THE LIBRARY OF THE UNIVERSITY OF CALIFORNIA BIOCHEM. HERMANN O. L. FISCHER COLLECTION PRESENTED BY HIS WIFE c Dr. HERMANN 0. L. FISCHER V'nivv .>. *f Toronto BAN! ING i.\iTl;UrE TCrtoNTO 5, CANADA Die Fabrikation der Weinsaure. Von Dr. Hermann Rasch, Mit in den Text gedrtickteu Abbildungen. Berlin. Verlag von Julius Springer. 1897. Alle Rechte, insbesondere das der Uebersetzung in fremde Sprachen, vorbelialten. BIOCHEM. GIFT Buchdruckerei von Gustav Schade (Otto Francke) in Berlin N. Vorwort. Ausser einer im Jahre 1896 erschienenen Arbeit V. Holbling's sind Mittheilungen iiber die Fabrikation der Weinsaure seit langerer Zeit nicht veroffentlicht. Da die Menge des Rohmaterials fur die Weinsaure-Industrie durch die Weinproduktion begrenzt ist, treibt der Wettbewerb der Fabriken nicht nur zu niedrigeren Preisen der fertigen Fabrikate, sondern auch zu einer Vertheuerung des Roh- materials. Bei diesen eigenartigen Verhaltnissen liegt ein Atistausch. der in den einzelnen Fabriken gesammelten Betriebs-Erfahrungen im Interesse der Industrie, damit erne Verstandigung iiber den berechtigteii Werthunter- schied der Weinsaure im Rohmaterial und im fertigen Fabrikat erzielt wird. Die vorliegende Arbeit erscheint mit Einwilligung der beiden Firmen, in deren Fabriken ich wahrend einer fast 9jahrigen Thatigkeit Erfanrungen in der Weinsaure- Industrie gesammelt habe. Fiir die Bereitwilligkeit , mit welcher sie der Veroffentlichung dieser Abhandlung zu- gestimmt haben, spreche icli den Firmen hiermit meinen besten Dank aus. Fiir einzelne mitgetheilte Beobachtungen lasst sich vielleicht auch in anderen Indus trie-Zweigen Verwendung finden. Es wiirde mich daher freuen, wenn die folgende Arbeit auch iiber die Kreise der Weinsaure-Techniker hinaus einiges Interesse erwecken sollte. Potsdam, Juli 1897. H. R. 136 Iiihaltsverzeichiiiss. Seite Die Rohmaterialien der Weinsanre- Industrie 1 1. Weinhefe 2 2. Rohweinstein 7 3. Weinsaurer Kalk 9 Analytische Methoden 10 I. Die Weinsaure-Bestimmuug 10 1. Bitartrat-Analyse 12 2. Bestimmung der Gesammt-Weinsaure in Rohmaterialien 15 3. Weinsaure-Bestimmung bei Betriebs-Analysen .... 23 II. Andere in Weinsaure -Betrieben haufig vorkom- mende analytische Bestimmungen 25 Die Fabrikation der Weinsaure . 27 I. Darstellung der Weinsaure-Rohlauge 28 1. Das Dekantir-Verfahren 28 2. Dietrich's Hochdruck-\ 7 erfahren 32 3. Das Rost-Verfahren 40 4. Das neutrale Verfahren 41 5. Die Abfall-Produkte der Weinsaure-Industrie .... 54 6. Beurtheilung der zur Yerarbeitung des Rohmaterials an- gewandten Verfahren 57 IT. Gewinnung der reinen Weinsaure (Krystallisation) 59 1. Das Eindampfen der Laugen 59 2. Das Krystallisiren 64 3. Das Entfarben 67 4. Die Behandlung der Laugen 71 5. Die Darstellung der Handelswaare 76 6. Die Anfarbeitung der alten Laugen 78 Fabrikations-Biiclier und Betriebs-Ergebnisse 84 I. Die Fabrikations-Buchfuhrung 84 II. Die Inventuren 86 III. Betriebs-Ergebnisse 91 Litteratur. I. Analytisches. Aeltere Methoden, Analyse Warington und Bitartrat- Bestim m ung. Dotto-Scribani, Gazetta chim. ital. 1878, 511. Scheurer-Kestner, Comp. rend. 86, 1024. Bullet, d. 1. soc. chim. 29, 451. Ztschr. f. anal. Chem. 18, 111. Oliveri, Gazetta chim. ital. 14, 453. P. Carles, Les derives tartriques, Paris, G. Masson 1892. \Varington, Journ. chem. society 1875, XIII, 925 994. Grosjean, Journ. chem. society 1879, XXV, 341 ff., ibid. 1883, XLI1I, 331 ff. A. Borntrager, Ztschr. anal. Chem. 25, 327359 u. 26, 699714. F. Klein, Ztschr. anal. Chem. 24, 379388. B. Philips & Co., Ztschr. anal. Chem. 29, 577. Analyse Goldenberg, alte Methode. Goldenberg, Geromont & Co., Ztschr. anal. Chem. 22, 270. L. Weigert, Ztschr. anal. Chem. 23, 357. G. Kaemmer, Chemiker-Ztg. 1885, 244. Gantter, Ztschr. anal. Chem. 26, 714719. v. Lorenz, Ztschr. anal. Chem. 27, 8. Chemiker-Ztg. 1889, 693. Analyse Goldenberg, Salzsaure-Methode. Goldenberg, Geromont & Co , Chemiker-Ztg. 1888, 390. Nienburger Fabrik, Chemiker-Ztg. 1889, 160. P. Boessneck, Chemiker-Ztg. 1889, 356. H. Heidenhain, Ztschr. anal. Chem. 27, 681706. Dr. Lampert & Co., Chemiker-Ztg., 1890, 903. Litteratur. II. Fabrikation. Kulilmann*), Wagner's Jahresber. 1858, 431 (Bchandeln mit kohlensaurem Baryum). Kessler*), A. W. Hofmann's Reports by the juries, London 1863, 112 (Flusssaureverfahren). Dietrich u. Schnitzer, D.R.P. No. 1758 (Erhitzen der Weinhefe). Dietrich, Oesterr. Pat. IV/1008 v. 4./III. 78 (Rostverfahren). Dietrich*), D.R.P. No. 286 v. 19./IV. 78 (Kochen unter Druck mit Kreide). Dietrich*), Oesterr. Pat. 35/107 v. 29 ./V. 85 (Kochen mit Salzsaure). Goldenberg*) D.R.P. No. 6309 v. 3./X. 78 (Gewinnung von Kalihydrat). Muspratt's Techn. Chemie, Bd. 7 (3. Auflage), S. 10061024. Gladysz*), D.R.P. No. 37352 u. 42485 (Ausziehen mit schwefliger Saure). Martignier*), D.R.P. 53407 v. 17./XIT. 89 (Behandeln mit schwefelsaurem Alkali). Naquet*), D.R.P. No. 64401 (1892) (Darstellung der Weinsaure aus Starke). Bollo, Berliner Ber. 22, 750 (Reduktion der Weinsaure durch Ferrosalze). Schmitz & Toenges, D.R.P. No. 90413 (Entfarben mit unterchloriger Saure). Rasch, D.R.P. No. 92650 (Neutrales Verfahren, Patent ist erloschen). V. Holbling, Mtthlgn. technol. Gew.-Museum. Wien, 1896, 131 u. 167. Jungfleisch, Comp. rend. 85, 805. Chem. Centralbl. 1874, 295. Chem. Centralbl. 1877, 819. Bull. d. 1. soc. chim. XXI, 146. Berl. Ber. 7, 186 (Bildung von Traubensaure und inaktiver Weinsaure). Dietrich, D.R.P. No. 10111 (Ausfallen der alten Laugen auf Weinstein). Halenke & Moslinger, D.R.P. No. 71369 (Behandeln der alten Laugen mit Magnesia-Salzen). *) Die Verfahren haben, wie auch Holbling hervorhebt, niemals prak- tische Bedeutung gewonnen und konnen daher im Folgenden unberiick- sichtigt gelassen werden. Die Rohmaterialien der Weinsaure- Industrie. Die Hauptprodukte der Weinsaure-Industrie bilden Wein- saure und Weinstein. Aus ihnen werden noch folgende che- mische Produkte technisch gewonnen, welche fiir den Handel von geringerer Bedeutung sind: Seignette-Salz, neutrales wein- saures Kali, Brechweinstein, Natriumtartrat, Natriumbitartrat und Eisenweinstein. Der weitaus wichtigste Zweig der Wein- saure-Industrie ist die Darstellung der Weinsaure selbst. Die Fabrikation dieser Sa'ure, welche namentlich in der Farberei und ferner fur Genusszwecke verwandt wird, soil im Folgenden eingehend beschrieben werden. Die fur die Weinsaure-Industrie in Betracht kommenden Rohmaterialien sind sammtlich Abfall-Produkte der Wein-Ge- winnung aus Trauben. Die jahrliche Gesammt-Produktion an Wein in den Kulturlandern kann durchschnittlich zu 120 Mil- lionen hi angenommen werden. Da 1 hi Wein etwa 1 kg trockenes, weinsaurehaltiges Rohmaterial liefert, kann die Ge- sammt-Produktion an derartigen Materialien zu 120 Millionen kg im Jahr angenommen werden, wovon jedoch nur etwa 3 Viertel, also 90 Millionen kg mit einem Weinsaure-Gehalt von ungefahr 20 Millionen kg zur fabrikmassigen Verarbeitung gelangen mogen. An fertigen Produkten werden hieraus naeh Schatzung jahrlich im Durchschnitt gewonnen: etwa 11 Millionen kg Wein- saure und 8 Millionen kg Weinstein, entsprechend 6,4 Millio- nen kg Weinsaure. Der Gesammt-Werth der jahrlich durch die Weinsaure-Industrie producirten Waaren kann hiernach zu etwa 36 Millionen M. angenommen werden. R a s c h , Weinsaure. 1 55 368 dz 16 622 dz 49519 - 15719 - 50589 - 12764 - 41673 - 15348 - 2 Die Rohmaterialien der Weinsaure -Industrie. Nach Deutschland warden an weinsaurehaltigen Roh- materialien importirt: an Weinhefe: an Rohweinstein: 1893 1894 1895 1896 Die Produktion an fertiger Waare in Deutschland wird gegenwartig etwa 2 Millionen kg Weinsaure und 0,5 Millionen kg Weiristein (entsprechend 0,4 Millionen kg Weinsaure) iin Jahr betragen. Die Ausfuhr betrug in den letzten Jahren: an Weinstein: an Weinsaure: 1893 6443 dz 11 756 dz 1894 4756 - 11 617 - 1895 6313 - 11462 - 1896 4807 - 10985 - Die fur die Weinsaure-Industrie in Betracht kommenden Rohmaterialien lassen sich unter folgenden Bezeichnungen zu- sammenfassen : Weinhefe, Rohweinstein, weinsaurer Kalk. Die Weinsaure ist in diesen Materialien als Weinstein (Kaliumbi- tartrat), als neutrales Calciumtartrat oder als Gemisch dieser beiden Salze enthalten. 1. Weinhefe. Man bezeichnet mit diesem Namen die Gesammt-Menge der festen Bestandtheile, welche sich aus dem Traubensaft wahrend der Gahrung niederschlagen und nach Beendigung des Gain-processes sich als Bodensatz in den Fassern vorfinden. Die Weinhefe enthalt ausser den Hefezellen und den mehr oder weniger zufalligen Verunreinigungen des Traubensaftes (wie Schalen, Rippen, Kerne der Trauben): Kaliumbitartrat und neutrales Calciumtartrat, ferner kleinere Mengen anorga- nischer Salze, wie phosphorsauren Kalk und Eisensalze, end- lich noch etwa zur Behandlung des Weines verwandte Mate- rialien, wie Thon, Schwefel und Gyps. 1. Weinhefe. 3 In den Winter-Monaten nach beendeter Gahrung wird der neue Wein von dem festen Ritckstande, der Weinhefe, abge- zogen. Die Weinhefe selbst wird in mehr oder weniger ein- facher Weise unter Verwendung von Filtertiichern abgepresst, um die letzten Mengen Wein zu gewinnen. Das erhaltene Riickstands-Produkt heisst ,,feuchte" oder ,,grtine" Weinhefe, auch wohl nach der Konsistenz ,,flussige" oder ,,Teig"-Hefe. Die teigformige Hefe stellt eine klebrige, lehmartige, schmutzig- graugelb oder rothlich bis dunkelroth gefarbte Masse von einem eigenthtimlichen, ^an Wein erinnernden, gleichzeitig widerlichen Gerucb dar. Zuweilen wird diese Weinhefe mit Zuckerwasser versetzt, zur Gewinnung einer geringen Weinsorte auf s Neue der Gahrung tiberlassen, oder sie wird mit Wasser oder ver- dtinnter Salzsaure ausgezogen, um die vorhandene Weinsaure in ein hoherprocentiges Material iiberzufuhren. In beiden Fallen pflegt der Weinsaure-Gehalt der Hefe so weit zu sinken, dass dieselbe nur noch als Dtingemittel verwendbar ist. Die wie oben gewonnene, nicht ausgewasserte Weinhefe dient der Weinsaure-Fabrikation als wichtigstes Rohmaterial, dessen Verwendung angeblich Seybel in Liesing bei Wien in den 60 er Jahren zuerst vorgeschlagen hat. Die Weinhefe wird zuweilen, bei nicht zu weitem Transport, gleich im feuchten Zustand der Fabrik zugefuhrt und in dieser Form verarbeitet. Indessen stellt die feucht verarbeitete Weinhefe gegenwartig eine verhaltnissmassig sehr geringe Menge dar. Das weitaus grosste Quantum von Weinhefe wird zunachst am Produktions- Ort getrocknet. Es geschieht dies meistens in einfachster Weise durch feines Zerzupfen der teigigen Masse von Hand und Trocknen an der Luft oder in einfach eingerichteten Trockenkammern. Das Trocknen muss moglichst beschleunigt werden. Nach dem Verdunsten des in der Hefe befindlichen Alkohols findet sonst bald eine lebhafte Entwicklung von Spaltpilzen statt, durch deren Lebensthatigkeit der vorhandene Weinsaure-Gehalt schnell zuriickgeht und tiberdies die spatere Verarbeitung der Hefe wesentlich erschwert wird. Das Zer- kleinern und Umwenden der Weinhefe muss sorgfaltig vorge- 1* 4 Die Rohmaterialien der Weinsaure- Industrie. nommen und oft wiederholt werden, well die Hefe sich an der Oberflache leicht mit einer harten Kruste tiberzieht, unter welcher sich das Innere der Stiickchen feucht erhalt und da- mit ebenfalls dem schnellen Verderben ausgesetzt ist. Die trockene Weinhefe stellt eine Waare dar, welche aus gelblichen bis dunkelrothen , zackig unregelmassigen Stticken bis Wall- nussgrosse und daruber besteht. Ihr Gefiige ist je nach der Herkunft brocklig, hart, sprode oder mehr oder weniger zah. Der Gerueh ist nicht unangenehm, an Wein und Heu erinnernd, der Geschmack, vom Bitartrat herrtihrend, angenehm sauerlieh. Zur allgemeinen Charakterisirung der trockenen Weinhefen, wie sie in den verschiedenen weinbauenden Landern producirt werden, mogen die folgenden Bemerkungen dienen. Die italienischen Hefen stellen die Hauptmenge der an Markt konimenden Waare dar. Die italienische Weinernte fsillt in die Monate August, September, der Wein wird im November, December abgestochen, die ersten frischen Hefen kommen daher, wenn die Witterung fur das Trocknen gtinstig ist, in den Monaten Januar, Februar zum Versand. Die italienischen Hefen enthalten nicht unter 20 Proc. und nur selten tiber 30 Proc. Weinsaure, grosstentheils in der Form von Bitartrat. Die an Kalk gebundene Weinsaure betragt imMittel 56 Proc. (bezogen auf das Gewicht der Weinhefe). Hefen von einem ininderen Gehalt als 20 Proc. Gesammtweinsaure werden von den Expor- teuren mit hochprocentigem Material entsprechend angereichert. Die Hefen werden gewohnlich gehandelt auf Basis von 24 Proc. Gesammt-Saure, indem sich Kiiufer und Verkaufer gleichzeitig uber einen Schiedsanalytiker bei etwaigen Analysen-Differenzen einigen. Der vereinbarte Preis gilt fur 24procentige Waare: etwaiger hoherer oder minderer Gehalt an Weinsaure wird entsprechend in Anrechnung gebracht. Die italienischen Hefen sind durchgehends von schoner Qualitat und demgemass hoch im Preise. Sie werden in England, Nordamerika, Frankreich und Deutschland verarbeitet, zum kleinen Theil auch in Italien selbst. Die franzosischen Hefen ahneln in ihrem Charakter den italienischen Provenienzen, sind im Weinsaure-Gehalt etwas 1. Weinhefe. 5 niedriger als diese und werden wohl ausschliesslich im Ur- sprungslande verarbeitet. Oesterreichisch-ungarische (Rumanische, Serbische, Bulgarische) Hefen sind im Allgemeinen charakterisirt durch eine beini Anrtihren mit Wasser und daher bei der Verar- beitung hervortretende klebrige, leimige Beschaffenheit. Zu- weilen, wie z. B. bei den steyrischen Hefen, zeigt sich diese Eigenschaft schon bei der trockenen Hefe durch eine eigen- thumliche lederartige Konsistenz. Diese Eigenschaft riihrt wohl theils von der Zusammensetzung der Trauben-Moste her, haupt- sachlich aber von der Art des Trocknens, welches trotz der ungtinstigen klimatischen Verhaltnisse durchgehends im Freien erfolgt. Die Hefen enthalten 1622 Proc. Gesammt-Weinsaure bei geringem Gehalt an weinsaurem Kalk. Die Verarbeitung er- folgt hauptsachlich in den osterreichisch-ungarischen Fabriken. Unter dem Namen Levantiner Hefen werden dalma- tinische, griechische, tiirkische, stidrussische , kleinasiatische Hefen zusammengefasst. Der Weinsaure-Gehalt dieser Hefen ist oft sehr hoch, bis 40 Proc. und dariiber, weil es vielfach iiblich ist, den Wein auf der Hefe lagern zu lassen, so dass diese gleich mit dem spater aus dem Wein sich abscheidenden Wein- stein vermengt wird. Die Hefen enthalten, abgesehen von einigen Gegenden Griechenlands, nur wenig weinsauren Kalk. Eigenartig ist der Gehalt von manchen dieser Hefesorten an Harz, welches bereits seit dem Alterthume in diesen Gegenden dem Most zur Parfiimirung des Weins zugesetzt wird und so auch diesen Hefen einen charakteristischen, nicht unangenehmen Geruch ertheilt. Die Hefen, auch die harzhaltigen, verarbeiten sich gut und sind deshalb eine gesuchte Handelswaare. Die spanischen Hefen sind ausgezeichnet durch einen hohen Gehalt an weinsaurem Kalk, welcher nach Warington bedingt ist durch das in Spanien allgemein tibliche Gypsen des Weins. Sowohl im Weinsaure-Gehalt wie auch in der Leichtig- keit der Verarbeitung zeigen sie grosse Verschiedenheiten, welche abgesehen von dem Einflusse der Witterungs- und Boden- Verhaltnisse in den einzelnen Gegenden augenscheinlich 6 Die Rohmaterialien der Weinsaure- Industrie. von der grosseren oder geringeren auf das Trocknen ver- wandten Sorgfalt herriihren. Am gehaltreichsten sind die Hefen der Provinz Mancha. Die spanischen Hefen sind in den letzten Jahren von grosser Bedeutung fur die europaischen Weinsaure-Fabriken geworden und haben die italienischen Hefen wegen des hohen Preises der letzteren vielfach vom Markte verdrangt. Deutsche und amerikanische Hefen sind z. Z. fur die Weinsaure - Grossindustrie von durchaus untergeordneter Bedeutung. Einige ausftihrliche Hefen- Analysen giebt Warington, welche hier angefuhrt werden mogen; sie geben eine gute Uebersicht iiber das Material, wenn auch die angewandten analytischen Methoden nicht mehr vollstandig mit den jetzt iiblichen iiber- einstimmen : I Franzosi- sche Hefe ii Spanische Hefe III Spanische Hefe Weinsaure als saures Tartrat . . Weinsaure als neutrales Tartrat . . Gesammt -Weinsaure 4,48 21,34 25,82 5,27 19,13 24,40 22,66 11,67 34,33 Wasser (bei 100) 11305 10,694 9,750 Sand 4600 4,900] Kieselsaure 2,130 1,960 / 4,730 Eisenoxyd 0,394 0,351 0,214 Thonerde 0844 0,832 0,578 Phosphorsaure ... . . 0527 0,486 0,569 Kalk 10567 10,600 4,514 Magnesia 0,327 0,363 0,209 Kali 1,868 2,123 [7,115] 2 ) Soda 0,100 0,060 Schwefelsaure .... 4566 5729 Chlor 0040 0,042 Kohlensaure 0,435 0,388 Weinsaure (wasserfrei) 22,721 21,472 30,210 Gebundenes Wasser 1 ) 5,904 5552 4,159 Organische Substanz 33,672 34,448 [37,952] 100,000 100,000 100,000 J ) Bei der Berechnung des gebundenen Wassers ist angenommen, dass Calciumtartrat die Halfte und Gyps ein Viertel seines Krystall- wassers bei 100 zuriickhalt. 2 ) Die Zahl ist aus der Aciditat berechnet. 2. Rohweinstein. 7 2. Rohweinstein. Unter dem Namen Rohweinstein fassen wir alle weinsaure- haltigen Rohmaterialien zusamnien, welche mehr als 40 Proc. Weinsaure, grosstentheils oder wenigstens theilweise in der Form von Bitartrat enthalten. Nach der Gahrung und dem Absetzen der Hefe scheiden sich aus dem Weine weitere Mengen von Weinstein ab, welcher aus diesem Grunde je nach der Behandlung des Weins mehr oder weniger mit Hefe vermengt ist. Es besteht daher kein scharf begrenzter Unterschied zwischen Weinhefe und Roh- weinstein. Schon oben wurde erwahnt, dass manche Levan- tiner Hefen deshalb so hohen Weinstein-Gehalt besitzen, weil es in jenen Gegenden ublich ist, den Wein liber der Hefe aufzubewahren. Derartige hochprocentige Hefen stehen den eigentlichen Rohweinsteinen sehr nahe und werden wohl auch als ,,Hefenweinstein" bezeichnet. In Italien und den anderen Weinbau treibenden Landern, wo der neue Wein moglichst sorgfaltig von der Hefe getrennt wird, ist der nachtraglich aus dem Wein ausfallende Weinstein Fassweinstein meist reiner. Er enthalt neben schwach verunreinigtem Bitartrat als Beimischung in der Hauptsache nur weinsauren Kalk und von den Fasswanden herriihrende Holztheile. Letztere Beimengung findet sich besonders dann reichlich vor, wenn, wie bei hohen Weinsteinpreisen , das Ausklopfen der Falser jahrlich vorge- nommen wird. Lasst man es dadurch, dass jedes Jahr neuer Wein wieder in die gleichen Lagerfasser abgezogen wird, zur Bildung mehrjahriger Weinsteinkrusten komrnen, so wird weniger verunreinigte Waare erzielt, zuweilen sogar ein Wein- stein, welcher direkt in der Zeugfarberei oder zu Metallbeizen verwandt werden kann. Ausser diesem der Menge nach nicht sehr bedeutenden Produkt kommen im Handel Rohweinsteine vor, welche durch Auskochen weinsteinhaltiger Materialien mit Wasser, Abziehen der Lauge von dem Riickstand und Auskrystallisiren gewonnen sind. So erhalt man aus minderwerthigen Hefen und aus den 8 Die Rohmaterialien der Weinsaure -Industrie. Weintrestern Rohweinsteine, welche als Hefenkrystalle, Trester- floss, italienisch Vinaccia bezeichnet werden. Die aus besseren Weinhefen u. s. w. in gleicher Weise gewonnenen, nach ihrem Hauptproduktions-Ort benannten St.-Antirno-Krystalle kommen ihres hohen Preises wegen fiir die Weinsaure-Fabrikation nicht in Betracht. Wahrend dem chemisch reinen Wein stein ein Weinsaure-Gehalt von 79,7 Proc. zukommt, enthalten die Antimo- Krystalle 7578 Proc. Weinsaure und konnen somit entweder ohne weitere Reinigung der technischen Verwendung zugefuhrt werden oder werden auf krystallisirten weissen Wein stein - cristalli tartari -- umgearbeitet. Die bei Darstellung der Halbfabrikate sich ergebenden Restlaugen, ebenso die allmahlich verschlechterten Mutterlaugen der Weinstein-Raffinerien werden unter Zusatz von Kalk ge- fallt. Die erhaltenen Produkte -- Limo, Sablons genannt - stellen Rohweinsteine von verhaltnissmassig hohem Gehalt an weinsaurem Kalk dar. Man vermeidet es, aus derartigen Rest- laugen durch volliges Neutralisiren mit Kalk und Zusatz von Chlorcalcium die Weinsaure als Kalksalz ganzlich auszufallen, um nicht Produkte zu erzielen, welche so stark durch Thon- erde und phosphorsauren Kalk verunreinigt waren, dass sie ftir die Weinsaure-Fabrikation nahezu unbrauchbar wiirden. Sammtliche als Rohweinstein beschriebene Produkte stellten urspriinglich das Hauptrohmaterial der Weinsaure-Fabrikation dar. Seit es indessen in den letzten 25 Jahren, zuerst nament- lich den Bestrebungen der deutschen Weinsaure-Industrie ge- lungen ist, die Schwierigkeiten zu beseitigen, welche sich der Verarbeitung der Weinhefe auf Weinsaure entgegenstellten, ist die Verwendung von Rohweinsteinen zur Weinsaure-Fabri- kation wesentlich eingeschrankt. Wahrend das kg W^ein- saure im Rohweinstein z. Zt. etwa 1,30 M. kostet, stellt sich der Preis des kg Weinsaure in der Hefe nur auf 1,20 M. Der Preisunterschied war in friiheren Jahren noch bedeutender. So zieht man es vor, als Hauptrohmaterial Weinhefe zu ver- wenden und benutzt Rohweinstein nur als Anreicherungs- material, um die Produktionsziffer. der Fabrik auf der beab- 3. Weinsaurer Kalk. 9 sichtigten Hohe zu erhalten. Die guten Rohweinstein-Sorten finden somit ihre Hauptverwendung bei der Darstellung ge- reinigten Weinsteins. 3. Weiiisanror Kalk. Die Darstellung von weinsaurem Kalk als Rohmaterial fur die "Weinsaure- Industrie ist haufig in kleineren Fabriken der weinbautreibenden Lander ausgefiihrt worden. Die Be- triebe sind vielfach aus Mangel an Rentabilitat wieder einge- gangen. Indessen kommen noch fortdauernd kleinere Posten von weinsaurem Kalk an den Markt. Das Verfahren in diesen Betrieben ist kurz das folgende: Frische feuchte Weinhefe und -Trester werden zur Gewinnung des Hefebranntweins mit Wasser angertihrt. Hierauf wird aus der Masse der Alkohol abdestillirt. Der erhaltene weinolhaltige Branntwein ist im Handel geschatzt und dient zur Cognak-Fabrikation. Der Destillations-Riickstand wird mit verdunnter Salzsaure gekocht. Man lasst die Hefemassen absitzen, dekantirt einige Male, presst scbliesslich den Riickstand in Filtersacken aus und fallt aus den erhaltenen Laugen die Weinsaure als Kalksalz durch Neutralisation mit Kreide. Bei geniigender Sorgfalt wird ein schones Produkt erzielt. Doch kommen haufig genug Waaren- posten an den Markt, welche mit Hefe, Kreide oder anorga- nischen Salzen verunreinigt sind und welche ausserdein noch durch Gahrung in Folge zu langsamen oder ungentigenden Trocknens gelitten haben. Analytische Methoden. I. Die Weinsaure-Bestimmung. Piir die analytische Bestimmung der Weinsaure ist die Fallung der beiden charakteristischen Salze dieser Saure, des in Wasser unloslichen Kalksalzes und des schwer loslichen sauren Kaliumsalzes von verschiedenen Autoren in Vorschlag gebracht. Die analytischen Methoden von Dotto-Scribani, Scheurer-Kestner und Oliveri, welche sich auf die Abscheidung des Calciumsalzes grunden, sind gegenwartig allgemein ver- lassen, einmal weil manche andere organische Sauren schwer losliche Kalksalze bilden, ferner weil die Methoden verhaltniss- massig zeitraubend und umstandlich sind, hauptsachlich aber, weil mit dem weinsauren Kalk viele Verunreinigungen , wie Thonerde- und Eisenverbindungen, sowie phosphorsaure Salze ausfallen, welche die Bestimmung unsicher machen. Die Me- thoden konnen hier somit tibergangen werden. Bei den analytischen Verfahren, welche sich auf die Schwerloslichkeit des sauren Kaliumsalzes der Weinsaure grunden, wird die Menge des ausgeschiedenen Bitartrats ganz allgemein nicht durch Wagung, sondern durch Titration be- stimmt. Am besten eignet sich hierzu Kalilauge, und zwar mochte ich im Gegensatz zu den meisten Autoren, welche durchgehends starkere Laugen vorschlagen, die Anwendung von Y 10 -Normal-Kalilauge empfehlen. Diese Lauge hat den entschiedenen Vortheil , dass ein die Erkennbarkeit der End- reaktion tibersteigender Ablesungsfehler vermieden wird. Man erhalt deshalb selbst bei Verwendung geringerer Substanzmengen I. Die Weinsaure-Bestimmung. U zur Analyse scharfere Resultate, als wenn man z. B. mit Y 2 -Nor- mal-Kalilauge titrirt. Unbedingt muss die Lauge vollstandig kohlensaurefrei sein; sie wird daher zweckmassig in einer mit Heber zum Nachfiillen der Burette verbundenen grosseren Vorrathsflasche so aufbewahrt, dass eine Beriihrung der Lauge mit kohlensaurehaltiger Luft vermieden wird. Die annahernde Einstellung der Lauge erfolgt am einfachsten mit Yio-Normal- Oxalsaure, von welcher man sich fur den genannten Zweck schnell das erforderliche Quantum durch Losen von 6,3 g in Wasser zu einem Liter bereiten kann. Die genaue Einstellung oder die Ermittlung des Fehlers der Lauge muss sodann mit reinem Kaliumbitartrat vorgenommen und etwa alle 8 Tage sorgfaltig wiederholt werden. Einen fur diesen Zweck geeig- neten Weinstein erhalt man durch Uinkrystallisiren von chemisch reinem Bitartrat des Handels. Schon vor der Umarbeitung soil dieser Weinstein nach dem Veraschen und Ausziehen des Riick- standes mit verdtinuter Salzsaure weder mit Ammoniak, noch nach Zusatz von oxalsaurem Ammonium oder Schwefelammonium zu der schwach ammoniakalischen Losung, eine Trubung oder Far bung geben. Derartiges Bitartrat krystallisirt man aus heissem Wasser urn, indem man durch Riihren die Bildung grosserer Krystalle verhindert, und trocknet das erhaltene Produkt, nach- deni man es einige Male unter Dekantiren mit kaltem Wasser ausgewaschen hat, zunachst bei 100, sodann noch eine Stunde bei 105 C. In einer gut mit Glasstopfen verschlossenen Flasche aufbewahrt, ist solcher Weinstein vollkommen unveranderlich und kann als Urtitersubstanz nach dem Vorgange von A. Born- trager durchaus empfohlen werden. Seine Verwendung fur die Titration von Weinstein ist unbedingt geboten, weil man nur dadurch die Gewissheit der gleichen Endreaktion bei dem zu analysirenden Material und der Titersubstanz gewinnt. Als Indikator bei Weinstein-Titrationen wird allgemein em- pfindliches Lakmuspapier angewandt. N. v. Lorenz empfahl Lakmustinktur statt des Papiers, hat mit diesem Vorschlag aber allseitigen, durchaus berechtigten Widerspruch gefunden, weil die Endreaktion in den mehr oder weniger stark gefarbten Weinstein- 12 Analytische Methoden. Losungen von verschiedenen Beobachtern nicht gleichmassig be- stimmt werden kann. Wir werden uns mit der Indikator-Frage nodi welter unten zu beschaftigen liaben. Es moge indessen gleich hier hervorgehoben werden, dass fur den Handel mit weinsaurehaltigen Materialien nur bei Ausftihrung der Titra- tionen init empfindlichem Lakmuspapier eine zuverlassige Grund- lage gewahrt werden kann. Fiir bestimmte Betriebszwecke 1st, wie spater gezeigt wird, die Verwendung eines anderen Indi- kators erforderlich. Zur Erzielung gleichmassiger Resultate bei sammtlichen Weinstein-Titrationen ist es nothwendig, dass die Endreaktion in der Siedhitze bestimmt wird. Man kocht die weinsteinhaltige Losung, titrirt bis nalie zum Endpunkt, erhitzt nochmals zum Sieden und fiibrt jetzt die Titration moglichst schnell zu Ende. Bei den weinsaurehaltigen Rohmaterialien ist es in erster Linie von Werth, den Gesammt-Gehalt an Weinsaure zu kennen. Hieriiber giebt Aufschluss die ,,Bestimmung derGesammt- Weinsaure", im Handel vielfach ,,Totalsaure- Analyse" ge- nannt. Die Resultate werden in Procenten Weinsaure ange- geben. Fiir die Fabrikation von gereinigtem Weinstein ist ferner der Gehalt eines vorliegenden Materials an Weinstein von Interesse. Die Antwort hierauf giebt die ,,Bitartrat- Analyse", deren Ergebnisse man in Procenten Weinstein auszudriicken pflegt. Das Molekular-Gewicht der Weinsaure ist 150, des Wein- steins, wie des wasserfreien weinsauren Kalks 188. Die Zah- len verhalten sich annahernd wie 8 : 10, sodass manche Betriebs- Rechnungen auf dieser Grundlage schnell und mit hinreichen- der Genauigkeit ausgefiihrt werden konnen. 1. Bitartrat- Analyse. Den urspriinglichen Werthmesser fiir weinsaurehaltige Ma- terialien bildete die einfache Titration, indem man unter Ver- nachlassigung eines etwa vorhandenen Gehalts von anderen Sauren und von weinsaurem Kalk die gefundene Aciditat als 1. Bitartrat- Analyse. 13 Weinstein berechnete. Diese Titrir-Analyse hat ftir die Beurtheilung der Qualitat der Rohwaaren, fur den Ankauf kleiner Waarenposten , wie sie von Winzern und Handlern in den Fabriken angeboten werden und fiir viele Betriebs-Zwecke auch heute noch wesentliche Bedeutung. Sie wird zweck- massig in folgender Form ausgefiihrt. 1,88 g des fein gepulverten Musters werden im Becherglase mit 100 150 ccm Wasser angertihrt, einige Minuten ini Sieden erhalten und sodann mit l / lo Normal-Kalilauge in der Siedhitze unter Anwendung von Lakmuspapier als Indikator titrirt. Bei Teighefen ist zuweilen die Endreaktion so undeutlich, dass man zweckmassig 18,8 g in einer Porcellanschale auf gleiche Weise, jedoch mit ganz Normalkalilauge titrirt. Die Resultate stimmen nur bei sehr guten Rohweinsteinen mit dem wirk- lichen Bitartrat-Gehalt uberein. Bei alien hefehaltigen Materi- alien fallen sie zu hoch aus, weil sich in solchem Material regelmassig andere saure Korper - wie Huminsubstanzen, Thonerdesalze u. s. w. vorfinden, welche mittitrirt und des- halb als Weinstein mit berechnet werden. Bei Weinhefen ge- wohnlicher Qualitat von 2030 Proc. Weinsaure pflegt der wirk- liche Bitartrat-Gehalt etwa 3 5 Proc. niedriger zu sein, als die Titration angiebt. Schon bevor Warington im Jahre 1875 durch seine um- fangreiche Arbeit die Analyse der Weinsaure -Rohmaterialien auf eine wissenschaftliche Grundlage brachte, hatte man ver- sucht, statt der unzuverlassigen einfachen Titration andere Methoden fiir die Werthbestimmung dieser Miiterialien einzu- fiihren. Es hatte sich in Frankreich die Pfannenanalyse (me- thode a la casserole, angeblich von Prof. Rohrig in Bordeaux herruhrend) ausgebildet, bei welcher das zu untersuchende Material mit Wasser ausgekocht, die Losung abfiltrirt und die abgeschiedene Krystall-Menge, bestehend aus Weinstein und weinsaurem Kalk, einfach gewogen wurde. In England war es statt dieser Pfannenanalyse tiblich geworden, die Alkalitat sowie den Kali- und Kalk-Gehalt der Asche eines Materials zu bestimmen, und so in indirekter Weise den Bitartrat-Gehalt 14 Analytische Methoden. und gleichzeitig die Gesammt-Weinsaure-Menge zu ermitteln. Die englische Methode hat z. Zt. fur die Praxis keine Bedeutung mehr; die inethode a la casserole wird angeblich in franzo- sisehen und italienischen Weinstein-Raffinerien noch heute an- gewandt. Eine gute Methode zur Ermittlung des wirklichen Bitartrat- Gehalts lieferte F. Klein. Das Verfahren grtindet sich auf die analytische Methode von Warington: Die Substanz wird mit Wasser ausgekocht, die Losung nach dem Abfiltriren einge- dampft und durch Zusatz von Chlorkalium, um die Loslich- keit des Weinsteins moglichst herabzusetzen, das vorhandene Bitartrat abgeschieden., Der gefallte Weinstein wird abfiltrirt, mit einer 10 procentigen, mit Weinstein vorher gesattigten Chlorkalium -Losung ausgewaschen und sodann titrirt. Da Waringtons Methoden und damit auch seine Waschflussigkeit ziemlich allgemein aus den Weinsaure-Laboratorien verdrangt sind, so empfiehlt es sich, zur Ermittlung des Bitartrat-Gehalts das folgende Verfahren einzuschlagen, welches auf einem, dem von Klein benutzten ahnlichen Princip beruht. 4,700 g einer fein gepulverten Hefe oder 2,35 g eines ebenso gepulverten Weinsteins werden zunachst mit wenig Wasser in einem Becherglase angeruhrt und sodann mit 200 ccm Wasser versetzt 10 Minuten im Sieden erhalten. Man spiilt die Masse noch heiss in einen 500 ccm Messkolben uber und fiillt den Kolben unter Umschiitteln bis nahe zur Marke mit Wasser auf. Nach dem Abkiihlen fiillt man den Kolben genau bis zur Marke an, filtrirt sodann durch ein trockenes Filter in einen trockenen Kolben, entnimmt dem Filtrat 200, bei Wein- steinen (bei welchen nur 2,35 g Substanz angewandt waren) 400 ccm und dampft diesen Theil des Filtrats im Becherglase zunachst tiber einer kleinen Flamme, sodann im Wasserbade bis auf etwa 20 ccm ein. Beim Eindampfen ist wallendes Sieden wegen der Gefahr des Ueberschaumens zu meiden. Die eingedampfte wassrige Losung wird noch heiss unter starkem Rtihren zunachst mit 0,5 g Chlorkalium und sodann mit 130 ccm 95 procentigem Alkohol versetzt. Man ruhrt 1 Minute , lasst 2. Bestimmung der Gesammt-Weinsaure in Rohmaterialien. 15 uber Nacht stehen, filtrirt und wascht mit 95 procentigem Al- kohol aus. Der Niederschlag wird auf dem Filter nach Durch- stossen desselben in Wasser gelost, in das gleiche Becherglas zuriickgespult und die etwa 150 ccm betragende Losung zum Sieden erhitzt und sodann mit V 10 -Normal-Kalilauge titrirt, wo- bei die Endreaktion durch Tiipfeln auf empfindliches Lakmus- papier ermittelt wird. Die gefundene Anzahl Kubikcentimeter Yio - Normal - Kalilauge wird zur Korrektur des unloslichen Theils der angewandten Substanz, sowie der nie ganz fehlen- den anderen sauren Korper in der nachstehenden Weise ge- kiirzt und entspricht alsdann den Procenten Weinstein im untersuchten Material : bei 20 procentigem Material 0,8 - 30 0,7 40 0,6 - 50 0,5 - 60 0,4 - 70 0,3 - 80 0,2 - 90 0,1. Die Methode, deren Begriindung und Kritik sich aus den Bemerkungen bei der Gesammt-Weinsaure -Analyse ergiebt, liefert fiir die Praxis brauchbare Zahlen. 2. Bestimmnng der Gesammt -Weinsaure in Rohmaterialien. Bei der Bestimmung der Gesammt-Weinsaure in einem Rohmaterial handelt es sich zunachst darum, die ganze Menge der vorhandenen Weinsaure in Losung zu bringen und gleich- zeitig den in Form von Salzen vorhandenen Kalk quantitativ auszufallen; denn nur so gelingt es, bei der spateren Weinstein- Fallung das Bitartrat frei von weinsaurem Kalk zu erhalten. Auch Warington erkannte, dass die Losung der Weinsaure unter volliger Abscheidung des Kalkes leicht durch Kochen der weinsaurehaltigen Substanzen mit einem Ueberschuss von }6 Analytische Methoden. kohlensaurem Kalium gelingt. Aber er verwarf cliese Methode, welche erst spater wieder in Aufnahme kam, well die alkalisch reagirenden Losungen durch Wein- und andere Farbstoffe tief dunkel gefarbt waren. So arbeitete Warington in sorgfaltiger Weise ein Verfahren aus, dessen Grundztige in Folgendem be- standen: Ausfallen des vorhandenen Kalkes durch neutrales, oxalsaures Kalium, Neutralisiren der Masse niit Kalilauge, Filtriren, Abscheiden des Weinsteins in der Losung durch Citronensaure und Chlorkalium. Letzteres wurde zugesetzt, weil Bitartrat in Chlorkalium-Losung weit schwerer loslich 1st als in Wasser. Als Waschflussigkeit diente mit Weinstein ge- sattigte Chlorkalium-Losung. Diese Warington'sche Methode der Gesammt-Weinsaure-Bestimmung wurde durch umfangreiche und schone Arbeiten von B. J. Grosjean und Arthur Borntrager wesentlich verbessert, konnte ihren Platz in der Praxis aber trotzdem nicht behaupten , weil es inzwischen einer deutschen Weinsaure-Fabrik gelungen war, ein analytisches Verfahren auszuarbeiten , welches gleich gute Resultate auf einfacherem und ktirzerem Wege lieferte. Um die etwas umstandliche Warington'sche Methode zu umgehen, batten Goldenberg, Geromont & Co. ein anscheinend ursprtinglich von Jules herriihrendes Verfahren beschrieben, welches sich im Handel unter dem Namen ,,Original-Methode Goldenberg" vielfach eingebtirgert hatte und welches ktirz in Folgendem bestand: Kochen der Substanz mit einem Ueber- schuss von kohlensaurem Kalium, Filtriren, Fallen eines ali- quoten Theils der Losung mit Essigsaure und Alkohol und Titriren des Weinstein-Niederschlags. Die Methode war nicht frei von Fehlern. Einerseits ist der Weinstein nicht ganz un- loslich in dem Gemisch von verdunntem Alkohol und Essig- saure, andererseits gelangte bei dem Verfahren eine nicht un- betrachtliche Menge saurer organischer Substanzen, als Pektin- oder humose Korper bezeichnet, zur Abscheidung, welche als Weinstein mit titrirt wurden. Die Resultate waren deshalb durchgehends erheblich holier als der wahre Weinsaure-Gehalt. Da die Analysen-Ergebnisse von der Grosse des Ueberschusses 2. Bestimmung der Gesammt-Weinsaure in Rohmaterialien. 17 an angewandtem kohlensauren Kalium abhingen und die zur Ti- tration kommenden Weinstein-Losungen stark gefarbt waren, so wichen die Resultate verschiedener Analytiker tiberdies nicht selten um Procente Weinsaure von einander ab. Dieser Uebelstand naachte sich im Handel mit Weinsaure-Rohmate- rialien hochst unangenehm ftihlbar. Die Firma Goldenberg, Geromont & Co.-Winkel erwarb sich. daher ein Verdienst, als sie durch die Veroffentlichung ihrer Salzsaure-Methode ein Verfahren der Weinsaure-Bestimmung in Rohmaterialien lieferte, welches alien technischen Anfor- derungen durchaus entspricht. Da die Methode von grund- legender Bedeutung ftir den Handel mit Weinsaure-Rohmate- rialien geworden ist, lasse ich sie zunachst im Wortlaute folgen, um sodann die Beschreibung des Verfahrens mit einigen kleinen Abanderungen zu geben, wie sich ahnliche wohl in den meisten Weinsaure-Laboratorien eingebiirgert haben. ,,Analyse von trockner Weinhefe: 6g feingepulverte Weinhefe werden iui Becherglase mit 9 ccm Chlorwasserstoff- saure vom spec. Gew. 1,10 bei Zimmertemperatur gleichrnassig angertihrt, allmahlich mit etwa dem gleichen Volum Wasser versetzt und unter ofterem Umriihren 1 bis 2 Stunden digerirt. Die Mischung mit Wasser auf 100 ccm gebracht wird durch ein trockenes Faltenfilter filtrirt. 50 ccm der Losung werden in einem wohlbedeckten Becherglase mit 10 ccm Kaliumcarbo- nat-Losung enthaltend 3 g K 2 CO 3 versetzt, langere Zeit gekocht, bis die Kohlensaure vollig ausgetrieben ist und das Calciumcarbonat sich krystallinisch abgeschieden hat. Durch Filtriren und Auswaschen von dem Niederschlage getrennt, wird die Fliissigkeit in einer Porzellanschale auf 10 ccm ein- gedampft, mit 22,5 ccm Eisessig allmahlich unter starkem Riihren angesauert, alsdann mit ca. 100 ccm reinem Alkohol von 90 96 Tr. versetzt und so lange umgeruhrt, bis der in der alkoholischen Fliissigkeit schwebende Niederschlag ein fein krystallinisches Aussehen hat. Nach ofterem Dekantiren, Filtriren durch ein 9 cm -Filter werden Schale, Filter und Xiederschlag durch sorgfaltigstes Auswaschen mit Alkohol Rasch, Weinsaure. 2 Jg Analytische Methoden. von Essigsaure vollkommen befreit, Filter sammt Niederschlag aus dem Trichter in ein Becherglas gebracht, die Schale mit kochendem Wasser in das Becherglas ausgesptilt und die er- haltene Losung mit Normal - Alkali titrirt. Die Anzahl der verbrauchten Kubikcentimeter Normallauge mit 5 multiplicirt geben den Weinsaure -'Gehalt der untersuchten Hefe in Pro- centen an. Unter Berticksichtigung des Volums des in Chlor- wasserstoffsaure ungelosten Riickstandes sind bei gefundenem Weinsauregehalt von 20 Proc. 0,7 Proc., bei (20 + n) Proc. - (0,7 + n . 0,02) Proc. Weinsaure in * Abzug zu bringen. (Diese Korrektion entspricht sehr annahernd den an Durch- schnittsmustern experimentell ermittelten Volumina der unge- losten Rtickstande.)" ,,Zur Analyse von Weinstein und weinsaurem Kalk werden 3g Substanz mit 9 ccin Chlorwasserstoffsaure , spec. Gew. 1,10, digerirt, der Rtickstand durch Filtriren und Aus- waschen von der Losung getrennt, letztere auf 100 ccm ver- diinnt und hiervon 50 ccm nach dem oben angegebenen Ver- fahren behandelt und analysirt. Der Procentgehalt an Wein- saure ergiebt sich dann durch -Multiplikation der Anzahl der verbrauchten Kubikcentimeter Normal alkali mit 10." Da es bei analytischen Operationen, welche als Grundlage fiir bedeutende Handels-Geschafte dienen, von unzweifelhaft grossem Werth ist, dass auch die Einzelheiten des Verfahrens von verschiedenen Analytikern in durchaus gleicher Weise ausgefiihrt werden, so gebe ich im Folgenden die Beschreibung der Goldenberg-Salzsaure-Methode mit den kleinen Abande- rungen, welche sich in mehrjahriger Praxis von Fachgenossen und mir als zweckentsprechend erwiesen haben. Ich ernpfehle somit die Methode in folgender Form zur allgemeineii Annahme : 15 g Weinhefe (7,5 g eines hochprocentigen Materials) werden in einem Becherglase mit 25 ccm Wasser und 25 ccm einer Salzsaure vom specifischen Gewicht 1,1 wahrend 2 Stunden in der Kalte unter allmahlichem Zusatz von weiteren 25 ccm Wasser digerirt. Die Masse wird in einen 250ccm-Kolben gesptilt, der Kolben bis zur Marke angeftillt und durch- 2. Bestimmung der Gesammt-Weinsaure in Rohmaterialien. 19 geschiittelt. Man filtrirt durch ein trockenes Faltenfilter in ein trockenes Gefass. 100 ccm des Filtrats werden in eineni Becher- glase mit 20 ccm einer Losung kohlensauren Kaliums (500 g K 2 C0 3 im Liter enthaltend) vorsichtig versetzt und sodann 5 Mi- nuten gekocht, wahrend welcher Zeit die Kohlensaure vertrieben ist und der Niederschlag von kohlensaurem Kalk sich kornig abgeschieden hat. Sodann wird die Masse nach dem Abkiihlen in einen 200 ccm-Kolben gespiilt, der Kolben bis znr Marke aufgefiillt. (Der hierbei zuweilen sehr lastige Schauru kann durch vorsichtigen Zusatz eines Tropfens Alkohol entfernt werden.) Man filtrirt, entnimmt dem Filtrat 50 ccm, dampft im Becherglase auf dem Wasserbad auf etwa 1 5 ccm ein, versetzt nach einander unter stetigem Umrtihren mit 3 ccm Eisessig und 130 ccm Alkohol von 95 Proc., lasst tiber Nacht stehen, filtrirt und wascht mit Alkohol von 95 Proc. aus. Der Niederschlag wird auf dem Filter, nach Durchstossen desselben, in heissem Wasser gelost, in das gleiche Becherglas zurtickgesptilt und die etwa 150 ccm betragende Losung zum Sieden erhitzt. Man titrirt mit Y 10 -Normal-Kalilauge unter Tiipfeln auf empfindliches Lakmus- papier. Das in Procenten Weinsaure angegebene Analysen- Resultat wird zur Korrektur des Volumens ungeloster Substanz beim Anfiillen der Messkolben in folgender Weise gektirzt: Bei Hefe von 15 Proc. Weinsaure um 0,8 Proc. - 20 - - 0,7 - - 25 - - 0,6 - 30 - - 0,5 - 35 - 0,4 weins. Kalk - 30 - - 1,0 - 40 - 0,8 - 50 - - 0,6 - Weinstein 40 0,4 - 50 - - 0,3 - - 60 - - 0,2 - Zur Erreichung ubereinstimmender Resultate unter ver- schiedenen Analytikern ist es erforderlich, dass bei der Aus- fiihrung von Goldenberg's Salzsaure-Methode einige Vorsichts- 20 Analytische Methoden. inaassregeln sorgfaltig beobachtet werden, die ich auf die Gefahr, schon Gesagtes zu wiederholen oder Selbstverstandliches an- zugeben, unter Verwerthung des mit liervorragenden Handels- analytikern gepflogenen Briefwechsels 1 ) hier nochmals zu- sammenfassen mochte: 1. Die zu analysirende Probe muss durch Mahlen sehr fein gepulvert sein. 2. Destillirtes Wasser und Alkohol mtissen vollkommen neutrale Eeaktion zeigen. 3. Das kohlensaure Kaliuin soil rein und frei von Eisen und Thonerde sein. 4. Die Behandlung der Probe mit Salzsaure darf nicht unter Erwarmen, sondern muss in der Kalte vorgenommen werden. 5. Das Eindampfen der kaliumcarbonathaltigen Losung darf nicht zu weit fortgesetzt werden, die Fallung mit Essig- saure muss in der Warme erfolgen; beides, damit sich der Weinstein in der erforderlichen feinkrystallinischen Be- schaffenheit abscheidet. 6. Die Essigsaure soil nicht unter 98 Proc. stark sein, da- mit nicht zu geringe Mengen verwandt werden. 7. Das Auswaschen des Weinsteinniederschlags muss sehr sorgfaltig vorgenommen werden. Der Niederschlag wird auf dem Filter durch den Alkoholstrahl zunachst aufgewirbelt. Man spritzt sodann, den Strahl stetig herumftihrend, auf den Trichterrand oberhalb des Filters. In den meisten Fallen gentigt es, das Filter 5 mal zu 3 /4 auf diese Weise mit Alkohol anzufullen. Jedenfalls ist bei jeder Analyse vor Schluss des Auswaschens mit etwa 20 ccm der Waschflussigkeit zu prufen, ob das Auswaschen thatsachlich beendet ist. 8. Das Filter darf nicht mit in die zu titrirende Fltissig- keit gebracht und in derselben verriihrt werden. Der Nieder- schlag ist vielmehr nach Durchstossen des Filters abzuspiilen l ) Eingehende Beriicksichtigung fanden briefliche Mittheilungen des Herrn Dr. Moslinger in Speyer. 2. Bestimmung der Gesammt-Weinsaure in Rohmaterialien. 21 und das Filter mit Wasser auszuwaschen. Die Resultate konnen sonst selbst bei Verwendung von Filterpapier bekannter Firmen erheblich zu niedrig ausfallen. 9. Die zum Titriren dienende V 10 -Normal-Kalilauge muss kohlensaurefrei, ihr Titer auf reinen Weinstein unter An- wendung von Lakmuspapier als Indikator gestellt sein. 10. Die Titration muss in der Hitze zu Ende gefiihrt werden. Als Indikator ist das gleiche Lakmuspapier zu ver- Avenden, welches zur Einstellung der Lauge diente, nicht ein solches von anderer oder spaterer Herstellung. Es wurde schon oben hervorgehoben , dass Goldenberg's Salzsaure-Methode, ausgefuhrt unter den erforderlichen Vorsichts- maassregein, alle Anforderungen erfullt, welche man an ein fur die Technik bestimmtes analytisches Verfahren zu stellen braucht. Wie Dr. Boessneck richtig bemerkt, wird durch das Ausziehen der fein gepulverten Substanz mit der angegebenen Menge von Salzsaure unzweifelhaft alle vorhandene Wein- saure in Losung gebracht, ohne dass eine betrachtliche Menge der anderweitigen sauren organischen humosen Substanzen in Losung gefiihrt wird. Nur bei einigen Hefen besonders schlechter Qualitat zeigt eine bei langerem Stehen der salz- sauren Losung auftretende Triibung an, dass man auch bei der Salzsaure-Methode von den Pektinstoffen noch nicht vollig befreit ist und dass diese humosen Substanzen mithin dem Weinsauregehalt in solchen Ausnahmefallen wenig hoher er- scheinen lassen konnen, als er thatsachlich ist. Dass bei den Kochen mit kohlensaurem Kalium unter Ausfallung der ganzen vorhandenen Kalknienge sammtliche Weinsaure in Losung geftihrt wird, ist ebenso sicher wie, dass die Abscheidung des Weinsteins aus dem Essigsaure-haltigen verdtinnten Alkohol in Folge der Gegenwart des Chlorkaliums vollstandig ist. In- dessen fallen mit dem Weinstein zugleich die in der urspriing- lichen Substanz vorhandenen kleinen Mengen von Phosphor- saure, Thonerde und Eisen aus, soweit diese Verunreinigungen mit in die salzsaure Losung und in das kohlensaueralkalische Filtrat iibergegangen sind. Dies findet nur in beschranktem 22 Analytische Methoden. Maasse statt. Immerhin 1st aber nicht zu verkennen, dass hierdurch kleine Quantitaten von Weinsaure fur die Analyse bei Anwendung von Lakmuspapier als Indikator verloren gehen konnen. Der dadurch etwa herbeigeftihrte Minder- befund kommt aber in keinerWeise dem Weinsaure-Fabrikanten zu gute. Vielmehr ist es gerade der Gehalt des Rohmaterials an Phosphorsaure , Thonerde und Eisen, welcher zur Ver- mehrung der Weinsaure -Verluste durch die Abwasser, zur Bildung der Restlaugen bei der Krystallisation, zur Umbildung der Rechtsweinsaure in werthlose Modifikationen und zur Zer- setzung der Saure fuhrt. Je mehr also ein Rohmaterial an jenen schadlichen Substanzen enthalt, um so weniger werth- voll ist es fur den Fabrikanten. Man kann es daher geradezu als Erforderniss einer analytischen Methode fiir den Handel mit Weinsaure-Rohmaterialien hinstellen, dass in dem Ergebniss derselben die kleinen Mengen von Weinsaure, welche mit Thonerde und Eisen verbunden sind, nicht zum Ausdruck gelangen. Die Menge der in Mischung mit schadlichen Sub- stanzen vorhandenen Weinsaure kann man ermitteln, wenn man die gegen Lakmuspapier neutral reagirende Fltissigkeit in der Siedhitze unter Verwendung von Phenolphtalein als Indikator weiter titrirt. Die Titerstellung der Normallauge ist fiir diesen Zweck ebenfalls mit Phenolphtalein gegen chemisch reinen Weinstein zu bewirken. Durch Analyse von Mischungen reinen Weinsteins mit Thonerde-, Eisen- und Phosphorsauresalzen wurde ermittelt, dass unter Verwendung von Phenolphtalein als Indikator auch in diesen Fallen Resultate erzielt werden, welche clem thatsachlichen Weinsauregehalt der Mischung ent- sprechen, wahrend sich bei Verwendung von Lakmuspapier als Indikator ein je nach der Menge der zugesetzten Reagentien (Salzsaure, Kaliumcarbonat, Essigsaure) und nach der Menge der in der Mischung enthaltenen Thonerde- u. s. w. Salzen wechselnder Fehlbetrag ergiebt. Bei guten italienischen Hefen und bei guten Rohweinsteinen stimmen die Titrationen der Analyse mit Lakmuspapier und mit Phenolphtalein annahernd iiberein. Bei minderwerthigen 3. Weinsaure-Bestimmung bei Betriebs-Analysen. 23 Hefen ergeben sich Differenzen von 0,5 bis 1,0 Proc. Wein- saure. Der auf die vorhandene Weinsaure bezogene Gehalt an Phosphorsaure, Thonerde und Eisen ist bei solchen Hefen verhaltnissmassig hoch. Grossere Unterschiede als 1 Proc. in den Titrationen mit beiden Indikatoren kommen wohl nur bei Rohmaterialien vor, welche mit Fabrikations-Restprodukten vermischt sind. Fur die zur Betriebs-Kontrolle ausgefiihrten Analysen ist die Verwendung von Phenolphtalein als Indikator geboten. Schon Dr. Lampert machte sehr richtig darauf aufmerksam, dass hier das gewohnliche analytische Verfahren im Stich lasst. Die Begriindung, warum bei den Betriebs-Analysen anders zu operiren ist, wird sich bei Darlegung der Fabrikation er- geben. Es moge jetzt eine kurze Beschreibung derjenigen Ana- lysen gegeben werden, deren Ausfuhrung in Weinsaurebetrieben haufiger erforderlich ist. Die Methoden haben sich mir in langerer Praxis als brauchbar erwiesen und besitzen, wie ich durch zahlreiche Kontroll-Bestimmungen ermittelte, den fur ihren technischen Zweck nothigen Grad von Genauigkeit. 3. Weinsanre-Bestimnmng bei Betriebs-Analysen. Weinsaurer Kalk: 6 g Substanz werden mit 10 ccm Kaliumcarbonat-Losung (500 g K 2 C0 3 imLit.) und etwa 150 ccm Wasser ungefahr 10 Minuten gekocht, zu 200 ccm im Mess- kolben aufgefiillt, filtrirt. Vom Filtrat werden 50 ccm einge- dampft, mit 3 ccm Eisessig und 130 ccm Alkohol gefallt. Titration mit Vjo-Normal-Kalilauge liefert Procente Weinsaure (Indikator: Phenolphtalein). Weinsaure-Laugen: 10 ccm der Lauge (abgemessen mit einer Pipette, deren Marke fur diesen Zweck besonders er- mittelt ist, oder dui*ch Verdunnen von 100 ccm Lauge zu 500 ccrn und Entnahme von 50 ccm) werden mit 40 ccm Kaliumcarbonat-Losung obiger Koncentration kurze Zeit ge- kocht, auf 200 ccm aufgefiillt, filtrirt. Vom Filtrat werden 24 Analytische Methoden. 10 ccm durch 3 ccm Eisessig und 130 ccm Alkohol gefallt. Gefundene ccm y io -Normallauge m it 30 multiplicirt, ergeben g Weinsaure im Liter (Indikator: Phenolphtale'in). Alte Mutterlauge: 10 ccm der alten Lauge werden mit 60 ccm Kaliumcarbonat-Losung gekocht, auf 200 ccm aufgefiillt, filtrirt. Vom Filtrat werden 20 ccm mit 5 ccm Eisessig und 130 ccm Alkohol gefallt. Gefundene ccm y io -Normallauge, multiplicirt mit 15, ergeben g Weinsaure irn Liter. Abfallprodukte: Hefertickstande und Gyps: 300 g werden in einer Porzellanschale mit 25 ccm Salzsaure und 500 ccm Wasser unter Riihren bis zum Sieden erhitzt, ein Theil der Fliissigkeit abfiltrirt. 100 ccm des Filtrats werden mit 10 ccm Kaliumcarbonat-Losung obiger Koncentration kurze Zeit gekocht und, ohne weiteres Auffiillen auf ein bestimmtes Volumen, abfiltrirt. Vom Filtrat werden 50 ccm ohne Ein- dampfen mit 3 ccm Eisessig und 130 ccm Alkohol gefallt. 5 ccm zum Titriren verbrauchter V^-Normallauge entsprechen annahernd 0,1 Proc. in den Ruckstanden vorhandener Wein- saure. (Indikator: Phenolphtale'in.) Abwasser: (bei dem Ausfallen von weinsaurem Kalk ent- stehende Abfall-Lauge). Methode A (nur verwendbar bei unter Druck gekochtem Rohmaterial) : 200 ccm des Abwassers werden eingedampft auf etwa 50 ccm, sodann einige Minuten mit 10 ccm Kalium- carbonat-Losung gekocht, auf 100 ccm aufgefiillt und filtrirt. Vom Filtrat werden 50 ccm ohne Eindampfen mit 3 ccm Eis- essig und 130 ccm Alkohol gefallt. 10 ccm V^-Normal-Kalilauge entsprechen 1.50 g Weinsaure im Liter. (Indikator: Lakmus- papier.) Methode B (allgemein verwendbar; unumganglich bei alien Abwassern, welche humose Substanzen der Hefen ent- halten): 200 ccm des Abwassers werden auf etwa 50 ccm ein- gedampft, einige Minuten mit 10 ccm Kaliumcarbonat-Losung gekocht, auf 100 ccm aufgefiillt, filtrirt. 60 ccm des Filtrats werden in einem Messcylinder mit 10 ccm Salzsaure von spec. Gew. 1,1 versetzt und sodann mit Alkohol zu einem Gesammt- II. Andere analytische Bestimmungen. 25 volumen von 180 ccm aufgeftillt. Man schtlttelt um, filtrirt sofort und giebt unverziiglich zu 150 ccm des Filtrats nach einander 10 ccm Kaliumcarbonat-Losung, 5 ccm Eisessig und 100 ccm Alkohol, riihrt kraftig um, lasst bis zum folgenden Tage stehen, filtrirt und titrirt den Weinsteinniederschlag. Die Berechnung ist wie bei Methode A. (Indikator: Phenolphtalein.) II. Andere in Weinsaure-Betrieben hautig yorkommende analytische Bestimmungen. Ermittlung des Quotienten der Verunreinigungen (Gemeinschaftliche Bestimmung von Thonerde, Phosphorsaure und Eisen): 10 g Substanz oder 100 ccm Lauge werden in einer Platinschale verascht; weinsaurer Kalk wird hierbei zweckmassig zuvor mit Zuckerlosung angefeuchtet, um ein Verstauben zu verhiiten. Die Asche wird gut verrieben und dann mit verdunnter Salzsaure etwa 20 Minuten gekocht. Man ftillt die Masse im Messkolben auf 200 ccm auf, filtrirt und fallt 100 ccm des Filtrats mit Ammoniak in der Hitze. Der Nieder- schlag wird, wenn gypshaltig, nochmals in Salzsaure gelost und mit Ammoniak gefallt. Der Amrnoniak-Niederschlag wird gegliiht, gewogen und in Procenten auf die in dem unter- suchten Material vorhandene Weinsaure berechnet. Das Er- gebniss stellt den ftir die Beurtheilung der Betriebs-Produkte wichtigen ,,Verunreinigungs-Quotienten" dar. Bestimmung der freien Schwefelsaure in Wein- saure-Laugen: 20 ccm der Laugen werden mit Alkohol zu 200 ccm aufgefullt, tiber Nacht der Ruhe iiberlassen und filtrirt. Aus 100 ccm des Filtrats wird nach dem Verjagen des Alkohols die Schwefelsaure durch Chlorbaryum ausgefallt und als Baryum- sulfat gewogen. Bestimmung des Chlorgehalts der Eohlaugen: Da der Gehalt an Alkalisalzen in den Weinsiiure-Laugen fur die Krystallisation der Weinsaure-Laugen sehr verhangnissvoll wer- den kann, mtissen regelmassige Bestimmungen derselben in den dem Krystallisations-Betrieb zugefiihrten Rohlaugen vorge- 26 Analytische Methoden. nommen werden. Die umstandliche direkte Bestimmung der Alkalimetalle lasst sich meistens, da sie nur als Chloride vor- handen sein konnen, durch eine Chlorbestimmung ersetzen. Man erfahrt so, ob der weinsaure Kalk oder die Hefemassen durch Auswaschen geniigend gereinigt sind. 1 Liter der Weinsaure-Lauge wird mit trockener, gemahlener Kreide neutralisirt; von der tiberstehenden Fliissigkeit werden 500 ccm zunachst eingedampft, dann in einer Platinschale verascht, unter Zusatz von Salpetersaure bis zur schwachsauren Reaktion in heissem Wasser gelost, filtrirt und im Filtrat nach der Neutralisation mit Natriumbicarbonat mit y io - Normal- Silberlosung das Chlor unter Verwendung von Kaliumchromat als Indikator titrirt. Die gefundene Anzahl ccm y io -Normal- Silberlosung wird entsprechend dem Chlorgehalt der im Be- triebe verwandten Schwefelsaure gektirzt und liefert sodann mit 0,0149 multiplicirt: g Chlorkalium im Liter der Lauge. Den Chlorgehalt der Schwefelsaure ermittelt man empirisch in obiger Weise an einer der Weinsaure-Lauge in Koncentration entsprechenden Schwefelsaure. Es seien beispielsweise bei einer Weinsaure-Rohlauge von 10 Be. gefunden: 8,0 ccm ab fur Cl-Gehalt der Schwefelsaure: 1,0 bleibt: 7,0 ccm x 0,0149 0,104 g KC1 p. 1. Ein derartiger Alkali-Gehalt in Rohlaugen ist normal und unbedenklich. Die Fabrikation der Weinsaure. Die Fabrikation der Weinsaure zerfallt in die folgenden 3 Phasen: 1. Darstellung der Weinsaure-Rohlauge, 2. Gewinnung der reinen Weinsaure (Krystallisation), 3. Aufarbeitung der Restlaugen. In den Weinsaure-Rohmaterialien ist die Saure als saures Kaliumsalz und, meistens in verhaltnissmassig geringen Mengen, als Kalksalz vorhanden. Man fiihrt nun zunachst allgemein die Gesammt-Menge der Weinsaure in das unlosliche Kalk- salz tiber 1 ), zerlegt dies durch Schwefelsaure in Gyps und Weinsaurelosung und trennt letztere durch Filtration von dem unloslichen Rtickstande. Aus der so erhaltenen Weinsaure- Rohlauge wird sodann durch systematisches Eindampfen, Ent- farben und Krystallisiren fertige Handelswaare gewonnen. Die bei der Krystallisation sich ergebenden Restlaugen werden unter Beobachtung geeigneter Vorsichtsmaassregeln in weinsauren Kalk ubergefuhrt, aus welchem durch Schwefelsaure wieder Weinsaure-Rohlauge gewonnen wird. Eine Fabrik, in welcher taglich 1000 kg Weinsaure fertig- gestellt werden sollen, bedarf einer Dampfkessel-Anlage von 200 qm Heizflache und einer Maschinen-Anlage ' von etwa 80 Pferdekraften. a ) Die von Kessler im Jahre 1858 vorgeschlagene Darstellung der Weinsaure direkt aus Weinstein durch Kieselfluorwasserstofifsaure ist im Fabrik-Betriebe niemals ausgefiihrt worden. 28 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. I. Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. Zur Verarbeitung der Rohmaterialien auf Weinsaure-Roh- lauge sind vier verschiedene Verfahren in Gebrauch, welche unter den folgenden Namen naher beschrieben werden mogen : 1. das Dekantir- Verfahren, 2. Dietrich's Hochdruck-Verfahren, 3. das Rost-Verfahren, 4. das neutrale Verfahren. Wie oben ausgefuhrt, ist das Hauptrohmaterial fur die Weinsaure-Fabrikation jetzt die Weinhefe, auf deren Verar- beitung mithin jede grossere Fabrik ihr Verfahren einrichten rnuss. Die Schwierigkeit bei der Verarbeitung dieses Materials liegt darin, dass einmal die Hefemassen in Folge ihrer schlei- migen Beschaffenheit nach dem Anrubren mit Wasser oder ver- diinnten Sauren ohne besondere Vorkehrungen nicht abfiltrirt werden konnen, und dass andererseits wegen des verhaltniss- massig niedrigen Weinsaure- Gehalts nach Extrahirung der Weinsaure grosse Mengen von Riickstand verbleiben. Das vollige Auswaschen dieser Rtickstande erfordert betrachtliche Mengen von Flussigkeit, aus welcher dann durch Fallen oder Eindampfen die Weinsaure gewonnen werden muss. Bei den drei zuerst genannten Verfahren wird aus dem sauren Extrakt des Rohmaterials die Weinsaure als Kalksalz gefallt. Hierbei entstehen grosse Mengen von Abwasser, deren moglichst voll- standige Befreiung von Weinsaure erreicht werden muss, wenn nicht durch die Fabrikation kostspielige Weinsaure-Verluste entstehen sollen. 1. Das Dekantir -Verfahren. Das Dekantir- Verfahren war bei Verarbeitung der Wein- hefe zuerst allgemein tiblich und wird in kleineren Fabriken auch heute noch in der ursprunglichen Form angewandt. Man versetzt die Weinhefe mit einer hinreichenden Menge von Salz- oder Schwefelsaure , erhitzt zum Sieden, lasst absitzen und zieht die tiber dem festen Rtickstande sich sammelnde Lauge 1. Das Dekantir -Verfahren. 29 ab. Der Rtickstand wird mit Wasser in ahnlicher Weise so lange dekantirt, bis er von Weinsaure hinreichend befreit ist. Aus den gewonnenen Laugen, welche neben freier Weinsaure die Kalium- und Kalksalze der angewandten Mineralsaure ent- halten, wird die Weinsaure durch Zusatz von Kalk oder Kreide gefallt. Durch langeres Rtihren wird ein nioglichst vollstandiges Fallen des weinsauren Kalks zu erreichen gesucht. In dieser Form ist das Verfahren fur den Grossbetrieb nicht geeignet, weil zu grosse Mengen an saurem Extrakt und damit spater an Abwasser erzielt werden und weil die Ope- rationen zu zeitraubend sind. In etwas abgeanderter Weise ist aber dies alte Verfahren auch gegenwartig noch in mehreren grosseren Fabriken in Gebrauch. Die Ausfuhrung gestaltet sich folgendermaassen : Die Weinhefe wird zunachst gemahlen. Hier wie auch bei dem spater zu beschreibenden neutralen Verfahren ist ein gries- formiges Mahlprodukt anzustreben, in welchem nioglichst wenig feines Mehl enthalten ist und welches frei ist von groberen Stticken. Man erzielt ein derartiges Produkt mittelst Mahlgang, Konusmuhle oder Kugelmuhle. Am wenigsten zu empfehlen ist schon wegen der oft erforderlichen Reparaturen die Konusmuhle. Gut verwendbar ist der Mahlgang, jedoch gelingt auf demselben die Zerkleinerung der zahen und nicht ganz trockenen Hefen verhaltnissmassig schwer. Die Kugelmiihlen des Gruson-Werks mit stetiger Ein- und Austragung eignen sich fur unsere Zwecke am meisten. Die hinreichend fein geniahlene Hefe wird in ausgebleiten Biitten, welche mit gut wirkenden holzernen Rtihrwerken ver- sehen sind, zunachst mit kaltem Wasser angeriihrt. Auf je 1000 1 Fassungsraum der Biitten kann man 125 bis 150 kg Hefe anruhren. Man versetzt die Masse sodann mit der zur Losung der weinsauren Salze erforderlichen Menge von Salz- oder Schwefelsaure. Auf je 100 kg Weinsaure im Rohmaterial ver- wendet man 150 kg Salzsaure von 2022 Be. oder 90 kg Schwefelsaure von 60 Be. 30 Darstellung der Weinsaure-Kohlauge. Dies Saurequantum entspricht annahernd der Menge der Weinsaure, wenn letztere als neutrales Salz vorhanden ware. Da man sammtliche Operationen zweckmassig in der Kalte aus- fuhrt, empfiehlt es sich bei der Schwerloslichkeit des Weinsteins nicht, einen Abzug an Mineralsaure fiir die als saures Salz vorhandene Weinsaure zu machen. Nach dem Anfullen der Butte mit Wasser lasst man das Rtihrwerk noch eine Stunde lang laufen und stellt dasselbe sodann ab. Die Hefe setzt sich in verhaltnissmassig kurzer Zeit zu Boden; man zieht die dariiber stehende Losung ab, dekantirt noch ein- oder zweimal mit Wasser, lasst die Masse, von Neuem mit Wasser angeruhrt, in einem Druckcylinder, am besten aus Kupfer bestehend, ab und presst sie durch Filterpressen. Die abfliessende Lauge wird mit den vorher abgezogenen Losungen in den Fallbutten gesammelt, die Presskuchen zur Gewinnung der Weinsaure- Reste nochmals mit Wasser angeruhrt und wie zuvor mittelst Filterpressen abgepresst. Das so gewonnene letzte Waschwasser dient zum Ansetzen frischer Hefemassen. Wegen der in der Hefe enthaltenen schleimigen Substanzen gelingt es nicht, die Presskuchen in den Filterpressen selbst durch eine Auslauge- Vorrichtung auszuwaschen. Das angefuhrte Abraumen der Pressen und erneute Anrtihren der Kuchen mit Wasser ist mit- hin nicht zu umgehen. Bevor die Riickstande aus der Fabrik entfernt werden, sind sie auf Weinsaure -Gehalt sorgfaltig zu prtifen. Zu den in den Fallbutten gesammelten sauren Losungen der weinsauren Salze wird zunachst Kalkmilch so lange zuge- geben, bis eine Probe, mit fein gemahlener Kreide versetzt, riur noch ein schwaches Aufbrausen erkennen lasst. Man giebt hierauf noch so lange kleine Mengen fein gemahlener in Wasser aufgeschlemmter Kreide hinzu, bis sich bei einer Probe des Btitten-Inhalts auf Zusatz verdunnter Schwefelsaure nach einiger Zeit eine schwache Kohlensaure-Entwicklung wahrnehmen lasst. Die Fallbutten,- in welchen die letzteren Operationen vor- genommen werden, brauchen nicht verbleit zu sein ; sie miissen ein gut wirkendes Rtihrwerk enthalten und sind zweckmassig mit einem Zuleitungsrohr fur Kalkmilch versehen. Diese Kalk- 1. Das Dekantir-Verfahren. 3J milch-Leitung istzweizollig zu wahlen und wird mit einem Dainpf- zuleitungsrohr verbunden, damit sie bei etwaigem Verstopfen der Rohre ausgeblasen werden kann. Das Abloschen des Kalks erfolgt in einem erhoht aufgestellten, mit Ruhrwerk versehenen eisernen Kasten, an welchem die Kalkmilchleitung angebracht ist. An der Leitung befinden sich tiber den einzelnen Biitten Rohrstutzen mit Hahnen, von welchen die Kalkmilch, bevor sie in die Btitten gelangt, noch durch ein engmaschiges Draht- sieb lauft, damit etwa vorhandene Sttickchen ungeloschten Kalks zurtickgehalten werden. Nach dem Ausfallen des weinsauren Kalks lasst man die Ruhrwerke noch mehrere Stun den, am besten bis zum folgenden Tage laufen, indem man von Zeit zu Zeit nachsieht, ob der erforderliche sehr geringe Ueberschuss von Kreide noch vor- handen ist und nothigenfalls kleine Mengen da von zusetzt. Nach beendigter Ausfallung stellt man das Rtihrwerk ab, lasst den weinsauren Kalk sich zu Boden setzen und zieht das uberstehende Abwasser ab. In demselben ist taglich der Wein- saure-Gehalt nach der oben beschriebenen Methode (B) zu be- stimmen. Es soil nicht mehr als 0,1 g Weinsaure im Liter enthalten. Den weinsauren Kalk riihrt man noch 2 bis 3 Mai mit Wasser an. Ein weiteres Auflosen desselben im Wasch- wasser ist, wie die Analyse der Waschwasser ergiebt, nicht zu befurchten; doch muss man sich hu'ten, die feinschlammig ausgefallten Mengen des Niederschlags mit der ursprtinglichen Lauge oder den nachfolgenclen Waschwassern abzuziehen, weil man dadurch grosse Verluste an, wenn auch durch Thonerde und Phosphorsaure verunreinigtem, weinsaurem Kalk erleiden wtirde. Der schliesslich in der Fallbiitte zuriickgebliebene weinsaure Kalk wird auf einem Nutschfilter trocken gesaugt, nochmals init kleinen Quantitaten Wasser ausgewaschen und sodann in die ausgebleite mit Rtihrwerk versehene Zersetzungs- biitte eingetragen, um hier mit der erforderlichen Menge von 50 oder 60 Be. starker Schwefelsaure in Gyps und Weinsaure- Rohlauge zerlegt zu werden. Man giebt so lange Schwefelsaure hinzu, bis eine abfiltrirte Probe nach Zusatz von etwa dem 32 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. gleichen Volumen lOprocentiger Chlorcalcium-Losung beim Kochen einen deutlichen flockigen Niederschlag von Gyps giebt. Bei einiger Uebung kann die Menge des Schwefelsaure- Ueberschusses mit dieser Probe leicht erkannt werden; ich ziehe sie deshalb der von Holbling empfohlenen Methylviolett- Probe entschieden vor. Die mit einem ausreichenden Schwefelsaure-Ueberschuss versetzte Masse wird in einen kupfernen oder ausgebleiten Presscylinder abgelassen und mit Luftdruck in Filterpressen gedrtickt. Die Gypskuchen werden mittelst Auslauge-Vorrich- tung in den Pressen ausgewaschen. Die urspriingliche Lauge lauft mit den starkeren Waschwassern zur Koncentration in den Krystallisir-Bau, wahrend die schwachen Waschwasser zum Anriihren von weinsaurem Kalk in der Zersetzungsbtitte ver- wandt werden. Der Gyps ist nach der Ruckstands-Analysen- Methode sorgfaltig auf Weinsaure zu priifen und wird erst dann aus der Fabrik entfernt, wenn er sich als annahernd weinsaurefrei erweist. Es ist hier besondere Vorsicht geboten, weil sich in den Gypskuchen beim Auswaschen leicht Kanale bilden, durch welche dann das Waschwasser rinnt, wahrend der Gyps stellenweise weinsaurehaltig bleibt. Das Dekantir-Verfahren ist in einigen Fabriken dahin ab- geandert, dass man in den Ansatzbiitten die mit Wasser an- gertihrte Hefe zunachst mit Kalkmilch neutralisirt und erst die so erhaltene Masse wie oben mit Schwefelsaure versetzt. Dies Verfahren hat den Vortheil, dass die vorhandenen Weinstein- Krystalle, welche in verdiinnten Sauren ziemlich schwer loslich sind, durch die Kalkmilch aufgeschlossen werden, und dass die Hefemassen in Folge der Gypsbeimengung sich besser filtriren lassen. 2. Dietrich's Hochdmck-Verfahren. Das Dietrich'sche Hochdruck- Verfahren stimmt in seinen Grundziigen mit dem eben beschriebenen Dekantir-Verfahren tiberein. Auch hier wird aus einem sauren Extrakt der Wein- hefe die Weinsaure als Kalksalz gefallt und dies mit Schwefel- 2. Dietrich's Hochdruck-Verfahren. 33 saure zersetzt. Der Unterschied besteht nur darin, dass bei dem Dietrich'schen Verfahren das Rohmaterial zur Zerstorung der schleimigeD, der Filtration hinderlichen Substanzen, zunachst mit Wasser angeriihrt, langere Zeit unter Dampfdruck gekocht wird. Das Verfahren, welches von E. Dietrich vor etwa 30 Jahren angegeben und in einigen Landern zum Patent angemeldet wurde, ist noch gegenwartig in Weinsaure-Fabriken vielfach in Ge- brauch, obwohl es unzweifelhaft mit wesentlichen Mangeln be- haftet ist und dem Dekantir- Verfahren in der zuletzt beschrie- benen Form eritschieden nachsteht. In Fabriken, welche Wein- hefe in feuchtem Zustande verarbeiten, konnte es freilich bis- her nicht wohl umgangen werden, weil die Verarbeitung der Teighefe nach dem Dekantir- Verfahren fur grossere Fabriken zu umstandlich und zeitraubend ist. Man verfahrt bei der Verarbeitung der feuchten Weinhefe nach Dietrich im Allgemeinen folgendermaassen. Die Weinhefe wird zunachst in holzernen, mit Rtihrwerk versehenen Btitten mit Wasser angertihrt. Hierauf wird der Alkohol, welcher, wie erwahnt, als Weinsprit geschatzt ist und zur Fabrikation von Cognak verwandt wird, abdestillirt. Am meisten ist fur diesen Zweck ein kupferner Savalle-Apparat geeignet. Man erhalt mit demselben in einer Destination einen Hefebranntwein von 70 80 Tr. Bei der Destination aus ein- fachen Blasen wird ein mindergradiger Sprit gewonnen. Da in demselben das Cognak 51, welches aus der Hefe mit tiber- destillirt, weniger loslich ist, so scheidet es sich ab und kann getrennt gewonnen werden, wahrend das werth voile Oel in dem Destillat des Savalle-Apparats gelost bleibt. Der Gehalt der Teighefe an reinem Alkohol pflegt im Durchschnitt 2 3 Proc. zu betragen. Die Gewinnung des Hefe-Branntweins kann selbst fur grossere, in Wein-Gegenden gelegene Fabriken manchmal lohnend sein; indessen wird im Grossbetrieb verhaltnissmassig so wenig feuchte Hefe verarbeitet, dass ich mir ein naheres Eingehen auf die Sprit-Gewinnung versagen kann, urn so mehr, da dieselbe sich von der Destination von Getreide- oder Kar- toffel-Maischen nicht wesentlich unterscheidet. Die entgeisteten Rasch, Weinsaure. 3 34 Darstellimg der Weinsaure-Rohlauge. Hefemassen lasst man in den Dampfkocher einlaufen. Die Verarbeitung erfolgt dann weiter wie bei trockner Hefe nach Dietrich's Verfahren. Die Zerkleinerung trockner Weinhefe zur Verarbeitung nach Dietrich braucht in weniger sorgfaltiger Weise zu er- folgen als bei dem Dekantir- und neutralen Verfahren. In der gemahlenen Masse konnen unbedenklich Hefestficke von Linsen- und Erbsengrosse vorhanden sein. Das Mahlen kann deshalb mittelst Desintegrator oder weit eingestellter Konus- mtihle vorgenommen werden. Man rtihrt die Hefe mit etwa dem Ya bis 3 / 4 fachen Gewicht Wasser nnter lebhaftem Kochen durch direkt zustromenden Dampf in holzernen, mit Rtihrwerk versehenen Btitten zu einem dtinnen Brei an und lasst denselben nach 1 bis 2 sttindigem Kochen wie die Teighefe in den Dampf- kocher einlaufen. Dieser ahnelt in Form und Verwendung den Cellulose -Kochapparaten. Man benutzt entweder einen innen mit Bleifiitter versehenen Schmiedeeisen-Kessel, oder man stellt den Kocher aus Kupferblechen, zuweilen wohl auch aus Gusseisen her. Die vielfach in Gebrauch befindlichen kupfernen Kessel sind den beiden anderen entschieden vor- zuziehen und erscheinen fur den vorliegenden Zweck allein als hinreichend betriebssicher. Die Bleifutter in schmiede- eisernen Kochern werden in Folge der ungleichen Ausdehnung der Metalle und der weichen Beschaffenheit des Bleis bei der Kochtemperatur leicht schadhaft; die weinsteinhaltige Fliissig- keit kommt dann in Beruhrung mit dem Eisen und ruft hier schnell Korrosionen hervor, welche bereits wiederholt zu Explosionen und schweren Betriebs-Unfallen gefiihrt haben. Holbling empfiehlt innen mit Mauerwerk ausgekleidete Schmiede- eisen-Kessel und giebt an, dass sich derartige Apparate im Betriebe gut bewahrt haben. Da eine Untersuchung, ob die Blechwandungen stellenweise Anrostungen erlitten haben, bei solchen ausgemauerten Kesseln kaum durchftihrbar 1st, so giebt der Betrieb derselben hinsichtlich der Sicherheit um so mehr zu Bedenken Veranlassung, als bei etwaigen Explosionen durch Fortschleudern von Mauersteinen eine noch gefahrlichere 2. Dietrich's Hochdruck-VerfahreD. 35 Wirkung zu erwarten 1st. Die Verwendung von gusseisernen Kochern 1st nach den schon bei gewohnlichen Dampfkesseln allgemein anerkannten Grundsatzen durchaus unstatthaft. Es sollten daher fur das Kochen von Weinhefe unter Druck, wenn es nach den zahlreichen Explosionen derartiger Apparate iiber- haupt zugelassen wird, von den Behorden nur Kochkessel Fig. 1. genehmigt werden, welche aus mindestens 8mm starkem Kupferblech hergestellt sind. Auch bei diesen Apparaten ist eine sorgfiiltige Ueberwachung durchaus geboten. Die durch Einwirkung der weinsteinhaltigen Laugen entstehenden Korro- sionen pflegen sich zuerst und am starksten in der Bertihrungs- zone von Danipf und fltissiger Masse zu zeigen. Die zweckmassige Form und Einrichtuug eines Hefekochers geht aus der vorstehenden Abbildung hervor. Die Grosse 36 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. des Kochers wahlt man so, dass man in 2, hochstens 3 Opera- tionen den Tagesbedarf verarbeiten kann, wenn man es nicht vorzieht, zwei Kessel zu beschaffen, die dann entsprechend kleiner sein ko'nnen. Man lasst die Hefemassen durch die Fiilloffnung einstromen, schliesst dieselbe, wenn der Kessel zu 2 / 3 angefullt ist, und lasst nun bei wenig geoffnetem Entluftungs- rohr L und geschlossenem Ablasshahn E durch die Dampf- zustromungsrohre D und D f Dampf eintreten, bis die Hefe- massen in's Sieden gekommen sind. Das Ventil des Ent- liiftungsrohres L wird jetzt noeh mehr zugedreht, sodass nur sehr wenig Dampf entweichen kann und somit der Druck die gewunschte Hohe erhalt. Die aus dem Entliiftungsrohr aus- tretenden Dampfe sind sehr tibelriechend und werden daher zweckmassig in eine Dampfkessel-Feuerung geleitet. Druck und Zeitdauer des Kochens mtissen je nach Qualitat der Hefe gewechselt werden. Fur Teighefen und die flir Verarbeitung ungtinstigsten Trockenhefen ist ein Kochdruck von 4 Atm. wahrend 4 Stunden erforderlich ; bei guten italienischen Hefen ist der gewunschte Erfolg schon nach 2sttindigem Kochen bei etwa 3 Atm. erreicht. Ein Verlust an Weinsaure ist, wie ich mich durch zahlreiche Laboratoriums- und Betriebs-Versuche iiberzeugt habe, unter den angegebenen Verhaltnissen beim Kochen unter Druck nicht zu befiirchten. Das auf dem Kessel angebrachte Sicherheits- Ventil ist y* Atm. hoher als der Arbeitsdruck eingestellt. Wahrend des Kochens wird das Entliiftungsrohr stets ein wenig geoffnet gehalten, damit die Hefemassen dauernd in wallendem Sieden bleiben. Der Dampf- zutritt wird bei den Absperr-Ventilen der Rohre D und D', welche man von einer gemeinsamen, mit Reducir- und Rtick- schlag- Ventil versehenen Dampfleitung abzweigen lasst, ent- sprechend geregelt. Sobald die Koch-Operation beendet ist, schliesst man die Dampfzustromungs-Ventile, lasst den Dampfdruck durch weiteres Oeffnen des Entliiftungsrohres auf 1 bis iy 3 Atm. zuruckgehen, und driickt nun durch Oeffnen des Ablasshahnes E die Hefe- massen in eine der ausgebleiten Sauerungs-Biitten. Um etwaiges 2. Dietrich's Hochdruck-Verfahren. 37 Verstopfen des Druckrohres zu heben, 1st dasselbe mit einem Dampfzustromungsrohr d verseken. Als Material fur das Druck- rohr verwendet man dickwandige Eisengussrohre. Andere Materialien, wie Kupfer, Blei oder Schmiedeeisen, werden durch die stromenden heissen, sauren und sandhaltigen Hefemassen schnell zerstort. Die in die Sauerungs-Biitten gedrtickten Hefemassen werden durch Waschwasser verdtinnt und sodann mit Schwefelsaure oder Salzsaure zur Losung der weinsauren Salze versetzt. Da man es hier im Gegensatz zu deni Dekantir-Verfahren mit heissen Flussigkeiten zu thun hat, kann an der Menge der Mineralsauren abgebrochen werden. Man verwendet auf je 100kg der nach Analyse vorhandenen Weinsaure 110 120kg Salzsaure von 2022 Be., oder 75 80 Schwefelsaure 60 Be. Die Schwefelsaure hat vor der Salzsaure den grossen Vorzug, dass Biitten, Leitungen, Filterpressen und Presstiicher weniger stark angegriffen werden. Aber es entstehen durch das spater bei Fallung des weinsauren Kalks resultirende Ab- wasser nicht unerheblich hohere Verluste an Weinsaure, weil das Calciumtartrat namentlich in warmen Losungen von schwefel- sauren Alkalien weit leichter loslich ist als in Wasser oder in Losungen von Chloralkalien. Die Verwendung von Salzsaure zur Sauerung ist daher unbedingt vorzuziehen. Die mit Siiure versetzten Hefemassen werden in einen der zweckmassig vorhandenen beiden Presscylinder abgelassen. Man verwendet hier am besten ebenfalls Kessel aus Kupfer; indessen steht auch der Benutzung von schmiedeeisernen Montejus, etwa alten Dampfkesseln, welche innen mit Blei ausgekleidet sind, nichts entgegen. Die Steigrohre sammtlicher Presscylinder sind stets in ahnlicher Weise wie bei dem Hefe- kocher ausserhalb des Kessels zu fiihren und zur Beseitigung etwaiger Rohrverstopfungen mit einem Dampfzuleitungsrohr zu versehen. Aus dem Presscylinder werden die mit Saure versetzten Hefemassen mittelst Luftdruck in die Filterpressen gedriickt. 38 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. Ueber die fur jeden Weinsaure-Betrieb sehr wichtigen Druck- luft-Vorrichtungen sei kurz Folgendes bemerkt. Die Luft- kompressor-Anlage besteht zweckmassig aus 2 zuverlassigen Druckluftpumpen , deren jede ftir sich gross genug ist, dem normalen Bedarf an Druckluft zu geniigen. Mit den Pumpen ist ein bei mittleren Weinsaure-Fabriken mindestens 6000 1 fassendes Luftsammelreservoir (alter Dampfkessel) zu verbinden, dessen Sicherheits-Ventil auf 3 Atra. Ueberdruck gestellt ist. Die zu den Presscylindern fiihrenden Druckluft-Leitungen sind so anzuordnen, dass der Luftzutritt in umnittelbarer Nahe der Filterpressen durch Absperr-Ventile geregelt werden kann. Als Filtertticher fur die Filtration der Hefemassen ver- wendet man gewohnliche Sackjute-Tiicher (Hessian). Bei dem Dietrich 'schen Verfahren, wo heisse saure Fltissigkeiten filtrirt werden, gehen dieselben allerdings schnell zu Grunde. Man hat deshalb in mehreren Fabriken zu Baumwollttichern, auch wohl zu kostspieligen Kameelhaartiichern gegriffen. Dieselben sind haltbarer, werden aber bei langerem Gebrauch undurch- lassig und miissen oft ausgewaschen werden. Fiir den vor- liegenden Zweck der Hefefiltration kann ich dieselben deshalb nicht empfehlen. Die aus den Filterpressen ablaufende saure Losung der Aveinsauren Salze soil 7 9 Be. stark sein. Sobald die Filter- pressen gefiillt sind, wascht man mit der Auswasch-Vorrichtung der Filterpressen aus. Das Waschwasser wird ebenfalls aus einem Druckfass den Filterpressen mit Druckluft zugefuhrt. Man verwendet vielfach heisses Waschwasser, weil dies besser durch die Hefekuchen dringt und etwa vorhandenen krystalli- nischen Weinstein schneller lost. Indessen scheint es zweck- massiger, mit kaltem Wasser auszuwaschen , weil damit eine sehr wiinschenswerthe Abktihlung der Laugen in den Fall- biitten erreicht wird. Die letzten Waschwasser, etwa von 2 Be. an, werden zunachst zum Verdtinnen der aus dem Kocher gedriickten Hefemassen verwendet und schliesslich zum An- riihren der frisch angesetzten Hefe vor dem Ablassen in den Dampfkocher benutzt. Die von den Pressen ablaufende Lauge 2. Dietrich's Hochdruck-Verfahren. 39 gelangt sammt den ersten Waschwassern in die holzernen Fall- btitten und wird hier unter starkem Riihren, in ahnlicher Weise wie bei dem Dekantir-Verfahren, mit Kalk und Kreide auf weinsauren Kalk ausgefallt. Man hat sich hier besonders da- vor zu htiten, dass man auch nicht zeitweilig einen Ueber- schuss von Kreide oder gar Kalk hinzufiigt, da sonst der wein- saure Kalk wesentlich an Qualitat einbtisst. Die Probe, ob die Ausfallung vollendet ist, wird in der Weise ausgefuhrt, dass etwa 200 ccm der ausgefallten Fliissigkeit zum wallenden Sieden erhitzt und dann schnell mit einem grossen Ueber- schuss von in wenig Wasser aufgeschlemmter Kreide versetzt werden. Ein etwaiges Aufbrausen zeigt an, ob noch Zusatz von Kreide bei der betreffenden Biitte nothwendig ist. Die noch erforderliche Menge von Kreide kann aus der Hohe des Schaumes und der Zeitdauer, in welcher sich derselbe bildet, bei einiger Uebung erkannt werden. Die Fliissigkeit zeigt nach vollendeter Ausfallung in Folge der Gegenwart von Me- tallsalzen und sauren phosphorsauren Alkalien gegen Lakmus noch deutlich saure Reaktion. Nach dem Ausfallen des weinsauren Kalks muss die Masse in den Fallbiitten noch mehrere Stunden, am besten tiber Nacht, kraftiggeriihrt werden, damit sowohl durch die hierdurch bewirkte Abkiihlung, wie auch durch das Riihren selbst das Calcium- tartrat moglichst vollstandig abgeschieden wird. Bei der grossen Neigung des weinsauren Kalks, in feuchtem Zustande bei Tem- peraturen zwischen 30 und 40 C. in lebhafte Gahrung tiber- zugehen, kann man die weitere Verarbeituug nicht zu lange hinausschieben. Aus demselben Grunde mtissen die Fallbtitten nach jeder Fallung sehr sorgfaltig von weinsaurem Kalk ge- reinigt und gut ausgewaschen werden, damit in den Biitten- resten sich Gahrpilze nicht ansiedeln. Bei dem Hochdruck-Verfahren entstehen stets betrachtliche Verluste an Weinsaure durch die bei Fallung des weinsauren Kalks entstehenden Abwasser. Die letzteren enthalten je nach Koncentration der gefallten Lauge, nach Zeitdauer des Riihrens und nach Temperatur 1,0 bis 1,8 g Weinsaure im 40 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. Liter. Der Weinsiiure-Verlust durch das Abwasser erreicht da- durch eine Hohe von 3 bis 4 Proc. des Gesammteinsatzes. Wie auch Holbling hervorhebt, haben die Abwasser tiberdies die lastige Eigenschaft sehr starken Schaumens. Nach beendeter Ausfallung des Calciumtartrats stellt man die Riihrwerke der Fallbtitten ab, lasst den weinsauren Kalk absitzen und zieht das tlberstehende Abwasser ab. Man hat sich hier besonders davor zu hiiten, den auf der Oberflache des krystallinischen weinsauren Kalks sich ablagernden stark weinsaurehaltigen Schlamm mit dem Abwasser abzuziehen. Die Beseitigung des Abwassers darf deshalb erst erfolgen, wenn sich dasselbe vollstandig geklart hat. Der weinsaure Kalk wird hierauf wie beim Dekantirverfahren zunachst in der Biitte einige Male durch Anriihren mit kaltem Wasser ausge- waschen, alsdann auf einem Nutschfilter gesammelt und in der oben beschriebenen Weise auf Weinsaure-Rohlauge weiter ver- arbeitet. 3. Das Bost-Verfahren. Wie beim Kochen unter Druck in der Hefe durch hohe Temperatur bei Gegenwart von Wasser die schleimigen, der Filtration hinderlichen Substanzen zerstort werden, so kann nach einer ebenfalls von Fr. Dietrich und G. Schnitzer (1879) herriihrenden Angabe die Weinhefe auch in trocknem Zu- stande durch langeres Erhitzen auf 140 150 C. filtrirfahig ge- macht Averden. Wenn hierbei die Temperatur-Grenze von 150 C. nicht tiberschritten wird, so tritt selbst bei 12stundigem Er- hitzen nach zahlreichen von mir ausgefuhrten Versuchen, ab- gesehen von dem Krystallwasser-Verlust des weinsauren Kalks, noch keine Zersetzung des Weinsteins oder des Calciumtartrats ein. Die durch mehrsttindiges Rosten vorbereitete Hefe kann ohne Weiteres mit verdtinnter Mineralsaure angeriihrt und wie beim Hochdruck-Verfahren weiter verarbeitet werden. Man hat hierbei noch den Vortheil, dass man mit kalten Losungen ar- beiten und dadurch den Weinsaure- Verlust durch die Abwasser verringern kann. Bei dem Koch-Verfahren ist dies wegen des 4. Das neutrale Yerfahren. 41 zur Abkiihlung erforderlichen Zeitaufwands nicht wohl durch- fuhrbar, wenn man nicht die ganze Apparatur bedeutend ver- grossern will. Trotz dieses Vortheils hat sich, soweit mir be- kannt, das Rost- Verfahren in der Grossindustrie nirgends dauernd behaupten konnen. Es liegt dies daran, dass einerseits nach Holbling's Mittheilung das vollige Ausziehen der Weinsaure aus den gerosteten Hefemassen nur schwer gelingt, und dass andererseits zuverlassige Rostapparate von hinreichender quan- titativer Leistungsfahigkeit bisher nicht vorhanden waren. Bei den mit direkter Feuerung geheizten Rostkammern , welche dem Vernehnien nach in kleinen italienischen Weinstein- Raffinerien mehrfach in Gebrauch sind, ist die genaue und gleichmassige Regulirung der Temperatur sehr schwer zu er- reichen und zu tiberwachen. Die kleineren, mit Riihrwerk versehenen oder rotirenden, direkt oder mittelst Oelbad ge- heizten Apparate, wie sie in Dextrin-Fabriken gebraucht wer- den, sind fur die Verarbeitung grosserer Material-Mengen wenig geeignet. Die Aufgabe, Weinhefe auch fiir den Gross- betrieb bei einer Temperatur von 140 150 C. zu rosten, kanii unzweifelhaft in verschiedener Weise gelost werden. Da sich aber, wie erwahnt, das Rost-Verfahren in der Grossindustrie nicht eingebtirgert hat, scheint ein naheres Eingehen auf das Rosten hier nicht erforderlich. 4. Das neutrale Verfahren. Bevor die Weinsaure-Industrie durch den Wettbewerb zur Verarbeitung von Weinhefe und anderen mindergradigen Ma- terialien gedrangt wurde, bildeten hochprocentige Weinsteine das Ausgangs-Material fiir die Weinsaure -Gewinnung. Die Verarbeitung solchen Weinsteins geschah allgemein nach dein schon von Scheele angegebenen, von Klaproth und spater von Wurtz naher beschriebenen Verfahren: Der Weinstein wurde mit Wasser angeruhrt und sodann unter Kochen mit Kalk oder Kreide neutralisirt. Dadurch wurde die Halfte der im Wein- stein vorhandenen Weinsaure als Calciumtartrat gefallt, die 42 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. andere Halfte ging als neutrales weinsaures Kali in Losung und wurde sodann durch Zusatz eines loslichen Kalksalzes, wie Gyps oder Chlorcalcium, ebenfalls in weinsauren Kalk tibergefiihrt. Die Gesammtmenge des weinsauren Kalks wurde ausgewaschen und sodann in bekannter Weise auf Weinsaure- Rohlauge weiter verarbeitet. Dies ,,neutrale Verfahren", bei welchem mithin die erste Operation, das Losen der weinsauren Salze in Mineralsauren, vollig uragangen wurde, konnte wegen der in der Weinhefe neben den weinsauren Salzen enthaltenen Bestandtheile, bei der Verarbeitung von Hefe lange Zeit nicht eingeschlagen werden. Es war von vornherein ausgeschlossen, dass die mit weinsaurem Kalk durchsetzten Hefemassen von deniAbwasser durch Filtration getrennt werden konnten. Das Auswaschen musste daher durch Dekantiren bewirkt werden. Zwar ergab es sich, dass aus den durch erschopfendes Auswaschen von alien wasserloslichen Bestandtheilen befreiten Massen durch verdtinnte Schwefelsaure keinerlei fur die spatere Krystalli- sation der Weinsaure hinderliche Substanzen mehr ausgezogen wurden, aber auch hiermit waren die Schwierigkeiten, welche der Verarbeitung der Weinhefe nach dem neutralen Verfahren entgegenstanden, noch nicht beseitigt. Bei vielen Hefepartien traten namlich bald nach der Neutralisation die bei wein- saurem Kalk mit Recht so geftirchteten Gahrungs-Erscheinungen auf. Dadurch wurde dann in Folge der aufsteigenden Kohlen- saure-Blaschen das Absetzen der Massen verhindert, ein griind- liches Auswaschen somit unmoglich gemacht und tiberdies em- pfindliche Weinsaure-Verluste herbeigeftihrt. Es erwies sich durch weitere Versuche, dass diese Gahrungs-Erscheinungen nur durch die in der Hefe bereits enthaltenen Spaltpilze her- beigeftihrt werden. Da die nach normal verlaufener Gahrung des Mostes gewonnene frische Weinhefe verhaltnissmassig nur wenige Bakterien enthalten kann, lag die Annahme nahe, dass sich die Spaltpilze erst beim Trocknen der Weinhefe ent- wickeln und daher um so zahlreicher in einer Hefe vertreten sind, je langsamer dieselbe getrocknet wurde. Diese Voraus- 4. Das neutrale Verfahren. 43 setzung wurde sowohl durch mit frischer Hefe angestellte Ver- suche, wie auch durch die Eigenschaften der im Handel vor- kommenden Hefepartien durchaus bestatigt. Wahrend die unter gtinstigen Verhaltnissen getrockneten italienischen Hefen keine Neigung zeigten, nach der Neutralisation in Gahrung tiberzugehen, war unter den Weinhefen gleicher Provenienz hierzu lebhafte Disposition vorhanden, als dieselben wahrend einer langeren Regen-Periode getrocknet werden mussten. Noch gahrfahiger erwiesen sich durchgehends die osterreichisch- ungarischen Hefen, bei welchen das Trocknen unter ungiinstigen Witterungs- Verhaltnissen die Regel bildet. Der allmahliche Rtickgang im Weinsaure-Gehalt beim Lagern von Hefe-Par- tien rtihrt ebenfalls von der Lebensthatigkeit der Spaltpilze her und erfolgt daher gleichfalls um so schneller, je langsamer und unvollstandiger die Hefe getrocknet wurde. Bei den Gahrungen weinsaurer Salze kann das von Pasteur beschriebene gekrumrnte Stabchen-Bakterium, welches in Cohn- scher Nahrlosung 1 ) sich besonders leicht kultiviren lasst, regel- massig in reichlicher Menge nachgewiesen werden. Ausser diesem Vibrio sind aber an den Gahrungs-Erscheinungen durch- gehends andere Bakterien von alien Wuchsformen in hervor- ragender Weise betheiligt. Ein naheres Studium dieser Spalt- pilze, sowie auch der durch die Gahrung gebildeten Zer- setzungs-Produkte, deren Untersuchung Holbling in Aussicht stellt, wiirde interessante Ergebnisse erwarten lassen. Vor der Verarbeitung nach dem neutralen Verfahren miissen soniit sammtliche zur Gahrung geneigte Hefen sorgfaltig steri- lisirt werden. Dies wird am einfachsten durch langeres Er- warmen auf eine 100 C. wenig ubersteigende Temperatur er- reicht. Eine ungtinstige Einwirkung solchen Erhitzens auf die spateren Weinsaui'e-Laugen ist nicht zu erwarten, sobald man nur dafiir sorgt, dass die Weinhefe nicht langere Zeit einer ! ) 0,5 g phosphors. Kali, 0,5 kryst. schwefelsaure Magnesia, 0,05 g dreibas. phosphorsaurer Kalk auf 100 ccm destillirtes Wasser; hierin ge- lost: 1,0 g -weinsaures Ammoniak. 44 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. 120 C. iibersteigenden Temperatur ausgesetzt wird. Ob ein Material der Operation des Sterilisirens unterzogen werdeii muss oder nicht, lasst sich schon aus allgemeinen Anzeichen vermuthen. So macht die Provenienz aus Spanien, Oesterreich, Ungarn, Rumanien, ein hoher Titer im Vergleich zum Wein- stein-Gehalt, ungiinstiges Aussehen, merklicher Feuchtigkeits- Gehalt ein Material von voriiherein verdachtig. Sichern Auf- schluss giebt folgende einfache Probe, welche daher mit jeder Hefepartie vor der Verarbeitung nach dem neutralen Ver- fahren vorgenommen wird: 40 g Hefe werden in einem Becherglase von etwa 400 ccm Inhalt mit Wasser angeriihrt, mit 50 ccm einer lOproc. Chlor- calcium-Losung versetzt und nun in der Kalte mit Kalkmilch genau neutralisirt, das Becherglas mit Wasser unter Rtthren angefullt. Die Masse bleibt bei etwa 35 C. 24 Stunden stehen. 1st nach dieser Zeit deutliche Gahrung eingetreten, so muss die betreffende Hefe vor der Verarbeitung sterilisirt werden. 1st die Hefe noch gut abgesetzt, so dass sie eine ebene Flache gegen das dartiber stehende Abwasser bildet, so ist die Steri- lisirung selbst dann nicht erforderlich, wenn bei Beriihrung des Glases einige kleine Kohlensaure-Blaschen entweichen sollten. Die Verarbeitung von Weinhefe nach dein neutralen Ver- fahren gestaltet sich folgendermaassen: Das Material wird in sorgfaltiger Weise gemahlen und erforderlichenfalls sterilisirt. Das Mahlen muss in der beim Dekantir-Verfahren beschriebenen Weise geschehen. Es ist durchaus nothwendig, dass das Mahl- produkt moglichst griesformige Beschaffenheit zeigt, nicht all- zuviel feines Mehl enthalt und durch Sieben von grosseren Stiicken und Verunreinigungen befreit ist. Das Sterilisiren wurde in einem nach Art cler Rauchrohren-Dampfkessel ge- bauten Apparat vorgenommen. Ein walzenformiger, aufrecht gestellter Kessel von 4,8 m Hohe und 1,6 m Durchmesser ist in der Langsrichtung von 120 Rohren mit lichtem Durchmesser von 90 mm durchzogen, Avelche an den beiden Stirnplatten durch Einwalzen gedichtet sind. Die Rohre sind unten durch einen gemeinschaftlichen Schieber geschlossen; oben tragt der 4. Das neutrale Verfahren. 45 ganze Apparat einen Blechrand, welcher als Fiilltrichter fur die Beschickung der Rohre dient. Die gemahlene Hefe wurde von oben in die Rohre eingefiillt, der Apparat sodann durch in den Mantel einstroinenden Danipf geheizt. Damit auch die in der Mitte der Rohre befindliche Hefe eine Temperatur von 110120 C. erhalt, welche zur Sterilisation erforderlich ist, muss man den Dampfdruck wahrend 2 Stunden auf 3 Atm. Ueberdruck halten, wobei man selbstverstandlich fiir Abfluss des entstehenden Kondenswassers aus dem Dampfmantel Sorge tragt. Bei gemahlener Hefe ist es nicht moglich, die Heizung des Dampfmantels ohne Weiteres auf den Druck von 3 Atm. zu treiben. Da die Hefe stets noch mehr oder weniger grosse Mengen von Feuchtigkeit enthalt, findet in diesem Falle eine plotzliche Entwicklung von Wasserdampf statt, wodurch Hefe- massen aus den Rohren hinausgeschleudert werden. Derartiges ,,Schiessen" der Rohre ist stets mit Verlust an Hefe durch Verstauben verkntipft. Um dasselbe zu vermeiden, kann man daher bei Verwendung dieses Apparats mit dem Anheizen nur langsam vorgehen. Man lasst den Dampfdruck im Mantel wahrend der ersten Stunde nur auf 1 Atm. steigen, giebt wah- rend der 2. Stunde des Erhitzens 2 Atm. und wahrend der 3. und 4. Stunde einen Dampfdruck von 3 Atm. Hierauf wird der Dampf abgestellt, und die Rohre durch Fortziehen des unter dein Kessel angebrachten Schiebers entleert. Das Ent- leeren selbst geht ohne Anstand von Statten, nur muss man durch Umkleiden des ganzen Apparats mit einem dichten Holz- Gehause daftir sorgen, dass hierbei kein Verstauben des Ma- terials eintritt. Wahrend der Operation des Erhitzens ent- weichen aus den Rohren sehr tibelriechende, hauptsachlich vom Weinol der Hefe herruhrende Dampfe, welche in befriedigen- der Weise kaum gesammelt und unschadlich gemacht werden konnen. Dazu kommt ein weiterer Uebelstand des beschrie- benen Apparats. Durch das haufige Anheizen und Abktihlen entstehen an den Rohrboden leicht undichte Stellen, wodurch die Hefe angefeuchtet wird. Aus den angefuhrten Griinden kann ich den beschriebenen Apparat, obwohl er im Uebrigen zuver- 46 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. lassig und sicher funktionirt und auch hinsichtlich seiner quanti- tativen Leistung befriedigt, zur Einfuhrung nicht empfehlen. Das Sterilisiren der Hefe kann selbstverstandlich, ebenso wie bei dem beschriebenen Apparat vor oder nach dem Mahlen, in Heizkammern erfolgen, welche durch Dampf- oder Heiss- wasserrohre geheizt werden. Von der Anwendung einer der- artigen Heizkammer hat mich nur die Erwagung zuriickge- halten, dass man sich schwer dartiber Gewissheit verschaffen Fig. 2. kann, ob eine gleichmassige und dauernde Durchwarmung des gesammten Materials auf die gewunschte Temperatur von etwa 115 C. stattgefunden hat. Am zweckmassigsten verwendet man zum Sterilisiren der Weinhefe den nachstehend beschriebenen Apparat (Fig. 2), welcher nach Art des von der Firma Podewils zur Verarbei- tung von Thierkadavern konstruirten Kessels gebaut ist. Der Apparat stellt im Wesentlichen eine mit Dampfmantel umgebene Kugelmtihle dar. Der inn ere Raum ist bestimmt zur Aufnahme des Materials und der Mahlkugeln K. Der Raum zwischen der ausseren und inneren Wandung dient als Heiz- mantel, in welchen durch das axial gelagerte Rohr D der Dampf eingefuhrt wird. Neben diesem Dampfzufuhrungsrohr D be- findet sich das ebenfalls feststehende Rohr W, welches inner- 4. Das neutrale Verfahren. 47 halb des Heizmantels nach uuten gefiihrt ist, uin das sich unten im Dampfmantel ansammelnde Kondenswasser nach aussen abzufiihren. An der gegentiberliegenden Kopfseite des Apparats befindet sich das ebenfalls feststehend in der Axe gelagerte Dunstabfiihrungs-Rohr A, welches in den inneren Raum des Apparats einnmndet, hier nach aufwarts gebogen ist und am oberen Ende einen siebfonnig durchlocherten Kopf tragt. Das aus dem Apparat austretende Ende des Rohrs A kann sowohl mit einer Kiihlschlange, wie niit einer Staubkammer zumAuf- fangen von mitgerissener staubfonniger Hefe verbunden werden. Aus der Staubkammer werden die tibelriechenden Diinste durch ein Rohr abgefuhrt, am einfachsten in die Feuerung eines Darnpfkessels. Der beschriebene Apparat bietet den Vortheil, dass man bei Verarbeitung von Teighefe in leicht ersichtlicher Weise Abdestilliren des Alkohols, Trocknen, Mahlen und Sterilisiren des Materials zu einer einzigen Operation verbinden kann. Die Verwendung desselben diirfte deshalb besonders vortheil- haft sein in den weinbautreibenden Landern, wo man neben dem Wein sprit gleichzeitig eine fur die Verarbeitung fertige Hefe gewinnen wiirde. Zur Verarbeitung fitllt man die Teighefe durch das Mann- loch in den Apparat ein, schliesst den Mannlochdeckel und heizt nun den Apparat, indem man Dampf in den Mantel ein- stromen lasst. Gleichzeitig versetzt man den Apparat durch das Zahntriebwerk in Rotation. Die zahen Hefemassen werden durch die schweren Mahlkugeln K fortwahrend zertheilt und soniit getrocknet. Die aus dem Dunstabzugsrohr A entweichen- den alkoholhaltigen Dampfe werden in einer Ktihlschlange kondensirt und als Weinsprit gesammelt. Sobald die Masse irn Apparat trocken geworden ist, verbindet man das Abzugs- rohr init der Staubkammer, daniit verstaubendes Material zu- riickgehalten wird. Unter weiter fortgesetzter Rotation des Apparats und Steigerung des Dampfdrucks im Mantel auf 3 Atm. Ueberdruck wird die Hefe nunmehr gleichzeitig sterili- sirt und geniahlen. Da die durch Erhitzen sterilisirte Hefe 48 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. sich bei der nachfolgenden Behandlung aus den wassrigen Losungen leicht und vollstandig absetzt, so 1st es unbedenk- lich, dass bei dieser Art der Mahlung ein erheblicher Theil des Materials in feines Mehl verwandelt wird. Bei oder nach deni Entleeren des Apparats lasst man die Efefe zum Absieben von Verunreinigungen und groberen Stticken durch ein Draht- sieb laufen. Bei Verarbeitung von Trockenhefe kommt das anfangliche Trocknen und Abdestilliren des Alkohols in Fort- fall; im Uebrigen operirt man in gleicher Weise. In Fabriken, in welchen nur trocknes Material verarbeitet wird, nimmt man das Mahlen zweckmassig mittelst Mahlgang oder Kugelmtihle vor und bewirkt das Sterilisiren, am besten vor dem Mahlen, in einem entsprechend vereinfachten Apparat, welcher einen mit Dampfmantel und Dunstabzugsrohr versehenen rotirenden Kessel darstellt. Man kann darauf rechnen, dass bei aus- schliesslicher Verarbeitung trocknen Materials hochstens ein Viertel der Weinhefe der Operation des Sterilisirens unter- worfen werden muss. Die gemahlene und hinreichend sterile Weinhefe wird nun- mehr in holzernen, mit Rtihrwerk versehenen Biitten mit Wasser oder dtinnem Waschwasser in der Kalte angesetzt. Obwohl in diesen Butten spater auch der Saure-Zusatz vorgenommen wird, so ist es doch nicht nothig, dieselben innen mit einem Bleifutter zu tiberziehen, weil ein Zerstoren der holzernen Dauben durch die uberdies nur vortibergehende Einwirkung der verdtinnten, kalten Saure nicht eintritt. Um bei jeder Operation ein hinreichend grosses Hefequantum verarbeiten zu konnen, wahlt man die Ansatzbiitten in nicht zu kleinen Dimen- sionen. Butten, welche bei einem lichten mittleren Durch- messer von 3,2 m und einer Hohe von etwa 1,7 m ungefahr 120 hi Fassungsraum besitzen, haben sich gut bewahrt. Es konnen in derartigen Bottichen 1500 bis 1800 kg Hefe in jeder Operation angesetzt werden. Man fullt die Butten mit Waschwasser von den Hefepressen zunachst % an und tt&g*> nun die Hefe bei laufendem Rtihrwerk durch in die Butten eingesenkte Holz- schachte ein. Nach dem Ansetzen des Materials werden die 4. Das neutrale "Verfahren. 49 Holzschachte wieder entfernt. Sodann wird das erforderliche Quantum Chlorcalcium in Losung zugesetzt. Der Titer eines Materials, d. h. der scheinbare Weinstein-Gehalt in Procenten mit 0,32 multiplicirt ergiebt die fur 100 kg Material erforder- liche Menge von Chlorcalcium in kg. Obwohl das im Handel vorkommende technische Chlorcalcium meistens nur etwa 75proc. wasserfreies Ca C1 2 enthalt, pflegt diese theoretisch von reinem Salz erforderliche Menge auch in der Praxis ausreichend zu sein. Die in der Hefe enthaltenen sauren Substanzen, welche nicht Weinstein 'sind, werden durch die Kalkmilch neutralisirt und die so entstandenen Kalksalze wirken in derselben Weise wie das in Losung zugesetzte Chlorcalcium. Ob eine hin- reichende Menge von Calciumchlorid zugesetzt ist, wird spater durch Probiren ermittelt. Nach dem Zusatz des Chlorcalciums lasst man mittelst Kalkmilchleitung langsam und vorsichtig bis zur neutralen Reaktion Kalkmilch zu dem Btitteninhalt laufen. Diese Neutrali- sation soil so langsam erfolgen oder so oft unterbrochen werden, dass sie etwa 3 Stunden beansprucht. Ist der Hefe Rohwein- stein beigemischt, so pflegt die Neutralisation noch langer zu dauern, well die vorhandenen harten Weinsteinkrystallchen sich verhaltnissmassig schwer in der kalten Fliissigkeit losen. Der Endpunkt der Neutralisation wird mit Lakmuspapier be- stimnit, welches durch die Fliissigkeit der Butte den gleichen Farbenton annehmen soil wie durch frisches Brunnenwasser. Nach Beendigung der Neutralisation, d. h. also nach dem letzten Zusatz von Kalkmilch, lasst man das Ruhrwerk noch 2 Stunden laufen. Wahrend der ganzen Operation soil die Temperatur des Btitteninhalts nicht hoher als 25 C. steigen; je niedriger die Temperatur gehalten wird, um so besser ge- lingt das spatere Absetzen und Auswaschen der Hefemassen. Eine Temperatur unter 20 C. ist indessen nicht erwtinscht, weil der Weinstein sich sonst zu langsam losen, die Neutrali- sation sich mithin zu sehr verzogern wiirde. Wegen der ent- stehenden Reaktionswarme braucht man tibrigens nur darauf zu achten, dass die Temperatur nicht zu hoch steigt. Rasch, Weinsaure. 4 50 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge, Sobald die Neutralisation beendet ist, iiberzeugt man sich, ob der Chlorcalcium-Zusatz geniigend war. Wenn eine ab- filtrirte Probe der Flussigkeit mit oxalsaurem Ammonium eine ziemlich starke Fallung giebt, ist man sicher, dass ein Ueber- schuss loslicher Kalksalze und kein unzersetztes neutrales weinsaures Kalium mehr vorhanden ist. Erforderlichenfalls muss noch Chlor calcium , etwa 10kg, zugesetzt werden und das Riihrwerk der Biitte noch 2 Stunden langer laufen. So- dann wird abgestellt, und das erste Abwasser, je nach dem Verhalten der Hefe nach 2 bis 4 Stunden abgezogen. Man iiberzeugt sich, ob ein hinreichendes Absetzen der Hefe statt- gefunden hat, indem man ein Glasrohr von etwa 8 mm lichter Fig. 3. Bohrung in die Biitte einsenkt, die obere Oeffnung mit dem Finger schliesst und nun mit dem Rohr eine Probe der Biitte entnimmt. Sobald die festen Massen sich hinreichend abgesetzt haben, legt man den in vorstehender Figur skizzirten Heber ein und zieht das Abwasser ab. Die mit einer Scheibe ver- sehene Einlaufoffnung J des Hebers soil sich genau in halber Hohe der Biitte befinden. Die aus Kupferrohr von etwa 45 mm 1. W. in obiger Form gefertigten Heber haben sich in jeder Hinsicht gut bewahrt und sind auch seitlich an den Biitten angebrachten Ausflussoffnungen vorzuziehen, weil man bei Anwendung der Heber das Abziehen von Hefemassen mit Sicherheit vermeiden kann. Wenn sich ausnahmsweise einmal 4. Das neutrale Verfahren. 51 die Hefe nicht bis zur Mitte absetzen sollte, kann man sich bei den Hebern leicht dadurch helfen, dass man dieselben nicht ganz einsenkt. Die Ausflussoffnung der Heber ist mit einem Schlauchverschluss versehen. Die ersten Mengen des Abwassers lasst man in einen bereitgehaltenen Eimer laufen, damit sicher ein Fortlaufen von der mit weinsaurem Kalk durchsetzten Hefe vermieden wird. Eine Mischprobe aller ersten Abwasser wird taglich nach der Methode B im Labo- ratorium untersucht. Der Weinsaure - Gehalt soil 0,10 g im Liter nicht uber'steigen. Es gelingt bei einiger Aufmerksam- keit leicht, diese untere Grenze innezuhalten. Nach dem Abziehen des Abwassers riickt man das Riihrwerk der Biitte langsain und vorsichtig wieder ein. Eine besondere Vor- richtung zum Heben und Senken des Riihrwerks ist nicht er- forderlich, wenn man nur dafiir sorgt, dass ein unnothig langes Absetzen der Hefemassen unterbleibt. Sobald das Riihrwerk wieder in Gang gesetzt ist, lasst man die Biitte mit Wasser voll laufen. Die Temperatur des zum Auffiillen gebrauchten Wassers soil moglichst niedrig sein und 15 C. jedenfalls nicht ubersteigen. Bei Beobachtung dieser Vorsichtsmaassregel ist weder zu befurchten, dass in den Hefemassen Neigung zur Gahrung auftritt, noch dass erkennbare Mengen von dem aus- gefallten weinsauren Kalk wieder in Losung tibergefuhrt werden. Der in den zweiten und folgenden Abwassern noch nachweisbare Weinsaure-Gehalt riihrt lediglich von dem in der Biitte zurtickbleibenden Quantum des ersten Abwassers her. Xachdem die Btitte mit Wasser angefiillt ist, lasst man das Riihrwerk noch eine Stunde lang laufen und stellt sodann wieder zum Absetzen ab. In dieser Weise wird fortgefahren, sodass im Ganzen 8 Abwasser resultiren. Ausnahmsweise, z. B. am Sonntag Morgen, um die Maschine abstellen zu konnen, oder am Mittwoch, damit die Montag angesetzten Btitten press- fahig sind - - kann man sich mit 7 Abwassern begniigen. Das Auswaschen muss durch in Tag- und Nachtschicht wechselnde zuverlassige Arbeiter kontinuirlich betrieben werden. Das letzte Abwasser wird moglichst vollstandig, wenn thunlich 4* 52 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. unter Verwendung eines etwas langeren Hebers, von den mit weinsaurem Kalk durchsetzten Hefemassen abgezogen, um ein unnothiges Verdiinnen der Weinsaure-Lauge zu vermeiden. 1st das Auswassern beendet, so schreitet man zum Zer- setzen des weinsauren Kalks mit Schwefelsaure. Ein an- nahernd ausreichender Schwefelsaure-Zusatz wird unter alien Umstanden sogleich nach dem Auswaschen gemacht, weil man dadurch ein Zersetzen des weinsauren Kalks durch Gahrungen verhindert 1 ). Da man es hier mit weit diinneren Laugen zu thun hat, als bei Zerlegung des reinen weinsauren Kalks nach den fruher beschriebenen Verfahren, so muss die Endreaktion in besonders sorgfaltiger Weise vorgenommen werden. Ein etwaiger zu grosser Ueberschuss an Schwefelsaure wtirde gegen- uber dem Weinsaure-Gehalt noch rnehr hervortreten und hier- durch bei dem nachfolgenden Eindampfen der Losungen be- trachtliche Weinsaure-Verluste herbeiftihren konnen. Man fiihrt die Endreaktion in folgender Weise aus : Eine abfiltrirte Probe der Lauge wird im Eeagensglase zum Sieden erhitzt, sodann mit ungefahr dem gleichen Volumen einer 10 procentigen Chlor- calcium-Losung versetzt und etwa 1 Minute im Sieden er- halten. Bei richtigem Zusatz von Schwefelsaure tritt nach dieser Zeit eine massige Fallung von Gyps in deutlichen feinen Flocken oder Blattchen ein. So sehr es wtinschens- werth ist, dass man einen unnothigen Ueberschuss von Schwefel- saure in der Biitte vermeidet, und dass mithin diese Reaktion nicht zu stark auftritt, so darf man sich doch nicht durch eine Opalescenz oder auch schwache feinpulverige Abscheidung tauschen lassen. Ein derartiger Niederschlag kann auch durch Ausfallen des in Losung befindlichen Gypses hervorgerufen sein und erheblich fruher eintreten, bevor der Schwefelsaure- Zusatz ausreichend ist. l ) Holbling's Beobachtung, dass auch in stark sauren Flussigkeiten durch Bakterien verursachte Gahrungen auftreten , kann ich nicht be- statigen. Wohl findet allmahlich ein Schimmeln statt, doch sind die durch Schimmelpilze herbeigefiihrten Weinsaure-Verluste im AllgemeiDen so geringfiigig, dass sie nicht in Betracht kommen. 4. Das neutrale Verfahren. 53 Wenn die Zersetzung des weinsauren Kalks durch Schwe- felsaure beendet 1st, kann der Butteninhalt zum Filtriren in die Druckfasser abgelassen werden. Es ist zweckmassig, an sammt- lichen Hefe-Ansetzbtitten voriiber eine gemeinschaftliche Sam- mel- und Ablassrinne zu fuhren, welche von solchen Dimen- sionen gewahlt ist, dass sie etwa die Halfte eines Biitteninhalts fasst. Von dieser Rinne aus fiillt man den Presscylinder, indem man die Massen durch ein Drahtsieb laufen lasst, um etwa vor- handene Holzstiicke, Lappen von Sackleinwand u. s. w. zurtick- zuhalten. Hinsichtlich der Filterpressen-Einrichtung gelten die beim Hochdruck-Verfahren gemachten Bemerkungen. Als Press- cylinder haben sich fiir eine tagliche Verarbeitung von 4000 bis 5000 kg Hefe 2 Kupfercylinder von 1 m Durchmesser und 3V 2 ni Hohe gut bewahrt. Die Steigleitung von den Druck- fassern zu den Filterpressen stellt man aus Bleirohren von 10 mm Wandstarke und 75 mm 1. W. her. Die Filterrahmen und Flatten wahlt man von Larchenholz. Fur den mit Hefemasse zu fullenden Hohlraum der Pressrahmen konnen folgende Ab- messungen empfohlen werden : Hohe 86cm, Breite 80 cm, Tiefe 3 cm. Es ist nicht zweckmassig, starkere Pressrahmen zu be- nutzen, weil das Auswaschen sonst zu langsam von Statten geht. 1 kg in den Btitten angesetzten Rohmaterials von etwa SOProc. Weinsaure erfordert ungefahr 0,51 Hohlraum in den Filterpressen. Als Presstuch verwendet man gewohnliche Hes- sian-Sackjute. Derartige Tiicher halten 2 Monate und langer. Das Auswaschen der Filterpressen erfolgt selbstverstandlich mit kaltem Wasser. Die von den Pressen ablaufende Lauge, welche im Mittel ein specitisches Gewicht von 10 Be. zeigen soil, rinnt in die Eindampf-Pfannen des Krystallisir-Baus. Eben dahin lasst man auch die ersten Mengen der Waschlaugen laufen. Sinkt das speciflsche Gewicht der Waschwasser unter 4 Be., so lasst man dieselben in eine entleerte und demnachst frisch zu beschickende Ansatzbutte zurticklaufen , weil das Ein- dampfen dieser dtinnen Weinsaure-Laugen nicht mehr lohnend ist. Es gelingt ohne Schwierigkeit , mit den gleichen Filter- 54 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. pressen taglich bei 12 sttindigem Betriebe 3 Pressoperationen zu machen. Eine Durchschnittsprobe der von den Pressen abgeraumten Kuchen wird im Laboratorium untersucht, und zwar empfiehlt es sich, von jeder Pressoperation den Titer bestimmen zu lassen, und aussserdem von einer Tages-Durchschnittsprobe den Wein- saure-Gehalt genau zu ermitteln. Um das Auswaschen in den Hefe-Ansetzbtitten zu kontroliren, 1st es ausserdem erforderlich, mindestens eine Wochen-Durchscbnittsprobe der ursprtinglichen, von den Pressen ablaufenden Laugen auf ihren Chlorkalium- Gehalt prufen zu lassen. Derselbe soil bei einer 10 Be. Wein- saure-Lauge nicht mehr als 0,1 g KC1 p. 1. betragen. Wie aus der vorstehenden Beschreibung ersichtlich, ist das neutrale Verfahren weitaus einfacher als die zuvor dargelegten Arbeitsweisen. Indessen erfordern die Operationen in den An- setzbutten ein sorgfaltiges Arbeiten und daher eine gewissen- hafte Ueberwachung. Um den Arbeitsgang jederzeit genau kontroliren zu konnen, hat es sich als zweckmassig erwiesen, tiber einen jeden Ansatz einen fortlaufenden Arbeitszettel fiihren zu lassen. Dieser Zettel wird, so lange sich der betreffende Ansatz in der Btitte befindet, in einem an derselben ange- brachten Kasten aufbewahrt, um spater im Betriebsbureau ab- geliefert zu werden. Die Einrichtung und Verwendung eines derartigen Arbeitszettels geht aus dem nebenstehenden Bei- spiel hervor. 5. Die Abfall-Produkte der Weinsaure-Industrie. Das in der Weinsaure-Industrie entstehende Abwasser ent- halt neben organischen Substanzen vorzugsweise Chlorkalium oder schwefelsaures Kalium. Daneben finden sich geringe Mengen von Chlorcalcium oder Gyps vor. Das zur Trockne eingedampfte Salz pflegt etwa 1 Proc. Stickstoff zu enthalten und ware daher als stickstoffhaltiger Kalidiinger gut verwendbar. Es ist wiederholt vorgeschlagen, das Abwasser zur Gewinnung der Kalisalze einzudampfen ; auch soil in einzelnen Fabriken 5. Die Abfall-Produkte der Weinsaure-Industrie. 55 Fabrikat No.: 35 Biitte No.: 6 1 Datum: des Ansetzens: 11\IV. des Pressens: 14JIV. Hefe Weinstein Weins. Kalk Bez. kg Bez. kg Bez. kg AOC 510 ARE 176 986 394 MS 56 120 Chlorcalcium : kg : 130 Name : Mulier Neutralisations - T emp. : 21* C. Schwefelsaure 60 Zusammen : Be.: 450 kg: 300120 2010- kg Name : Kllmr. Grade Be. d. Lauge: 9,5 Q . No. A Uhr bges tel Tp. It Name Ab ge Uhr 1 a s s e n Name Bemer- kungen Abwassern : 1 2 3 4 "5" 6 "r 8 12 21 M 400 M K 5 so 19 M 8 10 245 8 00 5 gio 17 K 1 K 16,5 15 K 6 M M 11 M 15 14,5 14,5 M M K 3 M 12 K K 56 Darstellung der Weinsaure-Rohlauge. eine Koncentration der Abwasser in Dampfkesseln oder in Pfannen zur Ausfiihrung gekommen sein. Da die Abwasser verhaltnissmassig nur wenig Salz enthalten und da eine Kon- centration derselben in Gradirwerken bei der Anwesenheit faulnissfahiger organischer Substanzen kaum durchfiihrbar ist, wird man es im Allgemeinen vorziehen, die Abwasser fortlaufen zu lassen. Eine Schadigung der Fischerei durch dieselben ist nicht zu befurchten, wenn in dem Wasserlaufe, welcher das Abwasser aufnimmt, eine ausreichende Verdunnung stattfindet. Auf das lastige Schaumen der Abwasser von unter Druck ge- kochter Hefe wurde schon oben hingewiesen. Bei dem Dekantir- und dem neutralen Verfahren zeigen die Abwasser diese unan- genehme Eigenschaft nicht. Die Heferuckstande enthalten in dem Zustande, in welchem sie von den Pressen abgeraumt werden, etwa 50 60 Proc. Wasser. In der trocknen Substanz finden sich bei je nach dem Verfahren wechselnden Mengen von Gyps 23 Proc. Stick- stoff und etwa y a Proc. Phosphorsaure vor. Durch ihren hohen Gehalt an organischer Substanz bilden die Heferuckstande einen brauchbaren Diinger. Fur das etwa nothwendige Trocknen der Rtickstande empfehlen sich rotirende Trocken-Apparate, wie sie z. B. von Emil Passburg in Berlin geliefert werden. Wenn man bei dem Hochdruck- Verfahren mit Salzsaure arbeitet, so erhalt man Heferuckstande, welche nahezu frei sind von anorganischen Salzen. In der aus verquollenen und zer- storten Hefezellen bestehenden Masse kann naturgemass mikro- skopisch keinerlei Struktur nachgewiesen werden. Derartige Heferuckstande bilden deshalb ein sehr brauchbares Verfal- schungsmittel fiir Gewtirzpulver etc. und sollen ftir diesen Zweck bereits wiederholt Verwendung gefunden haben. Das Produkt kann daher der Aufmerksamkeit der Nahrungsmittel-Cheiniker empfohlen werden. Fur den in der Weinsaure-Fabrikation als Nebenprodukt gewonnenen Gyps wird sich bisweilen als Einstreu-Mittel ftir Stalldtinger Verwendung finden lassen. 6. Beurtheilung der angewandten Verfahren. 57 6. Beurtheilnng der zar Verarbeitnng des Rohmaterials angewandten Verf aliren. Gegentiber dem zuletzt dargelegten neutralen Verfahren wird bei den drei vorher beschriebenen Arbeitsweisen, welche wir unter dem Namen ,,saure Verfahren" zusammenfassen konnen, die Weinsaure aus dem Rohmaterial durch Mineralsauren aus- gezogen. Es entsteht hierdurch auf 100 kg Weinsaure-Einsatz ein Mehrverbrauch von 7590 kg Schwefelsaure (60 Be.) oder 110 150 kg Salzsaure (20 Be.), welchem ein Verbrauch von 30 kg Chlorcalcium und ein Mehrverbrauch von etwa 100 kg Steinkohlen bei dem neutralen Verfahren gegentibersteht. Der Mehraufwand an Brennmaterial bei der neutralen Arbeitsweise ist bedingt durch die diinnere Beschaffenheit der zum Ein- dampfen gelangenden Weinsaure-Rohlauge. Wenn sich hiernach schon der Verbrauch von Hiilfsmaterialien bei dem neutralen Verfahren gunstiger stellt als bei den sauren Methoden, so ist auch in anderer Hinsicht dem ersteren Verfahren der Vorzug zu geben. Das doppelte Filtriren bei den sauren Arbeitsweisen erfordert einen Mehraufwand von Arbeitskraften. Der Ver- brauch an Filterttichern , der Ersatz von Pressrahmen und Flatten, die Reparaturen an Apparaten und Leitungen verur- sachen, zumal bei dem Hochdruck- Verfahren, nicht unbetracht- liche Kosten, wahrend die Ausgaben hierfiir bei dem neutralen Verfahren so gering sind, dass sie bei der Kalkulation voll- standig ausser Ansatz zu lassen sind. Der Gestehungs-Preis der Weinsaure fur 100 kg fertige Waare ist mithin durch Minder- aufwand an Htilfsmaterialien und Spesen bei dem neutralen Verfahren um etwa 3 M. niedriger als bei den sauren Arbeits- methoden. Bei dem verhaltnissmassig hohen Preise der Weinsaure ist fur die Beurtheilung der verschiedenen Arbeitsmethoden der Fabrikations-Verlust an Weinsaure von grosster Bedeutung. Wenn bei unzureichender Erfahrung oder mangelnder Auf- merksamkeit des Betriebsleiters bis zu 25 Proc. vom Weinsaure- Einsatz im Betriebe veiioren gehen konnen, so ist als ange- 58 Darstellimg der Weins&ure-Rohlauge. messener mittlerer Fabrikations -Verlust einer Weinsaure-Fabrik 10 Proc. der eingesetzten Weinsaure-Menge anzusehen, so zwar, dass man aus 100 kg der im Rohmaterial eingesetzten Wein- saure eine Ausbeute von 90 kg fertiger Waare erhalt. Beim sorgfaltigen Arbeiten nach dem neutralen Verfahren 1st der Fabrikations-Verlust an Weinsaure niemals hoher, ja es gelingt, denselben auf 89 Proc. vom Einsatz zu verringern. Ein gleich gtinstiges Ergebniss 1st bei Anwendung der sauren Ver- fahren kaum zu erreichen, well durch die Abwasser betracht- liche Verluste an Weinsaure herbeigefiihrt werden. Es sind hier stets erheblich grossere Mengen an Laugen auf weinsauren Kalk auszufallen, und gerade hierdurch entstehen Verluste, weil es niemals gelingt, die Weinsaure aus den Laugen durch Fallung als Kalksalz vollig zur Abscheidung zu bringen. Bei den vorstehenden Angaben tiber die Weinsaure-Aus- beute nach den verschiedenen Verfahren ist absichtlich Bezug genommen auf den durch die Fabrikation entstehenden Ge- sammt- Verlust an Weinsaure. Man nimmt mit Recht an, dass von diesem Gesamrnt- Verlust etwa die Halfte, also im Mittel etwa 5 Proc., bis zur Gewinnung der Weinsaure-Rohlauge ent- steht, wahrend die andere Halfte des Verlustes durch die Be- handlung der Laugen wahrend des Krystallisations-Processes und durch die Aufarbeitung der alten Mutterlaugen herbeige- fiihrt wird. Indessen ist es selbst bei der sorgfaltigsten ana- lytischen Ueberwachung des Betriebes nicht moglich, den Wein- saure-Verlust bis zur Rohlauge fortdauernd einwandfrei zu be- stimmen. Die Verschiedenheiten der 3 sauren Verfahren unter sich sind weniger wirthschaftlicher als technischer Natur. Das viel- fach angewandte Hochdruck- Verfahren ist am wenigsten zu einpfehlen. Der Betrieb ist gefahrvoll, wie die wiederholt vor- gekommenen Explosionen der Kochkessel beweisen. Ausserdem sind bei den haufig erforderlichen Reparaturen der Apparate Betriebsstorungen unvermeidlich. Unter den sauren Arbeits- weisen gebtihrt daher dem Dekantir- Verfahren der Vorzug, und zwar empfiehlt sich am meisten die am Schluss der Be- 1. Das Eindampfen der Laugen. 59 schreibung angegebene Arbeitsweise, bei welcher anfangs mit Kalk neutralisirt und erst dann die zum Extrahiren nothige Schwefelsaure zugesetzt wird. Das neutrale Verfahren 1st von alien entschieden das ein- fachste, tibersichtlichste und beste. Auf dieses werden wir daher bei der spateren Darlegung der Betriebs-Ergebnisse nnsere Betrachtung beschranken. II. Ge.winnung der reinen Weinsaure. (Krystallisation.) 1. Das Find amp fen der Lang en. Die von den Filterpressen ablaufende Weinsaure-Rohlauge enthalt in betrachtlicher Menge Gyps aufgelost. Der beim Eindampfen der Lauge sich abscheidende Gyps muss daher bei einer Koncentration von 25 Be. von der Lauge getrennt werden. Da beim Eindampfen der dtinnen Laugen, auch wenn es langsam erfolgt, eine Zersetzung der Weinsaure nicht zu beftirchten ist, sobald man nur dafiir sorgt, dass die Tempe- ratur nicht zu hoch steigt, so kann man die Koneentration bis zu einer Starke von 25 Be. unbedenklich in offenen Pfannen vornehmen. Der Gyps scheidet sich hierbei als feinpulveriger Bodensatz und als Krystallhaut an der Oberflache ab. Das Entstehen dieser Krystallhaut wird durch eine in den Pfannen angebrachte Ruhrvorrichtung verhindert. Man erha'lt auf diese Weise den gesammten Gyps als schlammigen Bodensatz, wel- chen man nach Bedarf ausraumen und in die mit Schwefel- saure fertiggemachten Hefen- oder Gyps-Biitten eintragen lasst. Es ist zweckmassig, die Eindampf-Pfannen ziemlich gross herzustellen, weil man sich dadurch unnothigen Transport von Laugen erspart und weil die Temperatur in grosseren Pfannen leichter konstant zu erhalten ist. Aus 2zolligen Bohlen herge- stellte Pfannen von 5 m Lange, 5 m Breite und 50 cm Hohe haben sich gut bewahrt. Als Bleifutter fur diese Pfannen ver- wendet man 5 mm starkes Bleiblech, als Heizschlange ein Blei- 50 Gewimmng der remen Weinsaure. rohr von 40 m Lange und 28 mm innerem , 40 mm ausserem Durchmesser. Die in einigen Fabriken benutzten Pfannen mit doppeltem, durch einen Holzrost getrenntem Bleifutter, bei welchen der Dampf zum Heizen in den Raum zwischen dem doppelten Bleibelag eindringt, kann ich im Gegensatz zu Holbling nicht empfehlen, well bei ihnen Undichtigkeiten oder durch den Dampfdruck bewirktes Auftreiben des Bleiblechs leicht zu Lauge-Verlusten fiihren konnen. Man ordnet die Pfannen zweckmassig in 2 Reihen an, von welchen die eine so viel hoher aufgestellt ist, dass die Bodenflache dieser Pfannen sich noch etwas tiber dem Oberrand der anderen Pfannenreihe befindet. Die Lauge lauft dann von den Pressen zunachst in die hohere Reihe und wird von hier am 3. Tage, nachdem sie entsprechend eingedampft ist, in die tiefere Pfan- nenreihe mittelst Blei- oder Kupferheber abgezogen. Ein Ver- dunnen von bereits eingedampften Laugen durch mindergradige sucht man hierbei unter alien Umstanden zu vermeiden. Bei der Arbeit nach dem neutralen Verfahren erreicht man es leicht, dass die Lauge in den oberen Pfannen bis auf 15 Be. (heiss gemessen) eingedampft und in den unteren Pfannen dann auf 25 Be. (heiss) weiter koncentrirt wird. Man halt in diesem Falle die Temperatur in der oberen Pfannenreihe auf 7880 C. und in der unteren auf 7072 C. Eine Zerstorung der Weinsaure durch Temperatur-Einwirkung ist in diesem Falle ausgeschlossen. Fur einen regelmassigen Betrieb der Pfannen ist es durchaus nothwendig, dass die Riihrvorrichtung fortwahrend im Gang erhalten wird. Es bildet sich sonst die erwahnte Gypshaut auf der Oberflache der Lauge, das Ein- dampfen geht nicht voran und hierdurch steigt die Temperatur tiber die zulassige Grenze. Bei dem neutralen Verfahren richtet man die Pfannen- Anlage so gross ein, dass man auf je 1000 kg Tagesproduktion an Weinsaure 500 600 hi Pfannenraum zur Verfugung hat; bei der Arbeit nach saurem Verfahren benothigt man nur etwa die Halfte des obigen Pfannen-Inhalts. Die offenen Pfannen verlegt man in einen von den tibrigen Fabrikations-Lokalen 1. Das Eindampfen der Laugen. gl durch Mauern mit Ceinentputz vollstandig abgetrennten Rauni, damit namentlich im Winter die sonst unvermeidliche arge Belastigung durch Wasserdainpf vermieden wird. Das Pfannen- lokal selbst ist dann mit einer kraftigen Ventilations-Vorrich- tung zu versehen. Wahlt man hierzu einen Exhauster, so ist eine besondere, im Winter in Betrieb zu setzende Heizanlage erforderlich. Einfacher und besser ist es, Ventilation und Heizung gemeinschaftlich dadurch zu bewirken, dass man er- warmte trockne Luft durch ein Geblase in den Pfannenraum einfuhrt. W T enn man die Kosten der Anlage nicht scheut, so dampft man am besten auch die dunnen Rohlaugen im Vakuum ein; bei dem neutralen Verfahren ist in diesem Falle ein besonderer Vakuum- Apparat zu beschaffen, wahrend man bei den sauren Verfahren im Allgerneinen mit einem Vakuum fur reine und einein fur nicht gereinigte Laugen auskommen wird. Alle iiber 25 Be. starke Weinsaure-Laugen sind unbedingt im Vakuum- Apparat einzudampfen, weil sonst erhebliche Wein- saure-Verluste unvernieidlich sind, und iiberdies eine gleich- massig schon krystallisirte und geruchfreie Waare nicht erzielt werden kann. Das Eindampfen im Vakuum ist ebenso erfor- derlich fur die starkeren Rohlaugen, wie fur sammtliche Mutter- laugen und die durch Auflosen von braunen Krystallen erhal- tenen weissen und reinen Laugen. Man wahlt die Vakuum- Apparate zweckmassig von solcher Grosse, dass in ihnen jeweils ein Sud von 1500 1800 1 Lauge fertiggestellt werden kann. Der Inhalt des Verdampfkorpers einschliesslich des Steigraumes betragt dann etwa 30 hi. Es ist selbst fur kleinere Fabriken durchaus wiinschenswerth, 2 Vakuum-Apparate zur Verfiigung zu haben. Abgesehen von der Verdampf-Einrich- tung ftir diinne Rohlaugen geniigen 2 Apparate in der an- gegebenen Grosse fiir eine Fabrik von 1000 kg Tages-Pro- duktion. Form und Einrichtung der Vakuum-Apparate fiir Wein- saure-Fabriken entsprechen den allgeraein iiblichen. Wie aus der umstehenden Zeichnung ersichtlich, verbindet man den 62 Gewinnang der reinen "Weinsaure. Hauptverdampfkorper mit einer Vorlage, in welcher etwa iiberspritzencle Lauge sich ansammeln kann. Von der Vorlage fuhrt ein Rohr zum Kondensator und von dort zur Nassluft- pumpe. Verdampf korper und Vorlage, sowie das Verbindungs- rohr zwischen beiden sind aus Hartblei herzustellen. Ueber die zweckmassigste Legirung herrschen verschiedene Ansichten. Manche Fabriken verwenden ein Hartblei mit einem Antimon- Gehalt bis zu 30 Proc. Wenn mir auch Nachtheile nicht be- kannt geworden sind, welche durch den hohen Antimon-Gehalt herbeigefiihrt sind, so ist doch andererseits eine Legirung mit Fig. 4. nur 2 Proc. Antimon von vollkommen gentigender Festigkeit. Bei Verwendung solchen Materials giebt man den Apparaten von nebenstehender Form bei einem lichten Durchmesser von iy 2 m eine Wandstarke von 40 mm. Hinsichtlich der Arma- turen des Vakuum-Apparats ist das Folgende zu bemerken. Man vermeidet jede Verschraubung im Innern und befestigt alle Ausrustungsgegenstande durch Verschraubung an den an- gegossenen Flantschen des Apparats. Zur Verwendung als Heizschlange dient sog. homogen verbleites Kupferrohr, wie es von Velthuysen & Co. in Frankenthal geliefert wird. Ge- wohnliches Blei- oder Hartbleirohr ist nicht empfehlenswerth, 1. Das Eindampfen der Laugen. 53 well die Schlangen leicht schadhaft werden und damit zu haufigen Betriebsstorungen Veranlassung geben.- Vor dem Dampfzutritt der Heizschlange schaltet man ein Reducir-Ventil ein, welches nur Dampf von 2 Atui. Spannung hindurchlasst. Der Heizschlange giebt man bei Apparaten von der angegebenen Grosse eine Lange von 40 m und eine lichte Weite von 35 mm. Zum Ftillen und Ablassen ist an der tiefsten Stelle des Vakuum- Hauptkorpers ein 2zolliger Rothgusshahn angebracht. Derselbe tragt am unteren Ende ein kurzes Rohrstiick zur Verbindung mit einem Saugschlauch. Ausser den genannten Armatur- stticken befinden sich am Hauptkorper noch 1 Mannloch, 1 Vakuumineter, ferner 3 mit Fenstern aus nicht springendem Glas versehene Schaulocher, deren Lage aus der Zeichnung zu entnehmen ist, 1 Luftzutritts- Ventil L und ein Probirhahn P. Letzterer dient zum Entnehmen einer Laugenprobe wahrend des Eindampfens. Man giebt demselben folgende Form: An dem Hauptkorper ist ein halbzolliges mit beiderseitigen Flant- schen versehenes Rothgussventil angeschraubt; die aussere Flantsche ist mit einem Ueberzug von Gummidichtungsplatte versehen. Das Gefass zum Entnehmen der Probe besteht aus einem Kupfercylinder mit umgebordeltem Rande. Beim Ftillen wird dies Gefass gegen die Flantsche des Probehahns gedriickt und das Ventil geoffnet. Sobald man nach dem Ftillen des Kupfer cylinders denselben entfernt, treibt die einstromende Luft die im Rohr befindliche Lauge in das Vakuum zuriick. Das Probirventil wird alsdann wieder geschlossen. Die ein- fache Vorrichtung erfiillt ihren Zweck besser als die kompli- cirten, sonst zur Probenahnie verwandten Apparate. Das Luft- zutritts-Ventil L dient dazu, um bei etwaigem Schaumen der Laugen kleine Mengen von Luft in den Apparat einlassen zu konnen. Dies lastige Schaumen tritt vorzugsweise bei Mutter- laugen dann auf, wenn dieselben bis nahe zur Siedetemperatur erhitzt sind. Sobald der Schaurn bis zu dem oben im Apparat angebrachten kleinen Fenster gestiegen ist, offnet man das Liiftungs -Ventil. Der Schaum sinkt dann verhaltnissmassig schnell. Die gleiche Operation muss in sorgfaltigster Weise 4 Gewinnung der reinen Weinsaure. so oft wiederholt werden, bis endlich ein ruhiges Sieden der Lauge eingetreten ist. Die Bleivorlage erhalt ein Schauloch und einen Rothguss- Ablasshahn. Weitere Annaturstiieke an dem Vakuum-Apparat sind nicht erforderlich. Fur jede Vakuum-Anlage von der mehrfach angefuhrten Grosse wahlt man eine Nassluftpumpe von ungefahr 300 mm Durchmesser des Luftcylinders, 400 mm Hub und 60 Touren in der Minute. Bisweilen ist es nothwendig, das Vakuum-Innere grundlich zu reinigen. Hierzu ist zunachst ein schnelles Abkiihlen des Apparats erforderlich. Man bringt zu diesem Zwecke eine kleine Menge Waschwasser in den Apparat und lasst sodann bei wenig geoffnetem Ablasshahn und geschlossenem Ventil der Heizschlange die Luftpumpe einige Zeit laufen. Das im luft- verdtinnten Raume unter Einwirkung des Luftstroms schnell verdampfende Wasser bewirkt in langstens 1 / 2 Stunde eine hin- reichende Abktihlung des Apparats, sodass derselbe von einem Manne befahren und gereinigt werden kann. Sobald dies ge- schehen ist, schliesst man wieder den Mannlochdeckel und wascht mit kleinen Wassermengen das Vakuum so oft aus, bis das Waschwasser vollkommen klar und farblos ablauft. Ein dreimaliges Auswaschen wird meistens gentigen. Die Wasch- wasser sammelt man in 2 zu diesem Zweck aufgestellten Btitten oder Kasten, um dieselben nochmals zum Auswaschen des Vakuums zu verwenden oder, wenn sie eine Koncentration von 68 Be. erreicht haben, in den Eindampfpfannen mit den dtinnen Rohlaugen zu vereinigen. 2. lias Krystallisiren. Die in dem Vakuum-Apparat zur Krystallisationsstarke ^ingedampften Laugen lasst man am besten zunachst in zweck- entsprechend angebrachte, ausgebleite, unten mit verschiedenen Ablaufstutzen nebst Gummiverschluss versehene Holzrinnen von solchen Dimensionen laufen, dass dieselben etwa den halben Vakuuminhalt zu fassen vermogen. Das Ablassen in 2. Das Krystallisiren. 65 die Krystallisirgefasse kann dann ohne Ueberlaufen von Lauge und ohne andere Storungen vorgenommen werden. Aus den Ab- laufstutzen der Bleirinne lauft die Lauge direkt durch leicht zu handhabende Kupferrinnen in die Krystallisir-Kasten. Man halt diese oben offenen Kupferrinnen in verschiedenen Langen vorrathig; der Querschnitt ist halbrund von etwa 20 cm oberem Durchmesser und 10 cm Tiefe; gefertigt werden die Rinnen aus 23 mm starkein Kupferblech; die beiden Langsrander sind durch eingehammerten Stahldraht versteift und, um der Rinne Halt zu geben, durch etwa 1 m von einander entfernte Querban- der aus Kupferblech verbunden. Die Weinsaure-Laugen nehmen nennenswerthe Mengen von Kupfer aus diesen Rinnen nicht auf, da sie stets nur kurze Zeit mit denselben in Beriihrung kommen. Als Krystallisirgefasse verwendet man ausgebleite Holz- kasten oder Btitten, denen man selbstverstandlich beliebige Abmessungen geben kann. Fur die unreinen Laugen halte ich Btitten von l l /. 2 m Durchmesser und 0,8 m Hohe, fur reine Laugen Kasten von 1 m Breite und Lange und 0,6 m Hohe fur zweckmassig. Man stellt die Holzkasten aus 2zolligen Bohlen her und verwendet zum Ausbleien mindestens 5 mm starkes Bleiblech. Diese Krystallisirgefasse haben den leider unvermeidlichen Fehler, dass sie beim Aushauen der Krystalle leicht kleine undichte Stellen erhalten, welche schwer zu finden sind und durch welche spater die eingefullte Weinsaure-Lauge ausrinnt. Wenn die Leckstellen auch meistens bald zukrystal- lisiren, so verursachen sie doch viel Aerger und gelegentlich empnndliche Verluste. Am einfachsten ist es, den Fussboden des ganzen Krystallisirbaues aus Asphalt herzustellen und dem- selben stetiges Gefalle nach einer Sammelgrube zu geben, um so sicher alle ausgelaufene und verspritzte Weinsaure-Lauge wieder zu gewinnen. Ausserdem wird jeder entleerte Krystal- lisir-Kasten auf etwaige Undichtigkeiten genau untersucht. Die Verwendung der in einigen Fabriken benutzten kupfernen Krystallisir-Kasten kann ich nicht empfehlen, da die Laugen aus ihnen KupfeB aufnehmen; in Gefassen aus Hartbleiguss ist Form und Bildung der Krystalle mangelhaft. Rasch, Weinsaure. 5 g(3 Gewinnung der reinen Weinsaure. Das Aushauen der Krystalle aus den Kasten muss mit grosster Vorsicht erfolgen. Auch dtirfen die Krystalle nicht in den Kasten selbst zerklopft werden, weil dadurch eine Dehnung und schnelle Abnutzung des Bleifutters hervorgerufen wird. Man beschafft deshalb einige aus 10 mm starkem Blei- blech oder aus starkem Kupferblech hergestellte Klopfkasten. Maschinelle Krystallbrecher sind im Allgemeinen nicht zu em- pfehlen, da sie die Krystall-Individuen vielfach zertnimmern und hierdurch die fertige Waare unansehnlicher machen. Die grossen, fiir unreine Laugen bestimmten Krystallisir- Biitten oder Kasten versieht man mit holzernen, verbleiten Ruhrwerken, um durch die maschinelle Bewegung eine schnelle Abkiihlung der Lauge und damit eine baldige Gewinnung der Krystalle herbeifiihren zu konnen. Indessen stellt man das Riihrwerk Y 3 1 Tag vor dem Entleeren des Gefasses und Be- endigung der Krystallisation ab, damit die letzten Mengen nicht zu feinkornig und somit in einer fiir das Centrifugiren ungiinstigen Form ausfallen. Bei welchen Laugen die Krystal- lisation in dieser Weise ,,gestort" wird, ist spater zu erortern. In die mit reiner Lauge gefiillten Kasten, aus welchen fertige ,,spiessige" Krystalle gewonnen werden sollen, pflegt man etwa 20 cm iiber dem Boden endigende Bleistreifen einzuhangen, an welchen die Krystalle in zusammenhangender Druse anhaften. Um in solchen Kasten Deckenkrystalle von besonderer Schon- heit zu erzielen und auch sonst die Krystallisation zu ver- bessern, kann man nach dem Einfiillen der Lauge auf diese vorsichtig mit einem Gummischlauch aus einem Eimer eine 1Y22 cm hohe Wasserschicht laufen lassen. Es ist erforderlich, ftir je 1000 kg Tages-Produktion an Weinsaure etwa 40 cbm Raum in Krystallisir-Gefassen unreiner Laugen und 20 cbm Raum in Kasten reiner Lauge zur Ver- fiigung zu haben. Ausserdem sind ftir das gleiche Produktions- Quantum noch eine Reihe von Kasten nothig, welche mit 2 bis 3 mm Bleiblech ausgekleidet einen Gesammt-Rauminhalt von etwa 40 cbm besitzen. Diese Kasten, deren Grosse man so wahlt, dass jeder ungefahr 4 cbm fasst, dienen zum Auf- 3. Das Entfarben. 67 bewahren und Sammeln von Mutterlaugen und von entfarbten und filtrirten Laugen. Ausser der unten zu beschreibenden Einrichtung ftlr Entfarbung benothigt man sodann in dem Kry- stallisirbau fur das obige Produktions-Quantum noch 4 Centri- fugen, welche so eingerichtet sind, dass die Weinsaure in den- selben nur mit Kupfer oder Blei in Beriihrung kommen kann und welche einen Trommel -Durchmesser von 80 100cm be- sitzen. In diesen Centrifugen werden die von Lauge durch Abtropfen einigermaassen befreiten und durch Klopfen zerklei- nerten Krystalle ausgeschleudert und gewaschen. Letzteres soil in derWeise geschehen, dass man dreimal in Pausen von je 20 Sekunden einen feinen Strahl Wasser unter Auf- und Ab- bewegen 5 Sekunden lang in die Trommel leitet. 3. Das Entfarben. Zur Entfarbung gelangen Laugen, welche durch Auflosen von braunen oder noch nicht hinreichend reinen Krystallen gewonnen sind, und Mutterlaugen, welche nach dem Auskry- stallisiren bereits entfarbter Laugen zuriickgeblieben sind. Wir unterscheiden ,,weisse" und,,reine" Laugen. Als weisse Laugen werden diejenigen bezeichnet, deren nach dem Eindampfen ge- wonnenen Krystalle zur Gewinnung von marktfahiger Waare nochmals umkrystallisirt werden miissen. Reine Laugen heissen solche, welche zum Versand fertige Weinsaure-Krystalle liefern. Fur diese beiden Arten von Lauge muss man in einer Fabrik von 1000 kg Weinsaure-Tagesproduktion, wie sie schon oben mehrfach als Beispiel gewahlt wurde, zwei von einander getrennte, unter sich gleiche Entfarbungs-Einrichtungen besitzen. Jede derselben besteht aus 2 mit Riihrwerk und Dampfzulei- tungsrohr versehenen ausgebleiten Btitten von etwa 4000 1 In- halt, einem ausgebleiten eisernen Druckfass und einer nicht zu kleinen Filterpresse. Ausserdem ist noch eine kleinere mit Rtihrwerk versehene Biitte zum Presstucher-Waschen ftir jede Entfarbungs-Einrichtung erforderlich. Man ordnet diese Appa- rate so an, dass die aus der Presse zunachst ablaufende triibe (3g Gewinnung der reinen Weinsaure. Lauge ebenso wie das Waschwasser aus der Tiicher-Wasch- btitte in die Entfarbungsbottiche zuriicklauf en , und dass aus diesen die Lauge mittelst Ablaufrohrstutzen oder Heber in den Presscylinder abgelassen werden kann. Die klar filtrirte Lauge lauft in die bereits oben erwahnten Lauge-Sammelkasten. Die Filterpressen wahlt man nicht kleiner als die Hefepressen. Es sind zwar nur geringe Mengen fester Substanzen abzufiltriren, aber die Filtration geht oft nur langsam von statten, und man kann deshalb bei zu kleiner Filtrations-Einrichtung leicht im ganzen Betriebe aufgehalten werden. Mit einer Filterpresse von 26 Kammern in der beim neutralen Verfahren angegebenen Grosse lassen sich im Tage 30004000 1 Lauge leicht und gut filtriren. Als Presstiicher verwendet man Kameelhaartucher. Dieselben bewahren sich gut und halten ziemlich lange, sobald man dafiir sorgt, dass sie baldmoglichst nach jeder Filtration griindlich wieder ausgewaschen werden. Das Waschwasser der Tticher benutzt man zum Auflosen von Krystallen bei Fertig- stellung der gleichartigen Laugen. Da die zur Filtration kommenden entfarbten reinen Laugen so eingestellt sein sollen, dass sie bei einer Temperatur von etwa 70 ein specifisches Gewicht von 3033 Be. besitzen, giebt man den reinen Laugen anfarigs zweckmassig eine etwas grossere Koncentration. Die zur Entfarbung dienende Kohle wird mithin in ausreichender Menge in die auf 80 C. erwarmte Lauge von 34 35 Be. eingetragen. Geschieht das Aufheizen der Laugen durch direkt eingefuhrten Dampf, so lasst man, bevor der Dampf in die Lauge einstromt, durch ein hierzu angebrachtes Ventil aus der Dampfleitung das eisen- haltige Kondenswasser austreten, damit eine Verunreinigung der Laugen durch Eisen vermieden wird. Zur Entfarbung einer mit 3000 1 Lauge gefiillten Btitte werden im Allgemeinen 20 kg feuchten, mit Salzsaure extrahirten Spodiums ausreichend sein. Einige Angaben liber die Bereitung dieser Entfarbungs- kohle werden weiter unten gegeben. Man lasst das Rtihrwerk der mit Spodium versetzten Biitte etwa 12 Stunden (tiber Nacht) laufen, tiberzeugt sich durch eine abnltrirte Probe, ob noch 3. Das Entfarben. 59 weitere Mengen Knochenkohle zugefiigt werden miissen, und lasst, sobald dies nicht mehr erforderlich 1st, in dtinnem Strahle eine Losung von 2 kg Ferrocyancalcium in etwa 12 1 Wasser zulaufen. Durch diesen Zusatz von Blutlaugensalz wird ein Theil des stets in den Betriebslaugen vorhandenen Eisens aus- gefallt, und tiberdies werden durch den entstehenden Niederschlag von Berlinerblau die noch in der Lauge vorhandenen braunen Farbstoffe mit niedergerissen. Das in dem Salz enthaltene Calcium wird durch die stets in Spuren vorhandene Schwefel- saure als Gyps ausgefallt. Man kann deshalb nur das Calcium- Blutlaugensalz , nicht aber das Kalium- oder Natriumsalz ge- brauchen, bei welchen eine verhangnissvolle Verunreinigung der Laugen durch schwefelsaures Alkali eintreten wiirde. Die Entfarbung der Lauge wird durch den Blutlaugensalz -Zusatz ganz wesentlich verbessert. Wenn daher diese Zugabe von Ferrocyancalcium als Entfarbungsmittel sehr empfohlen werden kann, so muss andererseits darauf hingewiesen werden, dass hierbei die folgenden Vorsichtsmaassregeln sorgfaltig zu beob- achten sind. Der Blutlaugensalz-Zusatz darf auf 3000 1 Lauge im Allgemeinen nicht mehr als 2 kg, keinesfalls tiber 4 kg be- tragen. Die Temperatur der Lauge bei Zugabe des Ferrocyan- calciums darf 70 C. nicht tibersteigen, damit aus dem Nieder- schlage durch die Weinsaure keine Blausaure freigemacht wird. Unter den angegebenen Verhaltnissen habe ich Be- lastigungen durch Blausaure-Dampfe niemals beobachtet; gleich- wohl empfiehlt es sich, die Btitten mit Deckel und Dunstab- zugsrohr zu versehen, durch welches auch die entweichenden Wasserdampfe abgeftihrt werden. Sobald das Blutlaugensalz zugesetzt ist, iiberzeugt man sich an einer abfiltrirten Probe der Lauge nochmals, dass die Entfarbung genugend ist, und prtift, ob die Losung nicht etwa einen Ueber- schuss von Blutlaugensalz enthalt, welcher spater eine Blaufar- bung der Weinsaure herbeifiihren wiirde. Die abfiltrirte Laugen- probe muss mit Blutlaugensalz-Losung noch einen Niederschlag oder eine deutliche Blaufarbung geben, wahrend andererseits durch Eisenchlorid keine Blau- oder Griinfarbung eintreten darf. 70 Gewinnung der reinen Weinsaure. Die so zum Filtriren fertiggestellte reine Lauge wird in den Presscylinder abgelassen und durch die Filterpresse filtrirt. Die anfangs trtib laufende Lauge gelangt in den Entfarbungs- bottich zuriick, die klar filtrirte Lauge wird in einem aus- gebleiten Kasten gesammelt, um von hier aus in den Vakuum- Apparat eingesaugt zu werden. Zur Entfarbung der weissen Laugen dienen, wie oben vorgesehen, 2 andere Entfarbungsbiitten von den gleichen Ab- messungen wie die Bottiche fur reine Laugen. Als Entfarbungs- mittel verwendet man hier ausschliesslich das mit Berlinerblau gemischte Spodium aus den Entfarbungsbtitten der reinen Laugen. Die weissen Laugen, welche zur Entfarbung und nachfolgenden Filtration auf 60 C. und 25 Be gebracht werden, lasst man mit der Entfarbungsmasse ebenfalls 12 Stunden riihren. Das von den weissen Laugen abfiltrirte Spodium wird in eine pressfertige Hefen-Ansetzbiitte, oder bei den sauren Verfahren in eine Gypsbtitte eingetragen. Es ist besonders wichtig, ftir die Entfarbung der Wein- saure-Laugen eine brauchbare Entfarbungskohle zur Verftigung zu haben. Die im Handel vorkommenden ,,chemisch reinen' 1 Entfarbungs-Kohlen (Blutkohle, Pflanzen-Kohle, neue Knochen- Kohle u. s. w.) sind theilweise gut verwendbar, indessen stellt sich ihr Verbrauch meistens theurer als die Benutzung von mit Salzsaure in der Fabrik ausgezogener Knochenkohlen. Zur Gewinnung derselben werden in einer etwa 4000 1 fassen- den Biitte 800 kg zu feinem Gries verinahlene gute Knochen- kohle mit Wasser durch ein maschinell bewegtes Rtihrwerk angertihrt, mit 1200 kg roher Salzsaure vorsichtig. versetzt und, nachdem die Biitte zu 3 / 4 mit Wasser angefiillt ist, zum Sieden erhitzt und etwa eine Stunde lang im Kochen erhalten. Eine aus der Btitte entnommene Probe des Spodiums darf nach dem volligen Auswaschen der Saure , mit verdunnter reiner Salz- saure gekocht, an diese keine durch Ammoniak und oxal- saures Ammonium fallbare Substanzen mehr abgeben. Nothigen- falls mtissen zu der Biitte noch 100200 kg rohe Salzsaure zugeftigt und das Kochen einige Zeit fortgesetzt werden. 4. Die Behandlung der Laugen. 71 Durch wiederholtes Dekantiren mit Wasser, bis dieses gegen Lakmuspapier keine saure Reaktion mehr zeigt, wird das Spodium in der Btitte ausgewaschen und sodann auf ein Sack- filter gebracht. Nach dem Ablaufen des Wassers sind die Kohlen fertig zum Gebrauch. Die Entfarbungskraft des Spodiums pflegt im Allgemeinen urn so grosser zu sein, je feiner es ge- mahlen wurde. Doch 1st ein allzufeines Mahlen zu vermeiden, weil dadurch die Filtration der entfarbten Weinsaure-Laugen sehr erschwert wird. Es ist vielfach tiblich, in den Entfarbungsbiitten zur Reini- gung der Weinsaure-Laugen noch andere Operationen, wie Ein- leiten von Schwefelwasserstoff oder Zusatz von Schwefelcalcium vorzunehmen; auch werden gelegentlich kleine Mengen kohlen- sauren Baryums zur Beseitigung der letzten Spuren von Schwe- felsaure zugesetzt. Nach meinen Erfahrungen kann die Anwen- dung dieser Chemikalien zur Reinigung der Saure nur unter be- sonderen spater zu erorternden Verhaltnissen empfohlen werden. Wohl in alien Weinsaure-Fabriken sind zahlreiche Versuche angestellt, schon die Rohlauge soweit zu entfarben, dass sie direkt verkaufliche Krystalle liefert. Von Schmitz & Toenges ist zur Gewinnung eines farblosen weinsauren Kalks die Ver- wendung von unterchlorigsauren Salzen vorgeschlagen, deren Benutzung schon wegen der moglichen chemischen Einwirkung auf Weinsaure bedenklich ist. Bei den hohen Anforderungen, welche hinsichtlich der Qualitat auch an technische Weinsaure gestellt werden, sind die Versuche zur Gewinnung marktfahiger Krystalle direkt aus Rohlauge aussichtslos. Man leistet daher zweckmassig auf die nur schwer durchfuhrbare Entfarbung der Rohlauge tiberhaupt Verzicht. 4. Die Behancllimg der Langen. Um den Weinsaure-Betrieb ohne Storungen zu fuhren und um eine gleichmassig schone Waare zu erzielen, muss die Krystallisation genau nach ein em festen Plane geleitet und jedes Vermischen ungleichartiger Laugen sorgfaltig vermieden 72 Gewinnung der reinen Weinsaure. werden. Die erwahnten Laugen -Sammelkasten ermoglichen es, dass die verschiedenartigen Laugen bis zu ihrer weiteren Verarbeitung fur sich aufbewahrt werden konnen. Die in der folgenden Uebersicht dargestellte Behandlung der Laugen hat sich wahrend mehrerer Jahre im Betriebe bewahrt. Rohlauge, eingedampft auf 4344 Be. heiss, krystallisirt unter Riihren; Stand- zeit 3-4 Tage. Roh-Krystalle, Mutterlauge aufgelost und entfarbt zu reiner von Roh-Krystallen. Lauge I (spiessige Krystalle). Mutterlauge von Roh-Krystallen Mutterlauge von weissen Krvstallen I Schwarze Lauge I. eingedampft auf 46 Be. heiss, krystallisirt unter Riihren, Standzeit 34 tage. Schwarze Krystalle I, Schwarze Lauge II, aufgelost zu weisser Lauge I, eingedampft auf 48 Be. heiss, oder, falls besonders gutes Mate- krystallisirt ohne Riihren; Stand- rial vorliegt, zu reiner Lauge II zeit 68 Tage. (spiessige Krystalle). Schwarze Krystalle II, Schwarze Lauge III, aufgelost zu weisser Lauge I. eingedampft, wenn moglich bis auf 50 Be. heiss, krystallisirt ohne Riihren; Standzeit 10 bis 14 Tage. Schwarze Krystalle III, Alte Lauge, aufgelost zu weisser Lauge I. umgearbeitet auf weinsauren Kalk. 4. Die Behandlung der Laugen. 73 Schwarze Krystalle I, II u. Ill, Mutterlauge von aufgelost* und entfarbt. reinen Krystallen II Weisse Lauge I, eingedampft auf 44 Be. heiss, krystallisirt unter Riihren; Standzeit 34 Tage. Weisse Krystalle I, Mutterlauge von weissen Kry- aufgelost tmd auf Schalensaure stallen I, mit der Mutterlauge von oder auf spiessige Satire (reine Roh-Krystallen vereinigt oder Lauge I) verarbeitet. auch iiochmals fiir sich einge- dampft als weisse Lauge II. Weisse Krystalle I (und II), Roh Krystalle, aufgelost und entfarbt. aufgelost und entfarbt. Eeine Lauge I (fiir spiessige Saure), nach Beendigung des Eindampfens im Vakuum-Apparat aufgeheizt, im Sommer auf 90 C.; im Winter auf 100 C.; in die Kasten abge- lassen mit 40 Be. heiss, Standzeit 57 Tage. Reine spiessige Krystalle Mutterlauge von reinen Krystallen I. Mutterlauge von Mutterlauge von Schwarze Krystalle I Schalensaure reinen Krystallen I (falls gut) Reine Lauge II, behandelt wie reine Laure I. Reine spiessige Krystalle Weisse Lauge I Weisse Krystalle I Durchgesiebtes von spiessigen Krvstallen Reine Schalen-Lauge I, behandelt wie unten beschrieben Schalensaure Reine Schalen-Lauge II Schalensaure Reine Lauge II (fiir spiessige Saure). 74 Gewinnung der reinen Weinsaure. Die in obiger Weise zur Krystallisation eingedampfte Kohlauge soil 6090 g H 2 S0 4 im Liter enthalten. Der mittlere Weinsaure-Gehalt betragt : In der Kohlauge etwa 960 g Weinsaure p. 1. - schwarzen Lauge I - 850 - II 620 - III 550 - - weissen Lauge I - 1000 - - den reinen Laugen I u. II - 1020 - Um stets eine gute Uebersicht tiber den Laugenbetrieb zu haben, wird an jedem Erystallisir-Kasten eine Tafel mit Be- zeichnung der Lauge und Datum des Einfullens angebracht, und ausserdem werden im Betriebe grosse Tafeln ausgehangt, auf welchen fiir jeden einzelnen Kasten die folgenden Angaben vermerkt werden: Datum des Einfullens und Entleerens, Ord- nungsnummer des Kastens, Art der Lauge, Anzahl der in den Kasten eingefullten Liter von Lauge (berechnet aus der Hohe der eingefullten Lauge in cm) und Menge der aus dem Kasten gewonnenen Krystalle in kg. Nach dem Entleeren der Kasten, Schleudern und Wagen der Krystalle werden die Aufzeich- nungen von den Tafeln in die Fabrikations-Bticher eingetragen, und es konnen die Angaben auf den Tafeln alsdann geloscht werden. Besondere Sorgfalt ist bei dem Eindampfen der schwarzen Laugen II und III im Vakuum erforderlich , die Temperatur der Laugen darf 80 C. unbedingt nicht ubersteigen. Ist selbst bei ausreichender (87 90 Proc.) Luftverdiinnung im Vakuum- Apparat eine weitere Koncentration nicht zu erzielen, so muss die Lauge abgelassen werden, auch wenn die angestrebte Gra- dirung noch nicht erreicht sein sollte. Wie in der obigen Uebersicht bemerkt, mtissen bei diesen Laugen die Krystal- lisir-Kasten langere Zeit stehen, da die Krystallisation nur langsam stattfindet. Wenn die von den Krystallen abgezogenen Mutterlaugen einige Zeit in den Sammelkasten stehen, bevor sie weiter ver- arbeitet werden, so pflegt sich noch ein feiner schlammiger Krvstall-Brei abzusetzen. Da dieser Schlamm namentlich durch 4. Die Behandlung der Laugen. 75 Ferrotartrat stark verunreinigt 1st, so empfiehlt es sich, den- selben nicht ohne Weiteres zu centrifugiren , sondern ihn in heissem Wasser zu losen und nochinals mit den betreffenden Laugen zusammen einzudampfen. Es 1st fur den ganzen Weinsaure-Betrieb ausserst wichtig, dass durch sorgfaltiges Arbeiten die Laugen rein gehalten und vor unnothiger Erhitzung bewahrt werden. Geschieht dies nicht, kommen Alkalisalze in die Lauge, z. B. durch un- gentigendes Auswaschen des weinsauren Kalks, oder findet eine Anreichierung von Thonerde, Eisen und Phosphorsaure dadurch statt , dass die verschiedenen Laugen nicht sorgfaltig getrennt gehalten werden, so tritt die in Weinsaure-Fabriken gefiirchtete ,,schlechte Krystallisation" der reinen Laugen ein. Die Krystalle zeigen dann nicht mehr die charakteristische Saulenform, sondern bilden diinne tiber einander gelagerte Blatter. Bei sehr schlechtem Rohmaterial und niedriger Tem- peratur des Standorts der Krystallisir-Kasten kann sich fehler- hafte Krystallisation selbst in einem gut geleiteten Betriebe gelegentlich zeigen. Zur Bekampfung des Uebels ist empfohlen, in den Ent- farbungsbiitten auf je 3000 1 Lauge 1020 kg Schwefelsaure von 60 Be. zuzusetzen. Wenn auch zugegeben werden muss, dass dieser Saurezusatz die Krystallisation gunstig beeinflusst, so soil man denselben doch nur ganz ausnahmsweise vornehmen, da unzweifelhaft Weinsaure-Verluste durch die Schwefelsaure herbeigeftihrt werden und tiberdies die fertigen Krystalle schwefelsaurehaltig werden. Sobald die geringsten Spuren einer fehlerhaften Krystallisation sich zeigen, mtissen die Ur- sachen aufgeklart und abgestellt werden. Hinsichtlich der bei normalem Betriebe in den Weinsaure- Laugen vorkommenden Verunreinigungen ist zu bemerken, dass es hauptsachlich, wie bereits mehrfach erwahnt, Thonerde, Phosphorsaure und Eisen sind, welche zur Bildung der nicht mehr krystallisirenden Mutterlaugen ftihren. Ferrotartrat scheidet sich haufig als gelblich gefarbtes Pulver oder auch in kleinen spitzigen Krystallen aus den Laugen ab und bildet 76 Gewinnung der reinen Weinsaure. zuweilen in Mischung mit Thonerde-Salzen einen schlanimartig klebrigen Ueberzug auf den schwarzen Krystallen. An den Wanden von Kasten, welche mit alter Lauge gefiillt sind, finden sich oft schon ausgebildete Alaunkrystalle. Die frtiher bei dem Eindampfen der Laugen iiber freiem Feuer durch die Fabrika- tion entstandenen und gefiirchteten Modifikationen der Wein- saure , Traubensaure und inaktive oder Meso - Weinsaure, werden, wie schon Jungfleisch angiebt und Warington bestatigt, in den mit Vakuum arbeitenden neueren Betrieben nicht mehr beobachtet, wenn ihre gelegentliche Entstehung auch kaum zu bezweifeln ist. Wohl aber lasst sich nachweisen, wie auch Warington anfiihrt, dass in den Weinsaure-Laugen in geringeni Grade eine Bildung von Weinsaure- Anhydriden eintritt, welche indessen beim Verdiinnen der Laugen verhaltnissmassig leicht wieder in gewohnliche Rechts-Weinsaure zuriickverwandelt werden. Die von M. Bollo durch Einwirkung von Ferrosalzen auf Weinsaure erhaltenen Verbindungen, welche als Reduktions- produkte aufgefasst wurden, bestanden wahrscheinlich ebenfalls aus derartigen Anhydriden der Weinsaure. 5. Die Darstellung der Handelswaare. Die aus den Krystallisir-Kasten mit Hammer und Meissel vorsichtig ausgeklopften reinen spiessigen Krystalle werden in der Centrifuge geschleudert, gewaschen und sodann auf Horden in diinner Schicht bei einer Temperatur von etwa 30 C. ge- trocknet. Die kleineren Krystalle, welche haufig noch geringe Mengen von Blei und Gyps enthalten, werden durchgesiebt und entweder als technische Saure gemahlen oder nochmals aufgelost und auf reine Waare umgearbeitet. Die abgesiebten grossen Krystalle werden je nach ihrem Reinheitsgrad als 1. oder 2. Sorte technischer Saure in den Handel gebracht. Fur die Herstellung gemahlener Saure, welche gelegentlich in alien Qualitaten verlangt wird, bedient man sich nach Holbling mit Vortheil eines Desintegrators oder einer Porzellan-Walzenmuhle. Gut verwendbar ist nach meiner Erfahrung fiir das Mahlen von 5. Die Darstellung der Handelswaare. 77 Weinsaure die Porzellan-Kugelmtihle , bei welcher das Mahlen indessen langsam vorgenommen werden muss, damit sich die Weinsaure nicht zusammenballt. Wahrend die weitaus grosste Menge der Weinsaure im Handel als sogenannte spiessige Saure in den charakteristischen monosymmetrischen Krystallen verlangt wird, bevorzugt man fur Genusszwecke eine in Thon-Schalen krystallisirte Saure, welche in Form diinner, aus kleinen Krystallen zusammenge- setzten Krusten zuni Verkauf gelangt. Diese Schalensaure kann nur aus gutem, bereits entfarbtem Material gewpnnen werden ; man verarbeitet daher nur die kleinen durchgesiebten Krystalle der spiessigen Saure und gute weisse Krystalle. Selbst gute Rohkrystalle sind nicht verwendbar, weil die aus denselben gewonnene Lauge sich nicht hinreichend leicht filtriren lasst. Man lost die als Ausgangsmaterial dienenden Krystalle in einer ausgebleiten Biitte oder Pfanne, welche mit Heiz-Dampfschlange, nicht mit offenem Dampfzuleitungsrohr versehen ist, zu einer Losung von 95 100 C. und 34 35 Be., entfarbt mit wenig Spodium und filtrirt die Losung durch einen baumwollenen Filtersack, welcher in einem thonernen Filterkasten aufgehangt ist, in die Thon-Krystallisir-Schalen. Letztere haben zweck- inassig einen lichten Durchmesser von etwa 45 cm und eine lichte Hohe von etwa 15 cm. Die Schalen mussen besonders iin Winter vor dem Fiillen gut vorgewarmt sein. Es geschieht dies mit dem Kondenswasser der Heizschlange. Das so ent- stehende weinsaurehaltige Waschwasser wird zum Auflosen der Krystalle fur spiessige Saure verwandt. Besonders bei mangel- haft filtrirender Lauge muss darauf geachtet werden, dass die Lauge wahrend der Filtration nicht durch Eindampfen starker wird, damit die Krystallkrusten in den Schalen nicht zu dick werden. Die geftillten Schalen werden zur Krystallisation 2 Tage (=2mal 24 Stunden) an einen ruhigen Ort gestellt, welcher, wie namentlich iin Winter zu beachten ist, massig warm gehalten und vor Zugluft geschtitzt werden muss. Nach beendeter Krystallisation giesst man die Mutterlauge, welche noch einmal zur Gewinnung von Schalensaure verwandt werden 78 Gewinnung der reinen Weinsaure. kann, ab, lasst die Schalen 45 Stunden abtropfen und stemmt die Krystallkrusten alsdann mit Htilfe eines Knochennieissels und Holzhammers aus. Die Krusten wurden zu handgrossen Stticken zerschlagen und zunachst 1 Tag lang in einer Trocken- kammer bei etwa 35 C., sodann noch einige Tage bei gewohn- licher Temperatur getrocknet. Sorgfaltiges Trocknen ist be- sonders im Sommer wichtig, da man sonst leicht briichige Krusten erhalt. Ebenso bekommt man fehlerhafte Schalensaure, wenn man die entfarbten Laugen bei schwacherer Gradirung filtrirt, erst hierauf zur Krystallisations-Dicke eindampft und dann ohne weitere Entfarbung und Filtration in die Schalen abzieht. Die Schalensaure entspricht ebenso wie die grosskrystalli- sirte spiessige Saure im Allgemeinen hinsichtlich der Reinheit weitgehenden Ansprtichen. Will man vollkommen chemisch reine Weinsaure in kleinen Krystallen herstellen, wie sie fur den Gebrauch in Laboratorien verlangt wird, so lost man gute, technisch reine Saure in Thonkesseln, die in einem Wasser- bade erwarmt werden, mit demselben Gewicht Wasser zu einer Lauge von 34 Be. (heiss) auf und zieht ohne weitere Entfar- bung und Filtration die Losung in etwas grossere Thonschalen, als man fiir Schalensaure verwendet, zur Krystallisation ab. Die Schalen werden in mit Stroh ausgefutterte kleine Butten gesetzt, mit Holzdeckeln bedeckt und bei einer Temperatur von 20 25 C. 5 Tage der Krystallisation tiberlassen. Alsdann wird die Mutterlauge abgegossen, die Krystalle ausgehauen, zerkleinert, in der Centrifuge ausgeschleudert, gewaschen und hierauf getrocknet. Naturgemass kann man auf diese Weise .nur einen verhaltnissmassig kleinen Theil der Gesanamtpro- duktion an Saure reinigen. Ist man genothigt, grossere Mengen vollkommen chemisch reiner Saure darzustellen, so wird man die Reinigung mit Chemikalien nicht umgehen konnen. Man behandelt in diesem Falle gute, von Eisen bereits befreite Weinsaurelaugen von etwa 20 Be. mit kleinen Mengen von Schwefelcalcium und kohlensaurem Baryuin, bis abfiltrirte Proben der Lauge weder mit verdunnter Schwefelsaure noch 6. Die Aufarbeitung der alten Laugen. 79 mit Chlorbaryum eine Fallung, noch auch mit frisch bereitetem Schwefelwasserstoff-Wasser eine Farbung geben. Die so erhal- tene Lauge wird filtrirt, in Thonkesseln eingedampft, bei etwa 34 Be. nochmals mit wenig Spodium entfarbt und sodann nach dem Filtriren in Thonschalen wie oben zur Krystallisation ge- stellt. 6. I>ie Ant'arbeitmitf der alten Langen. Die alten Mutterlaugen , aus welchen Weinsaure durch Eindampfen und Krystallisiren nicht mehr gewonnen werden kann, und welche mithin auf weinsauren Kalk umgearbeitet werden mtissen, enthalten im Mittel etwa 350 g Weinsaure p. 1. Die Zusammensetzung derartiger Restlaugen, soweit sie fttr den Betrieb von Bedeutung ist, geht aus den folgenden beiden Ana- lysen von alten Laugen hervor: I. H. g im 1. g im 1. Gesammt-Tlter, berectmet als Weinsaure ... 936 960 Gesammt-Organische Saure (bestimmt durch Neu- tralisiren, Veraschen und Titriren der Asche) 456 510 Freie Schwefelsaure 225 246 Gesammt-Schwefelsaure: 347 361 Weinsaure (Goldenberg- Analyse, Titriren unter Yenvendung von Phenolphtalein) : .... 345 417 Asche 168 170 Durch Ammoniak bei Gegenwart loslicher Kalk- salze fallbare mineralische Substanzen (Al,Fe,H 3 P0 4 ) 80 88 Phosphorsaure (ber. als P 2 5 ) 42 45 Da bei dem einfachen Ausfallen derartiger Laugen mit Kreide oder Kalk ausser reichlichen Mengen von Gyps mit dem weinsauren Kalk auch Thonerde, Eisen und Phosphor- saure niedergeschlagen werden, so mtissen bei der Gewin- nung des weinsauren Kalks aus den alten Laugen einige Vor- sichtsmaassregeln beobachtet werden. Eine Trennung der ge- nannten Verunreinigungen von der Weinsaure auf chemischem Wege ist, ganz abgesehen von den etwaigen Kosten eines solchen Verfahrens, nicht diirchfiihrbar. Halenke und Mos- gO Gewinnung cler reinen Weinsaure. linger geben an, dass die Scheidung durch Alkalicarbonat bei Gegenwart von Magnesiasalzen zu erreichen sei. Das Ver- fahren hat theoretisches Interesse, wenn es auch als zu kost- spielig fiir die Praxis nicht in Frage kommt. Indessen ist es Holbling so wenig wie mir gelungen, nach den Angaben der Patentschrift zu brauchbaren Resultaten zu gelangen. Nach mtindlicher Mittheilung des Herrn Dr. Moslinger ist es nicht ausgeschlossen, dass die bei den Versuchen gemass den An- gaben der Patentschrift angewandten Mengen von Chlor- magnesium unzureichend waren. Das in den Fabriken zur Aufarbeitung der alten Laugen tibliche Verfahren besteht in folgenden Operationen : Abstumpfen der Schwefelsaure mit Kalk, Abfiltriren des ausgeschiedenen Gypses, Fallen der abfiltrirten Lauge bei Beobachtung gewisser Vorsichtsmaassregeln, sodass der weinsaure Kalk grob krystal- linisch, Thonerde-, Eisen- und Phosphorsaure-Verbindungen als feiner Schlamm niedergeschlagen werden, Beseitigung der Verunreinigungen durch Schlammprocess. Die erforderlichen Apparate sind daher: 1 ausgebleiter Bottich zum Abstumpfen der alten Lauge, 1 Druckfass mit Filterpresse oder eine Nutsch- filter-Einrichtung, 1 Bottich zum Ausf alien der abfiltrirten Lauge, 1 kleinere Bu'tte zur Aufnahme der abgeschlammten Thonerde etc.-Verbindungen. Die Ausfiihrung des Verfahrens gestaltet sich folgender- maassen: Ein genau abgemessenes oder abgewogenes Quantum alter Lauge wird in die mit Ruhrwerk versehene Abstumpf- biitte eingetragen. Man berechnet aus dem durch Analyse ermittelten Titer und Weinsaure-Gehalt der Lauge, wie viel Aetzkalk (CaO) zur Abstumpfung der in der Lauge enthaltenen Nichtweinsaure erforderlich ist. 90 Proc. der berechneten Aetz- kalk-Menge werden hierauf abgewogen und in einer Butte mit Wasser abgeloscht, zu diinner Kalkmilch angeruhrt und so- dann langsam unter stetigem Riihren in die mit der gleichen Menge Wasser verdtinnte alte Lauge eingetragen. Es em- pfiehlt sich, nicht mehr als 90 Proc. der berechneten Kalk- menge zur Abstumpfung zu verwenden, weil der niederfallende 6. Die Aufarbeitung der alten Laugen. 81 Gyps sonst leicht weinsaurehaltig wird. Einer kiinstlichen Erwarmung der alten Lauge in der Abstumpfbiitte bedarf es nicht, weil die entstehende Reaktionswarme ausreichend 1st. Wichtig ist es, dass die Kalkmilch sorgfaltig verriihrt 1st, da- mit sich beim Abstumpfen nicht kleine Gypskliirnpchen bilden, welche noch Kalkhydrat einschliessen. Nachdem sainmtliche Kalkmilch eingetragen ist, lasst man die Masse noch einige Stunden, am besten iiber Nacht, riihren und filtrirt dann den Gyps mit Filterpresse oder Nutschfilter ab. Das Auswaschen des Gypses muss schnell und grtindlich geschehen, damit der Gyps wahrend des Auswaschens durch Wasserbindung nicht erhartet, und hierdurch ein volliges Auslaugen der Weinsaure unmoglich gemacht wird. Eine Durchschnittsprobe des aus- gewaschenen Gypses wird analysirt, weil derselbe nothigen- falls nochmals mit Wasser angertihrt und abfiltrirt werden muss. Die abfiltrirte Lauge wird in dem Fallbottich auf 5 Be. (kalt) eingestellt, mit Dampfzuleitungsrohr auf 60 C. auf- geheizt und nun mit Schlemmkreide , welche in Wasser an- gertihrt ist, ausgefallt. Als Endreaktion dient Zusatz von etwas Schwefelsaure zu einer Probe der Fallung: eine Gasentwick- lung, die nur ausserst gering sein darf, zeigt an, dass die Fallung vollstandig ist. Zur Abktihlung des Abwassers lasst man das Riihrwerk der Fallbiitte hierauf noch bis zum tiber- nachsten Tage laufen und stellt sodann, nachdem man sich tiberzeugt hat, dass das Abwasser eine hinreichende Menge loslichen Kalksalzes und mithin kein weinsaures Alkali enthalt, die Riihrvorrichtung ab. Sobald das Abwasser sich klar ab- gesetzt hat, wird es abgezogen. Eine Probe desselben muss jedesmal analysirt werden; es soil nicht mehr als 2,4 g Wein- saure p. 1 enthalten. Der schlammhaltige weinsaure Kalk in der Fallbiitte wird 3mal nacheinander mit Wasser angeriihrt, indem man die Btitte jeweils etwa Vs mit Wasser anfullt. So- bald das Riihrwerk abgestellt ist, setzt sich der grob krystal- linische weinsaure Kalk schnell zu Boden. Man zieht die dar- tiberstehende wassrige Fliissigkeit, welche den feinen Schlamm suspendirt enthalt, wenige Minuten nach dem Abstellen des Rasch, Weinsaure. 6 82 Gewinnung der reinen Weinsaure. Rtihrwerks in die tiefer aufgestellte SchlammMtte ab, lasst das Waschwasser sich hier klaren und sammelt so die ge- sammte Schlamm-Menge an. Der nach Smaligem Auswaschen in der Fallbutte zurtick- bleibende weinsaure Kalk ist gelblich, von grob krystallinischer Beschaffenheit und besitzt im trockenen Zustande einen Wein- saure -Gehalt von 5052 Proc. Er kann ohne Weitere's mit dem aus dem Rohmaterial gewonnenen weinsauren Kalk ver- mischt werden, sodass die daraus dargestellte Weinsaure als Rohlauge wieder in den Krystallisations-Betrieb gelangt. In je 100 1 des von Wasser durch Abziehen moglichst be- freiten Schlammes sind etwa 40 kg eines stark verunreinigten weinsauren Kalks enthalten. Im trockenen Zustande kann dieser weinsaure Kalk immerhin noch einen Weinsaure-Gehalt von 35 Proc. besitzen, sodass 100 1 des Schlammes noch etwa 14 kg Weinsaure enthalten. Es ist daher nicht zulassig, den- selben einfach aus der Fabrik zu entfernen. Man versetzt je 100 1 des Schlammes mit der empirisch ermittelten Menge von 8 kg Schwefelsaure (60 Be.), giebt zu der Masse, um dem- nachst ein klares Filtrat zu erzielen, etwa 50 kg aus der Fa- brikation herruhrenden Gyps hinzu, filtrirt den Schlammgyps ab und vereinigt das gewonnene Filtrat mit den aus der alten Lauge durch Abstumpfen erhaltenen Losungen. Nach dem Auswaschen darf der sogenannte Schlammgyps noch bis zu 2 Proc. Weinsaure enthalten. Diese Weinsaure giebt man, nachdem ihr Quantum durch Analyse kontrollirt ist, verloren, weil der Schlammgyps die gefahrlichen Verunreinigungen, Thonerde, Phosphorsaure, Eisen, enthalt, welche aus der Fabrik entfernt werden mussen. Obwohl bei der Verarbeitung der alten Laugen durch die Abwasser und durch den Schlammgyps nicht unbetrachtliche Weinsaure-Verluste entstehen, wird doch, wenn man durch Wagen und Analysiren die Weinsaure-Menge in den alten Laugen einerseits und in dem weinsauren Kalk andererseits ermittelt, scheinbar eine Mehrausbeute an Weinsaure im wein- sauren Kalk gegenuber der in alter Lauge eingesetzten Menge 6. Die Aufarbeitung der alien Laugen. 83 erzielt. So ergab sicb die Weinsaure-Ausbeute bei der Umar- beitung alter Lauge auf weinsauren Kalk in einer langeren Fabrikations-Periode nach der Phenolphtalein- Analyse zu 107,7 Proc., wahrend in einer Reihe von Versuchen nach der Lakmus- Analyse sogar eine durchschnittliche Ausbeute von 130,7 Proc. erreicht wurde. Der mittlere Verlust an Weinsaure durch Abwasser und Schlammgyps betmg, soweit er durch Analysen nachgewiesen werden konnte, bei Verarbeitung der alten Laugen 11,4 Proc. (berechnet auf die in der alten Lauge enthaltene Weinsaure -Menge). Es ergiebt sich hieraus, dass bei der Analyse der alten Laugen der Weinsaure-Gehalt nach der Phenolphtalein-Analyse um 19,1 Proc., nach der Lakmus- Analyse sogar um 42,1 Proc. niedriger gefunden wurde, als er thatsachlich ist. Dies Ergebniss bestatigt die Angaben Lampert's tiber die Analysen der Weinsaure-Laugen sowie die in dem vorstehenden analytischen Theile dieser Arbeit mitgetheilten Ausfuhrungen tiber die Phenolphtalein-Titration bei Betriebs- Analysen. Wenn sich so ergiebt, dass durch die Gegenwart von Thon- erde, Phosphorsaure und Eisen fiir die Analyse ein Theil der vorhandenen Weinsaure gewissermaassen verschwindet, und mithin nur durch die Phenolphtalem-Titration bei den Betriebs- Analysen annahernd richtige Ergebnisse erzielt werden, so wurde es doch, wie ich zur Vermeidung unrichtiger Schliisse aus obigen Angaben wiederhole, in keiner Weise gerechtfertigt sein, die Phenolphtalein-Bestimmung bei der Analyse der Roh- materialien zu Grunde zu legen. Es kann nach den Aus- fuhrungen im analytischen Theile keinem Zweifel unterliegen, dass fur den Weinsaure-Fabrikanten von zwei Rohmaterial- Posten mit gleichem Weinsaure-Gehalt nach der Lakmus-Ana- lyse derjenige am werthvollsten ist, welcher bei der Titration mit Phenophtalein den geringeren Mehrgehalt aufweist. Fabrikations-Biiclier und Betriebs-Ergebnisse. I. Die Fabrikations-Buchfuhrung. Zur Uebersicht tiber den Betrieb ftihrt man die folgenden Fabrikations-Tagebiicher, deren zweckentsprechende Einrich- tung aus den nachstehenden Beispielen hervorgeht. 1. Ansatz - Journal. (Als Beispiel dient das neutrale Verfahren.) Fabr. No. Butte No. Datu An- setzens n des Pressens Rohmaterial CaCl 2 (75%) kg Neu- trali- sation Tp. H 2 S0 4 60 Be. kg Gr. Be der Lauge Ab- vvasser gWs. p.l. Bemer- kungen | Bezeichnung kg % Ws. Ws. kg H AOC 510 986 26,5 35 6 11/IV. 14/IV. ARF 176 394 24,2 424 130 21 450 9,5 Wst. MS 56 120 56,8 36 8 11/IV. 14/IV. H ARF 1761700 24,2 411 120 20,5 435 8 0,05 H 1 I 1 37 9 12/IV. 14/IV. ARF 176 ' Wst. 1500 24,2 448 135 20,5 4GO 9,3 I MS 56 150 56,8 2. Fabrikation der Rohkrystalle. Kasten Datum des Lauge Ausbeute: Kryst Bemer- No. Einfullens Entleerens Lit. Be. Tp. kg kungen 7 20/xr. 22/XI. 1560 43 75 980 4 20/XI. 22/XL 1510 44 75 952 2 2 I/XL 23/XT. 1480 43 75 835 I. Die Fabrikations-Buchfuhrung. 85 3. Fabri katioii der schwarzen nnd weissen Krystalle. Hasten Datum des Bez. Lauge Ansbeute: Bemer- der Kryst. No. Einfullens Entleerens Lauge Lit. Be. T P . kg kungeu 5 20 'XL 23/XL sch. I 1580 46 75 1078 10 20 XL 26/XI. sch. 11 1360 48 75 672 9 20/33. 24/XI. W.I 1580 44 75 1008 4. Fabrikation der reinen spiessigen Krystalle. Bez. Datum des Einsatz Zusatz (kg) Lauge Aus- No. No. der Lauge Ein- fullens Ent- leerens Mutter- lauge von No. Krystalle Spo- Blutl.- dium salz H 2 S0 4 Lit. Be. Tp. beute: Kryst. Bez. : kg 32 550 14 33 37 I 4/VIII. 10/VIII. Roh- Krvst. 1669 30 3 430 530 40 90 697 38 340 51 510 15 50 II 4/VIII. 10 VIII. 9u. 10 15 2 490 40 90 562 49 470 5. Fabrikation der Schalensaure. Fabr Datum des Bez. Eingesetzte Anzahl Ansbeute: No. Einfullens Entleerens der Lauge Kryst. kg der Schalen Krystalle kg kungen 40 10X11. 12,XII. I 540 50 126 41 10X11. 12/XIT. II 50 120 42 11 XII. 13 XII. I 640 60 148 43 11 XII. 13/XII. II 65 150 6. Ant arbeitmig der alten Laiigeii. Datum des Alte Lauge Abfall-Proclukte Ausbeute. Weins. Kalk ''. ? CaO No. Ab- stain- Fallens pfens Titer. Lit. Be-, g Ws. , P.I. Anal. Ty q gWs. ^ S ' P. i. 1 k e kg Gvps Abwasser Schl.- Ws. g Ws. Gyps o/o ; p.l. Ws.% kg (feucht) Ws. Ws. % kg li 1 -^ 17/V. 1,80 140 41,5 58 15 13V. 18 V. 20/V. 1000 44 755 340 340 208 0,06 Jio i' 20 330 150 42,5 140 42,0 63 21/V. 2,40 170 42,0 71 86 Fabrikations-Biicher und Betriebs-Ergebnisse. So wiinschenswerth es ist, die einzelnen Betriebsphasen quantitativ durchzuarbeiten und namentlich genau zu bestim- men, welches Quantum Weinsaure aus der Bearbeitung des Rohmaterials hervorgeht und in die Krystallisation als Roh- lauge ubernommen wird, so muss hierauf doch verzichtet wer- den, weil es nicht moglich ist, die erforderlichen Messungen, Wagungen und Analysen mit der nothigen Genauigkeit durch- zufuhren. Ob der Weinsaure-Betrieb gleichmassig weiterlauft, oder ob allmahlich Aenderungen in der Arbeitsweise und in dem Verhaltniss der in den einzelnen Fabrikationsphasen auf- tretenden Weinsaure-Mengen stattfinden, erkennt man am besten aus einer Fabrikations-Uebersicht, welche man aus den Betriebs- tagebiichern monatlich und jahrlich in etwa folgender Weise zusammenstellt. Die in den verschiedenen Fabrikationsphasen vorkommenden Weinsaure-Mengen werden dabei zweckmassig auf den Gesammt -Weinsaure -Einsatz der betr. Fabrikations- Periode bezogen und in Procenten ausgedrtickt. (Tabelle siehe nebenstehend.) II. Die Inventuren. Von wesentlichster Bedeutung ist es fur den Betrieb einer Weinsaure-Fabrik, dass die Ausbeuteziffer bekannt ist, dass man genau weiss, wie viel kg Weinsaure man durch den Be- trieb aus je 100 kg im Rohmaterial eingesetzter Weinsaure erhalt. Diese Ziffer, liber deren Hohe bereits auf den Seiten 57, 58 dieses Buches nahere Angaben gemacht wurden, ist nicht allein wichtig, weil der Preis der Weinsaure verhaltniss- miissig hoch ist, sondern auch deshalb, weil die auf die Verarbeitung des Rohmaterials angewandten Kosten fur Hiilfs- materialien, Lo'hne und Spesen in demselben Maasse an- wachsen, wie die Ausbeuteziffer an Weinsaure fallt und umgekehrt. Da es fur den regelmassigen Betrieb durchaus nothwendig ist, dass von jedem Zwischenprodukt und jeder Lauge ein normales Quantum vorhanden ist, so kann die Ausbeuteziffer nicht dadurch ermittelt werden, dass man eine c - I P I hC s R -QV CO CO il 05 CO Bemerkungen 1 87 1 Anmcrkung: Ein Abzug fltr den Wassergehalt der ausgeschlcudcrten Krystalle ist nicht vorgenommon. Da die Ablieferung fertiger Waaro in den einzelnen Monaten von Zufalligkeiten abhangig ist, kann das Verhaltniss der Menge fertig gcstellter Saure zu der Menge des Weinsaure- Uinsatzes uud der reinen Laugen erst in der Jahres-Zusammcnstcllung richtig hervortrelen. Gesammt- Ablieferung ^if 1 cf M ft tr- OQ CM 01 a 01 bo a Analysen S8 ^ qV * 1 -mmSos 0. T-T T-T -*0 | o O^" o s 1 1 M ol o 1 s o CO i 1 ^>ll CO r tc i 1 5 CO Reine Lauge (spiessig) 3 ->^3 NT " u ^ o 01 1 "3 N s 1 88 Fabrikations-Biicher und Betriebs-Ergebnisse. bestimmte Rohmaterial-Menge so weit verarbeitet, bis das letzte kg der aus dem Rohmaterial-Posten zu gewinnenden Weinsaure in Form fertiger Waare die Fabrik verlassen hat, sondern es muss zu Beginn eiuer Fabrikations-Periode die Menge .der im Betrieb vorhandenen Weinsaure genau ermittelt werden, und die Ausbeuteziffer sodann aus dem eingesetzten Rohmaterial, der abgelieferten Waare und der bei Beginn und Schluss der Fabrikations-Periode im Betrieb befindlichen Weinsaure-Menge bestirnmt werden. Je genauer das Inventar bei Anfang und Ende der Fabrikations-Periode in Menge und Form der Wein- saure ubereinstimmt, um so einwandfreier wird die aus Einsatz und Ablieferung sich ergebende Ausbeuteziffer sein. Die etwa vorhandenen Inventar-Differenzen mtissen in Rechnung ge- stellt werden. Bezeichnet man mit E die Anzahl der kg Wein- saure, welche in einer Fabrikations-Periode eingesetzt wurden, mit A die Ablieferung wahrend der betreffenden Zeit in kg, mit J\ die kg-Zahl des Fabrikations-Inventars bei Beginn und mit J 2 bei Schluss der Periode, so ergiebt sich, vorausgesetzt, dass die Differenz von J l und J 2 verhaltnissmassig klein ist gegentiber E und dass J x = oder > J 2 ist , die Ausbeuteziffer z durch folgende Rechnung: 100 A ~E + (J, J7)' Wenn das Inventar am Schluss einer Fabrikations-Periode grosser ist als am Anfange, so kann man die Differenz nicht einfach als abgelieferte fertige Weinsaure in Rechnung stellen, sondern man wird in diesem Falle von dem noch nicht bis zur Ablieferung fertiggestellten Quantum Weinsaure einen ent- sprechenden Fabrikations-Verlust von z. B. 5 Proc. abschreiben mtissen. Fur den Fall J 1 < J 2 wtirde sich mithin, wiederum unter der Voraussetzung, dass die Inventar-Differenz (J 3 J } ) klein ist gegen E, fur z der folgende Werth ergeben: __ 100 [A + 0,95 (J 8 JQ] ~^T~ Nach den beiden obigen Formeln kann die Ausbeuteziffer mit Zuverlassigkeit nur dann berechnet werden, wenn es sich II. Die Inventuren. 89 um eine langere Fabrikations-Periode, d. h. also urn einen ver- haltnissmassig grossen Weinsaure-Einsatz und um untereinander ahnliche Fabrikations-Inventare bei Beginn und Schluss der Periode handelt. Bestehen unter den beiden Inventaren grosse Differenzen, so kann die Ausbeuteziffer nur annahernd unter Beriicksichtigung der obwaltenden besonderen Verhaltnisse bestimmt werden. Fur kurze Fabrikations-Perioden, bei welchen der Weinsaure-Einsatz nicht sehr gross ist im Vergleich zu der Hohe des Inventars, kann eine wahrscheinliche Ausbeuteziffer tiberhaupt nicht erniittelt werden. Im normalen Betriebe ist die Menge der jeweils in Fabrikation befindlichen Weinsaure etwa so gross wie die monatliche Produktion. Bei dieser nor- nialen Grosse des Inventars kann die Ausbeuteziffer mit einiger Wahrscheinlichkeit , etwa nach Verlauf einer halbjahrigen Fabrikations-Periode, mit Sicherheit erst nach Beendigung einer ganzjahrigen Periode erniittelt werden. Es hat somit keinen Zweck, in kiirzeren als halbjahrlichen Zwischenraumen Fabri- kations-Inventuren vorzunehmen, weil andernfalls durch die beini Messen, Wagen und Analy siren der Laugen und sonstigen Zwischenprodukte unvermeidlichen Fehler nur durchaus un- sichere Werthe ftir die Ausbeuteziffer gewonnen werden konnen. Bei den Inventuren sucht man die in Fabrikation wirklich vorhandene Weinsaure-Menge moglichst genau zu bestimmen, ohne Rticksicht darauf zu nehmen, welche Menge fertiger Weinsaure aus den einzelnen Zwischenprodukten voraussichtlich gewonnen werden kann. Die in den Hefebtitten befindlichen Ansatze werden mit ihrer Eingangsgradirung aufgenommen, die dtinnen in der Rohlauge-Fabrikation verbleibenden Wasch- wasser werden annahernd abgemessen und mit ihrer mittleren Gradirung berechnet. Sammtliche Laugen des Krystallisations- Betriebes werden gemessen und analysirt. Man verfahrt am besten so, dass man von der im Vakuum fertig eingedampften Lauge beim Ablassen in die Krystallisir-Kasten 50 ccm ent- nimmt, zu 500 ccm verdiinnt und 50 ccm, wie im analytischen Theil angegeben, zur Analyse verwendet. Etwa vorhandene 90 Fabrikations-Biicher und Betriebs-Ergebnisse. CQ O QO CM CO 09 co co O5 co co co co i I 1 1 1 Ablieferung -2 2 >- 00 ^ cf bo JM r- GO Spesen ankl. Gehalter, Reparat.,Unkost.) *J?| ^ | - TH T- r r | 00 O *I--| 1 oj 02 O^ co^ TH TH L Stunden .* sa i oT CM** CM CM il o 1 co d ~5 > H Os ^> QO <^> 3 Co s 'O 1 iH CO t- rH .2 'o Z I' 2 ^ ^ 1 s- s- bo M TH TH Kameel- haartuch H CM CM *fh ^ S CO TH rH S S 3 jo S cT oT S t^ CO TH TH rH rH o a HS ^ ^ 1 oq^ 1 s CO (M O 1 1 .1 "C III. Betriebs-Ergebnisse. 91 Krystalle werden abgewogen, gefullte Schalen werden mit einem ermittelten standigen Durchschnittswerthe in Rechnung gestellt, Reste in den Entfarbungsbutten werden gemessen und analysirt und die in Umarbeitung befindliche alte Lauge wird in weinsauren Kalk ubergefiihrt, um als solcher aufgenommen zu werden. III. Betriebs-Ergebnisse. Um tiber die Betriebs-Ergebnisse fortlaufend einen Ueber- blick zu behalten, tragt man den Verbrauch an Hulfsmaterialien und Lohnen monatlich in einer Uebersicht zusammen. Man setzt dabei die verbrauchten Materialien in Beziehung zu je 100 kg im Rohmaterial eingesetzter Weinsaure. Will man spater bei Jahresschluss die Verbrauchsziffer fiir 100 kg fertige Weinsaure bestimmen, so braucht man nur die auf den Einsatz bezogenen Procentzahlen nach Maassgabe der ermittelten Wein- saure-Ausbeuteziffer zu erhohen. Bei der Eigenart des Wein- saure-Betriebes ist dies Verfahren geboten, weil man die Aus- beuteziffer vor Schluss einer Fabrikations-Periode nicht mit Sicherheit angeben kann. Die Uebersicht iiber den Material-Verbrauch kann etwa nach folgendem Schema gefuhrt werden: (Tabelle siehe nebenstehend.) Zum Schluss sei eine kaufmannische Kalkulation der Wein- saure-Fabrikation nach dem neutralen Verfahren gegeben, deren Aufstellung auf Grund der von mir ermittelten Material -Ver- brauchs-Ziffern ich der Gefalligkeit einer befreundeten Firma verdanke : 92 Fabrikations-Bucher und Betriebs-Ergebnisse. Soil. Weinsaure - Fabrikation Bezeichnung der Conti Eingesetzte Rohwaaren Fur 100kg Ws.- Einsatz (396 000 kg) M. Fur 100 kg Ws.-Ab- lieferung (360 000 kg) M. Ein- kaufs- Preise M. Eingesetzte Werthe M. auf 100 kg Bin- satz k