hat die Stadt auch viele grosse, mit Monumenten gezierte Platze. (Carroussel-P)atz, der Eintrachts-Platz vor dem Tuileriengarten mit dem Obelisk von Luxor, der Vendome-Platz mit der Triumphsaule und dem Stand- bilde Napoleons, der Bastille-Platz mit der Juliussanle, der Siegesplatz mit der Statue Ludwig XIV. u. a. m.) Bemerkenswerthe Gebaude : die gotbische Domkirche Notre Dame aus dem 12. Jahrhundert, der Invaliden-Dom mit Napoleon's Grnft, die Magdalenenkirche, u. a. Der kais. Palast die Tnilerien (1564 von Catharina von Medicis erbaut) nnd damit in Verbindung der Louvre (Luwr) mit pracbtvollen Kunst- sammlungen; Palais Royal (Pala Roajal) mit Gallerien; Palast Bourbon, Versamm- lungsort des gesetzgebenden KCrpers; das Stadthaus (hotel de ville), das prachtige Borsengebaude ; die Militarschule in der Nahe des grossen Marsfeldes u. v. a. In Paris bcfinden sich die grossartigsten wissenschaftlichen Anstalten und Sammlungen. Das M Institut de France" besteht aus 5Akademien; Universitat, mehrere hohere ge- lehrte Anstalten (Colleges), politechnische Schule, zahlreiche Spezialschulen jeder Art; die grosste Bibliothek und viele gelehrte Gesellschaften. Paris ist der Mittel- pnnkt des gesammten geistigen Lebens sowie der technischen und commerziellen Tha- tigkeit von Frankreich. Nicht minder reich ist die Stadt an Wohltbatigkeitsanstalten jeder Art; der Kircbhof Pere la Chaise (Per la Schas) ist der merkwurdigste der Erde. Paris ist die erste Fabriks- und Handelsstadt Frankreichs, einer der wich- tigsten Wechselplatze der Erde. Bank, B6rse, grosse Geldinstitute, viele Banquiers. Die Pariser Industrie beschaftigt etwa V a Million Menschen. Unter den verschie- densten Industriezweigen sind fiber 100 Buchdruckereien (grossartige Staatsdruckerei) erwahnenswertb. Auch in socialer Beziehung ist diese Weltstadt, die Tonangeberin in Mode und Luxus sowie h'anfig auch in Kunst und in manchen Richtungen der Literatur, von nicht zu unterschatzender Bedeutung. Kaiserliche Lustschlosser zn Neuilly, St. Cloud (San Klu), Malmaison, Fontaine bleau (Fontanblb), Ver- sailles (Versailj) u. a. Orleans, an der Loire, schOne Kathedrale ; bedeutende Industrie ; Bildsaule der Jeanne d'Arc, welche am 8. Mai 1429 die Stadt von der Belagerung der Englander befreite. Strassburg, am Rhein- und Ill-Kanal, in einer frnchtbaren, gewerbreichen Ebene, seit 1681 franz6sisch; beruhmter Munster 10151273 erbaut, mit dem vonErwin von Steinbach vollendeten 438' hohen Thurme ; Faknltat fur protest. Theologie, ein Ueberrest der alten beriihmten Universitat; wichtige Unterrichtsanstalten und oEfentliche Bibliotheken. Guttenberg machte 1439 bier den ereten Versuch, mit beweglichen Lettern zu drucken (erste deutsche Bibel 1466 von Mentel gedruckt). Bedeutende Industrie in Baumwollen-, Wollen- und Seidenwaaren, Kutschen, Leder, Handschuhen, Pasteten u. a. Handel mit Hanf, Krapp, Oel, Wein; wichtiger Pferdemarkt; Haupthandels- und Speditionsplatz zwischen Frankreich und Dentschland. Die Handelsplatze : Bordeaux, Marseille, Cette, Havre, dann Lyon, St. Etienne, Beaucaire sieh unter ,Handel Frankreichs" S. 301 ; die wichtigsten Industrieorte bei den betreffenden Industrieen. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Bodenbeschaffenheit ist im Allgemeinen fiir den Ackerbau sehr gQnstig und das Land ist reich an mannigfaltigen Produkten der Landwirthschaft. Nur etwa 1,200.000 Hektaren (a ! 3 / 4 Wie- *) Dermalen besitzt Frankreich zwei Stadte zwischen 200 und 300 Tausend Einwohner (Lyon, Marseille), 4 zwischen 100-200 Tausend (Bordeaux, Nantes, Rouen und Toulouse), 11 zwischen 50100 Tausend (St. Etienne, Toulon, Lille, Strassburg, Metz, Havre, Amiens, Brest, Nimes, Rheims, Angers), 7 zwischen 4050 Tausend (Montpellier, Nancy, Orleans, Limoges, Rennes, Besan9on, Caen). Paris hatte im J. 1801 nur 552.000 Einw. ; im J. 1831, 785 000 ; im J. 1855 schon 1,174.000; gegenwartig (mit der S tadterweit erung) fiber I 1 /, Mill. Einw. 893 ner Joch) sind bis jetzt unkultivirbar, und zwar im Tieflande zwi- schen der Garonne und den Pyrenaen (die Moor- und Sandstriche: lee Landes), die Marais an der Loire-Mundung und das an 2 DMei- len grosse unfruchtbare Kieselfeld Crau in der Provence. Im All- gemeinen ist der Landbau im Aufschwung und es beschaftigen sich an 20 Y 2 Million Einwohner mit demselben. Die Cere alien nehmen etwa 53% der Gesammtflache ein ; deren Anbau ist im Norden besser als im Siiden. Die Produktion deckt den inneren Bedarf nicht, und es findet ein ansehnlicher Import von Getreide aus Siid-Russland (Odessa) fiber Marseille statt. Der W al d e t a n d hat seit der Revolution von 1789 um die Halfte abgenommen, wodurch einige Departements schon holzarm geworden sind (Provence, die Kiisten von Languedoc , die Nord west-Pro vinzen). Das Haupt- produkt ist der Wein, der in 76 Departements, von den Ufern des Rhein bis zu den Pyrenaen, vorzuglich aber im Siidwesten des Lan- des, das ist um Bordeaux, an der Charente und an der unteren Loire gebaut \yird, dem 33% der Bevolkerung leben und dessen Ausdehnung durch die unbedingte Theilbarkeit des Grundeigen- thumes unterstiitzt wurde. Wahrend die Produktion am Schlusse des vorigen Jahrhunderts nur mit 16 l / 2 Million Hektoliter (a 1% osterreichische Eimer) berechnet wurde , ist sie jetzt schon auf 60 (= 105 Millionen Eimer) gestiegen , wovon uber zwei Drittheile exportirt werden. Von wachsender Bedeutung ist auch die Cham- pagnerfabrikation (Rheims, Epernay und Chalons s. M.) , in man- chen Jahren werden davon an 8 Millionen Flaschen versendet. Hin- sichtlich der Qu an tit at des erzeugten Weines ist Frankreich das erste Land der Erde. In der Obstkultur nehmen die nordlichen und nordwest- lichen Departements in Bezug auf Menge (da hierdurch der feh- lende Wein durch ^Cider und Kirschwasser ersetzt wird) , jene am Mittelmeere in Bezug auf vorziigliche Qualitat ( Pro- vencer-Oel [Aix], feine Kastanien etc.) einen bedeutenden Rang ein. Die Gartenkultur steht im Allgemeinen auf einer sehr hohen Stufe, sowohl in Hinsicht des Anbaues feinerer Gemiisearten, als der Blumenpflege, deren Erzeugnisse auch nach England ex- portirt werden. (Jahrlicher Umsatz auf den Blumenmarkten zu Paris uber 4 Millionen Francs; an 800.000 Rosenstocke, aus Honfleur um 1 Million Francs, Melonen aus Epinay, um l / t Million Francs Spargel werden im Jahresdurchschnitte nach England aus- gefuhrt.) Doch wird aus Algier viel Gemuse fur den Verbrauch in Frankreich und zur Durcht'uhr importirt. Die botanischen Ac- climatisationsgarten in Bordeaux und Lyon tragen zur Hebung der Gartenkultur viel bei. Unter den Handelspflanzen behaupten Tabak (ein Regie- rungs-Monopol) dann Flachs und Hanf im Elsass, Oelpflanzen, Siid- friichte, Safian, der vorzuglichsteKrapp (um Avignon) einen hohenRang. Die Viehzucht deckt nicht den grossen Bedarf Frankreichs. Relativ das beste und meiste Hornvieh wird in der Auvergne, Gascogne und Bretagne gezogen , doch nicht ausreichend. (Anzahl im Jahre 1857 bei 12 Millionen Stuck.) In gleichera Verhaltnisse 294 steht die Pferdezucht (Anzahl 3 Millionen Stuck); Deutschland deckt hauptsachlich den Abgang. Einzelne Racen (in Limousin, in der Normandie) sind geschatzt , und die zahlreichen ararischen Gestilte (27) tragen fur deren Hebung bei. Im Siiden kommen Maulthiere und Esel in grosser Menge vor. Von den etwa 34 Millionen Schafen sind kaum 15% veredelt , wesshalb viel Wolle importirt werden muss. Die ararischen Merinos-Schafereien in Perpignan und Rambouillet haben den Zweck , auf Veredlung der Racen hinzuarbeiten. Obwohl in Lothringen, im Elsass und in Beam auf die Zucht des Borstenviehes Sorgfalt verwendet wird, so wird der grosse Fleischbedarf doch nicht gedeckt. Sehr verbreitet und mit Erfolg werden ferners die Kaninchen- und die Federvi e h zuch t betrieben. Die Bienenzucht gibt nicht wunschenswerthe Resultate, doch sind der Honig von Narbonne und das Wachs aus der Bretagne geschatzte Artikel. Die Seiden- zucht hat in den letzten Jahren zwar abgenommen, allein sie ist immer noch wichtig und Frankreich ist nachst Italien der starkste Producent in Europa. Sehr wichtig ist sie im Siidosten (Provence, Dauphine, Languedoc), am starksten an der unteren Rhone in den De- partements Vaucluse (Avignon) und Gard (Nimes). Die sehr sorg- faltige Behandlung beim Abhaspeln und Filiren verleiht der fran- zosischen Seide grosse Vorziige. Sehr bedeutend ist die S eef i sch erei. Dieppe und Boulogne senden auf den Haringsfang; Nantes, Port Louis und Belle Isle auf Sardellen (Sardines de Nantes) und Thunfische aus ; Bor- deaux und Dieppe treiben Stockfischfang , vorzuglich an der Siid- westkilste von Neufoundland (franzosische Inseln: St. Pierre und Miquelon) ; auf den Wallfischfang sendet Havre am starksten aus; die meisten und grdssten Austern werden in der Bretagne gefischt (St. Malo in der Bai von Cancale jahrlich fiber eine Mil- lion Stuck), dann zu Marenne bei Rochefort. Die Flussfischerei hat zwar abgenommen, doch beginnt man der kunstlichen Fisch- zucht besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Unter den Kredit- und sonstigen Anstalten zur Forderung der Landwirthschaft ist der Credit foncier erwahnenswerth, wel- cher Anlehen gegen hypothekarische Sicherstellung verschafft , wo- fiir er Obligationen ausgibt. Bis zum 31. December 1857 belief sich dieSumme der bei ihm realisirten Darlehen auf circa 83 V 2 Mil- lion Francs. Der Bergbau ist, obwohl fortschreitend , doch in mehrfacher Hinsicht noch unzureichend. Forderungsmittel sind zwar die guten Bergwerksschulen in Paris und St. Etienne, dagegen ist der Holz- mangel vielfach ein Hinderniss fiir grossere Entfaltung. Die Gold- gewinnung ist unbedeufend (etwa 60.000 Francs im Werthe), dessgleichen jene von Silber (bei Grenoble und aus Blei, Geld- werth circa l l / 3 Million Francs); Kupfer wird iu den Pyrenaen (Navarra), Alpen (Dauphine), Vogesen (Elsass) und in Lyonnaia gewonnen (an 5 Millionen Francs). Den relativ grossten Reichthum besitzt es an Blei (iiber 1 Million Francs), obwohl die Produktion noch sehr gesteigert werden konnte. Sind auch der Jura, die Vo- gesen, die Champagne und Berry reich an Eisen, so geniigt die Ausbeute doch nicht fur den grossen Bedarf und es stellt sich die Nothwendigkeit einer Einfuhr von Roheisen heraus (im Jahre 1856 im Werthe von 26 Millionen Francs). Die bedeutendsten Eisen- werke sind in Chatillon le Due (Doubs) , Commentry (Allier), Ne- vers (Nievre), Auzin (Nord), Niederbronn (bei Straesburg), Uzemain (in den Vogesen , vorzuglich fiir die Waffenfabrikation) , Creusot (Saone-Loire) *). Die Ausbente an Steinkohlen ist bereits (im Jahre .1857) auf nahe 90 Millionen Zentner gestiegen, doch geniigt sie n ich t fiir den Bedarf und der Bezug aus Belgien ist noch immer sehr bedeutend. Die starkste Ausbeute ist in den Umgebungen des Canal du Centre (an 30 Millionen Zentner), dann bei Valenciennes (eine Fortsetzung dor belgischen Kohlenlager) , endlich im Departement Herault **). Das bedeutendste St ei n s al z 1 ager ist zu Vic (bei Nancy), wel- ches jahrlich iiber eine Million Zentner liefert. Noch wichtiger sind die Meersalinen an der Westkuste (das beste Seesalz zu Guerande, nahe der Loire-Miindung) , aus denen im Jahresdurchschnitt an 800.000 Zentner insbesondere nach den Nord- und Ostseelandern ausgefiihrt werden. Frankreich ist endlich reich an Erden und Steinen , sowie an Mineralquellen. Industrie. Der Franzose hat im Allgemeinen mehr Sinn und Geschmack fiir den Kunstfleiss und die feine, elegante Bear- beitung, als fiir die miihsame Gewinnung der Rohstoffe ; daher sind die Landwirthschaft und die Viehzucht verhaltnissmassig ger inger, die Fabriksindustrie dagegen nachst England die grosste und in manchen Zweigen wird die letzte sogar ubertroffen. Der wacheende Associationsgeist , die Gewerbefreiheit , der erfinderische Sinn der Franzosen und deren praktisches Geschick beleben die Industrie fortwahrend , Intelligenz und Kapital widmen sich ihr willfahrig. Obwohl in alien Theilen des Landes kleinere oder grossere indu- strielle Unternehmungen bestehen, so bildet doch Paris sammtUm- gebung deren Mittelpunkt. Zuniichst sind es der Norden, Osten und Siidosten , wo in den letzten 25 Jahren ein ausserorden tlicher Aufschwung stattgefunden hat. Die wichtigeten Zweige sind: die Seidenindustrie im Rhone - Departement mit dem Mittelpunkte Lyon und St. Etienne dann Nimes, Alais, Avignon, deren Fabrikate sich durch Geschmack Schonheit und Gate auszeichnen und einen Weltruf erlangten. Die unbedingte Ueberlegenheit haben zwar die franzosischen Fabrikate *) Chatillon le Due, Commentry etc. gehSren einer Aktiengesellschaft, welch 6 zahlreiche Hochofen besitzt, grosse Qaantitaten Stabeisen und Gusswaaren erzeagt und iiber 20 Millionen Francs jahrlich umsetzt. Auf fast gleicher HOhe steht Creusot. **) Im J. 1858 wurden in Frankreich eingeffthrt: nahezn 87 Millionen Zentner Steinkohlen (aus Belgien und Saarbrflcken 64'/ s Million Zentner), 1,270.000 Zentner Roh- und Gusseisen, 266.000 Zentner Stabeisen, 11.000 Zentner Stahl, 480.000 Zentner Zink, uber 400.000 Zentner Blei, 223.700 Zentner Kupfer, 50.700 Zentner Zinn, ohne dass in diesen Artikeln wieder eine Auefuhr stattge- unden hatte. auf dem Weltmarkte zum Theile eingebusst , doch bestehen sie in vielen Eichtungen noch immer siegreich die fremde Konkurrenz. Auf beilaufig 40 QMeilen sind an 60.000 Maschinen thatig und der jahrliche Werth der Seidenfabrikate belauft eich auf 450 Mil- lionen Francs, wovon an zwei Drittel (insbesondere nach Amerika) exportirt werden. Hinsichtlich der Menge und dee Werthes der verbrauchten Baumwolle nimmt Frankreich nach Grossbritannien den ersten Rang in Europa ein ; an Mannigfaltigkeit der Fabrikate, sowie in dem Geschmack und der Schonheit seiner Gewebe ubertrifft es so- gar Grossbritannien. Frankreichs Fabriken liefern alle Arten von Baumwollwaaren, von den gewohnlichen Kalikos von Rouen bis zu den kiinstlichen Mousselinen von Miihlhausen, den ausserst feinen Tiillen von St. Quentin .und den ausgezeichneten Tarlatanen von Tarare. Die ereten Versuche im Baumwollspinnen wurden vor etwa 60 Jahren in Paris gemacht; von dort dehnte sich dieser In- dustriezweig hauptsachlich in die nb'rdlichen und ostlichen Departe- ments aus. Gegenwartig wird Frankreich hinsichdich seiner Baum- wollfabriken in drei grosse Gruppen (^Kreise") eingetheilt: die Norman die mit dem Mittelpunkte Rouen, der Osten mit Muhl- hausen und derNordosten (franzosisches Flandern) mit St. Quen- tin , Roubaix, Lille, Rheims, Chalons s. M. bis Troves. Der erste Kreis ist fur grobere und billigere Stoffe, der zweite fur feine Indiennes, gedruckte Mousseline, die an Schonheit und Reichthum des Gewebes und der Farben sowie an Geschmack in ihren Des- seins alle ubertreflen, der dritte fur die feinsten Tiille beriihmt. Lille und Valenciennes liefern die schonsten Spitzen; Tarare (bei Lyon) sendet die kostbarsten Tarlatane und Stickwaaren, worin es mit der Schweiz konkurrirt, auf den Markt ; Calais produzirt Bob- binets und konkurrirt in Spitzen mit Nottingham. Es bestehen iibrigens mehrere Spinnereien, Webereien, Bleichen u. s. w., welche innerhalb keines dieser Hauptdistrikte liegen. Dieser Industrie- zweig ist sehr bliihend und gewinnbringend (der jahrliche Pro- duktionswerth ubersteigt 600 Millionen Francs). Die Theuerung des Brennmaterials wird durch die Fiille und Billigkeit der Ar- beitskrafte , die grosse Nachfrage nach franzosischen Luxusstoffen und das Monopol des heimischen Marktes aufgewogen. Das Stei- fen ist ersichtlich aus der Einfuhr von Rohbaumwolle , welche im ahresdurchschnitt 18271836 etwa 73 V 2 Million Pfund (offizieller Werth nahe an 55 Millionen Francs ) , im Jahre 1856 dagegen fast 184 '/ a Million Pfund (offizieller Werth an 140 Millionen Francs) betrug. Die Ausfuhr an Baumwollgeweben und Garnen er- reichte im Jahre 1856 iiber 20 3 / 4 Millionen Pfund im wirklichen Werthe von fast 75 Millionen (oifiziell 185 Millionen) Francs *). Die Leinenindustrie ist ebenfalls in Flandern und der *) Im flstlichen Kreise bestanden (1856) 109 Spinnereien mit circa V/ t Million Spindeln, 8200 Pferdekraften und 30.000 Arbei tern, welche 44 Millionen Pfund Game im Werthe von 65 Millionen Francs erzeugten. Webereien 136, Produktion der- selben 280 Millionen Metres, Geldwerth an, 100 Millionen Francs. 25 Druckereien 297 Normandie , dann in der Picardie und Bretagne verbreitet. Feine Waare (Batist, Gaze, Spitzen) Hefern Valenciennes, Alen9on ; Ren- nes, Calais; schone Damaste und Tafelzeuge St. Quentin; Segel- tuch wird hauptsachlich in den grossen Seeplatzen (Cherbourg, Brest, Toulon u. a. w.) verfertigt. Uebrigens bezieht Frankreich viel Maschinengarn aus England und Leinengarn aus Deutschland. Die Fabrikate konnen jedoch im Allgemeinen mit den irischen , bel- gischen und deutschen nicht konkurriren. Die Wollenin dus tri e hat den Hauptsitz in der Normandie (Elbeuf, Louviers, Evreux), dann in der Picardie (Abbeville und Amiens), in Flandern (Cambray); auch in der Languedoc ist sie stark verbreitet (Carcassonne, Toulouse, Castres, Narbonne, Lodeve, Bezieres). Der jahrliche Werth der Wollwaaren kann auf minde- stens 700 Millionen Francs geschatzt werden. In der Tuchfabrika- tion behauptet Sedan (Champagne) den ersten Rang, insbesondere in feinen schwarzen Tiichern (Sedan-Tuche) ; Louviers liefert feine Tucher aller Farben ; Elbeuf sehr gate mittelfeine, worin die Fabri- kation hochst ausgedehnt ist, und der Geldwerth dieser Fabrikate ist hoher als jener von Sedan ; Castres verfertigt etarke, das eiidliche Frankreich ordinare und sehr leichte Fabrikate, zunachst fiir den Ex- port nach der Levante. Teppiche erzeugen Paris (die beriihmte Savonnerie seit Heinrich IV.) und Aubusson (Auvergne) von vor- ziiglicher Qualitat; Tapeten Paris (hier die durch Colbert begrun- dete Gobelin - Fabrik), Shawls Paris (Fabrik von Ternaux liefert die Ternaux- Shawls) ; die Bonneterie ist in Orleans am starksten. Nachst dicscn Haupt-Industricil si nd die unter dem spezifischen Namen n Pariser-Fab rikat e" bekannten, von hochster Eleganz aus Paris und Urn- gebung (St. Denis, Neuilly, Choisy, Sevres etc.), nnd zwar Tableterie- oder Kurz- waaren, Bijouterie- und Orfevrie-Waaren, alle Putz- und Modeartikel (deren Export im Jahre 1857 an 82 Millionen Francs betrug), Meubles, musikalische Instrumente (sehr viel nach Bassland) ; ferner Lederfabrikate, Chemikalien, Metallwaaren und Maschinen, Seife, Porzellan (Sevres), Glas, Rankelriibenzucker a. s. w. von Bedeutung. In der Lederfabrikation sind am besten vertreten die Weissgarberei, die Saffian- und Maroquin-Fabrikation. Starke Ledersorten werden in Blois (De- partement Loir et Cher), den engliscben last gleich, erzeugt; die Production an lackir- tem Leder, namentlich feinerer Qualitat, ist stets im Wachsen. Gate, siarke Gar- bereien bestehen in: Strassburg, Troyes, Niort, Nantes, Grenoble; Maroquin (welches Frankreich der Berberei [Marocco] abgelernt), wird am ausgedehntesten in der Provence (Marseille) und Languedoc, am besten in Choisy (bei Paris) nnd Miihlhausen erzengt. Die Weissgarberei hat die grossten Fortschritte gemacht und hat alle Lander, auch England ubcrtroffen; Beweis die enorme Ausfuhr von Handschuhen (Produktionswerth iiber 36 Millionen, Export fiber 34 Millionen Francs); Annonay garbt iiber 4 Millionen Ziegenfelle ; die Handschuhe von Grenoble, Paris, Chaumont (in der Champagne) uud Luneville (iiber 10.000 Arbeiter) sind be- ruhrat; Vendome (in Orleanais) liefert ordinare, Rennes (Bretagne) aus Hirsch- leder, Niort Castorhandschuhe; nach England werden liber 2 Millionen Paar Handschuhe exportirt. Saltier- und Riemerarbeiten aus Paris stehenfast auf drnckten an 52 Millionen Metres Stoffe im Werthe von fast 52 Millionen Francs. Werth sammtlicher Etablissements 150 Millionen Francs, jahrlicher Werth aller Er- zeugnisse nahezu 210 Millionen Francs. Die Grnppe der Normandie ist in An- sehung der Spindelzahl und des Bedarfes an Rohmaterial die erste in Frankreich, jedoch nicht in Hinsicht des Werthes der Erzeugnisse. Rohmaterial (viel aus Ost- indien) verbrancht sie an 30 Millionen Kilogramm, l'/ 2 2 Millionen Spindeln, Ex- port im Jahre 1855 fiber 9*/ Million Pfund. 298 gleicher HShe mit London und Bristol, wovon eine starke Ausfuhr nach America btattfinclet. Elegante Fussbekleidung aus Paris und Strassburg. Papier erzeugt es fur den Export; das meiste liefern die Normandie, Loth- ringen, Champagne, Elsass, im Jura und Languedoc, Annonay ist der Hauptsitz, dann Limoges und Lille; vorzugliche Pap iertapeten werden in Paris, dann Miihlhausen, Kixheim, Altkirch verfertigt. Unter den Metallwaaren behaupten den ersten Rang die geschmackvollen Galanterie-, Bronce- und Gusswaaren, deren Hauptsitz Paris ist, wo die Bronce- fabrikate den Wertb von 30, die Bijouterien von 42 Millionen Francs erreichten. Eisenhiitten sind in den Pyrenaen, Alpen, Cote d' or; Waffen: St. Etienne und im Departement Niederrhein ; Gewehre: Paris, Versailles, St. Etienne und Mutzig; Uhren: Paris, Besan9on, in den Departements Doubs, Jura, Ober-Saone und in Beaumont (Oberrhein). Die Maschinenfabrikation ist seflr vorge- schritten, der Werth der exportirten stieg im Jabre 1857 auf 48 Millionen Francs. Die Glas-, Spiegel- und Krystallglasfabriken liefern fiir den Ex- port. Beruhmte Spiegelfabriken sind in Tour la ville (bei Cherbourg) und St. Gabiu (Departement Aisne), dann St. Quirin und Cirey (LothringenJ, welche in Paris ge- scbliffen und welter bearbeitet werden. Die Einfuhr fremder Glaswaaren, mit Aus- nahme von Spiegeln, ist in Frankreich verboten. Die grossten Krystallglas- fabriken sind in Choisy le Roi (bei Paris,), Baccarat (Lothringen), St. Louis und la Gare (Lothringen,) ; alle sind associirt und halten eine gemeinschaftliche Niederlage in Paris. Fur gewohnlicb.es Glas bestehen uber 200 Hutten im Lande, davon uber 100 fur Bouteillen (bei Bordeaux deren 8). Das franzosische Porzellan zeichnet sich durch schSnes Ansehen, blendende Farbe, pracht- und geschmackvolle Malereien aus, ist aber minder dauerhaft als das deutsche; Nationalfabrik in Sevres, dann Limoges; Fayence ausgezeichnet von Nevres, Rouen, Paris, Luneville, Strassburg und Arboras (Departement Rhone) und macht im Mittelmeere England bereits Konkurrenz. Die grossartige Anwendung der Fortschritte in den Naturwissenschaften, ins- besondere in der Chemie, hat auf die Gewerbc vielleicht in keinem Lande solche Resultate hervorgebracht, als in Frankreich, welches in der Fabrikation von C he- mi k alien Ausgezeichnetes leistet. Lille ist der Hauptsitz der Bleiweissfabrikation, Montpellier fiir Grunspan, Scheidewasser, Vitriol. Paris besitzt in alien diesen Rich- tungen grossartige Etablissements ; Franzbranntwein (Cognac, Liqueure etc.) in der Gascogne und Guyenne; chemische Fabrikate verschiedener Art in Neuilly, Lyon, Montpellier, Rouen, Seife in Marseille und Toulon, Parfumerien in Par is. Die Runkelrubenzuckerfabrikation macht erstaunliche Fortschritte, wobei die nordlichen Departments am starksten vertreten sind und zwar um Lille, Valencien- nes, Dunkirchen, Arras, Amiens, dann in Lothringen, im Elsas's und bei Paris. Bei der Erzeugung wurden die wichtigsten Verbesserungen vorgenommen und mit der Produktion hat sich begreiflich auch die Konsumtion bedeutend gesteigert. Eine wichtige Rolle in der Industrie Frankreichs nehmen die Bekleidungs- artikel der Residenz der Weltmode ein, welche mindestens einen jahrlichen Werth von 300 Millionen Francs darstellen und in grosser Menge gleich den geschmack- vollen und billigen kleinen ^Luxusartikeln (..Articles de Paris") und den Kinderspiel- waaren (Bimbeloterie) zum Export gelangen. Der Luxus in der Einrichtung der Wohnungen steigert die Fabrikation aller Mobiliargegenstande, wovon gleichfalls enorme Mengen nach dem Auslande zum Export kommen, da sich dieses freiwillig immer mehr von der franzosischen Mode abhangig macht und immense Kapitalien fiir Luxus- und Modewaaren aller Art nach Frankreich sendet. Der Einfluss der fran- z5sischen Industrie anf Deutschland und Oesterreich ist ein machtiger und leider bis jetzt ein stets sich steigernder gewesen. Haiidel. Frankreichs geographische Lage an dem am meisten befahrenen Meere der Erde ist fiir den Seehandel ausserst giinstig. Die vielen schiffbaren Fliisse, deren bedeutendste mittelst Kanalen unter einander verbunden sind und somit die Meere in Verbindung bringen, fordern den inneren Verkehr fast nicht minder ab die zahl- reichen Eisenbahnen (im J, 1858 waren im Betriebe 7442, kon- 299 zessionirt und im Baue 13.870 Kilometer), welche, von alien be- deutenden Seehafen und den Industriegegenden auslaufend in der Hauptstadt des Landes zusammentreffen. Bis zum Jahre 1865 hofft man das gesarnmte bieher konzessionirte Eisenbabnnetz dem Verkehre zu iibergeben. Mit alien Nachbarlandern ist das Land durch treffliche Strassen verbunden. Nach Italien fiihren : die Kiistenstrasse von Marseille nach Nizza, die Kunststrasse von BrianQon nach Turin (iiber den Mont Genevre); nach Spanien von Perpignan nach Barcelona (von Bajonne nach Vittoria u. s. w.) Dices Alles hat Frankreich eeit jeher zu einem der machtigsten Handelsstaaten Europa's gebildet und dessen Antheil am Welthan- del wird nur von jenem Englands iibertroffen. Die Bewegung im Generalhandel *) Frankreichs mit seinen Kolonien und fremden Landern hat in der dreissigjahrigen Periode 1827 1856 fast um das Vierfache zugenommen (von 1168 auf 4587 Millionen Francs); die grosste Zunahme stellt sich in den letzten 10 Jahren heraus. Aehnliche Resultate ergibt der Spezial- h an del, welcher sich in der genannten Periode von 921 auf 3148 Millionen Francs gehoben hat. Beim Generalhandel ergibt sich fur jene Zeit durchschnittlich ein jahrliches Mehr fur die Ausfuhr von 55,800.000, und beim Spezialhandel ein Mehr der Ausfuhr fur den Jahresdurchschnitt mit 60,500.000 Fes., wobei die iiberwiegenden Zahlen auf den Seeverkehr entfallen. Die Gesammtmenge der wahrend der letzten zehnjahrigen Periode durch- schnittlich in jedem Jahr zur See tranaportirten Waaren reprasen- tirt die Summe von 2,251.600.000 Francs, wobei auf die franzosigche Flagge 1026, und auf die fremden Schiffe aller Flaggen 1224. 7 Mil- lionen Francs entfallen. Der Werth**) der Waarenansfuhr Frankreicbs (im Generalhandel) hat den der Einfuhr in der dreissigjahrigen Periode durchschnittlich uberstiegen: bei Grossbritannien um 86 Millionen Francs den vereinigten Staaten um .... 44 ,, ,, Spanien um 38 ,, Algier nm 49 ,, Brasilien um 14 ,, Dagegen hat eine Mehreinfuhr nach Frankreich stattgefunden : aus Belgien um 49 Millionen Francs ***) der Schweiz nahe um 4 Sardinien und Monaco . . . . 23 *) Der Spezialhandel (commerce special) begreift bei der Einfuhr die zum Verbrauche im Inneren bestimmten und bei der Ausfuhr die Gegenstande heimi- schen Ursprunges in sich; der Generalhandel (commerce general) umfasst den ganzen Verkehr ohne derartige Beschranktingen. **) Die franzSsische Handelsstatistik stellt den Werth der Ein- und Ausfuhr zu- vorderst nach den ein- fur allemal auf Grundlagen, welche im Jahre 1826 aufgestellt sind, und in der Ordonnanz vom 27. Marz 1827 ihre Genehmigung fanden, festge- setzten Normalpreisen der einzelnen Handelsgegenstande fest (,,amtlicher Werth, valeur officiel"), und sodann nach dem naturgemass dem Wechsel unterworfenen Verkehrswerth, wie der^elbe sich von Zeit zu Zeit bildet und wie ihn eine zu diesem Zwecke eingesetzte Kommission jedesmal angibt (,,wirklicher Wertb, valeur actu e 1"). ***) Im Jahre 1857 uberstieg die belgische Ausfubr nach Frankreich jene der Ein- fuhr um 85., Millionen Francs officieller Werth (= 81. 5 Millionen Francs wirk- licher Werth). BOO bei dem Zollverein um 13 Millionen Francs der Tarkei um 15 ,, Russland um 28 ,, beiden Sicilien um 7 ,, Britisch-Indien um 28 ,, Beim Spezialh andel zeigen sich ziemlich abweichende Re- sultate. Ein Mehr der Ausfuhr ergibt sich auch hier nach Gross- britannien (mit 63 Millionen), Spanien (28), Algier (44), Brasilien (10) , aber nach den vereinigten Staaten mir mit 6 Millionen , da- gegen bei der Schweiz mit 21 Millionen und im ahnlichen Ver- haltnisse befinden sich der Zollverein und die nicht specificirten Lander *). Betrachtet man den Handelsverkehr nach der Gattung der Waaren, so findet man die erheblichsten Zunahmen bei folgen- den Exportwaaren : Seiden-, Baumwoll- und Wollengeweben, Wei- nen, Cerealien, Kunsttischler- und Spielwaaren, Weisszeug und fertigen Kleidungsstiicken, bearbeiteten Hauten, Topfer-, Glas- und Krystallwaaren, Papier- und Pappwaaren, raffinirtem Zucker, Spiri- tuosen, Metallwaaren, Goldschmied- und Juwelierarbeiten , Haare, Uhren, Farbwaaren. Uebrigens zeigt eich zwischen dem wirklichen und offiziellen Werthe in den letzten 10 Jahren ein nicht unbedeu- tender Unterschied. Hoher ist der wirkliche Werth bei Seide, Ce- realien, Rohwolle, Zucker, Steinkohlen, Holz, rohen Hauten, Kaffee, Olivenol, Kupfer und Flachs ; niederer dagegen bei Baumwolle, Oelfriichten, Blattertabak und Indigo. Auch beim Transit- Verkehr finden wir im mehrerwahn- ten Decennium giinstige Resultate , welche hauptsachlich aus der Periode 18521856 herriihreo. Der Jahresdurchschnitt dieses De- cenniums ist fiber 576.000 metr. Zentner im offiziellen Werfhe von 307 Millionen Francs ; das ist gegen das Jahr 1833 eine Zu- nahme von 131 / nach dem Gewichte und von 106% nach dem Werthe. Die groaste Steigerung findet man bei Seiden-, Baumwol- len und Wollengeweben , sowie bei Uhrenwaaren; den starksten Abschlag bei Rohseide; bei roher Baumwolle ist keine wesent- liche Veranderung. Die grosste Menge von Transitgiitern kam iiber Marseille, dann fiber Havre und Strassburg; iiber Valen- ciennes hat der Transit seit der Erbauung der Eisenbahn erst be- gonnen. Der Sceverkehr Frankreichs wird hauptsachlich durch drei Hafen, Handels- platze ersten Ranges, vermittelt: Marseille, Havre, Bordeaux, deren Zunahme sowohl hinsichtlich des Tonnengehaltes, als der Schiffszahl und der franzosischen Flagge gegeniiber fremden Flaggen in bedeutenden Dimensionen wachst. *) Einfuhr: Im Jahre 1857 1837 1858 1561 und zwar: Baumwolle 145 < Wolle 105. 5 Rohseide 102., zugerichtete Seide 88., Steinkohlen 81., Au sfuhr: Im Jahre 1857 1865 1858 1891 und zwar: Seidenwaaren , 378 Wollenzenge 156., Baumwollzeuge 67., Weine 186. a 301 Marseille verkehrt iiberwiegend mit der Levante und den Kiistenlandern des Mittelmeeres. Die Hauptstapelartikel waren friiher Oele und Seifen; gegenwartig ist Marseille einer der wichtigsten europaischen Markte fur Getreide, welches ans Russland (Odessa) bezogen wird und womit Siidfrankreich und Nordspanien versorgt werden. Mit dem Steigen des Handels im Mittelmeer steigt fortwahrend auch Mar- seille. Der Verkehr mit Algier hat sich seit dem Beginne bis jetzt um 526% und gegen das Decennium 1836 1847 um 85% gesteigert, dessgleichen ist die Schiffahrt unter franzosischer Flagge im letzten Decenninm (1847 1857) gegen das vorans- gegangene gestiegen im Handel mit der Turkei um 90'V , mit Spanien nm 27%, mit Russland um 45% ; dagegen hat sie um 15% beim Handel mit Sardinien eingebiisst. Wahrend der letzten Periode liefen in Marseille durchschnittlich im Jahre 4408 beladene Sehiffe langer Fahrt von nahe an 780.000 Tonnen ein, wobei die fran- zSsische Flagge nahezn zur Halfte vertreten war; es zeigt sich in dieser Periode eine Zunahme nm 42% fur die Sehiffe und um 74% fur den Tonnengehalt. Den bedeu- tendsten Einfluss ausserte daranf Algerien. Die Hauptprodukte Algeriens sind Ge- treide, Tabak und Gemuse, minder die Baumwolle; dagegen bezieht es fast alle Er- zeugnisse der Kunst und Industrie aus dem Mutterlande. Marseille vermittelt sonach den Handel mit Algier, Siidrussland, den italienischen Staaten nebst Griechenland und der Turkei. Der zweite wichtige Handelshafen am Mittelmeer ist Cette, der Stapelplatz fur den Kanal von Languedoc und Montpellier. Ausfuhr von Seiden-, Wollen- und Baumwollwaaren, Leder, Cette-Wein u. s. w. im Werthe von 30 Millionen Francs. Einfuhr von Flachs, Hanf, Talg, Juchten, Getreide, schwedischem Eisen, Bauholz. Havre kann der Hafen von Paris genannt werden und in dem enormen Wachsen der Industrie in dieser Weltstadt, sowie in dem Umstande, dass der Schwer- punkt des Welthandels nicht mehr im Mittelmeere, sondern im atlantischen Oceane zu suchen i>t, liegt die Bedeutung und die Zukunft dieses rasch aufbltihenden Hafens. Durch das Eisenbahnnetz und die direkte Verbindung mit Paris steht Havre mit alien wichtigen Industriebezirken Frankreichs in nnmittelbarem Verkehr. Ueber Havre be- ziehen dicse ihre uberseeischen Rohprodukte und Havre ist der Verschiffungsplatz fur alle Fabrikate, welche den Wasserweg benutzen mussen. Paris mit seinem grossen Konsum und die dichte Bevolkerung in den industriellen Rayons bezieht aus Havre den grossen Bedarf von Kolonialprodukten (Kaffee, Zucker, Cacao, Reis, Tabak u. s. w.). Es ist der Hauptmarkt fur Baumwolle, fur Wolle, Indigo, Farbeh61zer, Gummi und Harze u. s. w., fur die fruher erwahnten Kolonialprodukte. Ausser Frankreich bezieht die Schweiz einen grossen Theil von uberseeischen Rohstoffen nnd Verzehrungsgegenstanden direkt Oder Transito von Havre, auch siiddeutsche Baumwollspinnereien beziehen die Baumwolle vielfach von dort. Die Schiffahrt von Havre hat im letzten Decennium fur den Jahresdurchschnitt beim Eingange ein Mehr von 21% far die Sehiffe, und von 31% fur den Tonnengebalt. Bordeaux ist der Ausfuhrhafen fur franzosische Weine, da der Sudwesten Frankreichs nahezu die Halfte des Weinbaues besitxt. Von der Grosse dieser Pro- duktion hangt daher grosstentheils die Wichtigkeit des Ausfuhrhandels auf diesem Platze ah, wie es die Missei-nten in den 'Jahren 18551857 beweisen ; dagegen hat die reiche Produktion des Jahres 1858 auch die entsprechende Steigerung hervorgernfen. Nachst Wein gelangen Alkohol, getrocknete und eingemachte Fruchte (Pflaumen) nnd derartige Fische, sowie das an den Abhangen der Pyrenaen gewonnene Terpen- tinol zum Export; unter den Einfuhrsartikeln nimmt das Holz (Fassdanben) den ersten Rang ein. Im letzten Decennium zeigt sich im Jahresdurchschnitt eine Zu- nahme von 36% rucksichtlich der Schiffszahl und um 32% rficksichtlich des Ton- nengehaltes. In fast gleichem Verhaltnisse bat der Verkehr in Rouen und Nantes zuge- nommen. Betrachtet man die Dampfschiffahrt abgesondert, so stellt sich ffir den Durchschnitt des letzten Decenniums gegen das vorangegangene eine Zunahme um 38% fur die Sehiffe und von 87% fur den Tonnengehalt. Im Allgemeinen hat bei der Rhederei die Zahl der Sehiffe von mehr als 30 Tonnen zngenommen, wahrend die kleineren eine bedeutende Verminderung erfahren haben. Schliesslich bleibt noch zu erwahnen, dass die kleine B Kabotage" (Kiistenfahrt von einem Hafen zum andern in demselben Meere) verhaltnissmassig bedeutend mehr zugenommen hat, als die n grosse Kabotage" (Fahrt von einem Meere in das andere). Marseille behauptet in der Kiistenfahrt fortwahrend den ersten Rang ; dann folgt Bordeaux, Havre nimmt erst die dritte Stelle ein; Nantes hat bedeutend hierin zu- genommen, wahrend Rouen Ruckschritte gemacht hat. Fur den inneren Handel sind die wichtigsten Platze: Paris, Lyon, St. Etienne, Strassburg und Beaucaire. Paris ist fur Luxus- und Modewaaren die erste Stadt der Welt, zugleich die erste Fabrikstadt und Entrepot des gesammten franzosischen Handels , sowie der erste Wechselplatz Frankreichs. Banken , Handels- und Assekuranz - Gesellschaften, kommerzielle, technische und Kunstschulen und alle Arten Forderungsmittel der Industrie und des Handels sind hier vertreten. Zunachst steht Lyon , mit der grossartigen Seidenindustrie , der bedeutendste Seidenmarkt in Europa. Die Produktion berechnet sich auf 100 Millionen Francs, wovon Qber 80 MilJionen exportirt werden. Auch als Entrepot zwischen Siid - und Nordfrankreich macht es be- deutende Speditions- und Kommissionsgeschafte , halt vier stark besuchte Messen. Besonders rasch bliiht St. Etienne empor, dessen Stahl- , Eisen-, Gewehr- und Kunstwaarenfabriken noch wichtiger sind als die vortheilhaft bekannten Seiden- und Sammt- bandfabriken. Strassburg ist der wichtigste Speditionsplatz fiir den Verkehr zwischen Frankreich und Deutschland. Nebst den eigenen Industrie - Erzeugnissen (Garbereien , Wagenfabriken, Stilckgiesserei , mechanische Arbeiten etc.) treibt es ansehnlichen Handel in Wein, Oel, Hanf und Krapp. Beaucaire ist vor- ziiglich bekannt wegen der grossen Messe im Juli, die von Tau- senden aus Europa , Af rika und der Levante besucht wird , auf welcher Seide und Seidenwaaren , Tuche , Shawls , Leder , Wein, Oel u. s. f. nicht selten um mehr als 30 Millionen Francs umge- setzt werden. Der Stand der geistigen Kultur dieses reichbegabten Vol- kes ist ein mehrfach verschiedener. Die unteren Volksklassen, ins- besondere im Siiden und Westen Frankreichs , sind in der Bildung sehr zurflck; es fehlen oft die allerersten Eiementarkenntnisse , da sowohl die Anzahl als die Einrichtung der vorhandenen Elementar- schulen bei weitem nicht zureichend ist. Unter den im Jahre 1854 militarpflichtigen jungen Leuten befand sich fast ein Drittheil, welche des Lesens und Schreibens unkundig waren. In neuerer Zeit wird iibrigens eine grossere Aufmerksamkeit dem Volksunterrichte zugewendet. Auch der ,,gebildete Mit t els t and", wie wir ihn in Deutschland so wtirdig vertreten sehen, fehlt grossen Theils. Dagegen ist es nicht zu laugnen , dass Wissenschaften und Kilnste in hohem Grade bluhen; die ,,grosse Nation" hat eine grosse Menge von Celebritaten aller Art hervorgebracht, auf dem Throne , in der Kirche , im Kabinet und im Feld , sowie in den mannigfaltigen Kulturzweigen; die franzosiche Literatur ist eine der reichsten in Europa. In alien Zweigen der exacten Wissen- schaften besass es stets eine achtungswerthe Anzahl von Talenten ersten Ranges. Der Einfluss der Wissenschaft auf die industrielleTechnik ist in Frankreich ganz besonders be- deutend, die Zahl der technischen und kommerziellen Lehranstal- ten ist stets im Wachsen, und es ist nicht zu zweifeln, dass die Gegensatze in der geistigen Kultur durch Vermehrung und He- bung der Volks- und M ittelschulen nach und nach minder grell hervortreten werden. VIII. Das Kftnigreich Belgien. . 143. Bestandtheile. Bevttlkernng. 537 DMeilen; 4,530.000 (relativ 8436)*) Einwohner, welche sich fast ausschliesslich znr r6misch-ka tholischen Kirche bekennen; wenig Protestanten und wenig Israelites Nach der Nationalitat gehOren tiber 60% dem vlami- schen Stamme an, nahe an 40% sind Wallonen, erstere im Tieflande, letztere in den Ardennen; ztidem noch (etwa 40.000) Deutsche, Englander und andere. Schrift- und Staatssprache ist franzosisch. Grenzen: im 0. Luxemburg, Preussische Rhein- provinz, Limburg; im N. Niederlande; im W. Nordsee; im S. Frankreich. Kon- stitutionelle Erbmonarchie ; die Succession in der Thronfolge ist in mannlicher Linie nach dem Rechte der Erstgeburt im Koburger Zweig der ernestinischen Linie des Hauses "Wett in. Boden. Belgien beeteht theils aus einem niederen Berglande, den Ardennen (bis 1200'), mit dem mittleren Becken der Maas, theils gehort es dem nordeuropaischen Tieflande rait dem Fluss- geader der Schelde an. Den Ardennen ist (im Norden der Sambre) ein Hiigelland vorgelagert, welches sich allmalig zur iiberaus fruchtbaren Ebene in Flandern und Sudbrabant verflacht ; wahrend in den Provinzen Antwerpen und Limburg grosse Haidestrecken und Moore (Campine oder Kempen im Gebiete von Antwerpen) sich ausbreiten. An den Kusten der Nordsee liegt das Flachland so tief, dass es durch Damme (Deiche) gegen die Ueberschwem- mungen geschutzt werden muss. Die durch Damme geschiitzten Gegenderi heissen Polder. Gewasser. Das Land wird nur auf der kurzen Strecke von 10 Meilen von der Nordsee bespiilt , welche keine grosseren Buchten in das Land schneidet. Unter den fliessenden Gewas- eern ist der bedeutendste Fluss die Schelde mit zwar kurzem Laufe (von Tournay bis zum Fort Bath) aber bedeutendem Was- serreichthum , schiffbar von Cambrai an und von Antwerpen fur Seeschiffe. Im Flussgebiete der Schelde liegen alle grossen Stadte des Landes (ausser Luttich), und die Wichtigkeit dieses Flusses fur Belgien wird nur dadurch gemindert , dass die Miindungen ausser Landes liegen. Mehrere der zahlreichen Nebenfliiase sind ebenfalls schiffbar, als : die Den der, die aus der Vereinigung mehrerer Zufliisse entstandene Rupel, die Henne(Haine) und die wasserreiche Lys (sp. Leis). Im belgischen Oberlande bildet das tiefe Thai der Maas einen Haupteinschnitt; sie tritt siidlich von Dinant aus Frankreich nach Belgien, fliesst anfanglich durch enge Schliinde mit steilen Wanden, dann aber zwischen niedern Ufern und nimmt (rechts) die Semoy, Ourthe und (links) Sambre auf. *) Nach den Provinzen zeigt sich eine grosse Verschiedenheit in der relati- ven Volkszahl. In Ostflandern kommen auf cine QMeile 14.228 Einwohner, in Brabant 12.520, in Hennegau 11.353, in Westflandern 10.603, in Luttich 9557, in Antwerpen 8419, in Limburg 4361, in Namur 4288, in Luxemburg nur 2408. 304 Zahlreiche Kanale befordern die Schiffahrt, unter denen die bedeutendsten sind: von Charleroi nach Brflssel , von Luttich nach Mastricht, von Gent nach Briigge, von Brugge nach Ostende, von Gent nach Terneuzen, Verbindung der Maas mit der Sambre, Ka- nal der Campine u. s. w. Das Klima ist gemassigtes Seeklima, im Flachlande feucht und veranderlich, in den Poldern ungesund; in den Berglandschaf- ten zwar rauher aber trockener und bestandiger. Politische Eintheilung. Belgien ist in 9 Provinzen, diese in 41 Arrondissements und letztere in Gemeinden eingetheilt, Bemerkenswerthe Orte *) : 1. Sudbrabant: Brussel (Bruxelles, 261.000), Laeken, Lowen (Loavain 32000), Anderlecht, Waterloo, Tirlemont. 2. Antwerpcu: Antwerpen (Anvers 110.000), Mecheln (Malines 31.000), Lier (Lierre), Turnhout. 3. Ostflatidern: Gent (Gand, 110.000), Dendermonde, Aalst, St. Nicolaes, Lokeren, St. Renaix. 4. Wcstflandern: Brugge (Bruges 50.000), Ostende, Kortryk (Courtray), Yperen, Nieuwpoort. 5. Hennegaa (Hainant): Bergen (Mons 26.000), Jemappes, Doornik (Tour- nay), Charleroi, Fleurus. 6. iXaniur: Namur (25.000), Andenne, Dinant. 7. Luttich: Luttich (Liege 90.000), Seraing, Herstal, Venders, Spaa, Limbnrg. 8. Limbnrg: Hasselt (10.000), Tongern, Beverloo. 9. Luxemburg: Arlon (6000), Bouillon. Von besonderer Bedeutung sind die Stadte: Briissel, an der Senne, mit 261.000 Einw., die in raschem Wachsthum be- griffene schOne Hauptstadt nnd Residenz des K5nigs, Sitz der hochsten StaatsbehSr- den, mit prachtvollen Palasten, zahlreichen wissenschaftlichen und Kunstinstituten und Sammlungen, schwunghafter Industrie in Spitzen (Brussler oder Brabanter), Webe- und Wirkwaaren, Tapeten, Leder, Papier, Krystallglas, Chemikalien, Bijoute- terien, Maschinen, bedeutende Buckdruckerei und Buchhandel u. a. m. Centralschule fur Handel nnd Gewerbe mit reichen Sammlnngen ; Borse, Banken und grosse Geld- institute. Universitat. In der Nahe konigl. Schloss Laeken (Labken), und die D6rfer Waterloo, Mont Saint Jean (Mon San Schan) mit dem Vorwerke Belle Allian ce(Bal' Aljanss). Sieg derPreussen nnd Englander iiber Napoleon am 18. Jnni 1815. Der wichtigste Handelshafen ist Antwerpen, eine Welthandelsstadt mit der altesten Borse in Europa, drei starken Messen, Bank, Assekuranz- und Handels-Ge- sellschaften , grossen Entrepots , unterhalt regelmassige Dampfschiffahrten nach Eng- land , Havre und New York. Den Hafen besuchen jahrlich fiber 3000 Schiffe. Im 16. Jahrhunderte stand diese Stadt in ihrer Bliite und zahlte damals iiber 200.000 Einwohner. Auch die Industrie ist sehr bedeutend; sie liefert Tuch, Seiden- und Baumwollwaaren, Spitzen, Leder, Wachstuch, Gold- und Silberwaaren; beruhmt sind endlich die Diamantenscbleifereien , sowie die Schiffswerften , Bleichen und Faibe- reien. Die zweite Hafenstadt des Landes ist Ostende, welche lebhaften Verkehr mit England (Dampfschiffahrt zwischen Ostende und Dover) und den benachbarten Staaten unterhalt. Die Seebader, Fischerei, Rhederei und die Leinenindustrie bringen ansehnlichen Gewinn und sind in der Aufnahme. Briigge, ehemals die Haupt- niederlage der Hansa mit den beruhmten grossen Messen , hat seine Wichtigkeit als Handelsplatz verloren, behauptet jedoch einen hohen Rang als Fabriksstadt fur Lein- wand , Damast , Spitzen, Baumvvoll- und Schafwollzeuge; nur in Landesprodukten und in Leinwand ist der Handel noch hedeutend. Im letzteren Artikel arbeitet auch Gent, welches zugleich fur Leder und Baumwollwaaren der wichtigste Manufaktur- platz ist. Industrieplatze ersten Ranges sind: Briissel (Spitzen, Blonden, Teppiche), Luttich (Metallfabrikation, Waffen, Geschutze , Maschinen), Seraing (Maschinen), Lowen (Tuchweberei, Spitzen, Blonden, Bierbrauereien), ourtray (Leinenwaaren), Ton may (Teppiche), Verviers (Tuch), an welche sich Namur, Mons, Charleroi anschliessen. *) In der Klammer sind die haufig franzosisch gebrauchten Stadtenamen. Xulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die naturliche Beschaffenheit des Bodens ist zwar nur in einigen Provinzen fiir den Ackerbau sehr gunstig, dennoch ist der Ertrag in Folge der rationellen und fleissigen Bearbeitung ein relativ sehr hoher, wenn er gleich fur die dichte Bevolkerung nicht ausreicht. Durch Austrocknung der Stimpfe und Moraste wird fortwahrend neuer Boden fQr den Feldbau gewonnen. Mit dem Ackerbaue beschaftigt sich etwa ein Viertheil der Bevolkerung und die bearbeitete Bodenflache ist beilaufig 475 n^eilen gross, wo- von fast die Halfte von Pachtern bearbeitet wird. Dem Getreide- bau sind an 160 QMeilen, den Handelspflanzen an 12 QJMeilen zugewiesen. Die Einfuhr von Cerealien wechselt im Jahresdurch- schnitt zwischen 1 2 Millionen Zentner; dagegen liefert der An- bau von Handelspflanzen noch fur den Export. Darunter nimmt der vortreffliche Flachs (Ostflandern) den ersten Rang ein (Jahreeproduktion etwa 373.000 Zentner im Werthe von 4'/ 2 Mil- lion Gulden); dann folgen Hanf, Krapp (in den ,,Poldern" von Westflandern), O elpfl anzen (Flandern und Brabant), sowie Hiil- senfrGchte, Gemiise und Futterkrauter (Klee) ; auch der Hopfenbau gewinnt an Ausdehnung. Vorziiglich ist endlich die Obstkultur in den Thalern der Maas und Sambre, und die ausgezeichnete Blumenzucht in Brabant und zu Gent, deren Produktionswerth auf 2 Millionen Gulden geschatzt wird. In der Viehzucht ist das Hornvieh aus Flandern und Bra- bant, sowie aus Limburg und Luxemburg besonders geschatzt. Brabant und Hennegau liefern gute Pferde, obgleich nicht in aus- reichender Menge. Das grosse , aber nicht feinwollige Schaf in Flandern gibt den Eohetoff nur fiir Tuche geringerer Qualitat, in Limburg ist dessen Hauptertragniss der Limburger-Kase. Flandern schickt jahrlich iiber 2 l /a Million abgehautete Kaninchen nach England, die Felle gehen nach Frankreich, Russland und Amerika. Die Schweinezucht ist sehr verbreitet , die Bienenzucht vorziiglich in der Campine (bei Antwerpen). Die Seefischerei geht haupteach- lich auf den Stockfisch- und Haringsfang aus. Der relativ grosste Theil des Nationalvermogens liegt im Bergbau, denn die vier Minen-Provinzen Hennegau, Namur, Luxem- burg und Liittich besitzen einen fast unerschopflichen Reichthum an Steinkohlen und Eisen. Erstere werden aus mehr denn 400 Gruben gefordert und die dermalige Ausbeute betragt wohl an 160 Millionen Zentner im Werthe von iiber 43 Millionen Gul- den, wovon (im J. 1857) fiber 57 Millionen Zeutner (fast aus- schlieselich nach Frankreich) zur Ausfuhr kamen. Die reichsten Gruben sind bei Lutticb, Mons, Namur und Charleroi *). Die Pro- duktion an Roh-, Guss- und Stabeisen betragt iiber 4 Mil- lionen Zentner im Werthe von 33 Millionen Gulden (urn Liittich, *) Belgiens Steinkohlenfelder nehmen 4/ der Gesammtarea, die Englands 5/ , jene Frankreichs dagegen kaum 1% ein. Im Verhaltniss zur BevOlkerung produzirt Belgien zehnmal so' viel Steinkohlen als Frankreich, aber '/, weniger als Gross- britannien; im Verhaltniss zur Oberflache 24mal so viel als Frankreich und fast urn die Halfte mehr als Grossbritannieu. Klua's Handels-Geo^raphie. 2. AuU. 20 Namur und Limburg), wovon (1857) nach Deutschland und Frank- reich iiber I.,* Millionen Zentner exportirt wurden. Zink wird bei Luttich (vieille Montague), Verviers und Membach in grosser Menge (ilber '/ 3 Million Zentner), desegleiehen auch B 1 e i gewon- nen. Endlich sind erwahnenswerth der Torf (in Flandern), der schwarze Marmor (an der Maae), der Schiefer (in den Ardennen) und die Mineralquellen in Spaa (Stahlquellen), Tongern, Luttich, Chaudfontaine. Industrie. Der reiche Ertrag der Urproduktion wird von je- nem, welchen der beruhmte belgische Gewerbfleiss bietet, weit uber- troffen. Flandern und Brabant versorgten schon vor Jahrhunder- ten fast alle europaischen Markte mit ihren aupgezeichneten Fabri- katen. Haben auch die vielfachen Wechselfalle dieses Landes zeitweise Stockungen hervorgebracht , eind auch machtige Konkur- renten auf dem industriellen Gebiete aufgetreten; Belgien hat ins- beeondere seit der Lostrennung von Holland mit jugendlicher Kraft auf eine Hohe sich geschwungen, dass es gegenwartig eine in- dustrielle Macht ersten Ranges genannt werden muss. Grossartige Etablissements , nach den vollkommensten , neuesten Methoden und Systemen eingerichtet , mit mehr als 3000 Dampf- maschinen , konkurriren mit ihren Fabrikaten auf dem Weltmarkte mit den Erzeugnissen aller Lander. Zur Belebung und Forderung der Industrie tragen die Musterwerkstatten und die permanente Gewerbsausstellung in Briissel (im palais d'industrie) nicht wenig bei. Die industriellen Provinzen sind : Hennegau , Ostflandern, Luttich, Westflandern und Brabant. Den Glanzpunkt bilden die Metallwaaren und darunter der (von John Cockerill f 1840 begriindete) Maschinenbau in Seraing (bei Luttich), nach dessen Muster die grossartigen Fabriken in Namur, Gent, Mecheln, Charleroi u. s. w. erstanden. Der Centralpunkt ist Luttich nebst Umgebung; die Erzeugnisse sind: Maschinen, die schonsten Ge- wehre und vortreffliche Kanonen, Eisendraht, Blechhammer und Walzwerke {auch im Hennegau) , Nagel und Nadeln ; Gent lie- fert Bleiwaaren ; in Gold- und Silberarbeiten sind Briissel und Gent die Hauptorte. Den starksten Export bilden Eisenbahnschie- nen und Dampfmaschinen, Eisenblech, Nagel und Stabeisen. Die Leinenmanufaktur, der alteste ludustriezweig Bel- giens, welcher schon zu sinken begonnen hatte, entfaltete sich seit der Einfiihrung von Musterwerkstatten (1847) von Neuem; sie hat ihren Sitz in den Provinzen Flandern, Brabant, Antwerpen und im Hennegau. Zwirn von Courtray und Mecheln, die Batist- und Damastweberei von Courtray, vor Allem die kostbaren Brabanter- oder Brusseler-Spitzen (Briissel, Gent, Mecheln, Lo wen und Brugge) geniessen, wie iiberhaupt die hochfeinen Leinen schwerer Qualitat, wohlbegriindeten Ruf auf dem Weltmarkt, und der Werth der Aus- fuhr von Leinenweben betrug (im J. 1857) an 20 Millionen Francs. An Wollstoffen wozu das Rohmaterial vielfach aus Deutschland bezogen wird behaupten die billigeren Fabrikate, welche sehr schon appretirt werden, den Vorrang vor denen der meisten Fabrikslander, Der Hauptsitz ist die Pro vinz Luttich ; Verviers 307 nebst Umgebung mit mehr als 200 Fabriken (Dison , Ensival, Hodimont) produzirt feine Tuche und Zeuge fiir den Export, be- sonders nach Amerika, in die Levante und nach Holland. Tuche werden ferners erzeugt zu Brugge, Liittich, Antwerpen, Lowen, Zeuge und Wollstoffe in Brugge, Gent, Mecheln , Brussel; Teppiche in Brussel und Tournay; bekannt sind die Strumpf- webereien im Hennegau. Dicker Fabrikationszweig ist zwar in stetigem Steigen , doch war in den letzten Jahren die Einfuhr von Tuchen und Wollzeugen noch immer starker als die Auefuhr. Sehr bliihend ist jetzt die Baum wol lin du st rie. Zur Zeit der Kontinentalsperre hatte sie ihren Aufschwung genommen, dann wurde sie durcli den Bezug des Rohmaterials aus den ,,niederlan- dischen Kolonien" gefordert; &eit der Trennung von Holland kam sie jedoch in Abnahme, da sie auch den Export nach den erwahn- ten Kolonien verloren hat. Am erheblichsten ist sie in Ostflandern (Gent, Lokeren), in Westflandern (Brugge, Courtray), Brabant (Brussel viel Indiennes , Lowen, Anderlecht), und im Hennegau (Tournay und Mons). Die Ausfuhr von Gespinnst ist grosser als die Einfuhr. Verbreiteten Ruf und starken Absatz auf den Messen zu Frank- furt, Leipzig und Braunschweig haben die Lederwaaren (Ma- strichter und Liitticher Ober- und Sohlenleder), worin die Provinz Limburg den ersten Rang behauptet; begriindeten Ruf geniessen ferner Liittich (Luttich, Stabelot), Namur (Namur, Dioant), Flan- dern (Brugge, Gent), letzteres vorziiglich wegen seiner grossen Garbereien. Nachst diesen Hanptindustrien sind noch auszuzeichnen : die Glaswaa- ren im Hennegau, Namur, Brabant (farbiges Glas und Krystallglas) und Luttich (Herstal), besonders die Spiegel von Charleroi, auch ordinares Glas gelangt wegen der grossen Billigkeit zum Export; Porzellan und Fayence von Brussel, Gent, Mons und Tournay; Papier von Brabant, Luttich, Namur, die Ausfuhr in fei- neren Qualitaten ist in der Zunahme; Zuckerraffinerien in Antwerpen, Brugge, Ostcnde, Gent, Mons, Brussel und Lowen; Runkelriibenzuckerfabrike n in Antwerpen , Gent, Brugge und Ostende , die Raffinerien von Kolonialzucker vermin- dern sich, dagegen steigt die Rubenzuckerfabrikation, wofiir bereits fiber 40 Fabriken bestehen; feine und lackirte Holzwaaren in Spaa; Handschuhe von Lu- xemburg; Seidenwaaren von Antwerpen. Handel. Der Handel im Inneren wird durch schiffbare Fliisse, Kanale und vorzuglich durch Eieenbahnen sehr begiinstiget. Die Gesammtlange der letzteren betragt uber 100 Meilen, sonach relativ am meisten unter alien Staaten. Mecheln bildet das Cen- trum des Schienennetzes, von wo die Radien nach alien Industrie- gegenden des Landes auslaufen und diese sowohl mit den einhei- mischen Industriestadten , als den bedeutendsten Stadten in den Nachbarlandern (Paris, Aachen, Koln) verbinden. Fiir den aus- seren Handel hat das Land keine eben giinstige Lage , da von der etwa 140 Meilen langen Grenzlinie nur an 10 Meilen vom Meere beepiilt werden, und die zwei grossten Flusse (Schelde und Maas) nicht im Lande ausmfinden ; hierin wird Belgien von seinem nordlichen Nachbarlande iibertroffen. Dessenungeachtet ist der aus- wartige Handel im Steigen und wird durch die rasche und wohl- 20* feile Kommunikation im Innern , eowie durch die unbehinderte grosse Thatigkeit der Bewohner etets mehr gehoben. Die offiziellen Nachweise iiber die Ergebnisse des belgischen Handels weisen in den Durchschnittszahlen fur die drei funfjahrigen Zeitraume 18421846, 18471851, 18521856, sowie im J. 1857 ein stetiges Steigen sowohl im General- als im Spezialhandel nach *). Der Gesammtverkehr (Ein- und Auefuhr) betrug im J. 1857 im Generalhandel 1631. 6 off. (oder 1819. a act.), und im Spezial- handel 843. 9 offiziell (oder 849 actuel), und zwar: Ei nfuhr 393. 3 , Ausfuhr 450. 7 Millionen Francs, wornach sich (nach dem offiziel- len Werthe) eine Zunahme gegen das Jahr 1856 von 101. 4 und gegen den funfjahrigen Durchschnitt 1852 1856 von 335. t Millio- nen Francs herausstellt. Der Verkehr zu Lande und auf den Fliissen hat sich gegen das Vorjahr urn 10%, dagegen jener zur See nur um 1% gehoben; von dem Gesammtverkehr entfallen 63. 8 % auf den Transport zu Lande und auf den Fliissen , und 36. a % auf den Seetransport. Den Hauptverkehr (mit 82.,%) un - terbalt Belgien mit den europaischen Staaten: Frankreich, England, Holland und dem Zollverein ; auf den Verkehr mit Amerika, Asien und Afrika entfallen nur 17. 6 %. Im Verkehr mit F rank reic h iibersteigt (im J. 1857) die belgische Ausfuhr jene der Einfuhr um 85. 7 Millionen Francs off. (oder 81. 5 act.); nach dem Zollver- ein betragt die Mehrausfuhr 26. T off. (= 12. 9 act.) Millionen Frcs.; im Verkehr mit Holland zeigt sich eine charakteristische Ver- schiedenheit , indem nach den offiziellen Werthsbestimmungen ein Mehr fur die Ausfuhr von 4. 3 Millionen Francs, dagegen nach dem wirklichen Werthe ein Weniger von 23-r Millionen Francs sich beziffert; im Verkehr mit England iibersteigt der Werth der Einfuhr jenen der Ausfuhr um 4. 8 offiziell (= 6. 3 act.) Mil- lionen Francs**). Unter den ausser-europaischen Landern nimmt Amerika (Vereinigte Staaten, La Plata, Mexico, Cuba, Portorico, Hai'ti und Chili) den ersten Rang ein. Hier zeigt sich (1857) eine Zunahme sowohl in der belgischen Ausfuhr (gegen den funfjahrigen Durchschnitt 1852 1856 um 20%), welche 1857 den Werth von 35. 4 Millionen Francs erreichte , als auch in der Einfuhr (analog um 26%), deren Werth auf 104. t Millionen Francs ge- stiegen war. *) Die Eintheilang in General- und Spezialhandel ist wie bei Frank- reich (siehe Anmerkung 1) Seite 299); auch jene hinsichtlich des Werthes in n amt- lichen" und n wirklichen" ( n valeur officiel" et n actuel") ist wie in Frankreich (siehe Anmerknng 2) Seite 299), nur bilden die Werthe des^Jabres 1833 die Grnndlage fur den officiellen Werth in Belgien. **) Diese mitunter grossen Unterschiede zwischen dem ,,offiziellen B nnd dem w wirklichen u Werthe riihren zum Theil von dem Ruckgange her, welchen alle Preise im genannten Jahre erfahren haben ; zum grossern Theile aber haben sich die Preise seit dem J. 1833 in der Weise geandert , dass Gegenstande der Naturalproduktion im Allgemeinen im Preise gestiegen , jene der Gewerbsindustrie mit dem Wachgen der Industrie im Allgemeinen gefallen sind. Aus der Gegenuberstellung der beiden Werthe beim Import und beim Export kann sonach annahernd auch auf die Artikel des Verkehrs geschlossen werden. 309 In Bezug auf Waarengattungen gehoren zu den vorzflg- licheren Exportartikeln : Eisen und Eisenwaaren, Steinkohlen, Spiegel, Glaswaaren, Spitzen, Tuche, Teppiche, Leinengarn, Baumwollwaaren u. s. w. Unter den auslandischen Rohstoffen, welche Belgien im- portirt, stehen die Baumwolle, der Rohzucker, Kaffee und die Wo lie im Vordergrunde. Aus Frankreich bezieht Belgien: Oelfrfichte, Weine, Getreide, rohe Haate, kurze Waaren und Gewebe und setzt dorthin ab: Gewebe , Leinengarn, Flachs Hanf und Werg, Vieh, Eisen- und Metallwaaren, Steinkohlen, Lederarbeiten, destil- lirte Getranke, Bauholz, Cichorien u. s. w. Ans England bezieht es : Maschinen und Werkzeuge, Gewebe, Wolle, Rohhaute, chemische Erzengnisse, Harz, Pech und Theer u. s. w. und exportirt dorthin : Glas- und Krystallwaaren , raffinirten Zucker, Getreide, Kartoffeln, Baumwollgarn , Wachs u. s. w. Ans den Nieder- landen bezieht es : Danger, Rohzucker, Wolle und Baumwolle, Oelfruchte, Vieh, Indigo u. s. w. nnd exportirt dorthin : Getreide, Zink, Flachs, Gewebe, Tuche, Eisen- waaren, Bauholz, Leder, Steinkohlen, Porzellan, Glas- und Krystallwaaren u. s. w. Ans dem deutschen Zollvereine bezieht es: Getreide und Oelsamen, Vieh, Wein, Bauholz, Schafwolle, Flachs und Hanf, Gewebe u. s. w. und exportirt dorthin: Game, Tuche, Gewebe, Eisen, Maschinen, Waffen und Seidenwaaren , Oele, Glas- waaren u. s. w. Ans Amerika bezieht es Kaffee, Rohzucker, Baumwolle, Ta- bak , Nutz- und FarbehOlzer , rohe Haute u. s. w. , und exportirt dorthin: Tuche, Zink, Waffen, Glas- und Krystallwaaren. Ansser dem Eigenhandel ist auch der Transitohandel, der fur das Jahr 1857 mit 386. 5 Millionen Francs bewerthet wird, gegen den fiinfjahrigen Durchschnitt um 27% gestiegen, wobei sowohl in Hinsicht der Herkunft der Waaren als der Be- stimmung der Durchfuhr die frfiher genannten Staaten, und bezQglich der Waaren die Seidengewebe relativ am starksten vertreten sind. Insbesondere ist der Transit aus und nach Deutschland sehr bedeutend, da er fiber 45/ der gesammten Dnrch- fuhr betragt. Dagegen hat sich die Niederlage fremder Waaren in den Entrepots im J. 1857 gcgen die mehrerwahnte Periode um 12% vermindert. Der Schiff ahrt sv erkehr umfasste im Jahre 1857 auf 2791 angekommenen und 2768 ausgelaufenen Schiffen fiber 700.000 Tonnen und zeigt ebenfalls eine ansehn- liche Zunahme; doch zahlt die belgische Handelsmarine nur etwa 160 Schiffe. In den belgischen Fahrzengen zeigt sich im Jahresdurchschnitt der letzten Periode eine Abnahme von 2. 5 %; unter den fremden Schiffen war am starksten die englische Flagge (mit 43% der Fahrzeuge) vertreten. Die Dampfschiffahr t beschaftigte im J. 1857 51 Fahrzenge, darunter nur 8 belgische, aber 36 englische, dann 5 franzS- sische und je ein danisches nnd oldenburgiscb.es , welche die Fahrten zwischen Bel- gien und Grossbritannien , den Hansestadten , Frankreich, Nordamerika, Russland, Danemark und Brasilien vermitteln. Belgien unterhalt Handelsverbindungen mit (iberseeisc.hen Staaten , auch hat sich in ueuerer Zeit eine Kolonisations-Gesellschaft gebildet, welche in Guatemala Pflanzstatten angelegt hat. Geistige Kultur. Die Volksbildung steht im Ganzen auf einer ziemlich befriedigenden Stufe und zahlreiche Lehranstalten sorgen eowohl fur gelehrte als gewerbliche und kommerzielle Bil- dung. An Elementarschulen bestehen iiber 6000 , jede grossere Stadt hat ein Gymnasium (^Athenaeum") ; vier Universitaten (Briis- sel, Gent, Lowen, Lattich) sorgen far die Pflege der Wissenschaf- ten ; Schiffahrtsschulen, Ingenieur-, Gewerbe- und Bergwerksschulen, eowie Handelsschulen hingegen fur spezielle Fachbildung. Das Land besitzt bedeutende wissenschaftliche und Kunstanstalten, ins- besondere erfreuen sich seit Jahrhunderten die schonen Kiinste einer sorgfaltigen Pflege (flandrische Malerschule), und deren Ein- flu3s auf die Gewerbe ist unverkennbar. In Belgien erblicken wir somit auf dem Felde der geistigen und materiellen Interessen einen erfreulichen Fortschritt. 310 IX. Das ROnigreich der Niederlande (oder Holland) mit dem Herzogthume Limburg und dem Grossh.er.zogtb.ume Luxemburg. . 144. Bestandtheile. Bevolkerung. 1. In Euro pa: 641 Q Meilen; 3,544.000 (relativ 5500)*) Einwohner, in Luxemburg und L : mburg Kaiholiken , sonst Protestanten und auch Israeliten. Nach der Nationalitat grosstentheils Hollander (an 2 '/, Million), Vlamlander (an 350.000) nnd Niederdeutshe (l-riesen). Grenzen: im 0. Preussen und Han- nover, im 8. Belgian, im W. und N. die Nordsee. Konstitutionelle Erbmonarchie nach dem Kechte der Erstgeburt in mannlicher und weiblicher Linie des reformirten Hauses Nassau. Der Koni^ ist als Grossherzog von Luxemburg und Herzog von Liinburg Mitglied des deutschen Bundes. Q] Meilen Einwohner 2. In Asien. General - Gouvernement von Niederlandisch- Indien 28.923 16,354.000 Java nnd Madura (11 Millionen Einw. ), auf Sumatra (1,650.000 E.), Borneo, Celebes, die kleinen Sunda - Inseln, die Molukken, Amboina- und Banda-Grnppe, WVsikuste von Neu-Guinea; 3. In Amerika: St. Earache , Curacao (Westindien), Suri- nam etc 2.830 87.000 4. In Afrika: Die Faktoreien an der Kuste von Ober-Gui- nea (Elmina, Axim, Accra etc.) 500 100.000 32253 16 541.000 Dazu in Europa 641 3,544.000 Gesammtstaat ~ 32,894 20,085.000 Boden. Das Konigreich der Niederlande gehort zum nord- wesrlichtn T'eflande Europa's, mit Ausnahme von Luxemburg, in welches d*-r Ardennenwald mit HOgelreihen (bis zur Hohe von 1500') hirieinsfreicht. Int-besondere ist das Miindungsgebiet des Rhein, der, Maas und Sch< j lde ein Produkt der Anechwemmung dieser Flusiae , welchea kiinstlich gegen das Hereindringen der hoher als das Lnnd liegenden Nordsee geschiitzt wird und kunstlich bewohn- bar gemacht wurde. Eine ahnliche durch Kunst gebildete Ober- flache findet sich wohl nirgpnds auf der Erde. Der einformige Boden ist theils Morast (Peel, Bourf anger- und Grenzmoor), theils Haide- und Sand land ohne Wald und mit wenig Quel- len, theils fruchtbares Marschland. Viele Sumpfgegenden sind durch Abzugsgraben (SJooten), Einfassung mit Dammen (Deichen) und durch Auspumpen in P older" mit ergiebigem Acker- und Wiesenboden vtrwandelt worden. Vor den Flussmiindungen und vor der Zuider-See (*pr. Seuder-See) liegen flache, sehr fruchtbare Inseln. Hohe Fluthcn und gewaltige Stiirme mit Einbriichen des Meeres haben nicht selten die Deiche durchbrochen , ganze Land- strecken mit zahlreichen Ortschaften und Tausenden von Bewoh- *) In den einzelnen Provinzen herrscht eine grosse Verschiedenheit in der re- lativen Volkszahl. In Nordholland kommen anf 1 Q Meile 12,071 Einwohner, in Sudholland 11.254, Utrecht 6 386, Limburg und Zeeland iiber 5.000, Groningen nahe 5.000, Friesland, Gelderland, Nordbrabant, Luxemburg fiber 4.000, Overyssel 3.887 nnd Drenthe nur 1938. 811 nern durch Ueberschwemmungen verschlungen. Der Biesbosch (spr. Bihsbos'ch), gegenwartig zum Theil in Polder verwandelt, 1st durch eine Ueberschwemmung, welche 72 Ortschaften verschlang, gebildet worden (im J. 1421); das jetzt trocken gelegte Haar- lemer-Meer, die Zuide r- See, die Lauwer-See, der Dollart eind ebenfalls durch grosse Ueberschwemmungen, deren man seit dem 6. Jahrhunderte an 190 zahlt , entetanden. Die Anlage und Unterhaltung der Deiche haben in Holland einen besonderen Zweig der Wasserbaukunst entstehen lassen, von welchem die ganze Exi- stenz des Landes abhangig ist. Gewftsser. Der Westen und Norden des Landes werden von der Nordsee besptilt , welche die Zuider-See und den Dol- lart in das Land schneidet. Unter den fliessenden Gewassern nehuien die fiinf Hauptmfindungen des Rhein den ersten Rang ein : Rhein (krummer und alter Rhein), Yssel (spr. Eissel), Vecht mit Amstel , Leek und Waal. Siehe . 43. Seite 51. Dann die drei Hauptmundungen der Maas (siehe Seite 51), und zwei Hauptmundungen der Schelde (siehe Seite 51). Endlich hat das Land sehr viele Seen , Siimpfe und Moore , so dass es ein insulares Reich zu sein scheint, Eine staunenswerthe Menge von Kanalen, welche das Land nach alien Richtungen durchschneiden , dient nicht bios zur Entwasserung des Landes ; viele sind so breit und tief, dass sie zur Schiffahrt dienen und alle sind mit Schleussen (Siehlen) versehen. Der Hauptkanal (der bedeutendste in Europa ) ist der No o rdhollan dsc h- Cana 1 vom Helder (an der Nordspitze von Nordholland) bis Buiksloot (gegeniiber von Amsterdam) , auf welchem jahrlich fiber 5000 See- schifFe fahren *). Ein Kanal verbindet Rotterdam, Delft, Leiden, Haarlem und Amsterdam. Das Klima ist oceanisch mit ziemlich kuhlem Sommer und gelindem Winter. Die grosse Waesermenge bedingt eine sehr feuchte Luft mit dichten Nebeln (die Herbetnebel heissen w Nicht u ) und vielen Regentagen. Im slidOstlichen Theile ist es weniger feucht und gesuuder. Politische Eintheilung. Das Konigreich der Niederlande wird in 11 Provinzen, diese werden in Bezirke und letztere in Kreise eingetheilt ; die Verwaltung geschieht durch Provinzial- staaten. Bemerkenwerthe Orte : **) 1. Still-Holland : H a a g (der Haag, s'Gravenhage, 75.000), Scheveningen (S'cheveningen), Leyden, Katwijk, Delft, Gonda (Chauda), Gorkum (Gorkomm), Dordrecht, Rotterdam, Schiedam (S'chihdam), Vlaardingen, Helvoetsluis (Helvutsleus); Die In s ein: Ysselmonde (Eisselmonde), Beyerland, Land van Voorn, Suid- Voorn, (Seud-Vohrn). 2. Nord-Holland : Amsterdam (260.000;, Haarlem, Zaandam (Sahndam oder Saardam), Broek (Bruck), der Helder. *) Er ist von Blanken vom Jahre 1819 bis 1825 mit einem Kostenaufwande von 6,800.000 Thalern gebant worden, ist 14 Stunden lang, 120' breit, 20' tief, zwei Fregatten konnen nebeneinander auf demselben fahren. Die Schleussenthore am Eingange sind die grossten, die es gibt; er hat zehn Schleussenwerke, Schifife pas- siren ihn in 18 Stunden; im Winter muss er oft aufgesagt werden. **) Die bedeutend abweichende Ausspracho ist in der Ktamm er angegeben. 312 3. Zeeland (Seeland) : Mehrere bewohnte, fruchtbare Tnseln innerhalb der Schelde-Mundungen : Middelburg (16.000) auf Walcheren, Vliessingen. 4. Nord-Brabant: Herzog enbusch (s 1 Hertogenbosch, 22.000), Tilburg, Breda, Bergen-op-Zoom. 5. Geldcrn: Arn hem (25.000), Nymwegen, Zutpben, Het Loo (das Loo). 6. Utrecht: Utrecht (50.000), Amersfoort, Rheaen. 7. Over-Yssel: (Over-Eissel) : Z wo lie (20.000), Deventer (Demter oder Devnter), Kampen, Almelo. 8. Drentlie: As sen (5000), Meppel. 9. Friesland: Leeuwarden (Lohwarden, 24.000), Dokkum, Harlingen; die Inseln: Ameland, Schiermonnikoog. 10. (ironingen : Groningen (35.000); die Inseln: Boosch-Plaat, Rottum. 11. Limburg; Mastricht (22000), Venloo, Koermond (Rurmond). 12. Luxemburg: Luxemburg (11.000), Diekirch, Echternach. Der wichtigste Platz ist Amsterdam mit einem geraumigen tiefen Hafen, beruhmten Schiffswerften, der Hauptmarkt fur Getreide, franzosisr.he Rothweine, americanische Tabakblatter und alia Kolonialwaaren. Vorzuglich bedeutend ist das Wechselgeschaft, und der Handel in Staa tspapieren ist nnr in London und Paris von gleicher Wichiigkeit. Ein grosses Entrepot mit 60 Waarenbausern, in welchen solche Waaren unentgeltlich geloscht werden kOnnen, die als Transitwaaren weiter gehen, befordert den Zwischenhandel. Eine mannigfaltige Industrie, Handels- gesellschaften, Geldinstitnte, wissenschaftliche, technische und kommerzielle Anstalten beleben den gesammten Handel. Die Stadt ist an der Amstel und dem Y (Ei) mit- tels Pfahlwerks auf 90 moorigen Inselo, die dnrch 290 iiber die zablreichen Kanale oder Grachten fuhrenden Brucken verbunden sind, in Form eines Halbmondes erbaut. KOnigl. Sehloss, Stadthaus, Borse, Admiralitatsgebaude; zahlreiche Kirchen, Bethauser und Synagogen. K6nigl. Institut der Wissenschaften und Kiinste, Athe- naum, Seemannsschule, Kunst- und Naturaliensammlung, grosse Hospitaler, Armcn- und Waisenhanser. Bedeutende Diamantenschleiferei und Diamantenhandel. Von fast gleicher Bedeutung ist der Grosshandel in Rotterdam, erst seit dem Aufhoren der Kontinentalsperre und der Trennung von Belgien stets im Wachsen, und zwar in den gleichen Artikeln wie Amsterdam. Die Stadt, als Sitz der niederlandischen Dampfschiffahrtsgesellschaft, unterhalt bedeutenden Verkehr mit den europaischen und transatlantischen Hafen, und die vielen Kanale, welche die Sta.lt durchschneiden, tragen grosse Seesehiffe in die verschiedenen Stadttheile. Wichtig sind die Fabriken, namentlich die Zucker- und Salzraffinerien, Tabak-, Papier-, Nadeln-, Korkpfropfen-, Bleiweiss-, Seifenfabriken u. a. Dordrecht unterhalt Schiffahrt und Handel auf dem Rhein nach Deutschland, hauptsachlicher Platz far den Holzhandel. Haarlem hat den bedeutendsten Handel in Leinwand und Blumen. Kulturverh^ltnisse im Allgemeinen. Die Einformigkeit des Bodens bedingt auch Einformigkeit in der Pflanzenwelt. Von der Gesammtflache sind etwa zwei Drittel kultivirtes Land, von dem letzten Drittheil entfallen iiber 70 LJM. auf Gewasser, Wege u. e. w. und fiber 140 QM. sind unkultivirtes Land ; doch mindert sich die Grosse des Letzteren fortwahrend durch das riistig fortschreitende Entwassern von Sumpfen und Seen , und seitdem die Drainage in den nordlichen Provinzen grosse Fortschritte macht. Wo es das Terrain gestattet wird die Bodeiikultur musterhaft sorgfaltig betrieben. Was Fleiss und Kunst einem diirftigen Boden abzugewinnen vermogen , das ist in Holland geschehen, und dieses zum Theil dem Meere abgewonnene Land ist durch die ausdauernde , intelligente Betriebsamkeit seiner Bewohner vielfach in einen Garten verwandelt worden. Dessen- ungeachtet kann die Produktion des Landbaues den Bedarf der relativ dichten Bevolkerung nicht decken. Am bliihendsten ist der Ackerbau in Zeeland, vorzuglich der Weizenbau, zunachst 313 stehen der Roggenbau in Friesland und Hafer in Groningen ; auch in Nordbrabant , Geldern und Limburg wird der Feldbau sorgfaltig gepflegt. Ein ansehnlicher Theil der Bodenflache wird zum Anbau von Handelspflanzen, namentlich Tabak, Hanf, Flachs und Krapp beniitzt; Tabak wird zumeist gebaut in Ut- recht und Geldern (Jahresproduktion an 14 000 Zentner), Flachs um Dordrecht , in Zeeland, Geldern, Groningen und Luxemburg ; Hanf in Slid - Holland ; Krapp auf den Maas- und Scheldeinseln und im westlichen Brabant. Eiu Hauptzweig der physischen Kultur ist die theils wegen des Gewinnes, mehr noch aus Liebhabe- rei betriebene Blumenzucht, besonders grossartig in Haar- lem, Leyden u. a. O. An H o 1 z ist das Land sehr arm ; die Stelle des Brennholzes vertritt der Torf, den Bedarf fur den Deich-, Hauser- und Schiffbau liefern der Schwarzwald und die Ostseelander. Einen grossen Reichthum hat das Land in der Rindvieh- zucht , und Butter und Kase sind die bedeutendsten im Lande gewocnenen Handelsartikel. Die fetten Weiden , namentlich in Friesland, Nord- und Siidholland, der Fleiss und die grosse Rein- lichkeit befb'rdern ausserordentlich diesen Erwerbszweig. Im Jahre 1856 betrug die Kaseerzeugung an 115.000 Zentner, wovon etwa 5% i m Lande konsumirt und um nahe 20 Millionen Gulden expor- tirt ward. Grosse Kasemarkte sind in: Alkmaar, Edam, Hoorn, Gouda etc.; die meiste und beste Butter liefern Leyden, Delft und Friesland. Die Zucht der Pferde, Schafe und Bienen ist nicht er- heblich. Ein bedeutender Nahrungszweig ist seit Jahrhunderten die S ee f i sche rei, insbesondere der Haringsfang an der englischen und schottischen Kiiste. Trotz der erwachten Konkurrenz der iibrigen Nord- und Oetseestaaten gelten die hollandischen Haringe doch fiir die besten, da die Hollander die Zubereitung am besten verstehen, das beste (spanische und portugiesische) Salz verwenden und ausserst piinkt- lich und sauber dabei zu Werke gehen. Im Jahresdurchschnitt der letzteren Zeit belief sich die Menge der Haringe iiber 60 Mil- liouen und der Werth des Exportes jahrlich wohl an 600.000 Gul- den. Der Sammelplatz der Haringsfauger ist Vlaardingen, das die meisten Fahrzeuge (Buizen) aussendet. Die Ruckkehr vom Fischfange ist mit vielen nationalen Festlichkeiten und alten Ge- brauchen verbunden. Aus tern fangt man bei Schouwen und Texel, der Sto ckf isch fang wird an der Doggersbank vor der englichen Kiiste, der Wallfisch- und Robbenfang in den beiden Eis- meeren betrieben. An Miueralien ist das Land arm, selbst Bausteine und gutes Trinkwasser fehlen in vielen Gegenden. Nur Ziegel- und Topfer- thon wird viel gewonnen , dann Pfeifen- und Fayencethon. Die Hauptausbeute ist vorziiglicher Torf. Salz wird importirt. In Luxemburg, dessen gutbewasserter Boden sehr fruchtbar ist, und reichen Ertrag an Getreide, Hanf, Flachs, Riibeamen und et- was Wein liefert , ist auch die Gewinnung von Eisen, Blei und Schiefer von einigem Belange. In der gewerblicheu Industrie werden die Niederlnnde von 314 Belgien weit ubertroffen ; die Niederlande sind keinFabriks- land, obwohl manche Industriezweige sehr bliihend sind und die Handwerke uberall grosse Fortschritte machen. Der alteste und wichtigste Zweig ist die Lein en Industrie, und hollandische Leinen behaupten den Ruf der feinsten und weissesten. Beriihmt ist hierin Haarlem, unerreicht in eeinen Bleichen und dem Spitzenzwirn, dann Herzogenbuseh und Umgegend , Almelo in Over-Yssel und andere. Viel Segeltuch, Taue und dergleichen werden in Zaardam, Amster- dam und in andern Seeplatzen erzeugt. Ausgezeichneten Ruf ge- niessen die hollandischen oder niederlandischen Tuche, doch hat die Wollindustrie in der Quantitat abgenommen und ist meist nach Belgien iibersiedelt. Feine Tuche erzeugen Tilburg, Leyden, Delft, Utrecht. Die Baumwollfabrikation ist ziemlich verbreitet, beson- ders in Over-Yssel; die S e i d e n fabriken sind nicht sehr erheblich (Haarlem, Amsterdem, Breda). In der Pa pie rerzeugung behaup- tete Holland ehemals den ersten Rang in Europa, und ^hollandische Leinwand", w hollandisches Tuch", ^hollandisches Papier" galten fur die besten. Gegenwartig bestehen iiber 130 Fabriken im Lande, welche noch immer sehr geschatzte Waare auch fur den Export liefern. (Wapenvelde in Geldern, zu Apeldoorn, zu Epe, Zaardam, Grb'ningen, Leeuwarden erzeugen schones Postpapier, in Over-Yssel Druckpapier, um Leyden und Gouda Packpapier). Ko rnb rann tw ein- und Genevre- Brennereien erzeugen viel- leicht eine Million Eimer, wovon fast zwei Drittel zum Export nach England und Australien kommen. In Schiedam bestehen iiber 170 Brennereien, dann in Weesp, Rotterdam, Dordrecht, Delft u. a. m. Die T a b a k fabriken von Amsterdam und Rotterdam, die Zucker fabriken in den genannten zwei Stadten, sowie in Dord- recht, Utrecht, Zwolle sind ausgedehnt. Gouda und Gorkum lie- fern die besten europaischen Thonpfeifen, wovou bei der gros- sen Liebhaberei des Tabakrauchens enorme Mengen im Lande selbst abgesetzt werden. Fiir die Le derfabrikation ist der Hauptort Mastricht, in der Diamant schleiferei ist Amsterdam weltbe- rQhmt. Von hoher Wichtigkeit ist der Schiffbau; unter den mebr als 600 Werften sind die bedeutendsten zu Amsterdam, Rot- terdam, Zaardam, Dordrecht und Vliessingen. Ausgezeichnet wegen der Dauerhaftigkeit und Schnelligkeit sind die hollandischen Ost- indienfahrer. Den Schiffsbedarf (Segeltuch, Taue, Anker, Pumpen etc.) bereiten alle Kiistenprovinzen. Der Handel Hollands ist sehr bedeutend, namentlich zur See grossartig. Holland ist zwar vonderHOhein der Mitte des 17. Jahr- hundertes, zu welcher Zeit es die erste Handelsmacht Europa's ge- wesen, herabgekommen ; allein Beit der Trennung von Belgien ist der Handel des Landes wieder im Steigen. Die ^Ostindische Handelscompagnie" (seit dem Jahre 1602), die M West- indische H an dels comp ag nie" (seit 1621), die ^nieder- land'ische Handel - Maatsch ap py" (spr. Maatskappei , seit 1824), der im Jahre 1824 abgeschlossene Vertrag mit England zur Regelung der beiderseitigen Kolonialverh<nisse, die durch Gouverneur Bosch auf Java eingefiihrten prinzipiellen Verbesse- 315 rungen in der Verwaltung und Bodenkultur, der liberals Zoll- tarif bei der Einfuhr, die Neigung und Kraft des Volkes zu grossartigen Unternehmungen und das zahe Ausharren bei densel- ben; diess Alles hat auf den niederlandischen Handel ausserst wohlthuend eingewirkt. Amsterdam und Rotterdam vermit- teln einen grossen Theil des europaischen Verkehrs mit Amerika, Ostindien, China und Japan ; mit letzterem Staate standen bis in die jungste Zeit nur die Hollander in Handelsverbindung. Als See- platze sind noch bekannt Vliessingen, Dordrecht ( Holzhandel), Middelburg, Leyden, Utrecht, Nymwegen, Groniogen. Die Han- delsflotte zahlt iiber 2230 grossere Fahrzeuge mit mehr als 550.000 Tonnen. Die Maas und Schelde verbinden das Land mit Belgien, der Rhein mit Deutschland , wohin der Verkehr am lebhafte- sten von Rotterdam aus gent , der durch Vertrage mit den deut- schen Zollvereinstaaten unterstiitzt wird. Zahlreiche regelmassige Dampfschiffahrts verbindungen unterhalten Amsterdam und Rotterdam nach London, Hull, Havre, den Hanseestadten u. s. f. Gegenetande der Ausfuhr sind : Leinwand, Wollenstoffe, Rindvieh , Butter, Kase (vorzuglich nach England), Samereien und Blumen, Krapp , Fische, Kolonialwaaren (nach Deutschland) u. a. m. (Im Jahre 1856 im Werthe von 300 Millionen Gulden.) Zur Einfuhr kommen : Kaffee (Java und Westindien, im Jahre 1859 fiber 1 Million Ballen und 2883 Fasser), Thee, Reis, Zinn , Indigo, Zucker , Gewurze (aus den Kolonien), Getreide, Hanf, Bauholz (aus Deutschland und Nord-Europa), Steinkohlen, Metalle und Metallwaaren, Webewaaren, Wein, Stein- und Seesalz, Porzellan , Glas u. a. m. (im Jahre 1856 um mehr als 350 Millio- nen Gulden). Der Binnenhandel wird gefordert durch die grosse Menge von Kanalen, durch schiffbare Fliisse, durch das Eisenbahnnetz, welches Rotterdam, Haag, Leyden, Amsterdam und Utrecht ver- bindet, und von da fiber Arnheim nach Deutschland fiihrt, durch zahlreiche Geldinstitute , Borsen, Handels- und Schiffahrtsschu- len u. s. f. Die Hollander haben die Vorziige und Schattenseiten eines echten Kaufmannsvolkes; der Volkscharakter hat durch den fort- wahrenden Kampf mit der Natur ein festes Geprage bekommen. Phlegmatiech, kalt berechnend, sparsam, unternehmend und aus- dauernd liebt der Hollander Ordnung und Reinlichkeit bis in das Kleinliche, er fiihlt sich als Herr des Landes, das er miihsam dem Meere abgetrotzt. Er halt auf Zucht und strenge Sitte, hangt am Alten, liebt sein Vaterland, und die Wohlbehabigkeit gibt ihm das Bewusstsein von Sicherheit und Unabhangigkeit. Dieses thatkraf- tige und arbeitsame Volk let in der geistigen Kultur weit fortge- echritten; die zahlreichen Volksschulen eind gut eingerichtet, treff- liche wissenschaftliche und Kunstanstalten und Sammlungen, vor- zuglich in der Residenz Haag , beleben stets den Sinn fiir das Schone und Grosse. Das Land hat zu jeder Zeit ausgezeichnete Manner beseesen, welche als Kunstler, Gelehrte, Staatsmanner und Seehelden den Ruhm des Vaterlandes erhoht haben. 816 X. Das Kftnigreich Grossbritannien. 1. in Europa. 2. Kolonien*) 3- 4. 5- , 145. Bestandtheile. Bevolkerun Konigreich England und Fiirstenthum Wales Schottland S- Geograph. QMeilen Einwohner 2743" 19^520.000 1445 3,094.000 1533 6,552.000 18 311.000 55 400.000 Irland Inseln in den britischen Meeren (nebst Armee Schutzstaat: jonische Inseln, dann Gibraltar, in Asien (nebst den Schutzstaaten). ...*.. America (nebst den Hudsonsbai-Lan- dern) 5794 29,877.000 63.860 182,000.000 200.000 4,400.000 6403 860.000 21387 1,000.000 Anstralien Gesammt-Monarchie . 297.444 218,137.000 Zwei Drittheile der BevOlkerung gehoren dem germanischen Stamme an (das englische Volk), ein Drittel besteht aus Cambriern, Walisern, Galen und Iren, auf den normannischen Inseln wohnen Franzosen. Die Qberwiegende Menge ist pro- testantisch, doch wohnen auch viele Katholiken, insbesondere ist Irland der katholi- schen Kirche treu ergeben. Sehr zahlreich sind die Dissenters (= Andersdenkende). Israeliten gibt es im ganzen Reiche. Untheilbare, konstitutionelle Erbmonarchie in der jungeren (hannoveranischen) Linie des welfischen Hauses Braunschweig. Das Oberhaupt des Reiches ist zugleich Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Boden. Die Insel Grossbritannien hat zum grosseren Theile eine wellige Oberflache; der ostliche Theil ist Flachland, im Westen und Norden herrscht der Gebirgscharakter vor. Das Bergland besteht aus mehreren Gruppen, welche durch Hiigelreihen unter sich in Verbindung stehen. Diese Gebirgsgruppen sind : das Bergland von Corn wall (Karn'ual) **) auf der siidwestlichen Halb- insel bis zum Cap Landsend ; das Hochland von Wales (Uels); das nordliche Gebirgaland und zwar westlich das Bergland von Cumberland (Kommberland), ostlich das Peak- (Pihk-) Gebirge ; als Grenzgebirge zwischen England und Schottland dasCheviot- (Tschiwiott-) Gebirge. Im Norden des Letzteren liegt das schot- *) Asiatische Besitzungen: Indo-britisches Reich: die Prasidentschaften Bengalen, Madras, Bombay, die Inseln Ceylon, Labuan, Hong-Kong, Halbinsel Aden, Insel Perim, Sarawak auf Borneo. Americanische: General-Gouvernement Canada, die Gouvernements : Neu- braunschweig, Neuschottland, Prinz Eduards-Insel, Neufoundland mit den Kusten von Labrador, Gebiet der HudsonsbaUCompagnie mit dem arktischen Archipel, die Gou- vernements : Columbia, Bermuda, Jamaica mit Honduras und dem Mosquitogebiete, St. Christoph, Antigua, Dominica, St, Lucia, St. Vincent, Grenada, Barbados, Tabago, Trinidad, Bahama-Inseln, Guayana, Falklands- Insel, Staatenland. Africanische: General-Gouvernement : Kapland, Gouvernements : Natal, Gam- bia, Sierra Leona, Goldkuste, St. Helena, Mauritius (Sechellen, Amiranten, Tschagos- Archipel). Australische: Gouvernements: Neu-Sad-Wales, Victoria, Sfld-, West-, Nord-Australien, Tasmania (Vandiemens-Land), Neu-Seeland. **) Die annahernd bezeichnete Aussprache ist in der Klammar einge- schlossen. 317 tische Niederland oder die Lowlands (Loh'lands), aus welchem sich Hochschottland erhebt, bestehend aus dem Grampian- (Grampian-) und dem nord-kaledonischen Gebirge, und der schottischen Spalte zvvischen beiden. Die Insel Irland ist ira Innern Tiefland , aus welchem sich namentlich an der Nord- und Westkiiste einzelne Berggruppen erheben, die jedoch nirgends eine grossere, geschloesene Gebirgsgruppe bilden. Gewas.ser und Kliina. Die beiden Inseln werden vom at- lantischen Ocean und seinen Theilen (der Nord see, dem Ca- nal mit derStrasse von Dover oder Calais, und der irischen See mit dem St. Georgs- und dem Nord - Kanal) bespiilt, hf f 1fM1 tfTM^P TVfpprKnaon unrl polir* /TdVilT-oinVio BnphfPP ifntl &f I. Ktinigreich England zerfiel (vom Jabre 455-827) in 7 angelsachsisehe Konigreiche, gegenwartig wird es in 40 Counties eingetheilt. 1. KSnigreich Essex (2 Grafschaftsn : Middlesex [Middlseix] und Essex): London (2,880.000), Colchester (Koltschestr), Harwich (Harritsch); 2. KonigrcichOstangeln (3 Grafscbaften : Suffolk (SGffok), Norfolk (Muarfok), Cambridge (Kehmbridsch) : Ipswich (Ipsuitsch), Norwich (Noaritsch, 70.000), Cambridge (30000), Newmarket (Njumarket) ; 3. K6nigreich Merc i a (Merssih , 19 Grafschaften : Buckingham (BOckingam), Oxford (OaksfOrrd), Gloucester (Glosstr), Monmaoth (Mannmots), Hereford (Herri- 316 X. Das Kdnigreich Grossbritaimien. , 145. Bestandtheile. BevOIkerung. 1. in Europa. Konigreich England und Fiirstenthum Wales 2743 Schottland 1445 Irland 1533 Inseln in den briiischen Meeren (nebst Armee und Flotte) 18 Schutzstaat: jonische Inseln, dann Gibraltar, Helgoland, Malta etc 55 Geograph. QMeilen Einwohner 19,520.000 3,094.000 6,552.000 311.000 400.000 2. Kolonien*) 3. 5794 29,877.000 in Asien (nebst den Schutzstaaten) . . 63.860 182,000.000 America (nebst den Hudsonsbai-Lan- Trinidad, _, a, Bahama-Inseln, Guayana, Falklands-Insel, Staatenland. Africanische: General-Gouvernement : Kapland, Gouvernements : Natal, Gam- bia, Sierra Leona, Goldkiiste, St. Helena, Mauritius (Sechellen, Amiranten, Tschagos- Archipel). Australische: Gouvernements: Neu-Sad-Wales, Victoria, Sfid-, West-, Nord-Australien, Tasmania (Vandiemens-Land), Neu-Seeland, **) Die annahernd bezeichnete Aussprache ist in der Klammer einge- schlossen. 817 tische Niederland oder die Lowlands (Loh'lSuds) , aus welchem sich Hochschottland erhebt, bestehend aus dem Grampian- (Grampian-) und dem nord-kaledonischen Gebirge, und der schottischen Spalte zwiechen beiden. Die Insel Irland ist im Innern Tiefland , aus welchera sich namentlich an der Nord- und Westkiiste einzelne Berggruppen erheben, die jedoch nirgends eine grossere, geschlossene Gebirgsgruppe bilden. Gewas.ser und klinuv. Die beiden Inseln werden vom at- lantischen Ocean und seinen Theilen (der Nord see, dem Ca- nal mit derStrasse von Dover oder Calais, und der irischen See mit dem St. Georgs- und dem Nord - Kanal) bespiilf, welche bedeutende Meerbusen und sehr zahlreiche Buchten und Hafen in das Land schneiden, wodurch Schiffahrt und Handels- verkehr ungemein begiinstigt werden. (Siehe S. 12 und . 15. S. 14, Nr. 1-5.) Die Flusse ergiessen sich theils in die Nordsee, theils in den Ocean. Zu den ersteren gehoren : die T h e m s e , Gross- britanniens wichtigster Fluss mit ungemein starker Dampf- und Segelschiffahrt , der H u m b e r ( Ho'mmbr ) , der Tweed (Tuihd), der Forth (Fohrts) und der Tay (Teh); zu den letzteren : der Severn (Sewern) und in Irland der S h a n o n (Schannonn). Das Land hat endlich viele aber kleine Seen, zumeist in C um beriand und Wes tmo reland (Uest'morland), dann Sumpfe und Moore. Das Inselklima Grossbritanniens ist ziemlich gleichfb'rmig mit nicht sehr grossem Temperaturwechsel. Der Winter ist ver- haltnissmassig milde , der Sommer nicht gar heiss ; der Himmel ist in der Regel triibe, dichte Nebel mit grosser Feuchtigkeit und vielem Regen sind haufig. Der Schnee bleibt nur in den hoheren Berglandschaften langer liegen ; wegen der grossen Feuchtigkeit ist die Insel den grossten Theil des Jahres mit saftigem Grim bekleidet. Politische Eintheilung. Das Konigreich Grossbritannien besteht in Europa aus den Theilen: 1. Konigreich England, 2. Furstenthum Wales, 3. Konigreich Schottland, 4. Konig- reich Irland und 5. den europaischen Nebenlandern. Das Reich ist in Counties (Kauntis) oder Shires (Shihrs) , das ist Grafschaften, eingetheilt. Nebstbei sind noch alte Einthei- lungen im Gebrauche. I. Kunigreicll England zerfiel (vom Jahre 455-827) in 7 angelsachsische K6nigreiche, gegenwrtig wird es in 40 Counties eingetheilt. 1. KOnigreich Essex (2 Grafschaftsn : Middlesex [Middlseix] and Essex): London (2,880.000), Colchester (Koltschestr), Harwich (Harritsch); 2. KonigrcichOstangeln (3 Grafscbaften : Suffolk (Sfiffok), Norfolk (Noarfok), Cambridge (Kehmbridscb): Ipswich (Ipsuitsch), N orwich (Noaritsch, 70.000), Cambridge (30000), Newmarket (Njamarket) ; 3. KOnigreich Merc i a (Merssih , 19 Grafschaften : Buckingham (BOckingam), Oxford (OaksfOrrd), Gloucester (GlosB'tr), Monmanth (Mannmols), Hereford (Herri- 318 fb'rrd), Shropp oder Salopp (Sallopp), Chester (Tschestr), Derby, Nottingham (Noattingamm), Lincoln (LingkOnn), Huntingdon (HOnntingd'n), Bedford (Bed- fOrrd), Hertford (Harforrd), Northampton (Noatsammt'n), Rutland (R6ttland), Leicester (Lestr), Stafford (StaffOrrd), Worcester (Wnster) Warwick): Buckingham, Oxford, Gloucester, Bristol (137-000), Monmauth, Hereford (40000), Shrewsbury, Chester (54.000), Macclesfield (Makkelsfield, 64.000), Stockport (92000), Derby (44.000), Nottingham (60.000), Birkenhead, Boston, Lincoln (43.000), Huntingdon, Bedford, Hertford, Nort- hampton, Oakham, Leicester (Gl.OOO.i, Stafford, Worcester, Warwick, Birmingham (233.000), Stratford, Etruria (the Potteries); 4. KSnigreichNorthumberland (Noahr tsOmberland) mit 6 Grafschaften : York, Lancaster (Lankastr), Westmoreland (Uest'morland), Cumberland (Kommberland), Durham (DOrramm), Northumberland); York (60.000), Hull (HOll, 60.000), Leeds (Lihds, 172000), Huddersfield (HSddrsfild), Halifax (Hiillifax), She ffield (135.000), Lancaster, Man- chester (Manntschestr, 303000), Liverpool (Liwerpuhl, 376.000), Pres- ton (100.000), Oldham, Carlisle (Karleil), Durham (57.000), Newcastle (Ninkasl, 140000); 5. KOnig veich Kent (gleichnamige Grafschaft): Canterbury (Kanterberri), Greenwich (Grihnitsch, 100.000), Woolwich (Wulitsch), Clmtam (Tschattam), Dover (30.000); 6. KOnigreich Sussex (Sossex, 2 Grafschaften: Sussex, Surrey [S6rri]): Chichester (Tschitschestr), Brighton (Breitn, 66.000), Hastings (Hehstings), Guilford, Richmond (RitschmSnd) ; 7.K6nigreich Wessex (7 Grafschaften): Berk, Wilt, Southampton (Saut- sammtn), Dorset, Sommerset, Devon (Divn), Cornwall: Reading (Redding), Windsor (UindsSrr), Salisbury (Sahlsberi), Winchester (Uintschestr), Portsmouth (Pohrtsmots), Spithead (Spitthed), Insel Wight (Ueit), Southampton, Dorchester, Bath (Bats, 70.000), Exeter, Plymouth (PlimmSts, 84.000), Launceston (Lahnstn), Falmouth (Fallmots). II. FurstentllUin Wales (12 Grafschaften): Pembroke, Kard iff (47.000), Merthyr Tydvil (80000), Swansea (Suansi 48000), Caermarthen (Karmartsen), Holywell (Halliuell), Insel Anglesea (Anglsi), Insel Holyhead (Hollihed). III. Konigreich Schottltuid (33 Grafschaften): a)Sudschottland (19 Grafschaften): Edinburgh (200000), Leith (Lits), Glasgow (Glasko, 334.000), Paisley (Pesli, 50.000), Greeaock (Grinoc.k, 40.000), Kilmanok; b)Mit tel - Schottland (8 Grafschaften): Perth (Perts 24.000), Dundee (Donndi 80.000), New-Aberdeen (Nju-Aberdihn 73.000). c) Nord-Schottland (6 Grafschaften): Inverness (17.000), Wick. Die Inselgruppen: a) Hebriden. An 50 Inseln, von etwa 85.000 Menschen bewohnt, die sich vom Fisch- und Vogelfang und der Viehzncht nahren. Die gr6ssten sind : Jona (Dschona) oder Icolmkill (EikOmkill), Staffa (Staffa; Fin- galshShle), Skye (Skih), Lewis (Lnhis). b) Orkney's oder Orkaden. Auf den 29 bewohnten Inseln leben an 32.000 Einwohner von der Rindvieh- und Schafzucht, Fischzucht und dem SeevSgelfang. Auf der Insel Pomona liegt die Hauptstadt Kirk wall (Kerkuall, 3000). Sehr feuchtes aber mildes Klima, viele Stfirme, hanfige Gewitter und Nordlichter im Winter. c) Shetland -Inseln. Auf den 17 bewohnten Inseln leben etwa 31.000 Einwohner. Klima und Nahrungsquellen wie auf den Orkaden. Auf der grOssten Insel Mainland (Mehnland) liegt die Seestadt Lerwick (3000), der Saranoelplatz der englischen, holiandischen und danischen Haringstischer. IV. Ktinigreicll Irland. Es zerfallt in 4 Provinzen und 32 Grafschafien: l.Provinz Leinster (Linnster, mit 12 Grafschaften) : Dublin (280.000), Wex- ford (Uexf6rrd), Drogheda (Drachida), Kilkenny; 2. Provinz Ulster (Glister, mit 9 Grafschaften); Down Patrick (Dann Patrik), Belfast (Bellfast, 100.000), Londonderry (Lond'nderri) , Armagh (Armah) ; 3. Provinz Connaught (Cannaht), mit 5 Grafschaften): Sligo (Sleigo), Cast- lebar (Kasslbar), Qalway (Gallueh), 25.000); 819 4. Provinz Munster (MCnnster, mit 6 Grafschaften) : Limerik (56.000), Cork (Kahrk. 87.000), Waterford (Uaterf6rrd, 30.000). V. Europ&ische Nebeniander. 1. Insel Man (Mann) in der irischen See, mit 53000 Einwohnern^ metallreiche Berge, Seehandel; Hauptort: Casteltown (Kassltaun, 4000); 2.Scill7- (Silli-) Inseln, mehr als 1200 Felsklippen, von 3000 Briten bewohnt. Hauptort: New town (Njuhtaun) auf der Insel St. Mary; 3. Normannische Inseln, 4 grossere, viele kleinere, von 91.000 Franzosen be- wohnt und in 2 Gonvernements eingetheilt: a) Guernsey (Gernsi). Hauptort: St. Pierre (20.000), b) Jersey (Dschersi). Hauptort: Sain t - Hellier (22.000); 4. Insel Helgoland (in der Nordsee, vor den Miindnngen der Elbe und Weser), mit der gleichnamigen Stadt, 3000 Einwohnern nnd stark besuchtem Seebad. Die Bewohner treiben Fischerei, Schiffahrt nnd Lootsendienst ; S.Gibraltar, Festung und Hafenstadt an der Sudspitze von Spanien. 20.000 Einwohner, starker Schleichhandel mit englischen Manufakten nach Spanien > 6. Malta-Inseln: Malta, Gozzo, Comino, Cominotto, mit 130.000 Einwohnern. Sehr fruchtbar, liefern Baumwolle, Siidfrflchte, selbst Znckerrohr. Auf Malta Hauptort: La Valetta (60.000), sehr starke Festung, wichtige Flottenstation der Briten, grosser Seehandel. Unter den vielen bedentenden Stadten Grossbritanniens verdienen besondere Hervorhebung : London, an beiden Ufern der Themse, im Mittelpunkte der reicbsten nnd fruchtbarsten Provinzen, mit fiber 2 1 /, Mill. Einwohnern*), Residenz- und Hauptstadt des britischen Reiches, der grosste und reichste Handelsplatz der Erde. Stadttheile: Westminster und Westend, Sitz des Hofes, des hohen Adels, des Parlamentes und der hodmen StaatsbehOrden, City, Handelswelt, Geld- und Creditinstitute, Southwark, eigentlicher Fabriksbezirk, East-End ist der erste Seehafen des Landes mit seinen Docks, Schiffswerften, Lagerhausern u. a. f. Wenig grosse Privat- palaste, aber viele prachtvolle Offentliche und Staatsgebaude : Paul s- Kirche, West- minsterabtei mit den Monumenten der KSnige und bernhmter Manner, die k. Palaste St. James nnd Buckingham (Residenz), Westminsterhall, der oberste Gerichtshof ; die neuen Parlamentshauser; der Tower, friiher Staatsgefangniss, jetzt Zeughaus, Manze, Reichsarchiv, Juwelenkammer u. s. w. ; das britische Museum mit Kunstgegenstanden, Naturalien, Handschriften und Bflchern; das ostindische Haus; fiber 500 Gebaude fiir den Gottesdienst. Ueber die Themse ffihren 7 Bracken, und unter derselben der Tunnel (1843 vollendet). Mittelpunkt des geistigen Lebens, viele gelehrte Gesellschaften, Universitat, polyt. Institut, fiber 4000 Erziehungsanstalten, 18 oft'ent- liche Bibliotheken. Viele Humanitatsanstalten, 107 Armenhiiuser, 22 Kranken- hauser, Waisen-, Irren-, Invalidenhauser; fiber 100 wohlthatige Gesellschaften. Industrie im grossartigsten Massstabe in Gold- und Silberwaaren, Dhren, optischen und physikalischen Instrumenten, die kolossalsten Bierbrauereien der Erde n. v. a. Die City Mittelpunkt des Welthandels. Taglich laufen fiber 40 Schiffe ein, jahr- lich fiber 10.000 Dampfer und Kfistenfahrer; der Zoll betragt jahrlich 120 140 Mill. Gulden, der Werth der Ein- und Ansfuhr an 700 Mill. Gulden. Nach alien Rich- tungen laufen Eisenbahnen und Telegraphen aus. Die grossartigsten Institute ffir Hebung des Hamlels ; Ostindische Compagnie, Hudsonsbai, Lloyd und viele andere Gesellschaften ; die Bank von England ist das grfisste Institut dieser Art, fiber 70 Privatbanken, viele Assekuranz- nnd Aktiengesellschaften ; Stockborse, konigl. BOrse, Kornborse, Clearinghouse (tagliche Versammlung der Commis der Banquiers zur Abrechnung ; grosse Docks, Waarenhauser u. s. w. Belustigungsorte: 14 Theater, St. James- und Hydepark, Vauxhall, Ranelagh u. a. Der Vorhafen von London ist Gravesand, an der Themse-Mundung, mit dem Hauptzollamte; von Dover ist die Hauptuberfahrt nach Frankreich (Calais in 3 Stunden). Liverpool mit einer Menge grosser Docks (die altesten und schonsten in England), Packetbootfahrten nach Nord- und Siidamerica, nach dem Mittelmeer, nach Portugal, Irland, Schottland und mehreren englischen Hiifen; Tausende von Aus- wanderern schiffen sich jahrlich hier ein. Handel mit Irland in Getreide, Mehl, Vieh ; erst or Platz ffir den Baumwollhandel in Europa durch seine Verbindnng *) Im J. 1801 zahlte die Stadt 958.000 Einw., im J. 1811, 1,050.000; 1831, 1,471.000; 1851, 2,361.000; 1860, 2,616.000 Einw. mit Manchester (uber 800.000 Ballen), dann Tabak, Ausfuhr fur Twist etc. (9 Mil- lionen ); bedeutender Handel nach Guinea; Salzhandel nach den Ostseelandern, Thee von China; mit mehr als 16CO eigenen Schiffen nnd uber 14.000 besuchen jahrlich den Hafen; Ein- nnd Ausfuhr im Werthe fiber 50 Millionen . Bristol nnterbalt sehr bedeutenden Handel mit beiden Indien; mehr als 300 eigene Schiffe. Hull, mit grossen Schiffswerften nnd Docks, macht seine Hauptgeschafte mit Russland, Skandinavien, Holland, Deutschland und Amerika, besitzt an 600 eigene Schiffe nnd treibt starken Wallfischfang im gronlandischen Meere. Glasgow, Centralpunkt fur schottische Banmwollo ; grosse Eisenausfuhr nach Deutschland ; New-Port Glasgow ist mit dem Vorhafen Grunnock fur grosse See- schiffe. Die Handelsrichtung geht vornehmlich nach Westindien, Nordamerica und den Ostseelandern mit fiber 4000 Kauffahrern. (Das erste europaische Dampfschiff wnrde hier im Jahre 1810 gebaut.) Dublin (mit dem Hafen Kingston), Hauptplatz fur den Handel Irlands; 19 Assekuranzen ; grosser Verkehr mit Westindien, Nordamerica und Liverpool. Wichtig sind noch fiir den Seehandel : Plymouth (nebst Devonport) mit dem beruhmten Damme (Breakwater) vor dem Hafen nnd in der Nahe einer der herr- lichsten Leuchtthurme ; im Frieden wird der Hafen zur Aufnahme eines Theiles der Kriegsflotte verwendet. Southampton Haupthafen fur Frankreich und die Pyre- naenhalbinsel, zugleich Londons Hauptstation fur die Packetboote nach Westindien und dem Oriente; Whitehaven, Sunderland, Portsmouth und Portsea, Haupt- kriegshafen Englands, in der Nahe die berfihmte Rhede von Spithead, wo sich grosse Kriegs- und Handelsflotten vor dem Auslaufen versammeln, Edinburgh (mit dem Hafen Leith), Aberdeen, Limerik, Harwich (Harritsch), die gewOhnliche Ueberfahrt nach Holland, Hamburg nnd Schweden. Die in indus t rieller Beziehung hervorragenden Stadte kommen bei den betreffenden Industrien vor. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Landwirthschaft hat in Grossbritannien , inbesonclere in den ostlichen Gegenden Englands , die bedeutendsten Erfolge erzielt. Trotz der aufmerksamen Bebauung und der vielfachen Anwendung landwirthschaftlicher Maschinen geniigt die Produktion jedoch nicht fiir den Bedarf der dichten Bevolkerung. Von den 77 Millionen Acres (ein Acre = 1136 osterr. QKlafter) entfallen an 49 Millionen auf kultivirtes und fiber 28 Millionen Acres auf unbebautes Land; der Jahresertrag an Kornerfruchten von der ge- sammten Bodenflache (England, Schottland und Irland) wird mit beilaufig 80 Millionen Quarter (a 4. 72 Wiener Metzen) berechnet. Weizen und Gerste werden vorziiglich im siidlichen England, Hafer in Schottland, Kartoffeln in Irland und Schottland angebaut; doch werden grosse Mengen an Getreide und Mehl aus Russland, den vereinigten Staaten von Nordamerika und Preussen importirt. Hulsen- friichte und Gartengewachse sind von vorziiglicher Giite. Unter den Handelspflanzen nehmen Flachs und Hanf (Irland und Schott- land), dann Hopfen (in Kent, Hereford und Worcester) eine hervorragende Stelle ein ; auch Raps (in Cambridge, Essex und Norfolk), Karden und Safran (in Essex und um Cambridge) wer- den stark gebaut. Dem Holzmangel (da der Waldboden nur etwa 5% der Gesammtflache einnimmt) hilft der Ueberfluss an mineralischem Brennstoff ab. Nutz- und Bauholz wird zur See bezogen* In der Yiehzucht, dem Glanzpunkt der vortreff lichen bri- tischen Landwirthschaft, nimmt Groesbritannien sowohl ob der An- 821 zahl der Heerden, Oekonomiehofe und Meiereien und deren zweck- massiger Einrichtung, als auch durch den wissenschaftlich-prak- tischen Betrieb, der durch die gunstigen klimatischen Verhaltnisse befordert wird, den ersten Rang unter alien Staaten der Erde ein und bildet in dem englischen Niederlande (am Wash- und Humber- Busen), in einigen Theilen von Wales und Inland die Hauptnah- rungsquelle. Die Pferdezucht ist Gegenstand des Nationals! zes und die Race steht der arabischen zunachst ; das Rindvieh (in Lincoln und Lancaster) ist ausgezeichnet durch Milchreichthum, Mastfahigkeit, Schonheit und Arbeitskraft ; die veredelte Sch af- zucht liefert Wolle , welche mit der sachsischen und spanischen rivalisirt, obwohl die Quantitat fiir den Bedarf der Industrie nicht ausreicht; Ziegen kommen in Schottland und Wales in grosser Menge vor ; Borstenvieh wird vorziiglich in Irland gemastet. Auch die Zucht der Bienen und des Federviehes ist bedeutend. Die Seefischerei wird sehr umfangreich und mit gutem Erfolg betrieben, da Schottland allein an 40.000 Fischer zahlt, deren Beute den Werth von nahe 4 Millionen Gulden erreicht , und am Wall- fisch- und Haringsfang betheiligen sich jahrlich wohl an 60.000 Ma- trosen und Bootsleute. Die Grundlage der englischen Industrie und somit des Na- tionalreichthums bilden die Produkte des Bergbaues, und hierin steht die ungeheure Ausbeute vorziiglicher S teinkohle n in erster Linie, welche in Northumberland und Durham die starkste ist. Die Ausbeute in den 2829 Gruben betrug im Jahre 1856 an 1329 Mil- lionen Zentner im Werthe von nahe an 17 Millionen . Auch York, Wales und Schottland fordern viel Steinkohlen zu Tage, insbeson- dere hat sich der Verkehr der Gruben im Norden seit 1845 ver- doppelt. Irland steht sowohl in Hinsicht der Quantitat als der Qualitat der Kohle zuruck, Der deklarirte Werth der im Jahre 1857 exportirten Kohlen betrug iiber 3. 2 Millionen . Im ersten H alb jahre 1859 betrug der Werth der ausgefiihrten Steinkohlen aller Art nahezu l. ? Millionen . Die Torflager nehmen iiber 3 Millionen Acres ein, sehr machtig ist jenes zwischen Robertstown und Tullamore. Den nachsten Rang nehmen die hochst bedeu- t en den Eisenbergwerke ein, deren Mehrzahl in der Nahe von Kohlengruben liegt. Die reichsten Lagerstatten sind im siidlichen Wales, dann Stafford, Derby, York u. s. w,, ferner in Schottland. Die Roheisenproduktion ist stets im Wachsen. Im Jahre 1750 be- trug sie nur 75.000 tons (h, 20 Zentner), im J. 1800 schon 180.000, im J. 1825: 600.000, im J. 1851: 2,500.000, im J. 1858: 3,456.000 tons; also beilaufig soviel als die gesammte Produktion von Europa und Nordamerica zusammengenommen (im Werthe von iiber 15 Milliouen .), wovon bedeutende Mengen zur Ausfubr ge- langten. Im J, 1857 betrug der Werth des exportirten Eisens und Stahles (ohne Maschinenund Kurzwaaren) fast 13. 6 Millionen .; also fast 2 Millionen , mehr , als die Goldausbeute Californiens in diesem Jahre. Die Gewinnung der zwei genannten Objekte des Bergbaues beschaftigt iiber % Million Menschen, wovon an 8 / JO auf die Eisen-, und 2 / 10 auf die Kohlengruben entfallen. Der alteste Klun's nandels-Geographie. 2. Aun. 21 bergmannische Betrieb in Grossbritannien geht auf Zinn, das bestein Europa, welches hauptsachlich inCornwallis und Devonshire gewonnen wird. Ferners werden gewonnen: Bl ei (fast y a Million Zentner) in Wa- les, Durham, Northumberland, Schottland, Cumberland, Kupfer (in 176 Minen an 7. 3 Millionen Zentner) im Suden Englands, Cornwallis und Siid- Wales, Z i n k (80.000 Zentner) in Cornwallis und Wales, Silber (uber 614.000 Unzen, davon fiber 480.000 in England, vom Rest zur Halfte in Wales , zur Halfte auf Man) , aus den silber- haltigen Bleierzen der genannten Bleiminen , etwas Gold in Wales. Blei, Zinn und Kupfer wurden gleichfalls exportirt, und der deklarirte Werth der im Jahre 1857 verschifften britischen Me- talle betrug uber 18. 5 Millionen , nicht gerechnet die von den Kolonien und anderen Staaten zur Durchfuhr gebrachten Metalle. Im Verkehr mit Produkten des Bergbaues behauptet Grossbritannien den ersten Rang unter alien Staaten der Erde. Auf gleicher Hohe steht es in Bezug auf den S a 1 z reichthum , wovon seit der Herabsetzung der Steuer im Jahresdurchschnitt an 16. 3 Millionen Zentner gewonnen und grosse Mengen exportirt werden. Sehr reiche Steinsalzgruben sind in Northwich und Chester Quell- salz in Worcester, Durham und Stafford, Seesalz an den Kiisten von England und Irland. Besondere Erwahnung verdienen noch der vorziigliche Gra- ph it (zu Borrowdale in v Cumberland) , der Alaun von Whitby (York) und Schottland, die Ammoniak-Erzeugung, der grosse Reichthum an Bausfreinen, Thon, Schiefer undhydrau- lischem Kalk. Industrie. In keinem Lande der Erde hat die Industrie eine solche Hohe und Ausdehnung erreicht, als im britischen Reiche, Auf dem Grundsatze der freien Thatigkeit und der Theilung der Arbeit ruhend, unterstiitzt durch hohe technischeAusbildung, welche die von der Natur reichlich gebotene Vorbedingung im grossten Masse auszubeuten versteht, und durch ein Maschinenwesen, durch welches fast alle Fabrikate zur moglichsten Vollkommenheit gebracht wurden, endlich durch den stets wachsenden Association s- geist, wodurch die grossartigsten Kapitalien bei verhaltnissmassig niederemZinsfusse den industriellen Unternehmungen zufliessen, hat dieses Reich in manchen Zweigen der technischen Kultur eine Ausbildung gewonnen, wie uns die Kulturgeschichte der Volker kein zweites Beispiel liefert. Bei der ungeheuren Ausdehnung der britischen Industrie, welche die Mehrzahl der Bevolkerung mittelbar oder unmittelbar ernahrt und bereichert, konnen hier nur d'e vorzug- lichsten Zweige und die hervorragendsten Statten derselben aufge- fuhrt werden, um nach Moglichkeit eine Charakteristik des britischen Kunstfleisses zu geben. In der Mitte von England; dem Haupt- sitz des grossen Reichthums an Mineralien, ist von lange her auch der Hauptsitz der Metallwaaren-Fabrikation; das nord- liche England pflegt und veredelt im grossartigtn Massslabe die Wollen-, Baumwollen- und Le in en -Industrie; der sud- Hche Theil hingegen jene Gewerbe, welche auf Handel, Kiinste und Wissenschaften abzielen. Schottland und Irland stehen nur in ein- zelnen Zweigen auf gleicher Hohe mit England. Der wichtigste Zweig der englischen Industrie ist die B a u m- w o 1 1 e n - Manuf aktur. Durch das aufs Hochste ausgebildete Ma- schinenwesen ist England in diesem Zweige so ubermachtig, dass es hierin den Weltmarkt beherrscht. Wahrend vor etwa 70 Jahren nur an 40.000 Menschen bei dieser Industrie beschaftigt waren, und der Werth der exportirten Waare beilaufig 300.000 betrug; be- zieht Grossbritannien gegenwartig mehr als die Halfte der in alien Erdtheilen gewonnenen Baumwolle, das ist mehr als 9 Millionen Zentner, bei deren Verarbeitung, ungeachtet der Hunderte von meist grossen Dampfmaschinen, iiber ! T / 2 Million Menschen mittelbar oder unmittelbar thatig sind und der Werth der Erzeugung betragt an 57 Millionen , wovon im Jahre 1857 Baumwollwaaren um den Werth von 39 Millionen zum Export gelangten, England ver- sieht den grossten Theil der bewohnten Erde mit Baumwollkleidung. Im Jahre 1856 waren 2210 Faktoreien fur Baumwolle thatig, mit iiber 28 Millionen Spindeln und nahe an 299 Tausend mechanischen Webestuhlen. Unter alien Zweigen dieser Industrie steht die S pin- ner ei am hochsten, denn die Zahl der Feinspindeln betrug an 23 Millionen, das ist fast 70% sammtlicher Feinspindeln fur Baum- wolle in Europa. Der Hauptsitz ist die Grafschaft Lancaster, mit mehr als 20 Millionen Spindeln in 1480 Faktoreien, welche allein zwei Drittel der britischen Baumwollwaaren liefert, und hier ist es Manchester sammt Umgebung (der Hauptplatz fur die ganze Erde in Baumwollwaaren), wo in den Baumwollspinnereien iiber 300 Dampf- maschinen arbeiten und die meiste Baumwolle gesponnen, gewebt, gebleicht, gedruckt und in kiirzester Zeit nach alien Theilen der Erde versendet wird. Es liefert die nach der Stadt benannten aus- gezeichneten Stoffe, den schonsten Sammt, Kambriks, Kattune u. s. w. Zunachst stehen Blackburn, Norwich, Glasgow, Paisley und Belfast, dann Nottingham, Derby und Leicester. In Schottland ist Glasgow der Hauptort, wo iiber 25,000 Maschinen- stiihle und iiber 50.000 Handwebestiihle mehr als die Halfte der schottischen Gesammtproduktion, und zwar hauptsachlich feinere Waare und Druckwaaren liefern. Gebleichte Strumpfwaaren und Baumwollspitzen erzeugt Nottingham, gefarbte Leicester, Die irische Kottonmanufaktur hat ihren Sitz in Belfast. Zunachst steht die Fabrikation in Schafwolle, eine der altesten Manufakturen des Landes. Im Jahre 1856 haben iiber 1500 Fabriken mit ! 3 / 4 Million Spindeln und an 14.500 mechanische Webestuhle iiber 70.000 Arbeiter beschaftigt und der Werth sammt- licher in diesen Zweig einschlagigen exportirten Waaren betrug im genannten Jahre circa 13 1 / 2 Millionen . Im Jahre 1857 betrug die Einfuhr roher Wolle (hauptsachlich aus Australien, Ostindien und Sudafrica) nahe an 130 Millionen Pfund, wozu noch die grosse Quantitat inlandischer Wolle hinzuzuzahlen ist, und der Werth der hieraus gefertigten Erzeugnisse betrug iiber 30 Millionen . Die meisten und grossten Fabriken besitzt Yorkshire (806 Fabriken mit nahezu 1 Million Spindeln), in Lancaster sind etwa 100 Fab- 21* 324 riken mit 266.000, dann in R o x b u r g s h i r e 24 mit 60.000 Spindelm Fiir die grossartige Tuchfabrikation sind bedeutend: Leeds, Hud- dersfield, Bradford, Frome und Stroud (bei Bristol), Norwich, Glas- gow und Edinburgh, welche viel nach Sudamerica und Ostindien exportiren, Fiir Orleans, Merinos und Wollenmousseline sind bekannt Bradford, Halifax und Huddersfield, fiir Shawlweberei Paisley, gemischte Gewebe Norwich, Teppiche Glasgow, Worcester, London, dann Wolldecken aller Art sowie die aus Wollabfallen verfertigten Shoddystoffe u. s. w. Fiir Kammgarn besass das Land im genannten Jahre 525 Fabriken mit 1 l / a Million Spindeln und bei- laufig 40.000 Webestiihlen, wobei an 88.000 Arbeiter beschaftigt waren. Am starksten wird dieser Industriezweig in Yorkshire be- trieben (445 Fabriken mit l'/ 4 Million Spindeln). Von dem friiher genannten Exportwerthe entfallen 10 l / 2 Million auf Wollwaaren und bei 3 Millionen auf Wollengarn. Von nicht geringerer Bedeutung ist die L e i n e n f a b r i k a t i o n , wie iiberhaupt die Industrie in Flachs nnd Hanf. Die Einfuhr von Flachs und Hanf findet vorzugsweise aus Russland statt und betrug dieselbe im Jahre 1857 fast 1,900.000 Zentner Flachs und 1,400.000 Zentner Hanf. Seit der Einfiihrung und Vervollkommnung der Flachs- spinnmaschinen hat dieser Fabrikationszweig eine friiher nicht ge- ahnte Hohe erreicht und die Fabrikate geniessen auf den uberseeischen Markten vor alien anderen den Vorzug, wie sie auch auf den euro- paischen vielfach die deutschen, belgischen und franzosischen ver- drangen. Der Hauptsitz ist das nordliche Irland (Belfast nebst Um- gebung), das ostliche Schottland (Dundee, Forfar) und das nordliche England (Preston, Leeds). Im Jahre 1856 beschaftigten 417 Fabriken 1,288.000 Spindeln, 8690 mechanische Webestuhle iiber 80.000 Ar- beiter. In leichten Leinen behauptet Irland den ersten Rang, Zwillich wird in York, Segeltuch in Bristol, Portsmouth, Glasgow, Arbroath, Zwirn in Leeds, Spitzen in Nottingham, die Honitonspitzen in Ho- niton u. s. w, verfertigt. Die Industrie in Seide ist in steigender Aufnahme, obwohl sie der franzosischen und osterreichischen noch weit nachsteht. Bis zum Jahre 1824 war die Einfuhr von Seidenwaaren verboten und die Fabrikation, geschiitzt durch dieses Monopol, erreichte jahrlich kaum den Werth von 1 Million . Seit der Aufhebung dieses Ver- botes und dem Auftreten der fremden Konkurrenz hob sich die Industrie in raschen Schritten, Schon nach 12 Jahren erreichte der Werth der Produktion die Summe von 6 Millionen und die Ausfuhr britischer Erzeugnisse begann nach Nordamerica und West- indien, obwohl die Fabrikate in Hinsicht der Qualitat den franzo- sischen, osterreichischen, deutschen und schweizerischen nachstehen. Durch die zunehmende Einfuhr ostindischer und vornehmlich chine- sischer Seide, sowie durch Anwendung der neuesten Methoden und Maschinen bei der Fabrikation, hat sich diese Industrie derart ge- hoben, dass sie mit der des Festlandes in Konkurrenz tritt. Die Einfuhr roher Seide betrug im Jahre 1850 nicht ganz 5 Millionen, im Jahre 1857 schon iiber 12 Millionen Pf und, und die Ausfuhr bri- tischer Seidenfabrikate stieg in der bezeichneten Periode von 1 J / 4 325 auf nahezu 3 Millionen . Die bedeutendsten Orte in dieser Be- ziehung sind : Macclesfield (fur Seidentiicher), Coventry (fur Bander), Spitalsfield (bei London), Manchester, Derby und Nottingham. Die Metallwaarenfabrikation, schon seit dem 14. Jahr- hunderte im mittleren England im Grange, nimmt jetzt den ersten Rang auf der Erde ein. DerHauptsitz ist Birmingham, welches alle Arten Eisen-, Stahl-, Messing- und lackirter Blechwaaren liefert, zudem fiber 30 Gewehrfabriken und grosse Anstalten fiir den Ma- schinenbau besitzt. In gleicher Richtung arbeiten So ho und Wol- verhampton (vortreffliche Schlosserwaaren), die Kurzwaaren aus diesen Fabriken sind die geschatztesten auf dem Weltmarkte. Fur Schneidewerkzeuge, Feilen, Sagen und dergleichen ist Sheffield, fiir Scheeren Salisbury, fiir Nahnadeln Redditsch (bei Warwick), fiir mathematische, physikalische und optische Instrumente London, fiir Messingwaaren Bristol u. e. w. sehr vortheilhaft bekannt. Be- riihmt sind durch grossartige Eisengiessereien , Ankerschmieden, Haus- und Ackergerathe und dergleichen Rotherham (in York), die Carron- und Clyde works in Schottland, die Eiaenwerke in Staf- ford, Shrop und besonders in Sud-Wales, dem Sitze der grossen Railsfabrikation fiir die Eisenbahnen der ganzen Erde, sowie dem grossten Blechwerk Englands Crom-Aron; ferners die Kanonen- giessereien zu Woolwich, wohl die grossten auf der Erde. Die Anwendung des Gusseisens von den feinsten Bijouteriewaaren bis zu den grossen Werken der H'auser, Briicken, Treppen u. s. w. hat eine nie geahnte Ausdehnung erreieht. Der grossartige Maschinen- bau beschaftigt allein Uber eine halbe Million Arbeiter. Alle englischen Metallwaaren zeichnen sich durch hochste Vollendung der Arbeit aus, wenn sie bisweilen auch von minder gefalli- gem Style sind, Der Werth der Metallwaaren (mit Ausschluss der Goldwaaren von etwa 3 l / 2 Million ) wird jahrlich auf mindeetens 22 Millionen bewerthet, wovon im J. 1857 im Werthe von iiber 20 Millionen zur Ausfuhr kamen (Messing- und Kupferfabrikate iiber 3, Maschinen 3, 9 , Eisen und Stahl, roh und bearbeitet, iiber 13 V Million ). Die Lederfabrikation hat ebenfalls einen sehr hohen Grad der Vollkommenheit erreieht und wird an Wichtigkeit der Eisen- manufaktur gleichgestellt. Der Werth der jahrlichen Produktion wird auf 18 Millionen geschatzt und die Arbeiterzahl belauft sich uber 50.000. In diesem Industriezweige hat die in Grossbritannien stets wachsende Ausdehnung der technischen Chemie auf prakti- schen Betrieb besonders glanzende Erfolge hervorgebracht , deren Erzielung durch die Abschaffung jeglicher Abgabe vom Leder (im Jahre 1830) wesentlich gefordert wurde. Die englischen Sattler- und Schuhmacherarbeiten sind die am meisten geschatzten auf der Erde und Leder wie Lederarbeiten uberhaupt sind auf dem Welt- markte sehr beliebt. Der Hauptsitz der englischen Lederfabrikation ist Bermondsey (die Ruckstauung derFluth in die Themse liefert reichlich das Wasser), in neuerer Zeit sind ubrigena in der Nach- barschaft vieler Stadte Gerbereien entstanden. Fiir Sattler- und Riemerwaaren sind London und Bristol beruhmt ; mit Schuh- 336 macherarbeit bescbaftigen sich in London, Northamptonshire und Staffordshire fiber s /4 Million Arbeiter und der Werth wird mit 10 Millionen geschatzt. Handschuhe erzeugen Worcester, Woodstock, London, doch wird der inlandische Bedarf nicht gedeckt (Import von circa 2 Millionen Paar, hauptsachlich aus Frankreich). London liefert Luxus- und Galanteriewaaren aus Leder, welche fiich durcb Zweckmassigkeit und Soliditat vor Allen auszeichnen. In dieser Industrie sind ferners bekannt : Oxford, Kendal, Newcastle und Perth (Schottland), Limerick (Irland). Noch in der Mitte des 17. Jahrhunderts bezog Grossbritannien den grossten Theil seines P a p i e r bedarfes aus Frankreich; gegen- wartig decken die 380 Papierfabriken und fiber 800 Papiermfihlen nicht nur den einheimischen Bedarf, sondern exportiren nach Frank- reich und anderen Landern, insbesondere das schone Velinpapier und der Werth der Gesammtproduktion wird iiber 2 Millionen ge- schatzt. Die grossten Fabriken sind in und bei London und Maidstone (in Kent), die meisten in Wales und Hereford, in Manchester, Glasgow, in Irland wenig; in Birmingham grosse Papiermach^-Fabrik. In Papiertapeten leistet England Vor- zugliches, auch die Arbeiten der Londoner Buchdruckereien sind unfibertroffen. Die englische Glasindustrie zeichnet sich durch Grossartig- keit der Fabriken und durch die Erzeugung des schweren Kryst all- glases aus. Die meisten und wichtigsten Glasfabriken sind bei London, Birmingham, Bristol, Edinburgh und Belfast, doch wird auch aus Belgien (grosse Flatten), Bohmen, Nfirnberg und Fiirth (kleine Spiegel) importirt. Spiegelfabriken sind zu Ra- venhead, South-Shields (bei Newcastle), St. Helens (bei Li- verpool), Der Werth der Produktion wird auf 3 Millionen ge- rechnet. Das englische Porzellan kann mit dem franzosischen und deutschen nicht konkurriren und wird feinere Waare importirt (auch aus der kaiserlichen Porzellanfabrik in Wien, das ,,alte Wie- ner-Porzellan"). Worcester, Derby, London, Liver- pool und Chelsea sind die bedeutendsten Fabriksplatze. Wich- tiger ist das Wedgewood-Geschirr*), das beste auf dem Weltmarkte. Der sechs Meilen grosse Distrikt ,,The Potteries" um Stafford, Newcastle, Burslem, vor Allem der Flecken Etruria ist mit Fa- briken angefiillt, deren Produktionswerth fiber 3 Millionen betragt, wovon an 40% ausgefiihrt werden. Die Seifenfabrikation steht unerreicht da und die 3000 Siedereien nebst 70 Grossparfu- meurs erzeugen fiber 2 Millionen Zentner, wovon grosse Mengen exportirt werden. Das beste Fabrikat lief ern Windsor, Edinburgh, Glasgow, London, Bristol und Hull. Auch die Stearin- kerzen-Fabrikation wird grossartig betrieben, besonders in Vaux- hall. Die grossten Z uck erraffine ri en sind zu London, Bristol, Liverpool und Edinburgh. Auf den britischen *) NachJosuah Wedgewood, der die Topferei vervollkommnet hat, so genannt. (Geboren 1730 f 1795. Der Begrfinder von Etruria.) 387 Inseln ist der grosste Zuckerverbrauch in Europa; von dem Gesammt- import auf sammtlichen europaischen Hauptmarkten (im Jahre 1853) von circa 1395 Millionen Pfund, entfielen auf Grossbritannien fast 760 Millionen Pfund; im Jahre 1857 betrug die Einfuhr an Roh- zucker fast 840 Millionen Pfund ; die Rube nzuckererzeugung wird im Mittel auf beilaufig 5000 Zollzentner jahrlich geschatzt. Nebst dieseu Hanptindustrien verdienen noch vielerlei Fabrikate die Be- achtang, da sie grosse Geldsummen in Bewegang setzen uud auf dem Weltmarkte Geltung haben. In der Tabakfabrikation ragen Liverpool und London hervor; der Import betrug im Jahre 1857 an rohem Tabak iiber 42, an fabricirtem 1., Millionen Pfund; vom ersteren wurden etwa nur 25/ , vom letzteren an 60% wieder ausgefiihrt ; Verarbeitung und Bedarf sind also im Lande sehr bedeutend. Hochst bedeutend ist die Bierbrauerei (dnnkles Bier Porter, belles Ale). Porter wird am starksten in London in den grossartigsten Brauereien (von Barklay- Perkins und Eeid) gebraut, im Ganzen bestehen im vereinigten KOnigreiche wohl an 44.000 Brauereien. Die grOssten Branntweinbrennereien sind in London und Edinburgh, doch ist der Rhum- und Branntweinverbrauch in der Abnahme. Vorznglichen Ruf geniessen endlich: die Gold- und Silberarbeiten von Lon- don und Brimingham, die mathematischen und physikalischen Instru- mente von London, Staatswagen von London, Dublin, Southampton, Uhren von Coventry, Prescot, Edinburgh und London, Bleistifte von Keswick und Lon- don, Bnchdrucker- und Buchbinderarbeiten von London, Oxford und Edin- burgh u. s. w. Im Schiffbau steht es gleichfalls an der Spitze aller Nationen und die grossartigsten Anstalten sind hiefiir sowie fiir Schiffsgerathe in Sunderland, London, Portsmouth, Chatham, Bristol, Aberdeen, Hull etc. Der Maschinenbau in Manchester, Birmingham, Ol- denham, die Fabrikation zur Forderung des gesammten Seewesens in London und Liverpool, stehen ebenso hoch auf dem Weltmarkte als die Industrie in Webe- und Wirkwaaren und in sonstigen Me- tallwaaren. Die Grosse Grossbritanniens in Hinsicht auf Urproduk- tion und Industrie zwingt zur Bewunderung der unermesslichen Erfolge, welche Intelligenz, Thatigkeit und Ausdauer zu erringen vermogen. Handel. Der Handel Grossbritanniens, ein Welthandel im weitesten Sinne, ist nicht minder kolossal als die Industrie; er ist der ausgedehnteste auf der Erde. Nach alien Landern der Erde werden englische Erzeugnisse ausgefiihrt, mehrere Lander werden ausschliesslich von Grossbritannien mit Gewerbs- und Kunstprodukten versehen. Auf alien Meeren schwimmen britische Handelsschiffe, in alien Theilen der bewohnten Erde haben die Briten Niederlassun- gen begriindet, oder vortheilhafte Handelsverbindungen angekniipft; die Hebung und Ausdehnung des Handels ist das unverriickbare Ziel im Privat- wie im Staatsleben; dem Handel verdankt Gross- britannien seine Grosse und Macht. Die Ursachen des ausserordentlichen Handelsverkehrs nach a u s s e n liegen in der Thatigkeit und dem Unternehmungsgeiste des Volkes, in der gunstigen Lage und Kiistengestaltung des Landes, in der grossen Menge tiefer und geraumiger Hafen (an 72 ersten Ranges) und auswartiger Besitzungen, in der Fiirsorge, welche die Regierung der Industrie und dem Handel stets zuwendet , in dem Schutze, welchen der Handel theile durch weise Gesetze, theils durch eine machtige Kriegsflotte geniesst, in der Menge von Handels- und Assekuranzgesellschaften, nebst offentlichen und Privatbanken (gegen 300), welche einen niederen Zinsfuss ermoglichen, grossartige Unternehmungen unterstiitzen und Sicherheit dem Besitze gewahren. Auch der innere Handel kennt keinerlei Hemmnisse, sondern nur Erleichterungen. Die gliickliche Vertheilung und Schiff barkeit der Fliisse, die vortreff lichen Landstrassen fast nach jedem Dorfe oder Meierhofe, das ausgedehnte Kan al system*), die ausserordentlich lebhafte Dampfschiffahrt, die grosse Menge von Eisenbahnen**) und Telegraphenlinien ***) befordern den inneren Handel in alien Bezie- hungen. Die wichtigsten Platze fiir den Binnenhandel sind: London, Birmingham, Manchester, Leeds, Sheffield, Glasgow, dann Salisbury (Viehmarkt), Northampton (Pferdemarkt), Cambridge und Canterbury (Hopfenmarkt) , Newcastle (Ledermarkt) , Waterford (Handel mit Butter und Pockelfleisch). Der auswartige Handel G rossbritanniens ist in der Einfuhr und Ausfuhr sowohl von den einheimischen industriellen Verhaltnissen, als von den Zustanden der iibrigen europaischen und aussereuropaischen Lander abhangig. Unterliegt er auch vielfaltigen Schwankungen , welche durch die allgemeine politische Weltlage und durch die veranderten Kulturverhaltnisse der Volker erzeugt werden; so ist der Verkehr in den letzten 40 Jahren doch im Allge- meinen ein stets steigender, wenn auch momentan Riickschritte ein- treten. Die Einfuhr artikel gehoren unter zwei Hauptkategorien : a) Rohstoffe, welche von der englischen Industrie verarbeitet werden, b) die Konsumtionsgegenstande, Unter den ersten steht obenan die Baumwolle (iiber 9 Mil- lionen Zentner im Werthe von 29 '/ 3 Millionen ) , von der zwei Drittel der Einfuhr auf Nordamerica und Brasilien, und ein Drittel auf Ostindien entfallen. Dann rohe und filirte Seide (iiber 12 Millionen Pfund [Geldwerth an 14 % Millionen ]) , wovon an drei Fiinftel auf China, der Rest auf Ostindien und Egypten kommen. WollejlSO Millionen Pfund [Geldwerth 9 2 / 3 Millionen ]) bezog es zumeist aus Australien (49 Millionen Pfund) , dann aus seinen Kolonien (Ostindien 19 , Kap 14) , ferner Siidamerica (9 M illionen Pfund); Europa (Deutschland, Russland, Spanien) schickte nur mehr 30 Millionen Pfund Wolle dorthin, wahrend es friiher fast aus- schliesslich die britischen Markte versah. Grossbritannien strebt darnach, die Rohprodukte fur seine Industrie nach Moglichkeit aus *) Die Lange der Kanal s ch if fahrtbetragt in England und Wales 2300, die Flu ss- schiffahrt 2100 englische Meilen; in Irland sind bloss 300 englische Meilen Ka- nale, und mit den schiffbaren Flussen kaum 500 englische Meilen innere Wasser- strassen. **) Das britische Eisenbannetz nmfasste am Ende des Jabres: 1830 1840 1850 1856 1857 1858 31 1300 6621 '8635* loTsT 9506 Meilen (engl.) mit (1857) 500 Lokomotiven, iiber 150.000 Waggons und einem Aktienkapital von 387,051.735 . ***) Telegrapbenlinien besass es (am Schlusse des Jahres 1857) 5637 engli- sche Meileu mit 29.498 Meilen Lange Draht. 829 seinen Kolonien zu beziehen und dorthin sowie nach alien iibrigen Landern seine Fabrikate abzusetzen. Mit der Steigerung der Pro- duktion von Rohprodukten steigert sich in den Kolonien auch die Konsumtionsfahigkeit fiir Fabrikate des Mutterlandes ; daher der Verkehr in dieser Richtung ein stets wachsender 1st. Das vierte wichtige Rohprodukt, welches hauptsadhlich aus Russland bezogen wird, ist Flachs (Geldwerth 3 l / ? Millionen ) und Hanf (fast 2 Millionen ), an das sich die Einfuhr roher Haute (Geldwerth fast 4 T / 2 Millionen ) anschliesst. An diese schliessen sich die Farb- und Hilfsstoffe an: Indigo, Krapp, Talg, Palmen- und Cocosnussol, Salpeter u. s. w., fiir welche London und Liverpool Hauptmarkte sind, und die grosstentheils aus den Kolonien bezogen, in grossen Mengen wieder ausgefQhrt werden. Die Einfuhr von K ons umtionsgegen s tanden steigt zum Theil im Verhaltnisse zum steigenden Wohlstande der Bevolkerung und deren grosseren Bedurfnissen, zum Theil ist sie abhangig von den schwankenden Ernte-Ergebnissen in Grossbritannien. Die Ein- fuhr von Getreide, insbesondere von Weizen, steigt fast jahrlich und schwankte in den letzten Jahren zwiachen 8 und 9 Millionen Quarter, jene von Mehl zwischen 2 und 2 l / 2 Millionen Zentner. Bis zum Jahre 1815 hatte dieser Import nur zweimal den Werth von 2 Millionen uberstiegen , im Jahre 1857 erreichte er schon die Hohe von iiber 1 9 T / 3 Millionen , und findet aus den Ostseelandern, Russland undNordamericastatt. AnRoh-undRaf f inadzucker wurden (1857) nahe an 10 Millionen Zentner im Werthe von 1Q 1 / Z Millionen eingefilhrt; auch der Import von Thee (64 '/ 2 Millionen Pfund, Werth 4% Millionen ), Wein ( 10 1 / 3 Millionen Gallons*), Werth iiber 4 Millionen ), und S pirituos en (10 V 2 Millionen Gal- lons, Werth fast 3 Millionen ) ist in den letzteren Jahren gestie- gen; dagegen ist jener von Kaffee in den letzten Jahren fast auf die Halfte herabgesunken (nahe an 59 Millionen Pfund, Werth ! 3 / 5 Mil- lionen ), Die gesteigerte Einfuhr obiger Artikel hat ihren Haupt- grund in der gesteigerten Konsumtion in Grossbritannien selbst, ob- wohl sich aucih die Ausfuhr fremder Produkte seit Anfang dieses Jahrhunderts bis 1857 mehr als verdoppelt hat (von 11% auf 23 V, Mil- lionen ). Der wirkliche Gesammtwerth der Einfuhr belief sich im Jahre 1857 auf nahe 187% Millionen (deklarirter Werth etwa 144 Millionen ). Bei der Ausfuhr Grossbrit anniens nehmen die Baum- wollwaaren mit 39 Millionen , von denen 30. 4 auf Fabrikate, und 8.7 ^auf Garn entfallen, den ersten Rang ein. Der Export in diesem Zweige hat absolut zwar zugenommen (von 3 1V 2 Millionen im Jahre 1854 auf 39 Millionen im Jahre 1857); relativ, das heisst imV erhaltnisse zum Gesammtexpor t, findet jedoch ein entschiedener Ruck gang statt; denn friiher (1820 1830) reprasentirte dieser Artikel weit mehr als die Halfte der Gesammt- ausfuhr britischer Erzeugnisse, wahrend er jetzt nicht ganz ein Drittel derselben ausmacht. Dieser Ruckgang findet seinen Grund in den *) (Imperial Gallon a 4 Quarts, a 2 Pints ; 100 Gallons 321 Wiener Mass.) grossen Fortschritten, welche die Baumwollindustrie auf dem Kon- tinente und in Nordamerika gemacht hat, und statt Ganzfabrikate auszufuhren, muss es sich auch mit dem jahrlich steigenden Export der Halbfabrikate begniigen, Nur in der Spinnerei behauptet es den ersten Rang. Nachdera ein bedeutender Theil der bisherigen Absatzmarkte verloren gegangen, hat England neue gesucht und gefunden; denn in den letzten Jahren (1857 und 1858) vermehrt sich die Ausfuhr von Baumwollfabrikaten nach Ostindien und China ausserordentlich. Die Ausfuhr von Wollmanufakten ist in Zunahme, dessgleichen jene der englischen Schaf- und Lammwolle, und des Wollengarnes. Nach Nordamerica ist zwar der Export bedeutend geringer als frii- her, dagegen steigert er sich nach Ostindien, Australian und den iibrigen Kolonien, Auch der Export von Leinenwaaren (4. 5 Mil- lionen ) und Leinengarn (l. c Millionen ) hat sich in den letzten 25 Jahren verdoppelt, die Fabrikate Irlands bestehen jede Konkurrenz siegreich auf dem Weltmarkte. Die Ausfuhr von Roh- eisen und Eisenf abrika ten hat sich in dem Masse vergrossert, dass sie nur jener von Baumwollwaaren nachsteht. Auch die iibrigen Bergwerksprodukte und Metallfabrikate, Kupfer und Messing, Zinn nebst den daraus verfertigten Fabrikaten sind in progressivem Steigen, besonders Messing- und Kupferfabrikate (im Jahre 1825 nur 500.000 , im Jahre 1857" dagegen iiber 3. x Millionen"[) und Zinn und Zinnwaaren (1825 nur 300.000 , im Jahre 1857 iiber 1 T / 2 Mil- lionen ). Relativ die grosste Steigeruug aber findet sich bei Steinkohlen (1825 etwa T / 4 *Million, im Jahre 1857 iiber 3 '/ 5 Mil- lionen ). Die, englischen" Z u c k'e r'r a f f i n e r i e n mussten hingegen der Konkurrenz des Festlandes' weichen, insbesondere seit der gross- artigeren Entwickelung der Riibenzuckerfabriken. Das Fallen des Exportes ist seitdem jahrlich starker, denn im Jahre 1856 bezifierte sich die Ausfuhr der Raffinade noch mit etwa 117.000 , im Jahre 1857 nur mehr 57.000 . Hervorhebung verdienen noch unter den britischen und irischen Erzeugnissen (im Jahre 1857) Kleidungs- stiicke und Modewaaren (6 Millionen ), kurze Waaren (4 Millionen ), Seidenwaaren (3 Millionen ), Leder- und Lederwaaren (2. 3 Mil- lionen ), Bier und Ale (circa 1. Millionen ) und irdene Waaren (1. 5 Millionen ). Der deklarirte Werth der britischen Aus- fuhr betrug im genannten Jahre uber^l45. 3 Millionen . Der wirk- liche Werth von (gemiinztem und ungemiinztem) Gold betrug iiber 15, von Silber iiber 18 */ 2 Millionen ), und der deklarirte der in den Hafen Grossbritanniens umgeladenen fremden Waaren iiber 4 l / 2 Millionen . Die wichtigsten Absatzlander waren im Jahre 1857: In Europa: Hansestadte (9.,), Holland (6. 4 ), Frankreich (6.4), Turkei (3.,), Bussland (3), Spanien (2), Belgien (l 3 / 4 ), Preussen (! 3 / 4 ), Hannover (l 2 / g ), Sardinien (1. 7 ), Danemark (1 Million ). Ausser Europa: Vereinigte Staaten (19'/,)i Brasilien (5'/ 2 ), China (I 1 /*), Chile (I 1 /,)' Buenos Ayres (l'/J, Peru (l'/ s Million ). Britische Besitzungen: Ostindien (13), Australien (11 2 / S ), Canada (4 '/). Capland (l'/ s ), Westindien und Guyana (2'/ s Millionen ) u. s. w., DerUmfang der Schiffahrt sbewegung ist stets durch den 381 Umfang der Ein- und Ausfuhr bedingt, und die Schwankungen sind erklarbar. Anders verhalt es sich mit der Rhederei und es ist nicht zu laugnen, dass in der letzten Zeit in der englischen Rhe- derei ein Stillstand eingetreten ist, welcher jedoch die auftauchenden Beeorgnisse eines Verfalls ebenso wenig rechtfertigt, als die hie und da befurwortete Beschrankung der fremden Flagge. Die eng- lische Rhederei ist sicherlich jeder Konkurrenz gewachsen. Die britische H a ndelsmari ne zahlte im Jahre 1857 mit Ausschluss der Kolonien : Segelschiffe 24.480 Tonnengehalt 3,981.494 Dampfschiffe 1697 , 386.462_ Zusammen 26M77 Sehiffe, 4.367.956 mit circa 200.000 Mann britische Kolonien . 8874 , , 799.351 , . 50000 35.051 , 5,167.307 ~ 250.000 Gebant und registrirt warden im genannten Jahre 1278 Schilie (228 Dampf- schiffe) mit fiber 250.000 Tonnen. Die Preise der neuen Schiffe sanken in den letzten Jahren urn 10 bis 15%. In die britischen Hafen waren (im Jahre 1857) 32.693 Schiffe mit 8,732. 180 Tonnen ei ngelauf en und 44. 401 Schiffe mitlO,340.399 Tonnen ausgelaufen, wobei die fremde Flagge von Jahr zu Jahr starker betheiligt ist. Der Verlust an Schiffen zur See iiberstieg im genannten Jahre nicht die durchschnittliche Zahl in den letzten Jahren und betrug 2002 Schiffe. Unter den F orderungsmi 1 1 ein des Handels nehinen etwa 300 Bank en eine hervorragende Stelle ein ; darunter die B a n k von England, die konigliche Bank und die Bank von Schottland, die National- Bank von Schottland, die Bank von Irland, die London- und Westmiinster-Bank u. s. w. Ferners die Sparkassen*) unddiegros- sen Handelsgesellschaften, unter welchen die ostindische, die afrikani- sche, die russische, die levantische, die Sudsee-, Hudsonsbai-, Ostsee-, Sierra Leone- und die Hamburgergesellschaft die bedeutendsten sind. Geistige Kultur. Bei allem Reichthume Englands sind die Unterrichtsanstalten noch immer mangelhaft und unzureichend. Fur die Volksbildung ist im Allgemeinen noch immer zu wenig gesorgt, viele Tausende wachsen ohne alien Unterricht auf, Hunderte von Ortschaften sind ohne Schulen; die meisten Dorfschulen sind Pri- vatunternehmungen, wo bezahlt werden muss, und der Arme schickt seine Kinder ohne Schulunterricht in die Fabrik. In neuester Zeit wird durch Privatgesellschaften , welche Schulen fur Arme und Sonntagsschulen in den Fabrikstadten griinden, ausserordentlich viel geleistet. Allerdings ersetzen einige andere Institutionen im 6'ffent- lichen und Gemeindeleben Manches, was die Schule versaumt, und dem strebsamen Geiste bieten Vereine und Bibliotheken mehrfache Gelegenheit zur Ausbildung. Besser ist das Unterrichtswesen in Schottland bestellt, wo in jedem Kirchsprengel Schulen bestehen; Irland dagegen ist ebenfalls hierin den germanischen Staaten des Kontinents weit zuruck. Auch die Mittelschulen und Universitaten (zu Oxford, Cambridge, Edinburgh, Glasgow, Aberdeen, St. Andrews, Dublin) konnen sich mit den deutschen und flsterreichischen nicht *) Bestand im Jahre 1843 27,177.315 . 1857 ...35.108.596 messen. Konigliche Schulen gibt es uberhaupt wenige und sind in der Regel kostspielig; der bei Weitem grosste Theil der Lehranstalten sind Privatschulen und Pensionsanstalten ohne offentliche Aufsicht. Wohlhabende Leute geben ihren Kindern gewohnlich hauelichen Unterricht. An grossen Mannern in alien Zweigen der Wiesen- schaft und Literatur hat iibrigens England eine erfreuliche Anzahl, zumeist in den physikalischen und technischen Wissenschaften. Na- mentlich steht diese Nation in der Technik gross und uniibertroffen da. Die Anwendung der enormen Resultate in den gesammten Na- turwissenschaften auf die Industrie hat hier weltumwalzende Erfin- dungen zur Folge gehabt. Die geographischen Entdeckungsreisen sind bei keinem Volke Europas so zahlreich, und deren Einfluss auf Ausdehnung der Handelsverbindungen und der Industrie so erfolg- reich; keine Nation hat eine solche Menge ausgezeichneter Staats- manner, Seehelden, denen tiefe Denker und umfassende Gelehrte wiirdig zur Seite stehen. Die englische Literatur zeichnet sich in Poesie aller Gattungen und in Geschichtschreibung aus ; dagegen besass es bis jetzt nur wenig hervorragende Kiinstler. Der Aufschwung, in welchera alle Verhaltnisse und Zustande des Reiches begriffen sind, verbiirgt den Fortschritt in Wohlstand, wie in Sitte und Kultur uberhaupt. XI. Das KOnigreich Daneutark (mit den Herzogthiimern Schleswig, Holstein und Lauenbarg). . 146. 3120QMeilen; 2,915.000 Einwohner;*) das K6nigreich bewohnen Danen, die Herzogthfimer Deutsche; fast ausschliesslich Protestantea. Bestand- theile: 1. der danische Archipel in der Ostsee, 2. die Halbinsel Jutland, 3. die FarOer-Inseln, 4. die Insel Island, 5. die Kolonien. Untheilbare, kon- stitutionelle Erbmonarchie, die Thronfolge ist im Gesammtstaate in der mannlichen Linie des latherischen Hauses Danemark (oldenbnrgischer Stamm), nach deren Aus- sterben succedirt Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderbnrg-Glucksburg und dessen mannliche Nachkommenschaft. Oberflache. Die Halbinsel Jutland gehort dem nordeuro- paischen Tieflande an. Langs der Ostkiiste zieht sich ein niederer QMeilen Einwohner *) A. KOnigreich Danemark: 696^ l^bTuXJO B. Die Herzogthumer: a; Schleswig 167 QM., 396.000 Einw. b) Ilolsteiu 155 524.000 c) Lauenburg . . . 19 50.000 341 970.000 C. Beilander 2083 120.000 (FarSer, 17 bewohnte Inseln, 24 n M -> 8650 Einw., Island 1867 QM., 65.000 E.' Gronland 186 QM., 9400 E.; in Westindien: St. Croix 3'/ s QM., 23.000 E., St. Thomas I 1 /, QM,, 12.500 E., St. Jean 1 QM., 1800 E.) Die Gesammtzahl der Bev6lkerung aller zu Danemark gehorigen Lander betrag nach dem k5niglich daaischea Hof- uai Staatskalender fiir 1359 am 1 Februar 1S59 beilaufig 2,915.000 Seelen. 883 Landrucken (200500') bis zur Nordspitze (Kap Skagen), dessen hochster Pimkt, der Himmelberg, nur etwa 500' hoch ist; das Innere des Landes ist zum grossten Theile Haideland, und langs der Westkiiste finden eich Marschen durch Dunen, welche auf weite Strecken durch Deiche gegen die Meereswellen geschiitzt sind. Ins- besondere iet in Holstein langs der Elbe und Nordsee fruchtbares Marschland (Dithmarschen) mit kostspieligen Deichen. Die I n s e 1 n in der Nordsee sind flach , hochstens hiigelig , an den Siidkiieten von Seeland, Fiinen undMSen erheben sich 400' 500' hohe, schroffe Kreidefelsen und Klippen , nur Bornholm und die Ertholme sind Gebirgsinseln. Die Fa roe r sind kahle, baumlose , bis iiber 2000' hohe Felseninseln aus vulkaniscben Gesteinen bestehend. Island ist nur an den Kiisten, welche von vielen, tiefeingreifenden Buchten (Fjorden) durchschnitten sind, bewohnbar; nur hier finden sich Weideplatze und von Baumen die Birke. Das Innere der In- sel ist eine schauerliche Einode. Kahle, bis 6000' hohe Berge, die von 2500' an mit ewigem Schnee bedeckt sind, Gletscher, die bis zum Meere hinabreichen , schroffe Felsen , ode Hochflachen , tiefe Thaler, reissende Bergstrome , gegen 30 Vulkane (Hekla 5200'), Schwefelflachen und heisse Quellen (die beiden 80' 100' hoch auf- steigenden Geise r) geben der Insel ein eigenthiimliches wildes Aus- sehen. Die meisten und langsten Flusse miinden an der Nord- und Sudwestkuste. Das Inselklima ist hier verhaltnissmassig nicht sehr rauh, besonders im sudlichen Theile. Jutland wird vom Skagerak und dem Kattegat bespiilt. Aus dem letzteren fiihren der Sund (zwischen Schweden und See- land), der gross e Belt (zwischen Seeland und Ftinen) und der kleine Belt (zwischen Fiinen und Jutland) in die Ostsee. Das Land hat keine bedeutenden Flusse, ausser die Eider, welche Holstein von Schleswig trennt und durch einen Kanal die Oatsee mit der Nordsee verbindet (aus dem Kieler Busen durch den Flem- huder-See bis Rendsburg) ; aber viele Bache, zahlreiche, meist kleine Seen und salzige Strandseen in Jutland, viele Torfmoore, Siimpfe und Moraste. Im Allgemeinen ist ein nebliges, feuchtes und un- bestandigea Kustenklima, ohne grosse Temperaturunterschiede, in den einzelnen Landestheilen vorherrschend. Politische Eintheilung. Das . eigentliche Danemark wird in sieben Stifte eingetheilt, deren drei auf die Inseln: Seeland, F ii n e n und Laaland-Falster und vier , niimlich : A a 1- borg, Viborg, Aarhuus und R i b e oder Ripen auf Jutland kommen. 1. Stift Seel and (bestehend aus den Inseln: Seeland, Amak, Moen, SamsOe; Bornholm und die drei Ertholme): Kopenhagen (144000), Helsingor (mit der Festung Kronborg), Roeskilde, Leire. 2. Stift Fiinen: a) Insel FGnen: Odensee (11.000), Nyebork, b) Insel Langeland: RndkiSbing. 3. Stift Laaland-Falster: a) Insel Laaland: MaribSe (15.000), b) Insel Falster: Nykjobing. 4. Stift Aalborg: Aalborg (8000), Frederikshaven, Skagen, Insel Lacssoe im Kattegat. 5. Stift Viborg: Viborg (4000), Skive. 6. Stift Aarhuus: Aarhuus (8000), Banders. 334 7. Stift Kibe: Ribe (in einer Exklave in Schleswig, 3000), Fridcricia, Kol- ding, RingkiObing. Herzogthum Schleswig: Schleswig (12.000, Eckernforde, Flensburg (16.000), Apenrade, Hadersleben, Tondern, Husum, Tonningen, Friedrichsstadt. Bewohnte Inseln (an der OstkOste): Alsen (Augustenburg, Sonderburg), Arroe, Fehmern ; (an der Westkiiste) : RomQe, Sylt, Fohr, Pelworn, Nordstrand etc. Herzogthum Holstein: GlQckstadt (6800), Altona (40.000), Kiel (16.000), Rendsburg, Itzehoe, Oldesloe, Meldorf, Heide, Neustadt. Herzogtham Lauenburg: Ratzeburg, Lauenburg. Die Far8er- Inseln. Von der aus etwa 25 Inseln bestehenden Gruppe sind 17 bewohnt. Hanptort: Thorshavn (800) auf Stromoe. Island: Reykjavik (1000). Niederlassungen in GrSnland: Julianenhaab, Christian shaab u. a. m. Die westindischen Inseln: St. Croix, St. Thomas, St. Jean. Knltnrverhaltnisse im Allgemeinen. Danemark ist im Ganzen ein Ackerbau treibender Staat; die Landwirthschaft und Fischerei sind die wichtigsten Nahrungs- zweige der Bewohner. An zwei Drittel der Gesammtflache sind Ackerland und Marschboden, nur ein Sechstel entfallt auf das Haide- land und den Flugsand. Sehr viel Getreide, besonders Korn, wird in den Herzogthiimern , auf Laaland und Falster, zum Theil auch auf Funen und Seeland gewonnen, wovon , sowie an Hiilsen- fruchten und Oelpflanzen, ansehnliche Mengen exportirt werden. Der Obstbau ist nicht bedeutend, auch Tabak, Hopfen, Flachs und Hanf sind nicht in ausreichender Menge vorhanden. Den Mangel an Holz deckt der Ueberfluss an Torf; getrocknetes Seegras wird theils als Brennmaterial beniitzt, theils wird es ausgefiihrt. Mit grosser Sorgfalt wird die Viehzucht betrieben. Das be^te Rindvieh wird in den Marschen von Holstein gezogen (Eiderstadter Kiihe in Schleswig), Holsteiner Butter und Kase werden sehr geschatzt ; vorziigliche Pferde in Holstein und Schleswig, kleiner aber kraf- tiger ist der Schlag in Jutland, auf Fiinen und Seeland. Pferdemarkte werden zu Husum, Tonningen, Friedrichsstadt (Schleswig) und Itzehoe (Holstein) gehalten. Die Schafzucht ist verhaltnissmassig am starksten in Schleswig und auf den Faroer-Inseln, obwohl noch wenig veredelt. In Jutland und Schleswig ist die Schweinezucht sehr in der Aufnahme. Ungemein stark ist die Gansezucht, Eider- ganse auf Bornholm, Island uud den Faroern. Die Ausfuhr von Schreib- und Flaumfedern sowie von Eiderdunen ist betrachtlich. Von grosser Bedeutung ist die Fischerei und Norddeutschland bezieht aus Danemark einen grossen Theil von Haringen (Aalborg, Altona), Biicklingen (Kiel), Austern und Hummern. An der Kiiste von Jutland wird der Stockfischfang betrieben, Altona, Gliickstadt, Flensburg und Kopenhagen senden auch auf den Wallfisch- und Robbenfang an die Kiisten Gronlands aus. Der Bergbau ist kaum nennenswerth, indem das Land keine M eta lie, wenig Quellsalz (Oldsloe in Holstein), aber viel Seesalz und wenig Steinkohlen besitzt ; dagegen werden Porzellanerde, Bau- und Miihlsteine auf Bornholm, und an vielen Or ten Torf gewonnen. Moen und Nordjiitland liefern viel feine Kreide. Die gewerbliche Industrie ist von geringem Belange. Das eigentliche Fabrikswesen beschrankt sich auf wenige Orte, als: 835 Kopenhagen, Altona, Kiel, Flensburg; das Kleingewerbe ist 2iem- lich verbreitet und sorgt fur die Bediirfnisse der Heimat. Kein Industriezweig ist so hervorragend, dass er eine Konkurrenz mit den eigentlichen Industriestaaten aushielte. Relativ am grossten sind die Zuckerraffinerien und Tabakfabriken in den genannten Stadten, welche iiberdiess auch Tuch und Woollen zeuge, Leinwand, Segeltucb, Tauwerk, Wachstuch, Kattune, Seidenzeuge, Leder und Lederwaaren (danische Handschuhe zu Odensee und Randers), Pa- pier u. s. f. erzeugen. Grosse Bierbrauereien sind in Altona, sehr viele Branntweinbrennereien in alien Theilen des Reiches und viel Oelmiihlen in den Herzogthiimern ; Eisengiessereien und Maschinen- bau haben Kopenhagen und Kiel; die Fabrikation von Eisen- und Stahlwaaren, Glas, Porzellan, Steingut deckt bei Weitem nicht den Bedarf. In Kopenhagen, Kiel, Altona und Flensburg ist der Schiff- bau ziemlich erheblich. Auf den Faroern und auf Island ist die Wollweberei und Strickerei (Handschuhe, Strumpfe, Jacken) als haus- liche Nebenbeschaftigung erwahnenswerth, Die geographische Lage Danemarks ist fur den Handel gun- stig, insbesondere die Verbindung zwischen der Nord- und Ostsee. Hat der Handel auch die ehemalige grosse Bedeutung als Welt- handel eingebiisst, so ist er noch immer ansehnlich sowohl mit den nordischen Staaten, als mit Amerika, den beiden Indien, Frankreich und England. Nebst dem Eigenhandel ist der Kommissions- und Speditionshandel von grosser Ausdehnung. Die wichtigsten Orte in kommerzieller nnd industrieller Beziehnng sind : Kopenhagen, welches ein Drittheil des gesammten Handels umfasst, und durch Dampfschiffahrt mit Schweden und Norwegen, Kiel, Lubeck, Stettin nnd den danischen Inseln verbunden ist. Von den harten Schlagen zu Anfang dieses Jahr- hunderts hat sich die Stadt grosstentheils erholt. Mehrere Assekuranzen, die Bank, B6rse, Schiffswerften, Docks, grossartige Magazine und Waarenhauser fSrdern den Handel. Den Hafen besuchen jahrlich an 2000 Schiffe. Altona verdankt seine Wohlhabenheit der grossen Betriebsamkeit, der Nahe Hamburgs und den Freihanclels- Kivilegien, wodurch es zur zweiten Handelsstadt des Reiches sich erhoben hat. In elsingttr wnrde bis zum Jahre 1857 von den vorbeisegelnden Schiffen (jahrlich an 16.000) der ..Sundzoll" entrichtet, welcher jahrlich an 2 Millionen Thaler ein- brachte, aber um 30 Millionen Thaler fur immer abgelost worden ist. Kiel hat einen der vorzuglicbsten Hafen in Enropa, der die grOssten Flotten sicher nnd beqnem zu bergen vermag ; doch hat der Handel nicht die entsprechende Ausdehnnng und Grossartigkeit. Regelmassige Dampf-Packetbootfahrten zwischen Lubeck, Kopenhagen nnd den Ostseehafen unterstutzen den Verkehr. Die Spedition und der Transit zwischen Hamburg und Kopenhagen ist gleichfalls bedeutend. Flensburg unterhalt Verbindungen mit Russland nnd Westindien, sowie mit Island. Zur Ausfuhr bringt es Vieh, Haute, Getreide, Riibsamen und Branntwein, und sendet auf den Wallfisch- und Robbenfang nach Gronland aus. Als Verkehrsplatze sind noch bekannt: Aalborg (Getreide- und Haringshandel), Viborg (mit einer Messe), Aarliuus (Handschuh-Handel), Glttckstadt, Schlcswig, Friedrichshafen, Toningen. In der geistigen Kiiltur ist die Bevolkerung weit vorgeschrit- ten, selbst auf den Faroern und auf Island konnen fast alle Be- wohner lesen und schreiben, weil auf diesen Inseln jeder Hausvater am Abend seine Kinder zu unterrichten pflegt Das bffentliche Unterrichtswesen ist im Ganzen gut bestellt, unter den deutschen Stadten, welche zu Danemark gehoren, nimmt die Universitatsstadt Kiel den ersten Rang ein; fur die Danen ist Kopenhagen der Mit- telpunkt des technischen, kommprziellen und geistigen Lebens. Von 336 den danischen Gelehrten und Schriftstellern gehoren mehrere der deutschen und danischen Literaturgeschichte an, da sie in beiden Sprachen geschrieben haben ; auf alien Gebieten wissenschaftlicher Thatigkeit finden wir bedeutende Manner, welche diesem Lande angehoren. XII. Die Kdnigreiche Schweden und \or wegen. . 147. 13803 QMeilen; 5,074.000 Einwohner*) (Schweden: 8002 3,640.000 Einwohner; Norwegen: 5800 DMeilen, 1,434.000 Einwohner. Insel Barthelemy in Westindien 1 nMeile, 15.000 Einwohner). Die Hauptbewohner der skandinavischen Halbinsel sind germanischen Stammes, Schweden nndNorweger; im Norden wohnen die Lappen (auch Finnen fl Fjallrnan tt genannt), dem Stamme der Samojeden angehorig. Fast ausschliesslich Lutheraner. Beide Reiche sind unter einem K6nige vereinigt, und bilden eine konstitutionelle Erbmonarchie in der lutherischen Familie Bernadotte. In Norwegen wird der Konig dnrch einen Reichsstatthalter vertreten. Boden. Die ekandinavische Halbinsel gehort iiberwiegend der Form des Hochlandes an , namentlich ist der Westen und Norden ven einer zusammenhangenden Gebirgsmasse erfiillt, welche im Westen so sehr steil zum Meere abfallt, dass an der Kiiste des atlantischen Oceans nur wenig Stellen anbaufahig sind ; gegen Osten und Siiden ist der Abfall allmalig, zum Theil terrassenformig, von zahlreichen parallelen Hauptthalern in siidostlicher Richtung durch- schnitten. Die am meisten ebenen Flachen sind im siidostlichen Theile Schwedens. Wahrend in Norwegen mehr als die Halfte des Landes eine absolute Seehohe von mehr als 2000' hat, iibersteigt in Schweden kaum ein Zwolftel des Landea diese Hohe , und mehr als die Halfte Schwedens hat eine Seehohe von nur 300 bis 900'. Schon diese vertikalen Verschiedenheiten und deren Einfluss auf die Temperatur beweisen die giinstigeren agrikolen Verhaltnisse Schwedens. Jene Gebirgsmasse hat keinen Gesammtnamen , son- dern die einzelnen Partieen heissen: im Norden das lap pi and ische Gebirge, dann die Kjolen, gegen Siidwesten das Dovrefjeld, gegen Siiden das Long fj eld; dazu kommen viele Lokalbenen- nungen. Im Ganzen hat das Gebirge alpine Natur, nicht so sehr wegen der vertikalen Erhebung als wegen der horizontalen Aus- dehnung gegen Norden. Im Dovrefjeld beginnt die Schneelinie bei 5000', in den Gebirgen Lapplands schon bei 2800', und an der Seeseite immer um einige Hundert Fuss friiher als an der Ostseite. Daher ist der grosste Theil der Berge mit ewigem Schnee bedeckt ; Lawinenstiirze sind haufig und Gletschermassen eteigen bisweilen *) Schweden und Norwegen gehSren zu den am dfinnsten bev6lkerten Staaten Europa's. In Schweden leben im Durchschnitte auf Einer Q Meile 455, in Nor- wegen 256 Bewohner. In Schweden variirt die relative VolkszahJ von 3200 bis auf 41, in Norwegen von 1742 bis auf 42 Menschen auf 1 Q MeiIe - Schweden hat 90 Stadte, Norwegen 40, der bei weitem grfisste Theil der Bewohner entfallt auf die Landbevolkerung. tief herunter. Die Regionen der Nadelholzer und Birken reichen ziemlich hoch, an diese schliessen sich Alpenpflanzen, Flechten und Moose an. Nirgends auf der Erde reicht eine so grossartige Alpen- natur mit Bergmassen, Passen , Schneefeldern und Gletschern so hoch gegen Norden hinauf , als auf dieser Halbinsel. Einzelne Bergspitzen ragen iiber 7000', viele zwischen 5000 und 6000' empor. Gewasser. Die skandinavische Halbinsel wird vom nb'rd- lichen Eismeer und dera atlantischen Ocean nebst seinen Theilen (Nordsee, Skagerrak, Kattegat, Ostsee mit dem bottnischen Busen) bespiilt. Diese Meere sind in der Regel stiirmisch und der Schiff- fahrt gefabrlich. Die Westkiiste ist ungemein zerrissen; zahllose Buchten und Einschnitte (Fjorde) bilden zwar geraumige Hafen, doch sind sie wegen der Btarken Brandung kaum benutzbar. Vor der West- wie vor der Ostkuste liegen zahlreiche Felsinseln und Klippen; die letzteren werden Scheeren (Skaren) genannt. Die nor- wegische Kiiste heisst auch Fjordenkuste, die schwedische am bottnischen Meere die Scheerenkuste. Die Halbinsel ist sehr reich an Flu s sen und Seen, doch sind in Schweden nur wenige Fliisse, in Norwegen keiner fiir die Schiffahrt geeignet. Zu den grosseren (Elf genannt, die kleineren heissen A = oa) gehoren : die Got a -Elf, Abfluss des Wenern-Sees in das Kattegat, bildet die schonen Trollhattawasserfalle, neben wel- chen der fiir die Schiffahrt wichtige Trollhattan-Kanal fiihrt ; die Motala-Elf, fliesst aus dem Wettern-See in die Ostsee; in den bottnischen Busen ergiessen sich: die Dai-Elf, Schwedens grosster Fluss, die Angermann-, Umea-, Pitea-, Lulea-, Tornea-Elf mit dem Munio, letztere zwei als Grenzfliisse gegen Kussland. Die norwegischen Fliisse, welche in das atlantische Meer fallen, haben den Charakter von Bergstrb'men und ergiessen sich nach kurzem , reissendem Laufe mit vielen hohen Wasserfallen in die gleichnamigen Fjorde. Bemerkenswerth sind die mit siidlicher Richtung: die Klara-Elf durchfliesst den Famund-See und ergiesst sich in den Wettern-See, der Glomen, der Dram men und der Louven miinden in das Skagerrak. Sehr zahlreich sind theils im Gebirge, theils am Fusse derselben die Seen: der Wenern-See, mittels des Gota-Kanals mit dem Wettern-See verbunden (durch den Gota und Motala und diese zwei Seen be- steht eine Verbindung zwischen Nord- und Ostsee) ; der Hj a 1- mar-See und Schwedens schonster See, der Malar -See, welche letzteren der Hjalmar - Kanal verbindet. In den Malar - See fiihrt weiters der Strom sho 1m s- Kanal aus den Bergwerksdistrik- ten von Dalarne und der S odert el ge -Kanal aus dem Malar in die Ostsee. Im Norden breiten sich grosse Siimpfe und Moraste aus. Politische Eintheilung. Norwegen ist ein eigener Staat in Personal-Union mit Schweden , das heisst in alien inneren Verhalt- nissen ist es ein vollig unabhangiges Konigreich, steht aber unter gemeinschaftlichem Oberhaupte mit Schweden, und der schwedische Kronprinz ist Vicekonig von Norwegen. Kluu's Ilandols-Gengrapbie. 2. Aufl. 22 8*8 SchWeden wird eingetheilt in drei Landstriche: 1. Schwedenland (oder Swealand): Stockholm (100.000), Nykoping, Upsala, Dannemora, Falun (Landschaft Dalekarlien), Sala, Elfdalen. 2. Gothenland (GOtaland): G6teborg (Gothenburg 32.000). Landskrona, Helsingborg, MalmO, Lund, Karlskrona, Calmar, NorkOping; Inseln: Oeland und Gotland (Stadt: Wisby). 3. Nordland(Norrland) mitLappland: Gefle (10.000), Hernosand, Lulea (im Norden nur unbedentende Dorfer). Norwegen wird eingetheilt in funf Stifte: 1. Stift Christiania oder Aggerhuus: Chris t ia nia~(40.000), Eorten, Frederikshald, Drammen, VallOe, Laurvig, Kongsberg. 2. Stift Christian sand: Christians and (10.000), Arendal, Stavanger. 3. Stift Bergen: Bergen (26.000). 4. Stift Drontheim (Trondhjem): Drontheim (16.000), Roeraas. 5. Stift Tromsoe (Nordland, Finnmarken oder norwegisches Lappland und die finnmarkischen Inseln): TromsOe (2000, auf der Insel TromsOe), Hammerfest (4000, auf der Insel Qualfte), KjelTiig (anf der Insel Magerfle, Nordkap), Wardoehuus. KulturverMltnisse im AUgemeinen Die natiirliche Bescbaffenheit des Bodens mit den ausgedehn- ten Gebirgen, Fliissen, Seen und Siimpfen, dann das vielfach rauhe Klima sind der Landwirthschaft, insbesondere dem Ackerbau, nicht giinstig. Von der Gesammtflache entfallen nur etwa 7% auf Ackerland und nicht ganz 3% auf Wieeen; dagegen nimmt der Waldboden fiber 60% ein. Der grosste Theil des Bedarfes an Ge- treide, namentlich in Norwegen, muss durch fremde Zufuhren gedeckt werden. Nur die sfidlichen Provinzen Schwedens bis gegen Stockholm hinauf erzeugen hinreichend fur den Bedarf, in den nordlichen Gegenden gewinnt der Kartpffelbau an Auebreitung; der Ertrag in Norwegen ist dagegen ein eehr geringer. Weizen wird etwa bis zum 60 n. B., Hafer bis zum 64, Roggen und Hanf bis 67, die Gerste bis 70 und die Kartoffel bis tiber 71 n. Br. angebaut. Die Jahresproduktion an Handelspflanzen, als Hanf, Flachs, Hopfen, Tabak u. s. f. ist gleichfalls nicht ausreichend. Grossen Reichthum hat das Land an Beeren aller Art, Haselnusse exportirt Norwegen in Menge, die Gewinnung des islandischen Mooses ist bedeutend. Zu den Hauptprodukten beider Lander gehort das H o 1 z , Bretter und Bauholz werden in grosser Menge ausgefiihrt ; die Forstwirthschafl lasst jedoch noch Vieles zu wiinschen iibrig, obwohl in den letzten Jahren hiefflr vieles geschehen ist , und die Forstschulen zu Stockholm und Nora bereits ihren Einfluss an Tag legen. In den weidereichen Gebirgsgegenden ist die Viehzucht von Bedeutung, die mehrfach nach Schweizerart betrieben wird. Die Pferde sind klein aber ausdauernd; die Schafzucht beginnt sich zu verbessern, in Berggegenden ist die Ziege einheimisch. In den Polarlandern ist das niitzlichste Hausthier das Rennthier. Pelzthiere kommen in sehr grosser Menge vor, dessgleichen Federwild (Schwjlne und Eiderganse). Ungemein ergiebig ist die F i s c h e r e i , sie reicht fur den grossen Bedarf der Nordgegenden aus und bringt Haringe, Stromlinge, Stockfische, Lachse, Hummern und Austern zur Ausfuhr. Der grosete Reichthum Skandinaviens liegt im Bergbau. Kein 889 Land der Erde besitzt so viel und so treffliches Eisen als Schwe- den, und zwar in den Provinzen Wermland, Dalarne, Nerike, West- manland und Upland (zwischen 59 und 61 n. Br.) mit dem Haupt- sitze Dannemora (4V 2 Meile von Upsala). Im Jahre 1855 betrug die Gesammtproduktion Schwedens an Bergerzen iiber 6,400.000 Zent- ner und an See-Erzen 290.000 Zentner. An Roheisen wurden im genannten Jahre produzirt nahe an 3,360.000 Zentner, woraus an 165.000 Zentner Gusseisen und 2,132.000 Zentner Stabeisen ge- wonnen wurden *). Nachst dem Eisen ist das K u p f e r das wich- tigste Produkt und zwar zu Falun (Schweden) und Roraas (Norwegen); doch hat die Gewinnung in den letzten Jahren abge- nonimen. Die Ausbeute an edlen Metallen ist relativ geringe (Sil- ber zuKongsberg in Norwegen und Sal a in Schweden, Gold in Sala und Adelfors , letzteres doch unbedeutend). Die Fiille von Waldungen lasst die geringe Menge des mineralischen Brennstoffes nicht fiihlen. Im Siiden von Schweden finden sich Braunkohlen, an vielen Orten Torfmoore, welche theilweise fur die Eisenindutrie ausgebeutet werden ; die Einfuhr von englischer Steinkohle nach Gotheborg und von da fiber Stockholm zu den Eisenwerken ist iibrigens ziemlich bedeutend. Zudem ist noch die Gewinnung von Kobalt und Alaun (Oeland) nennenswerth. Reich ist das Land an Manner, Bau- und Schieferst einen ; sehr schonen Porphyr hat die Umgegend von Elfdalen. Empfindlich ist der Man gel an Salz wegen des grossen Bedarfes zum Einpokeln der Fische; die einzige Saline ist in Vallfl (Norwegen), etwas Seesalz wird in Drontheim bereitet, doch ist die Einfuhr aus Frankreich, Portugal und Spanien erheblich. Die vorhandenen Mineralquellen sind fiir das Aus- land nicht von Bedeutung. Gewerbliche Industrie. Die naturlichen Verhaltniese des vielfach unwirthbaren Landes mit dem rauhen Klima, den Sumpfen und Morasten, dann die relativ geringe Bevolkerung haben bis jetzt grosse Hindernisse einer grb'sseren Entfaltung der Industrie ent- gegengestellt. Diese ungunstigen Faktoren nehmen gegen Norden zu und es ist erklarlich , dass fiber vier Funftel der Bevolkerung ihren Erwerb in der Landwirthschaft, Fischerei und Schiffahrt suchen, dass die inlandischen Fabriken die Bedfirfnisse des Landes nicht befriedigen konnen. An der Westkiiste ist das Hauptgeschaft der Bevolkerung die Fische re i, im Inneren des Landes der Holz- schlag, Bergbau und Hut tenbetrieb, im ostlichen und siid- lichen Theile Schwedens der Ackerbau und die Viehzucht. Die hausliche Gewerbethatigkeit sorgt fiir die Befriedigung der ge- ringen Bediirfnisse; der Landmann verfertigt im Winter seine Ge- rathe und Werkzeuge, Wollenzeuge und Leinwand. Trofz der Be- strebungen der Regierung hat eine ausgedehntere Fabriksindustrie *) Im Jahresdurchschnitt 18341838 betrug die Roheisenerzengang 1,858.452 Zentner, im Jahre 1854 schon 2612.344 Zentner. In den Gruben von Dannemora werden mit Hilfe von etwa 400 Arbeitern 300.000 Zentner Erze gewonnen, woraus an 150.000 Zentner Roheisen in 19 HochOfen erblasen werden. Im Ganzen besitzt Schweden an 300, jedocb meisiens kleine Hochofen. Die Stabeisenerzengung geschieht in mehr als 1000 FrischSfen nnd nur 16 PuddelOfen, woven 6 in der grossen Ma- Bcbineafabrik zu Motala am Gothakanal sind. 22* noch nicht Wurzel geschlagen *). Voran steht Stockholm, wel- ches wohl mehr als die Halfte der feineren Erzeugnisse des Landes liefert; zunachst stehen : Gothenburg, Norkoping, Karlskrona, Malmo, Gefle ; in Norwegen: Bergen, dann Christiania, Drontheim und Arendal. Am bedeutendsten ist die Industrie in Me tall w a a- ren und unter dem eigentlichen Manufaktureisen haben Anker und Ketten den grossten Ruf. Schmieden und Stahlfabriken sind in der Umgegend von Dannemora, eine Stiickgiesserei in Stockholm, Gewehrfabriken in Kongsberg, Orebro und Eskilstuna, die beriihmte Maschinenfabrik zu Motala **). Em sehr grosser Theil des Roheisens geht theils in Form von Gusseisen und Stahl, besonders aber als Stabeisen ins Ausland***). Der Schiffbau ist ausgezeichnet und werden auch vollstandig ausgerustete Schiffe an das Ausland verkauft. Bekannt sind die Schiffswerften von Stockholm, Gothen- burg und Bergen, das Segeltuch und Tauwerk von Stockholm, Karlskrona, Malmo und Gothenburg, wo sich auch treffliche Anker- schmieden befinden. Der grosse Waldstand begunstigt die Ver- arbeitung von Holz; an jedem Flusse findet man Sagemuhlen (die grossten in der Umgegend von Drammen) und das KohJen-, Pech-, Theer- und Pottaschebrennen beschaftiget viele Tausende. Zuckerraffinerien und Tabakfabriken sind in Gefle und Malmo, grosse Gerbereien in Christiania, Bierbrauereien in Gothenburg und Sudschweden , leider nehmen die Branntweinbrennereien ungemein uberhand. Ansehnlich sind die Tuchfabriken zu Norkoping, Stock- holm, Nykoping und Linkoping, die Baumwoll- und Leinenfabriken zu Stockholm, Gothenburg, Karlsham, Leder zu Stockholm, Glas- hutten, Spiegel zu Kalmar u. s. f. Im Allgemeinen steht die In- dustrie in Schweden auf einem viel hoheren Standpunkte als in Norwegen. Handel. Der bedeutende Seehandel und die Schiffahrt reihen die vereinigten Konigreiche unter die grossen Handelsstaaten ein. Die ansehnlichsten Handelsplatze sind: (in Schweden) Stockholm, welches allein mehr als die Halfte der gesammten Handelsgeschafte betreibt, dann Gothenburg, Gefle, Norkoping, Wisby, Calmar, Malmo und Karlskrona; (in Norwegen) B e r g e n , Drammen, Christiania, Drontheim, Laurvig. Schweden. Der Werth der importirten Waaren betrug im Jahre 1857 nahe an 57 Millionen Reichsthaler- Banko und jener der exportirten nahe 52 V 3 Million Reichs- *) Zu Ende des Jahres 1856 bestanden in Schweden 2462 Fabriken mit etwa 29.000 Arbeitern; davon waren 106 Tuchfabriken, 28 Baumwollen- und Leinen- webereien, 19 Baumwollspinnereien, 12 Seidenfabriken, 16 Zuckerfabriken, 110 Tabak- fabriken, 571 Lederfabriken, 16 Papierfabriken, 15 Glasfabriken, 33 mechanische Werkstiitten n. s. f. **) Ein machtiger Hebel zurForderung der Eisenindustrie ist das Jern Con tor, das ist ein Verein der meisten Stabeisen-Produzenten, welcher ein Kapital von uber 2 Millionen Gulden besitzt und mit dem koniglichen Bergkollegium vere'nt wirkt, Sammlnngen anlegt, Schulen griindet und unterstiitzt, Versuche veranstaltet, Be- reisungen vornehmen lasst n. s. w. ***) Die Preise sind je nach den verschiedenen Hutten sehr verschieden, im All- gemeinen aber nicht hoch, denn ein Zentner Roheisen kommt in Stockholm etwa auf 2 1 /, Gulden, Stabeisen auf 68 Gulden und Stahl auf 10 - 20 Gulden zu stehen. 841 thaler-Banko , wobei Grossbritannien und Lfibeck, dann Russland am starksten vertreten waren. Auch mit Hamburg, Bremen, Dane- mark, den vereinigten Staaten von Nordamerika, Preussen und dem Oriente ist der Verkehr lebhaft. Bei der Einfuhr nimmt der Rohzucker den ersten Platz ein , dann folgen Kaffee , Baumwolle, Tabak, Wolle, Haute und verschiedene Manufakte, namentlich Baum- wollwaaren; die Einfuhr von Steinkohlen ist im Wachsen. ZurAus- fuhr gelangten am starksten: Eisen und Stahl (roh und verarbeitet), Bauholz und Schiffholz, Bretter (meist nach England), die Neben- nutzungen der Walder (Pech, Pottasche, Theer u. a.), Leder, Pelz- werk, Fiscbe u. dgl. Die Zahl der angekommenen Schiffe betrug 6474 mit etwa 245.000 Lasten (darunter 3337 schwedische mit 106.000 Lasten), der abgegangenen 8123 mit nahe 420. 000 La- sten (4627 schwedische mit 163.000 Lasten). In Norwegen entfallt iiber die Halfte des Exportwerthes auf F i s c h e (im Jahre 1854 um etwa 14 Millionen Gulden), zunSchst stehen: Thran, Kartoffel, ge- schmiedetes Eisen, Holzer und Bretter; bei der Einfuhr stehen am hochsten: Getreide (im Jahre 1854 um beilaufig 7 Millionen Gul- den), Kaffee und Zucker (an 4 T / 2 Million Gulden) Tabak, Hanf und Flachs, Webe- und Wirkwaaren, Eisenwaaren u. s. f. Bei der Einfuhr, welche im Jahr 1855 an 36 Millionen Gulden betrug, sind am starksten betheiligt : Danemark (mit etwa einem Drittel des Gesammtwerthes), Grossbritannien, die Hansestadte, Schweden, Hol- land und Belgien, Frankreich ; bei der Au sf uhr (mit etwa 59 Mil- lionen Gulden im Jahre 1855) Grossbritannien (nahe 13 Millionen Gulden), Holland und Belgien (12 Millionen Gulden), Danemark, Schweden , Frankreich u. s. f. Fur Schweden sowohl als fur Nor- wegen sind die Handelsbe ziehungen mit Hamburg , von wo Baumwolle und Baumwollwaaren, Wolle, Seidenwaaren, Glaswaaren, alle Kolonialartikel bezogen werden, von hoher Wichtigkeit, und die Riickwirkung der jeweiligen GeldverbUltnisse dieses Platzes ist jeder- zeit in Schweden fiihlbar. Der Binnenhandel wird zumeist auf den Seen und Kanalen vermittelt, die Flusse sind der Schiff- fahrt sehr wenig gunstig; im Siiden sind vortreff liche Landstrassen, im Norden ist der Hausierhandel vorherrschend. Eisenbahnen, viele Banken, die Garantievereine zu Stockholm und Christiania, Handels- gesellschaften, As sekuranzen, zahlreiche Dampfschiffahrtsverbindungen fmit St. Petersburg, Hamburg, Liibeck, Stettin, Kopenhagen u. s. w. ordern den Handel. Der Zustand der geistigen Kultur ist ein erfreulicher. Die zahlreichen Volksschulen sind vortrefflich eingerichtet , und die oft weit auseinander liegenden lndlichen Wohnungen werden von Schullehrern besucht. Fast alle echwedischen und norwegischen Bauern konnen lesen, die meisten auch schreiben ; in Norwegen bestehen darauf bezQgliche strenge Gesetze. Die Mittelschulen als Vorberei- tung fiir die Universitaten (Upsala, Lund, Christiania), sowie letztere selbst, sind nach deutschem Systeme organisirt. Viele Spezial- Anstalten fiir Ackerbau, Forstweeen, Gewerbe, Schiffahrt u. s. w. sorgen sowie die Kunstanstalten fur die Hebung der geistigen Kul- tur und Schweden hat sich namentlich durch seine hohen Ver- 342 dienste um dieNaturwiesenschaften ausgezeichnet. Wahrend Schweden und Norwegen eine sehr beachtenswerthe Stellung unter den euro- paiechen Volkern einnehmen; stehen die im Norden wohnenden Fin- nen und Lappen noch auf einer sehr niederen Kulturstufe, inebesondere sind die Lappen noch Nomaden , welche mit ihren Rennthieren im Sommer die hoher gelegenen Weiden suchen. In Drontheim besteht jedoch ein Seminar zum Unterrichte junger Lappen, und bei den Bestrebungen der Regierung zur Forderung der Volksbildung ist nicht zu zweifeln, daes nach und nach auch diese Volkerschaften auf einen hoheren Grad geistiger Kultur werden gebracht werden. XIII. Das Kaisertfium Russland. . 148. Bestandtheile. Bevttlkerung. ' In Europa: a) europaischer Theil Russlands 88.072 b) KOnigreich Polen. 2320 c) Grossfflrstenthum Finnland 6844 Einwohner 52.320.000 4,850.000 1,637.000 2. In Asien; Einwohner 97.236 58,807.000 a) Kaukasien(Gouver- nement Stawropol und das Kosaken- land am schwarzen Meere) 8042 3 200 000 t n wih H fun? tufel b) Sibirien. . . 255 155 4867000 jftuiioH- \(n t JiMui ! & c) Amur-Gebiet 9800 unhekannt uxi'i , KofowifoB russisch-americanische Compagnie 272.997 8,067.000 24 300 54 000 3. In America Gesammtmonarchie*) 394.533 66,928.000 *) Besitzveranderiingen : 1. Die Abtretung, welche der Pariser Friede vom 30. Marz 1856 dem ru<-sischen Reiche auferlegte (mit 205 QMeilen), wurde bei den Berechnungen der n statistischen Central-Kommission" noch nicht in Abschlag ge- bracht. 2. Seit den erwahnten Berechnungen (vom Jahre 1856, publizirt in St. Petersburg im Jahre 1859) hat sich das russische Asien ungeraein vergrOssert, Durch den am 28. Mai 1858 zu Aigan mit China geschlossenen Vertrag erwarb Kussland einen Theil der Mandschurei mit einem Flachengebiet von etwa 9800 QMeilen. indem der Amur von seinem Ursprnnge bis znr Einmundnng des Ussuri als Grenze zwischen beiden Reichen bestimmt ward, unterhalb des Ussuri dagegen beide Urer des Amur als Eigenthum Russlands erklart wurden. Der jungste Vertrag mit Japan sprach Russland den nOrdlichen Theil der Insel Sachalin (im Ochozki- schen Meere) zu. 3. Durch die im September 1859 beendete Unterwer- fung des Daghestan (der BergvSlker des Kaukasus) hat das Reich abermals eine sehr \vichtigeVergrosserungerlangt. Staatsrath P. v. KOppen berechnet den Flachen- raum der ganzen kaukasischen Statthalterschaft auf 8041 ,, QMeilen (Petermann's Mittheilungen, Nr. I n. II I860); die hie und da anf 1,400.000 bis 1,500000 an- gegebene Bevolkerungszahl des nen erworbenen Gebiets diirfte zu hoch gegriffen sein, doch ist bis jetzt nichts Bestimmtes daruber bekannt. Berger (Sekretar der geogr. Ges. zu Tiflis) gibt die BevOlkernng des Kaukasus anf 399.761 an. Die Seelenzahl ist nach den in den Jahren 1846 und 1852 gesammelten Berichten angegeben. (Pe- termann's Mitth. 1860 V. pag. 165.) Im September 1858 hat das statistische Central- Comite* ^statistische Tabellen des russischen Reiches" verCffent- licht; das ganze fruhere, ohnehin sehr unvollstfindige Material stellt sich jetzt als veraltet oder unrichtig heraus. 848 Der gross te Theil der Bevolkerung bekennt sich zur griechisch-nicht- unirten Religion (fiber 50 Millionen), an 7'/ t Million geboren zur r5misch-ka- tholischen Kirche, ferner Bind Armenier, Protesranten (an 2 '/, Million), Israeliten (I'/z Million), Muhamedaner (nahezu 3 Millionen) and Heiden. Nach der Na- tional! tat sind beinahe 53 Millionen Slaven, dann iinnische, turkische, lithauische, germanische, lateinische Volker, mongolische Stamme n. s. w. Im Ganzen leben ft her 100 an Sprache and Sitte verschiedene VOlker. Russland ist eine untheil- bare, unumschrankte Erbmonarchie. Die Thronfolge geschieht nach demRecbte der Erstgeburt in mannlicher und weiblicher Linie des Hanses Holstei n- Gottorp vom oldenbnrgiscben Stamme. Boden. Der grSsste Theil des europaischen Russland gehort dem grossen Flachlande Nordost-Europas oder der sarmatischen Tiefebene an. Kaum der zehnte Theil ist eigentliches Gebirgs- land , wahrend sich das einfSrmige Tiefland fiber 400 Meilen in die Lange und fiber 300 Meilen in die Breite ausdehnt. Das Ber gland tritt nur an den Grenzen empor. Als Grenze zwischen Europa und Asien, zwischen der sarmatischen und si- birischen Tiefebene zieht sich das 330 Meilen lange Meridian- gebirge, der Ural, der auf Nowaja Zemlja beginnt, die Insel Wa- jatsch durchzieht und sich im Stiden gegen das kaspische Meer und zum Aralsee zur Tiefebene herabsenkt. Er wird in drei Partien geschieden ; der nordliche, wfiste und kahl, reicht hinunter bis zu den Petschora- Quellen ; der mittlere, reich an Erzen und Hoch- gipfeln, erstreckt sich bis zu der Einsenkung bei Jekatarinburg ; der sudliche waldreiche besteht aus drei Parallelketten, es beginnt die Plateaubildung, an welche sich die sudlichen Steppenlandschaf- ten anschliessen. Vom schwarzen bis zum kaspischen Meere zieht sich der Kaukasus (150 Meilen lang) in mehreren Ketten, welcher sich durch seine plateauartige Gestaltung in hohen Terras- sen auf beiden Seiten des Hauptkammes auszeichnet. (Elbrus 17.000.) Im Sfiden der Halbinsel Krim ist das Jail a- Gebirge, welches sich zu einem wellenformigen Flachlande herabsenkt; im Norden des letzteren und der Landenge von Perekop liegt eine wasser- und baumlose Steppe. Im Westen streichen Verzweigungen der Kar- pathen in das Land, welche am Dnjestr das Medoborskische Gebirge (Honigwald) genannt werden. Das f inn ische Gebirge, eine Fortsetzung des skandinavischen , erstreckt sich als schmaler Landriicken von geringer Hohe (hochstens 1200') zwischen dem bottnischen Busen und dem weissen Meere. Das Tiefland imlnneren Rus s Ian ds wird durch zwei breite LandhShen unterbrochen und in ein nordliches, ein mittleres und ein sudliches Tiefland geschieden. Dienordliche oder uralisch- baltische Landhohe zieht vom Quellengebiete der Kama (im Westen des Ural) westlich bis zur Norddeutschen Landhuhe an der Ostsee, wo die preussische Seenplatte deren Fortsetzung bildet. Charakteristisch sind die zahlreichen Seen. Die grSsste Erhebung ist die Waldai-Hohe oder der W olchonski - Wald, das Quellenland der Wolga. Im Norden dieser Landhuhe liegen weite Walder, Sfimpfe und Seen, an welche sich eine wiiste Wildniss mit Flechten und Moosen (Tundra genannt) anschliesst. Die siid- liche oder uralisch -karpat hische Landhohe beginnt als Obstschij-Syrt am Sudende des Ural, zieht gegen Westen als do- 344 nische, ukrainische, podolische und wolhynische Landhohe, an welche sich die polnische anschliesst, wo die Lysa-Gora nahe an 2000' Hohe erreicht. Zwischen den beiden Landhohen liegt das grosse, fruchtbare und angebauteste Tiefland des mittleren Russland, reich an Ackerprodukten und W&ldern. ^ m Siiden der uraliach-karpathi- schen Landhohe liegen die Steppen Siidrusslands; doch ist das Land im Westen des Don fruchtbar, auch breiten sich grosse Grasfluren aus. An der Ostsee und im Siiden des finnischen Meerbusens gibt es viele fruchtbare Getreidegegenden und schone Wiesen , aber auch Waldungen , Haiden und Moraste; zwischen deui finnischen und bottnischen Busen liegt die finnische Seenplatte. Gewasser. Das europaische Ruseland bespiilen das nord- liche Eismeer (mit dem kariachen Meer, der Tscheskaja-Bai, dem weissen Meere : Dwina-, Onega- und Kandalaskaja-Busen), die Ostsee (bottnischer, finnischer, rigaischer Busen) und das schwarze Meer (Golf von Odessa, todtes Meer, azow'sches Meer). Die Kiiste des bottnischen und die Nordkiiste des finnischen Busens sind felsig und steil, vor denen zahllose Felseneilande liegen, ahnlich der Fjordenkuste in Norwegen; im Siiden des finnischen Busens und am rigaischen sind die Kusten meist flach und sandig. Das Eis- meer hat flache Kiiste , dessgleichen das schwarze Meer mit Ausnahme der Halbinsel Krim und im Osten der Strasse von Kertsch. Kein Land der Erde hat verhaltnissmassig so viele bedeutende und schiffbare Fliisse und eine so ausgebreitete durch Kan ale vermittelte Wasserverbindung. Die uralisch-baltische Landhohe bil- det die Wasserscheide zwischen dem nordlichen Eismeere und der Ostsee im Norden und Nordwesten, dem schwarzen und kaspischen Meere im Siiden und Siidosten. Unter den nordlichen Fliissen sind die bedeutendsten die Petschora und Dwina. Erstere er- halt ihre Wasser vom Ural, bespiilt in ihrem Laufe (150 Meilen) keinen Ort von einiger Bedeutung, ihr Gebiet (iiber 3000 QMeilen) sind fast durchgehends Wiisteneien; letztere entsteht aus der Ver- einigung der Wytschegda und Suchona (unterhalb Ustjug Weliki), und miindet bei Archangel. Sie hat rechts im Me sen, links in der Onega zwei begleitende Flusse. In den bottnischen Busen ergiesst sich der Grenzfluss Tornea; die New a (der w euro- paische Lorenzstrom") ist der kurze Abfluss des Ladoga-Sees in den finnischen Busen. Unter den vielen Zufliissen des Ladoga- Sees sind die wichtigsten : der Wuoxa aus dem Saima-See, der Swir aus dem One*ga-See und der Wolchow aus dem Ilmen-See. Aus dem Peipus-See fliesst die schiffbare Narwa in den finnischen, aus den Sttmpfen des Wolchonski-Waldes die D ii n a in den rigaischen Meer- busen; der schiffbare Njemen ergiesst sich in das kurische Haff und die Weichsel durchfliesst als Hauptfluss Polen, wo sie den Bug aufnimmt. Der grosste Theil des mittleren Russland bildet das Stromgebiet der Wolga; sie ist die wichtigste Verkehrsader dea Reiches, welches sie von der Waldai-Hohe bis zum kaspischen Meere durchstromt und ist mit den nord- und siidrussischen Flussen durch Kanale verbunden, wodurch eine schiffbare Verbindung zwi- 845 schen dem weissen Meere, der Ostsee, dem schwarzen und kas- pischen Meere besteht. (Siehe S. 56, III. 1.) Ihre grossten Neben- flilsse sind die Oka mit den zahlreichen Zuflussen des Tieflandes aus dem mittleren Russland und die Kama, welche zahlreiche Gewasser des Uralgebirges bis von den Quellen der Petschora her sammelt und der Wolga zufiihrt. Vom Slid- Ural fliesst der Ural (auch Jaik) dem kaspischen Meere zu, er wird als Grenzfluss zwi- schen Asien und Europa angenornmen. Vom Kaukasua ergiessen sich in das kaspische Meer die Kuma, der Terek und der Kur. Die beiden grossen Strome, welche aus dem inneren Russland durch die uralisch-karpathische Landhohe und die Steppenzone zum schwarzen Meere heraustreten, sind der Dnjepr und der Don. Ersterer erhalt seine Zuflusse aus dem Quellenlande der Wolga und Dwina (Suchonaj (siehe S. 56), wird schon oberhalb Smolensk (von Dorogobusch) schiffbar , aber unterhalb Kiew wird die Schiffahrt durch Wasserfalle ( n Porogen") erschwert. Drei Kanale verbinden ihn und das schwarze Meer mit der Ostsee. (Nebenfliisse : Beresina, Pripet, Dosna u. v. a.) Das Wassergebiet des zweiten ist fast ebenso gross als jenes des ersteren (iiber 10.500 QMeilen); der Don ist durch Kanale mit der Wolga verbunden und miindet in das azow'sche Meer. Vom Nordostabhange der podolischen Landhohe kommend, miindet der Bug bei Nikola jew. Der Kuban, vom Nordabfalle des Kaukasus, bildete ehemals die Grenzen zwischen Russland und dem Lande der Tscherkeesen, ergiesst sich in die Strasse von Kertsch Aus den Karpathen kommen der Dnjestr (siehe S. 56) und der Pruth als Grenzfluss gegen die Moldau und der sich bei Remi in die Donau ergiesst Endlich gehort die Donau in ihrem Mundungsgebiete (siehe S. 54) diesem Reiche an. Unter den zahllosen Binnenseen sind in Europa die be- deutendsten: die finn i s ch en Seen, welche einen grossen Theil des Landes bedecken und meistens unter einander in Verbindung ste- hen (Paijane, Saima, Enara), der Onega-, der Ladoga- (Eu- ropas grosster Landsee), der Pe'ipus- und der Ilmen-See, der Salzsee Elton (im Nordwesten des kaspischen Meeres). Die me]i- sten Seen sind in Finrland , in den Gouvernements Archangel und Olonetz, und in den Ostseeprovinzen. Im sudlichen Russland befinden sich nur viele Salzseen. In Archangel, Lithauen und Wolhynien sind viele Sumpfe. Das Kanal system Russlands ist von grosser Wichtigkeit, indem durch dasselbe sammtliche, die Grenzen des Reiches bespu- lende Meere mit einander in Verbindung gesetzt sind. Verbin- dung der Ostsee mit dem k'a s p t i s c h e n M e e r e : J a) .Kanal von Wischnij - Wolotschok vereinigt die Twerza mit der Msta (Zufluss des Ilmen-Sees) , und dadurch die Wolga mit der Newa; b) der Marienkanal, welcher die Kowsha (Zufluss des weissen Sees [Bjelosero]) mit der Wytegra (Zufluss des Onega-Sees), also wieder Wolga mit Newa verbindet; c) der Tichwin'sche Kanal, welcher durch Vermittlung mehrerer kleiner Flusse die Mologa (Nebenfluss der Wolga) mit dem Ladoga-See in Verbindung setzt. Mehrere andere Kanale dienen zur Vermeidung der oft sehr gefahr- 846 vollen Schiffahrt am Ladoga-, Onega-, Bjeloje- und Ilmen-See, und erleichtern die Schiffahrt in dieser Richtung. 2. Verbin- dung zwischen dem weissen und kaspischen Meere: a) der kubenische Kanal verbindet die Suchona (Dwina) mit der Scheksna (Wolga); b) der nSrdliche Katharinenkanal verbindet die Nebenfliisse der Kama (Wolga) mit der Wytschegda (Dwina). 3. Verbindung zwischen der Ostsee und dem schwar- zen Meere: a) Beresina - Kanal , verbindet die Beresina, somit den Dnjepr mit der Diina ; b) der oginskische Kanal zwischen der Schtschara (Njemen) und Jasiolda (Dnjepr); c) der konig- liche Kanal verbindet den Bug (Weiehsel) mit der Pina (Jasiolda, Dnjepr). 4. Verbindung zwischen dem schwarzen und kaspischen Meere: a) der Graben Peters M zwischen Nebenflussen de8 Don und der Wolga ist noch unvollendet, doch werden Versuche, theils den Dnjepr, theils den Don mit der Wolga zu verbinden, fortgesetzt. Kliina. Bei der grossen horizontalen Ausdehnung des Reiches ist das Klima sehr verschieden und man unterscheidet diessfalls vier Landstriche: den warm en (eiidlich vom 50 n. Br.), sehr fruchtbaren, mit vorherrschender Weizenkultur und grossen Laub- holzwaldern; in den sudlichen Thalern gedeiht die Rebe, der Oel- baum u. s. f. , der Sommer ist lang, diQckend heiss, der Winter kurz (Odessa, Sebastopol, Astrachan); die mittleren oder gemassigten (50 57 n. Br.), mit den fruchtbarsten und bestange- bauten Theilen des europaischen Reichee ; grosse W alder wechseln mit Peldern und Wiesen , der rauhe Winter dauert an sieben Mo- nate, der heisse Sommer an fiinf Monate (Warschau, Moskau, Nishnij- Nowgorod, Kasan , Jekatarinburg , Orenburg); den k alt en (5767 n. Br.) mit langem rauhem Winter, die Fltisse sind ge- wohnlich von Mitte Oktober bis Ende Mai zugefroren , Frfihling und Sommer sind kurz, letzterer sehr heiss, Ackerbau bis 60 n. Br. ; bei 65 n. Br. hort die Viehzucht auf (St. Petersburg, Abo, Archan- gel); 4. den arktischen, nordlich von 67 n. Br., unempfang- lich fiir europaische Kultur , der Boden unwirthbar , theilweise Sumpfland, haufig gefrorne Moraste, die Nachte des kalten, langen Winters werden vom Nordlichte erhellt. Die traurigen Einoden be- wohnen Lappen, Samojeden. Politische Ein 72.300 Einwohner), die grOsste dieser Inseln, ist gebirgig und hat mehrere vortreffliche Hafen. Die Be- wohner sind unternehmende geschickte Seefahrer, Hanptort: Argdstoli (9300), dann Lixuri. 6. Zante(Zakynthos, 7. ss DMeilen, 37.000 Einwohner), wegen der Frucht- barkeit (namentlich im sudlichen Theile), vorzuglich an Wein und Oel die B Blume des Ostens" (fior di Levante) genannt. Hauptort: Zante (14.000). Bei dem Dorfe Chieri wird auf dem Wasserspiegel mehrer Quellen flussiges, vortreffliches Erdpech gewonnen. 7. Cerigo (Cythera, 5. 4S QMeilen, 13.400 Einwohner), meist kahler Fel- sen. Der kleine Hanptort Kapsali hat einen guten Hafen. In der Nahe des Forts St. Nicolb sind die Triimmer der alten Hanptstadt Cythera. Sfidostlich die kleine Insel Cerigotto. Die Republik der ,,Vereinigten Staaten der jonischen Inseln" ist ein unab- hangiger, uuter den fortwahrenden Schutz der englischen Krone gestellter Staat. Die gesetzgebende Gewalt steht der Versammlung der 42 Abgeordne- ten, die ausiibende dem Senate za, welcber aus 6 Senatoren und 1 Staats- sekretar besteht. Der Stellvertreter des Schutzherrn ist der Lord-Oberkom- missar, welcher Chef der gesammten Civil- und Militarverwaltung ist, das Veto in alien vom Senate and dem Farlamente gefassten Beschlussen besitzt, die Senatoren ernennt, das Parlament beruft und vertagt. Jede Insel besitzt ihre eigene Verfassung mit einem Municipalrath als Lokalregierung ; ein Resident ist Stellvertreter des Lord-Oberkommissars. XV. Das KOnigreich Griechenland. . 150. 900 QMeilen; 1,067.000 Einwohner, im nfirdlichen Theile albanesischer (arnautischer), im S&den und auf den Inseln griechischer (hellenischer) Ab- stammung; dann Walachen, Armenier, Italiener, Dentsche u. s. w. Staatsreligion die orientalisch-griechische mit der B heiligen Synode" in Athen; etwa 25.000 Ro- misch-Katholische, einige Protestanten, Juden und Muselmanner. Konstitutionelle Erbmonarchie in der mannlichen Linie eines Zweiges des bairischen Hauses Wi ttels- bach (seit'1832). Oberflache. Das Konigreich Griechenland besteht aua zwei Halbinseln (Livadien oder Hellas und Morea oder Peloponnes) und mehreren Inseln im agaischen Meere. Die beiden Halbinseln, durch den schmalen Isthmus von Korinth mit einander verbunden, sind durchaus gebirgig ; doch steht das Bergland diess- und jenseits des Isthmus in keiner Verbindung. Die Centralmasse der nord- lichen Halbinsel (Livadien) bilden der Schar Dagh und der Or- belus, ersterer steht mit den dalraatinischen Karsthohen in Verbin- dung sowie mit dem Balkan. Es sind theils steile , nackte, von furchtbaren Abgriinden unterbrochene Felszacken; theils plattere, amphitheatralisch gebildete Bergreihen, welche letztere grosstentheils mit fetten Weiden und schonen Waldern bedeckt sind. Das Bergland der sudlichen Halbinsel (Morea) ist ein abgesondertes, von Randgebirgen eingefasstes Hochland, welches sich gegen Siiden allmahlich abdacht. Mit Ausnahme des sudlichen Theiles ist es sehr reich an Waldungen und trefflichen Viehweiden. (Siehe griechische Halbinsel" S. 33 und 34). Die Insel Negroponte ist von einer Gebirgskette durchzogen, deren Gipfel iiber 5000' 865 reichen; die kleinen Inseln sind meist felsig und kahl, nur einige wenige haben guten Boden und iippige Vegetation. Griechenland wird vom j on ischen und agaischen Meere bespQlt. Kein Land in Europa hat im Verhaltnisse zum Flachen- inhalte eine so grosee Kusten - Entwickelung, und die vielen tiefen Einbuchtungen sind fur die Entfaltung und Ausdehnung des Ver- kehrs ungemein giinstig. Die gluckliche Kiistenbildung mit der bequemen Zuganglichkeit und der reichen Inselwelt, welche gleich- sam eine Brucke zwischen Asien und Europa bildet, haben Grie- chenland seit jeher die Vermittlerrolle zwischen dem Abend- und Morgenlande zugewiesen. Die wichtigsten Meerbusen sind: (im Westen) die Busen vonArta, Patras, Lepanto (oder Korinth) und von Arkadien; (im Sflden) : von Koron (oder Messe- nien), Kolokythia (oder Lakonien); (im Osten): die Bai von Napoli di Malvasla, Busen von Nauplia (oder Argolis), Hydra, Aegina (oder Athen); die Kanale von Egribos (Eu- ripus) und Talanti fu'hren in den Busen von Zeituni, und aus diesem der Kanal von Trikeri in den Busen von Volo. Letztere Kanale trennen Negroponte vom Festlande. Die Flusse sind meist unbedeutende Kustenfliisse. In Li- vadien sind erwahnenswerth : der Aspropotamos (Achelous), Griechenlands grosster Fluss , in seinem unteren Laufe schiffbar, mGndet in das jonische Meer; der Mavro-n ero (Kephissus) in den See Topolias (Kopais); und der Hellada (Spercheus) in den Zeituni; in Morea: der Ruphia (Alpheus) in den Golf von Arkadia, Vasilipo tamos (Eurotas) auch Iri genannt, in den Busen von Kolokythia. Unter den Seen ist nur der Topolias (Kopais) in Livadien bemerkenswerth. Das Klima ist im Allgemeinen milde und geaund, doch herrschen grosse Temperaturverschiedenheiten in senkrechter Aus- dehnung. Die Inseln und Kusten haben mildes , angenehmes See- klima, die hoheren Gebirgsgegenden kontinentales Klima; wahrend an den Kusten fast nie Schnee fallt, sind die hohen Gebirgsgegen- den monatelang mit Schnee bedeckt. Die Regenzeit ist der Winter ; im Sommer ist die Hitze gross, die Flusse trocknen aus, der Boden ist durr; Friihling und Herbst sind in der Regel sehr schon. Politische Eintheiluug. Das Konigreich wird in zehn No- marchien (jede mit einem Nomarch), diese in 49 Eparchien (mit je einem Eparch) eingetheilt, welche wieder 278 Demen (jeder Demos mit einem Demarch an der Spitze) enthalten. I Livadien. 1. Nomarchie Attika und Bootien: Athen (50.000), Eleusis, Vrana (Marathon), Platia, Thiva (Theben), Livadia ("6000), Anlis; Inseln: Sa- lamis, Aegina, Hauptstadt Aegina (10.000); 2. Phthiotis und 1'hokis: Lamia oder Zeituni (4000), Bodonitza (Thermopylae), Salona ("4000), Kastri (Delphi); 3. Akarnanien und Aetolien: Missolnnghi (4000), Naupaktos (Le- panto), Vrachori; It. Morea. 4. Argolis und Korinth: Nauplia (Napoli di Romania, 13.000;, Argos (11.000), Korinth (4000); Inseln (mit den gleichnamigen HBuptstadten): Poros Hydra (20.000), Spezzia (7000) ; 366 5. Achaja und Elis: Patras (20.000), Kaiavrita, Miraka (Olympia), Pyrgos ; 6. Messenien; Kalamata (3000), Arkadia, Navarino (Pylos); 7. Lakonien: Mistra (Sparta), Napoli di Malvasia (am Westabhange des Taygetns die Landschaft Main a, wo an 60.000 tapfere Mainotten leben); 8. Arkadien: Tripolitza (8000), - Euinen von Mantinea; < . Die Inseln. 9. Euboa: Insel Negroponte (Euboa): Chalkis (oder Egribos, 15.000), die Inseln: Skyro, Skiathos, Skopelo u. a. (Nord-Sporaden und Teufels-Inseln) ; 10. Cykladen: Insel Syra: Syra (Hermopolis 20.000), die Inseln: An- dros, Tino, Mikone, Naxos, Paros, Milos, Amorgo u. v. a. Atheu (50.000 Einw.) in einer schSnen bergumgrenzten Ebene zwischen den klei- nen Flussen Ilissos und Kephissos, seit 1835 Haupt- und Residenzstadt. Im Alterthnme die glanzvollste Stadt, der Wohnort grosser Dichter, Heerfiihrer und Staatsmanner, uberhaupt die B Stadt der Weisen" mit prachtigen nnd grossartigen Kunstbauten, Denkmalern und Anlagen, war Athen durch eine Reihe von Ungliicksfallen von sei- ner Hohe herabgesunken. Weder unter byzantinischer, noch weniger unter turkischer Herrschaft konnte die Stadt zu einiger Bedeutung gelangen. Die alien Tempel und andere Prachibauten warden in Kirchen, dann in Moscheen umgewandelt, oder zu profanen Zwecken verwendet. In unserem Jahrhunderte warden darch Lord Elgin eine Menge Statuen, Reliefs und andere Antiken fur das britische Museum (Elgin Marbles,) angekanft. Im griechischen Unabhangigkeitskampfe (1821 1828) hatte Athen ungemein gelitten; am Ende des Krieges war es ein Ruinenhaufen, man zahlle noch etwa 300 Hauser. Eine neue Epoche begann, als Konig Otto 1834 seine Residenz von Nauplia nach Athen verlegte. Die verfallene turkische Ringmauer wurde entfernt, der Neubau nach dem Plane regelmassiger Stadte unternommen. Die Hermes-Strasse schneidet die Stadt von W. nach 0., am ostlichen Ende steht das konigl. Schloss; parallel mit ihr lauft die Strasse der Athene; andere Strassen sind nach beruhmten Mannern des Alterthums benannt (Demosthenes-, Euripides-, Sopho- kles-Strasse). Schone Gebande und Kirchen erstehen fortwahrend ; die 1837 gegriin- dete Otto-Universitat mit 700 Studenten und meist deutsch gebildeten Professoren ; Akademie der Wissenschaften, die Sternwarte auf dem alien Hugel der Nymphen, das Stadthans, Theater n. s. w. Die schonste Zierde bilden die Banwerke des Al- terthums: Theseustempel, von Kimon aufgefuhrt, jelzt ein Museum fiir Alterthumer, Akropolis mit den Trummern der Propylaen, Tempel der Nike, Erechtheum und Par- thenon, das Odeum u. a. Die Mischung des Antiken und Modernen macht einen eigenthumlichen Eindruck; der alte Zauber attischen Bodens und griechischen Him- mels ist geblieben. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Landwirthschaft in Griechenland lasst noch Vieles zu wunschen iibrig. Einerseits gehort der Boden wegen seiner ge- birgigen , felsigen Beechaffenheit und der Wasserarmuth nicht zu den fruchtbaren; andernseits wird selbst der kulturfahige Boden, welchem etwa 33% der Gesammtnache angehoren, nicht vollstan- dig bebaut. Von dem produktiven Boden werden auf dem Fest- lande beilaufig 40/ wirklich bebaut , auf den Inseln ist dieses Verhaltniss ein viel giinstigeres. Am meisten wird Weizen gebaut, dann Gerste, Hirse und Mais , doch reicht die Produktion fiir den Bedarf der Bevolkerung nicht aus. Sorgfaltiger werden Hiilsen- fruchte und Gemuse gezogen. Von Handelspflanzen sind er- wahnenswerth : vorziiglichei Krapp, Tabak (dem tiirkischen an Giite gleich, tiber die Halfte der Ernte wird exportirt), Baumwolle geringerer Qualitat, Mohn. Der Weinbau ist sehr bedeutend, die Qualitat insbesondere auf den Inseln (Santorin , Tinos u. a.) vorziiglich, und die Jahresgewinnung diirfte auf 750.000 Wiener Eimer zu echatzen sein, wo von ziemlich viel ausgefuhrt wird. Der 367 wichtigste Zweig des Landbaues ist der Korinthenbau, vor- ziiglich an dem Ufergebiete der Golfe von Patras und Korinth, und man schatzt den Ertrag (fur das Jahr 1857) auf 80 Millionen Pfund; die Ausfuhr geht hauptsachlich nach Triest und England. Unter den Siidfriichten nehmen Feigen (Messenien, im Jahre 1856 an 92,000 Zentner, Ausfuhr nach Deutschland), Mandeln, Limonien, Orangen , Kastanien einen ansehnlichen Rang ein , obwohl deren Kultur noch sehr gehoben werden konnte. Die Pflege des Oliven- baumes (bei Salona, Korinth, am Eurotas u. a. O.) und desMaul- beerbaumes ist stets in der Zunahme. Die Fors t wirthschaft macht einige Fortschritte; am bedeutendsten sind die W alder im Innern von Morea. Die Viehzucht erstreckt sich zumeist auf die Pflege der Schafe und Ziegen; die Milch wird zu Butter und Kase benutzt, an Wolle werden bedeutende Mengen ausgefiihrt. Die Zucht des Rindviehes, der Pferde, Esel und Schweine ist verhaltnissmassig unbedeutend; dagegen liefert die Bienenzucht vortreff lichen Honig (vom Hymettus bei Athen) und viel Wachs. Die durch das Klima begiinstigte Seidenzucht ist einer grossen Ausdehnung fahig; die meiste Seide wird in Morea gewonnen, die Ausfuhr findet vorziig- lich nach Triest und Marseille statt. Die Fischerei ist an den Kiisten und Inseln sehr lebhaft , dessgleichen der Blutegelfang und die Gewinnung von Badeschwammeh. Der Bergbau liegt dar- nieder, obgleich die Gebirge nicht arm an Metallen sind ; man findet Braunkohlen (auf Negroponte) , den besten Meerschaum (in Liva- dien) und Marmor (auf der Insel Paros), verschiedene Salze und treffliche Thonarten. Unter einem Jahrhunderte langen Drucke und durch die lang- wierigen Kriege in den Grundfesten des volkswirthschaftlichen Lebens tief erschiittert beginnt die gewerbliche Industrie jetzt erst lang- sam sich zu heben, obwohl sie sich nur noch auf wenige Zweige und wenige Landstriche erstreckt. Am bedeutendsten ist die Verar- beitung von Seide in Attika, auf Negroponte und Tino. Die L e i n e n industrie ist fortschreitend und liefert ziemlich gute Waare ; die Wollweberei deckt den heimischen Bedarf an Manufakten geringerer Qualitat. Die Baumwol 1 industrie kann den oster- reichischen und englischen Import noch nicht entbehrlich machen, ebenso die P apierf abrikation. Erwahnenswerth sind die Stroh- flechtereien (in Athen, auf Hydra), die Lederfabriken (in Lepanto, Athen und auf Syra), Meerschaumkopfe u. s w. Die grosse Vor- liebe fur die Schiffahrt hat den bedeutenden Schiffbau im Ge- folge , namentlich haben Hydra , Spezzia und Syra vorziigliche Werften, wo auch sovvie in Argos, viel Segeltuch und Tauwerk er- zeugt wird. Die giinstige Lage Griechenlands zwischen dem Morgen- und Abendlande, und die in Europa am reichsten gegliederte Kiiste haben auf die Entfaltung des Haiidels eeit den altesten Zeiten ausserst vortheilhaft eingewirkt; ihm verdankt das Land den stei- genden Wohlstand. Der noch wenig befriedigende Zustand des Ackerbaues und der Industrie erheischt eine ansehnliche Einfuhr, 368 welche im Jahre 1857 den Werth von nahe 37 Millionen Drach- men (1 Drachme zu 100 Lepta = 86.3 Neukreuzer) erreichte ; da- gegen werden haupt8achlich Wein, Korinthen, Feigen, Citronen und dergleichen ausgefiihrt (im Jahre 1857 um nahe 24 '/ 2 Million Drachmen). Bei der Einfuhr sind am starksten vertreten: Ge- webe (nahezu 10 Millionen Drachmen), Getreide (fast 4 Millionen Drachmen), Vieh (uber 3 Millionen Drachmen), Zucker (2 l / 2 Mil- lion Drachmen), Kaffee, Bauholz, Eisen u. s. w.; bei der Aus- fuhr: Korinthen (13Y 2 Million Drachmen), Cocons (1 '/ 2 Mill' m Drachmen), Wein (1 Million Drachmen), Felle (Mehrausfuhr 1 Yj Million Drachmen), Feigen und Tabak (je 800.000 Drachmen), Wolle , Kase u. s. w. Die vorziiglichsten Handelsplatze sind: Athen mit seinem Hafen Piraeus, Syra, Nauplia, Patras und Kalamata. Nach den Landern der Herkunft oder derBestim- mung gestaltet sich der Verkehr am lebhaftesten mit: Gross- britannien, Oesterreich, Frankreich, den jonischen Inseln, Holland, Russland und der Tiirkei, in welchen Staaten griechische Handelshauser etablirt sind. Die Handelsmarine zahlte (im Jahre 1857) 4379 Schiffe mit 325,000 Tonnen und 26.000 Mann; der grosste Schiffsbauplatz ist Syra , wo jahrlich an 300 Schifi'e vom Stapel laufen. Zwischen den Hafen des Konigreiches und auch des Auslandes bestehen regelmassige Dampfschiffahrten ( grie- chische Dampfschiffahrts - Gesellschaft") ; fur den Landverkehr sorgt die Regierung eifrigst durch Anlegung von Fahrstrassen. Handelskammern bestehen an mehreren Orten, zu Athen ein Ge- neral - Handelscomite' und eine Nationalbank (Stammkapital 5 Mil- lionen Drachmen). Geistige Kultur. Die gegenwartige Regierung Griechen- lands ist eifrigst bemuht, durch Griindung von Lehranstalten die allgemeine Volksbildung zu heben , die Liebe fur wissenschaftliche und kunstlerische Beschaftigung zu beleben. Bei Grundung der Lehr- anstalten dienten die vortreff lichen deutschen Elementar- und Mit- telschulen zum Muster, und auch die Universitat in Athen ist nach deutscher Art organisirt. Das rasche Emporbliihen der zahlreichen Anstalten ist Beweis fiir den wiedererwachten Geist dieses begab- ten Volkes, welches in neuerer Zeit in alien Richtungen erfreuliche Fortschritte aufweiset; Athen ist der Mittelpunkt des geistigen Lebens fiir die gesammte griechische Nation. XVI. Das osmanische Kaiserreich (das Eaiserthum oder das Snltanat Tiirkei). . 151. Geograph. Geograpb. QMeilen Einwohner n Meilen Einwohner In Europa: In A s i e n . . unmittelbare Besitzungen Moldau (Boghdftn) 6507 736 1330 998 10,500.000 1,400.000 2,600.000 1,000.000 9571 31.482 44.958 15.500.000 16,050.000 5,050.000 Walachei (Iflak) Serbian (Syrp) In Africa . Gesammtmonarchie . . . 86.011 36,600.000 369 Nach der National! tat: fast 50% der BevSlkernng in der europaischen Turkei sind Slaven, an 4'/ s Million Walachen und Moldauer, J 1 /, Million Albanesen, 1 Million Griechen, etwa I'/, Million Osmanen, dann Armenier, Zigeuner etc.; der Islam oder der Muhamedanismns ist btaatsreligion, zu welehem sich (in Europa) beilaufig 4 Millionen bekennen, Griechen nnd armenische Christen fiber 10V, Million, an 650.000 rSmische Katholiken, endlicb Protestanten, Juden. Unum- Bchrankte Erbmonarchie in der mannlichen Linie der Farailie Osman. Oberflache. Die Turkei oder die Balkan-Halbinsel ist gross- tentheils Gebirgsland. Die Gebirge haben z w e i Hauptrich- tungen ; die eine (im westlichen Theile) ist von Nordwesten nach Siidosten, die andere (im ostlichen Theile) von Westen nach Oaten. Die erstere Gruppe bildet die Wasserscheide zwischen dem adria- tischen und dem agaischen Meere, die zweite zwischen dem letzte- ren und der Donau. Das westliche Bergland ist im Nord- westen eine Fortsetzung der aus Oesterreich (Militar - Kroatien, Dalmatien) hereinstreichenden Kara th Chen, welche sich vielfal- tig in Bosnien und Serbien verzweigen, und mehrere Plateaux bil- den. Die Centralmasse bildet der Schar Dagh, das hochste und wildeste Gebirge der Halbinsel. In sfldostlicher Richtung zieht eich das Rho dope- Gebirge (Despoto - Dagh) bis an das Meer. Der ostliche Grenzwall Albaniens heisst im nordlichen Theile Bora Dagh, im sudlichen der Pindus. Der Hauptrichtung von Westen nach Osten folgt der Balkan oder Ham us, der sich vom Schar Dagh zum schwarzen Meere fast parallel mit der Do- nau (jedoch etwa 10 15 Meilen sudlich von ihr entfernt) als Grenz- wall zwiachen Bulgarien und Thracien zieht. Er fallt gegen Norden ziemlich steil ab , gegen Siiden senkt er sich langsamer und bildet breite, anmuthige, sehr fruchtbare Thaler. An der siebenbiirgischen Grenze stehen die Karpat h en, welche nur kurze, steil abfallende Zweige in die Turkei senden. Von hier bis zum Hamus dehnt sich das Tiefland der unteren Donau (die walachische Tief- e ben e) aus. Das adriatische Meer mit der Strasse von Otranto, das agaische Meer mit den Busen von Salonik und Contessa, der Dardanellen- strasseund dem Marmorameer, der Hellespont und das schwarze Meer bespulen die europaische Turkei. Der Hauptfluss ist die Donau , welche von Belgrad bis Orsowa die Reichsgrenze gegen Oester- reich und von der Einmundung des Pruth bis zu ihrer Mflndung gegen Russland bildet. Ihre Nebenflusse sind: der Grenzfluss Save (mit der Unna , Verbas, Bosna und Drina) , die Mora v a in Serbien, die Aluta aus Siebenburgen , der Sereth in der Moldau und der Grenzfluss Pruth. Vom Balkan fliessen: der Vardar (in den B. von Salonik), der Karasu (in den B. von Contessa) und die Maritza (in den Archipel). Dem Gebiete des adriatischen Meeres gehort der Drino. Zu den bedeutenderen Seen sind zu zahlen : der See von Skutari, von Janina, von Kastoria, von Bedschik und von Takinos in Macedonien, und der Ramsin (Rassein) in der bul- garischen Dobrudscha. Das Klima ist im Allgemeinen angenehm milde, und mit Aus- nahme der Sumpfgegenden gesund. Klun's Handels- Geographic. 2. And. 24 370 Regierungsform uud Eintheilnng. Das Staatsoberhaupt (Padischah oder Sultan) hat in weltlichen RegieruDgsangelegenheiten den Grossvezier, in geistlichen den Mufti (Scheikh-fll-Islam) zn seinen Stellvertretern. Die hochste be- rathende BehOrde ist der Divan, den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung sind Minister vorgesetzt *). Die Provin zial-Verwaltung zerfallt in E jalet s , diese sind in Li was oder Sandsehaks, nnd letztere in Kazas eingetheilt. An der Spitze der erst en steht der Wali (General- Gouverneur), der zweiten der Raima kan und der letzten der Mudir. Gebr'auchlicher ist die Eintheilung in uiimi'Hclbaro Provinzen: Rumelien, Macedonien, Thessalien, Albanien, Bosnien, Bulgarien und die Inseln, und in mittelbare oder Vasallenlander : Serbien, Moldau, Walachei nnd das B Furstenthum Montenegro." I. Unmittelbare Provinzen: 1. Rumelien (Rumili): K onstantinop el oder Stambul (900.000 E., Vorstadte: Galata, Pera, auch Skutari), Adrianopel (150.000), Philippopel (90 bis 100.000), Gallipoli (30000), Burgas. 2. Macedonien: Saloniki (70.000). Seres (30.000), Kostendil. 3. Thessalien: Larissa (25000; Trikala, Volo. 4. Albanien: Skutari (20.000), Durazzo, Valona, Arta, Prevesa, Janina. Im nOrdlichen Theile von Albanien und angrenzend an Dalmatien liegt das ,Fiirstenthum Montenegro" (Cernagora), an 70 Q Meilen gross, mit 125.000 Einwohnern, welche eine fast v611ige Unabhangigkeit behanptet ha- ben. Der durcbgehends gebirgige Boden ist dem Ackerbaue nicht gunstig; den Hauptnahrungszweig der Bewohner bildet die Viehzncht. Von burgerlicben Gewerben kann nicht die Rede sein; der Handel wird nnr insoweit betrieben, als es die dringende No^hwendigkeit erheischt, und zwar fast ausschlie=slich mit Cattaro. Die geistige Kultur ist ausserst geringe. Der Thron ist (zu- folge Erbfolgestatnts rom 5. Mai 1855) in der mannlichen Nachkommenschaft des Fttrsten Danilo I. aus der Familie Petrowitsch des Stammes Njegusch erblich. Hanptort ist Cettinje. 5. Bosnien: Serajewo (oder Bosna Serai, 60.000) Mostar, Banjalnka, Tre- Nowi-Bazar, Bihac. 6. Bnlgarien: Sofia (50.000), Schumla (60.000), Widdin (20.000), Nikopoli, Sistowa, Rnstschnk, Silistria, Tultscha, Varna. 7. Inseln im Archipelagus: Candia (oder Creta, 145 O M -> 210.000 E.), ist hochgebirgig, hat jedoch sehr mildes Klima, in den Thalern und Ebenen ist der Boden sehr frnchtbar. Die Insel hat durch Erdbeben viel gelitten ; sie liefert viel Holz, Oel, Honig und Johannisbrot. Stadte: Candia (15.000), Canea (12.000), Rettimo. Andere Inseln: Stalimene (Lemnos) erzeugt Getreide, Wein, Feigen, rothe Siegelerde; Tasso, Samothraki, Imhro u. a. II. Mittelbare Provinzen : 1. Furstenthnm Serbien: Belgrad (20000), Kragnjevaz, Semendria, Passarowiz, Schabaz. 2. Fdrstenthnm Walachei: Bucharest (100.000), Fokschani, Krajowa, Giurgewo, Braila (oder Ibrail). 3. Furstenthnm Moldan: Jassy (80.000), Galacz, Ismail, Tutschkow, Kilia, Okna, Botuschan. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Landwirthschaft steht auf einer sehr niederen Stufe, da der turkische Landmann, mit Ausnahme der thatigen Bulgaren, meist nur fiir die Befriedigung der eigenen Bedurfnisse sorgt und grossere Vorrathe zu sammeln nicht gewohnt ist. Die Produktion an Weizen, Mais, Hirse und Buchweizen liefert dennoch zum Ex- port, welcher im Jahresdurchschnitt den Werth von ein Paar hun- *) Die hSchsten Staatsbeamten und Generate fiihren den Titel Pascha, die ho- heren Beamten Efendi, die SOhne der Paschas und die oberen Offiziere Bci, die niederen Offiziere und Beamten Aga. binje, 871 dert Millionen Piaster (& 9 Neukreuzer) erreicht. Die grosste Menge an Mais wird gewonnen in der Moldau, Walachei, Serbien und Bosnien, an Re is in Rumelien, Macedonien und Albanien; Flachs undHanf werden am starksten in den nordlichen Provin- zen gebaut, Baumwolle in Macedonien, Thessalien, Albanien und auf Candia, vortrefflicher Tabak in alien Theilen des Reiches, besonders in Macedonien *). Der Weinbau liefert ausgezeichnete Sorten , namentlich in Bulgarien , Bosnien und der Herzegowina ; Obst wird uberall in bedeutender Menge gewonnen; der Oel- baum wachst besonders an den Kusten des Archipels und des adriatischen Meeres, und Oel bildet eineu der Hauptexportartikel. Eine grosse Aufmerksamkeit wird der Blumen-, insbesondere der Rosenzucht, gewidmet; dagegen liegt die F o r s t k u 1 1 ur g'anz- lich darnieder. Erwahnenswerth ist noch der starke Mohnbau. Den Hauptreichthum der Landbewohner in der europaiachen Tiirkei bildet die Viehzucht. Schone Pferde, auf welche eine bedeutende Sorgfalt verwendet wird, werden in grosser Anzahl in der Moldau, Walachei und in Bulgarien gezogen ; gleiche Aufmerk- samkeit geniesst die Rind vie hzucht. Die meisten S chafe sind in den Donaufiirstenthumern , in der Dobrudscha , in Macedonien und Thessalien, die starkste Schweinezucht ist in Bosnian und Serbien; Ziegen, Esel und Maulesel findet man in alien Provinzen. Ausgezeichnet in der Bienenzucht sind die Bulgarei, Moldau, Albanien und die Inseln; jenseits des Balkan ist die Seiden- zucht so bedeutend, dass die jahrliche Seidenproduktion aui zwei Millionen Zollpfund geschatzt wird. Die Jagd ist ziomlich eintrag- lich, dagegen die Fischerei arg vernachlSssigt. Der Bergbau ist schlecht bestellt ; bei rationellem und sorg- faltigem Betriebe diirfte er reiche Ausbeute liefern. Relativ am besten stehen hierin Bosnien, Macedonien und Serbien, wo etwas Gold und Silber, mehr Eisen, Blei, Kupfer, Quecksilber und Schwefel gewon- nen wird. Viel Steinsalz haben die Moldau und Walachei an den Siidabhangen der Karpathen (Okna, Rimnik), dann auch Stein- kohlen und Salpeter; auf mehreren Inseln wird echoner Marmor gebrochen , die rothe Siegelerde der Insel Stalimene ist berikhmt. Den meisten und besten Meerschaum hat die asiatische TQrkei (bei Konieh, Karahissar, Brussa). Die gewerbliche Industrie steht im Allgemeinen in der Turkei auf einer sehr niederen Stufe ; nur einzelne Fabrikate und *) Die Tabak pro dukti o n betragt annabernd 39,434.000 Pfnnd. Die Qualitat des Produktes ist so verschieden als seine Verwendung; sie wechselt nach den Pro- vinzen, wo die Pflanze wachst. Die vorzuglichsten Orte der Produktion sind Mace- donien, Thessalien und der ndrdliche Theil von Anatolien. Die Umgebnngen vdn Karissa and Armyra in Thessalien produciren ca. 5 Mill. Pfnnd. Davon wird nar V 3 im Lande consnmirt, der Rest geht nach Griechenland und dem ubrigen Europa. Der Preis variirt von 11 '/, Fr. per Okka. Macedonien bringt jahrlich ca. 8 Mill. Pfund hervor, es exportirt davon nahe an 1 Million Pfund nach Bussland und Oester- reich; der grOsste und beste Theil der Ernte aber wird anf den Markten von Kon- stantinopel und 3., Mill. Pfnnd allein fur Frankreich nnd England verkauft; der Rest wird in den ubrigen Provinzen nnd Egypten consumirt. Die Tflrken selbst ziehen den syrischen Latakieh vor. Man gewinnt aus Syrien 1., Mill. Pfund Tabak erster und 1., Mill. Pfund zweiter Sorte. 24* 372 wenige grossere Stadte machen hiervon eine Ausnahme. Ein Haupt- artikel der Landesindustrie ist Leder, namentlich Korduan und Saffian in rother und gelber Farbe (in Larissa, Janina, Saloniki, Gallipoli); in Konstantinopel werden schone Lederarbeiten (Brief- taschen, Giirtel, Schabraken und dergleichen) gemacht. Beruhmt sind die Farbereien von Larissa, Ambelakia und im Thale des Salambria, in Janina, Saloniki und Konstantinopel, vorziiglich das B turkischrothe u Baumwollgarn, Auch in der Verfertigung von feinen Metallwaaren, besonders Waffen (Semendria, Konstantinopel) wird Vorzugliches geleistet. Die Wollen-, Baumwollen- und Seiden- zeuge, dann Teppiche (Saloniki, Adrianopel) iibertreffen nur in der Farbe die europaischen Fabrikate. Die Bereitung von Essenzen, besonders Rosen 61 (Adrianopel) gehort zu den namhafteren In- dustriezweigen. Alle iibrigen Fabrikate werden aus den europaischen Industrie-Siaaten importirt. Handel. Die geographische Lage der Tiirkei als Vermittlerin des produktenreichen Asiens mit dem industriellen Abendlande, die lange, reichgegliederte Kiiste mit den vielen guten Hafen begun- stigen ungemein den Seehandel, welcher hauptsachlich von Aus- landern (Griechen und w Franken u , das ist Abendlandern, Engl'an- dern, Franzosen, Italienern, Deutschen) betrieben wird. Im Allge- meinen kommen viele und mannigfaltige Rohprodukte zum Export, und europaische Manufaktur- und Fabrikwaaren zum Import. Der gesammte Handelsverkehr der Tiirkei (mit Einschluss der Donaufurstenthumer) wird in der Einfuhr nach der Tiirkei mit beilaufig 102 Millionen Gulden (aus Oester- reich um 25 Y 2 , aus England um 28 Millionen Gulden), und in der Ausfuhr aus der Turkei mit 112 Millionen Gulden (nach Oesterreich um 26 V 2 , nach England um 36 Millionen Gulden) berechnet. Genaue, offizielle Nachrichten iiber den Verkehr fehlen noch bis jetzt *). Die wichtigste Fl u ssschiffahrt wird auf derDonau be- trieben ; der Dampfschiffahrtsverkehr zwischen Wien und Konstan- tinopel sowie den an der Donau liegenden ansehnlichen Stadten ist sehr lebhaft. Aus dem schwarzen Meere fahren Kauffahrteischifte bis Galacz und Braila. Auch die Nebenflusse (Save , Morawa, Aluta, Sereth, Pruth), dann die Maritza und der Strymon haben ziemlich ansehnliche Schiffahrt. Der schlechte Zustand der Land- strassen, das mangelhafte Postwesen, hie und da auch Unsicher- heit hindern die Entfaltung des Binnenhandels. Die bedeutendste Strasse fiihrt von Konstantinopel fiber Adrianopel nach Belgrad, *) Exportirt werden: Baumwolle, rothes Garn, Saffian, Wein und Obst, Wolle, rohe Seide, Tabak, Honig und Wachs, Krapp, Siidfruchte, Gallapfel, Meerschaum- kiipfe, Rosenol, Teppiche, Sabel ; aus denDonaufiirstenthamern: Getreide, Pferde, Schlachtvieh, Haute, Talg, Borsten, Salz, Salpeter, Honig und Wachs; von den Inseln: Wein nnd Siidfruchte. Eingefuhrt werden alle Arten euro- paischer Fabrikate, namentlich: Eisen und Eisenwaaren, Baumwollstoffe, Tuche und Wollenzeuge aus England, Oesterreich, Frankreich, Belgien, aus dem Wupperthale nnd der Schweiz, dann : Pelzwerk, Hanf und Flachs aus Russland ; Glas, Spiegel, Papier, Wiener Fabrikate aus Oesterreich; kurze Waaren aus Nurnberg; deutsche, franzosische und englische Fabrikate u. s. w. 373 eine zweite von Bukarest nach Siebenbiirgen. Eisenbahnen be- stehen noch keine , dagegen mehrere Telegraphenlinien. Zu Kon- stantinopel hat die ottomanische Bank (Aktienkapital 200 Millionen Piaster) ihren Sitz. Von der geistigen Kultur im Sinne des christlichen Abend- landea kann in der Tiirkei keine Rede sein. Die TOrken haben im Ganzen ihre asiatischen Sitten und Gebrauche beibehalten und sind als Bekenner des Islam von geistigen Anstrengungen keine Freunde; Kunste und Wissenschaften haben so zu sagen keinerlei Fortschritte aufzuweisen. Es bestehen zwar mancherlei muhame- danische Schulen (Elementar-, Mittel- und Spezialschulen) , allein die Resultate derselben sind nach unseren Begriffen hochst unbe- deutend. Unter der christlichen Bevolkerung sind die Griechen die intelligentesten, induetriellsten und thatigsten, am meisten befassen sich die Geistlichen mit der Pflege der Wissenschaften. In neue- ster Zeit beginnt jedoch die europaische Kultur hie und da Wurzel zu schlagen. Die bedeutendsten Fabriks- and HandelsplHtze in 'der europaiscben T5rkei sind : Konstantinopel hat eine so gfinstige und herrliche Lage, wie vielleicht keine Stadt der Erde. An drei Seiten wird sie vom Meere bespfilt, im S. vom Marmara-Meer, im O. vom Bosporus, im N. vom goldenen Horn. An der Stelle des alten Byzantium liegt der Serail, ein eigener, mit Mauern umgebener Stadttheil, fiber 1 Stunde im Umfange, mit fiber 10.000 Be- wohnern, vielen Palasten, Garten u. s. w. Dicht darneben liegt der Palast des Grossveziers, die B hohe P forte". Eines der prachtvollsten Bauwerke ist die von Kaiser Justinian erbante Sophienkirche, jetzt Aja Sofia, das Muster aller Kuppelkirchen. Am goldenen Horn liegt der fast nur von Griechen bewohnte Stadttheil Fanar (Fanarioten). Galata liegt wo die Spitze des Hafens und des Bosporus zusammenstossen ; von Mauern um- geben und durch 12 Thore zuganglich bildet es eine seit jeher von Christen bewohnte Stadt, in deren steinernen, starken Hausern die Kauflente von Pera ihre Waarenniederlagen halten. Nach dem Bosporus zu schliesst sich daran Tophana mit seinen engen krnmmen Gasschen, Holzhansern and Krambuden, ira unmittelbaren Verkehr mit dem Hafen und den an- kommenden Schiffen. In ganz Konstantinopel rechnet man 80.000 meist unansehnliche Hauser. Jedes turkische Haus wird nur von einer Familic bewohnt. Es gibt an 400 Moscheen, fiber 5000 kleinere Terapel, etwa 500 hohere Lehranstalten, 1200 Elementarschulen, 13 Offentliche Bibliotheken, fiber 1200 offentliche Bader u. s. f. An der Spitze der r6mischen Katho- liken steht der in Pera residirende Patriarch (10.000 Katholiken). Die Stadt gewahrt vom Meere oder vom asiatischen Ufer gesehen einen pracht- vollen Anblick. Hinter dem Serail breitet sich die enorroe Hausermasse aus, fiberragt von den mit Landhausern und Garten besetzten Hugeln, zwischen diesen die Begrabnissplatze mit ihren Cypressenhainen. Aus dem Hauser- gewirre ragen die gl&nzenden Kappeln der Moscheen empor, und ein gan- zer Wald sanlenartiger Minarets. Im Hafen schaukelt eine enorme Menge von Schiffen aller Nationen. Konstantinopel mit den Vorstftdten Galata und Pera (Wohnsitze der ^Franken" und der Gesandten der christlichen Machte), die erste Seestadt der Turkei, besitzt wenige Fabriken (in Filz und Filztuch, Saffian, Waffen, Gold und Bijouterie) ; der Handel ist fast ausschliess- lich in den Handen der Europaer und gestaltet sich immer grossartiger. Die Einfuhr umfaast alle Industrie-Erzeugnisse des Abendlandes (Wenh 35 Millionen Gulden), die Ausfnhr vorzuglieh Wolle, Ziegenhaare, Tep- piche, Seide, Droguen, Leder. Die Dampfschiffahrt in das schwarze Meer und die Lloyd schiffahrt von Triest tragen sehr viel zur Hebung des Han- dels bei, 874 Adrianopel, an der schiffbaren Maritza, bat lebhafte Industrie, besonders Saffian and BosenCl, dann Teppicbe, Webewaaren in Seide, Baum- wolle, Wolle, Turkischrothfarberei. Sehr blahender Handel zu Lande nacb Konstantinopel und fiber den Hafen Enos an der Maritzamundung. Mehrere europaische Handelshauser sind bier etablirt, welche viele levantinische Bohstoffe, sch6ne Wolle, Seide, Tabak und Wachs, ferners aus Bussland Hanf, Talg nnd Haute zu Markte bringen. Erwahnenswerth ist der Bazar, einer der sch6nsten im Oriente. Saloniki, we\te Seestadt der Turkoi, Sitz der europaischen Handelskonsulate, wichtig durch ihre vorziiglichen Teppiche, Seiden- und Banmwollenzeuge, Turkischrothfarbereien, Saffian u. s. f. Der sehr bedeutende Eigenbandel umfasst die genannten Fabrikate, dann Getreide, Keis, macedonische Baum- wolle, Tabak. Bohseide, Sadfrachte, Opium. Wechselplatz fiir Frankreich, Italien und Oesterreich. Seres (in Macedonien, in der Nahe des Takinos-Sees and der Bai von Con- tessa) ist der Mittelpunkt der Baumwoll- und Tabakpflanzungcn, mit wel- chen Prodnkten ein bedeutender Handel getrieben wird. Larissa, die erste Fabrikstadt der europaischen Turkei, beruhmt dnrch Turkischrothfarbereien, Seiden- und Baumwollwebereien, Saffian- und Ta- bakfabriken, Mittelpunkt des Handels der an Produkten reichen Provinz Thessalien, der bei der Thatigkeit der Griecben sehr ausgedehnt ist. Varna, der beste turkische Hafen am schwarzen Meere, mit bedeutendem Handel; in der Einfuhr Kolonialwaaren, in der Ausfuhr Rohprodukte und Getreide. Donau-Handelsplatze: Neu-Orsowa, am n eisernen Thor," Hauptstation far die Donau Dampfschiffahrt mit Quarantaine-Anstalt, bedeutender Tran- sithandel mit den aus und nach Oesterreich und dem Zollverein bestimm- ten Waaren. - Die Donauhafen Widdin, Nikopolis, Sistowa (Ge- treide- und Salzhandel). Silistria (Getreidehandel), Tultscha, Giur- gewo (der eigentliche Hafen- und Stapelort fur den See- und Flusshandel der Walachei, wichtiger Speditionsplatz) ; Rustschuk, wichtig als Ver- einignngspunkt der aus der Turkei fuhrenden zwei Hauptstrassen, Stapel- platz fiir den osterreichischen Donauhandel, mit Saffian-, Seiden- und Mons- selinfabriken. Braila, Hauptplatz fiir den auswartigen Handel der Walaehei auf der Donau und dem schwarzen Meere ; den Hafen besuchen jfthrlich fiber 11.000 Schiffe, der Import stellt sich anf 6, der Export auf 11 Millionen Gulden; Galacz, der wichtigste Handelsplatz far die Moldau, vermittelt den Fluss- und Seehandel ; der sehr starke Verkehr wird beim Import mit uber 10, beim Export uber 7 Millionen Gulden bewerthet. Jassy halt grosse Messen in Landesprodukten, grosse Viehzucht (Kinder, Schweine, Schafe und Pferde). Leipziger Messwaaren und Siebenbiirger Produkte werden eingefQhrt; Naturprodukte, besonders Pferde, Binder und Schweine ausgefahrt. Botuschani unterhalt Wollhandel nach Briinn und Leipzig, Husch ist wegen des Wein- und Tabakbaues, Okna wegen der Steinsalzwerke bekannt. Bukarest, Hauptstapelplatz fur den ungeheuren Produktenreichthum der Walachei (viel Salpeter und Steinsalz zu Waleni, Kimpina; Griechen, Ar- menier und Israeliten unterbalten einen sehr lebhaften stets wachsenden Verkehr mit Wien, Leipzig und Triest. (Gi urge wo ist gleichsam der Hafen fur Bukarest.) Serajewo ist der Mittelpunkt des bosnischen Handels, ein Stapelplatz fur osterreichische Fabrikate nnd bosnische Bohprodukte. Belgrad, Mittelpunkt des serbischen Handels, wichtiger Verkehr mit Wien, Pest, Saloniki und Konstantinopel; lebhafte Industrie in Seide, Baumwolle, Teppichen, Leder, Waffen. (Von Semendria an der Do- nau ist eine Eisenbahn projektirt nach Konstantinopel, welche folgende Stadte beruhren soil: Semendria, Kruschewaz, Nissa, Scharkoi, Sofia, Phi- lippopel, Adrianopel, Konstantinopel.) Far den Handel am adriatischen Meere sin! bemerkeas worth: Sku- tari mit ansehnlichsm S^hiffbau, Fiscberei, badeutendem Handel, Gewehr- uai Wollfabriksn ; Durazzo niit Hifen und Haadel in Holz, Tabak, Oel, Tach u. a. uad Saffiaafabriken. T . Die Staaten von Asien. 152. Staatenbildungen. Nur die angesessenen Volker sind zu einer festeren Ordnung ihres gesellschaftlichen Zustandes und damit zur staatlichen Exi- stenz gekommen; so dieJapaner, Chinesen, Indo-Chinesen, Perser, Tiirken, Araber und einige andere Volkerschaften. Die Regierun- gen der gesitteten Volker Asiens sind sammtlich monarchisch und beinahe alle in dem Masse unumschrankt , dass sie zur d e s p o- tischen Staatsform gezahlt werden. Sie stehen unter einander nur in voriibergehender, meist feindlicher Beziehung. Neben der despotischen besteht in Asien zugleich die pa- triarchaliache Form des gesellschaftlichen Zustandes. Diese findet sioh bei alien Hirten-, Jager- und vegetirenden Volkern. Die Oberhaupter (Sheik, Khan) sind gleichsam Vater grosser Fa- milien und entweder unabhangig oder hciheren Oberhauptern unter- worfen. Auch gibt es noch Nomadenvolker, welche keine Oberhaup- ter haben, sondern in vereinzelten Familien leben. Ein grosser Theil der ansassigen Nationen und der Nomaden- vSlker ist der Herrschaft europaischer Nationen unterthan, ihre Lander sind Ko lo n i all an d er europaischer Staaten, namentlich der Russen, Briten, Osmanen, Niederlander, Spanier, Portugiesen und Franzosen. Die europaischen Kolonien umfassen beilaufig 380.000 QMeilen mit 215 Millionen Einwohnern. Die Staaten Asiens Kind: Geograph. Geograph. Einwohner QMeilen Einwobnei 1. Asiatische Tftrkei : a) Kleinasien oder Anadoli 9804 10,700.000 b) Armenien und Kurdistan 5693 1,700.000 c) Syrien 6873 2 750 000 d) Arabistan 9112 900.000 2. Arabien ;',.'., w .,.'.":. .'( * .-I .' , 3 Iran- 'a) Persien. . ..,.'; ...... 26000 12000000 31.482 48.000 16,050.000 12,000.000 b) Afghanistan 12000 6000000 c) Beludschistan 8000 2,500.000 4. Vorder-Indien (Hindustan) .*i. v , .>iaJ 5. Staaten Hinter-Indiens J^siViiiwJt 6 Indischer Arcbipel .Jnl-frl^Hi-vj,' i^.. 46.000 66000 40.000 36000 20,500 000 180.000.000 30,000.000 23 000000 7 China . ... 200000 375 000000 8000 30000000 9 Turkestan.. 30 000 6 000000 10. Russisches Asien (Sibirien, Amur Gebiet, Kaukasien, Kir- eisensteppe) . . 273.000 8.000000 376 I. Die asiatische Tiirkei. . 153. Die asiatische Turkei liegt zwischen dem schwarzen, dem agaischen , dem mittellandischen Meere, Arabien, dem persischen Meerbusen, Persien und dem russischen Reiche ; ist uber 31,480 QM. gross und hat eine Bevolkerung von fiber 16 Millionen. Der herrschende Stamm sind die Tiirken (fiber 10 Millionen), welche sich zum Islam bekennen. In Kleinasien sind zahlreich die Grie- chen (uber 1 Million), dann Armenier, Juden u. a. m. Die Turko- manen, Kurden und Araber sind meist nomadische Hirten- und Raubervolker, oder Halbnomaden. In den Seestadten wohnen viele Abendlander (,,Franken K ). Die asiatische Turkei ist in 16 Ejalete eingetheilt; gebrauch- licher ist die Eintheilung in Landschaften: l.Syrien mit Palastina. Das schmale Gebirgsland steht im Norden mit dem Hochlande von Kleinasien in Verbindung. Eine tiefe Thalspalte vom rothen Meere (Busen von Akaba) bis zum Taurus, in deren Mittc das ,,todte Meer" liegt, nnd welche vom O routes und Jordan bewassert wird , scheidet das Bergland in ein westliches mit demLibanon und ein fistliches mit dem Anti- lib an on. Nach Westen fallt das siidliche Land, Palastina, in eine schmale Kustenebene herab, welche nach Norden zu immer schmaler wird; ostwarts senkt es sich allmahlich zur syrisch-arabischen Wuste hinab. Der bedentendste Fluss ist der am Fusse des Hermon entspringende Jordan, welcher diesen Namen erst bei seinem Anstritte aus dem See Merom erhalt, spater den See Gene z are th (^Tiberias) bildet und in das .todte Meer" miindet. Das Land ist im Ganzen ziemlich frnchtbar aber sehr im Verfall. Die nord- liche Landschaft (Soriston) nnd die sudliche (Palastina) haben keine zum Ge- treideban geeigneten weitlaufigen Ebenen und miissen den Bedarf durch Zufuh- ren decken. Sftdfruchte, Wein und Oel gedeihen vortrefflich. Ausfuhrprodnkte sind Baumwolle, Tabak, Sesam, Gallapfel, Wolle und Seide. Wichtigere Orte sind: Aleppo oder Haleb Csiehe S. 381), Antakieh (Antiochia) treibt Saffiangerberei und bedeutenden Handel in Seide, Damaskus (siehe S. 381), Ladikijeh (Latakia, Laodicaea), bedentender Hafenort ; der ehemals bluhende Tabakhandel ist wegen der Unsicherheit im Lande mehrfach im Sinken ; Beirut (20.000), ansehnliche Hafen- und Handelsstadt; die in der Bibel merkwurdigen, den Christen heiligen Platze Jerusalem (30.000), Bethlehem, Nazareth, Jericho; dann Guzzeh (Gazza), Jaffa, Nablus (Sich em), Said (Si don), Tar (Tyrus). Jerusalem ist im Verhaltnisse zu seiner einstigen Gr6sse nur mehr eine kleine, mit Mauern umgebene Stadt. Viele Hauser sind fest gebaut, die meisten aber nur von Lehm, mit flachen Dachern, und ohne Fenster auf die Strassen. Fast alle Strassen sind eng und krumm, voll Schutt und Unrath und schlecht OOO.C 000,1 gepflastert. Von den 30.000 Einwohnern sind etwa 12.000 Christen, 8000 Ju- den und 10000 Muhamedaner. Die Stadt zerfallt in 4 Viertel ; das arme- nische auf dem Berge Zion mit armenischen Klostern, der Citadelle, der evangelischen Christuskirche; das Christenviertel, im nordwestlichen Theile, enthalt die heil. Grabeskirche, den Hiskias-Teich, das Hans des lateini- schen und des griechischen Patriarchen, des evangelischen Bischofs, des koptischen Khans nnd das Franziskanerkloster ; das Judenviertel nimmt den Mit- teltbeil im Suden ein; das mohamedan is che Viertel ist das grSsste, hier befinden sich : der alte Tempelplatz, der Schmerzensweg des Heilandes (via dolorosa), der Teich Bethesda, die verfallene St. Annenkirche, und die Wohnung des Pascha. Die verehrungswurdigste Merkwiirdigkeit fur die Christen ist die Grabeskirche, eigentlich drei verschiedene Raume nnter einem Dache: westlich die Kirche des heil. Grabes mit der Engelskapelle, der GrabeshShle und dem Sarkophage, in welchen man den gekreuzigten Gottes- 877 sohn gelegt batte; in der Mitte die des Kalvarienberges mit dem Orte der Kreuzigung; ostlich die der K reuzer findung mit der Helenenkapelle, in welcher der Erzherzog Ferdinand Max in jungster Zeit einen neuen Altar aus Marmor aufstellen liess. Im heiligen Andenken sind noch viele andere Platze. Hier sind ferners mehrere KlOster und Wohlthatigkeits-Anstalten zur Aufnahme von Pilgern. Auch die Umgegend tragt das Geprage der reli- giosen und geschichtlichen Denkwurdigkeiten an sich. Bethlehem, zwei Stunden von Jerusalem entfernt, die Geburtsstatte des kOniglicheil Sangers David und des gQttlichen Stifters des Christenthums, hat eine malerische Lage auf zwei llugeln. Die Hauptbeschaftigung der jetzigen, fast nur christlichen Bevolkerung der Stadt, 3000 an Zahl, besteht nebst dem Ackerbaue in der Verfertigung von Rosenkranzen, Kruzifixen, und ahnlichen Gegenstanden aus Olivenholz, Dattelkernen und Perlmutter. Hier ist die Gebnrtsh6hle, zu welcher 52 Stnfen hinabfiihren, mit einem Altar und mit einer weissen Mar- mortafel mit der Inschrift: Hier ist von der Jungfrau Maria Jesus Christus geboren worden". In einer besondern Grotte ist der n Altar der Krippe" ; dann die n Kapelle der unschnldigen Kinder" nnd die Grotte des grossen Kir- chenvaters Hieronymus. Nazareth liegt am Tabor und zahlt 3000 Ein- wohner, welche rSmisch-katholisch, griechisch-katholisch, griechisch- nichtunirt, maronitisch und mohamedanisch sind. Grossartiges lateinisches Kloster und daran stSsst die Kirch e der Verkandigung", nach der heil. Grabeskirche die sch8nste des Landes. Unter dem Hochaltar befindet sich die Grotte der Ver- kflndignng. Das Hans des heil. Joseph, wo Jesus bei seinen Eltern lebte, ist ebenfalls eine hochverehrte Statte. 2. II ctlsc has, das ist der turkische Antheil von Arabien mit den Ejalets von D s chid da nnd Medina, ein ausserst trockenes Land mit fast tropischem Klima. Im Norden ist die syrisch-arabische Wiiste mit wenigen kleinen Oasen, im Sfiden steigt es zum arabischen Tafellande empor. Bemerkenswerthc Orte sind: Dschidda (12.000), wichtig fur den Handel zwischen Arabien, Aegypten nnd Indien, zugleich der Hafen fur Mekka (80.000), die heilig gehaltene Stadt der Moslem; dann Medina (20000) und dessen Hafenstadt Yembo, endlich Akaba am Nordende des gleichnamigen Basens. Mekka ist mit Medina dnrch zwei Karawanenstrassen verbunden, so wie mit Yemen, El Chatif (am persischen Golf), Bagdad, Basra und Dschidda. Zur Provinz Hedschas rechnet man auch die Sinai -Ha Ibi nsel zwischen den nordlichen Busen des rothen Meeres (von Suez nnd Akaba). Die gebirgi- gen Theile in der sudlichen Halfte enthalten schone und fruchtbare Thaler, nnd zahlreiche kleine Quellen ; nordlich geht das Plateau in eine Wflstenlandschaft fiber, die sich bis zum Mittelmeer erstreckt. Den Mittelpunkt der historischen und religiosen Erinnerungen bildet dieGruppe des Sinai mit demDschebl Musa (Berg Mosis), dem geheiligten Berge der Gesetzgebung, dem nordOstlichen Vorberge Horeb, und dem h6chsten Berge der Grnppe, dem St. Kathari- nenberg. In einem fruchtbaren Thale am Fusse des Horeb liegt das alte Ka- tharinenkloster. 3. Kleinasicn (Natolien oder Levante). Diese Halbinsel, welche n die Kultur- brucke von Asien nach Europa" bildet, besteht aus einer Beihe von Plateau- landschaften, durch Berggruppen und Ketten von einander getrennt, welche letz- teren vom armenischen Hochlande herfiber greifen. Das centrale Plateau fallt am steilsten gegen Saden ab; im Westen ist es em durch parallele Ketten- gebirge und Tiefthaler reich gegliedertes Tiefland ( B die Kustenlandschaft der Levante"); im Norden sind die Randgebirge durch ansehnliche Parallelfliisse durchbrochen ; die Ostbegrenzung Kleinasiens bildet der Antitaurus. Von den beiden Endpunkten des Antitaurus gehen die beiden Gestadeketten des Tau- rus aus. Das nOrdliche Randgebirge oder das pontische Knstengebirge nnd im Suden der (cilicisch-lycische) Taurus. Das centrale Plateau hat die hochste Bodenanschwellung der Halbinsel in dem Er d s c hisch oder Argaeus (12.0000. Die Gebirge gehOren voizugsweise vnlkanischen Bildnngen an; Erd- beben sind haufig und von furchtbarer Wirkung (1855 in Brussa). Kleinasien ist zwar gat bewassert, doch sind nur wenig Fliisse auf karze Strecken schiff- bar. Die Binnenflftsse des centralen Plateaus bewassern die Steppen und ergiessen sich in Salzseen oder in Schilfsumpfe; die Meerzufliisse durchbre- chen die nOrdlichen Randgebirge odor stftrzen sich als kurze Kflstenflttsse sftdlich 378 in das Mittelmeer, die westlichen bewassern in vielfach gekrummtem Laufe pa- rallele Langenthaler, die fruchtbarsten Kulturlandschaften. Der bedeutendste Fluss ist der Kizil Irmak (Halys), welcher, ohne schiffbar zu sein, in den Pontus mflndet. Die Westkuste Kleinasiens ist nngemein gegliedert und hat viele vortreffliche Hafen. Mit Ausnahme der heissen Kiistenstriche und der rauheren Berglandschaften hat Natolien ein gemassigtes, gesundes Klima und ist bis auf die holz- und wasserarmen Steppen im Innern von grosser Fruchtbarkeit. Trotz der mangel- haften Bodenkultur gedeihen nebst den europaischen Getreidearten vorzQgli- cherWein, edles Obst, Sudfrfichte (Smyrna'er Feigen, Rosinen, Korinthen), Mohn, Oel, ausgezeichneter Tabak, Baumwolle, Krapp, Safran, Safflor, Buchsbanmholz u. s. w. Unter der sehr bedeutenden Viehzncht nehmen das Schaf, die An- gora-Ziege, Buffel and Esel einen bedeatenden Bang ein; das Pferd ist klein aber ausdauernd, das Kameel wird bei den KarawanenzQgen verwendet. Von besonderer Wichtigkeit ist die Seidenzucht. Ueberbaupt bildet die Viehzucht einen der Hauptnahrungszweige der BevOlkerung. Der Bergbau ist sehr zu- ruck; erwahnenswerth sind: Kupfer (von Tokat), der feinste Meerschaum (von Kiltschik bei Karahissar), Siegelerde (von Sinope), Asphalt und Naphta (aus Syrien). etwas Steinkohlen u. s. f. Wichtigere Orte sind: (Seestadte): Smyrna (130.000; siehe S. 380), Tarsus (30.000, Hauptexport des levantinischen Kupfers), Chanek-Kalessi (Stationsplatz des Osterreichischen Lloyd in den Dardanellen), Skutari (60,000); (am schwarzen Meere): Sinope (8000), Samsun (Blutegel- und Tabakhandel), Trebisonde (Trape- zunt, Tarabison, 50.000; siehe S. 381); (im Innern): Bolih, Brussa (mit dem Hafenort Mundania), Kutahija (50.000), Karahissar (60.000), Konieh, Tokat (100.000), Siwas, Angora. 4. Die In.selll. Cypern, eine der fruchtbarsten Inseln, produzirt vortrefflichen Wein, Baumwolle, Oel, Sudfruchle, die feinste Wolle der Levante, u. a.; Nikosia (oder Levkosia 16.000), Larnaka. Rhodus mit der gleichnamigen Hanptstadt (10.000), Schiffswerfte ffir die turkische Flotte. Die gesunde nnd fruchtbare, besonders an Wein reiche Insel Samos mit dem {Hauptort Kora. Die ehemals reichste griechische Insel Chios mit dem gleichnamigen Hauptorte hat sich von der ungeheuren Verwfistung (im Jahre 1822) noch nicht erholt, producirt Mastix, Wein, Feigen, Seide, Wolle, Ease. Ausserdem zahl- reiche kleinere, meist fruchibare Inseln im Archipel und im Marmara-Meere. 5. Armenicn. Das armenische Hochland hat seine grOsste Erhebnng im Plateau von Erzerum, an dessen Nordostrande sich der Ararat (16.000) erhebt. An das Hochland schliessen sicb im Westen die Plateaux von Kleinauien an, zum Pontus fallt es steil ab, gegen Sfidosten hangt es mit dem persischen Hochlande zusammen. Die Gebirge, von vorherrschend vulkanischer Bildung, schliessen viele Gebirgsseen ein, deren mehrere salzhaltig sind ; der grosste ist der fisch- reiche Wan. Die Plateaux sind steppenartig, waldlos; die Thaler tief einge- schnitten, moistens gut bewassert und fruchtbar. In diesem Hochlande sind die Quellen der grOssten vorderasiatischen Flfisse: in den Pontns fliesst der Kizil Irmak, in das kaspische Meer der Kur und Aras, in den persischen Meerbusen der Euphrat und Tigris. Armenien ist ein rauhes, nicht eben fruchtbares Land. Eisen, Kupfer, Blei, Getreide, Wein, Seide und Baumwolle sind die Hauptprodukte. Die vielen und grossen Weiden begiinstigen die Viehzucht, namentlich sind die vortrefflichen Pferde geschatzt. Armenier leben als christliche Kaufleute in ganz Vorderasien und in Osteuropa; auf den Steppen finden sich nomadische Kurden. Hauptort ist Erzerum (100.000) mit vorziiglichen Waffen-, Seide- und Lederfabriken, wichtigem Transit- und Speditionshandel (namentlich Karawanenhandel) nach Trapezunt, mit welchem Platze es in direkter Geschaftsverbindung steht (siehe Trapezunt). Wan (40.000) am Wan-See, treibt gleichfalls lebhaften Handel. 6. Mesopotamien umfasst das Land zwischen dem armenischen Hochlande und dem persischen Meerbnsen am mittleren und unteren Laufe des Euphrat nnd Tigris. Der nSrdliche Theil heisst Al Dschesirah ( B die Insel," Assyrien), der sudliche Irak Arabi (Land dec Araber, Babylonien, Chaldaea). Der nord- liche Theil mit dam Sftdabfall des annanischen Hochlandea ist ein zwar wenig angebautes, aber hochst reizendes und fruohtbares Land; der mittlere Theil (von 879 Mossul bis Bagdad) ist eine ebene, baumlose, diirre Steppe; der untere Theil (von Bagdad bis zar Vereinigung der beiden Flusse bei Korua) ist das durch unglaubliche Fruchtbarkeit ansgezeichnete alte Babylonien, von tausend Be- wasserungskanalen durchschnitten, wo zahlreiche DCrfer, herrliche Palmenhaine und ein trefflicher Anbau sich finden. Von Korna bis an den Meerbusen bietet das Land den Anblick schilfreicher Kaniile mit zahlloscn Inseln, Laguncn und Morasten dar. Wichtigere Orte sind: a) (In Al Dschesirah): Diarbekir (60.000), in einem sehr fruchtbaren Thale am Tigris, Fabriken von TSpfergeschirr, Baumwoll- und Seidenweberei, Le- derbereitung , wichtiger Handelsplatz , Ma'aden-Kapur (die wichtigsten Kupfergruben), Mossul (70.000, sebr bedeutende Fabriken feiner Baumwoll- stoffe [Musseline] und Leinwand, Saffian), Or fa (einst Edessa, bedeutende Gerbereien und Webereien). b) (In Irak-Arab i): Bagdad (70.000), Hauptemporium fur den indischen Handel, blfihende Industrie in Leinen-, Seide-, Baumwollen- und Wollstoffen, Leder, Seife; Hi 11 eh (Ruinen von Babylon) Basra (oder Bassora, 80.000), nngesnnde Gegend, bedeutender Handel mit Perleii, Kaffee, indischen Waaren, Fferden u. a., gleichsam Hafen von Bagdad. Allgemeines Knlturbild der Levante. Die Erzeugnisse der Urproduktion stehen in gar ketnem Verhaltnisse zu den ausserst gunstigen Vorbedingungen, welche die Natur hier gegeben hat. Seit der Erlassung des Hatti-Sheriff's *) von Gulhane, der dem Landmanne gewisse Rechte zusiohert, hat sich zwar der Landbau in mehreren Gegenden gehoben, allein die gesammte Urproduktion steht auf noch sehr geringer Stufe. Zu den wichtigsten Erzeugnissen gehoren: Seide von Brussa und Smyrna (fiber 6000 Zentner jahrlich), von Akre und Damascus (in Syrien), von Basra und Bagdad (in Babylonien) , Diarbekir und Mossul (in Mesopotamien), Erzerum (in Armenien), und von mehreren Inseln. Baumwolle (smyrnische, syrische, cyprische); Schafwolle, Kameel- und Ziegenhaar von Angora (Natolien) ; Straussfedern aus Aleppo (Syrien); Krappwurzel, Safran, Safflor aua Natolien; Tabak von Latakia (an der syrischen Kuste, geht zumeist nach Konstantinopel) ; vortreffliche Weine (Smyrna, Cypern, Samoa); Rosinen (Damascus, Smyrna, Samos), Korinthen, Mandeln, Datteln , Feigen (Smyrna); verschiedene Oele , Opium , Gummi , Terpentin (von Chios) ; das schonste Buchsbaumholz aus Natolien ; die meisten und besten Badeschwamme (syrische Kuste und Archipel) ; Kupfer aus Na- tolien und von Erzerum; der feinste Meerschaum von Kiltschik (bei Karahissar) , Siegelerde von Sinope und der Insel Lemnos u. s. w. Sehr ausgebreitet ist die Rosenkultur zur Bereitung der unter Orientalen wichtigen Handelsartikel : Rosenol und Rosen- wasser. An Waldern ist vielfach Mangel, der Bergbau ungemein vernachlassigt. In der gewerblichen Industrie, welche in der asiatischen *) Hatti- Sheriff = ,Bulle des Chalifen" ist ein vom Sultan erlassenes Ge- setz; Tanzimat ist die Verordnung zur Durchfnhrung des Hatti-Sheriffs von Gul- hane; Irads ist eine vom Sultan als politischem Souverin unterzeichnete Verord- nung; Ferman ist ein vom Sultan unterzeichnetes Dekret, das sich auf Gegenstande der Verwaltung bezieht ; Berat ist ein Diplom, welches nur persSnliche Angelegen- heiten batrifft,; Sennod ist eine diplomatische Convention, za deren Unterzeichnung der Minister ermachtiget ist. 380 Tftrkei auf einer hoheren Stufe steht als in der europaischen, sind am starksten verbreitet: die Fabrikation in Seide, Baumwolle, Ka- meelhaar, dann Teppiche, Saffian, Waffen (Damascener) und Kupfer- waaren, endlich die Tiirkischrothfarbereien, die Bereitung von Rosenol und Rosenwasser. Die gewerbreichsten Stadte sind: (in Klein- ns ien) Brussa, Angora, Smyrna, Konieh und Tokat, (inSyrien) Damascus und Haleb oder Aleppo, (in Babylon ien) Bagdad und Basra, (in Mes o pot ami en) Mossul und Diarbekir, (in Armenien) Erzerum. Ilandelsverhaltiii&se. Seit den altesten Zeiten \varen die stidostlichen Kuetenlander des Mittelmeeres, das ist die Levante, wegen des Reichthums an wichtigen Naturerzeugnissen, wegen der Kunstarbeiten seiner bliihenden Stadte, noch mehr aber durch die gtinstige geographische Lage zwischen den Handel treibenden Vol- kern Europas und Indiens ein wichtiger Platz des Weltverkehrs und der kommerziellen Interessen, der Ausgangspunkt des Handels, der Vermittler zwischen der abendlandischen und morgenlandischen Kultur und Wissenschaft. Selbst die Auffindung des Seeweges um das Cap der guten Hoffnung und die langwierigen tiirkischen Kriege haben diese Handelsbewegung nicht unterbrochen , welche sich seit dem enormen Steigen L der europaischen Industrie nur noch ver- mehrt hat. Im Mittelalter nahmen Venedig und Genua den ersten Rang ein, seit dem 16ten Jahrhunderte trat Marseille in den Vordergrund, gegenwartig stehen England und Oesterreich an der Spitze; doch sind auch Livorno, Russland, Holland, Belgien und Alexandria ansehnlich dabei betheiligt. In alien wichtigeren Platzen bestchen Konsulate und Faktoreien der Europaer, mit denen Griechen, Ar- menier und Juden den meisten Verkehr unterhalten. Der Han- del im Innern und nach den Kusten der Levante wird'bei dem Mangel an schiffbaren Fliissen und an regelmassigen Strassen mit Sicherheit nur durch Karawanen betrieben, welche direkte Handels- verbindungen mit den grossten Stadten des Landes und den Nach- barlandern unterhalten. Die wich tigs ten Haildclsplutze sind: Smyrna, die wichtigste und reichste Stadt der Levante mit vortrefflichem Hafen. Grosse Karawanen 'bringen die zum Levante-Handel gehorigen Produkte nnd Waaren aus Kleinasien, Arabien und Persien auf diesen Stapelplatz des Levantiner Handels. Die einheimische Industrie (zwar im Ganzen bedeutend geringer als ehemals, doch immer noch ansehnlich) er- zeugt hanptsachlich Teppiche, welche nebst Baumwolle und Opium zu den Hauptartikeln des Handels gehOren. Die Einfuhr betrftgt mindestens 13, die Ausfuhr fiber 16 Millionen Gulden Bei der Einfuhr sind nebst Kolo- nialwaaren sammtliche europaische Manufaktur- und Fabrikswaaren vertreten. Nachst England, welches den starksten Verkehr unterhalt, stehtTriest vor- zQglich dnrch die Dampfschiffahrt des Ssterreichischen Lloyd mit der Levante in Verbindung; auch Frankreich, Nordamerica, Holland u. a. nehmen An- theil am Smyrna'er Handel. Als Vorhafen von Smyrna dienen die kleinen Seeplatze Tschesme und Burl a, welche hauptsachlich Smyrna'er Ro- sinen verladen. In Smyrna herrscht relativ die gr8sste Ordnung, Handels- freiheit und Begiinstigang der w Fremden" unter den Levantiner Platzen, desshalb haben sich hier auch viele earopiiische nnd amerikanische Hauser etablirt. Fast alle Handel treibenden Staaten haben zum Schutze ibrer 381 Interessen hier ihre Konsulate, welche die Jurisdiction in bfirgerlichen und kommerziellen Angelegenheiten fiber ihre Landsleute ausBben. Trebisonde (Trapezunt, 100.000 E.), Stapelplatz fur den gesammten enro- paischen Handel nach Persien and Armenien, sowie der eigentliche Hafen fur Erzerum, Tauris (richtiger Tabris) und Teheran, hiermit ein Haupt- entrepot fur Central-Asien. Den grOssten Aufschwung verdankt diese Stadt dem persischen Transit, welcher sich hieher zu ziehen begann, als im Juhre 1831 der Weg uber Redutkale durch rnssische Zollmassregeln gleichsam gesperrt und der bis dahin gebrauchliche Landweg durch Klein- asien zu langsam und zu kostspielig be fun den wurde. In dem Zeitraume von 1831 bis 1856 weiset der Transit ein stetiges Wachsen, die Steigerung zeigte im Jahre 1856 das enorme Verhaltniss von 1 : 13 i&r die Einfuhr, von 1 : 9 f'iir die Ausfuhr. Von besonderer Bedeutung ist dieser Hafen far Oesterreich wegen der Verbindungen von Triest mit der Levante, namentlich dem schwarzen und agaischen Meere sowohl durch den Lloyd, die rfihrige Segelschiffahrt, als auch wegen des Einflusses, den die Dampf- schiffahrt auf der Donau auf den Handel im schwarzen Meere ubt. Die rnssischen Waaren nehmen ihren Weg aus den russischen Hafen ebenfalls fiber Trebisonde nach Persien, dessgleichen die englischen und griechischen. Trapezunt ist der Sammelpunkt aller Seelinien, die dem persischen Verkehr auf dem nOrdlichen Wege dienen, sie ist die eigentliche Seestadt far Per si en. Tiflis, die persischen Markte Tabris, Rescht, Balfrutsch und Teheran unterhalten mittels dieses Hafens ihre Verbindung mit Konstan- tinopel, Wien, Triest, Leipzig und Hamburg, und die projektirte Eisen- bahnverbindnng von Trebisonde nach dem Euphrat durfte den gesammten vorderasiatischen Verkehr noch ungemein heben. Gegenwartig hat der Import einen Werth von mindestens 20 und der Export von 14 Millio- nen Gulden. Die Haupteinfuhr besteht in Kolonial- und Manufaktur- waaren, in Eisen-, Stahl-, Quincaillerie- und Glaswaaren, Waffen, Pelzwerk, Wein, Salz und Seife; die Ausfuhr in persischer Seide, Baumwolle, Wolle, Teppichen, Shawls, Hanf, Hauten, Tabak, Wachs, Kupfer u. a. m. Damascus (uber 150000 E.), die bedeutendste Fabriks- und Handelsstadt Syriens, unterhalt ansehnliche Fabriken in Baumwoll-, Seiden- und Gold- stoffen, Gold- nnd Juwelierarbeiten, Leder und Lederwaaren (vorziiglich Pferdegeschirr) , beruhmten Waffen (Damascenerklingen), sch6nen Perlmutterarbeiten nnd Bereitung von Rosen-Essenzen. Seit Jahrhunderten geniesst die Stadt in diesen Artikeln einen Weltruf. Im Mittelalter war sie die Lehrerin von Venedig und Genua in diesen Industriezweigen. Zu- gleich ist der Handel dieser an der grossen Mekka-Strasse gelegenen Stadt, in welcher sich jahrlich die grosse Pilgerkarawane sammelt und durch welche die Handelskarawanen nach Bagdad und Aleppo ziehen, von hochster Bedeutung. Die Stadt ist ein wichtiger Stapelplatz fur die ans Enropa uber Konstantinopel und Beirut, nnd ifir die aus Ostindien, Per- sien, Arabien und dem inneren Asien kommenden und die dorthin ab- gehenden Waaren. Die wichtigsten Handelsartikel sind: ausge- zeichnete Sudfriichte , Oel , Wein , Banmwolle, die zahlreichen Erzeug- nisse Asiens , welche die Karawanen mitbringen und die Prodnkie der Stadt. In den grossen Bazars werden die ostindischen und persischen Fabrikate, sowie die europaischen leichten Stoffe von heller Farbe, Druck- waaren, Game u. a. m. nmgesetzt. Unter den Earop&ern sind die Eng- lander und Franzosen am starksten betbeiligt, obwohl auch andere Nationen die Produkte des Abendlandes hier zu Markte bringen. Aleppo oder Haleb (100.000 E.) hat wie Damascus ansehnliche gewerb- liche Thatigkeit in den gleichen Artikeln. Bedeutender noch ist die Stadt als Mittelpunkt des Verkehrs zwischen dem Mittelmeere und dem persischen Golfe, welcher durch die projektirte Eisenbahn zwischen Antakieh-Aleppo- Balis noch ungemein eihdht werden durfte. Die Handelsstrasse zu Land uber Persien nach Ostindien hat auch nach der Auffindung des See- weges nach Ostindien an ihrer Wichtigkeit nicht eingebnsst, wesshalb die Stadt als Hauptniederlage von europaischen, turkischen, persischen und indischen Waaren nachst Smyrna vielleicht der bedeutendste Handels- platz der asiatischcn Turkei ist. Seit Jahrhunderten besitzen Europaer hier kommerzielle Etablissements und in neuester Zeit ist vorznglich 882 England fur Griindung von Handelshansern thatig , die mit London und Liverpool in direkter Verbindnng stehen. Auch Livorno und Mar- seille unterhalten hierher direkte Geschaftsverbindungen. Aus Bagdad brin- gen zweimal im Jahre die Karawanen persische und indische Rohprodukte und Industrieerzengnisse; durch die grosse Mekka- Kara wane erhalt die Stadt nebst indischen und agyptischen Produkten vorzuglich Mokka-Kaffee und arabisches Gummi. Nach Europa geben die levantinischen Rohpro- dukte; dagegen erhalt Syrien Mannfakte aller Art, besonders Eisen und Stahlwaaren, Papier, Glas, Porzellan, Kolonial- und Farbwaaren u. a. m. II. Arabien. . 154. Im Siiden der asiatischen Tiirkei zwischen dem persischen Meerbusen und dem roth en Meere liegt die beilaufig 48 000 QMei- len grosee und von etwa 10 12 Millionen Menschen bewohnte Halbinsel Arabien. Bekannt durch seine Beduinen, Kameele und Rosse, seinen Weihrauch, Balsam und Kaffee, und als Wiege des Islam ist Arabien im Ganzen doch ein von Natur nur sparlich bedachtes Land. Die das Land an drei Seiten bespulenden Meeres- arme entsenden keine Glieder in das Festland, grosse Strome feh- len ganzlich, eelbst Steppenfliisse sind sparsam vorhanden ; Arabien ist sonach uberwiegend trocken und sandig. Nach vertikaler Ge- staltung ist es ein grosses Tafelland von massiger, aber doch viel- leicht bis 7000' gehender Erhebung in der Mitte des Landes. Nordlich senkt sich dieses Bergland (Nedsched) zur syrisch- arabischen Wuste, welche sich von der Landenge von Suez bis zum untern Euphrat ausbreitet ; gegen Westen fallt es steil zum Kiistenstriche am rothen Meere herab; nach Suden dehnt sich eine noch grossentlieils unerforschte Wuste aus ; hier scheint das Land ein fast endloser Ocean von Flugsand , den der Sturm in Wolken forttragt. Die reichste Vegetation hat das eiidliche Kusten- land (Jem en, w gluckliches Arabien"); im Ganzen mag etwa ein Sechstel der Halbinsel als Weide- und Kulturland brauchbar sein. -- Das Klima ist heiss und trocken, nur auf den Hoch- flachen kommen Nachtfroste vor. Im Norden weht zur heissen Jahreszeit der Samum, an den Kustenstrichen tragen Monsune zur Feuchtigkeit viel bei. Das \\-ichtigste Produkt Arabiens ist der Kaffee, vorzuglich aus der Landschaft Jemen (Mokka). Weiters liefert das Land: Gummi, Balsam, Weihrauch, Myrrhen, Aloe, Sennesblatter, Tamarinden, Datteln, Baumwolle u. a.; am reichsten sind Jemen und Oman. Vorzugliche, wegen der Schnelligkeit , Ausdauer, Gelehrigkeit und Schonheit ausgezeichnete Pferde (Landschaft Nedsched); viel Kameele, Esel, Maulesel, viele sonstige zahme und wilde Thiere, sehr ergiebige Perlenfischerei. Edle Metalle fehlen, die Ausbeute von Blei, Kupfer und Eisen ist geringe, star- ker an Edelsteinen und Schwefel. Von Gewerbeindustrie kann nicht die Rede sein. Der Handel ist sowohl wegen der Erzeugnisse des Lan- des, als noch mehr wegen seiner Lage als Station fur den indisch- europSischen Verkehr ansehnlich. Neben dem Seehandel ist auch 383 der Karawaneuhandel von Bedeutnng. Export irt werden die fruher erwahnten Landesprodukte ; import irt alle benb'thigten Manufaktur- und Kunsterzeugnisse aus Europa und andern Indu- strielandern. Die Bewohner sind entweder Fellah's, das ist Feldbauer und Viehzfichter, oder Beduinen, das ist ,,Kinder der Wuste", welche in derselben nomadisch streifen und nur ihren Scheiks und Emiren folgen; die Stadtebewohner heissen Had he si und die Halbnomaden Maehdis. Die Araber sind meist grossen Wuchses, hager, muskulos, von wurdevoller Korperhaltung , glii- hender Phantasie und grosser Freiheiteliebe. Sie sind Freunde der Dichtkunst, besitzen viel Sinn fur Spekulation und Handel, aber nicht fQr Industrie. Ihr Charakter iet edel, ihre Sitten eind einfach, Gaetfreiheit gehort zu den ersten Tugenden der Araber. Den Raub halten die Beduinen fiir ehrlichen Erwerb ; nur wo sie Widerstand finden, thun sie den Reisenden Gewalt an. Die Stadte- bewohner haben auch noch vieles von den Sitten der Beduinen, beibehalten. Nur Hedschas anerkennt die Oberhoheit der Pforte ; das iibrige Arabien hat eich die alte Unabhanigkeit bewahrt und folgt nur seinen Scheiks und Emiren. Unter den Fursten der Kiistenlander sind die zwei machtigsten : der Imam von Sana (in Jemen) und der Imam von Mascate (in Oman). Die alte Eintheilung Arabiens in das petraische, das gluck- liche und das wuste ist im Lande selbst unbekannt; man unter- scheidet nur L andschaften: 1. Hedschas mit der Sinal-Halbinsel (siehe ,,asiatische Tarkei" S. 375) 2. Jemen, Haupttheil des .gliicklichen Arabien", der sftdliche Kiistenstrich bis Bab el Mandeb, unter mehreren FBrsten stehend. Der Sommer ist heiss und regenlos ; aber yon Oktober bis Marz regnet es drei- bis viermal des Monats, wodurch sich die Thaler (Wadys) der Gebirgsgegenden mit laufendem Wasser fallen und eine flppige Vegetation sich rerbreitet. In der breiten Kastenebene versiegen zwar die Bache, doch gedeihen der Sor- gohirse und die Dattelpalme; in der H6he von 15002000' liegen die Kat'f eewaldchen ; hier gedeihen auch Arabiens vorzugliche Spezereien : Balsam, Myrrhen, Aloe, Manna, Sennesblatter, Sadfracbte, Gummi von Akazien. HSher hinanf liegen Feigenwaldnngen. Bemerkenswerthe Orte sind: Mokka (20000; mit einein gnten Hafen, Hanpthandelsplatz Ara- biens, welcher von Enropaern besucbt wird, die hier vorzflglich Kaffee, Gammi nnd Weihrauch holen. Beit el Fakih (8000), Hanptnieder- Jage des Kaffees aus dem Innern, wo zameist TBrken und Perser ihre Kaffee-Einkanfe machen. Die Insel Farsan ist wegen der Perl enfischerei bekannt. Aden (36.000), hat einen guten Hafen; wichtige Station fur die Dampfschiffalirt zwischen Indien und Egypten, ist stark befestigt ( n das arabische Gibraltar"), geh6rt seit 1839 den Briten, dessglcichen die kleine Insel Perim in der Strasse Bab el Mandeb. Sana (oder Szana, 40.000), die schOnste und volkreichste Stadt Arabiens, mit schdnen Garten nnd vortrefflichem Obst. Hadraiuaut, Ostlich von Jemen, die einformige, von Gebirgszagen bcglei- tete Sudkiiste von Bab el Mandeb gegen Osten. Der Abhang der Hoch- ebene soil frucbtbar sein und vorzuglich Gammi, Kaffee nnd den soge- nannten Balsam von Mekka hervorbringen. Es ist gleichfalls unter mehrere Fursten gctheih. Oman am persiscben Meerbusen, mit der Hauptstadt Maskat (60.000) gebort dem machtigen Imam von Maskat, welcher auch jenseits des persi- schen Golfes (Bender Abassi) and an der afrikanischen Ostkaste Besitzun- 38* gen hat. Die Landschaft soil fruchtbar scin und viel Getreide, Obst, Dat- teln and Trauben produziren. Die gebirgige, wenig frnchtbare Insel Sokotora geh6rt (seit 1835) den Briten. Sie liefert die meiste nnd beste Aloe (sokotrinische Alog). 5. Lahsa am persischen Meerbusen, wo Ackerbau und Handel getrieben werden; der Seerauberei ist durch die Englander gesteuert worden. Der wichtigste Platz ist El Katif (6000). In geringer Entfermmg von der Kfiste sind die unter britischem Schulze stehenden Bahrein -Inseln, beruhmt wegen der Perlenfischerei, zn welchem Zwecke sich in den heis- sesten Monaten mehrere tausend Boote versammeln; der jahrliche Geld- werth dieser Fischerei im persischen Golfe betragt sicherlich an 4 Mil- lionen Gulden. 6. Nedsched umfasst das Innere der arabischen Halbinsel und gehSrt zu den wenigst bekannten Landstrichen der Erde. Diese Landschaft bewohnen kriegerische Nomaden, die Wehabiten (eine reformirte, muhamedanische Sekte), eine Geissel der Nachbarn und der durch ihr Gebiet ziehenden Karawanen. Ihr Hauptsitz ist Derreyeh. III. Iran. (Persien ; Afghanistan ; Beludschistan.) . 155 Zwischen dem persischen Meerbusen, Vorder-Indien , Tiibet, der freien Tartarei, dem kaspischen Meere , Kaukasien und dem tiirkischen Gebiete liegt das von Gebirgen eingeschlossene Hoch- plateau von Iran; der westliche Theil ist Persien, der ost- liche im Norden Afghanistan (oder Kabulistan) im Siiden Be- ludschistan. (Die Randgebirge des Plateaus siehe . 30.) Den Boden des mittleren Plateau (durchschnittlich 4000' hoch) be- decken vielfach grosse Steppen und er ist so wasserarm, dass nur eine kiinstliche Bewasserung den Ackerbau moglich macht; doch gibt es auch anmuthige fruchtbare Thaler, namentlich am Nord- und Wesfrande. Der Kiistenrand am persischen Meerbusen ist grossentheils Wuste (Gedrosia). Ueber dem Tafellande spannt sich ein fast immer wolkenloser Himmel aus, die Luft ist ungemein trocken , der Pflanzenwuchs armlich ; nur in der Regenzeit des Fruhjahrs bekleidet sich der Boden mit frischem Griin. Der Win- ter ist beilaufig wie im mittlern Deutschland; dagegen herrscht im Sommer eine versengende Hitze. Ausser dem Grenzflusse S chat- el -Arab hat das Land ineist nur kleine, salzige Lachen und Moraste, Steppenseen und SteppenflQsse. (Der Zareh-See, dem der Hilmend zufliesst; der Kisil Osen mundet in den Caspi-See ; der Urmia -See; der Kabul.) Die iiberwiegende Mehrzahl der Bewohner sind Perser (Tadschik's); ausserdem gibt es Par sen (Guebern, Nachkommen der alten Perser), insbesondere im Suden. Die Perser sind ein ungleich feineres, gewandteres und bildsameres Volk als die Tiirken, mit denen sie jedoch Habsucht, List und Falschheit gemein haben. Ihre Sprache hat eine reiche und interessante Literatur, besonders in Werken der Dichtkunst; sie ist in den gebildeten Kreisen der benachbarten Volker so verbreitet, wie in Europa die franzosische Sprache. Die Afghanen (persisch - medischer Abstammung) sind theils Nomaden, theils Halbnomaden ; die Beludschen be- 385 stehen aus verschiedenen nomadischen Stammen. Die Parten sind noch immer Feueranbeter, die Perser und Afghanen sind Muhame- daner (eretere Schiiten, letztere Sunniten). I. Persien (26.000 QMeilen, 12 Millionen Einwohner). Das Staatsoberhaupt der despotischen Erbmonarchie fiihrt den Titel S c h a h (= Konig) ; das Land wird in 1 1 Provinzen eingetheilt. Bemerkenswerthe Orte, insbesondere wichtigere Fabriks- und Handelsplatze Bind: o) (im mittleren Persien): Teheran (130.000, im Sommer kaum halb so viele Einwohner), die Residenz des Schah, weniger wichtig durch seine prodnktiven Etablissements, als dnrch seinen Bedarf und Verbranch an Artikeln der europaischen Einfuhr, wclche bei dem grossen Luxus und Aufwand eine sehr bedeutende ist, nnd vielfach durch enropaische Han- delshauser vermittelt wird. Die Fabrikation von Glas, Porzellan, Papier, Metall- und Webewaaren ist ohne Belang far den auswartigen Handel. HCher steht in dieser Hinsicht Ispahan (oder Isfahan, 180000 E.), des- sen Bazars reichlich mit einheimischen Erzeugnissen gefQllt sind. (Seiden- und Baumwollenzeuge, wollene Stoffe, Waffen, Bijouterien, dann Baum- wolle, Droguen, Tabak, Reis und Haute.) Es ist der Mittelpunkt fur die binnenlandischen Handelsbeziehungen im eigentlichen Persien. K a- sc-han, zwischen beiden Rcsidenzen gelegen, ist durch Gewerbfleiss und seinen Produktenhandel ansehnlich. Kaswin zeichnet sich durch Webe- reien und Gerbereien aus; erheblicher Speditionsplatz. 6) (Im westlichen Theile): fur den Verkehr mit der Turkei und dem Mi ttelmeere sind Hauptknoten: Ham a dan und Kir mans chah, beide sind bekannt wegen der Teppiche, der Gerbereien, des Handels mit Hau- ten, Fellen und Rohprodukten ; sie nnterhalten Geschaftsverbindungen mit Bagdad nach auswarts, mit Tabris und Ispahan im Innern. c) (Im Suden i j ersiens): Schiras (50.000) und Kir man (30.000) sind wichtig fflr den indiscben Handel; die Umgegend ist sehr fruchtbar nnd gut angebaut (vorzuglicher Tabak, Weine, Pfeifenrohre, Schaf- und Ziegenzucht); die Industrie in Geweben, namentlich Shawls und Teppichen, ist schwnngbaft. Die beiden Hafen des Per sergolf es Abuse h eh r (Bender Buschir) und Gamrun (Bender Abassi) kSnnten eine bedeutende Stellung unter den Handelsplatzen einnehmen, wenn sich Persien dem Seehandel zuwenden wollte. Gegenwartig ist fast der ganze Handel den Karawanen nberlassen. d*) (Im nordlichen Theile): Die Provinzen am Sftdrande des kaspischen Meeres sind fur den europaischen Handel von grosster Wichtigkeit. Die be- deutendsten Platze sind: Rescht (60.000), Balfrnsch (100.000), und Asterabad (40.000), zngleich Hauptsitze der Seidenzucht nnd verschie- dener industrieller Etablissements, dann fur den Pelz- und Fellhandel; auch die Fischerei liefert Exportartikel. Der Verkehr besteht zumeist mit Russland (Astrachan, Baku etc.). e) (Im ostlichen Theile): Der grOsste Stapelplatz des indischen Handels in Persien ist Jesd (60.000), der Knotenpunkt in dem Netze der Karawa- nenstrassen, welche Schiras, Kaschan, Ispahan, Mesched, Herat, Kandahar and Kinnan mit einander verbinden. Auch die eigene Industrie ist an- sehnlich (Gewebe, Farbstoffe, Zucker, Papier). Im Nordosten ist Me- sched (fiber 100.000) einer der gr6ssten Handelsplatze Mittelasiens und fiir den os tpersis chen Handelsverkehr (mit Bocbara, Chiwa, Khokand u. s. w.) eben so wichtig als Tabris fur den westpersischen ; zugleich sehr nmfangreiche Industrie. Nischabur treibt Handel mit Tiirkisen aus den benacbbarten Turkisen-Minen. Der wichtigste Handelsplatz als Mittelpunkt des gesammten Verkehrs zwischen Persien und Europa ist Tabris (oder Tauris, 160.000 E.), im Centrum der dnrch Agrikultur, Gewerbefleiss und mineralischen Reichthnm am meisten ans- gezeichneten Provinz Adherbeidschan. Auf dem Bazar sammeln sich alle nach Konstantinopel und nach Russland bestimmten persischen Erzcugnisse, nnd die nach dem Oriente bestimmten europaischen Einfuhrcn. Tabris ist der bcdcu- Kiuu's Handcls-Gcographie. Z. And. 25 886 tendste Knotenpunkt des Netzcs von Handelslinien, welches Persien uberzieht nnd mit dem Auslande verbindet. Die Stadt ist vermoge des Wasserreiththums, der gesunden Lage inmitten produktenreicher Landerstriche der Sitz bedeutender Industriezweige (Weberei, Druckerei, Farberei). II. Afghanistan (oder Kabulistan, 12.000 QM. 6,000.000 E.) Es zerfallt in mehrere Chanate, unter welchen die Chane von Ka- bul und Herat die machtigsten eind. Der Boden ist eine Fort- setzung des persischen Hochlandes und sparlich bewassert. Im Osten fliesst der Sind (Indus) mit dem Nebenflusse Kabul, im Norden der Amu. Sowohl die Natur- als die Kunstprodukte sind im Allgemeinen wie in Persien. Die bedeutendsten Orte sind: Kabul (80.000) auf der fruchtbaren, gut angebauten Hochebene am Kabul, mit lebhaftem Handel und dem grOssten Pferdemarkte. Dschellabad, eine relativ wichtige Fabriks- und Handelsstadt. Kandahar (100.000) unterbalt den starksten Handel mit Persien. Herat (100.000), eine der schonsten asiati- schen Stadte mit ansehnlichem Gewerbefleiss und Handel. Pischaur (100.000) mit Seiden- nnd Baumwollfabriken nnd einer muhamedanischen Hochschule. HI. Bcludschistan (8000 QMeilen, 2'/ a Millionen Einwoh- ner). Der siidostliche Theil von Ost-Iran ist zum grossten Theile ein wiistes, odes, vegetation sarmes Land, ohne Fliisse von Bedeu- tung. Die verschiedenen Nomadenstamme haben ihre eigenen Hauptlinge, welche jedoch die Oberhoheit des Chans von Kelat anerkennen. Der bedeutendste Ort ist die Residenz Kelat (20.000), welche Handel treibt. Erwahnenswerth sind noch Gun- dava und Bel a. Knltnrverhaltnisse im Allgemeinen. Iran ist von Natur ein mannigfach gesegnetes Land g ewe- sen; allein Jahrhunderte der Verodung und Barbarei, und die ganz- liche Vernachlassigung der Bewasserungeanstalten baben den Ack er- bau so in Verfall gebracht, dass jetzt die Bewohner nur durch angestrengten Fleiss dem Boden das abzugewinnen vermogen, was er ihren Vorfahren freiwillig gegeben hatte. Doch ist der Ertrag an Reis, Getreide, Wein, Mohn, Tabak und Obst ziemlich bedeu- tend; auch der Maulbeerbaum, Farbepflanzen, Baumwolle, Zucker- rohr und Rosen werden gut gepflegt. Mit Ausnahme in den Rand- gebirgen gibt es sehr wenige Waldungen, desshalb herrscht im Innern empfindlicher Holzmangel. In der Viehzucht nehmen die vortrefflichen Pferde den ersten Rang ein, auch die Zucht der Maulthiere, Kameele, Ziegen und Schafe ist betrachtlich. Sie wird iiberhaupt im grossen Massstabe von den Wanderstammen betrieben, welche fast ausschliesslich von der Zucht der Hausthiere leben. Der Bergbau liefert Eisen und Kupfer (am Elbrus), Schwefel (am Urmia-See), Steinol, Borax, schone Tiirkise, Salz, und im per- sischen Golf gibt die Perlenfischerei lohnenden Gewinn. Die Industrie steht, mit geringen Ausnahmen, im Allge- meinen noch auf der Stufe des Handwerks. Mehrfache innere und aussere Erschutterungen , Mangel an Kapital und Kredit bei der Unsicherheit des Besitzes, Mangel an Eisen, Brennmaterialien und an Arbeitskraften sind die Hindernisse ; dagegen besitzen die Perser technische Fertigkeiten , Geschmack, Fleiss und Ausdauer, wess- halb sie sich in einzelnen Zweigen der Fabrikation auszeichnen. 387 Eiuen gewissen Grad von Vollkommenheit haben sie in der Fabrikation vonWaffen, Lederwaaren, Seidenwaaren, Shawls, Tep- pichen, Gold- und Silberstoffen, Rosen 51, in der Garberei, TSpferei und Schonfarberei erreicht. Der Handel ist uberwiegend Karawanenhandel , welcher in den Handen der armenischen , indischen und europSischen Kaufleute liegt ; im Norden geht er nach Russland, im Westen nach der Tiirkei. Lebhaft ist die Durchfuhr. Die wichtigsten Handelsplatze und Handelsartikel sind bereits oben erwahnt worden, IV. Ostindien, Unter Ostindien im weitesten Sinne vereteht man die bei- den sudlichsten Halbinseln Asiens, nebst den siidlich und stid- ostlich von ihnen im indischen Ocean liegenden Inseln. Es zer- fallt in drei Haupttheile: 1. Vorder-Indien (oder Hindu- stan, Ostindien im engeren Sinne) ; 2. Hinter-Indien; 3. die Inseln, A. Vorder-Indien. . 156. Vorder-Indien, mit einem Flacheninhalte von beilaufig 66.000 QjMeilen und einer Bevolkerung von 180 Millionen, besteht aus zwei deutlich gesonderten Theilen: das eigentliche Hindu- stan, im Siiden des Himalaya , vorherrschend Tiefland ; die Halbinsel Dekan, ein ^Tafelland mit Randgebirgen. (Siehe . 31.). Im Norden von Hindustan erhebt sich das hochste Gebirge der Erde, der Himalaya, der in stets niedereren parallelen Zugen nach Suden abfallt und dessen Fuss mit einem breiten Giirtel dichter W alder umgeben ist. Die fruchtbare Tiefebene durchstromt der Ganges mit seinem vielverzweigten Geader; im Westen erstreckt sich langs des Indus bis nahe an dessen Deltaland die unwirthbare hiigelige Flugsandwiiste Thurr, welche nur zur Re- genzeit einige Vegetation aufweiset. Dekan ist im Innern eine weniger fruchtbare Hochflache , der Abfall der westlichen Randgebirge ist steil und gut bewaldet, die Kiiste (Malabar) ist sandig und hat gute Hafen; nach Osten fallt die Hochebene sanf- ter ab , hier munden die meisten grosseren Flusse Dekans, die Kuste (Koromandel) ist nach und der Schiffahrt gefahrlich. Den Nordrand des Plateaus bildet das rauhe, fast unzugangliche Vind- hy a- Gebirge; die ausserste siidliche Spitze bis zum Cap Como- rin fiillt die Berglandechaft Nil Gerri aus, welche vom Hoch- platcau durch das Gap-Thai getrennt ist. Das Klima ist bei der grossen horizontalen Ausdehnung verschieden, doch liegt der grosste Theil in der heissen Zone. Die Himalaya - Thaler haben Alpenklima; die Tiefebene hat heisses, feuchtes Klima, die grosste Hitze herrscht am Indus und im Mun- dungsgebiet des Ganges; das Plateau von Dekan hat eine gemas- sigtere Temperatur, eine heissere die Kiistenstriche. Einen grossen und regelmassigen Einfluss iiben die Winde hier auf die Witte- 25* rung aus, da Land- und Seewinde taglich regelmassig abwechseln. (Siehe . 56.) Fast ebenso regelmassig sind die Passate und Monsune. Auch furchtbare Orkane (Taifung) sind nicht sel- ten. Die Regenmenge ist sehr bedeutend und verursacht ofters Ueberschwemmungen ; anhaltende Trockenheit erzeugt hingegen Hungersnoth, weil dann das Hauptnahrungsmittel , der Reis nicht gedeiht. Vorder - Indien zeigt ein grosses Volkergemisch, dessen Bestandtheile nach Abstammung und Sprache von einander sehr verschieden sind. Die Hauptmasse bilden die Hinduvolker, welche si ch zum Brahmaismus bekennen. Ferners leben hier Mongolen, Araber, Afghanen, Beludschen u. a.; verhaltnissmassig gering ist die Zahl der Europaer. Desshalb trifft man alle Abstufungen in der geistigen Kultur, von den rohen Barbarenstammen im Innern von Dekan, bis zu den brahmanischen und muhamedanischen Gelehr- ten. Den grossten Einfluss aber fiben die sich stets mehrenden Missionsschulen, welche Gesittung und Aufklarung mit dem be- seligenden Christenthume verbreiten. Die Staaten Vorder-Indieus werden eingetheilt : 1. Britisch-Indien *), und zwar a) unmittelbare Besitzungen, b) verbiindete und Schutzstaaten, 2. Unabhangige Staaten, 3. Portugiesische und franzosische Besitzungen. I. Die iinmittelbarcn Besitzungen sind in vier Priisident- schaften eingetheilt: a) Bengalen (oder Calcutta, fiber 10.000 n^eilen und fiber 55 Millionen Ein- wohner) : Calcuta (eigentliche Stadt gegen 1 Million Einwohner, mit den Vorstadten doppelt so viel) Hauptstadt von britisch Indien, der reichste und grosste Siapelplatz in Asien, am westlichen Hauptarme des Ganges (Hugli). Ausgebreitete Industrie in Baumwoll- und Seidengeweben, Gold-, Silber- und Topferwaaren, Tabak- und Arakfabrikation, Schiffbau u. a. Die Hauptartikel des Exportes sind: Seide und Seidenwaaren, Indigo, Zucker, Rhum, Reis, Arak, Baumwolle, Hanf, Opium; des Importes (aus Europa) : Twist, Baum- wollen-, Wollen-, Eisen-, Stahl-, Silber- und Kurzwaaren, Uhren, Glas, Weine, Spirituosen. Der Verkehrgwerth wird jahrlich auf 283 Millionen Rupien (k 1 Gulden; 1 Lack Rapien = 100.000 Rupien, oder 10000 ; 100 Lacks = 1 Crore) geschatzt. Dampfschiffahrts-Verbindungen, mehrere Banken (Bank von Bengalen und die Union-Bank), Assekuranzen, wichtige Munze o. 8. w. fordern den Handel. Dacca (200.000) grosse Mousselinfabrika- tion und Seidenweberei ; Murscb. edabad (170.000) Fabriks- und Handcls- stadt; Patna (350.000) Bereitung von Opium und Indigo, Zuckerfabrikation, Industrie in Baumwolle und Seide, sehr bedeutender Handel. 6) Agra (oder Allahabad, 4000 n M eilen, 30 Millionen Einwohner): Allaha- bad (200.000) starke Festung, berfihmter Wallfahrtsort der Hindus; Benares (fiber 600.000), Hauptsitz der Brahminen, Shawlsweberei, Seiden-, Baumwoll- *) Im Jahre 1600 bildete sich die britisch-ostindische Handelskompagnie zur Un- terstiitzuBg des Handels nach Indien. Im Jahre 1639 wurde den Briten Madras von indischen Fursten abgetreten, im Jabre 1664 erlangten sie von den Portugiesen Bern- bay und im Jahre 1696 kanften sie den Bezirk in Bengalen, wo Calcutta liegt. Im Jahre 1835 horte sie auf, eineHand elskompagnie zu sein. indcm sowohl der Han- del als die Ansiedlung in Indien frcigegeben wurden. Im Jahre 1858 wurde auch die Verwaltung Indiens von der koniglich britischen Regicrung iibernomnien. Ceylon war seit jeher Eigenthnm der Krone. nnd Wollindustrie, Handel mit Edelsteinen ; Delhi (300.000) einstige Residenz des Grossmoguls, ist sehr herabgekommen, dessgleichen Agra (160.000); Hurdwar zar Zeit der grossen Messen, welche viele Wallfahrer herbeiziehen, bisweilen von 2 Millionen Hindns besucht. Luknow (300.000), Hauptort des jetzt unterworfenen KOnigreiches Oude (Ande), Fabriken in Baumwolle, Seide, Leder und Waffen. c) Madras (7000 DMeilen, 22 Millionen Einwohner): Madras (500.000), Mit- telpunkt des Handels auf der Kftste Koromandel, Indigo-, Zucker- und Arak- fabrikation, Opiumbereitung, Banmwollweberei (Indiennes, Mousseline, weisse, blaae und rothe .Madras-Tucher" zu Turbanen). Europaische und amerika- nische Hauser sind bier etablirt; Bank, Assekuranzen, Miinze; Industrie und Handel sind minder bedeutend als zu Anfang des Jahrhunderts, da es das ^Manchester des Orientes" genannt wurde. Mit der grossartigen Einfuhr englischer Fabrikatc konnte die heimische Industrie nicht konkurriren. - Seringapatnam (300.000\ Cochin (die alteste Besitzung in Indien, Al- buquerque eroberte sie im Jahre 1503), der wichtigste Handelsplatz in der Provinz Malabar ; Calicut mit Calico-Fabriken (hier landeten die ersten Portugiesen nnter Vasco de Gama im Jahre 1498) ; Masulipatnam (80.000), der beste Hafen auf der Kiiste Koromandel, liefert die durch Farbenpracht beriihmten Baumwollstoffe ; Tranquebar (im Jahre 1845 von Danemark ahr- gekauft), Banmwollindnstrie, starker Handel. d) Bombay (3000 QMeilen, 11 Millionen Einwohner), Bombay (250.000), zweiter Handelsplatz in Ostindien, Hauptstation der britischen Flotte in den indischen Gewassern, regelmassige Dampfschiffahrt nach England iiber Aden und Suez, Dampfschiffahrt anf dem Indus, Emporium fur die indischen, per- sischen, abyssinischen und arabischen Waaren ; Hauptniederlage des Pfeffers : im Grosshandel geringer als Calcutta, aber lebhaftere Kiistenfahrt. Verkehrs- werth gegen 200 Millionen Rnpien. Starker Schiffbau, grossartige Werften, Docks, Seearsenal, Fabriken fur Indigo, Zucker, Baumwollwaaren. (Erste Eisenbahn in Asien von Bombay nach Patna rm Jahre 1852 eroffnet). Surate (450.000, Provinz Guzerat), Fabriken in Seide, Baumwolle, Thon- waaren, Tabak, Handel mit Arabien und Persien, bedeutende Ausfuhr von Baumwolle, Seide und Tabak. e) I list 1 Ceylon (oder Seilan, Taprobane) mit 1181 QMeilen und I 1 /, Mil- lion Einwohnern, liegt vor der Sudostspitze Vorder-Indiens, von der sie durch die Palks-Strasse getrennt ist. Die Nordkuste ist in Inseln und Klippen zer- rissen, einige Sandbanke (Adams-Briicke) sind bei der Ebbe sichtbar. Iin Innern ist ein schSnes, wohlbewassertes Hugel- und Bergland, die M Juwele der ostlichen Meere." Die Fruchtbarkeit ist gross, aber der Anbau noch ge- ringe; man erzeue;t nur wenig Reis, im Ueberfluss wachsen Kokuspalmen und der Brotbanm. Der beste Zimmt gedeiht in Menge ; auch die Pflanzungen von Kaffee, Zuckerrohr, Baumwolle und Pfeffer gewinnen an Ausdehnung. Grossen Reichthum hat die Insel an Mineralien, besonders an Edelsteinen und an der Kuste ist die Perlenfischerei von Wichtigkeit. Die Hauptstadt, zu- gleich Sitz der britischen Regiernng, mehrerer Missionsgesellschaften und Mit- telpunkt des auswartigen Handels ist Colombo (70.000). ZunEchst ist be- deutend wegen des Handels, vorziiglich mit Fischen, Point de Galle, wo auch gewohnlich die nach Europa bestimmten Schiffe befrachtet werden und die von Calcutta nach Suez gehenden Dampfschiffe anlegen. II. Verbiiiidete und Schutzstaaten. 1. Der Staat des Raja von Panna (Provinz Allahabad) mit der gleichnamigen Hauptstadt, in deren Nahe reiche Diamantengruben. 2. Hyderabad (Heidrabadj oder Golconda im nordlichen Theile des Innern von Dekan, der grosste Vasallenstaat (4500 QMeilen, 10 Millionen Einwoh- ner); Hyderabad (200.000) reiche Diamantengruben (namentlich bei Raol- conda), Bijouteriefabriken, Seiden- nnd Baurawollweberei, viele Diamanten- schleifereien, - Aurungabad (60,000) die bedeutendste Fabriks- und Han- delsstadt. 3. Der Mahrattenstaat Nagpu r oder Bunslah(3000 QMeilen, 3 Millionen Einwohner), mit dem gleichnamigen Hauptorte. 4. Sat tar a (l'/ 2 Millionen Einwohner), mit der Hauptstadt gleichen Namens. 890 5. Der Mahrattenstaat Scindiah (1900 nMeilen, 4 Millionen Einwohner). Udschen (120.000) und die Felsenfestung Gwalior. Q. Der Staat Sind am untern Indus (iy s Millionen Einwohner) mit dem Haupt- orte Hyderabad (200.000) und den Handelsplatzen Tatta und Schikarpur. 7. Mysore (Meissur, 1300 QMeilen, 3 Millionen Einwohner), Mysore und die Fabriks- und Handelsstadt Bangalur (60.000) sind die wichtigsten Pliitze. 8. Travancore am sudlichen Theile der Kiiste Malabar, produzirt viel Pfeffer und andere Gewurze, 1 Million Einwohner, etwa 10% Christen. Die paar Stadte sind unbedeutend. Nordlich davon liegt der kleine Staat Cochin. Am Siidabhange des Himalaya das kleine Fiirstenthum Sikkim. 9. Der Staat der Shiks im Pendschab (oder Punjab iiber 4000 n M eilen und 11 Millionen Einwohner), mit den Provinzen Kaschmir und Kohestan. Die Provinz Kaschmir ist eine der schonsten und gesegnetesten Landschaften der Erde; die Ebene prangt mit alien Blumen und Fruchten der reichsten Gegenden des Siidens. Der Anbau des Landes ist vortrefflich ; in den Ebe- nen und Thalern herrscht der Ackerbau, in den reich bewaldeten Gebirgsge- genden die Viehzucht. Die Hauptindustrie bilden wollene Zenge, vorziiglich die weltberfihmten, durch Feinheit und Farbenschonheit sich auszeichnenden Shawls, von denen jahrlich an 80.000 Stuck verfertiget werden und viele nach Europa gehen. Viel der besten Wolle wird atis Tiibet bezogen. Hauptort ist Kaschmir (60.000) mit etwa 6000 Webestuhlen fur Shawls; ausserdem werden Papier, lackirte Waaren, Stahl- und Farbwaaren, Essenzen u. s. w. erzeugt. Ueberhanpt ist die BevSlkerung sehr gewerbfleissig, gewandt, intel- ligent, aber unkriegerisch. Die Provinz Kohestan (Bergland) ist der nordliche, gebirgigere Theil des Pendschab ; die Viehzucht, besonders Pferde- zucht, ist bedeutender als der Ackerbau. Hauptort L a h o r e (Lahnr, 100.000) in einer fruchtbaren Gegend, erzeugt Seide und Wollenzeuge, beruhmte Shawls ; Multan (60.000), eine der altesten Stadte Indiens, ist beriihmt wegen ihrer Seidenmanufaktur ; Amretsir (100.000), treibt ansehnlichen Handel mit Safran, Shawls und Baumwollgeweben : Hauptniederlagsort fiir die indi- schen Shawls. 10. Die Inselgruppe der Lakka-Diven, westlich von der Kuste Malabar. Diese meist kleinen und schwach bevOlkerten Inseln sind durch die hier in Menge vorkommenden Kauris (Mnnzmuscheln) beriihmt. Die Inselkette der Mala- Diven, sehr zahlreiche von Korallenriffen umgebene Inseln, deren Be- wohner unter einem zinsbaren muhamedanischen Fursten stehen und wo gleichfalls Kauris in Menge gefunden werden. HI. Unabhangige Staaten. !. Das Reich Nepal (2500 QMeilen, 3 Millionen Einwohner), ein hochliegendes Gebirgsthal am Siidabhange der hbchsten Himalaya-Kette. In den fruchtbaren Thalern ist das Klima milde und gesund. Hauptort: Katmandu (50.000). 2. Das Reich But an (oder Bhotan) zwischen Tiibet und der Prasidentschaft Benga- len, mit vielen Riesenbergen in der nbrdlichsten Schneekette, mit dem Haupt- orte Tassisudon. IV, Portugiesische Besitzungen (1100 QMeilen, fiber 400.000 Einwohner). Das Gebiet von God (auf der Kiiste Malabar), die Insel und Stadt Diu (an der Stidspitze von Guzerat) und die Hafenstadt Daman (zwischen Bombay undSurate). Baumwolle, Pfeffer, Reis, Hanf, Seide und Salz sind die Han- delsartikel, sowie der vorzu'gliche Arak (de Goa). Alle diese Orte treiben leb- haften Handel. Der Gouverneur von Goa verwaltet auch das Gebiet auf der Sunda-Insel Timor und die bei China liegende Insel Macao. V. Franzftsische Besitzungeu. Das Gebiet von Pondichery und von Carical auf der Kiiste von Koro- mandel. Baumwollweberei und Opiumbereitung ; Reis, Indigo, Baumwolle, Zucker- rohr und die Seidenzucht sind die Hauptnahrungsquellen. Die Hafenstadt Mah6 (6000) auf der Kiiste Malabar beschaftiget sich mit Pfefferhandel , zu Chandernagur bestehen ebenfalls kleine Faktoreien. 391 Kulturverlialtnisse im Allgemeinen. Wenige Lander der Erde sind so reich an schonen und man- nigfaltigen Produkten als Hindostan. Der iiberaus ergiebige und besonders in den Ebenen und an den Kiistenterrassen meist sehr sorgfaltig angebaute Boden liefert eine unzahlige Menge' der kost- lichsten Produkte. Wahrend der langen Trockenheit bewassern zahl- reiche kiinstliche Teiche und Kanale den Boden ; die fleissigen Hin- dus haben den Ackerbau zu einem hohen Grade der Vollkommen- heit gebracht. Unter den Getreidearten nimmt der Reis bei weitem den ersten Rang ein; er wird allein in den Niederungen Bengalens in solcher Menge gebaut, dass der Bedarf von ganz Hindostan damit gedeckt wird , er ist das wichtigste Nahrungsmittel dieser Lander und gibt jahrlich zwei bis vier Ernten. Ausser dem gros- sen eigenen Bedarfe und der Arakbereitung wird noch sehr viel aus Calcutta nach Europa exportirt (im Jahresdurchschnitt etwa 1V 4 Million Zentner). Fiir die europaische Kolonisation ist der Anbau von Weizen in den nordwestlichen Provinzen und im obern Pendschab sehr wichtig , und konnte noch derart gesteigert werden, dass Pendschab nicht bloss eine Kornkammer fur Indien, sondern auch fur auswartige Lander werden wiirde *). Auch Gerste, Hirse, Mais, Hafer, Hiilsenfruchte und Gartengewachse gedeihen in grosser Menge. Zu den wichtigsten Produkten Indiens gehort die B a u m w o 1 1 e , welche fast u'berall gedeiht , am vorzuglichsten in Bengalen ; der eigentliche Baumwollmarkt ist jedoch Bombay, namentlich entfallen auf Guzerat 56% des ganzen indischen Baumwoll-Exportes. In den iunf Jahren 1849/50 bis 1853/54 exportirte die Prasidentschaft Bengalen nur 10 '/ 2 Millionen Pfund, die Prasidentschaft Madras fast 44 Millionen Pfund, die Prasidentschaft Bombay dagegen nahe an 600 Millionen Pfund nach England; der Ge sammtexpo rt Indiens an Baumwolle wechselte in diesen fiinf Jahren zwischen 166 und 263 Millionen Pfund. Da in diesem Zeitraume iiberhaupt uber 4000 Millionen Pfund Baumwolle nach Grossbritannien kamen und davon etwa 654 '/2 Millionen Pfund aus Indien ; so liefert die- ses Land beilaufig 16% des Bedarfes von Grossbritannien. Es wird ubrigens behauptet, dass Indien so weit gebracht werden konnte, den vollen Bedarf Grossbritanniens zu decken. Sehr wichtig ist die Farbepflanze Indigo (Hindi-Kuk das ist: indische Farbe), namentlich in den ndrdlichen Provinzen von Bengalen (im Norden des Ganges zwischen dem Brahmaputra und Gunduck). Die Prasidentschaft Bombay produzirt gar keinen Indigo fiir den Export, Madras nur wenig, Bengalen dagegen 11 '/ 2 Millionen Pfund im Werthe von 2 Millionen . Der Stapelplatz fiir denselben und der wichtigste Platz der Erde fur diesen Artikel ist Calcutta. (Bengal-, Oude-, Koromandel-, Manilla-, Java-Indigo). Zunachst steht die Seide, welche in grosser Menge und von vorziiglicher *) In Lahore und Mooltan ist der Preis des Weizens fiir den Bushel & 60 Pfund nur l'/ t bis I 1 /, Schilling, wahrend er in Nordamerica an den Hafen des Erie- und Michigan-Sees, wo sich das Getreide aus Ohio und demWesten zum Export konzen- trirt, 2'/ s bis 2V t Schillinge betragt. Giite in Bengalen, dann in der Prasidentschaft Bombay gewonnen wird; die Ausfuhr von bengalischer Rohseide betragt jahrlich fiber 20.000 Zentner ; Hauptmarkte sind : Calcutta, Bombay und Surate. Der Anbau dee Mohns, welcher das Opium liefert, ist auf verhaltnissmassig kleine Distrikte beschrankt (Patna, Benares und Malwa liefern den meisten und beaten) ; die Opiumbereitung in Bengalen ist Monopol der Regierung und sichert ihr anaehnliohe Einkunfte (z. B. im Jahre 1849/50 uber 3 Millionen ). Der Ex- portwerth des Opiums betrug im Jahre 1853/54 an 6'/ ? Mil- lionen , davon beilaufig drei Fiinftel aus Bengalen und zwei Funf- tel aus Bombay. In fortwahrender Steigerung istauch der Anbau des Zucker- rohrs, insbesondere sind Boden und Klima von Bengalen, Madras und Bombay dieser Kultur sehr giinstig. In Benares und Patna wird die Zuckerfabrikation ungemein sorgfaltig betrieben. Der Zuckerertrag belauft sich allein in britisch Indien jahrlich auf mehr als 3 Millionen Zentner; Stapelplatze fur Zucker und Rum sind Calcutta und Madras. Die T h e e pflanzungen gewinnen an Aua- dehnung. Wichtig sind ferners . P f e f f e r auf Malabar, der beste Zimmt auf Ceylon, wo auch der Kaf febau stark betrieben wird. Gewurznelken, Muskatniisse von Malabar, Koromandel und Ceylon, brauner und weisser Ingwer, der eingemacht und kan- dirt sehr viel nach Europa geht ; guter Flachs und Hanf am Fusse des Himalaya und in Bengalen, der Leinsamen wird dem russischen vorgezogen ; Krapp im Himalaya; Safran in Lahore; Sago-, Kokos- und andere Pal men (Palmwein), viele Arzneipflan- zen u. s. w. Die Waldungen enthalten viel kostbare Hiilzer, beson- dere Pflege geniessen die Theka- und Saul-Walder, welche hoch- gepchatztes Zimmerholz liefern. Unter den animalischen Produk- ten sind nebst der Seide noch hervorzuheben : Schafwolle (in der Ebene grobwollige Schafe , das Bergschaf mit feiner Wolle, und die werthvollate Spezies : das Himalaya-Schaf), Thibetanisches Ziegenhaar, Elfenbein, Schildkrot, Wachs von Bengalen und Pon- dichery, Zibeth (von der Zibethkatze), Moschus (vom Moschusthier,) Ambra (vom Pottfische), Perlen, Vogelnester, Tiger-, Panther- und Leopardenfelle u. s. w. Der Bergbau steht im Allgemeinen noch auf niederer Stufe, doch gewinnt man etwas Gold und Silber; Eisen auf Malabar und Koromandel, in Sind und Nepal, das beste in der Prasidentschaft Madras, sudlich von Pondichery, welches nach England ausgefiihrt und zu Stahl (^Wuzstahl") verarbeitet wird; Kupfer, Blei, Zinn, Sal peter (in Bengalen, Ausfuhr nach England), Schwefel, Borax, Steinkohlen, Salz. Fur Edelsteine war Ostindien schon von Alters her das Hauptland; die reichsten D iamanten gruben sind in Golkonda, Bundelkund (bei Panna) und auf Ceylon, die schon- sten Rubine, Saphire, Smaragde, Granaten auf Ceylon und der Koromandelkiiste (Salem und Nellore). Indien ist das Vaterland der gewerblichen Industrie. Viel friiher als Europa erzeugte es Baumvvoll- und Seidenstoffe, Shawls und Tepiche, welche sich durch Schonheit, Feinheit und Farben- pracht auszeichnen , die beruhmten Farbereien lieferten die schon- sten Manufakte. Der Aufschwung in Europa, namentlich in Eng- land, verminderte jedoch in neuester Zeit diese Industrie. Viele Erzeugnis8e behaupten fortwahrend noch ihren alten Ruf, insbe- sondere Shawls und Teppiche (Kaschmir, Delhi, Lahore), dann Indigofabriken, Zuckersiederei, Rum- und Arakbrennerei, Oelbe- reitung, Leder- und Waffenfabriken (Luknow), Gold-, Schmuck-, Perlmutter-, Schidkrot- und Elfenbeinarbeiten (Delhi), Diamanten- schleifereien. Handel. Der grosse Reichthum an Naturprodukten aller Art hat seit den altesten Zeiten alle handeltreibenden Volker gelockt, inHindostan Geschaftsverbindungen anzuknupfen und zu unterhalten ; das Land war seit jeher der Mittelpunkt eines grossartigen Han- dels. Der Handel im Innern wird vorziiglich durch die unter dem Namen Banian en bekannten Hindu betrieben; der Handel mit den nordlichen Nachbarvolkern ist Karawanenhandel, den Per- ser und Armenier zumeist unterhalten; die Stadte Mult an, La- hore und Kaschmir sind Hauptplatze dieses Handels. Der Seehandel ist uberwiegend in den Handen der Briten, doch be- theiligen sich seit der Aufhebung des Monopols der ostindischen Handelskompagnie auch Amerikaner, Franzosen, Portugiesen, Hol- lander in wachsender Ausdehnung an demselben. Die Bedeutung des ausseren ostindischen Handels Hegt sowohl in dem Vortheil, den der Export der kostbaren indischen Stoffe in Europa gewahrt, als auch in dem Absatze, welcher den europaischen Industrie- Erzeugnissen hier eroffnet ist. Die Verbindung von Calcutta nach England geht iiber Madras, Ceylon (Point de Galk), Bombay, Aden und Suez, wo regelmassige Dampfschiffahrt den Verkehr beschleu- nigt. Der Waarenzug nimmt gewohnlich den Weg um das Kap der guten Hoffnung. Dampfschiffahrt auf den grosseren Stromen, Anlegung von Eisenbahnen , guten Landstrassen und Kanalen. direkte Dampfschiffahrtsverbindungen mit Europa, China und Austra- lien befordern den Verkehr. Hauptprodukte der Ausfuhr sind: Baumwolle, Indigo, Reis, Zucker, Pfeffer, Opium, Hanf, Zimmt, Seide, Wolle, Haute, Salpeter u. a. m., der E i n f u h r : euro- paische Fabrikate, als : Twist, Tuch, Sammt, Eisen- und Stahlwaa- ren, Uhren, Spiegel und Glaswaaren, Papier, kurze und Galanterie- waaren; Thee aus China, Metalle, Weine u. v. a. B. Hinter - Indien. % 5 157. Hinder - Indien oder die Halbinsel jenseits des Ganges, mit einem FJachenraume von beilaufig 40.000 QMeilen, ist im Nord- westen und Norden von Vorder-Indien und China, im Osten und Suden vora chinesischen Meere , im Westen vom Meerbusen von Bengalen begrenzt. Die Bevolkerung wird etwa auf 30 Millionen geschatzt; sie gehort grosstentheils dem mongolischen Stamme an, nur auf der Halbinsel Malakka und auf den Inseln wohnen Ma- layen, und im Nordwesten Hindustamme. Im Allgemeinen herrscht im westlichen Theile der malayische, im ostlichen der chinesische 394 Charakter unter der Bevolkerung, sowie in politischer Hinsicht vor. Am ausgebreitetsten ist der Buddhaismus, die Malayen sind Muhamedaner ; dpch gewinnt auch das Christenthum an Aus- dehnung. Die Oberflache ist vielfach noch unbekannt. Im Norden sind die Fortsetzungen des hinterasiatischen Hochlandes, welche in Parallelketten von Norden nach Siiden die Halbinsel durchziehen und von machtigen Stromen bewasserte, grosse Langenthaler ein- schliessen. Dichte Walder, der Aufenthalt einer Menge der grossten und reissendsten Thiere, bedecken die Gebirge ; alle tropischen Fruchte erreichen die grosste Vollkommenheit ; die meisten Fliisse iiberschwemmen regelmassig das Land, wodurch die Fruchtbarkeit unglaublich gesteigert wird; zudem sind Fliisse und Meere sehr reich an Fischen und Schalthieren. (Die Meerbusen von Bengalen, Martaban, Siam und Tonkin, die Fliisse Burremputr, Irawaddy, Thalayn, Menam-Kong oder Cambodja und Menam). Das Land erzeugt im Allgemeinen die gleichen Produkte, wie Vorder-Indien, nur fehlt hier jede Veredlung durch gute Kultur. Die vom Boden und Klima ausserordentlich begiinstigte Land w irt hs chaft er- zeugt Reis, Palmen, Zimmt, Pfeffer, Thee, Zuckerrohr, Seide und andere tropische Produkte in grosser Menge und Giite. Der Berg- bau liefert viel und vortreffliches Zinn (Kalin), dann Eisen , Ku- pfer, Blei, Silber; in mehreren Flussen wird Gold gewaschen. Aus- gezeichnet schon sind die bunten Edelsteine, Rubine, Saphire, To- pase u. a. Sehr grossen Reichthum hat das Land an trefflichem Schiffbauholz und Naphta. Die Industrie ist gering; sie liefert hauptsachlich Seiden- und Baumwollengewebe, einige Metallarbeiten und gute Schiffe. Der Seehandel ist meistens in den Handen der Chinesen und Eng- lander; die grosstentheils tief ins Land hinein schiffbaren Fliisse, welche an den Miindungen sehr gute Hafen bilden, unterstiitzen denselben bedeutend. Politische Eintheilung. 1. Britisch Hinter-Indien (beilaufig 4000 QMeilen, 2 Millionen Einwohner) be- steht aus den Landern : o) Assam, der nordwestlichste Theil der Halbinsel, ein vom Burremputr be- wassertes, von hohen Gebirgen eingeschlossenes Thai (2 bis 3000 QMeilen und 1 Million Einwohner) ; seit 1826 unter englischem Schutze. Der Boden ist sehr fruchtbar, reich an schb'nen Waldungen ; das wichtigste Produkt ist Thee. Die Seidenzucht und Seidenweberei ist betrachtlich. Die Bevolke- rung steht unter mehreren Raja, welche in ewigen Fehden unter einander leben. Hauptort: Gowahatti; bedeutender ist Eangpur, die grosste und bevolkerteste Stadt. 6) Aracan, ein schmaler Kustenstrich, langs des bengalischen Meerbusens. Auf etwa 400 n Meilen leben ii ber 200.000 Menschen , von verschiedenen rauberischen und rohen Birmanenstammen. Hauptort: Aracan (20.000), oberhalb der Mundung des ^hisses Mahutte, treibt einigen Handel. c) Pegu, im Miindungsgebiete des Irawaddy, mit den Stadten Pegu, Ran- gun (die ansehnlichste Handelsstadt, starke Ausfuhr von Teak-Holz) und Prome, wurde in jiingster Zeit dem britischen Gebiete einverleibt. d) Martaban und Tenasserim, der nordwestliche Kustenstrich der Halb- insel Malacca (circa 1200 QMeilen und iiber 100.000 Einwohner), mit den Stadten: Martaban, Moulmein (Sitz der britischen Behorden, mit an- sehnlichem Handel), die neu angelegte Stadt Amhersttown (20.000). Der 895 sudliche Theil, Tenasserim, hat nur einen fast ganz zerstb'rten gleich- namigen Ort im Innern und die kleine Stadt Mergui auf einer der an der Kiiste liegenden Mergui-Inseln. e) Pulo-Pinang oder Prinz Wales-Insel. Sie liegt am Eingange der Strasse von Malacca, ist vortrefflich angebaut, liefert Keis, Pfeffer, Muskat- niisse, Gewiirznelken, feine Holzarten u. a. Die Hafenstadt Georgetown (25.000) treibt lebhaften Handel. f) Das Gebiet von Malacca (12pMeilen) init reichen Zinngruben; im Jahre 1824 traten es die Hollander im Tauschwege an die Briten ab. Die Stadt Malacca (15.000) treibt umfangreichen Handel; die meisten Schiffe, welche die Strasse von Malacca passiren , nehmen hier Lebensmittel und Wasser ein. g) Singapore (spr. Singapur). Eine rasch aufbluhende Handelsstadt (60.000 E.) auf der gleichnamigen Insel vor der Siidspitze der Halbinsel Malacca. Dieser Freihafen ist der wichtigste Stapelplatz fur den Zwischenhandel von Ostindien und China, Sammelplatz fiir Schiffe aller Nationen mit vielen eu- ropaischen Handels- und Kommissionshausern. Mittelpunkt des Goldhan- dels im indischen Archipel. Ausgedehnte Industrie, iiberhaupt einer der be- deutendsten Platze im Oriente. 2. Birina oder Awa (Kaiserthum, mit 9000 Q Meilen und 5 8 Millionen Einwoh- nern). Das Land ist (soweit bekannt) ein grosses Thai, das der Irawaddy von Norden nach Siiden durchstromt und welches eine grosse Menge Seen besitzt. Die Produkte sind wie in Vorder-Indien, nur in noch grosserer Vollkommenheit und Fiille. Erwahnenswerth ist auch die grosse Menge von Steinol. Die Bewohner gehoren mehreren verwandten Volkerschaften an , sind tapfer und kriegerisch , mit einer despotischen , doch geordneten Regierung. Haupt 1 - und Residenzstadt ist Awa (50.000) am Irawaddy. Amerapura, die friihere Residenz, wurde durch ein Erdbeben (1840) fast ganz zerstort. 3. Slain (Konigreieh, mit 14.000 Q Meilen und beiiaufig 5 Millionen Einwohnern). Der Haupttheil des Reiches ist das fruchtbare Thai des Menam ; die ansehnlichste Stadt ist Bank ok (400.000), zugleich einer der bedeutendsten Handelsplatze Hinter-Indiens. 4. Aiiam (Kaiserthum , mit 10.000 Q Meilen und 10 bis 12 Millionen Einwohnern). Es besteht aus den Landern Tonkin, Cochinchina, Cambodja und einigen Gebieten an der Nordgrenze , welche von unabhangigen Hauptlingen beherrscht werden. Der Reichthum an Naturprodukten ist sehr gross (Zucker, Pfeffer, Baum- wolle, Indigo). Der Seidenbau wird eifrig betrieben, die Industrie in Seide und Baumwolle ist schwunghaft. Der Binnenhandel ist lebhaft, aber der Verkehr mit Europaern wird fast nur durch Chinesen unterhalten. -Residenzstadt ist Hue (oder Fu-tschuan, 100.000), gute Festung mit einem Kriegshafen ; die wichtigsten Handelsstadte, in welche auch Europaer kommen, sind Huehan (oder Faifoe) und Saigon (100.000). Fiir den Binnenhandel ist bekannt Ketscho (oder Dong- King); die ehemaligen europaischen Faktoreien sind eingegangen. 5. Das unabhiingige Malacca (mit etwa 3000 Q Meilen und 1 Million Einwoh- ner) ist reich an Zinn, Pfeffer, Reis und andern fiir den Handel wichtigen Pro- dukten. Die Bewohner sind Malayen, meist Muhamedaner, kiihne Seerauber und werden von einzelnen despotischen Fiirsten beherrscht. C. Der indische Archipel. . 158. Der indische Archipel umfaset die Inselgruppen zwischen Hinterindien , China, Neu- Guinea und Neu-Holland. Weder iiber die Gesammtzahl der Inseln, noch iiber deren Grosse, Bevolkerung und natiirliche Beschaffenheit besitzen wir ausreichende Kenntnisse; annahernd wird der Flachenraum der bekanntea Ineeln auf 36.000 QMeilen und die Bewohnerzahl auf 23 Millionen geschatzt. Die meisten Inseln siad gebirgig und vulkanischer Natur, ferners 396 uberaus reich an den mannigfaltigsten und kostlichsten Produkten der Tropenzone, an grossen Schatzen des Mineral- und des Thier- reiches. Sie sind meist von malayischen Stammen bewohnt, doch auch von Europaern; besonders befindet sich der Handel in den Handen der Niederlander. Nur wenige portugiesische , spanische und britische Niederlassungen abgerechnet, sind die Niederlander Herren von dem grossten Theile des Archipels. Die bedeutendsten Inselgruppen sind: 1. Die grossen Sun da- Inseln, 2. die kleinen Sunda-Inseln, 3. die Molukken oder Gewiirz - Inseln, 4, die Philippinen, 5. die Sulu- Inseln, 6. die Andamanen und Nikobaren. In politischer Beziehung theilt man sie: 1. General-Gouverne- ment von Niederlandisch-Indien, 2. spanisches General-Kapitanat der Philippinen, 3. unabhangige Malay enstaaten. 1. Die grossen Suiida-Iiiseln. a) Sumatra (7474 Q Meilen, 3 1 /, Millionen Einwohner ; darunter hollandisch 2000 D Meilen mit 2'/ ? Millionen Einwohner). Die Westkuste ist gebirgig und gesund, die Ostkiiste flach und vielfach sumpfig. Die Insel ist reich an Gold, Diamanten, tropischen Gewachsen nller Art, an Eeis, Zucker, Sago, Kaffee, Tabak, Pfeffer (Kampfer, Benzoe, Cassia). In den Kiistenstadten be- ginnt die Industrie inBaumwolle und Seide, Eisen, Stahl und Gold sich zu entfalten. Padang (12.000), eine bliihende Handelsstadt, Sitz des hollan- dischen Gouverneurs; Benkulen (12.000), ein befestigter Handelsplatz in ungesunder Gegend; Pal e mb an g (25.000). Unabhangige Staa- ten: der Staat Atschin mit der gleichnamigen Hauptstadt an der Nord- westspitze der Insel; das Land der Batta im nordb'stlichen Theile, von heidnischen Malayen (Menschenfressern) bewohnt. Von den in der Nahe liegenden Inseln sind Banca und Billiton (vor der Ostkiiste) erwahnens- werth. Banca wegen seines Reichthums an feinemZinn (Banca-Zinn), wo- von jahrlich an 4050.000 Zentner fiber Batavia nach Europa verladen werden; Billiton wegen seiner werthvollen Eisenminen. 6) Java (2325 Q Meilen, 10 Millionen Einwohner). Die wichtigste hollandi- sche Besitzung in Indien, wegen der ungemeinen Fruchtbarkeit und Man- nigfaltigkeit der Produkte eine der schonsten. Kolonien auf der Erde, die ,,Perle in der Krone der Niederlande" genannt. Beilaufig 75% der Gesammt- flache nehmen die hollandischen Besitzvmgen ein, und zwar den ganzen west- lichen Theil und die Nordkiiste ; im Siiden und Osten herrschen eingeborne Hauptlinge. Die Bewohner sind Malayen, chinesische und arabische Han- delsleute, Mischlinge, Negersklaven, welche von einigen Tausend Hollandera beherrscht werden. Hauptprodukte der Insel sind: Kaffee, Zucker, In- digo, Baumwolle, Reis, Cochenille, Thee, Pfeffer und alle Fruchte Indiens. An der Kfiste wird ferners viel Seesalz gewonnen; Metalle hat das Land keine. Der Hauptsitz der hollandischen Macht ist Batavia (60.000); in Folge eines Erdbebens ist die Luft so ungesund geworden, dass die Stadt das Grab der Europaer genannt wird. Der General-Gouverneur, die Behor- den, die Kaufleute und Wohlhabenden wohnen einige Stunden landeinwarts in den reizenden und gesunden ,,Vorstadten Batavias" (Ryswik, Nordwik, Molenvliet, Buitenzorg u. a.), und kommen in das verodete Batavia nur herab, um ihre Geschafte abzumachen. Der Handel ist stets im Steigen, der Ver- kehrswerth mag auf 100 Millionen Gulden (30 Millionen Import, 70 Millio- nen Export) jahrlich sich belaufen. Die niederlandischeHandels-Maatschappy besitzt das Monopol des chinesischen Theehandels. Sumatra und Java ver- sorgen einen grossen Theil von Malacca und Hinterindien mit Reis. Ansehn- lich sind noch die Stadte Samarang (40.000) und Surabaya an der Nordkuste, welche Handel treiben. c) Borneo, die grosste der Sunda-Inseln, an 13508 Q) Meilen gross, gehort zu den wenigst bekannten Landern der alten Welt Die Kiisten sind durch- gehends flach, sumpfig, daher ungesund; das Innere soil von vielen Gebir- 397 gen und grossen Waldungen angefiillt sein. Die Bewohner sind roh und grossen Theils noch in vieler Wildheit. Die Naturprodukte sind im Allge- meinen die gleichen wie auf den ubrigen Sunda-Inseln ; die wichtigsten sind Gold (vorziiglich an der Westkiiste), Diamanten, viel Pfeffer, der beste Kam- pfer. Auf der West- und Siidkiiste sind diejhollandischen Besitzungen, mit den Orten Bandjermassin und Pontianak; der iibrige Theil der Insel wird von zahlreichen Hauptlingen beherrseht. Die bier lebenden Chinesen raachen ansehnliche Handelsgeschafte in dem|Hafen B6rneo oder Bouren (an der Nordwestkuste). Auch die Englander haben eine kleine'Niederlas- sung begriindet. d) Celebes, beilaufig 3316 D Meilen gross, besteht eigentlich aus vier Halb- inseln, welche nur in der Mitte des Landes zusammenhangen. IGebirgsket- ten (mit mehreren Vulkanen) bilden das Gerippe der, Insel, ^welche gut be- wassert ist, und das Klima so wie die Produkte der benachbarten Inseln hat, namentlich sind ergiebige Goldwaschen uud bedeutende Kaffeepflanzun- gen hervorzuheben. Der siidlichste und nordlichste^Theil gehort den Hol- landern, doch sind auch die iibrigen kleinen Gebiete von den Hollandern abhangig. Als Handelsplatze sind bekannt: Vlaardingen (sonst Ma- cassar) und das Fort Rotterdam. Um CelebeSiliegt^ (vorziiglich im Osten und Siiden) eine Unzahl kleiner Inseln. 2. Die kleinen Sunda-Inseln. Diese ziehen sich von der Ostspitze Java's bis gegen Neu-Holland bin. Die meisten sind hochgebirgig, vulkanisch, sehr fruchtbar, von Negerstammen und Malayen bewohnt, welche unter dem Einflusse der Hollander stehen. Die wich- tigsten sind : Bali (nahe bei Java) und L o m b o k wegen der Reisausfuhr nach Australien, guter Baumwolle und der geschatzten Pferde beachtenswerth ; S u m b a v a mit einer hollandischen Niederlassung ; T s]c h i n d a n a wegen der vielen Sandelholzwaldungen auch Sandelbosch genannt ; auf F 1 o- r e s waren friiher portugiesische Niederlassungen ; die grossen Theils ode aber grosste Insel Timor mit dem hollandischen Hauptorte K u p a n g und dem portugiesischen Hafenort D i 1 1 i. Handelsgegenstande bilden :|jReis ,| Baum- wolle, Indigo, Sago, Tabak, Zimmt, Sandelholz u. a. m. 3. Die Molukken oder Gewurz-Inseln. Diese Inseln liegen zwischen Celebes und Neu-Guinea, sind den Hollandern theils mittelbar, theils unmittelbar unterworfen und wegen der Hauptprodukte Gewiirznelken, Muskatnusse und Sago beruhmt und werthvoll. Sie zerfallen in drei Gruppen: 1. die siidlichen Banda-Inseln (Banda, Timorlaut, Larat u. a.) mit Muskatnussbaumen, Bliithe und Frucht bilden einen sehr ein- traglichen Handelsartikel ; nordwestlich davon : 2. die Ambo'ina-Gruppe (Am- bo'ina, Ceram, Euro u. a.) mit Gewurznelkenbaumen und Sagopabnen ; 3. die eigentlichen Molukken, die nordlichsten (Dschilolo, Temate, Tidor u. a.) 4. Die Philippineii. Sie bestehen aus etwa zwolf grosseren und iiber hundert kleinen, sehr ge- birgigen, vulkanischen Inseln , nehmen wahrscheinlich iiber 6000 [J Meilen ein und die Bewohnerzahl wird auf 6 Millionen geschatzt. Die Einwohner sind theils Papuas, theils Malayen. Der grossere Theil gehort den Spaniern. Die grosste Insel ist Luzon oder Manilla (iiber 2500 Q Meilen) mit dem Hauptorte Ma- nilla (140.000). Eines der Hauptprodukte ist Tabak; die k. Cigarrenfabrik beschaftiget iiber 5000 Menschen und soil jahrlich iiber 800 Millionen Cigarren fur den Export erzeugen. Auch Baumwolle, Zucker, Indigo und Hanf werden ausgefiihrt. Diese Insel ist in Hinsicht auf Klima, Schbnheit der Landschaften und Fruchtbarkeit des Bodens einer der reichsten und schonsten Erdstriche. Die siidlich von Manilla gelegenen Inseln heissen die bissajischen Inseln. Die siidlichste, gleichfalls sehr fruchtbare Insel ist Magindanao oder Min- danao (1200 G Meilen) mit der gleichnamigen Hauptstadt Die spanischen Besitzungen liegen an der Nord- und Ostkiiste; die Bewohner der iibrigen Ge- biete stehen unter muhamedanischen Herrschern und treiben viel Seeriiuberei. 398 ter, Scbildkrot und Sago ; sie stelien unter muhamedanischen Herrschern. Die bedeutendste Insel ist Palawan. 6. Die Andaittaneii und frikobaren. Beide Inselgruppen liegen im Meer von Bengalen, nordlich von der Nord- spitze'von Sumatra. Die Inseln sind bergig, rnit undurchdringlichen Waldern bedeckt und wegen des ungesunden Klimas sind die friiheren europaischen Nie- derlassungen aufgegeben worden. Auf den (nordlicheren) Andamanen leben Ne- ger, welche auf der niedersten Stufe der Kultur stehen und sich fast nur von Fischen nahren. Die Bewohner der Nikobaren , meist Malayen, leben in zer- streuten Hiitten und Dorfern ohne Oberherrn, und treiben fast ausschliesslich Fischerei. C. Das chinesische Reich. . 159. Das chinesische Eeich grenzt in Norden an das asiatische Russland, im Westen an die freie Tatarei und Afghanistan, im Siidwesten und Slid en an die indischen Halbinseln, im Osten an den grossen Ocean. Auf einer Flache von mehr als 230.000 GM. leben an 360 bis 400 Millionen Einwohner. China ist der bevol- kerteste und alteste Staat der Erde. In Beziehung auf die Bodenbe schaf fenhei t gehb'rt es zum Hochlande Hinterasiens (siehe . 29). Zwei machtige Ge- birge begrenzen dieses Hochland: im Norden das Gebirgssystem des Altai, im Silden jenes des Himalaya; das dazwischen lie- gende Tafelland von Hochasien durchziehen die Ziige des Kiien Lun und Thian Schan. Diese Gebirgszuge theilen das Tafel- land in vier Plateaulander : Tubet, die hohe Tatarei, die Dsungarei und die Mongolei (siehe S. 35). Zwischen dem Hochlande und dem gelben Meere liegt das ausserordentlich fruchtbare und muster- haft angebaute chinesische Tiefland (an 10.000 n^eilen gross). Die Mongolei, sowie der ostliche Theil der Dsungarei und der ho- hen Tartarei sind theils baumlose , ode Steppen, theils ist es die sandig-steinige Wiiste Gobi oder Schamo. China ist reich an grossen und wichtigen F 1 ii s s e n , welche (namentlich im eigentlichen China) durch unzahlige Kanale mit einander verbunden sind, wodurch sich auf den fliessenden Wassern ein so regerVerkehr gestaltet, \vie vielleicht nirgends auf der Erde ; iiberhaupt steht das ganze Leben und Wirken der Bewohner im innigsten Zusammenhange mit der grossartigen Bewasserung. In jeder Beziehung sind die bedeutendsten Flusse der Amur, der Hoang-Ho (gelber Fluss) und der Yan-tse-Hiang (blauer Fluss). Siehe S. 59. Bei der grossen horizontalen Ausdehnung und den verschie- denen vertikalen Erhebungen ist das Klima sehr ungleich; im Ganzen ist es im Osten und Siidwesten sehr milde (wie in Indien oder Italien), im Norden und Nordwesten ist es rauh und k'alter ala in Europa unter gleichen Breitegraden. An den Siidkiisten, wo die Jahreszeiten noch von den Monsunen abhangen, toben haufig die Teifuns. 899 Die Bodenkultur wird musterhaft, ja gartenmassig betrie- ben und liefert den hochsten Ertrag. Selbst auf Felsen und Ab- hange wird Erde getragen , und Flosse auf dem Wasser werden zu Gartenbeeten eingerichtet. Die wichtigsten Handelsprodukte aus dem Pflanzenreiche sind : Thee, Zucker, Kampfer , Rhabarber, Zimmtkassia, Bambusstocke u. a. m. Der Viehstand ist bei dem Mangel an Weidenplatzen geringer, am starksten ist die Zahl der Schweine. Ausserordentlich stark Jst die Kultur der Seidenwurmer und Maulbeerbaume in dem Vaterlande der Seide. Die chinesische Seide iibertrifft alle bekannten Sorten an Weisse, Glanz und Weich- heit, vorziiglich die im ostlichen China. An Miner alien hat das Land keinen Mangel, inebesondere ist es reich an Eisen, Zink, Zinn, Blei, Quecksilber und Kupfer; vortrefflich ist die Porzellan- erde. In der gewerblichen Industrie haben die Chinesen, ohne die Maschinen der Europaer zu kennen, grosse Fortschritte geraacht ; in manchen Zweigen rivalisiren sie mit den Europaern. Ausgezeichnet sind ihre Seidenstofle und Bander , Porzellan und lackirten Waaren ; auch in Baumwollgeweben, Papier, Elfenbein- arbeiten, kiinstlichen Blumen, Galanteriewaaren, Draht- und Stroh- geflechten leisten sie recht Anerkennenswerthes. Der Binnenhan- del, unterstiitzt durch zahlreiche Kanale und Hauptlandesstrassen, und gefordert durch grossere Freiheiten als der aussere Handel, soil ausserst lebhaft sein. Der auswartige Landhandel fin- det mittels Karawanen statt, und zwar: mit Russland nach Kjachta, mit Turkestan iiber Jarkand, mit Indien fiber Tubet (Lhassa), nach den Reichen Birma und Anam. Gegen den auswartigen See- handel herrschte grosse Abneigung , doch sind demeelben jetzt fiinf grosee Frei-Handelshafen geoffnet (Fu-tsch^u-fu, Ning- pho, Amoy, Kan ton und Schanghai). Am starksten be- theiligen sich daran die Engender und Nordamerikaner , dann Hollander, Spanier, Portugiesen und Franzosen. Es ist nicht zu zweifeln , dass dieser Handel noch grosse Ausdehnung ge- winnen wird. Die grosse Masse der Bewohner besteht aus Chinesen; das herrschende Volk aber sind die Mandschu, zu welchen auch die kaiserliche Familie gehort. Die Chinesen sind eines der alte- sten Kulturvolker. Stolz auf das Alter, die Macht und Kultur ihres Stammes, halten sie zahe an alien Gebrauchen, verachten die Fremden als JBarbaren , wahrend sie ihr Land das himmlische Reich," ihren Kaiser Sohn des Himraels" nennen. Der Charakter der Chinesen wird von alien Reisenden mit ausserst ungunstigen Farben geschildert; sie werden als feige, entsittlicht und yer- weichlicht, unmenschlich gefiihllos, schmutzig eigenniitzig bezeich- net. Ihre Sprache gehort zu den einsilbigen , flexionslosen (siehe . 69); far jeden Begriff besteht ein eigenes Schriftzeichen. Die Verfassung des Staates ist unumschrankt monarchisch. Die Statthalter und hochsten Reichsbeamten heissen Mandarine. Das Innere des Reiches ist gegen die Fremden abgesperrt. In Tubet ist eine durch chinesische Statthalter beaufsichtigte Priesterherr- 400 schaft. Die Nomadenstamme stehen unter raehr oder weniger ab- hangigen Hauptlingen. Das Gesamnatreich wird eingetheilt in : 1. das ei gentliche China, 2. die unterworfenen Nebenlauder, 3. die unter chinesischem Schutze stehenden Vasallen-Staaten. I. Das eigentliche China (beilaufig 72.000 QMeilen mit 350 Millionen Einwohnern) wird in 18 Provinzen eingetheilt *). Die Zahl der Stadte ist sehr gross, ihre Einwohnerzahl sehr bedeutend. Meh- rere haben fiber erne halbe Million Einwohner, sehr viele zwischen 100.000 und 300.000. Es ist im Nordwesten und Westen sehr gebirgig, der mittiere ostliche Theil ist eine ausserst fruchtbare, musterhaft angebaute Niederung, von den bei- den grossten Stromen bewassert, von zahllosen Kanalen durchschnitten. Im Nor- den steht die beruhmte, fast 300 Meilen lange chinesische Mauer, schon vor 2000 Jahren zum Schutze gegen die Einfalle der Barbaren erbaut, jetzt nutzlos und imVerfalL Das Hauptprodukt ist Thee, wo von jahrlich an 90 Millionen Pf und exportirt werden (etwa 50 nach England, 20 nach Nordamerika, 8 nach Kussland), danii Seide und Baumwolle. Grosser Reichthum ist an Eisen, Blei, Zinn und Kupfer, sowie an Erdarten, woraus Porzellan (chin. Tski) gemacht wird. An- sehnlich sind noch die Bereitung von Papier und Tusch. Bedeutende Orte sind: Peking, die Kesidenz des Kaisers, iiber 2 Millionen Einwohner, Universitat, kaiserliche Bibliothek ((mit 300.000 Banden), zahlreiche Fabriken, prachtvolle Kaufladen, [ungemein lebhafter Handel'; Nanking (1 Million Einwohner), Hauptsitz der chinesischen Gelehrsamkeit ; bedeutende Fabriken in Baumwolle (Nankingstoffe) und Seide ; wenige Meilen siidlich davon die den Europaern geb'ff- nete Hafenstadt Schanghai; Kanton (1 Million Einwohner), viele Fabri- ken, Hafen, Mittelpunkt des europaisch-chinesischen Handels; die Europaer kb'n- nen nur mit einer Handelskompagnie (Hong-Kaufleute) Handel treiben. Im Meer- busen Bocca Tigris vor Kanton liegen mehrere Inseln : bei der Insel Wampu legen die europaischen Schiffe an, auf der englischen { Insel Hongkong bliiht die Stadt Viktoria rasch empor, auf der portugiesischen Insel Macao liegt die gleichnamige Stadt. Hangt-tscheu-fu, Stapelplatz ^fur den Handel mit schwarzem Thee; Nan-tschang-fu, Mittelpunkt des Porzellanhandels ; King-te-tschin, ein Dorf mit 1 Million Einwohner, Hauptort fur die Por- zellanfabrikation mit mehr als 3000 Oefen. Zu China gehort auch die Insel Hainan und die von vulkanischen Gebirgsketten durchzogene Insel Formosa oder T.aiwan. II. Die uiiterworfenen Nebenlauder. 1. Die Mandschurei (oder Tungusien, auch A m u r- \4 a n d). Der nordostlichste Theil des hinterasiatischen Hochlandes (mehr als 30.000 QMeilen gross) senkt sich gegen Osten und lasst nur einen schmalen Kiistenstrich iibrig. Das Klima ist streng, der Winter dauert von Ende September bis Mitte April, die Fltisse frieren zu, die Ka'lte steigt bis 30 K. ; dagegen ist der Sommer sehr heiss, die Vegetation in dieser Jahreszeit iippig, der Boden im Ganzen fruchtbar, doch ausserst diinn bevolkert. Herrliche Walder voU Pelzwild und gute Weiden sind zahlreich. Die Bewohner sind Nomaden, Hirten und Fischer; nur die hieher verbannten Chinesen treiben Ackerbau. Der wichtigste Fluss ist der fischreiche Amur. Einen grossen Theil der Mandschurei haben die Russen in Besitz genommen. Auch der nordliche Theil der Insel Karafta (oder Sachalin, oder Tarakai) gehort hierher. Das Meer ist wegen der haufigen *) Die Provinzen werden in Bezirke (Fu), diese in Kreise (Tschdu) und diese in Distrikte (Hian) eingetheilt. Die Stadte haben keine besondern Namen, sondern man bezeichnet sie mit dem Namen des Bezirkes, des Kreises und des Distriktes, dessen Hauptstadt sie sind, vermittelst der Anfiihrung der Worte Fu, Tsch^u und Hian. 401 Nebel den Schiffen gefahrlich. Stadte von einiger Bedeutung sind: Mukden (Schinjang) mit dem Sitze der Regierung; Girin-Ula am Songari; Sacha- lin-Ula (oder Aigun) am Amur, treibt starken Pelzhandel. 2. Die Mo ngole i. Im Westen der Mandschurei (mit unbestimmter Grenze) breitet sich das Hoch- land der Mongolei auf der Scheitelflache Hochasiens aus. Die Grosse wird zwi- schen 50.000 und 90.000 QMeilen angegeben; doch gehb'rt das Land zu den wenigst bekannten Erdstrichen. Einen grossen Theil des b'den, unfruchtbaren Lan- des nimmt die Hochwiiste Schamo oder Gobi ein, welche nur Handelskarawa- nen zwischen China und Russland durchziehen; nur einzelne Landstriche sind grasreiche Steppen, manche Thaler haben reiche Vegetation. Die grb'ssten Strb'me Asiens haben auf dieser Hochflache ihre Quellen (Irtisch, Jenisei, Selenga, Amur, Hoang-Ho, Yan-tse-Kiang). Ausserdem gibt es viele Steppenfliisse , welche sich in salzige Binnenseen (Balkasch, Dsaisang, Kuku-noor) ergiessen. Das Klima ist nur in den siidlicheren Thalern gemassigt, sonst ausserst strenge. Die wichtig- sten Produkte aus dem Pflanzenreiche sind Ginseng und Rhabarber (in der Ge- gend des Kuku-noor). Viele unserer Hausthiere kommen hier im wilden Zustande vor. Die Bewohner (etwa 3 Millionen) sind Nomaden, deren Khane unter chine- sischer Oberhoheit stehen. Die wenigen Stadte und Db'rfer bestehen meistens nur aus wenigen Filzhiitten (Jurten). Am nordlichen Rande der Mongolei (auch Dsungarei oder Kalmiikenland genannt) liegt die Hauptstadt Urga (oderKurgen), der fiir heilig gehaltene Ort des mongolischen Buddhaismus und nebst Mai- matschin (gegeniiber dem russischen Grenzorte Kjachta) der wichtigste Stapel- platz aller Waaren des russisch-chinesischen Tauschhandels. 3. Die hohe Tartarei (oder ..Os t-Tur kestan ," die kleine Bucharei," .Ost-Ds chag atei," das Land Tur- fan" genannt). Grosstentheils eine wiiste Hochebene (20.000 bis 25.000 n Meilen gross, mit beilaufig l'/ 2 Millionen Einwohner); nur an den Fliissen, namentlich am Tarim (oder Jarkiang) findet sich fruchtbares, gut angebautes Land, welches ausgezeich- nete Melonen, Getreide, Obst, Wein und Baumwolle liefert. Da ein grosser Theil der Bevolkerung ein nomadisirendes Leben ftihrt, so ist die Viehzucht von Bedeu- tung ; die Stammhaupter sind von China abhangig. In den Stadten und Dbrfern wohnen persisch redende Muhamedaner, welche Handel treiben. Bekanntere Orte sind: Turfan, ein Stationsplatz fiir die aus China nach Westen ziehenden Ka- rawanen; in Kaschgar ist der Sitz des chinesischen Statthalters, die Einwohner treiben verschiedene Gewerbe und ansehnlichen Handel; der bedeutendste Ort ist Jarkand (200.000), der Mittelpunkt des Handels nach den benachbarten Lan- dern. Die Einwohner arbeiten in Seide, Baumwolle und Leinen ; bis hieher gehen die chinesischen Karawanen, und hier treffen Kaufleute aus dem fernsten Westen ein, welche Kashmirshawls, Edelsteine, Moschus bringen, um sie gegen Thee, lackirte Waaren, Porzellan u. dgl. zu vertauschen. H a m i (oder Komun) liegt in einer fruchtbaren Oase, welche viel Weintrauben und Melonen liefert ; A k s u lie- fert viel Baumwollenzeuge und treffliche Jaspisarbeiten. III. Die tributpflichtigen Staaten. 1. Tiibet (oder Tibet). Dieses grossartigste Hoch- und Gebirgsland der Erde, mit einer Gesammtflache zwischen 25.000 bis 30.000 Q Meilen und mit Plateau- und Thalflachen von 8000 bis 15.000' wird von beilaufig 5 Millionen Menschen bewohnt und liegt zwi- schen dem Himalaya mit den hochsten Schneegipfeln der Erde und dem Kiien- Liin. Die grossen Flusse (Indus, Brahmaputra, Irawaddy u. a.) haben hier ihre Quellen; zahllose Bache stiirzen in den herrlichsten Wasserfallen aus den Glet- schern, viele und grosse Seen breiten sich in den Hochgebirgslandschaften aus. Der Boden ist meist wenig fruchtbar und deckt trotz der fleissigen Bebauung nicht den Bedarf. Die Hauptbeschaftigung bildet die Viehzucht; Fleisch, Milch, Butter und Kase sind die wichtigsten Nahrungsmittel. Unter den Thieren sind bemerkenswerth : der Biiffel mit dem schon behaarten Pferdeschweife , der zum Putze sehr geschatzt wird ; die Schafe mit sehr feiner Wolle ; die tube tanische Ziege liefert das Hauptmaterial fiir die Kashmirshawls, und das Moschusthier. Tiibet ist der Hauptsitz des Buddhaismus und Lamaismus. Die vielen pracht- Klim's nandels-Geof^raphie. t. Aufl. 26 402 vollen Tempel und Kloster niit Schulen und Bibliotheken sind die Sitze der Ge- lehrsamkeit An der Spitze steht der Dalai-Lama, ihm zunachst der Bogdo-Lama ; beide stehen unter dem Schutze des chinesischen Kaisers und erhalten von den vielen Staaten Tiibets einen Tribut. Die religiosen Verhaltnisse greifen tief in alle biirgerlichen Zustande ein. Hauptstadt mit dem Sitze des Dalai-Lama ist Lhasa a (80.000) mit prachtigen Tempeln, Klostern, ansehnlichem Gewerbefleisse und Handel. Der Bogdo-Lama residirt in Teschu-Lumbu. 2. Korea. Die Halbinsel ist ein reich bewassertes Gebirgsland. Die Ostkiiste ist schroff und gefahrlich, die Westkuste minder steil und hat gute Hafen ; vor der West- und Siidkiiste liegen ungemein viele kleine Inseln. Die Bewohner (5 bis 8 Mil- lionen) sind fleissige Landbauer , geschickte Gewerbsleute , welche Seiden- und Baumwollenzeuge, vorziigliches Papier, guten Firniss u. a. m. erzeugen, und un- ternehmende See- und Handelsleute , die aber nur mit China und Japan Handel treiben ; alien andern Nationen ist Korea ganzlich verschlossen. Die Hauptstadt Han -y an (nach Andern King-ki-tao) soil in der Mitte des Landes zwischen zwei Fliissen liegen. 3. Likejo- (oder Lieu-Khieu-) Inseln. Dieser Staat besteht aus zwei Inselgruppen, die nb'rdlichen Lieu-Khieu, die siid- lichen Madschicosima genannt; er liegt nordlich von der Insel Formosa. Die Be- volkerung, aus etwa einer halben Million Chinesen und Japanesen bestehend, baut Reis, Thee, Siidfriichte , Zucker, Kaffee und Wein; sie weben Seiden- und andere Zeuge, und treihen eine lebhafte Schiffahrt mit China und Japan, wohin der Beherrscher tributpflichtig ist. Die Residenz ist King-tsching auf der Insel Gross-Lieu-Khieu ; auf der Nordwestkiiste dieser Insel liegt der Handelsplatz Wapakiang. China betrachtet auch die Staaten: Nepal, But an, Si'am und An am als seine Vasallenlander. Xxl.t'.? 5*M COV;'* die Bevolke- rung auf 4 bis 5 Millionen geschatzt. Auf 6 10.000' hohen Gras- flachen erheben sich Gebirge mit Gipfeln uber 14.000'; im Osten fallt das Bergland zur schmalen, heissen Kustenebene Samhara ab, im Westen und Nordwesten ist es von der Sumpf- und Waldregion Kolla begrenzt. Unter den Alpenseen ist der grosste der Ts ana- See auf dem Plateau von Dembea; von den zahlreichen Fliissen sind bemerkenswerth der blaueNil, der Takazze und der A'tbara, welche hier ihre Quellen haben. Das Klima ist in den Thalern und an der Seekuste sehr heiss; in den mittleren Ge- birgsgegenden und auf den Hochebenen gemassigt, angenehm milde und sehr gesund; im Hochgebirge ist es rauher. Die tropischen Regen, oft von furchtbaren Hagelwettern begleitet, bewirken Ueber- schwemmungen der Fliisse. Im Norden wohnen die braunen Abyssinier kaukasischer Race ; das herrschende Volk sind jedoch die aus dem JSuden vor- dringenden Galla-Stamme. Erstere sind koptische Christen, letz- tere theils Moslim , theils noch Heiden ; die wildesten sind die S c ha a gal la- Neger in der Sumpf- und Waldregion, welche Fetischdiener sind. Am Takazze wohnt seit Jahrtausenden ein zahlreicher Stamm Israelite n. Die alten Konigreiche Tigre, Goudar und Schoa wurden in neuester Zeit vereinigt, und der neue Beherrscher ^Kaiser Theodor I." ist Regent von ganz Ha- besch. Er befordert den Landbau und ist fur die Verbreitung der Civilisation und des Christenthums sehr thatig. Das Land ist im Ganzen sehr fruchtbar, der Ackerbau jedoch stark vernachlassigt Cerealien, Tabak, Baumwolle, Farb- holzer und Droguen sind die wichtigsten Produkte ; die Landschaft Kafa (im Siiden) soil dem Kaffee, der hier vorzuglich gut ge- deiht und hier sein Vaterland haben soil, den Namen gegeben ha- ben. Die Viehzucht ist in diesem Alpenlande bedeutend; da- gegen die gewerbliche Industrie kaum nennenswerth. Ver- haltnissmassig am starksten sind der Bergbau auf Eisen , die Verarbeitung der Metalle und Leder. Das Land hat keine Heer- strasse, keinen schiffbaren Flues und nur die von Tiirken besetzten Hafenplatze Arkiko und Massuah am rothen Meere; dessun- geachtet ist der Zwischenhandel , sowie die Ausfuhr eigener Pro- dukte (Baumwolle, Kafiee, Droguen, Elfenbein) ziemlich ansehnlich ; importirt werden Manufakte, Glaswaaren, Zucker. Bemerkenswerthe Orte sind: (In der Landschaft Amhara): Gondar (10.000), Eesidenz des Abuna (.unser Vater"), das ist des geistlichen Oberhanptes der Christen in Abys- sinien. (In der Landschaft Tigre, durch den Takazze von der vorigen getrennt): Adowa (8000), die lebhattcstc Handelsstadt mit sehr geschatzten Baumwoll- webereien. Westlich davon die Kuinen der alten Hanptstadt Axum. 4(4 (In der Landschaft Schoa, im s ados ilichs ten Theih): Angollola (4000) und A n k o b e r. Der Kfistenstrich Samhara versorgt Habesch mit Sulz} die Hafenplatze des Landes sind bereits oben genannt worden. III. Die Berberei (oder die Barbaresken-Staaten). . 166. A. Tripolis. Im Westen von Aegypten zieht sich langs dee Mittelmeercs von der grossen bis zur kleinen Syrte das unter tiirkischer Oberherrschaft etehende Land Tripolis. Die Grosse wird auf 8000 bis 14.000 QMeilen, die Bevolkerung auf l l / a bis 2 Millionen Meelen geschatzt. Zwischen Aegypten und der grossen Syrte 1st das wiiste FeUenplateau von Barka rait einigen Oasen und einem schmalen, fruchtbaren Kiistenstriche. Darch die Sultin- Ebene von diesera Plateau getrennt ist das eigentliche Tripolis rait einem niederen, sandigen Kustensaum und mit schlechten Hafen ; gegen Siiden steigt es in mehreren Stufen zum Plateau von Ha- mdda (2000'). Dieses ist fast durchgehends wasserlos, mit steppen- und wustenartiger Bodenbeschaffenneit ; doch sind unterirdische, durch Brunnen von wenig Fuss Tiefe erreichbare Waseerbecken nicht selten. Die tiefen Thaler sind fruchtbarcr, besonders reich an Datteln , Safran und Sudfriichten aller Art. Die Einwohner sind unter den Bewohnern der Berberei die in der Kultur am meisten vorgeschrittenen. Ihre Hauptbeschaftigungen sind Viehzucht und Handel; erstere wird zumeist von den Beduinen, letzterer als Kai awanechandel von den Mauren betrieben ; der Seehandel liegt in den Handen der Italiener und Franzosen. Die Industrie ist un- bedeutend, doch liefert sie Webewaaren, Metallwaaren, Waffen. Hauptgegenstande des Handels sind europaische Manufakte, dann die aus dem Innern Afrikas ankommenden und dorthin abgehenden Waaren, als : Weizen, Oel, Vieh, Elephantenzahne, Wolle, Straussen- federn, Saffian u. s. f. Hauptort ist: Tripolis (25.000) mit einem befcstigten Hafen, der Mittel- punkt des Waarenverkehrs mit Inner-Afrika. In Barka ist die Hafen- und Handels- stadt Ben gas si. Zu Tripolis gehoren auch die Oasen Fezzan (oder Fesan), Augila und Gad am us. Die Oase Fezzan ist sehr fruchtbar, wird von Arabern und Ne- gern bewohnt, und der Hauptort Mnrzuk (10.000) ist einer der wichtigsten Handelsplatze der Wiiste, wo ans alien Bichtungen Karawanenzuge zusammen- treSen; der Markt danert von Oktober bis Januar. Die Oase Augila (sud- licb von Barka) treibt starken Handel nach Kairo, vorziiglich geruhmt werden die Dattdn. Gadames mit dem gleichnamigen Hauptort ist der wichtigste Platz anf der Strasse von Tripolis nach Tuat (in der Waste) and nach Murzuk. II. Tunis. Zwischen Tripolis und Algier liegt Tunis, etwa 3700 QMeilen gross und mit 2'/ 2 bis 3 Millionen Einwohnern, meist Arabern und Mauren, deren Herrscher (Bey) fast ganzlich unabhangig von der Pforte ist, obgleich letztere Tunis noch immer als einen Vaeallenstaat betrachtet. Aus Algier streicht das b'etliche Ende des A 1 1 a s - Gebirges ins Land, dessen letzter Auslaufer das Kap Bon ist. Im Nordwesten ist das Land gut bewassert (unter den Kiisterflufsen der Medscherda) und sehr fruchtbar; im Sii- 415 den des grossen Atlas ist die felsige Ebene Biledulgerid (Belad el Dscherid = Dattelland). Der sehr ergiebige Boden liefert bei einem meist herrlichen Klima trotz der nachlassigen Bebauung sehr viel Oel, Cerealien und Fruchte aller Art, besonders Datteln in grosser Menge, auch etwas Baumwolle. Bedeutend ist die Rind- viehzucht, dann jene der Schafe mit viel und sehr feiner Wolle, vortrefflicher Pferde und Dromedare. Die Industrie ist relativ bedeutend, insbesondere sind bekannt die turkischen Mutzen (Fes), gefarbte Saffiane , Seiden, und Wollenwaaren sowie schone Topfer- waaren. Fiir den Seehandel, der fast ganz von Marseille be- herrscht wird, sind wichtig: Tunis (100.000) und Susa; f iir den Karawanenhandel K air wan (40.000). Die Handelsprodukte sind wie in Tripolis. Grossere Orte sind: Tunis, die grosste und schonste Stadt in Nordafrica, mit ansehnlichen Fabri- ken in Scide, Sammt, Tuch nnd Fes, und bedeutendem Handel. (Am Eingange der Lngune ist der Hafen La Goletta ; in der Nahe die Kuinen von Carthago, Utica, Thapsus). Die KQstenstadte : Biserta (8000), Susa (10.000), Mona- stir (12.000) nnd Cabes (20.000), davor die Insel Dscherbi (vorziigliche Tucher und Shawls); im Innern : K air wan (nur Muselmanncr diirfen sich hier aufhalten), Toser (20.000) am grossen Salzsee Melrir, mit bedeutender Woll- manufaktur und grossem Dattelhandel ; N efta (18.000) erzeugt vorzugliche Haik (Umschlagtucher) und ist einer der grossten Dattelmarkte. C. Algier. Ueber 10.000 n Me en u n(J beilaufig 3 Mil- lionen Einwohner). Ln Westen von Tunis langs des Mittelmeeres ist das (seit 1830) franzosische Besitzthum Algier. Das Land ist sehr gebirgig, vora mittleren Theile des grossen und des kleinen Atlas durchzogen. Gegen Nor Jen ist dem grossen Atlas das gut bewasserte, fruchtbare Plateau M das Tell" vorgelagert, dessen Abfall gegen die Kuste durch das vielfach durchbrochene Gebirge des kleinen Atlas gebildet wird. Gegen Siiden senkt sich der grosse Atlas zum Steppenplateau Biledulgerid. Zu dem hat Algier viel schone, iruchtbare Ebenen (Metidscha bei Algier, Egres- Ebene bei Maskara) , mehrere Flussthaler und einen meist sehr ergiebigen Boden. Unter den Kustenfliissen ist der Schelif, das Tell durchfliessend, bemerkenswerth ; mehrere kontinentale Fliisse versiegen im Sande oder ergiessen sich in die zahlreichen Salzseen. In der algieriechen Sahara gelingt die Bohrung artesischer Brunnen vortrefflich. Der Sommer ist heiss und trocken , der Winter reich an Regen und Gewittern, auf den Hochebenen strenge mit Schneefall. Die Bcvolkerung gehort grosstentheils dem arabischen Stamme an, nachst ihnen sind am zahlreichsten die Berber (Ka- bylen), Europaer diirften hier an 250.000 leben. Trotz der Aufmunterung zur Kolonisation schreitet die Civili- sation in Algerien doch nur eehr langsam vorwarts. Der eehr fruchtbare Boden und die gunstigen klimatischen Verhaltnisse liefern einen reichen Ertrag an Getreide, Tabak, Krapp, Hanf, Wein, Oel, Gemusepflanzen, Friichten, BaumM'olle u. s. f. Die dich- ten Waldungen enthalten grosse Mengen Baumaterial und ausge- zeichnete Holzer fiir die Pariser Mobelfabriken. Die Viehzucht ist bedeutend ; vor all em nimmt die Zucht der ausgezeichneten Berberpferde grossen Aufschwung, das Schaf und Kameel erfreuen 416 eich besonderer Pflege, und die Kultur der Cochenille gewinnt stets an Ausbreitung. Ziemlich ansehnlich ist der Bergbau, die Eisen-, Kupfer- und Bleierze sind von vorzuglicher Qualitat. Die gewerbliche Industrie ist sehr unbedeutend ; erwahnenswerthe Manufakte sind Teppiche, Mantel, Leder, Pferdegeschirr, Waffen und derglei- chen. Der Handel erreichte in den letzten Jahren den Werth von etwa 180 Millionen Francs ; Frankreich hat wohl 90% des Gesammtverkehrs in Handen. Die Kustenfahrt ist fiir alle Flaggen frei, der Handel mit Frankreich aber ist an die franzosische Flagge gebunden. Der Import aus Frankreich (von Marseille nach Algier ) umfasst nebst alien Arten von Industrie - Erzeugnissen (Baumwollen- , Wollen- , Seidenstoffe , Branntwein , Luxusartikel etc.) auch Bauholz, Kolonialwaaren, Wein; zum Export (zumeist aus dem Hafen von Bona) gelangen : Getreide , Oel , Tabak, Baumwolle, Gernuse, Sudfriichte u. a. m. Sehr betrachtlich ist auch der Getreidehandel nach dem Innern Afrikas , der (sowie der Verkehr mit Marokko und Tunis) durch Karawanen vermit- telt wird. Das Land bildet ein franzosisches General - Gouvernement mit militarischer Einrichtung und wird in drei Provinzen ein- getheilt : 1. Algier. Algier (100.000) befestigte Haupt- und Hafenstadt mit Arsenal, Werften, Bank, Waarenborse, Handelskammer, mehreren Bazars; stark be- suchte Messe im September; wichtigster Handelsverkehr (zumeist der Import) mit Marseille. Auch die Industrie in Seide, Leder, Gewehren, Bijouterie- \vaaren ist bedeutend. 2. Oran. Oran (30.000) am Mittelmeer, bedentender Seehandel : Mas- kara, ehemalige Residenz Abd-el-Kaders ; Tlemsen, umfangreiche In- dustrie, Erzeugiing von Burnns, Haiks und Wollgiirteln. 3. Const an tine. Constantino (30.000), wichtig wegen des Handels nach dem Innern des Landes; Bona (12.000) mit starker Korallenfischerei und grossem E x p o r t geschaft nach Frankreich. D. Marokko und Fez. Im aussersten Westen der afrika- nischen Nordkiiste ist der machtigste Berberstaat, das M Kaiserthum Marokko." Die Gesammtflache wird auf 10 bis 12.000 QMeilen, die Bevolkerung zwischen 8 und 9 Millionen angenommen. Es ist das hochste Bergland der Berberei. Der hohe Atlas, mit Gipfeln bis 11.000', zieht sich vom Kap Geer von Siidwesten nach Nord- ost; gegen den Ocean senkt er sich iiber ein gut bewassertes Berg- land zur Tiefebene der Kuste herab; an der Nordkiiste erhebt sich der kleine Atlas. Im Siiden des grossen Atlas ist das Steppen- plateau Biledulgerid , und jenseits desselben beginnt die Sahara. Von den zahlreichen Kustenflii ssen im Norden ist der Mulvia der ansehnlichste, jene der siidlichen Abdachung verlieren sich meist in der Wiiste. Das Klima ist vortrefflich, der Boden, mit Ausnahme des Wiistenstriches, fruchtbar und reich an Produkten ; doch steht der Ackerbau noch auf sehr niederer Stufe. Nebst den Cerealien gedeihen vorziigliche Hulsenfruchte und Sudfriichte (besonders Man- deln), Oliven, Wein, Tabak, Baumwolle, Kork u. a. m. Ansehnlich ist die Viehzucht; Kinder, Pferde, Schafe und Kameele sind 417 zahlreich; die ausgedehnte Bienenzucht liefert Honig und Wache in grosser Menge. Unter den Industrie- Produkten ist das vor- treffliche Leder (Maroquin von Marokko und Saffian von Saffi) sehr beruhmt ; geschatzt sind ferners die Fee, Leibgurtel, Teppiche, Seife, Topferwaaren, Metallwaaren, Waffen. Der K a- rawanenhan del geht hauptsachlich nach dem SQden, die Pilger- karawanen nach Mekka sind in der Abnahme, da zumeist der See- weg eingeschlagen wird. Fur den Seehandel nach Europa sind wichtig Tanger, Rabat und Mogador. Exportirt werden die erwahnten Erzeugnisse der Agrikultur und Viehzucht, Leder und die aus Inner-Afrika bezogenen Waaren ; importirt werden euro- paische Fabrikate und Kolonialwaaren. Mit vielen Produkten ist der Handel Monopol des Sultans; der auswartige Handel ist gros- sentheils in den Handen der hier zahlreich lebenden Israeliten (iiber eine halbe Million). Ansehnlichere Orte sind: Marokko (80- bis 100.000 Einwohner) in einer fruchtbaren Hochebene mit prachtvollen Gebauden, Bazars, Getreidemagazinen, bedeutender Maroquin- (Le- der-) Fabrikation und ansehnlichem Karawanenhandel; Fez (100.000 Ein- wohner), zweite Hauptstadt, die wichtigste Industriestadt, besonders erheblich ist die Fabrikation von Fes, Maroquin, Waffen ; mit ausgebreitetem Handel; Mogador (12.000), der bedeutendste Seehandelsplatz, namentlich fur den eu- ropaischen Handel; Mekines (60.000), die jetzige Residenz des Sultans, beruhmt als Sitz muhamedanischer Gelehrsamkeit und durch die reicheOelgewin- nnng, sowie die Topferwaaren; Tafilet mit lebhafter Industrie; wichtiger Karawanenhandel nach dem Sudan; Tatta (oder el Ass a) ist der Sammelplatz fur die Karawanen nach Timbuktu; (am Mittelmeere) : Tetuan in schOner, gesunder Lage, bedeutend wegen des Handels mit Frankreich ("das ostliche Ku- stengebirge ist der Sitz der beriichtigten Riff-Pirateo) ; an diesem Meere liegen auch die spanischen Kustenorte .Presidios" (siehe Spanien); am atlantischen Ocean sind die Handelsplatze Tanger, Rabat und Saffi. Die Sahara. 107. Im Siiden der nordafrikanischen Hochlander breitet sich auf einer Flache von mehr als 120.000 QMeilen vom atlantischen Ocean bis zu den Bergwanden des Nilthales die grosste Wiiste der Erde, die Sahara, aus. (Siehe . 36). Die Vegetation ist in Folge der geologischen und me- teorologischen Verhaltnisse eine dOrftige. Jede nur einigermassen bewasserte Stelle nimmt die wichtigste Pflanze des Wiistenlandes, die Dattelpalme ein. Dieser steht zunachst als wichtigste Nah- rungspflanze die Doumpalme, dann folgen Akazien und Arte- misien ; namentlich ist die Artemisienart Schih als Kameelfutter und Brennstoff den Reisenden sehr wichtig. Die Thierwelt ist ebenfalls schwach vertreten. Antilopen kommen nur in kleinen Herden vor ; dagegen halten die Nomaden grosse Herden von Kameelen, unter denen die unter dem Namen ^Mehari" beruhmte Varietal durch Schnelligkeit und Ausdauer sich auszeichnet. (Man legt mit den Mehari 15 deutsche Meilen per Tag, den Weg von Marokko nach dem Senegal in 7 Tagen zuriick). Bei der gros- sen Menge von Salzseen bildet Salz einen Haupthandelsartikel. Kluo's Handels - Geogrraphle. 2. Aiifl. 27 418 Audi Salpeter, Natron, Alaun werden an mehreren Stellen ge- wonnen. Die Bevolkerung der Sahara ist zumeist nomadisch, treibt Viehzucht und Handel; nur in den grosseren Oasen treiben sess- hafte Stamme auch Ackerbau. Sie gehort drei Stammen an: langs der atlantischen Kfiste bis zum Senegal hausen im Westen der Wiiste die Beduinen (Mauren, Araber), in kleine Stamme zer- theilt , die sich haufig befehden. Im mittleren Gebiete wohnt der zahlreiche Berbernstamm der Tuarik; sie sind Fiihrer der Karawanen, Makler, Kaufleute, behende Rauber. Im Osten sind die T i b b u , die am weitesten gegen Norden und ostlich bis in den agyptisch-nubischen Oasenzug, bis Darfur und Kordofan ver- breitet sind. Nur die O as en, die grossen Inseln in dem ausgedehnten ,,Meere ohne Wasser" haben fur die Menschheit grosseren Werth. Einige derselben sind ziemlich bevolkert, haben 100 bis 300 und mehr Ortschaften (darunter welche mit mehreren tausend Einwoh- nern); sie sind die grossen Hafenplatzc der Karawanen, Die wich- tigsten Oasen sind: 1. die drei grossen Oasen, eigentlich Oasengruppen : Fezzan (oderFesan, zuTripolis gehorig) mit dem Hauptorte Murzuk; Tuat (mit fiber 100, nach Andern fiber 350 Ortschaften) mit der ummauerten Haupt- und Handelsstadt T i- mimun (10.000 Einwohner) , dann den Orten Ain Salah (oder Insalah) Agabli u. a. m. ; Air (mit etwa 60 Ortschaften, u'ber 50.000 Einwohner) mit den Hauptorten A g h a d e s (8000, ehemals 50.000 Einwohner) und Tin Tellust. 2. Ausser diesen Oasen- landern erstcr Grosse sind noch erwahnenswerth die Oasen: am atlantischen Meere Arguin; ostlich davon Wad an (oder el Ho- den), nordlich davon Gualata; Ostlich von der fruheren A r a u a n (Timbuktu), Taodenni, Ghat (westlich von Fezzan) ; im Lande der Tibbu: Bilma, mit dem Hauptorte gleichen Namens, mitgros- sem Salzreichthume u. m. a, Seit Jahrhunderten ziehen die Karawanen auf den namlichen Wegen von Oase zu Oase, von Nord nach Slid, von West nach Ost. Die Saharabewohner tauschen ihre Hauptartikel Salz und Vieh an die Sudanbewohner gegen Getreide, Goldstaub, Elfenbein, Sklaven und dergleichen aus. Letztere Artikel , sowie Gummi, Alaun, Straussfedern tragen sie nach den westlichen und nordlichen Kiistenstadten und holen sich von Europaern Wafen, Pulver, Klei- dungsstiicke u. a. m. Die wichtigsten Stapelplatze fiir den aus- wartigen Handel sind : St. Louis (am Senegal), Fez, Algier, Tunis, Tripolis, Bengassi, Kairo und Suakim. Die bedeutendsten Karawanen-Strassen sind: (In siid-nordlicher Richtung): Von Marokko nach St. Louis langs der Kuste; von Marokko nachGalam am obern Senegal iiber die Oase Siid-Walat (51 Tage); der bedeutendste Handelsplatz und Mittelpunkt der wichtigsten nordafrikanischen Karawanenstrassen ist Timbuktu, wohin von Marokko, Al- gier und Tunis Strassen fiihren, und zwar von Fez und Marokko iiber El Assa und die Oasen Nord-Walat (Gualata), Taodenni und Arauan ; bei Taodenni verei- nigt sich mit dieser Strasse auch jene von Tripolis iiber die Oase Tuat (Agabli) und hier miindet ferner die Strasse von Tafilet, also von Algier ein. Agabli 419 ist eine Hauptstation fiir die Karawanen von Algier iind Tunis nach Timbuktu. In der mittleren Sahara sind die Zielpunkte der Karawanen S6koto (Sukatu, 20.000 Einwohner) und Kuka (am Tsad-See), die Ausgangslander sind Tunis und Tripolis. Gadames in Tripolis ist der Vereinigungs- und Aus- gangspunkt fur die beiden Kichtungen. Von hier geht die westliche Karawanen- strasse iiber Tuat (Agabli) nach der Oase Asben (Aghades), wo auch eine Strasse von Timbuktu und eine andere von Gadames iiber Murzuk einmiindet. Von Aghades gabelt sich der Weg nach Sokoto und nach dem Tsad-See. Der zweite und der eigentliche Hauptweg aus Tripolis nach dem Tsad-See geht iiber Murzuk und Bilma. Von Murzuk, dem Hauptvereinigungspunkte der nordafri- kanischen Handels - und Pilgerkarawanen , geht auch ein Weg durch das Land der Tibbu nach Wadai und weiter nach Darfur. Von der Hafenstadt Ben- gassi (am Fusse des Plateau von Barka) fiihrt ebenfalls ein Karawanenweg iiber die Oasen Augila und Febabo nach Wadai und Darfur, auf welchem viele euro- paische Waaren nach Inner- Afrika gelangen. (In ost- westlicher Richtung) geht der nordliche Hauptweg von Ma- rokko nach Aegypten am Fusse des Atlas iiber die kleinen Oasen und den Sta- pelplatz Gadames ; der siidliche von Senegambien iiber Timbuktu, Aghades nach Nubien. Der letzte Weg wird jedochl minder benutzL V. Sudan oder Nigritien. . 168.' Siidlich der Sahara, von den Kustenlandern dea atlantischen Oceans bis zu den Landern am obern Nil sind die Landschaften, die man mit dem Kollektivnamen Sudan, Nigritien oderCen- tral-Afrika bezeichnet. Ihre Ausdehnung nach dem Hochlande Sud-Afrika's ist ganzlich unbekannt. Nach den bisherigen Erfor- schungen konnen sie in drei grossere Gruppen geschieden werden: 1. Die west lichen Landschaften am Niger und dessen Zuflussen ; 2. die mittleren mit dem Binnenbecken des Tsad-Sees; 3. die ostlichen am obern Nil. Die Bevb'lkerung besteht aus zahlreichen eingeborenen Negerstammen , Fetischanbetern der grobsten Art oder Muhame- danern, und aus eingewanderten muhamedanischen Arabern, Fulah, Tuariks und andern. Neben vielen Erbmonarchien mit dem grossten Despotismus, deren Oberhaupter den Titel Sultan fiihren, bestehen zahlreiche kleinere Staaten, in denen der Titel des Reiches und des Hauptlinges gleich lautet. Diese Staaten leben in bestan- digen Fehden unter einander. Der grosste Theil des Bodens ist in den Sudan - Landern fruchtbar und dem ziemlich stark betriebenen Ackerbau gQnstig. Durra, Weizen , Mais, Reis , Hulsenfruchte, Tabak , Baumwolle, Indigo, werden in bedeutender Menge gewonnen. Die Viehzucht ist insbesondere bei der arabischen Bevolkerung eine Hauptbeschaf- tigung (Dromedare, Kinder, Schafe und Pferde); die Seen und Flusse sind reich an Fischen. Die Ausbeute an Miner alien ist relativ geringer, doch bietet sie ziemlich viel Eisen, Kupfer, Zinn; eintraglicher ist die Goldwascherei. Die Gewerbe sind mitunter nicht ohne Bedeutung, namentlich die Verarbeitung der Baumwolle und die Farberei verschiedener Stoffe mit Indigo , dann die Ver- fertigung von Leder-, Holz-, einigen Metallwaaren und Thonge- schirren, von Matten und andern Bedurfnissen des Haushaltes; mehrere dieser Artikel werden auch in den Handel gebracht. Der 27* Handel, zumeist ,in den Handen der Araber und Tuarik, wird mittels Karawanen nach alien Richtungen verhaltnissmaesig lebhaft betrieben und umfasst die beim Kara wanenhan del der Sahara er- wahnten Artikel. Die bedeutendsten Staaten sind: (Von West nach Ost): Der Mandingo-Staat Bambaira am obera Niger mit dem Hauptort Sego (30.000 E.). Das Fellatareich Massina mit den Handelsplatzen Djenne (20.000), Tim- buktu (13.000 n die Konigin der Wiiste") und K&bara am Niger, der Hafen fur Timbuktu. Das Reich BortfU am Quorra-Fluss , Hauptort Bussa (15.000). An diesem Flusse sind noch die Reiche Yarriba (rechts), Yauri und Nyfi (links). Das grosse Fellatareich Haussa mit der gewerbreichen Handelsstadt S6koto (25.000) und der Hauptstadt Wurno; einer der grbssten Marktplatze in Central - Afrika ist Kan 6 (40.000). Von den Reichen urn den Tsad-See ist am bedeutendsten Boriill, dessen Be- volkerung auf 2 Millionen geschatzt wird. Hauptort ist Kuka (10.000), unweit vom Westufer des Tsad-Sees, ein wichtiger Handelsplatz ; dessgleichen Angornu (30.000 bis 50.000 E.). Siidb'stlich vom Tsad-See im Gebiete desFlusses Schari ist das Reich Bagirmi mit der Hauptstadt Masenja. Im Nordosten vom Letzteren ist das noch wenig bekannte Reich Wadai mit dem Hauptorte War a. Zwischen Wadai und Kordofan Hegt das Reich Dariur (mit beilaufig 4 Mil- lionen E.), dessen bedeutendste Orte Ten deity und Kobeh StationsplStze fiir die agyptischen und nubischen Karawanen sind *). *) Erforschuugsreisen in Central-Afrika. Die Kenntniss der central-afri- kanischen Lander und Volker ist in unserem Jahrhunderte durch englische und deutsche Forscher und christliche Missionare ungemein bereichert worden. Trotz der Miihse- ligkeiten und Gefahren sind diese Helden des Glaubens und der Wissenschaft tief in das Innere des Kontinentes vorgedrungen. Sind auch mehrere mitten in ihrer edlen Wirksamkeit in fernen Landern dahingeschieden , so gelang es doch Einigen in ihre Heimat zuriickzukehren und Kunde von unbekannten Landern uns zu bringen. Einige derselben sind: Mungo Park (Englander) bereiste im Jahre 1796 die Lander der Mandingo am Flusse Dscholiba (Niger), kehrte nach England zurtick, veroffentlichte im Jahre 1799 seine Reiseberichte , ging im Jahre 1805 neuerdings nach Afrika, er- reichte das Reich Haussa und ertrank wahrend einer Verfolgung im Flusse Quorra unweit Bussa im Reiche Borgu. Die Briider Richard und John Lander (Eng- lander) bereisten die Nigerlander, stellten die Miindung des Niger in die Bai von Benin fest, kehrten 1830 nach England zuriick, unternahmen 1832 eine zweite Reise, beschifften den Niger und den Tschadda. Richard starb in Folge einer Schusswunde auf der Insel Fernando Po (1834); John starb in England 1839. James Richard- son (Englander) und die Deutschen Heinrich Barth (geb. 1821) und Adolpli Overweg (geb. 1822) reisten 1850 nach den Landern am Tsad-See. Allein Richard- son starb am 4. Marz 1851 in Unguratua (sechs Tagreisen von Kuka in Bornu), und Overweg im Jahre 1852 in Maduari, beide an klimatischen Einfliissen. Dr. Barth durchforschte nun allein die Lander im Gebiete des Tsad-Sees, kam nach Timbuktu, wo er vom 7. September 1853 bis 8. Juli 1854 verbleiben musste, kehrte nach mancherlei Angst und Noth im Jahre 1854 nach Kuka zuriick und gelangte gliicklich nach Europa. Am 8. September 1855 trat er in Marseille an das Land, nachdein er in fiinf Jahren und fiinf Mouaten iiber 3000 deutsche Meilen zuriickge- legt hatte. Nach Overweg's Tode ging Dr. Vogel (geb. 1829 zu Crefeld) nach Afrika. Er ging iiber Murzuk und Bilma nach dem Tsad-See, erreichte das Land der Tibbu und Kanem und langte 1854 in Kuka an. Auf der Reise von Knka nach Kano begegnete er unerwartet in einem Walde dem in Europa todt geglaubten Dr. Barth. Nach kurzem Beisammensein trennten sich die deutschen Forscher. Vogel setzte seine Reisen im Siiden des Tsad-Sees fort, zog dann nordostlich uud erreichte 1856 Wadai, das noch kein Europaer betreten hatte. Ob er in Wara vom Sultan hingerichtet worden ist, wie einige Berichte aussagen, ist noch nicht erwiesen. Der englische MissionSr Dr. Livingstone erforscht das siidliche Central - Afrika. Er 421 VI. Lander und Staaten an der Westkuste. . 109. A. Seiiegambieil. Beilaufig zwischen deni 11. nnd 18. n. Br. liegt an der Kiiste des Atlantik und niit den Flussgebieten des Senegal, Gambia und Rio grande die Landschaft Senegambien. Irn Innern Gebirgsland (K o n g - Gebirge), verflacht sie sich gegen das Meer zum Tieflande, welches sumpfig, ungemein heiss und hochst ungesund fiir Europ&er ist. Bei der reichen Bewasserung und der grossen Warme entfaltet sich ein ungemein iippiger Pflanzenwnchs, so dass ein kunstlicher Ackerbau fast unnothig wird. Ausser den Getreidearten gedeihen Tabak, Zuckerrohr, Pfeffer, viele Pahnenarten; grossen Reichthum hat das Land an schonen Holzarten (Acajou- Holz [Export nach Frankreich], der Gummibaum und andere). Im ausgedehnteren Masse wird die Viehzucht betrieben; dieGewinnung vonEisen und Gold ist ziem- lich bedeutend. Die gewerbliche Thatigkeit beschrankt sich auf die Verarbeitung von Eisen und die Erzeugung von Baumwollstoffen, Leder, Thonwaaren und derglei- chen. Der See- Handel ist in denHanden derEuropaer, welche hier Niederlassungen besitzen und umfasst Gummi, Goldstaub, Elfenbein, Palmenol, Farb- und Bauholz und andere ; den Karawanenhandel nach Timbuktu und Sudan betreiben zumeist die Mauren; der Sklavenhandel hat fast ganz aufgehort. Senegambien ist von Negern bewohnt, welche in viele kleine Stamme und Reiche sich theilen, und grosstentheils Fetischdiener sind. Die bedeutendsten Stamme sind: die Joloffen zwischeri dem untern Senegal und Gambia ; die Mandingo am untern Gambia und Rio graude ; die meist muhamedanischen Fulah am obern Gambia und am Westrande. Besitzungen der Europ&er: 1. F ranziisis ch e. Meist am Senegal, der jedoch nur in der Regenzeit (Juli bis November) schiffbar ist; wichtig vvegen der grossen Gummiwalder. St. Louis (10.000 E.), an der Mnndung des Senegal, Stapelplatz fur den Gummihandel. Bakel (am Senegal, im Inneren des Landes); Insel und Fort Gore am Kap Verd. 2. Englische. Bathurst (spr.'Bad'orst) an der Gambia-Mundung und einige Faktoreien am Gambia (Georgetown, spr. Dschordschdtaun, St. James, spr. Dschehms und andere). 3. Port ugies i sche. Zwischen den Mundungen des Gambia and Rio grande. Stationsplatze sind: Cachao (Eascheo oder Cacheu), Geba and die grosste der B i s s a o - Inseln . B. Ober -Guinea. Unter Obor-Guinea versteht man den Kustenstrich von 11 n. Br. bis zum Aequator; nach dem Innern des Kontinentes zu lassen sich keine bestimmteren Grenzen angeben. Die flache Kuste ist vielfach sumpfig und bei der tropischen Hitze ungesund; im Innern streicht das K o n g-Gebirge , von dem einige Auslaufer die Kiiste erreichen (die Vorgebirge: Kap Sierra Leone, Mesurado, Palmas, der drei Spitzen und andere). Der wichtigste Fluss ist der Niger, der sich in die Bai von Benin ergiesst. Gebrauchlich ist die Benennung der einzelnen Kustenstriche nach ihren bedeutendea Export-Erzeugnissen : Sierra Leone -Kiiste, Pfeffer- (oder K6rner-), Zahn- (oder Elfenbein-), Gold- und S kl a ven- Kiiste. Der Bo den ist bei der langen Dauer der tropischen Regen und der grossen Warme sehr fruchtbar, und liefert viele Nahrungs- und Handelspflanzen , namentlich ebte 16 Jahre im Innern Afrika's, entdeckte den Ngami-See, den Oberlauf der Zam- bese, den Quilimance und andere, bereiste die Ostkuste und veroffentlichte hochst werthvolle Berichte. Jetzt soil er sich in den Landern am Nyassi-See befinden. Von 6sterreicllischeii Reisenden sind beriihmt geworden : Russegger (geb. zu Salzburg 1802) ging im Jahre 1834 nach Afrika, bereiste die Nil-Lander und ver- offentlichte sehr gediegene Berichte. Der katholische Missionar Dr. Knoblecher (geb. 1819 zu St. Canzian in Krain) fuhr auf dem weissen Nil bis 2 n. Br. und be- griindete in Chartum eine katholische Mission. Er starb in Neapel bei seinem zweiten Aufenthalte in Europa. Die osterreichischen Konsuln in Chartum Dr. Reiz (gestor- ben in Chartum) und Dr. von Heuglin. Letzterer hat namentlich Abyssinien bereist und werthvolle Berichte veroffentlicht ; er ist in den verschiedensten Beziehungen noch immer in jenen Landern thatig. Die katholische Mission von Chartum dehnt ihre segensreiche Wirksamkeit immer weiter nach Senaar, Kordofan und Darfnr aus, nnd ist auch in wissenschaftlicher Beziehung ungeraein thatig. 422 Getreide, Zuckerrohr, Kaffee, Gewiirz- und Farbepflan/en. Die dichten Walder sind reich an Farb- und Nutzholzem. Die Gewinnung von Gold ist betrachtlich , dess- gleichen von Eisen (Sierra Leone). Die Hauptbeschaftigung bilden Feldbau, Jagd und Fischerei. Gewerbe werden verhaltnissmassig am meisten im Lande der Aschanti betrieben (Gewebe, Metallwaaren, Thongeschirre). Seit der Unterdriickting des Sklavenhandels hat sich der Handel mit den Landeserzeugnissen, welche an der Kiiste gegcn europaische Erzeugnisse umgetauscht werden, becleutend gehobec. Fur den nach Timbuktu gehenden Karawanenhandel ist Kumassi (im Reiche der Aschanti [Goldkuste]) Stapelplatz. Unter den zahlreichen Negerstammen sind die bedeutendsten Reiche : 1. Reich der Aschanti (Goldkfiste), das grosste in Guinea, mit einigen Millio- nen Einwohnern und dem Hauptorte Kumassi. 2. Das Negerreich Dahomeh (ostwarts an der Sklavenkuste) mit dem Haupt- orte A b o m e h. 3. Das Negerreich Benin mit dem gleichnamigen Hauptorte. 4. Das Hochland der Amboser an der Bai von Biafra mit dem Hauptorte Biafra. 5. Liberia, eine Republik christlicher Neger auf der Pfefferkuste mit etwa 1400 Q Meilen und fiber 300.000 Einwohnern , wolche Ackerbau , Vieh- zncht und Gewerbe treiben, auch einen lebhaften Handel unterhalten. Die Republik, im Jahre 1821 von amerikanischen Burgern begrundet, hat eine der nordamerikanischen nachgebildete Verfassung; sie ist der erste und einzige von freien Negern verwaltete christliche Staat in Afrika, welcher einen sehr gliick- lichen Fortgang nimmt, fur die Ausbreitung des Christenthnms und der Civi- lisation sehr thatig und durch den freien Anschluss benachbarter Negerstamme stets im Wachsen begriffen ist. Besitzungen der Enropaer: 1. Englische. Anf der Sierra-Leone-Ktiste: Freetown (spr. Frihtaun, 20.000) fiir befreite Negersklaven ; Sitz des General-Gouverneurs. Auf der Gold- kuste: Cape Coast Castle (spr. Kep Kost Kassl , 10.000 Einwohner), Christiansborg (vormals danisch) und andere. 2. Niederlandische. Auf der Goldkuste: Elmina, Hollandia nnd andere. 3. Franzosische. Auf der Zahnkiiste mehrere Forts. C. Nieder-Gninea und Slid- Vfrika. Nieder-Guinea ist der Kustenstrich vom Kap Lopez bis zum Kap Frio (nordlich der Nevas-Bai) das ist 1 18 s. Br. ; die Ausdehnung nach dem Tnnern ist ganzlich unbekannt. Vom Kap Frio bis zum Kaplande sind die von Ho ttent ottenstammen (Buschmannern , Namaqna und andern) bevSlkerten, wusten, wenig bekannten Landschaften , mit einigen Stations- platzen christlicher Missionare*). Das siidafrikanische Hochland fallt hier terassen- formig ab ; die hOher gelegenen Landschaften zeichnen sich durch Fruchtbarkeit und gesundes Klima aus, die Flachkiiste ist mehrfach sumpfig und hochst ungesund. Die Produkte dieser Landstriche sind die namlichen wie in Ober-Guinea, namentlich wird viel Reis, Maniok, Mais, Hirse und Tabak gebaut. Die Berge sind reich an Me- tallen und Holzarten. Ungemein zahlreich sind hier die grossen Vierfasser. Die schwarze BevOlkerung der Bunda-Stamme ist meistens trage, in fortwahrenden Fehden unter einander, urn Menschen fur den Sklavenhandel zu erbeuten und dem rohesten Fetischdienst ergeben. Unter den einheimischen Reichen sind die bedeutendsten: 1. Loan go, vom Kap Lopez bis znm Za'ire-Fluss, mit sehr fruchtbarem Boden, aus vielen kleinen Staaten bestehend, mit den StadtenLoango und Mayumba. Exportartikel : Elfenbein, Gummi, FarbhSlzer. 2. Congo, reich bewassert, sehr frnchtbar, reich an Kupfer- und Eisenerzen im Innern. Hauptort Congo (oder S. Salvador) am untern Laufe des Congo. Portugiesische Besitzungen: Angola und Benguela mit beilauiig 600.000 Einwohnern. Hauptort Laonda (10.000), Sitz des General-Gouver- neurs, dann S. Felipe de Benguela, Mossamedes. Exportartikel: Sklaven, Elfenbein, Wachs, Gummi, rothes Sandelholz und andere. *) Siehe A. Petermaun's M Karte von Sud-Afrika zur Uebersicht der neue- sten Entdeckungen etc." und E. Behm's w geographische Skizze der neu erforschten Regionen des Innern." Petermann's ^Mittheilungen" 1858. V. 428 VII. Das Eapland. . 170. 1. Das Kaplaml, eine britische Besitzung an der Siid- spitze Afrika's mit etwa 67000 QMeilen und an 400.000 Einwoh- nern, reicht vom Kaffernlande im Osten bis zum Atlantik , und nordlich bis zum Oranje- (oder Garib-) Flusse. Das Hochland Sud - Afrika's senkt sich von den Roggeveld - und Nieuweveld- Bergen zur Karroo-Hochebene , welche dutch die schwarzen Berge von der Kustenebene des Kaplandes geschieden ist. (Siehe . 34.) Daa Land 1st im Allgemeinen wasserarm, das Klima gemassigt, die Luft ausserordentlich trocken und rein. Im Kaplande gibt es zwei durch die herrechendeu Winde charakterisirten Jahres- zeiten: den durch kalte, trockene Siidostwinde gemassigten Sommer vom September bis April, dann den Winter (April bis September) mit feuchten Nordwestwinden. Die Heidenvegetation ist sehr reich und mannigfaltig, sonst gibt es wenig einheimische Nutzpflanzen; dagegen gedeihen die hierher verpflanzten Gewachse und Hausthiere vortrefflich. Ackerbau, Weinbau und Viehzucht bilden die Hauptbeschaftigung der Kolonisten; insbesondere ist der Kapwein (um Konstantia) beriihmt. Die Schaf- und Rinderzucht sind sehr bedeutend. Die Hauptprodukte sind: Wolle, Weizen und W e i n. An Mineralprodukten besitzt es: Salz im Ueberfluss, Sal- peter , trefflichen Kalk , aber wenig Erze und Steinkohlen. Die Gewerbethatigkeit ist eine geringe, dessgleichen der Handel nach dem Innern. Die Bevolkerung besteht aus Kolonisten und Einheimischen (Hottentotten, Kaffern, Betschuanen und andere). Die Kapkolonie, 2000 Meilen (die in 50 Tagen zuruckgelegt werden) vom Mutter- lande entfernt, fst fur dieses sowohl als ein stark konsumirender Markt, als auch als Erfrischungsplatz und Entrepot fiir den See- verkehr auf dem Wege nach Indien sehr wichtig. Der Import aus dem Mutterlande berechnet sich im Jahresdurchschnitt auf 800.000 . Das Kapland hcsteht aus zwei Provinzen: o) Westprovinz: Kapstadt (25.000) nordwarts vom Kap der guten Hoffnung, an der weiten aber gefahrlichen Tafelbai , welche jahrlich von 5 600 Schiffen besucht wird. Die Stadt ist schdn, regelmassig gebaut, hat wissenschaftlichc und kommerzielle Anstalten und alien europaischen Comfort. In der Nahe Kon- stantia mit beruhmtem Weinbau, dann S tell enbosch, Worcester. 6) Ostprovinz: Ujtenhage, Graham stown (spr. Grehams taun), der rasch aufbliihende Hafenplatz Port Elisabeth und der Hauptort im biitischen Kaffernlande King Williams Town (spr. King Uilliems Taun). 2. Getrennt vom Kaplande Hegt an der Ostkuste die britische Kolonie Natal (oder Victoria) mit einem Flachenraume von etwa 900 QMeilen und 120.000 Einwohnern (darunter nur an 8000 Weisse). Das Land hat trefflichen Boden , ein der Gesund- heit und der Vegetation sehr zutragliches Klima , erzeugt ausge- zeichneten Tabak, Weizen u. a. und eignet sich ungemein fur die Viehzucht. Die zwei Stadte sind: Pieter-Maritzburg im Innern des Landes, mit dem Sitze des Vice-Gouverneurs und die Hafenstadt Port d' Urban (ehemals Port Natal). 424 VIII. Lander mid Staaten an der Ostkiiste. . 171. Die Ostkiiste Afrika's kann in drei Haupttheile geechie- den werden : 1. Das Ka fern -Land, vom Kaplande bis zum Liwuma- Flusse und dem Kap Delgado (10 s. Br.); 2. das Suaheli-Land (auch Sawahili oder Wazumba), vom Liwuma- bis zum Dschuba- (oder Tschub-) Flusse (auch Wumbu- oder Gowina-Fluss) unter dem Aequator; 3. das Somal-Land, vom Dschuba-Flusse langs dem in- dischen Meere und dem Golf von Aden bis zum abyss inischen Hochlande. A. Das Kafern-Land. Die Kafern nnd die fibrigen Volker der Ostkfiste bilden nur GJieder einer einzigen grossen sud-afrikanischen Volkerfamilie. Es sind kriegerische Stamme, gross und stark gebaut, ausgezeichnet durch Muth und Gelen- kigkeit. Sie treiben bauptsachlich Viehzucht und Jagd, auch etwas Ackerbau und Fischerei ; verarbeiten Eisen und Knpter nnd bringen ihre Erzeugnisse theilweise in den Handel. Sie leben unter einander in haufigen Fehden. Als Heiden sind sie voll Aberglauben. Christliche Missionare sind bemuht, den christlichen Glauben und mit diesem Bildung und Gesittung zu verbreiten. Die von ihnen bewohnten Kflstenstriche sind : die Kafernkuste, Sofala und M ozambiq u e ; ersteie wird welters ein- getheilt in das Land der Amatemba, der Amakosa, der Arnaponda und das Delagoa-Land an der gleichnamigen Bai. Zudem liegen im Kafernlande ausser der britischen Kolonie Natal die beiden hollandischen Kepubliken : Ora- nien - R ep nb l,ik jenseits des Oranienflusses mit dem Hauptorte Bloemfontain (spr. Blumfontan) und die Tr ans v aal-R epu bli k am Vaal-Flusse mit dem Haupt- orte Potch e fs tr om (oder Vrijburg).*) Beide Republiken exportiren viel Wolle und Schlachtvieh nach der Kapstadt. Die Kustenstriche Sofala und M oz a mbiq u e werden von denPortugie- sen, welche cine Anzahl Platze innehaben, als Besitzthum betrachtet. Ihre Macht hat im Innern fast ganz aufgehort und beschrankt sich auf einige Stationen am Zam- besi-Flusse und mehrere KQstenplatze. Die wichtigsten Exportartikel sind: Gold, Elfenbein, Wachs, Cerealien, Vieh. P or t u gi esisc h sind die Stadte (in Sofala): Sofala an der gleichnamigen Bai; siidlich davon das unter Palmpflanzungen gele- gene Jehambana, nnd eine Faktorei an der Delagoa-Bai. Das goldreiche Land Manika, im Innern des Landes, ist jetzt unabhangig. (In Mozambique): der Hafenplatz Mozambique mit dem Sitze des Generalgouvernenrs ; die unge- sunde Kustenstadt Guilimani, mit ansehnlicher Ausfuhr von Gold und Elfenbein. Die am tiefsten im Innern gelegene Station ist Tete an den Katarakten des Zambesi. B. Das SualM'li-LasuI. Dieser Landstrich., die Zanzibar-Kiiste ge- nannt, hat seinen Namen von dem Kiistenvolke Suaheli (= Tieflandsbewohner). Das Volk ist zwar schwarz, aber von schoner kaukasischer Korperbildung , muhamedani- schen Glaubens und steht, mit den Arabern seit alten Zeiten in Verbindung, welche hier eine Herrschaft zu griinden und der Anarchie der kleinen einheimischen Staaten ein Ziel zu setzen sich bestrebten. Gegenwartig gehort es dem Imam von Maskate. In den Seestadten leben viele arabische nnd indische Kauflente ; im Innern Stamme der Gallas, welche immer niiher an die Kiiste vordringen. Die Ku'ste und das Innere sind sehr fruchtbar, die Vegetation reich, das Klima grosstentheils gesund. Auf den Inseln gedeihen tropischeFriichte. Die Eingebornen betreiben Ackerbau und Viehzucht ; von Gewerben, ausser dem Schmiedegewerbe, kann kaum die Rede sein. Dagegen ist der Handel von Bedeutung. Zum Export gelangen: Sklaven, Vieh, Reis, Elfen- bein, Kopal, Kauris u. v. a. ; importirt werden : Webewaaren , Waffen , Kurz- und *) Im Jahre 1836 wanderten viele hollandische Bauern (Boers, spr. Buhrs) aus der Kapkolonie ans nnd grundeten di e Oranien-Republik, welche im Jahre 1854 von England anerkannt wtirde. Dieser Staat hat etwa 2300 Q M. mit 30.000 Ein- wohnern. Die zweite Republik, bei 3700 Q M. gross, mit beilaufig 140.000 Ein- wohnern wurde im Jahre 1848 begrundet. 425 Glaswaaren u. a, m. Die bedeutenden Orte liegen auf Gestadeinseln, als: Zanzibar (10.000), Mombas init dem besten Hafen, Pemba mit grossem Reisbau. C. Das Somal-Laud. Das ostlichste Ende des Kontinentes, ein gebirgi- ges Plateau, wird von dem kraftigen Stamme der Somalia bewohnt, welche mit den Gallas und Adal zu einem Stamme gehb'ren. Sie sind meistens Muhamedaner, wah- rend die immer weiter gegen die Kiiste vordringenden Galla Heiden sind. Sie leben in einzelnen Horden unter Hauptlingen auf patriarchalische Art ; nur die Bewohner der Oase Harrar, fanatische Muhamedaner, haben eine festere Regierung. Durch gesundes Klima, reiche Bewasserung und Vegetation ist Somal einer der schonsten Theile des afrikanischen Kontinentes. Viehzucht und Handel, zum Theil auch Acker - bau bilden die Hauptbeschaftigungen der Bewohner. Myrrhen, Gummi , vorziiglicher Kaffee, Straussfedern, Thierhaute u. a. m. sind die Haupt - Exportartikel nach Mekka ;ind Bombay. Die bekanntesten Orte sind: Zeila am Golf von Aden, und bstlich davon Berbera; Makadschu und Brawah am indischen Ocean. Im Innern des Landes, mitten unter Kaffeepflanzungen die grosste Stadt des Landes Harrar (oder Adar). Die ostlichste Spitze ist das Kap Guardafui. IX. Das siidafrikanische Hochland. 172. Das Innere des siidafrikanischen Hochlandes ist noch weni- ger bekannt als dessen Rander (siehe . 34). Dessen nordliche Grenze um den Aequator ist fast ganz unbekannt ; an den drei Meerseiten findet dagegen ein terassenformiges Aufsteigen zu hohen Erhebungen Statt; namentlich ist der Ostrand als die Haupterhe- bung zu betrachten. Im Norden des Kaplandes und im Westen der hollandischen Boers-Republiken hat man die mit dichtem Busch- werk bedeckte Wiiste Kalahari aufgefunden ; die Aufzahlung der weiter gegen Norden gelegenen Lander und Orte ist noch viel- fach schwankend. Die Bevolkerung scheint grossentheils dem Negervolke B u n d a anzugehoren , unter welchen die den Kafern ahnlichen Betschuanen (im Norden des Garib) die bekanntesten sind. Sie haben einen milderen Charakter , leben in grosseren Ortschaften, treiben Ackerbau, Viehzucht und auch mancherlei Ge- \verbe ; die Bergvolker gewinnen und verarbeiten Eisen- und Kupfer- erze. Der Handel mit den Nachbarn ist geringe und beschrankt sich auf Elfenbein, Thierhaute, Sklaven u. dgl. Bekanntere Landschaften sind: Die Gebiete des Galla- und des Wakamba- Stammes ; die Landschaft am grossen See Uniamesi (0 6 s. Br.) ; das Land Muene Muesi, nordostlich vom Nyassi ; das Gebiet der Kazembe mit der handeltreibenden Stadt Lunda, westlich vom Nyassi; das Reich Moropua im Quellgebiete des Zai're mit Ablagerung von Kupfererzen und mit fischreichen Gewassern ; die Landschaft Kalihari und anderer Stamme. Seit einem Jahrzehent haben die Entdeckungen der deutschen Missionare R e fa- in an n und Krapff, der englischen Reisenden, insbesondere des Missionars Li- vingstone und des Ungarn Magyar Laszlo in diesen Gegenden grosse Aufmerksamkeit erregt. X. Die afrikanischen Inscln. 173. A. Im atlantischen Ocean. 1. Die Azoren, Madeira und die C'apverdischen|Inseln ; portugie'sische Besitzungen. 2. Die Canarischen Inseln ; spanisch. 3. Die Guinea- Inseln, in der Bai von Biafra, mit fruchtbarem, gut kultivirtem Boden, welche Kaffee, Siidfriichte, Getreide, Farlje- und Bauholz zum Export lie- fern. Fernando Po and Annabon sind spanisch; die Prinzeniusel und St. Thomas portugiesisch (auf letzterer ist S. ThomS Hauptort). 4. Die britischen Felseninseln Ascension und St. Helena sind Stations- platze fiir Ostindienfahrer und Wallfischfanger im Siidpolar - Meere. Hafenplatz auf der ersteren ist Georgetown, auf der let/teren Jamestown. Hier ist auch der Pachthof Long wood (im Innern der Insel) als Aufenthalt Napoleons vom Jahre 1815 bis 1821 bekannt. Auf der britischen Insel Tristan da Cunha nehmen die nach Indien und Australien fahrenden Schiffe Wasser und Proviant ein. Die Bevolkemng besteht aus Briten, die,vom Kapland eingewan- dert sind. B. Im indischen Ocean. 1. Madagascar (10.900 QMeilen, 4 bis 6 Millionen Einwohner). Das 8000' bis 12.000' hohe Gebirgsland, welches die Insel von Slid nach Nord durchzieht, fallt zu breiten Kiistenebenen herab. Die flachen, sumpfigen Kiistenstriche ? sind ungesund und heiss ; auf dem Binnenplateau ist das Klima gemassigt. Die Insel hat grossen Keichthum an Fliissen und Seen. Die geologischen und meteorolo- gischen Verhaltnisse gestalten Madagascar zu einem Verbindungsglied zwischen der afrikanischen und indischen Tropenvegetation. Die Flora ist reich an kolos- salen Bau- und Farbeholzern, Arzneigewachsen, Oelpflanzen, Reis, Tabak, Indigo, Bananen, Maniok, KafFee u. s. w. Von eingefiihrten Gewachsen gedeihen Siidfriichte und Wein so gut als Kartoffel und Kaft'ee. Die grossen afrikanischen Thiere, Dickhauter sowohl als Raubthiere, fehlen zwar; dagegen sind in grosser Anzahl vorhanden wilde Schweine, Biiffel, Schafe mit Fettschwanzen, Seidenrau- pen, aber auch Schlangen und Krokodille. Der Bergbau liefert Eisen, Kupfer, Schwefel, Steinsalz, Kohlen. In den gewerblichen Beschaftigungen sind nur sei- dene und wollene Waaren, sowie Metallwaaren erwahnenswerth. Die Bewohner, allgemein Madegassen (Malagasi) gcnannt, zerfallen in viele Stamme. Die an der Westkiiste sind afrikanischer Race ; im Innern ist das ma- layische Geprage vorwiegend. Der herrschende Stamm sind die kriegerischen H o- was; die Regierung ist ausserst despotisch. Hauptstadt ist Tananarive (an- geblich 25.000, mit den nahen Dorfern 6080.000 E.), auf einem Hochplateau im Innern. Die Einwohner erzeugen Gold- und Silberschmuck, Teppiche, wasser- dichte Zeuge. Ueberdiess gibt es im Innern und an der Kiiste noch mehrere Ortschaften. Diese fruchtbare, gut bewasserte, mit herrlichen Waldungen bedeckte Insel mit trefflichen Hafenbuchten war schon haufig das ersehnte Ziel europaischer Kolo- nisationsversuche , welche jedoch stets gescheitert sind. Nur die Franzosen behaupten an der Ostkuste die Insel St. Marie (GOOO E.) mit dem Hafenorte Port Louis. 2. Die vulkanisch-gebirgigen Comoren-Inseln im Kanal von Mozambique, von Suaheli und Arabern bewohnt, sind reich an schonen Palmenarten, Bauholz, Zucker- rohr, Reis und Mais. Die Insel Mayatta ist von Franzosen besetzt. 3. Die Mascarenen: a) Mauritius (oder Isle d^e France) mit dem Hauptort Port Louis (30.000); b) Reunion (oder Bourbon) mit dem Hafenort St. De- nis (12.000); die erste den Briten, die zweite den Franzosen gehorig. Beide Inseln sind ausserst fruchtbar an Troppengewachsen aller Art, doch werden in neuererZeit iiberwiegend Handelspflanzen, weniger Cerealien gebaut. Der Export an Zucker, Kaffee, Baumwolle, Gewiirzen ist bedeutend. 4. Die Sechellen und Amiranten, den Briten gehorig, sind reich an tropischen Produkten; Hauptort ist Victoria auf Mache (Sechellen); die Amiranten sind unbewohnte Koralleninseln. 5. Im siidlichen Theile des indischen Oceans zwischen Afrika und Australien sind mehrere gebirgige, vulkanische Inseln, welche meistens als Stationsplatze den Wall- fischfangern dienen. Erwahnenswerth sind : die Prinz Edwards- Insel, die C r o- zet-Inseln, Amsterdam und St. Paul, Kerguelensland. Die Staaten von Amerika. A. Nord-Amerika. . 174. Cronlaiid. Grronlaud, nachst Neu-Holland die grosste Insel der Erde, wird bespiilt vom atlantischen Ocean, dem arktischen Polarmeer, dem Smith- Sund, der Baffins-Bai und der Davis-Strasse. Die Insel ist ein arktisches Hochland, das wegen der Schnee- und Eismassen im Innern und iin Norden unzuganglich ist. Die Ostkiiste steigt in steilen Eis- und Felsmassen aus dem Meere , welches das ganzc Jahr mit Eiefeldern bedeckt ist. Die ganze Westkiiste ist eine zer- rissene Fjordenkiiste , aber im siidlicheren Theile mehrere Monatc eisfrei. Die grosste unter den zahlreichen vorgelagerten Inseln an dieser Kiiste ist Disko. Der siidlichste Punkt von Gronland ist das Kap Farewell; nach Norden erstreckt sich die Insel in un- bekannte Feme. In dem rauhen Klima kommen nur in den siidlichen Theilen verkriippelte Birken , Erlen und Weiden , beerentragende Straucher und das Loffelkraut vor. An Thieren hat es wilde Renn- thiere , Eisbaren , Fiichse , viele Seevogel , vorziiglich aber viele Wallfische, Seehunde und Fische, welche den Bewohnern Nahrung und Kleidung geben. An Hausthieren ist ausser dem wenigen Horn- vieh , welches in der Kolonie Julianeshaab gehalten wird, nur der Hund allgemein, der zmn Schlittenfahren verwendet wird. Die von Europaern eingefiihrteu Pflanzen und Thiere gedeihen nur sparlich und verkiimmert. An den Kiisten wohnen Eskimos (etwa 20 bis 25.000), welche Seehundsfang und Fischerei treiben. Sie haben Aehnlichkeit mit der mongolischen Race , sind klein aber stark, scheinen ein friedliches, lenksames , aber hochst unreinliches Volk zu sein , das ohne gemeinsame Regierung familienweise friedlich neben einander lebt. Im Winter wohnen sie in geraumigen Erdhiitten an geschiitzten Steilen des Ufers dreissig bis vierzig beisammen ; den Sommer bringen sie in Zelten unter Robbenfellen zu. Sie sind Hei- den mit allerlei Aberglauben ; doch findet das Christenthum schon einige Verbreitung. Danemark besitzt an der Westkuste cinigc Kolonicn odcr viclmehr Herrn- huter-Missionen mit Handelsstationcn. Auf etwa 200 Q Mcilen le^pn uber 10.000, meist christlicher Gi-Onlander, welche den Danen Thran, Haute, Pelzwerk, Fedcrn und derglcichen licfern, und von diescn europiiische Produkte erhalten. Die danische Besitzung wird in ein nOrdlichcs und ein siidliches Inspektorat einge- theilt : im ersteren bind die Kolonien : Godh avn (auf Disko), Christianshaab, Ege- desminde u. a.; im letzteren Goodhaab, Julianeshaab, Fredevikshaab u. a. . 175. Das britischc Nord-Amerika. Das britische Nord-Amerika liegt nordlich von den Vereinig- ten Staaten bis zum Polarmeer; im Westen grenzt ea an den 428 grosser! Ocean und die russischen Besitzungen , im Ostea an den atlantischen Ocean. Der Flachenraum wird auf mindestens 200.000 QMeilen geschatzt, obwohl nur ein kleiner Theil wirk- lich kolonisirt ist. Das ganze Territorium zerfallt in zwei grSssere Gruppen: A. Canada nebst Akadien und den Inseln; B. die Hudsonsbai-Lander. A. Das eigentliche Kolouieland , etwa ein Achtel des Ge- sammt-Territoriums umfassend, zerfallt in funf Provinzen oder Gou- vernements: 1. Canada, 2. Neu -Braunschweig, 3. Neu-Schott- land mit Kap Breton, 4. Prinz Edwards-Insel, 5. Neufund- land mit Anticosti. a) Canada (beilaufig 15.000 D Mei len, I 1 /, bis 2 Millionen Einwohner). Es um- fasst die nOrdlichen Ufer der fflnf grossen Seen und von Montreal an beide lifer des St. Lorenz bis zu seiner Mundung. Die Hochebene von Canada nnd Labra- dor wird von einzelnen Landrucken uud Bergketten durchzogen, die in Labrador mit ewigem Schnee bedeckt und reich an Gletschern sind. Die Flussufer und einige Seitenthaler sind vollkommen angebaut, im Westen und Norden liegen noch ungeheure Strecken mit schOnen Waldern bedeckt, welche den Hauptreich- tham des Landes bilden. Gate Strassen feblen noch vielfach. Das Klima ist rauher als in Europa unter gleicher Breite (Frankreich , Siiddeutschland) , der St. Lorenz ist von Dezember bis April in grossen Strecken zugefroren ; der Sommer ist sehr heiss, die Luft gesund, der Boden ausserst fruchtbar. Canada liefert fur den Export: Getreide, Holz, Produkte der Viehzucht, dann Eisen, Steinkohlen, Salz, Gyps und fertige Schiffe. In der Industrie ist bedeutend der Schiffbau nebst den darauf beziiglichen Gewerben, dann die Bereitung von Ahorn- Zucker. die Brauereien und Brennereien. An dem Fischfang betheiligen sich die Canadier weniger als die Bewohner der nahen Inseln. Besonders lebhaften Robben- und Kabeljaufang betreiben die Neufundliinder. Obgleich Canada nur Eine Provinz bildet, so treten zwischen dem Osten (Unter-Canada) und Westen (Ober-Canada) mehrfache Unterschiede bervor. In Ober-Canada ist das Klima milder, der Temperaturwechsel gelinder, es gedeihen Wein und Pfirsiche; es ist ein vorwiegend englisches Land mit englischem Recht und grosser Mischung in den Konfessionsverhaltnissen. Unter- Canada ist halbfranzosisch und katho- lisch unter einem Bischofe in Quebec. Im Allgemeinen zeigt sich in Canada ein grosser Fortschritt und Aufschwung nach alien Richtungen. Die wichtigsten Orte sind: Quebec (45.000), prachtvoll gelegen , theils am Flusse, theils am Abhange des Kap Diamond, mit Festungswerken , lebhafter Industrie (Schiffbau, Sagemuhlen) und starkem Handel. Montreal (60.000), an der Grenze der Seeschiffahrt auf dem Strom, die erste Handelsstadt des bri- tischen Amerika, der bedeutendste Pelzhandel auf der nordwestlichen Wasser- strasse, mit grossem Arsenal, einer Universitat, zahlreichen wissenschaftlichen Instituten. Die ubrigen Stadte in Unter-Canada (Trois Rivieres, Loretto, Wil- liam Henry ehemals Sorel ) sind von geringer Bedeutung. In Ober-Ca- nada ist die lebhafteste Handelsstadt (namentlich Mehlhandel) Toronto (23-000 E. ehemals hiess sie York), dann folgt Kingston am Ausfluss des St. Lorenz aus dem Ontario, ferners die Stadte Hamil to n (10.000), Nia- gara u. a. m. Ottawa (friiher By town) an der Mundung des Rideau- Flusses in den Ottawa ist der Stapelplatz far den Holzhandel. Nicht weit davon liegt Hull mit reichen Eisengruben. 6) Nen-Brautrsclnveig (von dem untern Canada darch den St. Lorenzfluss ge- trennt), wird begrenzt vom St. Lorenz-Golf, der Halbinsel Neu-Schottland , der Fundy-Bai und den Vereinigten Staaten. Das Land, welches im Innern noch wenig bekannt und nur an den Knsten angebaut ist, dnrchziehen reich bewaldete Berggrnppen von geringer HOhe. Die Bewohner, nahe an 200.000, sind theils ans der Union, theils aus Grossbritannien eingewandert ; die Zahl der eingebor- nen Indianer, welche meistens das Christenthum angenommen haben nnd in Dor- fern leben, ist ausserst geringe. Hauptstadt ist F r e d eri ckstown am wich- tigsten Flnsse des Landes, St. John, an dessen Mundung die Stadt St. John, der ansehnlichste Handelsplatz, liegt. 429 c) .Vt'U-Schottland (ehemals mit Neu-Braunschweig Akadien gcnannt) hat mit der dazu gehorigen Insel Kap Breton etwa 900 QMeilen mit 350.000 Ein- wohnera. Das Innere ist noch von grossen Waldern bedeckt; der Boden ist sehr ergiebig, aber noch wenig bebaut* Nachst der Landwirthschaft bildet die iiberaus reiche Fischerei (Hftringe nnd Stockfische) die Hanptnahrongsqaelle. Die Hauptstadt Halifax (30.000) ist der wichtigste Kriegshafen im britischen Ainerika, hat grosse Schiffswerften, Dampfschiffahrtsverbindungen mit Falmoath und Liverpool, uberhaupt bedeutenden Seehandel. Andere Seeplatze sind: Li- verpool, Anapolis; New-Glasgow hat reiche Eisen- und Kohlen- grnben und auf Kap Breton, wo sich wichtige Kohlengrnben vorfinden: Sidney. d) In dem St. Lorenz-Busen ist die Prinz Edward's-Insel, welche ein eigenes Gonvernement bildet. Sie ist sehr fruchtbar, liefert viel Getreide, auch die Viehzucht ist ansehnlich. Hauptort ist die befestigte Hafenstadt Charlotte- town (5000). e) Die Inseln \t\v- Found luud (spr. Nju-Faundland, oder Neufundland) und An- ticosti and die kleine Gruppe der Magdalen en- Inseln bilden ein Gonver- nement mit dem Hauptort St. John (auf New-Foundland). Die grosse Kalte, Nebel nnd Sturme verhindern den Ackerbau, dessgleichen die Viehzucht. Den Haupterwerb bildet die ungemein reiche Fischerei, insbesondere anf der grossen Bank" im Siidosten der Insel, wo im Sommer Tausende von Schiffen zu diesem Zwecke erseheinen. Die Franzosen besitzen hier die kleinen Inseln St. Pierre, Miquelon nnd Lang lade. Zu England gehoren endlich die Bermudas- oder Sommer s- Inseln, von denen nur wenige bewohnt sind. Sie dienen als Stationsplatze fur Seefahrer nach West-Indien. Schiffbau, Fischerei und Seesalzbereitung bilden die Hauptbeschaftigung der etwa 12.000 Einwohner. B. Die Hudsonsbai - LSnder. Dieses grosse Territorium wird in drei Theile geschieden : a) die Halbinsel Labrador (auch Neu-Britannien genannt) vom St. Lorenzbusen bis zur Sud- epitze der Hudsonsbai, b) das eigentliche Hudsonsbai-Ter- ritorium zwischen der Hudsonsbai und dem Felsengebirge, c) das Nor dwe s t-T err i toriu m (oder Neu - Caledonien oder britisch Columbia) im Westen des Felsengebirges bis zum grossen Ocean. a) Labrador (etwa 25.000 QMeilen mit kaum fiber 4000 Einwohnern), gehtirt zu den rauhcstcn und odesten Landern der Erde, besonders die Nordostkuste, welche ungeheure Eismassen aus der Baffinsbai von GrOnland erhalt nnd nur fur Es- kimos bewohnbar ist. Es wird nur wegen der Fischerei besncht. Das Innere ist eine unebene felsige Plateauflache. Hinsichtlicjh der Flusse und Seen ist Labrador wie die fibrigen Hudsonsbailander beschaffen ; bemerkenswerth ist nur der Miss tass inni-See mit dem Rupertsflnss. Die Herrnhnter haben einige Missionsplatze (Nain, Okak, Hoffenthal, Hebron); die Hudsonsbai. Kompagnie mehrere Handelsposten (Ostmain-Faktorei an der Mnndnng des Ostmain-Musses, Kapertshouse an der Mftndung des Ruperts-Flusses) ; an der Sudostknste sind einige Fischerposten. Die Hauptprodukte sind Pelze nnd Fische. 6) Das IludKOiisbai-Territoriiini hat die grSsste Anzahl Seen anf der Erde, wel- che dnrch zahlreiche Flnsse unter einander in Verbindung stehen. Drei Haupt- Husse fiihren die Wasser der ausgedehnten nordamerikanischen Secnplatte nach drei Meeren, und zwar: der Atbabaska-, der Sklaven- und der grosse Baren-See geben ihre Wasser an den Mackenzie -Fluss ab, der (an Grosse fast der Uo- nau gleich) sich in das Polarmeer ergiesst; osilich davon steht eine Reihe von Seen, darunter der Winnipeg-See der grdsste, durch Fliisse in Verbindung, deren letzter der Nelson, in die Hudsons-Bai miindct; der Abfluss der fnnf meerartigen canadischen Seen ist der S t. Lorenz- Fluss mit der Mundnng in den gleicbnamigen Golf. Nach der Vegetation unterscheidet man drei Regionen. Der westliche Theil (nordwarts bis zum Friedens-Fluss, Athabasca- See) ist die Region der Prairien, wo auch reiche Kochsalzlager nnd zahl- reiche kleine Salzseen vorkommen ; der Osten ist die Region der Wai- der, welche nordlich bis etwa zum 61 n. Br. reicht; der nordliche Theil, jenseits dieser Kegionen bis zum Polarmeer, ist voll Unebenheiten und Felsen, nur noch mit niederem Buschwerk bedeckt, die Wohnstatten arktischer Fiichse und Baren. Das unguustige Klima ist der Landwirthschaft iiberall hinderlich, sie wird nur an einzelnen Missionssitzen betrieben. Am arktischen Kustenstriche wohnen Eskimos, in den ubrigen Theilen ziehen zahlreicbe Horden Indianer- stamme herum, welche von Jagd und Fischerei leben. Diese Territorien be- trachtet die engliscbe Hudsonsbai-Kompagnie, welche im Jahre 1670 ein Privilegium (mit Regierungsrechten fur den Handel) erhalten hatte, als ihr Eigenthum. Sie verwaltet das Land durch einen Gouvernenr, darch Oherfaktoren und Oberhandler. Sie betreibt den Pelzhandel nnd hat gegen 140 feste Nieder- lassungen, in deren Umgebungen etwas Landwirthschaft und sehr ergiebige Fischerei betrieben werden. York Faktory, an der Miindung des Nelson in die Hudsonsbai, ist die Hauptniederlassung, der Haupthafen der Kompagnie, wo auch der Bath der Oberfaktoren gehalten wird. Andcre bedeutende Niederlas- sungen sind : Churchill (an der Hudsonsbai), Fort Chippewaya (am Atha- baska-See), Fort Resolution (am grossen Sklaven-See) , Fort Franklin (am grossen Baren-See) n. a. m. Die einzige Kolonie in dem ungeheuren Ge- biete ist die Kolonie am Redriver mit dem Hauptorte Fort Garry (7000). Die Nordpolar-Lander : Baffinsland, Southampton, Nord-Devon, die Parry- Inseln mit der Halbinsel Melville , die Inseln Somerset , Prinz Wales , Boothia, Victoria , Prinz Albert- und Banksland sind fast durchgehends Eiswiisten mit hbchst sparlicher Vegetation (Lbffelkraut) , nur von wenigen Eskimos bewohnt, welche vonFischfang und Robbenschlag leben. Die n nordwestliche Durch- fahrt" aus der Baffins-Bai in die Behringsstrasse ist wohl aufgefunden worden; doch ist sie fur den Handelsverkehr von keiner Bedeutung, weil diese Strassen nur selten eisfrei sind. c) Das Nordwest-Tcrritorium befindet sich im Westen des Felsengebirges bis an den grossen Ocean, als eine Kolonie der britischen Krone mit einem be- sondern Gouverneur. (Der siidliche Theil hiess Neu-Georgia, der nbrdliche Neu- Hannover.) Die Grenzen gegen das russische Amerika und gegen die Union sind nicht iiberall festgestellt *). Da das Klima gleichmassig und ziemlich milde ist, so bilden Getreidebau und Rindviehzucht nachst Jagd und Fischerei die wichtigsten Nahrungsquellen ; die Kolonisation macht Fortschritte. An den Fltissen Fraser und Thompson sind nicht unerhebliche Goldlager entdeckt worden ; an der Miin- dung des ersten liegt die Hauptfaktorei Fort Langley. Unter den vor der Kiiste liegenden grossen Inseln ist die nordliche Kb'nigin Charlotten-Insel noch ohne Kolonisation ; die siidliche Quadra oder Vancouver mit dem Haupt- orte Victoria (6000 E.) an der Siidkuste ist der Hauptplatz der Kolonie im Nord- westen. Sie ist zwar rauh, felsig, mit grossen Waldern bedeckt ; die etwa 20.000 Menschen auf derselben leben meist vom Fischfange; doch wird die Nahe von Californien und des Oregon-Gebietes sicherlich Grundlage fur einen lebhaften Ver- kehr werden. . 176. Das russische Nord-Amerika. Der nordwestlichste Theil des Kontinents , ein kaltes , nebel- reiches Gebirgsland mit iiber 24.000 QMeilen ist das russische Nord- Amerika. Von den zahlreichen Schneebergen sind die Vulkane Schonwetterberg (13.800') und der Eliasberg (16.400') die hochsten. Die vulkanische Kette setzt sich dann in der Kette der Aleuten fort. Die Nordkiiste ist ohne Gliederung und hat als nordlichsten Punkt die Barrows-Spitze ; dagegen sind die West- und Sudkuste reich an Buchten und Halbinseln. Die bedeutendsten Halbinseln sind Aljaska und die Tschugatschen Halbinsel. In den Norton-Sund ergiesst sich der Jukon- Flues (bei der Mundung Kwichpak genannt). Der *) Durch die Vertrage von 1824 und 1825 wurde als Grenze zwischen den briti- schen und russischen Besitzungen die Linie des Meridian von 236 b. L. (vom Elias- berge an .der Kiiste des grossen Ocean bis zum Nordende des Felsengebirges am Eismeere) festgesetzt. 431 Osten ist Plateauland. Die Bevolkerung, fiber 50.000 Seelen , be- steht meistens aus nomadisirenden, heidnischen Ureinwohnern (Es- kimos, Tschuktschen, Indianer), welche Jagd, Fischerei undTausch- handel mit der (1797 gegrtindeten) russisch-amerikanischen Handelsgesellschaft treiben. Die Zahl der russischen Ansiedler wird auf etwa 1000 gerechnet. Die Verwaltung des Landes, der Handel und Verkehr ist der genannten Gesellschaft uberlassen, welche den Fang von Pelz- und Seethieren, besonders den der See- otter sehr gewinnreich ausbeutet und 10 % des Ertrages an die Krone abgibt. An Mineralien werden Steinkohlen, Eisen und Kupfer gewonnen. Die Lieferungen an Pelzwerk gehen uber Sibirien nach Moskau. Das Land ist in sechs Verwaltungsbezirke getheilt , die Niederlassungen der Handelsfaktoreien befinden sich auf den west- lichen Inselgruppen und an der Kiiste. Die wichtigsten sind: Neu-Archangelsk (1000E.) auf der Insel Sitka (Ba- ranow) mit dem Sitz des Gouverneurs und dem Hauptkomptoir der Kompagnie. Jahrlicher Exportwerth des Pelzwerkes gegen 400.000 Gulden.) Von den Aleuten ist Unalaschka am meisten bevolkert, Unimak die grb'sste. Ausserdem ge- horen zu diesem Verwaltungsgebiete : der Prinz Wales- und Konig Georg- Archipel, die Insel Kadjak, die Inseln im Behringsmeere. Das Christenthum findet stets grossere Verbreitung und mit ihm schreitet auch die Civilisation vorwarts. . 177. Die Vereinigteii Slaatcn von IVord-America , (United States [spr. Juneited Stehts] oder Unions-Land.) 150.000 nMeilen, 28 V, Million (relativ 190) Einwohner*), damnter circa 24 Millionen Weisse, 3'/ t Millionen Sklaven, wenig iiber 400.000 Indianer. Nach dem Glaubensbekenntnisse V 3 Millionen romisch Katholische, dann iiber 20 christliche Sek- ten; ausserdem Juden, sehr wenig Muhamedaner und Heiden. GrenzenrimN. britisch Amerika, im 0. der Atlantik, im S. der Golf von Mexiko und Mexiko, im W. der grosse Ocean. Bodenverhaltnisbe. Das ganze Unionsland wird durch zwei Gebirgsziige in drei Haupttheile geschieden : a) das Os tla nd zwischen dem atlantischen Ocean und dem unter verschie- denen Namen von Siidwest nach Nordost streichenden, vielfach von Eisenbahnen und Kanalen durchschnittenen A lie gh any- (epr. Aellege"hni's) - Gebirgen (oder den Apalachen [spr. Aepalatschen]) ; b) das Mittelland zwischen Alleghanies im Osten und dem Felsengebirge im Westen , das grosse Becken des Mississippi und Missouri , theils Hiigelland, theils eine von wenig Waldungen unter- brochene wellenformige Ebene , der ausserst fruchtbare Boden der Savannen oder Prairien; c) das Westland, im Westen des Felsengebirges, welches durch ein niederes , von Californien nahe an der Kuste nach Norden ziehendes Gebirge vom Meere getrennt ist. Das Ostland hangt mit dem Kiistentiefland am mexikanischen Golfe zusammen. Bestehen auch keine naturlichen Scheidegrenzen , welche das grosse Territorium in der Ausdehnung von Norden nach Siiden in *) Ueber 2000 betragt die Volksdichte nur in den Staaten Massachusets (nahe an 3000), iiber 1000 in Connecticut, New- Jersey, New - York, Ohio und Pennsyl- vanien, unter 1000 in Jowa , Arkansas, Florida, Texas und Californien, unter 10 in den Territorien von New-Mexiko. Utah, Minnesotta und Oregon. Im Jahre 1790 betrug der Census 4 Millionen; im J. 1835. . .T4,9G7.000 ; im J. 1850... 23,246.000 ; im J. 1857 wurde obige Zahl angenommen. 432 Hauptgruppen sonderten , so trennen die kliraatischen Gegen satze dasselbe doch in ein Nordland oder die ,,Kornregion," in ein Mittelland oder die ,,Baum wollregi on" und ist ein Sftd- land oder die ,,Zu cker region;" so benannt faach den Haupt- kulturen in den angebauten Landstrixihen. Gewasser. Das Unionsland ist ungemein reich an fliessenden und schiffbaren Gewassern, welche dem Atlantik, dem mexikanischen Golfe und dem grossen Ocean zufliessen. Im Norden ist der St. Lo- renz auf einer kurzen Strecke Grenzfluss , im Sildwesten der Rio grande. Die Kuste des Atlantik ist im nordlichen Theile, wo die Gebirge nahe an das Meer treten, felsig und ungemein stark ge- gliedert; gegen Stiden wird sie breiter und flacher, haufig mit JSiimpfen bedeckt. Die in den Atlantik miindenden Kustenfltisse haben ihre Quellen in den Alleghanies ; sie haben kurzen Lauf aber bedeutenden Wasserreichthum. Die ansehnlichsten sind: St. John, Connecticut, Hudson, Delaware, Susquehanna, 'Po- tomak und St. James. Der machtigste Fluss in Nord-Amerika mit dem vielgegliederten, reichen Geader, die zukunftige Hauptpulsader des Unions-Landes ist der Mississippi (in der Algonkin-Sprache bezeichnet dieser Name ,,alle Fliisse 4 ') , welcher auf dem plateauartigen Riicken der schwarzen HGgel aus dem kleinen Itaska - See entspringt, mehrere Wasserfalle bildet und bei seinem Eintritte in die Ebene (bei Fort Snelling) schiffbar wird. Er nimmt rechts den St. Peter (oder Minisotah) und Moingonan, links den Wisconsin und Il- linois auf. An Stromlange und Wasserreichthum wird der Mis- sissipi von seinem machtigen Nebenflusse, dem Missouri iibertroffen. Dieser entsteht aus drei Quellen im Felsengebirge (zwischen 42 bis 43 n. Br.); beim Austritte aus dem Felsengebirge folgt das Kataraktengebiet mit zahlreichen , grossartigen Wasserfallen. Er sammelt alle Gewasser des Mittellandes und vereinigt sich nach einem Laufe von 600 Meilen mit dem Mississippi bei der Stadt St. Louis. Der vereinigte Strom durchfliesst noch gegen 300 Mei- len und beide Strome sind von der Mundung in den Golf bis zu den Katarakten hinauf schiffbar, also der Mississippi 480, der Mis- souri 850 Meilen weit. Rechnet man dazu dievielen grossen Neben- flusse, welche von ihren Miindungen an zum Theile auf Hunderte von Meilen schiffbar sind, so erstaunt man fiber die Grossartigkeit und Verzweigung von Wasserstrassen, welche bereits von mehr als 400 Dampfschiffen befahren werden. Der vereinigte Strom erhalt den grossen Nebenfluss Ohio, welcher die Wasser an der West- seite der Alleghanies sammelt ; dann am rechten Ufer den mach- tigen Arkansas (mit dem grossen Zuflusse Canadian) und den Red River. Grossartig ist die AUuvialbildung im Miindungsgebiete des Mississippi; es bildet sich fortwahrend neues Land durch Er- hohung des Bodens und dessen Wachsthum ins Meer hinaus. In den mexikanischen Golf munden noch der schiffbare, von der Hochebene in Texas kommende Colorado (de Texas) und der gleichfalls schiffbare Grenzfluss zwischen Texas und Mexiko Rio grande del Norte. Dem Gebiete des grossen Oceans gehoren: 483 der Colorado des Westens, der San Joaquin und Rio del Sacramento, beide von entgegengesetzter Richtung (der erste von Siiden nach Norden, der zweite von Norden nach Suden) bewassern ein durch seinen Goldreichthum beriihmt gewordenes Lan- genthal innerhalb der kalifornischen Seealpen und vereinigen sich nahe bei derMundung in die Bai von S. Francisco. Endlich der O regon oder Columbia. Von den grossen canadischen Seen liegt nur der Michigan- See ganz im Gebiete der Union, die iibrigen bilden die Nordgrenze. Die meisten Seen liegen in dem grossen abgeschlossenen Becken, dem ,, grossen Bassin," zwischen dem Felsengebirge und den cali- fornischen Seealpen, darunter der ,,grosse Salzsee," der Siise- wassersee Utah und viele Salzseen. Diese zahlreichen und grossen natiirlichen Wasserstrassen ge- winnen npch an Bedeutung durch die umfassende Kanalverbin- dung mit mehr als 1000 Meilen Lange, deren Anlage an 90 Mil- lionen Dollars gekostet hatte ; beide aber befordern ungemein den Transport der Produkte des Bodens und der Industrie, sowohl unter den einzelnen Staaten als nach den Seehafen. Die wichtigsten unter den mehr als 100 Kan ale n sind : der Erie-Kanal von Albany am Hudson bis Buffalo am Erie - See (75 Meilen); der Ohio- Kanal von Cleveland am Erie-See bis Portsmouth am Ohio (65 Mei- len) ; der Pennsylvania-Kanal von Pittsburg am Ohio nach Columbia am Susquehanna (70 Meilen); der Ches apeak-Ohio- Kanal von Pittsburg am Ohio bis nahe Washington am Potomak; der Ch ampla in-Kanal verbindet mittelst des gleichnamigen Sees den St. Lorenz mit dem Hudson; der Miami-Kanal von Cincinnati am Ohio zum Erie-See u. v. a. Klinia. Das Klima ist durchschnittlich k'alter als unter glei- chen Breitegraden in Europa. In Florida und Siid-Texas nahert es sich dem tropischen, am Oregon ist oceanisches Klima; seit der Ausrodung der Walder und dem Anbau des Landes ist es in vie- len Landstrichen bedeutend milder geworden. Im Gebiete des Mis- sisippi ist es minder excessiv als im Nordosten , an der Westkiiste milder als an der Ostkiiste, wo der Temperaturvrechsel ein rascher, die Regenmenge eine bedeutende ist. Die Niederungen an den Ost- und Sudkusten sind ungesund, insbesondere das Mississippi -Delta. Verfassung. Am 17. September 1787 grundeten dreizehn Staaten auf dem Kongresse zu Philadelphia die Union der Ver- einigten Staaten Nord-Amerikas. Gegenwartig sind der B u n d e s- distrikt Columbia, 32 Staaten und 8 Territorien oder Gebiete zu einem Bundesstaate (Union) mit vorherrschend de- mokratischem Charakter verbunden *). Die gesetzgebende Gewalt *) Die dreizehn alten Staaten sind: New-Hampshire, Massachusets, Connecticut, Neu-York, Neu-Jersey, Khodeisland , Pennsylvanien , Delaware , Maryland , Virginien, Nord- und Siid-Carolina , Georgia. Der Name Distrikt wird solchen Landereien beigelegt, welche noch nicht kolonisirt sind und als Jagdrevier vorzugsweise von In- dianern besucht werden. Finden sich in einem Distrikte Kolonisten ein, so wird er von der Central-Kegierung vermessen und in Sectionen getheilt, welche dann ver- kauft werden. Dadurch ist der Distrikt ein Territorium oder Gebiet geworden; zahlt das Territorium 60.000 weisse Einwohner, so wird es zu einem Staate undGlied Klnn't nandels-Geographie. 9. And. 28 434 der Union ruht in den Handen des Kongresses (Senat und Haus der Reprasentanten), die vollziehende wird von einem auf vier Jahre gewahlten Prasidenten ausgeubt. Bundeshauptstadt ist Washington (apr. Uaschingt'n). Jeder einzelne Staat hat dann seine besondere gesetzgebende , vollziehende und richterliche Gewalt oder: einen Senat, einen Gouverneur und ein O b erg eric ht. Der Census von 1850 theilt die Staaten nach der geographi- schen Lage , den Produkten , der Lebensweise und den Haupt- erwerbszweigen in mehrere Gruppen, die wir hier wegen der gros- sereri Uebersichtlichkeit beibehalten. a) Die Staaten*). I. Die sechs Staaten von Nen-England: 1. Maine (spr. Mehn, 1648 QM.; 654.000 E.): Augusta (9000), Portland (28.000) ; 2. New-Hampshire (spr. Njtihammschir , 378 Q M. ; 340.000 E.) : C6ncord (9000), Portsmouth (Pohrtsmods) ; 3. Vermont (377 G M - 328.000 E.) : Montpellier (5000), Burlington (6000); 4. Massachusetts (spr. Massatschusets , 350 Q M. , 1,150.000 E.): Boston (Bost'n, 160.COO E.), Cambridge (Kehmbridsch, 15.000), Charlestown (Tscharlstaun, 36.000), Salem (37.000), Lowell (Lohl, 34.000) ; 5. Rhode-Island (Rohd Eiland, 57 QM. , 170.000 E.): Providence (Proawidens, 43.000), Newport (Njuport) ; 6. Connecticut (Kanettikot, 224 Q M. , 400.000 E.) : Hartford (20.000), New Haven (Njuhew'n 24.000), New London (Nju Lond'n). II. Die fiinf mittleren Staaten (zwischen Neu- England und dem alten Virginien) : 7. New-York (Nju Johrk, 2167 Q M. , 3% Millionen E.) : Albany (Albany, 60.000), New -York (800.000), Brooklyn (Bruhklin), auf Long Island [Longeiland] gegeniiber von New-York (150.000), dann Williamburg, (50.000), Rochester (Rot- schestr, 60.000), Buffalo 100.000), Oswego (25.000) ; 8. New Jersey (Nju Dschersi, 360 Q M M 580.000 E.) : Trenton (8000), Newark (Njuark, 40.000), Paterson, New-Brunswick; 9. Pennsylvanien (2180 QM., 2,600.000 E.) : Harrisburg (10.000), Phila- delphia (500.000). Pittsburg (150.000); 10. Delaware (Delawar, 100 QM., 95.000): Dover (4000), Wilmington; 11. Maryland (Merilaml, 500 QM., 6PO.OOOE.): Annapolis (5000), Baltim ore (175.000). der Union erhoben. Die Temtorien erlialten vom Prasidenten der Union ihren Gou- verneur und dessen Stellvertreter ; sie schicken je zwei Abgeordnete zum Kongress nach Wasliington, welche aber im Kongress keine Stimme haben. Die fi'iiher er- wahnte Vermessung und Eintheilung cines Temtoriums geschieht in Quadrate (t o w n- ships, spr. Taunschips) von 36 Sektionen (= 36 englischen Q] Meilen) ; von die- sen 36 Sektionen wird die 16. fiir Volkssclralen zuriickbehalten, die iibrigen verkauft man. 57% ^ es Erloses sind zur Eroffnuug der Strassen, 38% zu andern Unionszwecken bestimmt, 5% bekommt der betreffende neue Staat, in dessen Umkreis die verkauf- ten Landereien lagen. Der Bundesdistrikt Columbia ist der Gesammt - Union von zwei Staaten (Maryland und Virginien) geschenkt worden. Columbia steht nun un- mittelbar unter dem Kongress oder dor Central-Regierung, wahrend die andern Staaten selbststandige Verwaltungen haben. *) Der Umstand, dass die neuen Stiidte haufig nach grossen Mannern, nach Or- ten der alten Welt u. s. w. benannt werden, macht das oftmalige Wiederkehren des- selben Namens erklarlich. Es ist rathsam, bei Brief-Adressen dem Namen der Stadt auch jenen des Staates beizufiigen. Den mangelhaften Adressen ist es zuzn- schreiben, dass z. B. im Jahre 1855 iiber 5 1 /* Million Brief e ihre Adressaten nicht eireicht haben. Es gibt z. B. 12 Amsterdam, 13 Athen , 16 Berlin, 12 Frankfurt, 19 Hannover, 18 Manchester, 21 Richmond, 9Wien, 25 York, 15 Columbus, 82 Frank- lin, 164 Washington, 21 Lafayette, 1 7 Milton, 71 Jefferson, 8 Napoleon, 24 Fairfield 435 a) Bundes-Distrikt Columbia (westlich von Annapolis, 2 1 /, DM., 50.000 E.): Bundeshauptstadt Washington (40.000). III. Die fiinf siidlicben Staateii am atlantischen Ulcere (mit vor- herrschendem Plantagenbetrieb und Sklavenarbeit) : 12. Virgin ien (3000 QM., 1,550.000 E.)*) : Richmond (Ritschmond , 30.000), Alexandria (10.000), Norfolk (14.000), Portsmouth, Wheeling ; 13. Nord-Carolina (2200 QM., 940.000 E.) . Raleigh (Rahli, 5000), Wilmington (12.000) ; 14. Siid-Carolina (1400 QM., 700.000 E.) : Columbia (6000), Charleston (Tcharlst'n, 50.000) ; 15. Georgien (2750 QM. , 950.000 E.): Mille'dgeville (Milledschwil , 4000), Savannah (24.000), Augusta, Columbus; 16. Florida (2790 QM., 112.000 E.) : Tallahassee (Tallahassi, 3000), Pensocola, St. Augustine. IV. Die vier siidlichen Staateii am mexikanischen Wolfe (Planta- genbetrieb, Sklavenarbeit) ; 17. Alabama (2400 QM. , 850.000 E.) : Montgomery (Mauntgammeri,, 5000), Mobile (24.000), Tuscaloosa (4000) ; 18. Mississippi (2220 QM., 720.000 E.): Jackson (Dschaks'n, 3000), Natchez (Nattsches, 6000) ; 19. Louisiana (2000 QM., 600.000 E.) : Baton Rouge (4000), New-Orleans (140.000) ; 20. Texas (16.000 QM., 500.000 E.): Austin (3000), Galveston (6000), Washington. V. Die vier siidwestlichen Staaten im Innern (Sklavenarbeit, Farmen- Wirthschaft) : 21. Arkansas (2500 QM., 280.000 E.) : Little Rock (5000); 22. Missouri (3100 QM., 900.000 E.) : Jefferson City (Dscheffers'n Sftti, 4000 Saint Louis (185.000) ; 23. Tennessee (Tennessih , 2050 QM., 1,200.000 E.) : Nashville (Naschwil, 16.000), Memphis (12.000) ; 24. Kentucky (1800 QM., 1,300.000 Einw.): Francfort (5000), Louisville (50.000). VI. Die sieben nordwestlichen Agrikultiirstaaten (ohne Sklaverei): 25. Ohio (1880 QM., 2'/ 2 Millionen E.): Columbus (20.000), Cincinnati (Sin- sinneti, 180.000), Cleveland (Kliwland, 25.000); 26. Indiana (1650 QM., 1,200.000 Einw.): Indianopolis (10.000), New Albany (10.000), Madison, Evansville; 27. Illinois (Dlineus), 2610 QM., 1,400.000 Einw.) : Springfield (6000), Galena (6000), Chicago (Tschikego); 28. Michigan (Mitschigann, 2600 QM., 550.000 E.): Lansing (2000), Detroit (32.000), Monroe; 29. Wisconsin (2540 QM., 600.000 E.); Madison (Madis'n, 4000), Milwaukee (Milwahki, 50.000); 30. Jowa (Ei6-uah, 2400 QM., 520.000 E.): Jowa City (3000), Burlington, Da- venport, Dubuque; 31. Minnesota (6600 QM., 200.000 E.): Sanct Paul (10.000), Stillwater. VII. Der westlicbe Staat 32. Californien (7500 QM., 600.000 E.): San Francisco (80.000), Sacramento (25.000). &) Die Territorien:**) 1. Nebraska (15.800 QM., westlich von Jowa und Minnesota). Die Bevb'lkerung besteht meistens auslndianera und aus etwa 20.000 Weissen. Fort Laramie; *) In diesem Staate wurde Washington auf dem Landsitze Bridge-Creek am 11, Febr. 1732 geboren, und in diesem Staate starb er auf seinem Landsitze Mount Vernon im J. 1799. **) Im American Almanac for 1859," in welchem die Arealgrosse mancher Staaten mit geringeren Ziffern erscheint als in den friiheren Jahrgangen, sind Kansas und Oregon als Staaten aufgefuhrt; ersteres unter Bedingungen, welche erst zu erfiil- len sind. 28* 2. Indianer-Gebiet (8800 QM., zwischeu Kansas und Texas), fast durchgehends von Indianern, welche lueher iibersiedelt warden, bewohnt. Zahlreiche christliche Missionen sind bemiiht, Civilisation unter die heidnischen Stamme zu verbreiten ; 3. Kansas (51OO QM.). Die im Jahre 1854 am Missouri gegrundete Hauptstadt Leaven worth hat bereits iiber 10.000 E.; 4. Washington (5800 Q M.) im Siiden und Siidosten von Oregon, im Westen vom Ocean begrenzt, mit den Orten ( 1 y m p i a an der Siidspitze des Pnget-Sundes : am Oregon: Pacific-City und Fort Vancouver ; 5. Oregon (8700 Q M.), ' Hauptort : Salem; Portland (8000); 6. Utah (Jutah, 8850 [JM., das Gebiet der Mormon en): Fi llm ore-City; Neu- Jerusalem (oder Salzseestadt, Mormonenstadt, 8000) an der Miindung des Jor- dan in den grossen Salzsee; 7. Neu-Mexiko (10.000 QM.) mit der Hauptstadt Santa F6 (8000) im Hoch- thale des Rio grande del Norte; 8. das Territorium Arizona. Zu den Vereinigten Staaten gehb'reu ferners die beiden Inseln Tiger und Sac- cate in der Bai von Fonseca an der Westkuste des Staates Nicaragua; endlich die vulkanreiche Inselgruppe der Galapagos im grossen Ocean, reich an grossen (bis 400 Pfund schweren) Schildkrb'ten, Holz und Guano. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Die Mannigfaltigkeit der Boden- und Temperaturverhaltnisse und die horizontale Ausdehnung des Unionslandes bedingen eine grosse Mannigfaltigkeit in Hinsicht des Pflanzenwuchses. Alles Land von den kanadischen Seen bis zum mexikanischen Golfe, vom Atlantik bis iiber den Missisippi ist sehr fruchtbar, mit Aus- nahme der felsigen Gegenden des Nordostens; die Kultur die- ser Landstriche weiset uns alle Stufen vom Urwalde bis zum ra- tionellsten Gartenbau. Ueberall befindet sich das Land in einer so raschen Fortentwickelung und Umgestaltung , dass sich die Physiognomic der Landschaften gleichsam unter unsern Augen ver- andert. Einwanderung und Kolonisation , Ausrodung der W alder, Anlegnng von Stadten, Strassen, Eisenbahnen, Kanalen folgen un- aufhaltsam auf einander ; der Reichthum der landwirthschaftlichen Produktion steigert sich fortwahrend und mit diesem heben sich gleichzeitig Industrie nnd Handel. Gegenwartig steht die laiid- wirthschaftliche Produktion an der Spitze der Erwerbs- und Nahr ungs quellen in der Union*). Das wichtigste Produkt (als Hauptnahrungsmittel) ist der Mais, dessen Anbau gleich dem des Tabakes fast alle Staaten betreiben. Der Mais- b a u ist am verbreitetsten in Illinois, Indiana, Ohio, New - Jersey, Delaware, Kentucky und Tennessee ; der Tabakbau in: Maryland, Virginien, Nord-Carolina, Kentucky, Tennessee und Missouri. Der jahrliche Ertrag des Ersten wird auf 600 Millionen Bushel (k 60 Pfund), des Zweiten auf 250 Millionen Pfund geschatzt. W e i z e n wird vorzugsweise in Pennsylvanien , Ohio, New- York und Virginien (110 Millionen Bushel) in stets steigendem Masse gebaut ; doch soil die Qualitat durchschnittlich geringer sein als die europaische. Auch der Anbau von Hafer, Roggen , Gerste und Buchweizen ist in den Ackerbauetaaten zunehmend. Der Reis ist am starksten verbreitet in Nord- und Slid - Carolina, Georgia, Louisiana und Texas; im *) DasAckerland betrag im Jahre 1856 iiber 113 Millionen englische Acres (1 Acre = 1136 osterreichische QKlafter), der Werth der Landgiiter 3271 '/ 2 Million, der Ackergerathschaften lol'/j Million, des Viehstandes 556 Milliouen, der gesammten Agrikultur-Erzeugnisse xiber 1750 Millionen Dollars u. s. w. 487 Jahre 1853 bctrug die Ernte an 250 Millionen Pfund, ira Werthe von 8% Millionen Dollars; wovon 95% auf Carolina und Georgia entfielen, und der Exportwerth war nahezu 3 Millionen Dollars. Eines der wichtigsten Produkte ist die Baumwolle, deren Ver- breitungsbezirk sudlich dem 34 n. Br. liegt. Sie ist eigentliches Stapelprodukt fiir Alabama, Georgien, Mississippi, Sud-Carolina, Louisiana , Tennessee und Texas. Die Ernte wird jetzt auf nahe 1200 Millionen Pfund im ungefahren Werthe von 90 Millionen Dollars geschatzt, das ist fast zwei Dritttheile der Quantitat, welche auf der ganzenErde in den uns bekannten Handel kommt (1618 Millionen Zentner); von obiger Summe entfallen 82% auf die fiinf erstgenannten Staaten (Alabama an 200 Millionen Pfund). In 20 Jahren ist die Produktion urn 300% , der eigene Verbrauch um 325% gestiegen *). Die besten Qualitaten sind Sea Island, Tennessee und Texas. Fur Z u c k e r plantagen eig- nen sich nur die siidvvestlichen Niederungen (bis 32 n. Br.) beson- ders Louisiana, Texas , Mississippi , Alabama, Sttd - Carolina, Florida. In dem ungunstigen Jahre 1856 entfielen von der Zuckerproduktion in den transatlantischen Landern (1,357.000 Ton- nen) auf Louisiana etwa 125.000 Tonnen. In den nordichen Staaten (New- York, Massachusetts, Vermont, Pennsylvanien, New- Hampshire) wird viel Ahorn- und Maiszucker gewonnen. Nachst diesen Hauptprodukten sind noch erwahnenswerth die Sudfruchte, Pal- menarten und Indigo in Louisiana und Texas (doch von geringerer Art als in Asien) ; Thee in Nord- und Sud-Carolina; Hiilsenfriichte , Kartoffeln ; Hanf und Flachs (letztere hauptsachlich aus Missouri und Kentucky, obwohl nicht ausreichend fur den Bedarf). Im Weinbau sind, namentlich in Hinsicht auf Qualitat, keine grossen Fortschritte gemacht worden ; den besten liefert das Ohio - Thai bei Cincinnati , das Thai an der Missouri-Miindung, Californien und Neu-Mexiko. Die inneren Staaten, zwischen den Alleghanies und dem Mississippi haben ungemeinen Reichthum an nutz- baren Holzarten; nebst Nutz- und Bauholz (Mahagoni-, Cedern-, Eisenholz u. a.) ziehen diese Staaten auch durch Gewinnung von Theer, Pech, Harz, Pottasche gros- sen Gewinn. Die Viehzucht hat im Allgemeinen bedeutende Fortschritte gemacht. Sie ist zwar nebst dem Landbau die wichtigste Nahrungs- quelle; allein im Verhaltnisse zum Ackerbaue und zu den nattir- lichen Forderungsmitteln ist ihr Aufschwung noch ein geringer. Die europaischen Hausthiere kommen in alien mittleren und nord- lichen Staaten vor. Besonders zeichnen sich aus : Virginien durch schone Pferde; Connecticut, Vermont und New- York durch den grossten Hornviehstand ; Ohio , Kentucky , Tennessee durch die Schweinezucht (Hauptplatze fiir den Schweinehandel sind Cincin- nati und Burlington in Jowa). Die Schafzucht vermag den Bedarf der heimischen Fabriken an Wolle nicht zu decken; auch steht die amerikanische Wolle, trotzdem das Streben nach Veredlung all- gemein vorherrscht und auch gute Resultate aufweiset, der euro- paischen veredelten weit nach. Die meisten Schafe hielten Ver- *) Im Jahre 1859 verbrauchten : Die Vereinigten Staaten 772.000 Ballen k 362 Zoll- foder 400 leichte) Pfund, Grossbritannien 2,315.000 B Frankreich 425.000 Das iibrige Europa 855.000 438 mont, Ohio und New -York; im Jahre 1850 betrug die Gesammt- zahl in der Union etwa 30 Millionen Stiick, der Gesammtertrag der Wolle 52 T / 2 Millionen Pfund; der Import der zu Teppichen, Decken etc. benothigten Wolle hatte den Werth von l, a Millionen Dollars. DieSeidenzucht hat keine grosse Ausdehnung, relativ am starksten ist sie in Connecticut, Massachusetts und Pennsylva- nien ; die Bienenzucht wird iiberall, mit Ausnahme der Ktiste am grossen Ocean, am starksten in Pennsylvanien, Ohio, New-York, Carolina betrieben. Jagd und Fischerei gewahren sehr reiche Beute. Der Bergbau liefert ungemein reichen Ertrag. Zunachst verdient Californien mit seinem Goldreichthum (seit 1848) die Beachtung. Die Minenproduktion Californiens wurde im Jahre 1857 auf 70 Millionen Dollars geschatzt, wovon nahezu 49 Millionen Dollars ausgefiihrt wurden. Im Ganzen hat Californien in den 8 Jahren (18491857) fur beilaufig 400 Millionen Dollars Gold in die Munzen Amerikas und Europas geliefert. Die Goldgewin- nung von Georgia und Nord- Carolina, Virginien etc. verschwindet dermalen gegeniiber dem Goldreichthume Californiens. Jetzt wirft die Goldarbeit nur mehr grosseren Unternehmungen bei Zuhilfe- nahme von Maschinen einen ansehnlicheren Gewinn ab. Allein der fruchtbare Boden und das herrliche Klima Californiens be- giinstigen auch ungemein die Landwirthschaft und Viehzucht. Die- ses vor 10 Jahren noch wuste Land ernahrt gegenwartig iiber eine halbe Million Einwohner und exportirt um einige Millionen Dollars Getreide, Mehl, Haute, Wolle, Holz u. a. m. Silber kommt in geringer Menge vor; an Quecksilber ist Californien (das Thai S. Clara) ungemein reich; reichhaltig sind die B lei- lager in Wisconsin (Madison), Missouri, Jowa, Illinois; Kupfer besitzen die meisten Staaten ; vorziiglich Nord-Carolina, Michigan, Wisconsin und Missouri. Ungemeinen Reichthum besitzen meh- rere Staaten an Eisen, namentlich Michigan und Wisconsin, deren Lager den Bedarf der ganzen Union zu decken vermochten. Ln Staate Missouri liegt der Iron Mountain, der 1 QMeile be- deckt, 200' hoch ist und ganz aus Erz (von 7780% Gehalt) be- steht; man rechnet sein Volumen auf 1000 Millionen Tonnen. Fiinf Meilen sudlicher liegt der Pilot Kob, welcher 2 bis 3 Meilen im Umfange und 500' Hohe hat, ein beinahe unerschopfliches Lager. An Steinkohlen diirfte die Union das reichste Land auf der Erde sein; die Lager ziehen sich an der Westseite des Alleghany- Gebirges durch Missouri, Ohio und Indiana, aber auch Pennsyl- vanien, Maryland, Virginien, Texas u. a. haben Kohlenlager. An- nahernd schatzt man die Kohlenregion auf 70- -100.000 QMeilen. An Salz ist Ueberfluss. Grosse Salzwerke sind in New- York (Sulina), Virginien, Kentucky, Missouri; viel Seesalz liefern die Ostkuste und die Salzseen im Innern. Endlich kommen in gros- serer Menge Salpeter (Kentucky), Schwefel, Alaun, Naphta, Mar- mor, Gyps u. a. vor. Die gewerbliche Industrie hat in den letzten 25 Jahren so grosse Fortschritte gemacht, dass das Unionsland in vielen Ar- tikeln vom Auslande unabhangig ist, in manchen Gegenstanden konkurrirt es bereits mit den europaischen Industrie-Staaten. Wie in der Landwirthschaft, so nehmen auch auf dem Felde der Ge- werbethatigkeit New-York und Pennsylvanien den ersten Rang ein ; im Uebrigen entwickelt sich die industrielle Th'atigkeit mehr in den nordostlichen Staaten; indess im Innern der Union uberwiegend Agrikultur betrieben wird. Am hochsten steht der Maschinen- b a u aller Art ; kein Staat hat auf diesem Gebiete so sinnreiche, mitunter hochst wichtige Erfindungen gemacht. Zu den bedeuten- den Gewerbserzeugnissen gehoren: Baumwollwaaren (Do- mestiks, d. i. dichte, glatte Zeuge). Dieser Fabrikationszweig hat den Hauptsitz in Lowell*) (Massachusetts), dann in Baltimore, Patterson, Philadelphia, Cincinnati u. a. Im Jahre 1859 verarbei- teten fiber 6 Millionen Spindeln gegen 280 Millionen Pfund Baum- wolle ; die Manufakturen beschaftigen nahezu 1 Million Menschen; die Weberei liefert in mehr als 1000 Fabriken fur fast 62 Millio- nen Dollars Waaren. Die Schaf wo 11 Industrie beschaftiget in Neu-England und den Mittelstaaten an 1560 Fabriken (im J. 1815 waren deren nur 10), welche tiber 70 Millionen Pfund Wolle ver- arbeiten und Waaren im Werthe von mehr als 43 Millionen Dol- lars erzeugen. Lowell verarbeitet allein iiber 5 Millionen Pfund Wolle ; andere Industrieplatze sind Philadelphia, Boston, New-York, Pittsburg. Erzeugt werden grobe und feine Sorten (Lowell erzeugt feines Tuch und Casimir); sonst werden besonders viel Teppiche in den Handel gebracht. Die Produktion in L e i n e n - und S e i d e n- waaren deckt bei weitem nicht den Bedarf. Beachtenswerth ist ubrigens in Boston und einigen Seestadten die Leinwand- und Segeltucherzeugung. Sehr ausgebreitet ist die Led erfabrikation, deren Werth man auf 33 Millionen Dollars angibt. Auch Schuh- waaren werden in grosser Menge (im Stadtchen Lyen) fur den Export nach Central-Amerika verfertigt. Die grosste Fabrik ist zu Prattsville (in New- York), welche jahrlich tiber 60.000 Haute gerbt, ausgezeichnetes Glanzleder und Maroquin liefert. New-York ist der grosste Weltmarkt filr Leder. Kautschuk - Schuhe werden in New-York, Connecticut, New-Haven in mehr als 20 Fabriken im Werthe von iiber 12 Millionen Dollars erzeugt. In Metall- waaren stehen die Maschinen obenan, in Bush Hill bei Phi- ladelphia, dann Pittsburg, Cincinnati, Baltimore, Louisville, Wil- mington. Die Fabriken von Eiaenbahnschienen erzeugen jahrlich iiber 4 Millionen Zentner ; Giessereien in Eisen , Kupfer und Messing bestehen in Ohio, Virginien, New- York etc. (Cincinnati und Pittsburg); grossartig ist die Nagelfabrikation (eine einzige Fabrik in Wheeling liefert wochentlich 1000 Fasser Nagel); Gussstahlfabrikation in New-Jersey aus dem dort gewonnenen vor- ziiglichen Eisenerz. Stecknadeln und Schneide-Instrumente werden mehr als die englischen geschatzt. Waffen und vorziigliche Ge- wehre liefern die Arsenal werksta; ten der Union zu Alleghany und Fort Monroe, Springfield, Harpers, Ferry - Washington. Die gross- *) Der Begriinder der Kottonmanufaktur ist Lowell, dessenNamen die grosste Baum- woll-Manufakturstadt augeiiommen hat 440 ten T abakfabriken Bind in Virginia, Louisiana und Maryland; doch werden nur etwa 25% der Produktion im Lande verarbeitet. Die bedeutendsten Zuckerraffinerien sind in Boston, Philadelphia, New-York, Baltimore; doch deckt die inlandische Erzeugung nicht den Bedarf; das Gleiche gilt von den chemischen Fabrikaten, sowie den sehr umfangreichen Branntwein- und Whisky- brennereien (die grosste zu Louisville), deren Erzeugung von jahrlich etwa 7 Millionen Fass dennoch eine Einfuhr aus Europa nothwendig macht. In den Weizen- und Maisgegenden wird in Dampfmtihlen Mehl bereitet; am ausgedehntesten ist dieser Be- trieb in Baltimore, Philadelphia, New- York, St. Louis. Grossartig sind die Bier brauereien zu Pouorhkeepsie , Boston, Albany, New- York, Philadelphia; dann die Oelmiihlen, Seifen-, Lichter-, Talg- etc. Ziehereien. Von grosstem Umfange sind die Wall- fischthran- und Sp erm a ceti -Siedereien zu Nantuket. Pergament wird in New- York, Papier (insbesondere aus Schilf, Laub, Stroh etc.) in Connecticut, Massachusets und Pennsylvanien erzeugt ; an Hadern werden fur das Leinenpapier grosse Quantita- ten aus Europa eingefuhrt. Die Fabrikation von Glas undGlas- waaren, Porzellan und Fayence (in Philadelphia) ist bei weitem nicht ausreichend ; erstere werden aus Bohmen und Frank- reich, letztere aus China, Frankreich und Deutschland bezogen. In den waldreichen Landstrichen , insbesondere am Mississippi er- zeugen die vielen Sagemtihlen ungeheure Mengen von Brettern u. dgl.; Im Allgemeinen nimmt die gewerbliche Industrie von Jahr zu Jahr einen so grossen Aufschwung, dass stets neue In- dustriebezirke entstehen, oder die bestehenden sich derart verandern, dass sie ala neue gelten konnen. Das Unionsland ist eben in dem Stadium des kraftigsten Schaffens und Umgestaltens. Die wich- tigsten Industrieplatze sind: New- York , Lowell, Salisbury, Boston, Philadelphia, Baltimore, Cincinnati , Patterson, Pittsburg. Der Werth sammtlicher Fabrikserzeugnisse wurde fur das J. 1852 mit 1133 Millionen Dollars angegeben. Handel. Die vereinigten Staaten sind nachst Grossbritannien die grosste Handelsmacht. Die gilnstige Lage an zwei Oceanen, die reiche Gliederung der Kiiste, machtige schiffbare Seen, Fliisse und Kanale, ein Eisenbahnnetz von mehr als 6000 deutsche'n Mei- len, eine Handelsmarine starker als jene von Grossbritannien, die freie Bewegung im Innern, Spekulationsgeist, Unternehmungslust und Willenskraft des Volkes; diess Alles hat dazu beigetragen, dieses Volk unter die ersten Handelsnationen zu reihen. Zunachst ist die Verbindung mit Europa von hochster Bedeutung, und an der buchten- und hafenreichen Ostkiiste sind die wichtigsten Platze: New-York, Boston, Philadelphia, Baltimore, Charlestown ; an der Siidkuste haben lebhaften Verkehr New -Orleans und Galveston; an der Westkiiste San Francisco und Astoria. New-York, mit sehr grossem Hafen, ist der erste Handelsplatz der Union ; er steht mit alien wichtigen Hafenplatzen der Erde in direkter , zum Theil regelmassiger Dampfschiffahrts-Verbindung ; Haupt-Speditionsplatz zwischen Europa und der Union. Dampfachiffe, Eisenbahnen, viele 441 Banken, Assekuranzen und Verkehrsanstalten aller Art fordern den in kolossalen Dimensionen steigenden Handel. Zudem ist die Stadt auch beriihmt durch die Grossartigkeit und .Mannigfaltigkeit ihrer Industrie. Der zweite Handelsplatz ist New-Orleans, zunachst fiir die Ausfuhr von Zucker, Baumwolle, Tabak und Reis, dann fur den Gesammtverkehr auf dem Mississippi nach dem Innern. Die Industrie ist nur in den zum Schiffbau gehorigen Gewerben ver- treten. Boston hat nebst bedeutender Gewerbethatigkeit (grosse Kleiderfabrik mit 3000 Arbeitern) starken Handel nach Siid- Amerika und Europa; am bedeutendsten ist jedoch die Fischerei (Stockfische, Wallfische). Die erste Industriestadt der Union ist Philadelphia, vorzuglich in Leder und Porzellan; als Han- delsstadt folgt sie unmittelbar auf die friiher Genannten. Hier ist der Sitz der Unionsbank, eines See- Arsenals , grosser Schiffswerf- ten; der Hauptverkehr geht fiber Lancaster nach Pittsburg und Cincinnati. Fur den Verkehr nach dem Ohio ist Baltimore Hauptplatz, dessgleichen fiir den Handel in Tabak und Getreide. Unter den vielen industriellen Etablissernents dieser Stadt nehmen die vielen und grossen Tabak-, Sage- und Getreidemiihlen den ersten Rang ein. Charles town ist Hauptstapelplatz fur Baum- wolle und Carolina - Reis. San Francisco diirfte berufen sein, ein New- York des Pacific" zu werden, den Handel im stillen Ocean zu beherrschen und mit Japan, China, Australien einen grossartigen Verkehr zu entfalten. Die Schiffe der Union befahren fast alle Meere ; Handels- verbindungen, direkte Dampfschiffahrten u. a. m. arbeiten unaus- gesetzt an der Hebung des Verkehrs. Ackerbau und Industrie, Handel und Schiffahrt haben namentlich seit dem Jahre 1840 wahrhaft riesige Fortschritte gemacht, und die beiden Stockungen (im Jahre 1847 und 1857) haben nur vorubergehend auf den all- oremeinen Welthandel nachtheilig gewirkt. In der Periode von 1840 bis 1859 zeigt sich im auswartigen Handel folgende Steigerung (die Rechnungsjahre vom 1. Juli bis Ende Juni des nachsten Jahres): Ausfuh r : 18391843 (durchschnittlich) 117V, 1846-1847 158 , 18511852 209. 6 18561857 362.o 18571858 *) 324-0 1858-1859 356. 7 E i n f u h r : 18391843 (durchschnitllich) 109 1 / 2 1846-1847 146 V, 1851-1852 212.o 1856-1857 360. 8 1857-1858 282. 1858-1859 338. 7 *) Buckschlag in Folge der Krisis im Jahre 1857. Dieser kolossalen Zunahme des Handels entspricht der Auf- schwungdes Schiffbaues, die Vergrosserung der Handels- flotte. Die Schiffe hatten im Jahre 1840 etwa zwei Millionen Tonnen- gehalt; in den Jahren 1852 bis 1857 sind nicht weniger als 8655 Schiffe ( darunter 1289 Dampfer) von fast 2. 4 Millionen Tonnen neu gebaut worden; jetzt besitzt die Union etwa 30.000 Schiffe mit 5 l / 3 Millionen Tonnen (wahrscheinlich mehr als 2400 Dampfschifte mit iiber zwei Drittel Millionen Tonnen) 1 und fiber 200.000 Matrosen. Die wichtigsten Export- Art ikel sind: Baumwolle, Getreide und Mehl, Tabak, welche etwa zwei Drittel des Werthes beim Ex- port einnehmen *). Der Im por t besteht hauptsachlich in: Zucker, Kaffee, Wollen-, Baumwollen-, Seiden- und Leinenwaaren, Eieen und Eisenwaaren, Glas, Porzellan u. a, m. Unter den mit der Union im Handelsverkehr stehenden Lan- dern sind bei der Ausfuhram starksten vertreten: England (wohin dieHalfte derAusfuhr geht), dann Frankreich, britisch Nord-Amerika, Bremen und Hamburg, Cuba, Spanien u. s. w.: bei der Einfuhr reprasentirt England iiber ein Drittel der Ge- sammteinfuhr ; dann folgen Frankreich, Cuba, Brasilien, britisch Nord-Amerika, Bremen und Hamburg, Ostindien u. s. w. **). Aus den deutschen Zollvereins-Staaten werden hauptsachlich Wollen- und Seiden waar en bezogen. Der Verkehr nach dem Innern des Kontinentes wird vvesentlich gefordert durch die zahlreichen Wasserstrassen und Eisenbahnen. Die Hauptzuge des Verkehrs gehen : 1. von New- York fiber Albany, Eriesee, Detroit, Chicago nach St. Louis ; 2. von New-York per Eisenbahn nach Dunkirk am Eriesee, von da per Dampfschiff nach Cleveland, dann per Eisenbahn nach Cincin- nati ; 3. von Baltimore an den Ohio ; 4. von Philadelphia iiber Lancaster nach Pittsburg und Cincinnati; 5. von New- Orleans auf dem Mississippi und dessen Nebenfliissen nach dem Innern. Die wichtigsten Punkte fur den inneren Verkehr sind St. Louis, Pittsburg, Cincinnati. St. Louis, der *) Export 18561857 Import Banmwolle 131% Getreide, Mehl, Reis , Mais 58% I Thiere und thierische Pro- dukte .................. 16 3 / 4 Holz, Asche etc ........... 14 , Zucker Kaffee 22., Wollwaaren 28. B ' Baumwollwaaren 28., I Seide und Seidenwaaren 28., Leinenwaaren ll. 4 J ") Export 18581859 Import nach England (Baumwolle und Brodstoffe) 172., Britisch Nord-Amerika. 21 Frankreich (Baumwolle, Tabak) 43. Cuba 11., ,, Bremen ) ,, Hamburg)" " Spanien 8. 4i aus England 125., Britisch Nord-Amerika .... 19., Frankreich 41.3 Cuba 34. Brasilien 22. 4 Bremen I 17 Hamburg \ ' ' Otitindien 10., 443 Knotenpunkt fur den Verkehr mit dem Westen, ist der Mittelpunkt fur den angle - amerikanischen Holz- und Pelzhandel. Hier kon- zentriren sich die Produkte des Ackerbaues, der Blei- und Eisen- minen und der Stapelprodukte fur den Santa Fe- Handel (der Ge- halt der hier ankommenden Schiffe wird auf eine halbe Million Tonnen geschatzt); Santa Fe, an der grossen Strasse von New- York nach Californien , ist Mittelpunkt des Karawanenhandels. Pittsburg, das ,,amerikanische Birmingham," am An fang der Dampfschiffahrt auf dem Ohio, ist der naturliche Stapelplatz zwi- schen dem Norden und dem Suden der Union. Cincinnati ist der Hauptmarkt fur landwirthschaftliche Produkte (gegen 1 Mil- lion Schweine und Kinder wird hier jahrlich geschlachtet und das Fleisch verpackt). Hier sind auch grosse Gerbereien und sehr viele Getreidemiihlen. Als Forderungsmittel des Handels verdienen beson- dere Hervorhebung : das Postwesen, die zahlreichen vielverzweig- ten Telegraphenlinien, die Eisenbahnen, Banken, die zahlreichen Eisenbahn-, Kanal-, Schiffahrts-, Assekuranz- und andere Gesell- schaften *). Bei der grossen Verschiedenheit der Volksstamme, welche das Unionsland bewohnen, lasst sich ein allgememea Bild der geistigen Kultur in dem weit ausgedehnten Gebiete kaum entwerfen. Die Bewohner sind theils W e i s s e , theils F a r b i g e (Neger, Mulatten etc.), theils Indianer. Die Weiss en, iiber zwei Drittel der Gesammt- bevolkerung , bilden das europaische Element , in welchem die britische Nationalitat so sehr iiber wiegt, dass die englische Sprache die herrschende Geschafts- undSchriftsprache ist. Deutsche, deren sich in jeder grosseren Ortschaft vorfinden, diirften 56 Mil- lionen im Unionslande wohnen ; an Zahl zunachst stehen die I re n und Franzosen. DieFarbigen sind etwa der sechste Theil der Bevolkerung; doch sind kaum '/ 2 Million freie und an3'/ 2 Mil- lionen Sklaven in den siidlichen Staaten, wahrend die nordlichen die Sklaverei abgeschafft haben. Die Zahl der Indianer (Ur- einwohner) vermindert sich fortwahrend , man schatzt sie nur noch auf 400.000. Das unstete Leben, fortwahrende Kriege unter ein- ander, Krankheiten und der unmassige Genus s des Branntweines fuhren diese Ueberreste der Chippewaer, Irokesen, Huronen, Illine- sen u. s. w. dem Untergange zu. Manche Stamme wurden zum *) Posten. Im Jahre 1856 bestanden 25.565 Postamter, 219,935 englische Meilen Poststrassen ; Briefe warden fast 120 Millionen befOrdert. Telegraphen: Im Jahre 1852 fiber 16.000 (mit den Doppellinien 27.177) englische Meilen. Eisenbahnen (je am 1. Januar) : Im Jahre 1836 1850 1852 1854 1856 1859 1421 7350 10.878 15.511 23.242 27.857 englische Meilen, deren Baa tiber 961 Millionen Dollars gekostet hat. Die Neu-England-Staaten, dann New- York, Ohio, Indiana und Illinois bcsit/.cn an 12.000 Meilen Bahnen. Im Jahre 1854 bestanden etwa 325 Eisenbahngesell- schaften. Die Bahnen sind grossentheils unsolid gebnut ; viele Gesellschaften haben Bankerott gemacht u. dgl. ; doch ist das Eisenbahnnetz ein ungeheures. Banken: Zu Anfang des Jahres 1859 bestanden 1478 Banken (im Staate New-York 300, in Massachussets 174) mit eincna Capital von iiber 403 Mill. Doll. 444 Christenthume bekehrt, griindeten feste Wohnsitze und schreiten in der christlichen Kultur und Gesittung vorwarts. In kirchlicher Beziehung findet eich eine noch grossere Mannigfaltigkeit als in nationaler. Die Mehrzahl der Weissen sind Protestanten von ver- schiedenen Sekten; in Louisiana, Kentucky und Florida sind Ka- tholiken vorherrschend ; Israeliten sind minder zahlreicb. Die An- zahl der christlichen Kirchen und Gotteshauser ward im Jahre 1854 auf 38.061 und der Gesammtwerth des Kirchenvermogens auf mehr als 87 l / 3 Million Dollars angegeben. In den ostlichen Staaten sind Sitten und Lebensweise europaisch; iiberhaupt schreitet die Civilisation von Ost nach West immer vorwarts; Walder wer- den ausgerodet, neue Stadte angelegt und diesen haufig der Name der lieben alten Heimat gegeben. In intellektueller Kultur sind die Staaten, in denen die Sklaverei abgeschafft ist, den Skla- venstaaten ausserordentlich voraus. In den letzten ist namlich die ganze Sklavenbevolkerung, zum Theil auch die freien Farbigen, sei es faktisch oder sogar gesetzlich vom offentlichen Unterrichte ausgeschlossen ; gilt doch in einigen Sklavenstaaten selbst die Unterweisung der Sklaven im Lesen und Schreiben als ,,An8tif- tung zum Aufruhr." Fiir die Elementarbildung vvirken die Staats* und Nationalschulen (wohl an 100.000 in der Union), obwohl hier- bei kein Schulzwang besteht; das mittlere und hohere Unterrichts- wesen ist Sache der freiwilligen Thatigkeit und verschiedener Vereine, von denen die Akademien und grammatischen Schulen, die Universitaten und Kollegien gegrundet sind und unterhalten werden. Unter den etwa 180 ^Colleges" (hohere wissenschaftliche Anstalten) fuhren 18 den Namen ..University, 8 welche jedoch nicht auf der Hohe deutscher Universitaten stehen. Die besuchtesten sind die Harvard University zu Cambridge (Massachusetts), New- haven, New-York, Philadelphia, Providence, Norwich (Vermont), Middletown und Pitteburg. Die Zahl der Bibliotheken ist sehr bedeutend, im Jahre 1859 gab es deren 40.890 mit 12% Millionen Banden (darunter 1297 offentliche mit iiber 4 l / 4 Million Ban- den). Trotz der vorherrschenden Richtung des Amerikaners auf das flPraktische" herrscht in den Stadten doch auch auf dem wissenschaftlichen Gebiete grosse Riihrigkeit. Dass bei diesem viel- seitigen enormen Vorwartsdrangen und Stiirmen nicht Alles den geregelten Gang geht, ist begreiflich; aber neben den emporend- sten Barbareien und Rohheiteu, neben den schamlosesten Betruge- reien und dem ehrlosesten Missbrauche jedes Vertrauens sehen wir eben doch die Nation in ihrer Gesammtheit emporkommen und bluhen, an Macht und Wohlstand wachsen. Schatzt man doch in jenem Lande , wo M der allmachtige Dollar Alles regiert" und wo der n Werth des Mannes* nach der Anzahl seiner Dollar bestimmt wird, das gesammte Privateigenthum im Jahre 1856 auf 11. 317 Mil- lionen Dollars ! *) Ungeachtet der vielen und begriindeten Vor- *) Vom J. 18351857 sind gestiegen : die Bevolkerung urn 90 % der Import um 140 der Re-Export um 17 der Verbrauch im Allgemeinen um 160 ,, ,, per Kopf um 38,, 445 wurfe, welche der aus alien Landern hier zusammenstrb'menden Bevolkerung mit den vielen Licht- und Schattenseiten der Nationen und Individuen gemacht werden, scheint Nord-Amerika providentiell die Aufgabe zu haben, das Christenthum und die Kultur Europas fiber den grossen Erdtheil zu verbreiten , und fiber den grossen Ocean nach den ostlichen Staaten Asiens zu tragen. Die zahlreichen noch unvermittelten und unversohnten Widerepruche haben grossen- theils in dem stiirmischen Drangen dieser Junglings-Nation ihren Hauptgrund , auf welches sicherlich das besonnene, ernste Mannes- alter der Nation folgen wird. In dies em Sinne kann der Staat das ,,Land der Zukunft" genannt werden. B. Mittel-Amerika. 178. Die Repablik Mexiko. 40.000 QMeilen; 8,287.400 Einwohner (nahezu 3 1 / 2 Millionen Indianer [die Mehrzahl civilisirt und Christen, die ubrigen heidnisch, wie die Unions- Indianer], 1 V, Million Weisse, an 2 3 / 4 Millionen Mischlinge [Creolen, Mestizen] und an 16.000 Neger). Die romisch - katholische Kirche ist vorherrschend ; die fast allgemeine Sprache des Landes ist die spanische. Grenzen: im 0. Honduras-Bai und Meer- busen von Mexiko; im N. die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika; im W. der grosse Ocean und der Golf von Californien ; im S. der grosse Ocean, Guatemala, die britische Kolonie Honduras. Mexiko (spr. Mechiko), das ehemalige n Neu - Spanien" ist ein breites Tafelland (50008000' hoch), der w breite , wellenformig verflachte Riicken der Andeskette", welcher nordwarts an der Ein- senkung von Tehuantepec beginnt und nach den heissen Kiistenebenen der beiden Meere in Terrassen abfallt. Den siidlichen Theil des Plateau's die Hochflache von Anahuac durchziehen vul- kanische Bergketten ; auf dem Plateau von Guanaxuato (21 n. Br.) beginnt der Charakfer der Gebirgserhebung, die Cordilleren theilen sich in drei Zweige. (Siehe S. 43, c.) An der Siidspitze von Californien beginnen die nordamerikanischen Seeal- pen, welche langs der Westkfiste nordwarts ziehen. Die horizon- tale Gliederung des Landes ist nicht besonders gQnstig. Die Ost- kuste ist eehr flach, einfb'rmig, fast uberall mit Lagunen und Sand- diinen besetzt, somit arm an guten Hafen ; die Westkuste ist steil und bergig und hat ebenfalls nur wenig bessere Hafen. Das Land besitzt weder viele noch groese Flusse, namentlich leiden die nord- lichen Plateaux an grosser Trockenheit. Die bedeutendsten Flusse sind der Rio del Nor te und der Colorado des Westens mit dem Gil a. In klimatischer Beziehung scheidet man das Land in drei Abtheilungen, den heissen Landstrich (tierra caliente) an der Ost- kiiste mit der hochsten Temperatur des amerikanischen Festlandes ; den gem,ssigten (t. templada) an den Sstlichen und westlichen Ab- hangen und den niederen Plateaux (35005000' hoch), wo fast ein fortwahrender Friihling herrscht , mit geringem Temperaturwechsel und der iippigsten Vegetation; den kalten (t. fria) auf der Hochebene mit relativ strengem Klima, obwohl z. B. in Mexico das Thermometer fast nie auf den Gefrierpunkt sinkt (mittl. Jahreetem- peratur -|- 13 R.). ^446 Die terras senformige Bildung in dieser Zone bewirkt, dass in diesem Lande sowohl nordische Kulturgewachse als tropische Nah- rungspflanzen gezogen werden. Den fruchtbarsten Boden hat das Plateau von Anahuac. Leider wird der ausserordentliche Produkten- reichthum bei weitem nicht genugend ausgebeutet ; der Acker bau wird ungemein vernachlassigt. Nebst den europaischen Getreide- und Obstarten werden auch Reis, Zucker , Baumwolle , Tabak, Kaffee , der Oelbaum und der Weinstock gepflanzt. Zu den ein- heimischen Pflanzen gehoren die Banane, der Cacao-Baum und die Agave (aus welcher das berauschende Getrank Pulque" bereitet wird), der Maniok, spanischer Pfeffer und viele tropische Fruchte. An Handelspflanzen gedeihen: die Vanille, Jalappa, Sarsaparilla, der Piment u. a. m. Unter den Farbe- und Nutzholzern sind her- vorzuheben: das Campecheholz von Yucatan und Tabasco, das Gelbholz von Tabasco und Vera Cruz, das Brasilien- oder Fernam- bukholz von Jalisco, Mahagony- und Cedernholz u. a. Noch geringere Pflege findet die Viehzucht, obwohl alle natiirlichen Bedingungen reichlich vorhanden sind. Verhaltnissmassig am meisten wird das mexicanische Pferd geschatzt. Mit mehr Sorgfalt wird die Pflege der Cochenille betrieben. Von hochster Wichtig- keit sind die Minen auf dem Plateau von Anahuac. Das Hoch- land ist reich an edlen Metallen , es ist das erste Silberland der Erde; ausserdem gewinnt man Gold, Quecksilber, Kupfer, Eisen ; ferner Smaragde , Tiirkisse, und in neuerer Zeit sind auch Diamanten (in der Sierra madre) gefunden worden. Seit der Re- volution liegt der Bergbau zwar sehr darnieder, dennoch betragt die durchschnittliche Jahresausbeute etwa 4000 Mark Gold und gegen 2 Millionen Mark Silber. Einige englische , amerikanische und deutsche Bergwerksgesellschaften haben den Bergbau auf mehre- ren Punkten, wo sich Colonien angesiedelt haben, von der Regie- rung in Pacht genommen. Die meisten Minen sind in Guanaxuato (Gold und Silber), Zacatecas und Catorce. Dem grossen Reichthume, welchen die Natur in Hinsicht auf Pflanzenwuchs, Thierwelt und Mineralien iiber Mexico fast ver- schwenderisch ausgeschiittet , stehen als Schattenseite des Landes die menschlichen Verhaltnisse entgegen. Die gewerbliche In- dustrie ist noch mehr vernachlassigt als die Landwirthschaft, in manchen Artikeln wirklich im primitiven Zustande ; nur in der Cochenille-Produktion , in der Erzeugung von gebrannten und ge- gohrenen Fliissigkeiten ist sie von einiger Bedeutung. Etwas hoher stehen die Gold- und Silberarbeiten. Unter den Webewaaren nimmt die Verarbeitung von Baumwolle, sowohl hinsichtlich der Quantitat als der Qualitat, relativ den ersten Rang ein; doch beschrankt sie sich auf grobe , weisse Cattuue (manias), Shawls (re"bozos), Tisch- zeug, Bettdecken u. dgl. Der Handel ist schon nach den geschilderten Verhaltnissen ein geringer; nur der Schmuggelhandel scheint) bedeutend. Die hauptsachlichsten Hemmnisse sind: der Mangel an guten Hafen, die ungesunde Kiiste, der Mangel an Strassen und schiffbaren Fliissen, die Unsicherheit wahrend der so haufigen politischen Umwalzungen. 447 Ein- und Ausfuhr sind so ziemlich gleich, doch nehmen trotz des Produktenreichthums die edlen Metalle an dreiViertel der Gesammtaus- fuhr ein. Die bedeutendstenfExportartikel sind : Silber, Mahagony- und Campecheholz, Vanille, Cochenille, Cacao und Tabak. Der aus- wartige Verkehr liegt iiberwiegend in den Handen deutscher Kauf- leute ; er geht aus den Hiifen von Vera Cruz, Tampico, Campeche, Matamoros, Acapulco nach dem Unionslande, nach England, den Hansestadten und Frankreich. Die Bevolkerung ist eine gemischte, ausserst dunne und vielfach moralisch und physisch versunken; daher sowohl in den Stadten als auf dem Lande grosse Unsicherheit des Lebens und Eigenthums herrscht. Politische Eintheilnng and Orte : Bis zum Jahre 1821 wurde ,,Neu-Spanien" von einem Vice-Konige regiert (dem ein Rathskollegium znr Seite stand) und das Reich war in zwolf Inten- daaturen und drei Provinzen eingetheilt. Die darauf folgenden Wirren und Umwalzungen, die stets sich wiederholenden Kampfe der Centralregierung und der Foderalisten um die Herrschaft batten verschiedene Eintheilungen des Landes zur Folge. Jetzt wird Mexiko iu viernndzwan/ig Departimentos (Pro- vinzen), drei Territorien und den Bundesdistrikt mit der Hauptstadt eingetheilt. Mexiko, in der Mitte des Plateau von Anahuac, mit 170.000 Einwohnern ; eine der schonsten Stadte Amerikas, mit der schSnsten Kathedrale, prachtvollcn Gebauden nnd zwei grossen Wasserleitungen. Universitat, Fabriken, wichtiger Handel. La Puebla (70.000) auf dem Plateau von Anahuac; Vera Cruz (8000 Einwohner), Haupthandelsplalz in hochst ungesunder Lage am Golf; Me rid a (40.000) auf Yucatan, nabe der Nordwestkuste, treibt See- handel fiber den Hafenplatz Sizal; Oaxaca (25.000) am Rio verde, starke Cochenille-Zncht, Fabriken und Handel; Tehuantepec (14,000) am grossen Ocean; Acapulco (4000) mit dem besten Hafen Mexikos am grossen Ocean; Morelia (25.000); Guadalaxara (60.000) in der Nahe des Chapala-Sees; Universitat, Bergbau , Fabriken; Quere"taro (30000), Bergbau, Gewerbe; Guanaxuato (50.000), Silberbergwerke, Gewerbe; Zacatecas (30.000), Silbergruben ; San Luis Potosi (40.000) Silbergruben, Handel; Durango (25.000) Gold- und Silbergru- ben. Die Halbinsel Californien hat sandigen, unfruchtbaren Boden , ist sehr dflnn bevOlkert (kaum 10.000 Bewohner, meist Indianer), und hat nur unbedeutende Ortschaften. Im Territorium Colima am grossen Ocean ist die gleichnamige Hauptstadt mit 20.000 Einwohnern. Das kleine, von In- dianern bewohnte Gebiet Tlasc ala , mit dem Hauptorte gleichen Naraens, liegt im Norden der Provinz la Puebla. An der Siidostkuste der Halbinsel Yucatan bis zur Sudwestspitze des Golfcs von Honduras liegt die britische Kolonie Honduras, hauptsachlich wegen der Ausfuhr von Mahagoni- und Campecheholz, von Cochenille und Indigo, sowie wegen des Schleichhan- dels nach den benachbarten Staaten von einiger Bedeutung. Hauptort ist Balize an der Mundung des gleichnamigen Flusses. Der Flachenraum dieser Kolonie betragt etwa 250 [JM., die Bevolkerung an 30.000 Seelen. 179. Ccntral-amcrikaiiische Repnbliken. Zwischeu den zwei Landengen von Tehuantepec und von Panama liegen breite Tafellander , von einzelnen Gebirgsketten durchzogen und an den Randern von hohen Vulkangipfeln iiber- ragt. Aus der Einsenkung von Panama erhebt sich das Plateau von Veragua, welches mit dem Plateau von Costa Rica zueammenhangt. Dieses fallt 5m Norden zur Ebene von Nicara- gua herab, aus welcher sich nordlich das Hochland von Hon- duras erhebt. An dessen Ostseite breitet sich das Tiefland der Mosquito-KOste aus; zum groesen Ocean fallt es in eteilen Teras- 448 _ sen herab. An dieses Hochland schlies8t sich im Nordwesten das Hochland von Guatemala an, welches sich nach Nordosten als Hiigelland in die Halbinsel Yucatan fortsetzt und an derKiiste verflacht; im Nordwesten aber bildet das Ber gland vonChiapa den Uebergang zur Thalspalte von Tehuantepec. Die Kusten an beiden Oceanen sind reich gegliedert und bilden mehrere gate Hafen. Mit Ausnahme der hoheren Ebenen ist Centralamerika gut bewassert, zahlreiche Fliisse fallen (aller- dings nach kurzem Laufe) in die beiden Meere. Der grosste Land- see ist der von Nicaragua (242 QJMeilen), von hohen Vulkanen umgeben; sein Abfluss in das karaibische Meer ist der Fluss San Juan. Das Klima ist auf der Hochebene gemassigt und milde, an den Kusten zwar heiss , doch nicht so ungesund, als in Mexico ; im Allgemeinen ist es in den meisten Landstrichen von immer- wahrender Fruhlingsmilde. Wahrend der Regenzeit ereignen sich, vorziiglich im October, Stiirme , Ungewitter und Erdbeben ; in der trockenen Jahreszeit ( vom November bis Mai ) ist an der Kiiste starker Thaufall , allein die Hochebene ist eine ausge- brannte Wiiste. Der Boden, der nie gediingt zu werden braucht und gleichwohl zwei bis drei Jahresernten gibt, ist der Landwirth- schaft ungemein gunstig; nameutlich gibt es auf den Plateaux von Costa Rica, Honduras und Guatemala (in einer Hohe von 3 5000') kultivirbare Strecken von unermesslicher Ausdehnung und Frucht- barkeit. Die Produkte sind die gleichen wie in Mexico. Auf den Hochebenen wird Ackerbau, an den Abhangen und Kusten Plan- tagenbau betrieben. Die wichtigsten Erzeugnisse sind : Kaffee (Costa Rica), Cacao (Nicaragua), Tabak und Nutzholzer, nament- lich Mahagoni- und Campecheholz (Nicaragua, San Salvador, Hon- duras), Indigo (San Salvador, Guatemala), Cochenille (Guatemala producirt mehr als die Halite des Bedarfes der ganzen Erde), Baumwolle, Zucker (namentlich die braune Art Panela), Balsam u. a. m. Die Viehzucht ist ziemlich erheblich. An Metallen fin- det man Gold , Silber , Blei, Kupfer (in Honduras) und Eisen (San Salvador); doch ist die Ausbeute bei weitem geringer als in Mexico. Die gewerbliche Thatigkeit ist einegeringe; Manufacte wer- den iiberwiegend aus Grossbritannien importirt. Die dem Welt- handel giinstige geographische Lage erregt noch mehr als der grosse Produktenreichthum dieser Lander die Aufmerksamkeit der grossen Handelsstaaten , insbesondere Nordamerikaa und Englands. Die nachste Aufgabe ist eine kurze Verbindung zwischen dem gros- sen und atlantischen Ocean herzustellen. Unter mehreren darauf bezuglichen Projekten ist eines ausgefuhrt worden , namlich eine Eisenbahn uber den Isthums von Panama, welche im Jahre 1855 eroffnet worden ist. Sie verbindet die Stadt A sp in- wall (auf der Koralleninsel Manzanillo im kara'ibischen Meere) mit der Stadt Panama am gleichnamigen Golfe, Diese Strecke er- fordert eine 3 48tiindige Fahrt. Die Staaten auf dem bezeichneten Landstriche sind die 6 Re- publiken: Guatemala, San Salvador, Honduras, Nica- ragua, Costa Rica und Panama (oder Isthmo), sowie das un- abhangige ,,Konigreich der Mo squit o k iis te." Die Bevolkerung, etwa 2 '/ 2 Million Seelen , ist sehr gemischt. Ueber V 2 Million sind Weisse, beilaufig 80,000 Indianer, kaum 10,000 Neger; der ganze grosse Rest entfallt auf Mischlinge (Mulatten , Creolen u. s. w.). Die Indianer sind theils abhangige, zum Christenthume bekehrte (Ladinos oder Quiche), oder unab- hangige, an der Mosquitokiiste (Bravos oder Barbaros). Die V erf as sung dieser Staaten ist jener im Unionslande nachgebildet. An der Spitze jedes Staates steht ein President. Die Sklaverei ist vollig aufgehoben. Die romisch - katholische Kirche ist die vor- herrschende. 1. Guatemala (3060 DM., 1,100,000 E.): Guatemala (60,000 auf einer frucht- bareu Hochebene; die bedeutendste Cochenillezucht ; Industrie in Baumwolle, Thonwaaren, Tabak, Bijouterien. Lebhafter Handel init Maulthierkarawanen nach den beiden Oceanen ; Hafenplatze : St. Thomas an einer Bucht des Honduras- Golfes, Is tap a am Pacific. 2. San Salvador (400 Q M., 500,000 E.): Die fruhere Hauptstadt San Salva- dor ist im Jahre 1854 durch ein Erdbeben fast ganz zerstbrt worden; in deren Nahe ist mm die neue Hauptstadt Cojutepeque zum Theile schon aufgebaut. Starker Indigo- und Tabakbau. Der wichtigste Hafen ist La Union an der Fonseca-Bai. 3. Honduras (2500 n M., 380,000 E.): Comayagua" (20,000), bedeutender Bergbau. Hafenplatze an der Honduras-Bai : Caballo und Truxillo; Olancho hat die reichsten Goldgruben. 4. Nicaragua (2200 Q M., 300,000 E.): Leon (25,000), in der Nahe des grossen Oceans, auf einer gut bebauten Hochebene, treibt lebhaften Handel ; Granada (20,000) an der Nordwestseite des Nicaragua-Sees; Nicaragua (14,000); Realejo hat den besten Hafen am grossen Ocean; Greytown (spr. Grehtaun) oder San Juan de Nicaragua (5000) an der Mundung des San Juan-Flusses. Im Osten der Staaten Nicaragua und Honduras (vom Kap Honduras iiber Kap Gracias a Dios bis zur Miindung des Blewfield-Flusses) ist das unabhan- gige n Konigreich der Mosquito-Kiiste" (oder Mosquitia) an 2000 Q M - gross, mit etwa 10,000 (nach einigen Angaben 200,000) heidnischen Indianern. Fast das ganze Land ist ein grosser Wald, von Flussen durchschnitten ; der Boden ist ausserst fruchtbar, das Klima milde und gesund. Besondern Einfluss ttbt England aus. Der ansehnlichste Ort ist Blewfield. 5. Costa Rica (746 D M., 215,000 E.): San Jose (30,000); Cartago (20,000); Puntas Arenas, Hafenplatz am Golf von Nicoya. 6. Panama (1300 QM., 144,000 E.): Panama (25,000), Freihafen, seit der Vollendung der Eisenbahn nimmt der Handel sehr zu; Aspinwall; die Perlen-Inseln im Golf von Panama sind wegen der Perlenfischerei beachtens- werth. Die Kiistengegenden sind sehr ungesund (gelbes Fieber). . 180. Westiudien. Unter Westindien oder den Antillen versteht man den rrossen Arcbipel , welcher sich von den Halbinseln Florida und Yucatan bis zu den Miindungen des Orinoco erstreckt und das mexicanische nebst dem karai'bischen Meere vom atlantischen Ocean trennt. Der gesammte Flachenraum betragt beilaufig 4500 nMei- Icn, auf welchem nahe an 4 Millionen Menschen leben. Der Ar- chipel besteht aus 3 Gruppen : den grossen Antillen, den ihnen nordlich vorgelagerten Bahama- (oder Lucayas-) Inseln, und den kleinen Antillen. Klun's HandPls-Gcograpbie. 2. Anil. 29 450 Die Antillen sind gebirgig, mit Auenahme von Tabago und Trinidad, welche den Charakter ISudamerikas tragen ; die Bahamas nieder und flach. Die nordwestlichen (Bahama, Cuba und Jamaica) eind von machtigen Banken umgeben , zwischen welchen oft nur schmale, der Schiffahrt gefahrliche Kanale fiihren, unter denen der ,,alte Bahama-Kanal," nordlich von Cuba, besonders beruchtigtist*). Die meisten Kiisten sind steil und haben zahlreiche, eichere Hafen. Die grossen Ineeln sind fruchtbar und wasserreich; die kleinen leiden haufig Wassermangel, woran die Ausrottung der Wilder die Hauptschuld tragt. Das Klima ist eines der herrlichsten unter den Tropenklimaten der Erde ; die allerdings bedeutende Hitze wird durch Landwinde aus den Bergthalern und durch Seewinde etwas abgekuhlt. Von hochst zerstorender Wirkung eind jedoch die hau- figen Herbstorkane mit furchtbaren Regengiissen und Gewittern gegen das Ende der nassen Jahreszeit (Mai bis November) ; doch ist der Temperatur-Unterschied in der trockenen und nassen Jahres- zeit ein geringer. In Folge dieser geologischen und meteorologischen Verhalt- nisse ist Westindien ausserordentlich reich an den mannigfaltigsten einheimischen und an hierher verpflanzten Produkten ; es ist (im Ver- haltniss zur Grosee) das erste Plantagenland der Erde , welches die civilisirte Welt seit Jahrhunderten mit ungeheuren Mengen tropischer Produkte versehen hat. Eigentliche Stapelartikel sind: Kaffee, Zucker, Tabak, Piment und Baumwolle, dann folgen Indigo, Cacao, Kokos, Mais, Vanille, treffliches Bau- und Nutzholz u. s. w. Beim Plantagenbau werden auf den spanischen und niederlandischen Besitzungen Negersklaven verwendet, deren es wohl iiber l / z Million gibt. Die Viehzucht wird am be- deutendsten aui Cuba betrieben; im Innern der grossen Inseln findet man auf den Savannen groese Rindvieh- und Pferdeheerden im halbwilden Zustande. Die gewerbliche Industrie ist nur in jenen Richtungen vertreten, welche mit dem Plantagen- und Schifl'sbau in Verbindung stehen; alle Fabrikwaaren und feineren technischen Erzeugnisse werden aus Europa eingefiihrt. Nachst dem Plantagenbau bildet der Handel die Hauptbeschaftigung. Er gewinnt stets an Ausdehnung, sowohl zwischen den Colonien und den Mutterstaaten, als auch den andern Landern Amerikas und Europas. Der Bergbau ist vmbedeutend, die Ausbeute an Metallen eine geringe. Nur Salz wird eowohl aus dem Meere als aus einigen Salzseen gewonnen. Die Bevolkerung ist gemischt. Etwa 850.000 sind Euro- paer und Creolen , an 2 Millionen Neger, iiber 1,300.000 Farbige (Mulatten) und beilaufig 9000 Indianer (auf einigen kleinen Inseln). Die Weissen und Farbigen in den spanischen und franzosischen Colonien, eowie auf Haiti, sind romische Katholiken , in den ubrigen *) Die grossten, fiir den Schiffahrtsverkehr mit Europa bedeutendsten Strassen sind : zwischen Tabago und Granada, zwischen Guadeloupe und Montserrat (Strasse von Europa), zwischen St. Martin und den Virginischen Inseln, die Mona-Passage zwischen Porto Kico und Haiti, die Windward-Passage zwischen Haiti und Cuba, die Florida-Strasse zwischen der Bahama-Bank und Florida. 451 Kolonien racist Protestanten. Die Neger eind zum Theil noch Heiden, auf Haiti und den gpanischen Colonien romische Ka- tholiken. Mit Ausnahme von Haiti gehoren die Inseln mehreren euro- pftiechen Handelestaaten. Haiti (vonnals Hispaniola oder St. Domingo), 1368 Q M. , beilaufig 1 Million Einwohner; darunter an 30,000 Weisse, iiber eine halbe Million Neger, der Rest Mulatten. Das Innere ist gebirgig bis zu 6000' Hohe im Cibao- Gebirge. Die grosste Ebene, vom Yuna bewassert, breitet sich im Siidosten aus, im Westen durchfliesst den ehemaligen r Zuckergarten" der Artibonite; diese beiden Fliisse sind auf lange Strecken schiffbar. Nebst mehreren kleineren Fliissen hat die Insel auch einige Salzseen. Das Klima ist im Allgemeinen un- gesund (gelbes Fieber). Der ehemals grosse Produktenreichthum hat unter der Negerherrschaft ausserordentlich abgenommen. Der Bergbau ist noch mehr ver- nachlassigt, Der Export von Zucker, Kaffee, Baumwolle ist sehr gesunken, am erheblichsten ist er noch in Mahagoni- und Werkholz, Tabak und Baumwolle, und wird auf etwa 25 Millionen Francs bewerthet. Diese Insel hat eine wechsel- volle Geschichte. Gegenwartig ist sie unter zwei Republiken getheilt. Haiti (im Westen) 558 Q M., iiber 600,000 E., meistens Neger oder Mulatten (bis zum Januar 1859 despotische Erbmonarchie unter dem Negerkaiser Soulouque oder Faustin I.), welche sich zur rb'misch-katholischen Kirche bekennen. Hauptort ist Port au Prince (20,000), in einer sumpfigen, ungesunden Gegend, mit bedeu- tendem Handel; Kap Haiti en (15,000), gesund und schbn an der Nord- kttste gelegen, treibt gleichfalls Seehandel. Republik San Domingo (im Osten) 810 D M -> etwa 300,000 E., iiberwiegend Weisse und Mulatten, weniger Neger, fast alle romisch-katholisch. Hauptort: San Domingo (16,000), die alteste, von Europaern in Amerika gegriindete Stadt, an der Miindung des schiffbaren Ozama, mit Arsenal, Hafen, ausgebreitetem Seehandel. Im Innern des Landes sind Sant Jago (14,000) und Vega (9000). 1. Spaniscke Kolonien. a) Cuba (1966 D M., iiber 1,400,000 E., worunter fast die Halfte Weisse, iiber 200,000 freie Farbige und 500,000 Negersklaven). Die grosste, fruchtbarste und reichste der Antillen. Im Innern gebirgig und von vielen, wenngleich nicht schiffbaren Fliissen bewassert, hat sie an den vielfach flachen Kiisten zahlreiche Buchten und Hafen. Das Klima ist zwar heiss, doch milder als auf den iibrigen Antillen; im Innern ist es gesund, aber an den Flachkiisten wiithet haufig das gelbe Fieber. Der wirkliche Ertrag dieser ausserst frucht- baren, aber kaum zum dritten Theile bebauten Insel steht in keinem Verhalt- nisse zur Ertragsfahigkeit ; dennoch ist sie die Goldquelle Spaniens. Die wich- tigsten Produkte sind Zucker, Kaffee und Tabak; ausserdem werden Baumwolle, Cacao, Indigo, Lebensmittel u. a. m. gewonnen. Die jfihrlichen Ertragnisse werden auf 300 Millionen Dollars geschatzt, davon entfallen beilaufig auf Zucker 95 Millionen, Tabak 55 Millionen, Kaffee 30 Millionen. Die Aus- beute an Kupfer ist bedeutend, woven urn etwa 4 Millionen Dollars (meist nach England) exportirt werden. In neuerer Zeit sind in der Landwirthschaft und im Fabrikwesen bedeutende Fortschritte gemacht worden; in letzterer Hinsicht sind die Tabak- und Chokoladefabriken , dann die mit der Schiffahrt und dem Plantagenbau zusammenhangenden Gewerbe am starksten vertreten. Auch fiir den Yerkehr ist Vieles (durch die Nord-Amerikaner) geschehen, in- dem alle starker bevolkerten Platze mittels Eisenbahnen verbunden sind und zahlreiche Dampferlinien nach alien Richtungen laufen. Der Import betragt im Durchschnitte 150, der Export an 140 Millionen Dollars. Orte: La Havana (180,000), stark befestigte Hauptstadt, Sitz des Generalkapitans, mit einem der besten Ha'fen auf der Erde, reichen Pala'sten, grossem Arsenal, Schiffswerften , Mittelpunkt des spanisch - amerikanischen Handels; Cigarren- und Chokoladefabriken. Universitat, Navigationsschule. Sant Jago (do Cuba, 30,000), ehemals Hauptstadt, doch wird der Hafen weniger besucht, weil sich fast der ganze Verkehr nach Havana gezogen hat. Die zweite Handels- stadt ist Matanzas (25,000), mittels Eisenbahn mit La Havana verbunden. Fiir den Verkehr im Innern ist Puerto Principe (50,000) bedeutend; grosse Cigarrenfabriken. 29* 452 b) Puerto Rico (185 Q M., 400,000 E., die Mehrzahl Kreolen, an 60,000 Skla- ven), die kleinste der grossen Antillen, ist gebirgig, gut bewassert, hat ein herr- liches gesundes Klima und sehr fntchtbaren Boden. Hauptprodukte sind Zucker (Jahresproduktion etwa 800,000 Zentner) und Tabak , weniger (aber guter) Kaffee und Baumwolle. Die Viehzucht (Kinder und Pferde) ist bedeu- tend, dessgleichen der Bergbau. Hauptort ist: St. Juan de Porto Rico (30,000), stark befestigt, mit ausgebreitetem Seehandel. Hafenplatze sind nocli Guaynia und San German. Von den Virginischen Inseln gehoren zu Spanien: Culebra, Bieqne, Culebrita. 2. Britische Kolonien. o) Jamaica (278 QM., 400.000 E., nur an 35.000 Weisse, die ubrigen Far- bige und Neger; keine Sklaven, dagegen werden B Kulis a (meist aus China) als p freie Arbeiter" zur Plantagenarbeit gedungen). Die Insel ist gebirgig ; ihre hocbsten Berge, die ,blauen Berge" steigen wie die auf Caba gegen 7000' an. Das reich bcwasserte Land ist an der hafenreichen Kfiste und in den Thalern sehr gut angebaut. Das Klima ist sehr heiss, nur in den Berg- gegenden gemassigter ; die Nachte sind feucht und kuhl, daher der Gesundheit gefahrlich. Der Bodcn ist minder fruchtbar als auf den andern Inseln, er be- nothigt vieler Arbeit und Dungung. Die bedeutendsten Produkte sind Kaf- fee, Zucker, Rhum und Piment, dann Baumwolle, Indigo, Ingwer, sowie Mais und andere Nahrungspflanzen. Die grossen Waldungen sind reich an Farb - und Nutzholzern. Die Viehzucht ist bedeutend. Der Export ist am starksten in Zucker, Rhum, Kaffee, Piment, Mahagonyholz und Indigo. Die Hauptstadt mit dem Sitze des Gouverneurs ist San Jago de la Vega (oder Spanishtown, 6000 E.) unweit der Kuste; die wichtigste britische Han- delsstadt dagegen ist Kingston (36.000) mit befestigtem Hafen. Kusten- stadte sind noch Port Royal (15.000) und Montego (6000). Nordwest- lich von Jamaica liegen die drei Cay m a n -Inseln, welche viel Schildkro- ten liefern, b) Bahama-Inseln. Die 14 grosseren und an 500 kleinen Inseln, mit einer Gesaramtflache von 240 O M - ltnd 25000 E. sind moistens niedere, flache Felseninseln, jedoch in Waldern und Plantagen nicht unbedeutend. Sic zer- fallcn in drei Gruppen: die nordlichen (eigentlichen Bahamas) sind unbe- wohnt; die m i ttl er en (Lucayischen) mit dem Hauptorte Nassau (6000 E.) auf der Hauptinsel Ne w - Pro v idence und die Insel San Salvador oder Guanahani mit Port Howe (Columbus' ersier Landungsplatz am 12. Ok- tober 1492); die sudlichen (Passage-Inseln), wo Crooked Island (spr. KruhkM Eiland), cine der Crooked-Gruppe mit Pittstown die Haupt- insel ist. c) Kleine Antillen. Die wichtigsten sind von Norden nach Suden: Tortola. Virgin Gorda (zu den virginischen gehorig;, dann: Anguilla, Barbuda, St. Christoph (oder Kitts), Nevis, Antigua, Montserrat, Dominica, Santa Lu- cia, St. Vincent, Barbadoes, Grenada, Tabago, Trinidad. Am besten angebaut und dicht bevolkcrt ist Barbadoes; Hauptprodukt ist Zuckerrohr. Bridgetown (spr. Bridschtaun, 15.0CJO), stark befestiget ist der bedcutendste Handelsplatz der kleinen Antillen. Trinidad (60.000) mit dem Hauptorle Puerto de Espana (oder Port Spain, 10.000 E.) hat Sdiwcielquellen und einen Asphaltsee. Andere britische Stiidte sind : Scarborough auf Tabago; Georgetown auf Grenada; Kingston (8000) auf bt. Vincent; Castries auf Santa Lucia; Roseau auf Dominica; Johnstown (16.000) auf Antigua. Frauzih>isc)ie Kolonieii. Von den kleinen Antillen gthoren zu Frunkmch: Guadeloupe (mit den Nebeninseln; Desirade, Marie Galaute uud Les Saiutes), dann zwei Driuel der Tnsel St. M HI tin, endlich die reichntc (ranzosiscLe Besitzung in Westiudien Martinique. Auf Guadeloupe i*t Hauptort Basse-terre (10.000), der wicbtigste llanduUplalz aber Pointe a Pitre (15,000). Auf Martinique ist Fort Royal (7000) die befestigte HHiiptstadt mit dem Sitze des Gouverneurs; hipgegen Saint Pieire (20.000) die gi6bBte Stadt der franzobischen Antillen 453 mit sehr ansehnlichem Handel. Frankreicb bezieht aus diesea Kolonien: Zucker, Kaffee. Cacao. Khum, Tabak, Nutz- und Farbholzer, and export in dor thin In- dastrieprodukte. 4. XiederlSndiselie Kolonien: Zum Gouvernement Saint Eustacbe gehoren von den kleinen Antillen: Saint Eustache mit der gleichnamigen Hanptstadt (6000 .), mit lebhaftern Handel nnd einem Freihafen ; die Insel Saba und ein Drittel der Insel St. Martin. Zum GouYemement Curasao gehoren die Inseln .unter dem Winde :' Cu- rai;ao mit dem befestigten Hauptort Wille ms tadt (8000), dannBaenAyre (oder Bonaire), Aves und A rub a. Dem diirren Boden der letztern Inseln warden dnrch neissige Bebannng ansehnliche Mengen Zucker, Tabak, Baumwolle, Kaffee, Cacao u. a. abgewonnen; ein Hanptprodokt ist Salz. 5. Danische Kolonien Die virginischen Inseln: St. Croix mit dem Haupthandels- uud Hafenplatze Christian sstadt (6000), St. Jean und St. Thomas mit der befestigten Handelsstadt Charlotte Amalic (12000). Diese Inseln, etwa ~QM. gross, mit beilaufig 45.000 E., sind sehr frachtbar; die Hauptprodukte sind Zucker und Rhum. 6. Schwedisch ist nur die Insel St. Barthelemy mit dem Hauptort nnd Frei- hafen Gnstavia (10000). Das Eiland ist dicht bevOlkert, trefflich kultivirt, gesnnd, leidet aber Mangel an Quellwasser. Landesprodukte sind Banmwolle, Zncker, Indigo, Cacao, Tabak und Seesalz. C. Siid-Amerika. f. 181. Nach der natiirlichen Beschaffenheit kann Siid-Ainerika in drei grossere Abtheilungen geschieden werden: 1. Der tropische Norden Sudamerikas, nordlich vom Aequator, oder das Nord - An denland und das O ri noco-Gebiet (Guyana, Venezuela, Neu-Granada) ; 2. der tropische Siiden Suda m erik as, sudlich vom Aequator, oder das Mittel - An d en land und das Becken des Amazon en stroms (Ecuador, Peru, Bolivia, Brasilien); - 3. der aussertropische Siiden oder das Siid-Auden- land und das L a Plata-Gebiet (Chile, Argentina, Buenos- Ayres, Uruguay, Paraguay). An dieseu schliesst sich im Siiden Pa- tagonien an ; im Siiden und Osteu desselben liegen mehrere Insel- gruppen. . 1-2 Der u OJM-I In Norden MI.! \iiMiik,, - 1. Guyana. Die Oberflache dieses, beilaufig 4850 QMeilen grossen Landstriches ist von verschiedener Beschaffenheit. An der Kiiste des Atlantik ist es ein flaches, aufgeschwemmtes Land, beriichtigt wegen seines hochst ungesunden Klima's. Das Land steigt nach dem Innern allmahlich uber die Region der Savannen bis zum (noch wenig bekannten) Hochlande empor , welches dicht bewaldete, durch grasreiche Hochebenen von einander getrennte Bergketten, zum Gebirgssysteine der Sierra Parime gehorig, durchziehen. Guyana ist sehr reich bewassert , die Regenmenge ungemein gross. Der nicht uberschwemmte , oder der durch Damme gegen Ueberschwemmungen geaicherte und durch Kanale ent- wasserte Boden ist aueserst fruchtbar und liefert Kaffee, Baum- wolle, Zucker, Cacao, Tabak, Indigo, Pfeffer u. a. in. Die Wal- der sind ungemein reich an Nutz- und Farbholzern. Das Colonial- 454 gebiet der Briten, Niederlander und Franzosen erstreckt eich von der Kiiate nicht weit in das Land ; im Innern leben viele Stamme freier Indianer. a) Britiscll Guyana (auch Demerara genannt) mit einer Gesammtflache von etwa 1200 n M - u* 1 * 1 an 150.000 Einwohnern (nur beilaufig 7000 Weisse , an 90.000 freie Neger). Die hier miindenden Fliisse sind : Essequibo (mit dem Cujuni), Berbice, Demerara, Corentyn (Grenzfluss gegen niederlandisch Guyana). Der Hauptexport besteht in Zucker, Rhum, Kaffee, Holz. Hauptort und be- deutendster Handelsplatz ist Georgetown (25.000) an der Demerara-Mundung ; an der Berbice-Miindung liegt Neu-Amsterdam (5000). 6) Niederlaiidisch Guyana (oder Surinam), iiber 1800 n M - und an 80.000 E. (nur an 13.000 Weisse und freie Farbige , sonst Negersklaven). Grenzflusse sind : Corentyn (gegen britisch Guyana) und Maroni (gegen franzb'sisch Guyana), zwischen beiden ist der Hauptfluss des Landes Surinam. Der niederlandische Fleiss hat durch Anlegung von Da'mmen und Kanalen ein flaches , den Ueber- schwemmungen ausgesetztes , hochst ungesundes Land zu einer der fruchtbarsten und bestangebauten Gegenden umgeschaffen. E x p o r t artikel sind: Kaffee, Zucker, Cacao, Baumwolle, Indigo, Tabak, Holz. Die befestigte Hauptstadt Paramaribo (24.000) ist im hollandischen Geschmacke gebaut, die breiten Strassen sind mit Alleen von Orangen- und Limonieubaumen besetzt, zwischen den Alleen und den vortrefflich eingerichteten Hausern liegen Garten. Die Umgebung ist sehr gut an- gebaut und mit Landhausern geziert. In der Nahe 'ist die jiidische Kolonie Savana. c) Franzosisch Guyana (oder Cayenne), beilaufig 1800 [J M. gross, mit 30.000 E. Die Kolonie ist in einem vernachlassigten Zustande ; nur ein geringer Theil des fruchtbaren Landes ist angebaut, der grosste Theil derKiiste steht unterWas- ser. Hauptprodukte sind Baumwolle , Pfeffer und Gewiirznelken. Die befestigte Hauptstadt Cayenne (3000) liegt auf einer mitWaldern und Siimpfen bedeckten Insel. Auf dem Festlande und einigen Kiisteninseln sind mehrere Detentionsplatze, welche meist ein tb'dtliches Klima haben. 2. Republik Venezuela (18.400 DMeilen; 1,400.000 Ein- wohner, darunter an 300 000 Indianer [etwa T / 4 unabhangig] , an 60.000 Neger, der Rest Mischlinge). Im Westen zieht die Ostcordillere von Neu-Granada, oder die Kette des Suma Paz in das Land, welche als Kustenkette von Venezuela langs der Nordkiiste in ostlicher Richtung (Silla de Ca- racas) sich hinzieht. Im Sudosten erhebt sich das Bergland der Sierra Parime, welche bis an das rechte Ufer des Orinoco her an - reicht und dieses begleitet. Zwischen den beiden Hochlandschaften breitet sich die ungeheure, reichbewasserte Ebene des Orinoco aus, welche zwei Drittel des ganzen Staatsgebietes einnimmt, theils bewaldet, theils baumlos ist. Der westliche und nordliche Theil der Ebene sind die Llanos des Orinoco, in der trockenen Jahreszeit diirre, fast baumlose, ebene Steppen, aus denen sich nur wenige (300 400' hohe) Plateaux oder n Mesas a erheben; zur Regenzeit ein griines Weideland mit mannshohen Grasern, das Krautermeer (mare de yerbas) genannt. Die waldige Ebene (Hylaa), zum Theil hugelig, mit undurchdringlichen Waldungen bedeckt, nimmt den sudostlichen Theil (zwischen den bedeutenden Nebenflussen des Orinoco, dem Meta und Gu a via re) ein; diese Urwalder h'angen mit jenen am Amazonenstrome zusammen. DasLand hat grossen Produkten r e ich thum, namentlich an Baumwolle, Tabak (Varinas), Zucker, Kaffee, Cacao; mehreren Droguen; dann Getreidearten, Sudfriichte u. a. m. Die Urwalder liefern vortreffliche Bau- und Farbeholzer, In den Llanos sind 455 groase Heerden halb wilder Pferde und Kinder, deren Zucht nebat dem Ackerbau die Hauptbeachaftigung der Bewohner bildet. Der Bergbau wird nur erat in geringem Grade betrieben ; am atark- sten ist die Auabeute an Kupfer. Die induatrielle Thatigkeit iat von keinern Belange; dagegen wachat der Handel, begiinatigt durch den Keichthum der Urproduktion und die betrachtliche Anzahl von Buchten und Hafen, hauptaachlich mit dem Uniona- lande , England , Holland , den Hanaeatadten und andern euro- paiachen Seeataaten. Im Jahre 1856/57 wurde die Auafuhr mit 8. 3 , die Einfuhr mit 7 Millionen Peaos (a 1 Thlr. 2% Sgr.) berechnet. Venezuela, ehemals ein Theil des M columbischenBundesstaates u (Neu- Granada, Venezuela und Ecuador), wird gegenwartig in dreizehn Provinzen ein- getheilt. Die ansehnlichsten Orte sind : Caracas (50.000) mit dem befestigten Hafenplatze La Guai'ra (8000); Ciudad Bolivar (friiher Angostura, 5000), der bedeutendste Ort am Orinoco; Valencia (15.000) in gesunder , fruchtbarer Lage, hat lebhafteu Handel; Aroa mit reichen Kupferminen ; Varinas, wegen seines Tabaks beriihmt. Maracaibo (25.000) am Kanal, welcher den gleichnamigen See mit demMeere verbindet, mit Schiffswerfte und ansehnlichem Seehandel ; Coro (10.000, ehe- mals Venezuela genannt) ; Cumana, Puerto Cabello und andere Hafen- platze haben wegen des Seehandels einige Bedeutung. Die Insel Margarita war ehemals wegen der reichen Perlenbiinke bekannt; jetzt ist sie ein nicht be- sonders fruchtbares Plantagenland. 3. Republik Neu-Graiiada (20.000 QMeilen; 2,400.000 Ein- wohner, darunter nahezu % Million Weiaae und Creolen, iiber '/, Mil- lion Indianer, der Eeat verachiedene Miachlingaarten). Die Cordilleren von Neu-Granada kennzeichnet die Gabelung in 3 Ketten, welche nicht mehr in Gebirgsknoten zuaammenlaufen, sondern ala Wande weit sich b'ffnender Langenthaler divergiren. An der Sudgrenze Neu - Granada's erhebt aich daa Hochland der Almaguer bia zum Gebirgaknoten Los Pastoa, wo die erwahnte Gabelung beginnt; die Gebirgaketten schliessen nun die beiden Langenthaler dea Magdalen a- und aeinea weatlichen Parallel- und Nebenfluaaea Cauca (Neu-Granada'a Paradies") ein. Im Norden miinden die beiden Langenthaler in die heiaae , wellen- formige Kulturebene dea Magdalenafluaaea, aus welcher aich im Oaten der Magdalena-Miindung daa Masaengebirge der Sierra Ne- vada de Santa Marta (mit Schneegipfeln von 18.000') erhebt. Die Ostcordillere von Neu - Granada senkt aich zu den mit Urwaldern bedeckten Ebenen an Orinoco und Maranon herab. Die Produkte dea Landea aind im Allgemeinen die bei den Nachbarataaten aufgezahlten, ala: Baumwolle, Saraaparille, Tabak, Kaffee, Chinarinde, Getreidearten , verachiedene Bau- und Farbeholzer. Groaa iat der Reichthum an Met a 11 en; doch iat der Bergbau noch vielfach vernachlaaaigt. In den weatlichen Anden und im Caucathale iat namentlich die Goldausbeute erheb- lich (jahrlich etwa 18.000 Mark), dann Platina und Silber; in den oatlichen sind reiche Smaragd- (bei Bogota) und Kupfergruben (bei Tunja). Der Haupt export an Tabak, Chinarinde, Kaffee, Panamahaten , Cerealien, Holzern , Gold u. a. m. geht nach Eng- land, Nordamerika, Venezuela und Deutachland (Tabak), und er- 456 reichte im Jahre 1857 den Werth von 7 Millionen (neuer) Piaster (oder Pesos, a 5 Frcs.); der Import wurde auf 3V 4 Million Piaster berechnet. Die ansehnlichsten Orte sind: Bogota (oder Santa Fe de Bogota, 50.000) auf einer (8000' hohen) Hoch- ebene, hat rauhes, feuchtes Klima; haufig Erdbeben; Tunja (16.000); Muz a und Somondoco mit den reichsten Smaragdgruben der Erde; Po- payan (8000) unweit der Cauca-Quelle ; Antioquia (18.000) in goldreicher Ge- gend, umgeben von Mais-, Zucker- und Pisangpflanzungen ; Pamplona und Moniquira haben reiche Kupferminen ; am Cauca bei Cali und Iscuande sind Platinaminen ; bei Barbacoas bedeutende Goldwaschereien, bei Zipaquire ein grosses Salzbergwerk. Seestadte: La Hache mit Perlenfischerei ; der befestigte Freihafen St. Mart a; der wichtigste Handelsplatz ist Cartagena (20.000) auf einer sandigen Insel, ist befestiget, hat ein hochst ungesundes Klima. Am stillen Ocean ist der Hafen von Bonaventura. . 183. Der tropische Siiden von Siid-Amerika. 1. Republik Ecuador (13.500 QMeilen, an 900.000 Ein- wohner, worunter viele Indianer). Der kleinere Westtheil des Landes ist Hochgebirgsland , der viel grossere Osttheil gehort zur wasser- und waldreichen Tief- ebene des Maranon. Von dem erwahnten Hochland der Almaguer zieben die Cordilleren von Ecuador oder von Quito durch Ecuador in zwei Ketten bis zur sudlichen Landesgrenze, wo sie in dem Knoten von Loxa zusammenlaufen. Diese Ketten schliessen mehrere Hochthaler und Plateaux ein, welche durch schauerliche, bochgelegene , fiir die Passage bisweilen hochst gefahrvolle Passe mit einander verbuuden sind. Am beruhmtesten ist das durch ein herrliches Klima, einen fast immerwahrenden Friihling, die uppige Vegetation und dichte Bevolkerung ausgezeichnete, leider aber auch Erdbeben und vulkanischen Auebriichen ausgesetzte Hochplateau von Quito (8500'). Die Cordilleren erreichen in Ecuador die grosste Massenerhebung ; hier ragen die Riesenspitzen und Vulkane in der Westkette: Yliniza (16.300'), Pichincha (14.950') und Chim- borazo (20.150'), in der Ostkette: Cotopaxi (17.700'), An- tisana (17.960') und der Cayambe (18.420') empor. Im Westen ist der Abfall zum grossen Ocean steil , in welchen sich kurze Kustenfliisse stiirzen; die Ostkette falit gleichfalls steil in die Ebene des Maranon mit den undurchdringlichen Urwaldern. Der Maranon bildet auf einer langen Strecke die Grenze zwischen Ecuador und Peru, und nimmt in der ostlichen Tiefebene Ecuadors zahlreiche Fliisse auf, darunter die bedeutendsten Napo und Pu- t u m a j o. Die Naturprodukt e sind denen von Neu - Granada sehr ahnlich. Auf dem Hochplateau von Quito werden Ackerbau und Viehzucht ausgedehnt betrieben ; zudem ist die Cochenillezucht von Bedeutung und ein vorziigliches Waldprodukt die Chinarinde. Aus dem Mineralreiche gewinnt man Gold, Silber, Queck- silber , Schwefel , Smaragde u. a. Die Industrie, besonders in Webewaaren ist im Steigen , dessgleichen der Handel, der in d-jr Ein- vvie Ausf uhr ziemach glsiohe W^rtha (je 2'/ 2 Mil- lion Piaster a 5 Frajca) auftfdisjt. Zir A u 3 f u h r ko.a- 457 men Maulthiere und Kinder , getrocknetes Rindfleisch , Butter und Kase, Wachs , Getreide, Salz, Chinarinde, Cacao, Tabak, Baumwolle u. a. Die politische Eintheilung des Landes ist in drei Departimentos (Ecuad6r, Guayaquil, Assuay) ; ansehnliche Orte sind : Quito (75.000) am Fusse des Pichincha, an 9000' hoch, mit dem fortwahren- den Friihling (die Temperatur schwankt nur zwischen + 11 '/ 2 und + 13 R.), zu beiden Seiten von riesigen Schneebergen umgeben, eine der schb'nsten Aussichten auf der Erde. Die Stadt gehort zu den prachtvollsten ; der Palast der Republik, das frii- here Jesuitenkollegium und das Franziskanerkloster gehb'ren zu den grossten und schonsten Gebauden der Erde. Stark besuchte Universitat. In dem reizenden Thale wechseln Citronenhaine, Obstgarten, Saatfelder und Weiden. Lebhafte Industrie in Webewaaren und reger Handelsverkehr mit der bedeutendsten Seestadt des Landes, Guayaquil (22.000); auch die Seestadte Esmeraldas und Atacames nehmen an Wichtigkeit zu; Riobamba, in der Nahe des Chimborazo, hat reiche Schwe- felgruben. bei Loxa (10.000) grosse Cinchona- Walder mit der besten Chinarinde ; Cuenca (25.000) liefert Baumwolle, Panamahute und Confituren. 2. Republik Peru (24.000 QMeilen, iiber 3 Millionen Einwohner, darunter uber 1 Million Indianer ; iHauptbestandtheil der Bevolkerung bilden die Nachkommen der alten Peruaner, eines in Gewerben und Kiinsten vorgeschrittenen Kulturvolkes). Die Cordilleren von Peru, mit den hochsten iiber 20.000' emporragenden Berggipfeln ( Pomarape , Gualatieri , Parinacota, Sahama, Chuquibamba), ziehen sich vom Plateau von Potosi bis zum Knoten von Loxa, in einer mittleren Entfernung von 20 Mei- len von der Kiiste des Pacific. Sie schliessen mehrere Hochebenen ein, unter denen jene des Titikaka-Sees die grosste ist. Am Nord- ende dieses Plateau's vereinigen sich die Andenketten zum Gebirgs- knoten von Cuzco. Die peruanischen Anden (zwischen den Knoten von Cuzco und Loxa) bestehen aus zwei Abtheilungen. Der kleinere, sudliche Theil (von Cuzco bis zum Knoten von Pasco) begrenzt ein grosses Hochthal, das Quellenland des Ucayali; der nord- liche Theil (voin Knoten Pasco an) besteht aus drei Parallelketten, von denen die zwei westlichen das Hochthal des nordwarts fliessen- den Mar anon einschliessen, die ostliche aber das Parallelthal des Nebenflusses Huallaga begrenzt. Nur ein kleiner Theil des Landes, im Miindungsgebiete des Ucayali, gehort zum Tieflande des Maranon. Unter den Produkten des Landes ist der "Reichthum an edlen Met a lien spruchwortlich geworden. Peru war seiner Zeit das erste Goldland der Erde und in S iiber nur von Mexico ubertroffen; die Silberminen von Potosi gaben die ausgiebigsten Silbererze, die Goldgruben von Lapaz das f ein ste Gold in .Stufen. Ausserdem gibt es Platina, viel Queckeilber, Kupfer und Zinn, Salpeter in ausserordentlicher Menge, endlich Steinkohlen und Salz. Die jahrliche Goldau&beute wird jetzt nur auf etwa 1000 Mark, und die des Silbers mit 220.000 Mark geschatzt. Das Pflanzen- reich entfaltet sich am reichsten in den fruchtbaren, gutangebau- ten Hochthalern; gebaut werden nebst Getreide auch Baumwolle, Kaff'ee, Zucker, Indigo, dann Arzneipflanzen : Chinarinde, Ipeca- cuanha, peruanischer Balsam; ferner Nutz- und Farbeholzer. Unter d3a Thieren werdea Latni, Vicuaa und Alpaca wegen derfeinen Wolle auf den Hochebsnen ia grossen Heerden gehalten; auch die 458 Zucht der Schafe 1st im Steigen. Eine wichtige Einnahtnsquelle ist der in ungeheuren Massen auf den Gestade-Inseln vorkommende Guano (Vogeidiinger). Die erwahnten Produkte kommen in grosser Menge in den Handel, der sich iiberwiegend in den Handen der Englander befindet, und seine Richtung nach dem Unionslande und Europa nimmt. Der Staat wird in 13 Departimentos eingetheilt. Wichtigere Stadte eind : Lima (80.000) 1% Meile von der Kiiste entfernt, mittelst Eisenbahn mit der wichtigsten Hafenstadt des Landes, Callao (10.000), verbimden. Die befestigte Haupt- stadt Lima hat ausserordentlich reiche Kirchen, die alteste und beruhmteste Univer- sitat Amerika's, viele wissenschaftliche Anstalten. Wichtige Industrie in Wolle und Baumwolle, Gold- und Silberwaaren, Leder, Glas; ausgebreiteter Handel. Seehandel treiben auch Truxillo und Payta. Bergstadte sind: Huanca Velica, Gold-, Silber- und die reichsten Quecksilber-Gruben der Erde, Pasco, Lauricocha und Tar ma, Silbergruben (letztere Stadt liefert monatlich fur '/, MiUion Dollars Sil- ber). Arequiba (40.000), die zweitgrb'sste, indtistriellste Stadt mit ausgebreitetem Handel. 3. Republik Bolivia (22.400 [JMeilen, 1,987.350 Einwohner, darunter 1% Millionen Weisse). Im Gebirgsknoten von Potosi spalten sich die Anden in zwei Ketten, deren westliche (Kusten-Cordillere) sich nach Peru zieht; die niedere, ostliche (Cordillera Real) mit den hohen Schneegipfeln des Illimani, Nevada de Sorata u. a. begrenzt das Plateau von Bo- livia, zu welchem die Hochebene des Titikaka-Sees gehort. Die Cordillera Real entsendet schneehohe Seitenketten unter dem Namen Sierra Nevada de Cochabamba und Santacruz nach Nordosten. Die- ses Gebirgsland senkt sich ostwarts zu den Ebenen des Maranon und des Rio de la Plata; an der Kuste des Oceans breitet sich die regenlose Wiiste Atacama aus. Die zahlreichen Fliisse ergiessen sich theils in den Maranon, theils in den La Plata; der wich- tigste Nebenfluss des ersten ist der Madeira, des zweiten der Pulcomaj o. Die Bodenprodukte in den schonen Thalern der Cordil- leren und den fruchtbaren Tiefebenen im Oaten sind ziemlich die gleichen, wie in Peru; das Namliche gilt von der Viehzucht und den thierischen Proclukten. Am wichtigsten ist der Bergbau, insbesondere die Silberminen zu Potosi und Chuquisaca, die Gold- lager von Curabaya ; auch die Gewinnung von Kupfer, Zinn, Eieen, Salpeter, Schwefel u. s. w. ist bedeutend. Ein Hinderniss des Bergbaues ist der schwierige Transport aua den hochgelegenen Gruben bis zu den Stapelplatzen. Die Industrie ist von keinem Belange , dagegen ist der Handel zunehmend. Bolivia hat den einzigen , wegen der dazwischen liegenden Andenkette schwer zuganglichen Seehafen C o b i j a und exportirt vielfach durch die peruanischen Hafen (Arica). Gegenstande des Exportes sind die erwahnten Landesprodukte. Der auswartige Verkehr wird zumeist von Englandern, Amerikanern und Franzosen be- trieben. Bolivia wird in 7 Departimentos und 2 Provinzen eingetheilt. Wichtigere Orte sind: 459 Chuquisaca (23.980) auf einer Hochebene, Hauptstadt; die bedeutendste In- dustriestadt ist La Paz (76.370) auf dem inneren Titikaka-Plateau ; die wichtigste Bergstadt Potosi (22.850), iiber 12.000' iiber der Meeresflache gelegen; Cocha- bamba (40.680) mit starkem Getreidebau. 4. Kaiserthuin Brasilien. 147.600 n Meilen, 8 Millionen Eimvohner (fiber 5 Millionen Freie [damnter 1. 3 Million Weisse], 2V, Million Negersklaven, '/ Million wilde Indianer) ; die relativ dichteste Bevb'lkerung ist in den Kiistenprovinzen , insbesondere in den Stadtenund deren Umgebungen ; in den Binnenprovinzen rechnet man 3, 4 bis 13 Menschen auf I QMeile. Vorherrschend ist die romisch-katholische Kirche. Konstitutionelle Erbmonarchie ; die Thronfolge nacb dem Reclite der Erstgeburt ans dem portugiesischen Hause Braganza. Beinahe ein Dritttheil der Gesammtflache Braeiliens ist Berg- land, fiber zwei Dritttheile sind Ebenen. Das Bergland, zwischen der langen aber schmalen Kiisten- ebene und den Ebenen des Maranon und des La Plata, besteht aus 1000 3000' hohen Plateauflachen , aus welchen sich mehrere meist von Suden nach Norden vorherrschend der Kiiate parallel ziehende Bergketten erheben , unter denen die Kustenkette (Serra do Mar) , die Centralkette (Serra do Villa Rica) und die Wasser- scheidekette (Serra dos Vertentes) die bedeutendsten sind. Diese Ketten, deren Gesarnmterhebung nirgends iiber die Hohengrenze der Tropenprodukte hinausgeht, und deren hochste Gipfel nur iiber 7000' reichen , sind durch breite Langen thaler von einander geschieden und durch Querketten wieder mehrfach verbunden. Zwischen dem brasilianischen Hochlande und der Sierra Parime dehnt sich vom atlantischen Ocean bis an die Cordilleren von Neu- Granada, Peru und Bolivia, das ungeheure B ecken des Maranon aus, dessen Nebenbecken die Tiefebenen des Orinoco und des La Plata sind. Die schmale Kustenebene ist vielfach eingeschnit- ten und mit mehreren guten Hafen versehen. Unter den Flu s sen nimmt der Maranon den ersten Rang ein (Siehe S. 65, Nr. 11). Merkwiirdig ist die Wechselwirkung des Stromes mit dem Ocean; wahrend seine StrOmnng sich an 60 Meilen weit in den Ocean hinaus erstreckt, schreitet die Bewegung der Ebbe und Fluth bis zum Engpasse von Obydos an 120 Meilen weit im Strome aufwarts. Zwischen dem abwarts fliessenden Strome und der aufwarts dringenden Fluth entspinnt sich taglich ein furchtbarer Kampf ; die scbaumende Brandung erhebt sich bisweilen bis 180' Hohe. Dieser farchtbare Sturm (,,Pororoca") mit seinem DonnergetSse verscheucht Menschen und Thiere, und richtet bisweilen gewaltige Verheerungen an. Die Uebersch wern- iii un gen des Maranon flberbieten an Grossartigkeit Alles, was von Tropen- fliissen bekannt ist. Das Hochwasser steigt im Strom und seinen grossen Zu- flfissen 3040' iiber den mittleren Wasserstand, und wahrend die Baumstammc im schlammigen Wasser stehen , sind die Kronen der Baume voll Bluthe, der Wald des Ueberschwemmungsgebietes wird zum Wassergarten. Merkwiirdig sind endlich die Selvas dieses Stromes, die ungeheuren Strecken von Urwald, be- lebt von alien Klassen der tropischen Thierwelt. Dieses Zentralbecken unter- scheidet sich eben dadurch von den angrenzenden Tiefebenen des Orinoco und La Plata, welche vorherrschend baumlos sind. Der Maranon nimmt iiber 100 schiffbare Fliisse auf; er selbst hat eine ununterbrochene Schiffahrtslinie von raehr als 600 Meilen. Seine bedeutendsten Nebenflfisse sind (rechts): Ucayali, Purus, Madeira , Tapajoz , Xingu , Tocantin ; - - (links) : Japure (oder Caqueta), Rio Negro (mit dem Cassiquiare). 460 In den atlantischen Ocean ergiessen sich ferners : der Pa- ranahyba und San Francisco. Der Parana, mit seinen Nebenfliissen Paraguay und Uruguay, hat gleichfalls im bra- silianischen Berglande seine Quellen, Unter den vielen Seen sind der Patos und Mi rim die grossten. Das Klima ist trotz der grossen, horizontalen Ausdehnung, aber wegen der relativ geringen vertikalen Verschiedenheiten ziemlich gleichmassig , ein meist gesundes und angenehmes Tropenklima. Charakteristisch sind die zwei Jahreszeiten : die n a s s e mit der grossten Hitze, furchtbaren Gewittern und star- kem Regen vom November bis Marz ; die trockene, kuhlere vom April bis Oktober (Rio de Janeiro hat eine Mitteltemperatur von -f 18 R.). Politische Eintheiluiig und Orte. Brasilien ist in zwanzig Provinzen eingetheilt : A. Ktistenpr ovinzen : 1. Para, 2. Bio negro (die nordlichsten Provinzen, das Tiefland des Maran on ; Ostlich Para, westlich Rio grande; beilaufig 54.000 Q M., hochstens 250.000 E.) : 1. Para (20.000) nahe der Mundung des Rio Para, wichtiger Exporthandel ; an der Mfindung des Tocantin: Cameta (oder Villa Viosa, 12.000) und an jener des Tapajoz : Santarem, zwei ansehnliche Hafenplatze fur den Flussverkehr. 2. An der Mundung des Rio negro: Barra do Rio Negro (oder Manoas, 3000); Obydos (am linken Maranonufer, ostlich der vorigen) ; im Innern des Landes die ehemalige Hauptstadt Barcellos am Rio Negro. 3. Maranhao, 4. Piauhy, sudOstlich der Maran onmuudnngen (ll.OOOQM., 350.000 E.); 3. S. Luis do Mara-nhao (30.000), auf der Insel Maran- hao, bedeutender Seehandel; 4. Hafenstadt Paranahyba (15.000), im Innern Oeiras (3000). 5. Ceara, 6. Rio Grande do Norte, 7. Parahyba, 8. Pernambuco (oder Fernambuco), 9. Alagoas (7300 QM., I'/, Mil. E); gehoren zu den reichsten Provinzen, 5. Ceara (20.000) und Aracati (25.000) Kusten- stadte; 6. Hafenstadt Natal (18000); 7. Hafenstadt Parahyba (15.000); 8. Pernambuco (80.000), dritte Hafen- und Handelsstadt des Reiches, bedeutender Handel mit Europa, Ostindien und Africa; viele eng- lische und hollandische Handelshauser; 9. Al a goas (14.000) , Porto Calvo (6000J) starker Holzhandel. 10. Sergipe, 11. Bahia, 12. Espiritu Santu (7000 QM., fiber IMill.E.) 10. Sergipe del Rey (30.000), Villa nova (10.000) nabe der Mundung des St. Francisco; 11. Bahia (oder San Salvador 150.000), an der herrlichen Allerheiligen -Bai , die zweite Handelsstadt des Reiches, grosse Schiffswerfte , Industrie in Zucker, Baumwolle, Tabak , mit mehreren wissen- schaftlichen Anstalten, gesund und schon gelegen. 12. Victoria (10.000) auf einer Insel der h. Geist-Bai; in Porto Seguro laudete Cabral (im J. 1500), der Entdecker der Kiiste von Brasilien. 13. Rio de Janeiro (oder nur Rio genannt), 660 Q M., 1 Million E.) ; die wichtigste, bestangebauteProvinz des Reiches. Rio de Janeiro (300000), Haupt- und Residenzstadt des Kaiserreiches , mit einem der schonsten Hafen der Erde, in welchem im Jahresdurchschnitte etwa 800 Schiffe (davon ein Drittel amerikanische und englische) einlaufen, ist befestigt darch mehrere Forts. Die erste Industrie- und Handelsstadt Brasiliens, und einer der wich- tigsten Handelsplatze Amerika's. Die Neustadt ist sch8n und regelmassig gebaut ; Universitat, Sternwarte , botanischer Garten, viele Spezialschulen, Bank, Diamantenschleifereien, Juwelierarbeiten, Zucker-, Baumwoll- und Segel- tuch - Fabriken , grosse Siedereien von Wallfischthran. Mittelpunkt des sud- amerikanischen Handels, der besonders von englischen, deutschen und franzO- sischen Kaufleuten betrieben wird. Charakteristisch fiir das produktenreiche Land ist besonders der Viktualienmarkt zu Rio. Dampfschiffahrtsverbin- dungen mit Liverpool, Lissabon, Marseille und Genua. Die Umgebung- ist fiberaus reizend, gut angebaat and mit vielea Landhausern bedeckt. Boa Vista ist der gewShnliche kaiserliche Landsitz. 14. San Paulo, 15. San ta Ca tharina (8000 Q M., fiber 600.000 E.); Kaffee , Zucker und Baumwolle gedeihen hier nicht mehr gut ; dagegen aus- gedehnter Maisbau und Viehzucht; anmuthiges, gesnndes Klima; die ,, Pan- listen" zeichnen sich durch Kiihnheit, Tbiitigkeit und Unternehmungsgeist aus. 14. San Paulo (30.000), Industrie und Handel; 15. Desterro (8000) auf der Insel S. Catharina , uppige Vegetation , gesundes Klima , sehr guter Hafen. 16. Rio Grande do Sul oder S. Pedro (4000 DM., 200.000 E.): Porto Alegre (15.000) an der Mundang des Rio grande in den Patos-See; S. Francisco (8000), in der Nahe eine bluhende d eu t s c h e Kol o nie (8000 E.) mit dem Hauptorte S. Leopoldo: die Hafenstadt Rio grande (8000). B. Provinzen 5m Innern. 17. Parana mit dem Hauptorte Curitiba (12.000), im Gebirge , sudwestlich von San Paulo. 18. Minas Geraes (d. h. generales, zwischen Bahia, Rio, St. Paulo u. s. w., 11.400 QM., 900.000 E., wichtiger Bergbau) : Ouro Preto (oder Villa imperiale, fruher Villa Rica, 15000) Mittelpunkt des Diamanten- und Goldbezirkes ; Marianna (7000); Hauptfundorte der Diamanten sind Tejuco (oder Diamantina, 6000) und Villa nova do Principe. 19. Goyaz (fiber 13,500 QM., 150.000 E.): Villa Boa (oder Goyaz, 7000), in deren Nahe reichliche Goldwaschereien. 20. Matto grosso (nahezu 29.000 Q M- , 100.000 E.); Cuyabn (10.000) in dem gleichnamigen, beruhmten Bergwerksdistrikte; Villa Bella (oder Matto grosso, 10.000). Von den kleinen zu Brasilien gehorigen Inseln sind die ansehnlichsten : Fernando do Noronha (600 E.), Zucker und Obstbau, Mangel an Quell- wasser ; Trinidade, ein Felseneiland mit gutem Landungsplatze. Kulturverhaltnisse im Allgemeinen. Brasilien , eines der grossten Reiche auf der Erde , ist durch Fulle und Mannigfaltigkeit der Naturprodukte so ausgezeichnet, wie wenige Lander der Erde; das Tropenklima und der ausser- ordentliche Wasserreichthum bedingen eben eine Fiille der Pflanzen- und Thierwelt, die nicht leicht irgendwo vorkommt. Allein an 68% (iiber 100.000 QMeilen) des Landes befinden sich noch im Naturzustande, 12 bis 15 % sind mit Wasser bedeckte, unkultivir- bare Strecken (Fliisse, Seen, Siimpfe), fast eben so viel Terrain ist zwar schon im Privatbesitze, aber noch nicht angebaut, und hoc fa- stens drei Procent (oder beilaufig nur 4500 QMeilen) sind wirklich angebautes Land. Hierher gehoren zunachst die Kiisten- landschaften ; im Innern nur die fiir den Bergbau bedeutenderen Gegenden mit der dichteren Bevolkerung. Die ungeheuren natur- lichen Hilfsquellen des Landes sichern ihm fiir die Zukunft eine bedeutende Rolle. Brasilien hat die reichste Flora auf der Erde ; es ist gleichwie eines der ersten Plantagenlander auch eines der ersten Minenlander. In grosster Menge werden KafFee*), *) Die Kaff ee-Produktion hat ungemeino Forlschritte gemacht : Europa cr- hielt aus Biasilien : im Jabre 1823 beilitutig 184000 Zcnlncr ,, 1843 betrug die Jahreseinte ... 1,600.000 1853 ... 2,480.000 ,, Die Zu cker -Erzeuguug bob sich miudor bchnell : Export davou im Jahre 1823 476.000 1853 1,500.000 ., 462 Zuckcr, Baumwolle, Tabak, Cacao und Reis gebaut ; auch mit Thee- pflanzungen hat man begonnen ; ferner gedeihen vorzuglich Palmen, Bananen, Gewiirze, Balsame und Arzneipflanzen (Ipecacuanha, Sar- saparilla, Ricinus). Die ausgedehntesten Walder bieten Bau- und Farbeholzer (Brasil-, Gelbholz u. a.) in unberechenbarer Menge. In Brasilien fehlen zwar die kolossalen Thierformen der alten Welt, dagegen ist es mit einer unendlichen Mannigfaltigkeit von Formen und Schonheit der Farben ausgestattet. Die Gppigen Weiden und die Menge der FutterkrSuter begiinetigen die Viehzucht, ins- besondere der Rinder, Pferde, Maulthiere, Schweine und Ziegen. Den ersten Rang in der Urproduktion nehmen Qbrigens Edel- steine und Metalle ein , namentlich ist es das reichste Dia- mantenland. Die Binnenprovinzen (Minas Geraes, Matto Grasso, Goyaz) und San Paolo sind die eigentlichen Minendistrikte. Ausser Diamanten und Gold (jahrlich nur an 1500 Mark) findet man Topase , Granaten , Amethyste u. a. ; dann Eisen , Zinn , Blei, auch Platina und Quecksilber , Alaun und Steinkohlen, Der Er- trag ist jedoch ein relativ geringer, woran die vielfach primitiven Gewinnungs - Methoden und die handwerksmassige Bearbeitung Schuld tragen. Von Industrie im europaischen Sinne ist kaum die Rede. Mit Ausnahme der bedeutendsten Stadte fehlen selbst die gevvohn- lichsten Handwerke, weil die Bedurfnisse des Volkes sehr geringe sind, und der Bezug der Fabrikate aus dem Auslande sehr leicht ist. In neuerer Zeit verarbeitet man Baumwolle, Leder, Zucker 11. dgl. ; in Bijouterie waaren sind erheblichere Fortschritte gemacht worden. Der Handel im Innern wird zwar durch die vielen echiffbaren Flusse erleichtert, welche zum Theil mit Dampfschiffen befahren werden (der Maranon, Rio Negro und Tocantin); allein es herrscht grosser Mangel an Fahrstrassen, und er wird desshalb vielfach mittels Maulthierkarawanen (tropa) auf den schlechten Wegen be- trieben. Gegenwartig sind 2 Eisenbahnen (etwa 30 deutsche Mei- len) im Bau ; zwischen Rio und der Provinz Minas Geraee, und von Bahia nach Pernambuco. Der auswartige Handel iet be- deutend und in stetem Wachsen. Es betrug: dieEinfuhr dieAusfuhr im Jahre 1840 57. 7 | s^l 41. 6 ] si *) 1855/56 91-rflB 96. 4 >lf . 1856/57 123.J- g| HAJ r l Die Ausfuhr ist am starksten nach der Union, England und Hamburg; der Hauptartikel war im Jahre 1855/56 Kaffee (fur 48 Millionen Milreiis, aleo 50 % der Gesammtausfuhr). Bei der Einfuhr sind am staiksten England und dessen Kolonien *J Das ^ilrels" (1000 Reis) in Silber ist gleich 1 Thlr. 15 Sgr. 2 Pf. (in P a pier ist der Werth sihwackend, circa 22 Sgr.). Der ,,Conto de Reis" = 1000 Milreiis oder 1 Million Reis. GrOssere Snmmen werden in Contos gerechnet; die Schreibweise ist eigenthumlich, z. B. ,,20,039: 858 U 567 Reis" = 20.039 Contos, 858 Milre'is und 567 Reis. 463 vertreten (mit fast 50% der Gesanomteinfuhr), und der grosste Betrag (gegen 27 Millionen Milreie) entfiel auf Baumwollwaaren *). Die Handelsflotte zahlte 148 Schifie langer Fahrt und 1400 Kusten- und Flussfahrzeuge. Fiir die geistige Bildung des Volkes ist leider noch zu wenig geschehen ; Volksschulen sind verhaltnisemaesig wenige und schwach besucht (1 Schiller auf 100 Einwohner im Jahre 1856; 1460 Schulen mit 82.500 Schiilern). Doch zeigt sich auch in dieser Richtung in neuester Zeit ein beharrlicher Fortschritt. . 184. Der aussertropische SUden von Sttd-Amcrika. 1. Republik Chile (spr, Tschile, oder Chili; 6630 QM,, 1,439.120 Einwohner; nur etwa 150.000 Weisse, Y 4 Million Neger, die Uebrigen Mischlinge und Indianer). Chile ist ein 20 bis 40 Meilen breiter Kilstenstrich, welcher sich vom Golf von Chiloe (im Siiden) bis zum 25 nordl. Breite langs des grossen Oceans ausdehnt. Die Ostgrenze bildet der Kamin der einkettigen Sfld-Anden, welche von Siiden nach Norden an Hohe zunehmen, reich an Schneebergen (Aconcagua fiber 21.000', der huchste Berg Amerika's) Vulkanen ucd Metallen sind, und im Westen steil abfallen. Von den Anden ergiessen sich zahlreiche Kustenflusse in den Ocean, unter denen der Valdivia, Biobio, Aconcagua, Coquimbo und Copiapo nennenswerth sind. Im Norden des Ccquimbo kommen grosse Strecken mit Felsboden und Sand vor (die \\uste Atacama): der siidliche Theil ist so- wohl in der Kustenebene, als in den Vorbergen mit den anmuthigen Thalern und Waldungen malerisch schon, gut angebaut, dann wegen seines gesunden, milden Klimas und der grossen Fruchtbarkeit eines der schonsten Lander auf der Erde. Tropenpflanzen gedei- hen in Chile nicht; jdagegen bringt das ^siidamerikanische Italien" Sudfruchte, Oliven, Wein, Obst, Tabak, Hanf und Flachs in vor- ziiglicher Gute und reicher Ftille hervor. Der Getreidebau deckt nicht nur den heimischen Bedarf, sondern liefert auch fin* den Ex- port nach Peru, Brasilien, Neuholland und Manilla. Der Vie li- st and ist ausserordentlich gross; vorziiglich zahlreich sind Kin- der und Pferde , daher gehoren Haute, Homer und Talg zu den wichtigsten Handelsprodukten des Lances. Unter den Metallen kommt Kupfer (in den nordlichen Landestheilen) am meieten vor, die Jahresausbeute diirfte an 150.000 Centner betragen. Auch Gold (etwa 4.500 Mark) und Silber (bei Copiapo; im Ganzen an 200.000 Mark), dann Eisen, Blei, Steinkohlen, Salpeter u. e. w. werden gefunden. In neuester Zeit wird der Bergbau lebhafter betrieben. Die Industrie ist im Ganzen noch geringe; grobes Einfuhr Baumwollwaaren 26., Wollenwaaren 4., Weizenmehl 4., Eisenwaaren 3. 8 Wein 2., Leinwaaren , Seidenwaareu Gold- and Silberwaaren je. . . 2., 1856 Ausfuhr Kaffee 48 Zucker 18., Haute 6., Baumwolle 5. 4 Diamanten 4., Tabak 2. Mat6 (Paraguaythee) 1., 464 Wollentuch, kupferne und irdene Waaren sind die namhaf tea ten Erzeugnisse. Der Seehandel ist verbal tnissmassig bedeutend ; im Jahre 1857 hatte die Einfuhr einen Werth von fiber 31 3 / 4 , die Ausfuhr iiber 19 3 / 4 Millionen Pesos (1 Peso fuerte = 5 Frcs.). Der Handel concentrirt sich in Valparaiso* Die wichtigste Ver- bindung iet mit England und dessen Colonien, zunachet stehen Frankreich, die Union und Deutschland. Zum Export koramen: Mehl, Getreide, Kupfer, Silber, Wolle, Haute, Holz, Talg. Zur Forderung des inneren Verkehrs sind Eisenbahnen von Santjago aus eroffnet. Chile ist der bestgeordnete Staat unter den sudspaniachen Republiken; die Bewohner sind gastfreundlich, von einfachen Sitten, fleissige Landwirthe. Nur im aussersten Suden (Araucania) wohnen unabhangige Indianer (Araucaner), welche Ackerbau und Viehzucht treiben, und zum Theile schon civilisirt sind. Die ansehnlichsten Orte sind: Santjago (70.000), in fruchtbarer, weinreicher Ebene, eine freundliche, rein- liche, regelmassig gebatite Stadt, mit einer Universitat und guten Schulen. Nord- lich davon liegen das bedeutendste Kupferbergwerk Quillote und die Goldgru- ben von Petorca; Valparaiso (50.000), eine rasch aufbluhende Handels- stadt, einer der bedeutendsten Hafenplatze an der Siidsee, befestiget; wichtige Station fiir die urn das Kap Hoorn fahrenden Schiffe ; Valdivia (2000), einer der besten Hafen mit starken Festungswerken ; in der Provinz Valdivia (und im Territorium von Llanquihue) befinden sich mehrere deutsche Ansiedlungen; Neu-Conception mit dem Hafenorte Talcahuana, wurden (1835) durch Erdbeben arg verwiistet; Copiapo, Ausfuhrhafen der reichen Kupfergruben von Copiapo. Die Insel Chiloe ist fruchtbar, allein schwach bevolkert; sie liefert die besten Matrosen. Hauptort ist Castro. Die Juan-Fernandez-Inseln sind frucht- bar und geniessen ein herrliches Klima. 2. Argentina (oder: die ^argent i n ische Confo dera- tion," ,,die vereinigten Staaten desRio de la Plata;" 31,800 QMeilen, 1,550.000 Einwohner). An der Westgrenze zieht sich die Andenkette von Chile mit vorgelagerten Berglandschaften, namentlich im nordwestlichen Theile der Confederation. Am Fusse der Berglandschaft dehnen sich die unge- heuren, theils ebenen, theils hugeligen aber baumlosen Grasfluren oder Pampas des Rio de la Plata aus. Im Westen gehen die Pam- pas in das (etwa 2000' hohe) Plateau der Salzsumpfe mit zahlreichen Salzseen iiber. An den Flussen ist der Boden sehr fruchtbar, aber haufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt. Der Hauptfluss ist der Parana (an der Miindung Rio de la Plata genannt), mit Anschwellungen und Ueberschwemmungen im Juni und Dezember. Er nimmt (rechts) den Grenzfluss Para- guay (bei Corientes) und (links) den Grenzfluss Uruguay (im Miindungsgebiete) auf. Ferners fliessen dem Atlantik der Colorado und der Grenzfluss (gegen Patagonien) Negro zu. Viele Fliisse ergiessen sich im Innern in Salzseen. Trotz der grossen, ausserst fruchtbaren Strecken ist der Acker- bau doch vielfach noch sehr vernachlassigt ; bedeutender ist die Viehzucht, vorziiglich in den Pampas, wo ungeheure Heerden von Rindvieh und Pferden im halbwilden Zuelande weiden, welche den Hauptreichthum des Landes bilden. Der Bergbau ist 465 unbedeutend, deesgleichen die ge wer bl i ch e Thatigkeit. Da- gegen ist der Handel in der Zunahme, welcher nach den iiber- seeischen Landern fiber Buenos Ayres und Montevideo vermittelt wird. Zum Export gelangen Haute, Homer, Wolle Talg, ge- salzenes Fleisch u. a. ra. Die Confederation besteht aus vierzehn Staaten: Entre Eios, Corrientes, Santa Fe, Ingui, Salta, Tucuman, Santjago del Estero, Cata- marca, Kioja, Cordova, San Juan de la Frontera, Mendoza, San Luis de la Punta, Buenos Ayres*). Ansehnlichere Orte sind: Parana (15.000), Hauptstadt der Confederation ; der bedeutendste Handelsplatz ist Gualeguaychu (J 0.000) mit vielen europliischen Kaufleuten. Die iibrigen bedeutenden Stadte sind Hauptorte der gleichnamigen irtiher genannten Provinzen. Besonders sind beraerkenswerth : Cordova als Handelsplatz mit Tuch- und Wol- lenzeugmanufakturen, Salta als bedeutendster Viehmarkt, Catamarca mit vor- ziiglichen Baumwollpflanzungen , Mendoza mit trefflichem Weinbau. Nbrdlich davon liegen die reichen Silberminen von Uspalata. Da Buenos Ayres zum grossten Theil in der Region der Pampas gelegen ist, so bildet die Viehzucht den grossten Reichthum des Landes; zunachst steht der Ackerbau und in der Landeshauptstadt der iiberseeiscbe Handel, welcher (wahrend der Unabhangigkeit des Landes) im Jahre 1856' bei der Einfuhr mit 277 % , bei der Ausfuhr mit 274 V 4 MiUionen Papier-Piaster**) berechnet wurde. Der bedeutendste Ort ist Buenos Ayres (sammt den Vorstadten uber 122,000 E.), an vierzig Meilen vom offenen atlantischen Ocean am rechten Ufer des bier acht Meilen breiten La Plata. Der Landungsplatz ist sehr seicht, die grossen Schiffe legen bei dein Dorfe Barragon an. Der Land- und Seehandel ist sehr bedeutend. Die Stadt ist der Stapelplatz fur das ganze Innere von Siidamerika (Brasilien ausgenommen), und fiihrt Thierhaute , Horner, Talg in ungeheurer Menge aus. Der Hauptverkehr geht nach England , dem Unionslande und den westeuropaischen Staaten. Binnenstrassen fiihren uber Mendoza nach Chile, eine zweite iiber Cordova , Santjago , Tucuman , Salta , Ingui nach Bolivia. Die Kiiste ist unsicher und hat nur wenige Landungsplatze und Forts. 3. Republik Uruguay (oder Ban da oriental, auch Montevideo genannt , 4800 QMeilen, V 4 Million Einwohner). Aus dem im Norden gelegenen Brasilien streichen bis an 3000' hohe Gebirge in das Land , zwischen denen sich die weite Ebene des Rio negro ausbreitet; im Westen und Siiden ist es eine flache, baumlose, zwar nicht schone, aber gewinnbringende Ebene mit vorziiglichen Weideplatzen. Zahlreiche Fltisse bewas- sern das Land , die bedeutendsten sind jedoch die Grenzfliisse, im Westen der Uruguay (mit dem Rio negro), im Suden der La Plata. Mit Ausnahme einiger sandiger Kiistenstriche ist der Boden fruchtbar , wird aber vorziiglich nur zur Viehzucht benutzt, besonders der Pferde und Rinder; thierische Produkte bilden die wichtigsten Exportartikel. In Folge innerer Zerruttung ist das Land in der Kultur sehr zuriick , Gewerbfleiss fehlt fast ganzlich. Die Eintheilung ist in neun Departimentos , welche nach den meist unbedeu- tenden Hauptorten benannt werden. Die ansehnlichsten Orte sind : Montevideo (45.000) am hohen Ufer des La Plata ; der Hafen ist zwar geraumig, aber den Pamperos (West- und Siidwestwinden) ausgesetzt, und wegcn der geringeren Tiefe kbnnen nur kleinere Fahrzeuge unmittelbar bei der Stadt anlegen. Der lebhafte *) Vom Jahre 1853 bis 1859 war Buenos Ayres eine selbststfindige Republik. In Folge des am 10. November 1859 zu San Jos6 de Flores unterzeichneten Friedens- vertrages ist es mit der argentinischen Konfo'deration wieder vereinigt worden. **) Im Jahre 1857 galten 20 Papier-Piaster nur noch 1 wirklichen Piaster. Klmi's Handels-Gcugraphie. 2. Mill. 30 466 Handel liegt vorziiglich in franzosischen Handen. Am Eingange des La Plata ist die feste Hafenstadt Maldonado (5000); auch die stark befestigte Stadt Colonia del Sacramento hat einen guten Hafen. Uruguay besitzt die drei besten Hafen an der Miindung des La Plata und diesem Umstande verdankt der Staat eine grosse kommerzielle Wichtigkeit. 4. Republik Paraguay (4000 QMeilen, 1,200.000 Einwoh- ner, etwa 10 % Weisse, sonst viele Indianer, zum Theile noch Heiden). Dieser Binnenstaat wird im Westen und Osten begrenzt von den FlQssen Paraguay und Parang bis zu ihrer Vereinigung im Suden ; die Nordgrenze ist noch vielfach unbestimmt. Der ostliche Theil wird von Verzweigungen des brasilianischen Berglandes durchzogen; der westliche Theil ist Flachland, theilweise sumpfig, den Ueberschwemmungen des Paraguay ausgesetzt. Der wichtigste Nahrungszweig ist der Ackerbau, obwohl er noch wenig fur den Export producirt. Nebst Nahrungspflanzen werdeh auch Baumwolle, Zucker und Tabak gebaut; ausgedehnt sind die Pflanzungen von Paraguay-Thee (Mate*). An Nutzholzern ist bei dem ausge- dehnten Waldstande ein Ueberfluss. In der nicht sehr bedeutenden Viehzucht nehmen die Kinder- und Pferdeheerden den ersten Rang ein. Die Industrie ist auf sehr geringer Stufe; sie erstreckt sich nur auf einige Webe-, Leder- und Metallwaaren. Auch der Han- del ist, bei dem Abschliessungs-Systeme gegen das Fremde, min- der umfangreich , als er bei der gunstigen Lage des Landes und wegen seiner grossen Fliisse sein konnte. Exportirt werden Holz, Haute, Tabak, Paraguay-Thee. Die politische Eintheilung ist in acht Departimentos, welche nach den meist unbedeutenden Hauptorten benannt werden. Hauptort des Landes ist Asun- cion (25.000) am Paraguay, der Stapelplatz fur den gesammten auswartigen Handel. In der Umgegend von Villarica (9000) wird der meiste Paraguay- thee gesammelt. 5. Patagonien; die sudainerikanischen Inselgruppcn und Sudpolarlander. 1. Im Suden von Chile, Argentina und Buenos Ayres dehnt sich bis zur Su'd- spitze des Kontinentes Patagonien mit einem Flachenraume zwischen 16 bis 18.000 Q M. aus. Es zerfallt in zwei Theile. Im Westen ziehen sich bis hart an die fiordenreiche Ktiste des grossen Oceans die patagonischen Cordilleren, von Siiden nach Norden in der Hohe zunehmend, mit einer durchschnittlichen Kammhbhe von 3000', mit vielen Gipfeln fiber 6000, einzelnen mit und iiber 7000'. In der untern Region sind die Gebirge mit reichen Waldungen (Buchen, Birken u. a.) bedeckt. Der Boden an der Westkiiste ist nass, das Klima zwar milde und gleichformig ; aber fast bestandig herrschen Eegen und Nebel und oft brechen furchtbare Stiirme aus. Der Kiiste sind zahlreiche Inselgruppen vorgelagert. Nach Osten fallen die Anden terrassenformig zum baumlosen, ve- getationsarmen , aber an Seen, Siimpfen und Steppen reichen Tieflande herab, welches sich bis zum Atlantik ausbreitet und nur in den tief eingeschnittenen Flussthalern eine reichere Vegetation besitzt. Im Norden sind ausgedehnte Vieh- weiden, eine Fortsetzung der Pampas ; nirgends aber findet sich ein regelmas- siger Anbau. Das Klima ist zwar nicht so streng und unfreundlich , als haufig angenommen wurde, doch sind die Sommer driickend heiss, die Winter kalt. Die Thierwelt ist besonders im Norden stark vertreten , namentlich Pferde und Kin- der, dann Schafkameele (Guanacos), Hasen, Ftichse u. s. w. Das Land be- wohnen wilde und heidnische Indianerstamme, im Allgemeinen Patagonier ge- nannt, welche in viele aber nicht zahlreiche Stamme zerfallen. Sie ernahren sich meistens von der Jagd, einige auch von der Viehzucht und leben in Pfahlhiitten, die mit Pferdehauten gedeckt sind. Sie sind gewohnlich 5'/ 2 bis 6 Fuss hoch, _ 46 I_ kraftig gebaut, gewandte Reiter und Jager. An der Magelhaensstrasse und auf den siidlicheren Inseln wohnen die wenig zahlreichen, auf der niedersten Stufe der Kultur stehenden Peschera'h (oder Yocaifas), die ^Eskimos des Siidens." Nord- amerikanische und europaische Schiffe besuchen bisweilen wegen des Wallfisch- und Robbenfanges die Kiisten Patagoniens. See-Elephanten und Pinguine er- scheinen in grosser Menge an den Kiisen. 2. Ira Siiden der Magelhaens-Strasse liegt der beilaufig 1300 QMeilen grosse Feuerlands Archipel, bestehend aus sieben grossen und einer grossen Menge kleinerer Inseln. Die grosste ist das eigentliche Feuerland; von dieser durch die Strasse Le Maire getrennt, liegt sudlich die Staaten-Insel mit dem briti- schen Wallfischposten Hopparos; die Siidspitze der sudlichsten Insel Hoorn ist das Kap Hoorn. Das Ganze ist ein furchtbar zerrissenes, abschreckendes Inselchaos; imWesten Gebirgsland mit fast bestandigem Regen und Sclmeefall, imOsten wellenfdrmige Ebene, u'ber welcher sich ein heiterer Himmel ausspannt. Die Inseln sind meist bewaldet, vielfach morastig, das Klima kalter als unter gleicher Breite auf der nordlichen Halbkugel. Dieser armen Natur der harten Felsen in ewigem Sturm, Regen und Wind entspricht auch der Mensch. Die zu 2000 geschatzten kulturlosen Pescherahs leben hauptsachlich vom Fischfange, kleiden sich in Robbenfelle, wohnen in Hu'tten, die nur aus Zweigen zusammen- gefiigt oder mit Seehundsfellen bedeckt sind, oder auch, trotz Sturm und Regen, Tag und Nacht im Freien. An 70 Meilen vom Osteingange der Magelhaens-Strasse liegen die britischen Falkland*- (oder Malouinen-) Inseln, an 280 QM. gross. Die zwei grossen heissen West- und Ostfalkland; auf letzterer ist Port William Hauptort der Kolonie. Das Klima ist nicht kalt, doch herrschen fast bestandige Stiirme. Die Inseln sind gebirgig, wasserreich, mit iippigem Graswuchs, aber holzlos; reich an Heerden verwilderter Pferde, Rinder und Schweine. Die Inseln versor- gen die um das Kap Hoorn segelnden Schiffe mit Proviant. Die Gruppen der Aurora -Inseln, Siid-Georgien, das Sandwichland, die siidlichen Orkaden, die Siid-Shetlands-Inseln, welche ostlich und siid- ostlich von den friiher genannten Inselgruppen liegen, sind nackte (2000 7000' hohe) Felseninseln ohne alle Vegetation, theilweise mit Schnee bedeckt, in ewige Nebel gehiillt und von rauhen Stiirmen umtobt. Nur grosse Schaaren von See- vbgeln, Robben und anderen Thranthieren beleben diese Gegenden. 3. Den Siidpol scheint ein Kontinent oder eine Menge grosserer und kleinerer Inseln zn umschliessen ; man bezeichnet die entdeckten Landerstriche mit dem Namen antarktischer Kontinent oder das Slid polar land. Die polarischen Lander und Inseln zeigen die Natur in volliger Erstarrung und Oede. Das Meer fiillen Thranthiere, meistens dem Siidpolarlande eigenthiimliche Arten. Der siid- liche Wallfisch ist vom nordischen vcrschieden ; dei- See-Elephant tritt stattdes nor- dischen Walbrosses auf. Das Pflanzenreich wird nur durch Moose und Flechten, die Thierwelt durch Seevogel und Fettganse (Pinguine) reprasentirt, welche in ungeheuren Schaaren an den Ufern sitzen. Spuren von eingebornen Menschen sind nirgends gefunden worden. Das stiirmische Meer ist sehr tief, und vom (JO U s. Br. mit ungeheuren Eismassen und dicken Nebelu bedeckt. (Die entdeckten Kiistenstriche siehe auf S. 13.) 30* Australian. Australien (auch Polynesien oder Oceanien genannt) 1st der kleinste, mindest bekannte Erdtheil. Man unterscheidet das ,,Festland Australien" (oder Austral-Land, Neu-Hol- land) und die ,,austr al isch e Inselwelt;" auf ersteres entfallen beilaufig 138.000, auf letztere 22.000 QMeilen. . 185. Das Festland Australian. Die horizon! ale Gliederung des Festlandes ist im Norden und Siiden eine relativ geringe; dagegen ist sie im Siidosten un- gemein reich, und die grosse Menge von Buchten und Hafen ist ein Mittelpunkt fur die Schiffahrt der Slid - Hemisphare und der Kolonisation geworden. Ueber die vertikale Erhebung lasst sich wenig Bestimmtes sagen, indem iibcr drei Viertheile des Kontinentes noch ganzlich unbekannt sind , und das von Europaern besuchte Terrain noch mehrfach nicht genau durchforscht worden ist. Aus dem bisher Bekannten geht iibrigens hervor, dass die Bodengestal- tung im Innern nicht jene Einformigkeit aufweiset, die man friiher als vorherrschend annahm. Das Innere ist nicht fast ausschliess- lich Sand- oder Steinwiiste; man hat vielmehr eine mannigfaltige Abwechslung von nutzbaren und nutzlosen Landstrichen gefunden. Im Allgemeinen scheint das Flachland vorzuherrschen ; aus den Kustenlandschaften steigen isolirte Bergketten als Kand- und Kiisten- gebirge auf, die sich jedoch weder durch Mannigfaltigkeit noch durch Grossartigkeit auszeichnen. (Siehe . 41.) Das Festland hat wenig bestandig flies sen de Gewasser; es ist der wasserarmste Erdtheil, dessen lehmiger Boden die ath- mosphiirischen Nicderschlage rasch einsaugt. Alle uns bekannten Fliisse Australiens bieten fast die gleichen Erscheinungen dar. (Siehe . 51.) Die grosse horizontale Ausdehnung (von mehr als 30 Graden) bedingt mehrfacho Verschiedenheiten des Klimas. Man unter- scheidet drei grossere Regionen: das nordliche, ganz tropische Australien umfasst die Nordwest- , Nord- und Nordostkiiste (von 11 25 s. Br.); das mittlere subtropische, in der Siidhalfte des Kontinentes; das sudlich gemassigte (wozu Tasmania und Neu-Seeland gehoren). Im tropischen Australien ist das Wetter durch die Monsune (wie in Indien) bedingt; im subtro- pis chen wechseln die trockene und nasse Jahreszeit ab; oftherrscht grosse anhalteude Diirre, dabei heisser, sengender Wind und Wol- ken von Staub ; nicht ein Grashalm ist da zu sehen , Tausende von Schafen und Rindern gehen da zu Grunde*); in Sud- au s t r a 1 i e n ist das Klima gemassigt und wird trotz der ausserordent- lich schnellen Veranderung der Temperatur fiir sehr gesund gehalten. Der Winter bringt selten Schnee und Eis; dagegen trocknet die Hitze in den Sommermonaten den Erdboden ebenfalls vollstandig au&; *) In Nen-Siid-Wales dauerte die Diirre einmal 4 Jahre (18411844); im Jahre 1813 reguete es in lOMonaten mir 2 Stunden, wodurch ein so grosser Ftittermangel entstand, dass Tausende von Eindern und Schafen zu Grunde gingen. Eine gleiche Diirre hen-schte im Jahre 1851, wo seit 16 Monaten kein erfrischender Regen gefallen war. _469 doch sind weder die Durre noch der heisse Wind so andauernd als in der subtropischen Region. Die starken Regengtisse bringen iibri- gens in wenigen Tagen den iippigsten Pflanzenwuchs hervor. Der Pflanzenreichthuiii ist sehr gross; man hat dort schon fiber 1000 nene Pflanzenarten entdeckt , und an Schonheit der Waldblumen und Bliithen iibertrifft wohl kein Land Australian. Eigentliche Urwalder findet man jedoch nicht; die Baume kommen meist in Gruppen vor. Zu den vorherrschenden weit verbreitetsten Pflanzen gehoren die (bis 180' hohen) Gummibaume, so wohl wegen des Gumrni als wegen der Harte des Holzes sehr geschatzt; dann Akazien, Fichten, Cedern , das Malli-Strauchwerk (Zwerg- Gummibaume), die fur Schafziichtereien wichtige Salzpflanze u. e. w. In Ost- und Siidanstralien gedeihen die europaischen Obst- und Fruchtesorten, Kiichengewachse und Getreide (Weizen, Roggen, Mais etc.). Der Weinbau wird am Hunter und in der Gegend von Adelaide mit Erfolg betrieben. Mit Tabak, Baumwolle und Zucker sind an der Moreton-Bai und anderwarts Versuche gemacht worden ; doch fehlt es noch vielfach an Arbeitskraften. Die Haupt- gewachse Ostindiens kommen aber selbst in den tropischen Gegen- den Australiens nicht vor. Neu-Holland scheint in Bezug auf die Thierwelt vielfach das ,,Land des Widerspruchs" zu sein. Es gibt dort Vogel ohne Fliigel, mit Haaren statt Federn, Vierfusser mit Entenschnabeln, schwarze Schwane, weisse Adler; die Bienen sind ohne Stachel, viele Vogel sind stumm, viele Blumen geruchlos, die Baume geben keinen Schatten , das Holz sinkt im Wasser unter, der Kuckuck schreit bei Nacht , die Eule am Tage u, s. vv. Unter den Vogeln zeichnen sich durch Farbenpracht aus: Papageien, Paradiesvogel, Pfau-Fa^anen, Tauben ; sehr zahlreich sind die Wasser- und Sumpf- vb'gel. Der grosste Vogel ist der Casuar, sehr zahlreich sind die larmenden Kakadu. Grosse Vierfusser und eigentliche Raubthiere gibt es in Australian nicht. Das merkvviirdigste Saugethier ist das in grossen Heerden lebende, von Pflanzen sich nahrende Kanguruh und das kleine fliegende Beutelthier Walloby. Ungemein gross sind die Schaf- und Rindviehheerden in den englischen Besitzungen. Landplagen sind der wilde australische Hund (Dingo) , die Heu- schrecken , welche nicht selten die Pflanzungeu der Kolonisten ver- heercn, und die vielen Stechfliegen (Moskito's). Von den Sauge- thieren des Meeres findet sich vielleicht die Halfte an den Kusten Australiens ; dagegen besitzt das Land kaum den zwanzigsten Theil von den Saugethieren des Landes. Die Urbevolkerung gehort zu den Au stral-N egern (Ne- grito's), dem ausseren Ansehen nach eine Vermischung der ma- layischen mit der athiopischen Race. Im Urzustande sind sie wild, schmutzig, heimtiickisch und boshaft, abschreckend hasslich, mit diirren Beinen und Armen, und weiss und roth tatowirtem Korper. Im Zustande ausserster Rohheit ziehen sie ohne Bekleidung, ohne feste Wohnsitze in kleinen Horden umher, die Befriedigung des Hungers ist fast ihr einziges Lebeneziel ; sie sind der Civilisation unzuganglicher als irgend ein Volk der Erde. Die Versuche, sie fur Ansassigkeit und Bodenkultur zu gewinnen, sowie die Bemii 470 hungen der christlichen Missionare sind bis jetzt vielfach gescheitert; sie verschwinden mehr und mehr aus den kolonisirten Kustenlan- dern und gehen in den Oden Wtisten des Innern dem Untergange entgegen. In ihrer Sprache herrscht unter den verschiedenen Stammen eine grosse Verschiedenheit. Desto starker ist dieEin- wanderung aus Europa und Amerika, namentlich von Englan- dern, Deutschen, Chinesen und Franzosen *). Grossbritannien nimmt die Herrschaft iiber das ganze kontinentale Australien in Anspruch. An der Spitze jeder Kolonie steht ein Gouverneur, ihm zur Seite ein exekutiver und ein legis- lativer Rath; alle administrativen und gerichtlichen Einrichtungen sind denen des Mutterlandes nachgebildet. Die britischen Koloiiien. Diese umfassen vier Gouvernements : 1. Neu- Sud -Wales (266.000 E.): Die Hauptnahrungszweige dieser Kolonie sind Ackerbau und Viehzucht, vor Allem Schafzucht. Im Jahre 1857 waren schon fiber 185.000 englische Acres angebaut; die Zahl der Schafe belief sich (im Jahre 1857) an 7 3 / 4 Millionen, der Kinder iiber 2 Millionen. An industriellen Anstalten ist nur Sydney ziemlich reich, es besitzt Eisengiesse- reien, Maschinenfabriken , Schmelzhiitten, Bierbrauereien, Zucker- siedereien, Gerbereien , viele Miihlen , eine geraumige Werfte, 3 Docks u. a. m. Der Handel der Kolonie ist stets ina Wachsen; die Einfuhr betrug im J. 1856 iiber 3, 43 Millionen ., die Aus- fuhr fiber 5,^ Millionen ., im J. 1857 die Einfuh'r 3. 61 Millionen die Ausfuhr 6, 36 Millionen . Den grossten Werth reprasentiren in der Einfuhr: Brod und Mehl, Spirituosen, Zucker, Bier, Thee, Tabak; in der Ausfuhr Wolle, Schafe, Baumwollwaaren und Gold. Der grosste Verkehr ist mit England und den ubrigen Kolonien. Die Zahl der angekommenen Schiffe belief sich auf 1143, der abgegangenen auf 1219 ; die meisten im Hafen zu Sydney, dann Newcastle, vorherrschend unter britischer Flagge. Zu Anfang des Jahres 1857 besass die Kolonie 60 eigene Darnpfschiffe und eine starke Handelsflotte. Sydney (spr. Sidni, 70.000 E.), auf der kleinen Halbinsel zwisclien Port Jack- son (spr. Dschaks'n) und Botany-Bai; die erste australische Handelsstadt, Mittel- punkt der Dampfschiffahrt und des Wallfischfanges im Siiden , mit ansehnlicher Gewerbsthatigkeit, grossen Gebauden, Universitat, Sternwarte, botanischem Garten, iiberhaupt ini europaischen Geschmacke gebaut und eingerichtet. Eine Eis en- fa ah n fiihrt nach Paramatta, von da nach Liverpool, Campbell-Town und Goul- bourne, in der Mitte grosser Schafereien gelegen. Eine Telegrafenlinie zwi- schen Sydney und Melbourne, und von da nach Adelaide und Tasmania; der Postwagen fahrt iiber Penrith nach Bathurst. Paramatta (12.000) an der Mundung des gleichnamigen Flusses in den Port Jackson; Bathurst (spr. Bads'ort, 6000) am Macquarieflusse , Mittelpunkt reicher Land- und Viehwirth- schaft sowie des bedeutendsten Goldbezirkes der Kolonie ; am Hunter im Koh- lendistrikte siud die aufbliihenden, mittelst Eisenbahn verbundenen Stadte New- castle (spr. Njucass'l) und Maitland (spr. Mehtla'nd); in einer der schonsten *) Die Einwanderung betrug: im Jahre 1857 nach Victoria 62.230 1856 Neu-Siid-Wales 16.001 1855 Siid-Australien 11.471 1856 dto 4177 1856 Tasmania 4988 Die deutsche Einwanderung nach Neu-Siid-Wales hat sehr abgenommen. 471 Kustenebenen Brisbane (spr. Brisbehn), durch den Verkehr mit Sydney iii Holz und Wolle bedeutend; Ophir im Golddistrikte. Ira April 1859wurde Queen's- land (spr. Kwinsland) an der Moreton-Bai von Neu-Siid- Wales getrennt und zn einer selbststandigen Kolonie mit dem Hauptorte Brisbane erhoben. 2. Victoria, friiher ,,das gliickliche Australien," mit einer Gesammtflache von fiber 56% Millionen Acres, wovon erst die Halfte verkauft und darunter nahezu 240.000 kultivirt sind. Vor 20 Jahren war die Bevolkeruug kaum einige Tausend Kopfe stark, jetzt betragt sie fiber T / 2 Million. Hier ist das Land der Gold- graber, deren Zahl gegenwartig iiber hundert Tausend betragt, und stets noch wachst. Die Goldgraber haben jedoch auch Acker- bauer, Viehzuchter, Handwerker und Kaufleute nach sich gezogen. Fur den Erlaubnissschein zahlt der Goldgraber monatlich 10 Schil- ling an die Regierung; dafiir kann er Locher graben, so viele er will, aber keines grosser als 12 Q'. Vom Jahre 1851 bis Ende 1857 wurden aus Victoria 17,831.334 Unzen Gold, im Werthe von fiber 67 V 2 Millionen ausgefiihrt *). Nachst Gold ist bedeutend die Ausfuhr an Wolle, welche jedoch etwas abgenommen hat (5m Jahre 1852 iiber 20, im Jahre 1857 nicht ganz 17V 5 Millionen Pfd.), ferner Talg. Der Handel ist ungemein im Steigen. Im J. 1851 betrug die Ausfuhr 1. 42 Millionen . , und im J. 1857 iiber 15.07 Millionen .; die Einfuhr im J. 1851 nur 1. 05 Millionen ., im J. 1857 dagegen fiber 17. 2 5 Millionen . Fast der Gesammt- verkehr findet mit England und dessen Kolonien statt ; die Zahl der eingelaufenen Schiffe betrug im Jahre 18572190 (mit nahe 700.000 Tonnen), jene der ausgelaufenen 2207 (fiber 684.000 Tonnen). Auch die Zahl der industriellen Etablissements mehrt sich fortwahrend **). Melbourne (spr. Mel'born, im Marz 1859 hatte sie iiber 89.000 E., jetzt an 100,000 E.), ungemein rasch aufbliihende Hauptstadt im (Norden der Bai Port Philipp in sehr fruchtbarer Gegend, -vvichtiger Handelsplatz , insbesondere Aus- fuhr von Wolle, Gold uud Wein ; mit allem europaischen Luxus, zahlreichen ge- lehrten und Handelsanstalten , grossem botanischen und zoologischen Garten ; Post- und Telegraphenverbindung mit Sydney und Adelaide, unterseeischer Tele- graph nach Launceston auf Tasmania, Eisenbahn nach den Golddistrikten von Sandhurst, Dampfschiffahrt u. s. w. ; Williamstown (spr. Uiljams'taun, 5000) Hafenplatz von Melbourne am Port Philipp: Greelong, (an 30.000), am Westende des Port Philipp , vom reichsten Ackerbaudistrikte umgeben und Hauptstapelplatz fiir die zahlreichen Wollenstationen der Kolonie. Im Osten lie- gen die fruchtbaren Kiistenebeneu des ^Gipslandes" mit dem Hauptorte Al- berton; Portland imSiidwesten von Melbourne ; Goldstadte sind : Bal- laret, Bendigo, Sandhurst, Forest Creek. 3. Siid- Aiistra lien (uber 14.800 deutsche pMeilen, iiber 104.000 Einwohner, darunter an 3000 Eingeborne; die Deutschen bilden nahezu '/ 7 der Gesammtbevolkerung). Die Kolonie zeichnet sich besonders durch ihre Bergwerke auf Kupfer und Blei aus. Beriihmt sind die Kupfergruben von Burra-Burra, welche im *) Export aus Victoria: im Jahre 1856 2,762.460 Unzen; 10,987.591 1857 2,555.263 ; 10,921.052 Califoruieu: 1856 ; 10,139.487 1857 ; 9,795.339 1858 ; 9,507.605 **) Im Jahre 1859 besass die Kolonie Victoria : 35 Bierbrauereien , 15 Seife- und Lichterfabriken , 12 Gerbereien , 11 Giessereien , 77 Getreidemiihlen (darunter 61 mit Dampf), 45 Sagemiihlen, 80 Dampfinaschinen (ohue die obigen Damufmiihlen). 473 Jahre 1857 an 274.000 Zentner Kupfererz (mit einem Durchschnitts- gehalt von 25%) lieferten , das Kapund a - Bergwerk lieferte (1857) iiber 80.000 Zentner Erz. Bei der eersten Grube ist zwar ein Schmelzwerk errichtet, doch gcht das meiste Erz nach England (Swansea in Wales). Der Hafen zur Verschiffung der Kupfererze ist Port Henry. Aucfr die Blei- und Silberbergwerke sind von Bedeutung ; die Ausbeute der ersten war (im J. 1857) iiber 12.000 Zent- ner, der zweiten iiber 90.000 Unzen. Besonders beliebt sind die deutschen Grubenarbeiter. Der Ackerbau wird sehr stark, namentlich von den Deutschen, betrieben. Im Jahre 1857 waren nahe an 236.000 Acres angebaut. Weizen bildet die Hauptfrucht, und die Mehlausfuhr belief sich im mehrgenannten Jahre iiber 580.000 Zentner. Unter den 70 Getreidemiihlen werden 63 mit Dampfkraft betrieben. Ohne je gedungt zu werden, hat der Boden noch nie eine eigentliche Missernte geliefert; erst jedes dritte Jahr wird der Acker ordentlich umgepfliigt und beeaet. Die Viehzucht ist geringer, als in Victoria, doch in Aufnahme; dessgleichen meh- ren sich die industriellen Unternehmungen. Zum Export gelangen Wolle, Mehl, Kupfer und andere Metalle; im Jahre 1857 betrug die Einfuhr fiber 1. 4 , dieAusfuhr iiber 1. Millionen . Ansehnliche Orte sind: Adelaide (25.000) nahe derMiindung des Torrens in den St. Vincent-Golf, schb'n gebaut, mit mehreren Schulen (auch eine deutsche hohere Burger schule), Haupthandelsplatz der Kolonie. Zum Hafen Port Adelaide fuhrt eine Eisenbalm, wo sich das Zollhaus, eine Schiffswerfte, Waa- renmagazine u. s. w. befinden. Andere Hafenplatze sind : Port Henry (fur die Ausfuhr von Kupfererz), Port Wakefield (fur Kupfererz und Wolle), Port Robe (fur Wolle), Port Elliot (fur Mehl). Am Siidende des Golfes St. Vin- cent liegt die Insel Kanguruh (92 QM.). Viele Kanguruhs. Ansiecllung Kingscote fiir Eobben- und Wallfischfanger. 4. West-Australien (45.000 QMeilen, 13.400 Einwohner). Das grosse westliche Kiistenland besteht grossentheils aus sandigem Flachlande oder steilen Diinen, hat weder gute Hafen noch grosse Fliisse, und ist zur Kolonisation minder geeignet. An gutem Weide- land fehlt es nicht, auch gibt es einige Striche guten Ackerlandes, sowie man Spuren von Metallreichthum findet. Hauptort ist P e r t h (3000) am Schwanenfluss mit einigem Handel, der sich jedoch mehr in der Ha- fenstadt Freeman tie (sp^r. Frihmantl, 3000), an der Miindung des Schwanenflusses, concentrirt. Andere Hafenplatze sind Albany und Guildford. Zwischen diesen Orten und Perth besteht eine Dampf- bootverbindung; Perth, Freemantle und Albany treiben Wallfischfang. Am obern Schwanenflusse ist die Stadt York begriindet worden. 5. Nord-Australien. In den Jahren 1824 und 1826 ist eine Ansiedleung an der aussersten Spitze der Nordwestkiiste gegrundet worden; allein die Niederlassungen auf den Inseln Melville und Bathurst mussten wegen des ungesunden Klima's und Mangels an frischen Lebensmitteln (im Jahre 1829) aufgelassen werden. Im Jahre 1831 wurde ostlich von Melville auf der Halbinsel Co- burg der Ort Victoria am Port Essington begriindet; allein auch diese vereinsamte Station wurde spater aufgegeben. (Im J. 1857 bewilligte iibrigens die britische Regierung die Summe von 5666 . fiir Nord-Australien ; es ware demn ach moglich, dass man die Station doch noch beizubeh alien wiinscht). 473 . 186. Die australischcn lust-In. A. Der innere In s el giir t el. 1. Tasmania *), eine britische Insel, durch die 32 Meilen breitc Bass-Strasse von der Siidspitze des australischen Kontinentes getrennt, ist etwa 1150 Q M. gross, hat auf alien Seiten schone und sichere Steilkiisten, namentlich gehoren die Hafen dor stark gegliederten Sudostkiiste zu den besten der Erde. Die Oberflache zeigt einen Wechsel von rauhen Gebirgslandern (Western-Mountains, Benlomond 4700', Huraboldt 5200') und reich bewasserten, fruchtbaren Hochebenen; Der went, Ta- mar und Arthur sind die grb'ssten Fliisse; die Form des Flachlandes fehlt. Das Klima ist ahnlich dem von Siiddeutschland , obgleich niehr dem Wechsel unter- worfen. Die Vegetation ist viel frischer und iippiger als auf dem Festlande. Von den ungefahr 16 Millionen Acres, welche Tasmania besitzt, ist das meiste Wald- land ; iiber 2 Millionen Acres sind Weideland, wahrend kaum 20,000 Acres ange- baut sind ; doch wird an Weizen noch fiir den Export (nach Victoria) gewonnen. Die Zucht der Schafe, Kinder, Schweine und Pferde ist sehr im Zunehmen. An Mineralien findet man Eisen, Kupfer, Blei, Silber, Gold und Steinkohlen (zu Fingal). Die A u s f u h r geht zumeist nach dem australischen Kontinent und England, und umfasst Bauholz, Schafwolle, Getreide, Wallfischthran, Seehundsfelle u. s. w., welche im Jahre 1856 an 700,000 betrug; die Einfuhr aus England und den Kolonien erreicht den Werth von fast I 1 /, Millionen . Im Ma'rz 1857 war die Bevblkerung schon iiber 80,000 und hatte wahrscheinlich keine Eingebornen mehr (im Jahre 1815 zahlte man noch 5000 Eingeborne, im Jahre 1835 nur noch 210 und im Jahre 1854 nur mehr 16). Ansehnlichere Orte sind: Hobarton (oder Hobarttown, 20,000) , die modern und geschmackvoll gebaute Hauptstadt, liegt am Fusse des Tafelberges (3064') und am Derwent, nicht weit von dessen Mundung in die Sturmbai ; der Hafen ist sehr giinstig fiir die Wallfisch- und Seehundfanger der Stidsee. Ausser mehreren Thran- brennereien gibt es hier Bierbrauereien, eine grosse Tuchfabrik u. a. ; Launceston (8000), Binnenstadt am Tamar, Stapelplatz fiir den Nordtheil der Insel. Der AVest- theil enthalt ausser einzelnen Stationen noch das Gebiet der Agrikulturgesellschaft von Tasmania, welche die Viehzucht in grossem Umfange betreibt. In der Bass- Strasse sind die Inseln (Flinders-, Kings-Insel u. a.) Stationsplatze fiir den W T all- fisch- und Robbenfang. 2. Ncu-Seeland, eine Doppel-Insel, gehbrt den Brit en. Die Nord-Insel (Neu-Ulster, von den Eingebornen Ikanamawi oder Ainornawi genannt) ist durch die Cook's-Strasse von der Siid-Insel (Neu- Munster, Punamu oder Tawai) getrennt; im Siiden der letzten liegt die Ste- wart- (spr. Stjuh'b'rd) Insel. Der Flacheninhalt betragt 2853 Q Meilen, wo- von 1200 auf die nb'rdliche, 1653 auf die beiden siidlichen kommen. Die Ge- sammtbevblkerung wird auf etwa 200,000, darunter die europaische auf 50,000 (im Jahre 1858) angegeben. Die Nord-Insel ist an der Ostkiiste stark gegliedert. Die Nord-Halbinsel ist niedere Hochebene, das Uebrige ein von Fliissen zerschnittenes Langengebirge, mit schneebedeckten Bergriicken. Die hbchsten Gipfel sind: Berg Egmont (8290'), Ruapahu und Tongariro. Von den zahlreichen Vulkanen (Dr. Hochstet- ter fand deren iiber 60) ist (ausser dem Tongariro) keiner tha'tig; dagegen gibt es eine Menge Solfataren, Dampfhohlen, Seen mit heissem Wasser und heisse Quellen. Fruchtbare Landstriche liegen nur vereinzelt ; Waldungen und Farren- krauter bilden den Pflanzencharakter des Landes. Hauptort ist Auk land (10,000) mit dem Sitze der Regierung, sehr gutem Hafen uud lebhaftem Seehandel; Kororarika ist der Hauptsammelplatz der Wallfischfanger ; Wellington (6000) bliiht rasch empor. Die Siid-Insel hat eine hafenreiche Ostkiiste mit fruchtbaren Thalern und gi-asreichen Ebenen bis an das Bergland im Innern, aus welchem sich schnee- bedeckte Gipfel erheben. Die hbchst eigenthiimliche Vegetation weisct indische, australische und siidamerikanische Pflanzen auf. Unter den Baumen zeichnen sich die Fichten durch ungewohnliche Grosse und Starke aus. Der neuseelHndi- sche Flachs ist beriihmt. Europaische Kulturpflanzen gedeihen vortrefflich. Land- thiere sind reich vertreten; der Fischfang ist ansserst ergiebig. Auch an Mine- *) Der seitherige Name n Van Diemen's-Land" wurde im Jahre 1855 von der britischen Regierung in Tasmania umgeandert, zu Ehren des ersten hollandischen Entdeckers Abel Jansen Tasman (1642), und weil auch schon im Norden von Australien ein Van Diemen's-Land liegt. 474 ralien ist Neu-Seeland reich; Steinkohlen und Eisen werden auf der Nord-, Ku- pfer und Gold auf der Sud-Insel gefunden. Das Klima ist oceanisch; milde Winter, kuhle Sommer; Nebel und Orkane haufig. Das Thermometer sinkt sel- ten auf -4-6 und steigt nicht leicht iiber + 24" R. Orte sind: Nelson (9000); Canterbury (7000) au der Ostkiiste, starke Ausfuhr von Wolle; die schottische Kolonie Ottago (4000), gleichfalls an der Ostkiiste. Auch die Stewart- Insel ist bewohnt, und reich an Borstenvieh und Gefliigel. Englisch sind ferners mehrere Inseln und Gruppen, die um Neu-Seeland her zerstreut sind. (Kermandec-, Chatam- [spr. Tschattamm] Inseln , dann Bounty [spr. Baunti), Campbell, Macquarieu. a. m. Die meisten sind unbewohnt, nur Stationsplatze fiir Wallfisch- und Robbenfanger.) 3. Das franz&sisrhe GouviTiieinent Ncn-Caledonicn mit der gleichnamigen Insel und dem Hafen Balade (Porte de France), dann den Loyalty- (spr. Leualti) Inseln, von Menschenfressern (Papuas) bewohnt, an denen die Bekeh- rungsversuche der franzosischen Missionare nur sehr geringe Fortschritte machen. Auf den Loyalty-Inseln waren Gotzendienst und Menschenfresserei im Jahre 1855 schon ausgerottet. 4 Die nt'uen Hebriden sind hohe Gebirgs- und Wald-Iiiseln, die Kiistenstriche nieder uud ausserordentlich fruchtbar. Im Innern Vulkane und heisse Quellen. Die Bevb'lkerung bilden Papuas, wilde Menschenfresser. Auf einigen Inseln hat das Christenthum Eingang gefunden, auf den meisten aber, ist der Boden mit Martyrer- blut gediingt. Die grosste Insel istEspiritu Santo oder n Heiligen-Geist-Insel." 5. Archipel von Santa Ouz. Die grosseren Inseln sind gebirgig mit thatigen Vulkanen, die kleineren Flachholme, von Korallenriffen umgeben. Es gedeihen Pisang , Kokospalmen , Bataten und andere tropische Gewachse. Die Bewohner sind Papuas. Die grossten Inseln sind Nitendi und Santa Cruz. 6. Die Salomons- Insoln, noch sebr ungeniigend bekannt, ziehen sich in zwei Reihen. Die grosste ist Bougainville (dann: Choiseul, Isabel, Malay ta, Neu- Georgia, Guadalcanal, San Cristoval). Alle Inseln sind gebirgig, zum Theil vul- kanisch (Lamas 8000'); die Vegetation ist reich und iippig. Die Schiffahrt ist wegen der zahlreichen Korallenriffe sehr gefahrlich. Die menschenfressenden Papuas sind im Verkehr mit den Europaern schlau und hinterlistig , im Kampfe muthig und tapfer. Vor wenigen Jahren sind alle katholischen Missionare (aus Frankreich) grausam ermordet worden. 7. Neil -Britannien besteht aus mehreren grosseren und kleineren Inseln (iiber TOO O Meilen) , welche meist gebirgig und waldig', zum Theil vulkanisch sind. Ueppige Tropenvegetation, zahlreiche Thierwelt. Die Bevolkerung gehort dem Stamme der Papuas an, unter denen sich katholische Missionare (aus Italien) angesiedelt haben. Die grossten Inseln sind :Neu Britannien (oder B i r a r a) und Neu-Irland (oder Tombara). 8. Die Admiralitiits-Inseln, eine grossere, die Admiralitats-Insel, undviele kleinere, theils hohe und waldige Inseln, theils flache Koralleneilande, im Ganzen noch wenig erkundet. Die Bewohner sind menschenfressende Papuas. 9. Die Louisiade, eine Kette bergiger, von Papuas bewohnter Inseln, die sich als Fortsetzung von Neu-Guinea nach Ostsiidost ziehen. Die Gruppe ist noch die unbekannteste, kein europaisches Schiff hat hier noch gelandet. 10. Non-Guinea (auf 12.600 n Meilen geschatzt). Die Insel besteht aus einer kom- pakten Masse im Innern, von welcher 2 weitgestreckte Halbinseln nach Westen und Osten auslaufen ; die erste Halbinsel ist der bekanuteste Theil von Neu- Guinea, sonst kennen wir nur erst einzelne Stellen der Kiistenrander. Diese sind iiberall mit dichten Waldern bedeckt und zeigen die iippigste Vegetation. Unter der Thierwelt sind bemerkenswerth die prachtigsten Vogel der Erde (Paradies- vogel, Korntaube). Das Innere scheint ein hohes Gebirgsland zu sein. Die un- gemein hasslichen Papuas und Alfurus sind Menschenfresser , kriegerisch , doch stehen sie im Westen mit den Niederlandern und Chineseu im Handelsverkehr. Die Niederlander nehmen den Westtheil der Insel in Anspruch , und habeii (im August 1858) wieder eine Expedition dorthin abgeschickt, um die Insel wis- senschaftlich zu erforschen und zu kolonisiren. Im Hafen von Dorey (Dori) an der Nordwestkttste der Geelvinks-Bai soil ein Fort angelegt werden. B. Der aussere Inselgiirtcl. 1. Die Pelew- (Palaos-) Inseln (im Norden von Neu-Guinea, im Osten von den Philippinen). Die Gruppe besteht aus mehreren Attols, welche grossere und kleinere Inseln umschliessen. Die grosste ist Babethuap. 475 2. Die Marianen oder Ladronen (spanische Kolonie, etwa 57 n Mei ' cn mit 5500 Einwohnern). Von den 17 von Norden nach Suden sich ziehenden Inseln sind nur Guahan und Rota (die siidlichsten) bewohnt. Die siidlichcn sind fruchtbare, hugelige Kalkeilande, an den flachen Kiisten mit Korallemiffen um- geben, hinter denen schone Hafen liegen; die nordlichen sind steil , bergig und vulkanisch. Die Bewohner (ein Gemisch von Ureinwohnern der Philippinen, Spaniern und Indianern aus Peru, Ureinwohner gibt es nicht mehr) treiben Landban. Hauptort ist Agana (auf Guahan, 2000 Einwohner). 3. Die Carolinen, an 400 grossere und kleinere Lagunen-Inseln von korallinischer Natur. Auf mehreren erheben sich Vulkane. Das Hauptgewachs ist der Brod- fruchtbaum. Die Einwohner, malayischer Race, stehen unter kleinen KSnigen, zeichnen sich durch Handelsverkehr (nach Guahan) und kuhne Seefahrten aus, und sind friedlicher Natur. 4. Der Lord Mulgrave's-Archipel (oder anch ,,Central-Archipel'-) besteht aus 2 Inselgruppen : 1) die Marschalls-Inseln, welche aus 2 parallelen Reihen von Attols (einer ostlichen und einer westlichen Reihe) bestehen, und deren Bewohner als freundlich und milde geschildert werden. 2. Die Gil- berts -Inseln zerfallen in eine n5rdliche und eine sudliche Reihe. Die hochste dicser Korallen- Inseln ragt nicht iiber 20' iiber den Meeresspiegel. Die Vege- tation ist durftig; die Bewohner sind wie auf den Marschalls-Inseln, stehen jedoch in fast ear keinem Verkehr mit den Europaern. 5. Die Schiffer-Inseln (oder Sam o a- Inseln, Navigat or en), alle vulkanischen Ursprungs , hoch und bergig, die KQsten steil und sicher, KorallenrifFe selten. Die grSsste (westllchste) ist Sawaii; die wichtigste am meisten bevolkerte Insel ist Upolu. Ueberall frucbtbarer Boden, prachtvolle Tropenwalder. Die Be- wohner sind (in den letzten 30 Jahren) fast sammtlich zum Christenthume bekehrt worden; es bestehen zahlreiche katholische Kirchen und protestantische Bethauser, 150 Wochen- und 147 Sonutagsschulen. ..Die Leute verlangen nur Missionare, Biicher, Federn, Tinte, Schreibtafeln und Papier ; es ist vergeblich, Flinten und Pulver zu Markte zu bringen" lautete der Bericht eines englischen Capitains. (3, Die Frenndschafts- Inseln oder die Tonga- Gruppe sind meist niedere Korallen -Inseln, einige darnnter jedoch hohe vnlkanische Gebirgsinseln , mit reicher Vegetation und grosser Fruchtbarkeit. Sie zerfallen in drei Grnppen. In der nordlichen ist Vavao die gr6sste, in der mittleren Namuka, in der sudlichen Tongatabu mit dern Hauptorte Nikualofa. Die Bewohner waren unter alien Inselv61kern des Oceans in der Kultur am meisten vorgeschritten. Sie leben in kleinen Staaten , treiben Feldbau, Fischerei, zeichnen sich durch nicht geringc Kunstfertigkeit aus, und sind fast sammtlich Christen, welche zahl- reiche Gotteshauser haben. Auf den nSrdlicben und mittleren sind uberwiegend Protestanten , auf der siidlichen Katholiken. 7. Der Fidschi-Archipel besteht aus vielen Inseln, von denen die grosseren vul- kanisch und gebirgig, die kleineren Koralleninseln sind. Unter der uppigen Tropen- vegetation bildet das Sandelholz den ansehnlichsten Artikel. Die Bewohner treiben Landbau und leben in vielen kleinen Staaten. Das Christenthum gewinnt stets an Ausbreitung und mit ihm Civilisation und Kultur. Die grSsste Insel ist W i t i - L e w u. Die Walli s -Inselgruppe mit der prachtvollen Vegetation steht unter dem Protektorate Frankreichs. 8. Die Cooks- (spr. Kuhk's) Inseln (oder Hervey-Gruppe) sind niedere Koralleninseln, nur die Hauptinsel Rarotonga ist gebirgig und vulkanisch, mit breiten, sehr fruchtbaren und gut bewasserten Kustenebenen , die bewohnt und angebaut sind. Die Bewohner sind zum Christenthume bekehrt, treiben Landbau, verfertigen hiibsche Zeuge, europaische Gerathschaften, Kleider, kurz, schreiten in der Kultur rasch vorwarts. Die ganz gleichen Verhaltnisse finden sich auf dem Tubai-Archipel oder den Austral-Inseln. f. Die ftesellschafts- (oder Societats-) Inseln oder Tahiti - Archipel. Alle Inseln sind hoch und bergig, vulkanischer Natur, von Korallenriffen umge- ben. Von den fruchtbaren, gut angebauten Kustenebenen steigt das Land in Ter- rassen bis zu den dichtbewaldeten Gebirgen hinan. Die Vegetation ist ebenso iippig als prachtvoll, das Klima angenehm und gesund , der Reichthum an Kul- turpflanzen sehr gross. Diesem freundlichem Gemalde entsprechen auch die gast- lichen milden Bewohner. Das Christenthum hat milde Sitten und Redlichkeit er- zeugt ; Menschenopfer und andere Grauel und Laster sind verschwunden ; kurz, die beseligenden Wirkungen des Christenthums treten bier besonders lebendig 476 hervor. Es gibt schon zahlreiche Kirchen, Schulen, Buchdruekereien fiir Biicher in der Landessprache, hiibsche Hauser und Orte, Fabriken , religiose, politische und burgerliche Gesetze , ein regelmassig gerichtliches Verfahren u. s. w. Und so grosse Erfolge sind seit der Bekehrung des verstorbenen Kb'nigs Poraare II. im Jahre 1813 erzielt worden ! Jetzt ist es ein geordnetes, christliches Konigreicli. Die bedeutendsten Inseln sind; Tahiti, Maitea und Eimeo. Die Hafenstadt Papaiti (oder Papiti) ist Sitz des franzosischen Gouverneurs , da Frankreich iiber die b'stliehe Gruppe der Inseln (,,uber demWinde") das Protektorat ausiibt. Die Konigin (Pom are) herrscht unumschrankt noch iiber die westliche Gruppe (Inseln n unter dem Winde") und residirt zu Utumadro auf derlnsel Eajatea. 10. Pauinotu-Archipel (auch r Perlen -Inseln," n Niedrige" oder r Gefahr- liche Inseln"). Dieser Archipel besteht aus etwa 80 Attols , welche kleine, langliche Inseln einschliessen. Alle sind sehr flach , der Boden ist sandig und kalkig mit diinner Erdschichte und leidet Wassermangel. Bei der sparlichen Vegetation leben die Bewohner, welche im Ganzen den Tahitiern ahnlich sind, kiimmerlich vom Fischfang oder dienen den Schiffen in diesen hochst gefahrli- chen Gewassern. Die ansehnlichste ist die vulkanische Insel Pitcaire, welche jedoch nuran zwei Puncten eine Landung zulasst. Die Gam bier- oder Ma n- gareva-Gruppe stehtunter franzb'sischem Protektorate ; die Bewohuer sind romisch-katholisch. 11. Die Mendaiia- oder MarqiiesaK-Inseln sind franzosiscb.es Besitzthum. Die siidliche Gruppe heisst Marquesas- oder Nukahiwa -, die nb'rdliche W a s h i n g t o n - Archipel. Es sind durchgehends gebirgige, vulkanische Inseln mit heissem, doch gesimdem Klima. Im Innern gibt es gut bewasserte , fruchtbare Thaler mit heniicher Vegetation ; die Landschaften sind dicht bevolkert von den schb'nsten und kraftigsten aller Oceanier ; sie sind jedoch wild, kriegerisch , der Kultur fast unzuganglich und Menschenfresser. Nur ein geringer Theil ist zuin Christenthume bekehrt und dadurch fiir die Civilisation zuganglich gemacht wor- den. Der Hauptverkehr ist in Tahuata auf Nukahiwa concentrirt. Zwei Inseln sind zu franzosischen Deportationsorteu bestimmt. 12. Der Sandwich- (spr. Sanduitsch) Archipel (oder Hawaii -Inseln). Diese Gruppe besteht aus 14, darunter 4 grosseren Inseln ; alle vulkanischer Gebirgs- natur, mit Steilkusten aber wenig guten Hafen. Die grbsste Insel Hawaii oder Owaihi (187 Q Meilen) ist im Innern Hochland, welches im Westen steil zur Kiiste abfallt, gegen die iibrigen Kiisten aber sich zur fruchtbaren Ebene senkt. Das Hochland ist waldig, die Thaler dagegen sind fruchtbar. Aus der Hochebene erhebenj sich die machtigsten thatigen Vulkane der Siidsee : Maun a K e a (12.800'), Mauna Roa (12.000') Hualai u. a. ; auf der Insel Maui erhebt sich der Halaa Kala (10.000). In dem gleichf b'rmig tropischen Seeklima gedeihen Tro- pengewachse, sowie eingefiihrte Pflanzen ; auch sind alle europaischen Hausthiere einheimisch geworden. Die Bevb'lkerung ist (seit dem Jahre 1820) fast ganzlich zum Christenthmne bekehrt und fiir die europaische Bildtuig gewonnen worden, welche ungemeine Fortschritte macht. Die Inseln bilden ein christliches Erb- kb'nigreich mit europaischen Staats-Einrichtungen. Landbau, Viehzucht, mehrere Gewerbe und Handel werden mit Erfolg betrieben ; namentlich ist die giinstige geographische Lage auf dem Wege von Amerika nach China fiir den Seeverkehr von hoher Bedeutung. Zahlreiche Schuleu, nach europaischem Muster , erfreuen sich ernes wahrhaften Zudranges von Jung und Alt ; christliche Biicher und Zei- tungen erschehien in der Landessprache ; kurz, der ausgestreute Same des ver- edelnden und beseligenden Christentluuns tragt schon in so kurzer Zeit segensreiche Friichte. DieHaupt- und Eesidenzstadt Honolulu (12.000) auf der Insel Oahu ist ganz europaisch eingerichtet. Das Eegierungsgebaude, das Reprasentauten- haus, der Kbnigspalast, zahbreiche Kirchen, Kaufladen, das Waisenhaus, die Forts zeichnen sich durch die Bauart aus. Der Handel der Siidseeinseln concentrirt sich inimer mehr in dieser Stadt. La bain a, auf der Insel Maui, 10000 Ein- wohnerii, ist nach Honolulu der grosste Handelsplatz ; in der n Hohen Schule" werden die europaischen Wissenschaften gelehrt. Ausserdem gibt es zahlreiche Ortschaften iind Missions-Statiouen. 13. Vollig i.solirt und am weitesten gegen Osten liegen : die Oster-Iusel und Sala V Gomez. Die Erste ist eine gebirgige, vulkanische, schwer zugangliche Insel, deren Bewohner (etwa 2000) ziemlich regelmassige Wohntiugen und Pflan- zungen haben, Korbe und Zeuge verfertigen ; die Zweite n ragt aus den Fluthen ein Steingestell, ohn' alles Gras und Moos"; nur zahllose Schwarme von See- vogeln haben hier ihren Aufenthalt. I n halt. Scite Kiiilcitiing. . 1. Allgemeine Vorbegriffe 1 I. Astronomischc (icogrnphic 2 9 A. Die Erde als mathematischer Korper. .2. Vorbegriffc S. 2. . 3. Grossenverhaltnisse S. 3. .'4. Entfernung einzelner Punkte auf der Erdoberflache S. 4. B. Das Verhaltniss der Erde zur Sonne. . 5. Vorbegriffe S. 6. . 6. Bewegung der Erde S. 6. . 7. Tages- und Jahres- zeiten S. 7. . 8. Das Planetensystem S. 8. II. Topisohe (icograpliie , 1067 . 9. Kaumliche Verhaltnisse im Allgemeinen S. 10. . 10. Die Meeresraume im Allgemeinen S. 10. .11. Die Landmasse im Allgemeinen S. 11. A. Beschreibung der Meere. . 12. Das nordliche Eismeer S. 12. . 13. Das siidliche Eismeer S. 13. . 14. Der indische Ocean S. 13. . 15. Der atlantische Ocean S. 14. . Ifi. Der grosse Ocean S. 17. B. Beschreibung der Erdtheile. . 17. Die horizontale Glie- dernng Europas S. 18. . 18. Die horizontale Gliederung Asiens S. 18. . 19. Die horizontale Gliedertmg Afrikas S. 19. . 20. Die horizontale Gliederung Amerikas S. 19. .'21. Die horizon- tale Gliedemng Australiens S. 20. . 22. Die horizontale Gliede- rung der Erdtheile im Allgemeinen S. 20. .23. Die vertikale Gliederung S. 21. . 24. Die vertikale Gliederung von Europa S. 22. . 25. Uebersicht des europaischen Gebirgslandes (a. Im kontinentalen Dreiecke) S. 22. . 20. Fortsetzung (A. Die| ge- trennten Gebirgsglieder Europas) S. 32. . 27. Das Tiefland von Europa S. 34. . 28. Die vertikale Gliederung von Asien S. 34. . 29. Das Hochland von Hinter-Asien S. 35. . 30. Das Hochland von Vorder- Asien S. 36. . 31. Die getrennten und auslaufenden Gebirgsglieder in Asien S. 36. . 32. Die Stu- fen- und Tief-Lander in Asien S. 38. . 33. Die vertikale Glie- derung von Afrika S. 38. . 34. Hoch-Afrika S. 38. . 35. Die getrennten Gebirgsglieder in Afrika S. 39. . 36. Die Tief- und Stufen-Lander in Afrika S. 40. . 37. Die vertikale Gliederung von Amerika S. 41. . 38. Die Cordilleren S. 41. . 39. Die getrennten Gebirgsglieder von Amerika S. 44. . 40. Die Tief- lander in Amerika S. 45. .41. Die vertikale Gliedemng von Australien S. 45. C. Beschreibung der Gewasser des Festlandes. .42. Vor- begriffe S. 46. .43. Das Flussgeader in Europa S. 48. - . 44. Landseen von Europa S. 57. . 45. Das Flussgeader in Asien S. 58. . 46. Landseen von Asien S. HI. . 47. Das Flussgeader in Afrika S. 61. .48. Landseen in Afrika S. 63. . 49. Das Flussgeader in Amerika S. 63. . 50. Landseen von Amerika S, <>6. . 51. Die GewSsser von Australien S.67. Seite III. Physische Geographie. . 52. Vorbegriffe 68-89 A. Die Luft. .53. Allgemeines S. 68. .54. Geographische Ver- breitung der Warme nach horizontaler Ausdehuung S. 68. . 55. Geographische Vertheilung der Warme in vertikaler Kich- tung S. 70. . 56. Winde S. 70. . 57. Lufterscheinungen S. 72. B. Das Wasser. .58. Zur Physik des Oceans S. 74. . 59. Die Bewegungen des Meeres S. 75. . 60. Einige der gebrauch- lichsten, auf die Schiifahrt beziiglichen Seemanns-Ausdriicke S. 77. C. Das Land. . 61. Der Ban der Erdrinde S. 80. . 62. Ver- breitung der Miner alien S. 81. . 63. Die vulkanische Tha- tigkeit der Erde S. 81. . 64. Physische Beschaffenheit des Flachlandes S. 83. .65. Geographische Verbreitung der Pflan- zen S. 84. . 66. Geographische Verbreitung der T hi ere S. F~. IV. Polftische Geographie. : 9096 . 67. Die Bevolkerung der Erde im Allgemeinen S. 90. . 68. Die Bevolkerung der Erde nach ihren korperlichen Verschie- denheiten S. 90. . 69. Die Bevolkerung der Erde nach ihren feistigen Verschiedenheiten. 1. Die Sprache S. 91. 70. 'ortsetzung. 2. Die Eeligion S. 92. . 71. Fortsetzung. 3. Der Kulturgrad S. 93. . 72. Schluss. 4. Die Staatsverhalt- nisse S. 94. Staaten von Europa Das Kaiserthum Oesterreich . 97183 A. Die Monarchic im Allgemeinen. . 73. Lage, Grenzen, Grosse S. 97. . 74. Bestendtheile der Monarchic S. 97. . 75. Bodenverhaltnisse und Klima im Allgemeinen S. 98. . 76. Gewasser S. 101. . 77. Fortsetzung S. 105. . 78. Be- volkerung S. 106. . 79. Kulturverhaltnisse im Allgemei- nen S. 106. B. Die einzelnen Bestandtheile der Monarchic. .80. Nie- derosterreich S. 109. . 81. Oberosterreich S. 113. . 82. Salzburg S. 115. . 83. Steiermark S. 117. . 84. Karnten S. 121. . 85. Krain S. 124. . 86. Kiistenland S. 127. . 87. Tirol und Vorarlberg S. 130. . 88. Bohmen S. 133. . 89. Mahren S. 139. . 90. Schlesien S, 142. . 91. Gali- zien S. 145. . 92. Bukowina S. 150. . 93. Dalmatien S. 152. . 94. Kroatien und Slavonien S. 156. . 95. Militargrenze S. 159. . 96. Serbien und Banat S. 163. . 97. Ungarn S. 165. . 98. Siebenbiirgen S. 174. . 99. Das Lombardisch- Venetianische Konigreich S. 178. Dentschland 183253 A. Deutschland im Allgemeinen. . 100. Bestandtheile. Be- volkerung S. 183. . 101. Bodenverhaltnisse und Klima im All- gemeinen S. 185. . 102. Gewasser S. 186. . 103. Kulturver- haltnisse im Allgemeinen S. 188. B. Die einzelnen Staaten Deutschlands. . 104. Baiern S. 190. . 105. Wiirttemberg S. 195. . 106. Baden S. 198. . 107. Liechtenstein S. 201. . 108. Kurhessen S. 202, . 109. Hessen- Darmstadt S. 204. . 110. Hessen - Homburg S. 206. . 111. Nassau S. 206. . 112. Frankfurt am Main S. 208. .113. Waldeck S. 209. .114. Luxemburg und Limburg S. 210. . 115. Sachsen S. 210. . 116. Sachsen- Weimar- Eisenach S. 215. . 117. Sachsen-Meiningen-Hildburg- hausen ' S. 216. . 118. Sachsen - Koburg - Gotha S. 217. - _479 Seite . 119. Sachsen-Altenburg S.218. . 120. Schwarzburg-Sonders- liausen S. 219. . 121. Schwarzburg-Rudolstadt S. 220. . 122. Reuss-Greiz S. 220. . 123. Reuss-Schleiz S. 221. . 124. Preussen S. 222. . 125. Hannover S. 231. . 126. Oldenburg S. 236. . 127. Braunschweig S. 238. . 128. Lippe-Dettmold S. 241. . 129. Lippe-Schaumburg S. 242. . 130. Anhalt- Dessau-Kothen S. 242. . 131. Anhalt - Bernburg S. 243. . 132. Mecklenburg - Schwerin S. 244. . 133. Mecklenburg- Strelitz S. 246. - . 135. Liibeck S. 247. - . 136. Bremen S. 249. . 137. Hamburg S. 251. Die Schweiz 253263 Italienische Staaten 263274 Das Konigreich Spanien 275282 Das Konigreich Portugal 282285 Das Kaiserthum Frankreich 285303 Das Konigreich Belgien 303309 Das Konigreich der Niederlande 310315 Das Konigreich Grossbritannien 316 332 Das Konigreich Danemark 332336 Die Konigreiche Schweden und Norwegen . . 336342 Das Kaiserthum Russland 342362 Republik der jonischen Inseln 362364 Das Konigreich Griechenland 364368 Das osmanische Kaiserreich 368374 Staaten von Asieil. Staatenbildungen ; die Staaten Asiens 375 Die asiatische Tiirkei 376382 Arabien 382384 Iran (Persien S. 384; Afghanistan und Beludschistan S. 386) 384-387 Vorder-Indien 387393 Hinter-Indien 393395 Indischer Archipel 395398 China 398402 Japan 402 404 Turkestan 404405 Asiatisches Russland 405408 Staaten von Afrika. Staatenbildungen 409 Vicekonigreich Aegypten (Aegypten, Nubien init Senaar und Kordofan) 409 Habesch oder Abyssinien 413 Die Berberei (Tripolis und Tunis S. 414, Algier S. 415, Marokko S. 416) 414 Die Sahara 417 Sudan oder Nigritien 419 Lander und Staaten an der Westkiiste (Senegainbien S. 421, Ober- Guinea S. 421, Nieder-Guinea S. 422) 421 Das Kapland 423 Lander und Staaten anlder Ostkuste (Kafern-, Suaheli- und Somal- Land) 424 Das siidafrikanische Hochland 425 Die afrikanischen Inseln . . . 425 480 Seite Staatcn von Amerika 427 A. Nord-Amerika. . 174. Gronland S. 427. . 175. Das bri- tische Nord-Amerika S. 427. . 176. Das russische Nord-Amerika S. 430. . 177. Die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika S. 431. B. Mitt el -Amerika. . 178. Die Republik Mexiko S. 445. . 179. Central-amerikanische Republiken S. 447. . ISO. West- Indien S. 449. C. Siid- Amerika. .181. . 182. Der tropische Norden von Siid- Amerika S. 453. . 183. Der tropische Siiden von Siid-Amerika S. 456. . 184. Der aussertropische Siiden von Siid-Amerika S. 4G3 Australian 468 .- 185. Das Festland Australien S. 468. . 186. Die australischen Inseln S. 473. A. Der innere Inselgiirtel 473 B. Der ausscre Inselgiirtel 474 000025078