LING A די * FL ". * 7 7 1 A 184 G 3 G58 324 Mon Yoever おみ ​.. A 400413 yt Ueber die Pukunst unseres Volkers in Umerica ค 1 ་ 笑い ​やり​たい ​+ ་ ► 37 1.0S NATZVERG KRYKDY VA འམ་ **** *** N MAMALATIE WE R MASAMUTOR TE1984 IN AN AMPINIINAAMA⠀ S 22 12 0)r: LZA AN :- W P A #1 粥​锅 ​1 10 91 TOS PIENA KOJNIECEY PU Ta 45 ± །་་་ Univ. of Mich. 13 ༈་་འ་པ 1734 1: 9.2 * * 3 ་ , ! → ? བྷཎྜཱ ř JA འ ་་ ་ ་ મર્મ FJ ita f > ** F 3 = ப் • - + < ផ Z T • 露 ​· 2 ་ : 3 2 → น 1 30 E هیز " 3 ► Q ་ 3 .: xt. · ་་ Y 1- ↑ 2 1 P * 1 ་ 7 3 1 2 3 3 મહે f * *- 2 3 སྦྱཝཱ?, 237 28 , + J 事 ​.។ - 4* རྩྭ་ 2 K → A い ​+24 + 1 1 1 たい ​22 1 RC GENERAL LIBRARY of the UNIVERSITY OF MICHIGAN PRESENTED BY- George Hemapl 30/10/01 ง ญ W 14 + 專 ​Morge Hansel 2 Meber die Zukunft unseres Volkes in Amerika. Deutsche Briefe an Prof. Dr. Karl Biedermann von Dr. Julius Goebel. 豆花 ​H. CHEROUNY, 17-27 VANDEWATER ST. NEW YORK } Weber die Zukunft unseres Volkes in America. Deutsche Briefe an 119488 Professor Dr. Karl Biedermann von Dr. Julius Goebel. New York: Buchdruckerei von H. Cheroung, 17–27 Vandewater Street, 1884. .. I. Hochverehrter Herr Profeſſor! Wenn wir in dieſen Tagen den 400jährigen Ge- burtstag Luthers, sowie den 200jährigen Landungs- tag unserer erſten deutschen Ansiedler festlich begehen, dann ist uns das mehr als ein blos zufälliges Zu- sammentreffen. Jene gewaltige Idee aber, welche einst als Ursache und Wirkung in dieſen geſchicht- lichen Ereignissen waltete, tritt heute doppelt ge- bieterisch vor den denkenden Nachkommen unseres Volkes. Und während sich unser Herz an diesen Stunden ihres Triumphes wol erhebt, fragt es sich im Stillen auch kleinlaut nach der eigenen Aufgabe. Engherzige oder, was noch schlimmer ist, beschränkte Krittler mögen es eine Vermessenheit nennen, wenn der Einzelne ſein Streben, das aus jener Selbstfrage erblüht ist, mit großen geschichtlichen Ideen und Be- wegungen in innigen Zusammenhang seßt. Von ſolchen Menschen ist jedoch noch nie ein Neues aus- gegangen; das Hühnergeschäft des Scharrens und Schreiens bleibe ihnen auch darum ruhig überlassen. Ihnen jedoch, dem feinen Geschichtskenner, darf ich wol vertrauen, woran sich die Seele erregte, als fie 6 Ihnen die folgenden Briefe schrieb. Sie wissen auch, daß alles neue Leben von dem Einzelnen ausge= gangen ist, in welchem die Idee mächtig wirkte, ja daß alle unsere Entwicklung vom Ideale bestimmt wird, wie es doch schließlich der Einzelne mehr oder minder vollkommen aussprechen muß. Warum ich meine Mitteilungen gerade an Sie richtete, werden einem gütigen Leser die folgenden Briefe erschließen. Dem gebildeten Deutschen braucht man glücklicherweise nicht mehr zu sagen, wer Prof. Karl Biedermann ist. Seit beinahe fünfzig Jahren sind Sie ja mit dem öffentlichen Leben des alten Vaterlandes verbunden und wenn Ihnen die stille, treue Arbeit auch nicht den bedenklichen Ruhm so manches Schreihalses eingetragen hat, so wissen wir dafür von Ihren wiſſenſchaftlichen Erfolgen. Wenn ich mir aber erlaube, das, was eigentlich für Sie be- stimmt war, einem größeren Kreise vorzulegen, so glaube ich damit den stillen Wünschen gar manches Gesinnungsgenossen zu willfahren, dem ein geſchäfte- reiches Leben die Muße zu schriftstellerischer Arbeit nicht läßt. New York, im Oktober 1883. II. Es trennen uns die Wogen von dreitausend Meilen und doch bin ich Ihnen nahe: ein Streben, ein Geiſt verbindet uns. Aber während Sie des hohen Glückes genießen, daß sich die Blütenträume Ihrer Jugend Ihnen jetzt als goldne Früchte entgegenneigen, ziehen uns Jüngeren erst verheißungsvolle Frühlingsstürme durch's Herz. Wir haben eine glücklichere Jugend wie Sie. Es leuchten uns die glänzenden Bilder treu kämpfender deutscher Männer voran, und glauben Sie nicht, wir glühten von Begeisterung, wenn wir ſehen, wie ſich die großen deutschen Jahre der Neu- erhebung als Erfüllung auf Ihr Streben fenkten? Es war Ihnen eine andre Aufgabe zugefallen, als unsern großen Dichtern und Denkern. Sie sollten die Wiedergeburt unsrer Nation, die diese im Reich des Geiſtes und Gemütes geschaffen hatten und die zugleich eine Wiedergeburt der Menschheit ward, in's politische Leben unseres Volkes führen. Und treu haben Sie Ihre Aufgabe gelöst. Was bleibt uns Nachgebornen noch, als der mahnende Beruf, das Erbe unfrer Väter zu erwerben und das deutſche Ideal, das Sie vom Berge geschaut, in bleibenden Bildern zu gestalten? ထ Und während wir Jüngere dies fühlen und zu verwirklichen streben, erwächst uns unverhofft eine zweite Aufgabe. Das deutsche Vaterland ist vielen feiner Söne zu enge geworden und allen alten und neuen Kolonisationsplänen zum Troß ziehen sie seit hundert Jahren nach der Republik, die, wunderbar genug, fast zur selben Zeit zum Leben erwachte, als unsre Dichter und Denker an jener Neufchöpfung des deutschen Geistes stille arbeiteten. Und gar oft winkte das neuentdeckte Land den jungen Stürmern und Drängern als selige Stätte, ihre Träume von neuer glücklicher Menschheit zu verwirklichen. Dem ehernen Gesetz stetiger Entwicklung läßt sich jedoch nicht vorgreifen und es ist interessant, sich auszumalen, was aus Göthe geworden wäre, hätte er den Plan einer Auswanderung mit Lili Schönemann ausge= führt. Keine Frage, die zwingende Notwendigkeit des Erwerbes, wie die Teilnahme am politischen Aufbau des neuen Staates hätten gewiß seine Kräfte in Anspruch genommen, wie sie die Talente von Tausenden seitdem verbraucht haben. Was freilich aus dem Dichter geworden wäre, abgeſchnitten von den nährenden Brüſten ſeiner Nation, ist müßige Frage, wie die nach den Werken eines Raphael ohne Arme. Eines vielleicht aber ist sicher. Das Leben unsres deutschen Volkes hier hätte durch Beiſpiel und Füh- rung eines Mannes von seiner Idealität gewiß eine idealere Wendung und Richtung genommen. 9 Ja, das ist es. Wie oft haben Sie mich gefragt, was wird aus unſerm Deutſchthum drüben? Hält es fest an dem großen Erbe seiner Väter? Und wie bildet es dasselbe weiter, dort unter dem Himmel, wo keine Fessel eine großartige Entwicklung hemmt, dort, wo man auf der Mittagshöhe menschlicher Kultur eine neue Geschichte beginnt und den edelsten Samen tausendjähriger Geistesarbeit nur zu pflanzen braucht, um Ungeahntes zu erziehen ? Freilich hatten Sie zu Ihren Fragen noch ein anderes Recht. Während man die großartige materielle Entwicklung unsres Landes anstaunt, belächelt man drüben den Deutschamerikaner so gern als klassischen Vertreter rohen Prozentums, bespöttelt jede schlechte Uebersetzung englischer Werke als Tat eines Deutsch- amerikaners, und in einem Briefe an die Ueberseßerin seiner Vorlesungen über Göthe spricht H. Grimm ſogar die wehmütige Hoffnung aus, daß vielleicht der englische Mund seines Werkes den Landsleuten drüben sage, welch' ein Dichter Göthe gewesen sei. Wir kämpfen mit gehäuften Schwierigkeiten, und darum darf das Vaterland nicht ungerecht sein. Wie verſchieden die Motive auch waren, die im Laufe der Zeit Millionen unsrer Landsleute hierhertrieben, im Hintergrund ihrer Seele ſtand jedenfalls immer das Verlangen nach einer behaglicheren Exiſtenz, das, kaum in eine Luft versetzt, wo Alles nach Erwerb UorM 10 : drängte, natürlich zur Jagd nach dem Dollar aus- arten mußte. Und wer will es dem Menschen ver- übeln, der seine Lage zu verbessern sucht, der als Kulturbringer in ein neuerschlossenes Land, in die ein- fachsten Naturzustände gestellt, zunächst im Kampfe um's Dasein aufgehen mußte? Anders jedoch gestaltet sich die Sache, sobald wir gewahren, daß die Hinderniſſe von Vielen überwunden wurden, daß sich im Kampfe um den Erwerb ein be= haglicher Wohlstand erzeugte, daß sich die Bedin- gungen zu höherem Aufschwung vorfinden. Es ent- ſteht die Frage von ſelbſt, iſt der Erwerb zum Zwecke geworden oder blos Mittel gewesen. Mit andern Worten: hat der Kampf um's Daſein, die Forderung des grassfesten Realismus, hat die Hetjagd nach Geld den letzten Rest idealen Strebens aufgezehrt? Ist der Erwerb aber wirklich blos Mittel geweſen, wie wird er verbraucht? Sind es Schwelgerei und Lurus, die zur Blüthe gelangen oder beginnen Wiſſenſchaft und Kunst sich zu regen? Was ist die geistige Luft, die hier herrscht und von der wir leben müssen? Sie wissen es noch, wie ich Ihnen klagte, ich sei wie ein Fisch, den man auf's Land geworfen hat und der nun angstvoll nach Luft schnappt, als ich aus dem geistigen Strome in Deutschland wieder hierher zurückkehrte. Ja, Sie ahnen es kaum, was es heißt, Maou 11. mit seinem Streben ohne Fühlung und Verständnis zu stehen. Und als mir neulich ein treuer Freund, einer unfrer ersten Gelehrten, erzählte, wie ihn sein eigner Onkel nach seiner Rückkehr aus Deutschland fragte, was er jest tun wolle, um recht bald viel Geld zu verdienen, da brachen meine alten Wunden von Neuem auf. Doch ehe ich Ihnen unsre Geistesluft schildere, muß ich einer andern Schwierigkeit gedenken, mit der wir zu ringen haben. Nur der beschränkte „Grüne“ mag im Wahn seiner Reformideen hoffen, die deutsche Sprache werde mit der Zeit vielleicht noch die Herr- ſchaft über's Englische gewinnen. Zum Glück über- zeugen ihn gar bald die Tatsachen, daß er sich des Englischen bemächtigen muß, will er den Wunsch seines Herzens, sobald als möglich reich zu werden, mit Erfolg verwirklichen. Ja, Tatsache ist's: das Englische ist und bleibt die Landessprache, die Sprache des Geschäfts und Lebens, und eitel Torheit wäre es, sich dagegen aufzulehnen. Stehen die Dinge jedoch so, dann fragt es ſich zunächſt, iſt der Deutſche genöthigt, damit seine Muttersprache aufzugeben, wenn aber nicht, welche Existenz hat sie dann zu friſten ? Es ist uns seit den Tagen Herder's, Göthe's und Schiller's, besonders aber durch Fichte klar, von welcher Bedeutung die Erhaltung der Sprache für 12 das Fortbestehen eines Volkes ist, ja, wie sich an die Bewahrung des Deutschen grade der Fortbestand deutschen Wesens nicht blos, sondern der modernen Geisteskultur knüpft. Denn wie durch die gewaltige Tat der Reformation, so ist durch ihre Fortsetzung, die Wiedergeburt des deutschen Wesens im letzten Jahrhundert, der deutsche Geist wieder zum Befreier der Menschheit geworden, dem aller Kulturfortschritt der Zukunft anvertraut ist. Und was uns jetzt im Lichte klarer, wissenschaftlicher Erkenntniß und eines gesteigerten Gefühles leuchtend vor der Seele steht, hat es nicht mit der Naturgewalt naiv dunkler Ahnung in den Gemütern aller deutschen Stämme gewirkt, die je im Lauf der Geschichte von ihrem Mutterland gerissen wurden und ihre Sprache, ihr Denken, Fühlen und Singen erst mit dem Tode ver- leugneten. Hat diese geheimnißvolle Macht nicht in den Goten gelebt? Hat sie nicht einen Hermann und Karl Martell begeistert, als sie fremdes Joch und orientalische Barbarei vernichteten? Und trat sie nicht zwingend in die Seele Luthers, als er die römische Knechtschaft abschüttelte, ja in die Herzen aller deren, die sich gegen geistiges und weltliches Franzentum auflehnten, von den Tagen Lessings bis in die Gegenwart? Und wir, im Vollbeſiß jener Vorbilder, eines nationalen Schaßes ohne Gleichen, 'berufen vor Gott und der Menschheit die höchſte • 13 Kultur zu fördern, sollten Sprache und Wesen um die elenden Silberlinge des Erwerbes und einer fremden Sprache schmählich verschachern? Die Zeit zu schweigen ist vergangen, sagt Luther in seinem Briefe an den christlichen Adel. Lassen Sie mich prüfen, was unser Deutschtum getan hat zur Erhaltung seines Wesens auf den verschiedensten Ge- bieten geistiger Tätigkeit. Gestatten Sie mir dann ferner zur Lösung der großen Aufgabe mein Scherf- lein zu steuern. Denn nur dem Wahnsinn möchte es beifallen, völlig Neues und Abschließendes zu fagen. Und wie ich weiß, daß tauſend der edelsten Herzen hier von der Frage um die Erhaltung des deutschen Wesens bewegt werden, so weiß ich auch, wie Sie mit klopfendem Herzen unsre Entwicklung verfolgen und jeden Schritt zum Beſſern mit Jubel begrüßen. } III. Sie schrieben mir einst: „hüten Sie sich vor jener schlimmsten Art von Pessimisten, die bei Ihnen wol nicht selten ist. Sie trauern um die eingeroſteten Ideen ihrer Jugend und grinſen jedes neue Werden mit dem Hohn der Verneinung an." Wie hatten Sie Recht! Sie sollen drüben des Vorrechts nicht allein genießen, daß sich an der Wiege Ihrer Neu- entwicklung die zahnlose Greisenfraße des Pessimis- mus zeigt. Auch hier schleicht diese Spottgeburt und sie verfehlt nicht mit ihrem Dunstkreis die Geister zu umnebeln, daß es wie Mehltau auf den Gemütern ruht. Es lohnte sich vielleicht dem Gespenste auf den Leib zu rücken. Denn muß es Ihnen nicht wie närrischer Widerspruch vorkommen, daß man das Fortleben unsrer Sprache bezweifelt, während im verborgenen Winkel des Herzens fast jeder Edlere ein stilles Heimweh nach dem Vaterlande nährt und ein schlichtes deutsches Volkslied der verwittertsten Ge- ſtalt eine Thräne in's Auge ruft? Gewiß, fast alle deutsche Eltern, gefragt, ob sie die Muttersprache in den Kindern möchten fortleben sehen, würden mit einem Ja aus dem Grunde ihrer Seele antworten. 15 Das zweifelnde Aber würde sich freilich auch bald einstellen. Man würde Ihnen von der Abneigung sagen, welche das junge Geschlecht gegen deutsches Wesen hegt, vom Mangel an guten Schulen und all den Mitteln ein geistiges Leben zu fördern. Und ſind dem Peſſimiſten damit nicht alle Glieder gegeben, ſeinen Trugschluß zu ziehen, welcher dem Deutschen die Fortdauer höhnisch abspricht ? Wie wäre es jedoch, wenn es mit jener Abneigung ganz eigen bestellt sei? Wie, wenn man dem abs lehnenden Nachwuchs nie gezeigt hätte, was deutsche Bildung sei, damit ihr die sehnende Jugendseele ent- gegenschwelle? Denn nicht immer vermag es das Elternhaus im Drang der Geschäfte und nicht stets hat es Beruf, Mittel und Vermögen hierzu. Es läge daher im Grunde an unsern geistigen Führern und wie, wenn diese gerade die pessimistischen Ges ſpenſter wären, von welchen ich vorhin sprach? Es lieben es diese Schemen, welche Heimatslos zwiſchen beiden Nationalitäten irren, den Panzer der Erfahrung umzuſchnallen und jedem Vorschlag zur Beſſerung, den Einſichtige machten, mit dem Vorwurf deutscher Ideenseligkeit und „unpraktiſcher Grünheit“ zu begegnen. Und meiſt hatten ſie damit nicht ganz unrecht. Was würden sie jedoch stammeln, wenn aus den Reihen des geſchmähten jungen Geschlechts ein Ankläger erstünde, der in der Stille ein neues 1 16 { Leben genährt hat? Ein lustiger Kampf fürwahr, wenn er sie zum Stehen brächte. Und er stritte im Geiste von tausend Gesinnungsgenossen. Ihr habt uns Steine gegeben, als wir nach Brod ſchrieen und Schlangen, als wir nach Fischen verlangten. Als wir in der Geistesdürre unsrer Schulen nach Nettung schmachteten, prahltet ihr mit den Waſſerbrunnen deutscher Methode und ließet uns verdürſten; und als wir in unsern dunklen Kammern um Licht riefen, da zoget ihr die Vorhänge nieder und sagtet, euer Haupt leuchte genügend für uns. Und wir ers schrafen vor dem Bilde der Wahrheit im Hohlspiegel eurer Schädel. Hinweg mit Euch, wir wollen Luft, Freiheit, eine neue, eigene Entwicklung! Und leiſe erhebt sich im Osten schon die Sonne zu neuem Frühlingstag, vor dem die Gespenster entweichen. Entschuldigen Sie, daß ich mich so fortreißen ließ. Allein ich weiß, schon gibt es solcher Kreise, die im Stillen ein neudeutsches Leben förderten, und Ihnen darf ich es wol anvertrauen, daß ich selbst einem solchen zugehörte, bevor ich hinüber zu Ihnen kam. Und wiſſen Sie auch, worauf es im Grunde dabei ankommt? Daß unser feinfühlig deutsches Herz die Natur verstehen lerne, die ihm erst fremd und kalt ſcheint und unfähig ſeine Freuden und Leiden mitzu- fühlen, wie die deutsche der Heimat. Denn lächerlich wie es wol klingen mag, so reden Himmel und Erde 17 hier eine andre Sprache und doch ist es im Grunde dieselbe. Aber die Dichter fehlen uns noch, die uns dieselbe deuten und unsre Seele mit Goldfäden an unſre Welt hier feſſeln, daß sie uns lieb, traut und heimatlich werde. Drum schwebt es auch hier auf unsern schönsten Landschaften wie leise Frage eines Stummen, während uns die deutschen Täler und Höhen in tausend Liedern ihrer Sänger entgegen- jubeln. Es bedarf bei uns jedoch nur des zarten Ohres, die ſtumme Sprache zu verstehen und des goldnen Mundes, sie zu beantworten, und Sie sollen Wunder erleben. Denn unsre Natur ist reich und schön und um uns blüht ein Leben, so voll und bunt, wie nirgends auf der Welt. Und wir atmen die Luft der Freiheit. Davon wissen unsre Peſſimiſten jedoch nichts, die nur den nackten Realismus ſehen und Sünde wäre es auch, ihnen von dem offnen Ge- heimnis zu sagen. Nur die stille Gemeinde derer, die im Geiſte ſich ein Neues aufbaut und Hunderte von Amerikanern, die sich drüben bildeten und den Beruf in sich reiften, deutsche Kultur hier zu fördern, fühlen das Gleiche. Nach einem nur feufzen wir noch, nach Glauben an uns selbst, ohne den es keinen Fortschritt gibt. Und wie schwer dem Deutſchen der fällt, das zeigt ja unsre Geschichte. Wie gerne möchten auch 18 wir von dem Stolze etwas entraten, der sich bläht, fremdes Wesen, wie kein Volk der Erde sich aneignen zu können. Jene alte deutsche Affendemut liegt auch uns in den Knochen und das Herz schwillt zum Fluche auf, wenn es auch hier jene Erbuntugend ge- wahrt, die wie ein Wurm von jeher am deutschen Geiste genagt hat. Und es sind nicht die fremden Tugenden, die unser Volk hier aufſaugt. Es liegt wie Kinder und Wilde vor dem Glitter der Fetische auf den Knieen. Was nüßt aber der Fluch, wenn Ihnen ein Spiegel das Zerrbild weit deutlicher offen- baren möchte? IV. Ein amerikanischer Literat, der neulich in einer unsrer englischen Zeitschriften den Einfluß des deutschen Elementes auf seine Landsleute geschildert hat, sagt, neben viel Schmeichelhaftem, doch auch das Folgende: „Eine deutsch- amerikanische Literatur existirt nicht und wird nicht exiſtiren, da das Deutsche beſtimmt iſt, ſeinen Einfluß auf die Bevölkerung unsres Landes zu verlieren." Obgleich dies summarische Urteil nun nicht ganz auf Wahrheit beruht, da wir schon Manches beſißen, was auf den Anfang einer hiesigen deutschen Literatur deutet, so enthält es doch einen Vorwurf, wie er schärfer nicht ausgesprochen werden kann, zumal der Verfasser gleich darauf des gedeihlichen Zustandes unsrer deutschen Presse gedenkt. Sie werden mit Recht fragen, wo steckt der Grund dieses Wider- spruchs? Denn blüht die Presse, so ist doch geistiger Bedarf da, der Grund vom Verfall der Sprache ist darum für den Augenblick wenigstens nicht wahr. Oder leben Ihre Leser nur von Inseraten, Depeschen und politiſchen Leitartikeln? Das Alles trifft den 20 ! ! Kern nicht. Unfre deutschen Buchhandlungen in New York messen sich mit den größten in Deutsch- land und gar mancher Händler lebt vom Import deutscher Zeitschriften. Wir haben alſo Gebildete in unsrer Mitte, die, so zerstreut sie auch wohnen mögen, ihre geistige Nahrung ausschließlich aus Deutschland beziehen. Für diese Tatsache gibt es nur zwei Gründe: entweder wir haben hier keine Schriftsteller, die sich mit den vaterländischen meſſen könnten, oder sie sind da und können aus irgend welchen Ursachen nicht zur Anerkennung kommen. Es ist nicht leicht, die Wahrheit hier zu ermitteln, wo sich so viele Umstände vereinen, sie zu verhüllen. Denn so manch Erfreuliches von hiesigen Schrift- ſtellern auch schon geleiſtet wurde, wir können nicht auf den oder jenen weiſen und sagen: hier schlummert ein Freytag oder Spielhagen, und dort ein Geibel oder Heyse, man braucht sie nur zu wecken, damit sie ihre Kräfte entfalten. Und doch, wer wollte auf der andern Seite ſo grauſam ſein, von unsern Gebildeten zu sagen, sie hätten ihre Produktionskraft im Bier erſäuft und nährten sich nur in den duſelfreien Stunden an den Schöpfungen der Heimat? Ihnen brauche ich ja nicht zu sagen, daß eine Literatur nicht auf Kommando hervorsprießt und daß wir den kindischen Glauben unsrer englischen Mit- bürger nicht teilen, die mit ihrem Golde eine Uni- 21 versität nach deutschem Stile hervorzaubern wollen. Aus dem Inhalt meiner vorigen Briefe aber haben Sie gewiß schon geſchloſſen, wo die tieferen Gründe Liegen, die einen geistigen Aufschwung bisher ver- hinderten. Mit Recht aber fragen Sie auch: Wäre es nicht Pflicht Ihrer blühenden Presse den deutsch- amerikaniſchen Sinn zu nähren, heimischen Talenten die Spalten zu öffnen und so im Kleinen und Stillen zu pflegen, was die Voraussetzung aller Literatur ist: das unsichtbare Wechselverhältniß zwischen Volk und Schriftsteller, woraus erst Fruchtbares erſprießt? Es wäre ungerecht, wollten wir verneinen, daß dies überhaupt geschehe. Besonders ein New Yorker Wochenblatt, das Belletr. Journal, das Sie ja auch kennen, sucht seine Ehre in solchen Beiträgen, wenn es auch zur Versorgung seines novelliſtiſchen Teiles fast stets in die Heimat wandern muß. Nicht so die Schaar der übrigen Blätter meiner Bekanntschaft, die ihren Lesern meiſt eine Sonntags- ausgabe bieten, gefüllt mit Unterhaltungsstoff. Nur selten d. h. meist nur bei Berühmtheiten wird der Verfasser genannt. Kaum je erfahren wir die eigent- liche Heimat der betreffenden Artikel, die indessen fast ausschließlich deutschen Zeitschriften und Feuille- tons entwandert sind. Die armen deutſchen Schrift- steller, an deren Mark die Bettelküchen deutscher Leihbibliotheken genugsam zehren, haben sich längst 22 über dies geistige Piratentum beschwert, das selbst in religiösen Kreisen seine Glieder hat. Erfolg los. Man antwortet mit Grobheit oder Hohn und sucht im besten Falle ihr Mitleid zu erwecken. Als sich vor nicht langer Zeit in unsrer Mitte eine Stimme erhob, welche gesetzlichen Vertrag und erhöhten Ein- gangszoll forderte, um damit auch heimischen Talenten aufzuhelfen, da donnerte man sie als beschränkte Keßerin nieder. Man befindet sich auch sehr wol dabei. Es ist ein eignes Schauſpiel den gemäſteten Pessimisten zu sehen, wie er die Gärten deutscher Zeitschriften durchwandelt und sich die Blümchen schneidet, die er seinen Lesern als eigne Pflanzung darreicht. Nur schade, daß manche der Leser so bos- haft sind, dem gutmütig beschränkten Haufen nicht anzugehören, wie ihn der Peſſimiſt ſich vorstellt und eigenmächtig die Beete wiedererkennen, worauf die Blümchen gewachsen. Kaum würde ich Sie mit diesen häßlichen Tat- sachen behelligen, lägen darin nicht die Principien verborgen, die uns am Boden halten. Wir verstehen den Pessimisten, der sich so billig als möglich) mästet, wir vergeben ihm auch mit stillem Lächeln, daß er uns für so beschränkt hält. Die Fragen des Anstandes und der Sittlichkeit, die sich unvermeidlich damit verknüpfen, hat jener für sich zu entscheiden, wie sie das gebildete Publikum längst für ihn beantwortet 23 hat. Was heißt es jedoch zu wiſſen, daß in den Herzen aller unsrer Landsleute das sehnende Ver- langen nach Erhaltung der Muttersprache lebt und dies Bedürfniß auf eine Weise zu befriedigen, welche den Tod derselben in sich schließt. Die schlagendste Antwort hierauf bietet die Gleichgültigkeit unseres Nachwuchses gegen die Erzeugniſſe deutscher Literatur. Denn was den eingewanderten Deutschen an die Literatur seiner Heimat fesselt, ist das stille Heimweh, dem die verklärte Welt seiner heimatlichen Schrift- ſteller nur das liebe Vaterland iſt, in das er mit Wehmut sich gerne versenkt. Unfre Jugend, welche diese Sehnsucht nur selten teilt, die Welt um sich jedoch nicht in dem Zauberspiegel deutscher Dicht kunst erblickt, wendet sich naturgemäß und mit richtig menschlichem Instinkte der englischen Literatur zu, wo sie, wenn auch meist erbärmlich, doch ihre Um- gebung wiederfindet. Gleicht darum das Verfahren unsrer Führer dem Treiben des schlechten Arztes, der nur das Verlangen seines Patienten befriedigt, gleich- wol ob zuträglich oder nicht und welcher den Schwind- füchtigen gewähren läßt mit dem peſſimiſtiſchen „er stirbt ja doch“, so erhebt sich unterdessen noch ein andrer Vorwurf. Keiner meiner Landsleute, so zäh und liebevoll er auch an der Heimat hängen mag, wird leugnen, daß sich in seiner Seele ein leiser Umschwung vollzieht, F 24 ſobald er nur längere Zeit hier gelebt hat. Wenn auch entschieden deutsch in seinen Grundanschauungen, er wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, mit dem sich die hiesige Welt widerlich oder angenehm in seine Seele schleicht. Und mit Vergnügen wird er den künstlerischen Reflex bemerken, den diese Welt bei einem Schriftsteller wirft. Als Beispiel könnte ich Ihnen ein kleines Werkchen nennen, das vor einigen Jahren viel Erfolg hatte. Es beschrieb in launig versificirter Briefform die Eindrücke eines „Grünen“ kurz nach seiner Landung und rief damit überall ähnliche Erinnerungen wach. Auch unser beſtes deutsches Wigblatt, der „Puck“, verdankt nächſt ſeinen genialen Bildern dieſem Genre ſeine Erfolge. Ueberall in diesen Versuchen werden Sie jedoch das Bestreben bemerken, sich vermittelst des Humors und Wißes von hiesigen Eindrücken zu befreien, ein Zeichen, daß die Seele eigentlich noch an Deutſchland hängt. Die Bemühungen unsre Welt mit ernſtem, liebevollem Sinne zu erfaſſen und zu erklären, find weit seltner und haben viel weniger Anklang ge- funden. Wird Sie das aber wundern, wenn unsre Heimwehspekulanten dafür sorgen, daß jener Weh- mutstaumel nicht all werde? Sie wären nicht kluge Spekulanten, wollten sie der Opposition die Türe öffnen. Es würde das dem Geschäft schaden, ja boshafte Seelen würden den tiefsten Grund 25 ihres Pessimismus entdecken, ihre geistige Im- potenz. Wie aber können sich unsre geistigen Eunuchen beſſer verbergen, als hinter der Maske des Pessimis- mus, womit sie imponiren und sich mästen? V. Es war die deutsche Kirche, die zuerst und am meisten für die Erhaltung des Deutschen getan hat. Die Männer, welche sich mit der Geschichte deutscher Einwanderung beschäftigten, haben ihr einmütig das ehrende Zeugniß ausgestellt. Daß die Pflege der Muttersprache Grundbedingung ihrer Existenz war, schmälert ihr Verdienst nicht, auch wenn wir bedenken, daß damit das Deutsche eigentlich nur Mittel zu anderen Zwecken wurde. Aber gewiß, neben seinen „überirdischen“ Interessen lag wol auch die Sprache als solche gar manchem Geistlichen ſo lieb am Herzen, wie irgend einem seiner irdischen Stammesgenossen. Doch eigentlich kümmern uns ja die Motive der Kirche nicht, sobald wir nur wirkliche Früchte ihrer Bemühungen ſehen. Und dieſe ſind nicht zu leugnen. Wer ruft sich nicht gern jener epischen Gestalten eine vor die Seele, die im vorigen Jahrhundert und zu Anfang des unseren mit ihren Gemeinden in das neue wilde Wunderland zogen und am hellen Tag der Ueberkultur ein Bild jener wunderbaren Urzeiten in die Wirklichkeit riefen, nach welchen die gebildete Welt damals seufzte und schrie. Und blicken wir uns heute nach dem Zustand der deutschen Kirche · 27 um, dann finden wir sie fast über das ganze Land verbreitet, nach altgewohnter Weise in hundert Setten und Settchen gespalten, überall aber in deutscher Zunge ihre Zwecke verfolgend. Was nicht den selbständigen respektablen Körpern der reformirten und lutherischen Kirche angehört, hat sich klugerweise in die reichen Arme englischer Sekten geworfen, deren Missionseifer es nicht wenig schmeichelt, auch unter den Deutschen, wie unter den Negern und Indianern „für's Reich des Herrn" zu arbeiten. Erschrecken Sie ja nicht über diese Dinge, auch darüber nicht, daß es Speichellecker genug gibt, die um schnöden Geldes willen ihre Landsleute als verkommene Heiden verschreien. Dürfen wir aber bei kirchlichen Unter- nehmungen nie ängstlich nach den Mitteln fragen, womit sie in's Werk gesetzt werden, so darf uns auch keine Gänsehaut überlaufen, wenn wir sie auf obige Weise der Erhaltung des Deutschen dienen sehen. Am allerwenigsten dürfen sich unsre sogenannten Ge- bildeten einen Spott darüber erlauben, denn bis heute haben sie das sittliche Wol ihrer Stammesgenossen mit herzlosem Egoismus ignorirt und Männer, die es mit ihrem Volke wolmeinten, dadurch gewaltsam in amerikanische Verbindungen getrieben. Auf Grund all dieser Bestrebungen sehen wir nun heute, daß nicht blos in tausend Kirchen deutsch ge- predigt wird, man hat auch, um eine deutsche Kirche 28 bei uns zu erhalten, eine Menge von Schulen ge= gründet, ja sogar eine Anzahl von theologischen Lehr- anstalten errichtet, in welchen deutsche Prediger erzogen werden. Gleichgültig zunächst wieviel wirk- liche Wissenschaft in den letteren getrieben wird, der Kirche gebührt wieder das Lob, auch bei uns Kultur- bringerin gewesen zu sein und wenigstens die Anfänge zu höheren deutschen Anstalten gemacht zu haben. So erfreulich diese Tatsache nun auch klingt und so ermunternd diese Erfolge für die Zukunft erscheinen, wir müssen sie doch nach ihrem Werte prüfen. Es müßte jeden wahren Deutschen, auch den, der sich nicht zu irgend einer religiösen Gemeinschaft bekennt, im Herzen freuen, wenn die Kirche den Weg zur Erhaltung der Muttersprache gefunden hätte. Hier kann uns nun wieder die zweite Generation als Prüfstein dienen. Denn hören wir auch aus kirchlichen Kreisen die alte Klage, daß sich die Jungen nur selten oder nur durch gewissen Zwang zur deutschen Kirche halten, dann entsteht uns notwendig Mißtrauen in die Mittel, die man zur Erhaltung des Deutschen anwendet. Der Fehler liegt darum ent- weder in den Kirchenschulen oder an den Geistlichen, vielleicht auch in Beiden. Ich möchte heute den letteren Fall untersuchen. Es ist kein erfreuliches Bild, das ich Ihnen hier von unsrer deutschen Geistlichkeit eigentlich entwerfen 29 müßte. Der wahrhaft wissenschaftlich gebildeten Männer gibt es nur wenige bei uns und die Maſſe der halb- und ungebildeten Kleriker vermag es nicht einmal in edel deutscher Form sich schriftlich auszu- drücken. Erwägen Sie dann ferner, daß ihrer Be- ſchränktheit das Gebiet der Poesie meiſt verſchloſſen ist, ja daß vielen von ihnen alle Gedichte, die nicht im Gesangbuch stehen, Werke des Teufels sind, dann brauche ich nicht hinzuzufügen, was unsre Sprache von solchen Gesellen zu erwarten hat. Nur weil sie fammt ihren Zuhörern des Engliſchen nicht recht mächtig sind, bedienen sie sich des Deutſchen zur „Glaubensstärkung“. Doch ich würde unrecht tun, wollte ich alle Geistliche in dieſe Klasse stecken. Es gibt darunter auch edle Seelen, welche in's Gewebe ihrer irdischen und himmlischen Lebenszwecke zuweilen auch das Interesse um höhere deutſche Kultur auf- nehmen. Lassen Sie mich Ihnen eine Geschichte erzählen, die unsre kirchlichen Bemühungen um's Deutſche in reizendem Lichte zeigt. Vor nicht langer Zeit kehrt ein junger Freund von mir von seiner Studienreise aus Deutſchland zurück und wird zufällig mit einem deutschen Geist- lichen in Hoboken bekannt. Er erzählt ihm von ſeiner Begeisterung für deutsche Studien, findet einen auf- merksamen Zuhörer und ist unvorsichtig und un- erfahren genug, sich zu einer Reihe von Vorlesungen 30 zu verstehen, zu welchen der Geistliche gar bald eine große Zuhörerschaft verspricht. Obwol nun mein Freund in ihm gar bald den ungebildeten Leer- und Querkopf erkannt hat, so fann er sich doch nicht mehr zurückziehen, da das Unternehmen inzwischen aus- posaunt war und wirklichen Erfolg versprach. Auch die aufdringlichen Fragen in Bezug auf seine Herzens- angelegenheiten nimmt er harmlos hin. Da, am Abend vor Beginn der Vorlesungen ladet ihn der Miſſionär zu einem Spaziergang im Mondschein. An einer einſamen Stelle angekommen, fällt er zitternd und schluchzend über den Freund her und fragt ihn nach dessen Gefühlen für seine ältliche Tochter. Zu- gleich eröffnet er ihm, daß bei einer verneinenden Antwort das Projekt hinfalle, da er seine verliebte Tochter dann nicht schicken könne und die übrige Zuhörerschaft damit auch ausbleibe. Mein Freund übersieht die kritische Lage mit kühlem Blicke, will sich nicht öffentlich blamiren, noch weniger aber dem. teuflischen Ansinnen seines Versuchers fügen und antwortet beschwichtigend und ausweichend. Das Unternehmen beginnt und erweist sich als Mißerfolg, dem nur der Anschlag auf die Persönlichkeit des Freundes zu Grunde lag. Seines öffentlichen Rufes wegen führt er die Vorlesungen jedoch fort, während der Kuppler nicht müßig bleibt. Er fendet dem Freunde ein schriftliches Liebesgeſtändniß seiner 31 Tochter und fordert unter Tränen und Schmeicheleien eine Verlobung. Das war denn doch zu stark. Es folgten die üblichen Scenen, aus welchen der Miſſionär mit gebührendem Fußtritt hervorging und das Unter- nehmen fand ſein Ende. Gewiß, Sie haben alle Schlüſſe ſchon ſelbſt gezogen! VI. Eine jüngst veröffentlichte Statistik, die jedoch noch lange nicht alle deutschen Schulen des Landes um- faßte, zeigte uns recht erfreuliche Zahlen an Schülern und Lehrern, so wenig dieselben auch in einem Ver- hältniß zu der Größe unsrer deutschen Bevölkerung stehen. Wir besißen außerdem auch ein deutsches Lehrerseminar, dessen Existenz immerhin ein Beweis für das große Bedürfniß deutscher Schulen ist. Da die letteren bis jetzt noch meist mit Kirchen verbunden sind, unser Seminar sich jedoch jeder kirchlichen Färbung entschlagen hat, so muß es den Freund seines Volkes betrüben, auch hier die Entzweiung zu gewahren, ohne die, wie es scheint, unsre lieben Deutschen nun einmal nicht existiren können. Wol iſt es ja begreiflich, daß ſich nicht jeder Lehrer zu dem beſchränkten Vorſtellungskreis vieler unsrer Geiſtlichen bequemen kann, daß dem gebildeten Pädagogen in Sachen der Erziehung die freche Anmaßung des Halbgebildeten Predigers lächerlich und unerträglich wird. Nicht minder komisch erscheint freilich auf der andern Seite das Gebahren jener Pygmäen, welche sich ihrer sogenannten Wiſſenſchaft brüsten. Ist die Halbbildung der Lehrer schon in Deutschland die 33 Ursache manch närrischer Erscheinung, ſo ſind dieſe toll gewordnen Schulmeiſter bei uns geradezu ein ſociales Uebel, nicht minder als die verrückt gewordnen Geistlichen. Ich brauche Ihnen daher auch kaum zu sagen, wie es von einſeitiger Bildung und mangel- hafter Kenntniß zeugt, wenn die sogenannten „Freien“ das religiöse Element in ihrem Erziehungsprogramm gar nicht berücksichtigen, ja den Kampf gegen die Religion geradezu auf ihr Panier geschrieben haben. Sie beschwören damit nicht blos die Opposition der Geistlichkeit herauf, auch die Neigung vieler Deutſchen haben sie damit gegen sich. Und der Riß auf einem Gebiete, wo nur einträchtiges Streben Resultate erreichen kann, wird damit unheilbar. Verkennen dürfen wir das Streben der freien Richtung jedoch nicht, auf unserm Boden einen tüch- tigen Lehrerſtand zu bilden. Denn leider gibt es auch in diesem Stande, wie im geistlichen, der Pfuscher und Lumpen so viele. Jeder verkommene Kaufmann, jeder entlaufne halbwüchſige Schuljunge kann ja den Lehrerberuf ergreifen und bei dem Mangel an Päda- gogen fällt es ihm meist auch nicht schwer, eine Stellung zu finden. Und wenn unsre deutsche Schule bis jetzt noch wenig geleistet hat, ja wenn sich ein allgemeines Mißtrauen der Eltern bemächtigt bei allem Verlangen nach deutscher Bildung, dann hat es die Schule jenen Subjekten zu verdanken, die 34 ſie sie in Verruf gebracht haben. Und ſicherlich, jeder wahre Lehrer wird mit gleicher Verachtung auch von den wirklichen Standesgenossen sprechen, welche mit ſtrolchenhaftem Lebenswandel den hohen Beruf ent- ehren. Von einem in zwei Lager geteilten und in jedem dieser Lager mit corrupten Elementen versetten Stande, läßt sich von vornherein kein entſcheidender Einfluß erwarten. Und doch, müßten nicht alle Klagen über eine dem Deutschen abgeneigte Jugend hier wegfallen, wenn sie vom zartesten Alter an der Leitung eines erfahrnen, tüchtigen Lehrers anvertraut wäre? Gerne gebe ich zu, daß die Neigungen unsrer Jugend schon früh durch äußere Umgebung dem deutschen Wesen entzogen werden. Das leichtere, mit peinlicher Uniformität von allen gesprochne Eng- lische imponirt dem jungen, eingebornen Deutschen, der die deutsche Sprache meist nur in verstümmelter Dialektform des Elternhauses gehört hat, nicht we= niger als die geschniegelteren Formen der Amerikaner. Die Schimpfnamen, womit ihn seine englischen Ges spielen als Deutschen kennzeichnen, tragen vielleicht das Meiſte dazu bei, in der jungen Seele eine natür- liche Abneigung zu wecken, zumal fie inneren Wert von äußerem Schein noch nicht zu unterscheiden ver- mag. Was wollen aber alle diese schädlichen Einflüsse bedeuten gegen das Uebergewicht an geistiger Bildung 35 und vollendeter Methode, mit welchen der wahre deutſche Lehrer ſeinen Zöglingen gegenübertreten kann? Ja, die Methode, die ſich naturgemäß auch in den Lehrbüchern spiegeln sollte. Leidet aber die englische Schulliteratur an Schwächen, welche den wahren Schulmann mit Furcht und Grauen erfüllen für ihre Wirkung auf's jugendliche Gemüt, dann müßten doch unsre deutschen Lehrmittel naturgemäß eine Ehre darin suchen, die glänzenden Errungenschaften deutscher Pädagogik bahnbrechend einzuführen. Denn importiren lassen sich die Bücher nicht kurzweg, welche dem Kinde in Deutschland die Muttersprache zuerst vermitteln, denn Vorbedingungen und Anschau- ungskreis sind bei uns nicht dieselben. Und doch, man hat diesen Fehlgriff gemacht. Die Folgen des- ſelben sind aber lange noch nicht so nachteilig gewesen als der Einfluß dessen, was man hier als Lehrbücher fabricirt und verbreitet hat. Ja, ich stehe keinen Augenblick an, zu behaupten, daß ein Kind durch dieſe zum Haß gegen die Sprache seiner Eltern ge- führt wird. Zwar kann ich mich nicht rühmen, Alles zu kennen, was man auf dieſem Gebiete geleistet hat, die verbreitetſten Lehrmittel habe ich jedoch gesehen. Und nun denken Sie sich von dürrer Schulmeister- seele, der keine Ahnung lebt von der Fülle und Poefie eines Kinderherzens, ein Buch zusammengestoppelt, in dem böhmische Dörfer dicht bei widerlichster Profa 36 amerikaniſchen Lebens liegen; worin das arme Kind mit Lauten und Dingen gequält wird, die ihm alle Lust und Freude verleiden; das Ganze schließlich nach einer Methode zu Wege gebracht, wie sie in den pädagogischen Verirrungen früherer Jahrzehnte wucherte, dann werden Sie verstehen, warum sich unsre Jugend mit Ekel vom Studium der Mutter- sprache wendet. VII. Es sind nicht glänzende Resultate, die Sie in den vorigen Briefen gefunden haben, und doch muß ich Ihnen Recht geben, wenn Sie mir zurufen, verlieren Sie die Hoffnung nicht, auf allen Gebieten ist schon etwas geschehen, wenn auch das Lezte und Richtige noch nicht. Dürfte ich darum zu zeichnen versuchen, was mir und vielen Gesinnungsgenossen als solches vorschwebt? Zunächst muß ich jedoch eines Irrtums früherer Jahre gedenken. Aus Fr. Kapp's trefflichen Büchern, die Sie stets mit so viel Teilnahme lasen, ist Ihnen gewiß jener unglückliche Traum eines neuen Deutſch- land bekannt, den talentvolle Flüchtlinge von 1848 hier zu verwirklichen strebten. Es ist weder schön, noch billig, über die verfehlte Begeisterung eines Menschen zu spotten, und gewöhnlich ſind ſolche Spötter auch geistige Lumpen, die keiner glutvollen Seelenerhebung fähig sind. Und war denn jener Traum ſo abſurd, sobald wir ihn nur ſeines politiſchen Gewandes entkleiden? Lebte darin nicht am Ende die Ahnung des Richtigen ? Der Trieb nach Erhaltung des deutschen Weſens ruht nicht blos auf der Anhänglichkeit an den Stamm, 38 mit welcher wol auch andre Nationalitäten für ihr Fortbestehen in der Fremde arbeiten. Es gibt bei uns auch der Russen, Schweden, Franzosen und Italiener eine Menge, die alle, mehr oder minder, an ihrem Vaterland hängen. Nur wenigen derselben wird es jedoch einfallen, mit gleicher Begeisterung ihr nationales Wesen zu behaupten und geltend zu machen. Man könnte den Grund dafür wol in der Größe der deutschen Bevölkerung suchen, wie sie eine fast nie verstechende Einwanderung noch täglich verstärkt. Bedenken Sie aber, daß die sechs Millionen unsrer Landsleute keineswegs zusammenwohnen, ja, daß Sie gerade bei den Familien, die versprengt, mitten in ſtockamerikaniſchen Staaten anſäßig sind, die Sehn- sucht nach Bewahrung des Vaterländischen am ſtärksten finden, ſo bleibt jener Grund kaum ſtichhaltig. Und was sich bei den minder Gebildeten unsrer Deutſchen faſt inſtinktartig kundgibt, wird Ihnen bei unsern wahrhaft Gebildeten als feſt bewußtes Streben aufstoßen, so wenig man sich auch die tieferen Gründe dafür mag klar gemacht haben. Denn jene Ueber- läufer, welche aus Beschränktheit und Mangel an Bildung in's amerikanische Lager gingen, um dort eine lächerlich verächtliche Zwitterexistenz zu führen, kommen hier nicht in Betracht. Wie es aber oft in der Geschichte sich schon ereignet hat, daß das Aus- land dem Deutschen erst sagen mußte, welchen Wert 39 er besißt, ſo ſcheint es auch bei uns zu gehen. Und ist es auch wol zuerst beschämend, zu sehen, wie sich Tausende von Amerikanern deutscher Bildung zu- wenden, während wir Millionen faſt nichts zur Er- haltung derselben tun, dann füllt es das deutſche Herz doch wieder mit Stolz, wenn es gewahrt, wie ſeine englischen Mitbürger dem deutschen Genius huldigen. Beſchämung und Stolz aber gebären dann vielleicht die Erkenntniß, daß deutscher Kultur ſchließ- lich die Zukunft unfres Landes gehört und daß es die Kinder unsres Volkes wie ein Fluch treffen wird, wenn sie die Aufgabe verkennen und vergeſſen, die aus jener Erkenntniß quillt. Nicht darum ein deutsches Reich von dieſer Welt, wol aber ein neudeutsches Reich des Geiſtes wird uns als Bild vor der Seele schweben, und die edleren Kämpfer aus dem deutschen Sturmjahre von 1848 werden sich's schon gefallen laſſen, daß sich ihr Traum in andrer Weise erfüllt, ja, daß sich in jenem Reiche auch die besten und edelsten der englisch redenden Brüder finden. Sie wissen, es gibt kaum blasfere und verbrauchtere Worte als die Ausdrücke Idee und Ideal, wenn sie nicht mit beſtimmtem, warm gefühltem Inhalt er- scheinen. Trauen Sie mir aber auch nicht zu, daß ich in unreif studentenhafter Weise mit jenen prun- kenden Worten die Nebelbilder meines Geistes zu 40 verhüllen strebe, dann mag es Sie doch wie leises Mißtrauen anwandeln, wenn ich behaupte, uns ſei in der Fremde das deutsche Ideal erschienen und fordere ſeine Verwirklichung. Es ist ja nicht an Zeit und Raum gebunden, und glauben Sie nicht, daß uns grade die Ferne Sehen und Fühlen schärft? Nicht aber wir blos, auch die beſten unsrer engliſchen Mit- bürger, wie ich schon vorhin sagte, suchen längst nach dem Stern, der unsre geistige Entwicklung leite. Und es iſt nicht deutsches Bierphilistertum, dem wir uns zuſehnen. Uns begeistert der gleich- mäßig gebildete deutsche Idealmensch, dem Erkennen, Fühlen und Wollen har- monisch zusammenklingt, der in sich ein ureigen natürliches Leben nährt und leicht mit sittlichem Takte sich in der menschlichen Gesellschaft bewegt, dem aller Zwiespalt von Wollen und Tun, Glauben und Wissen sich in die höhere Einheit erkennenden, ahnenden Empfindens gelöst hat, und der mit Schöpferkraft die umgebende Welt zum herrlichen Bilde gestaltet, der Menschheit zur Freude, zum Trost und zur Rettung. Ja hiernach ringen unsre Besten, und da Sie mit mir des Glaubens leben, daß in jeder Seele, in jeder 41 Kindesſeele beſonders die Anlagen und Keime hierzu schlummern, die nur des belebenden Sonnenblickes harren, um mächtig zu erstehen, so haben Sie es schon längst für mich ausgesprochen: nur durch eine liebevolle Pflege der Mutter- sprache und durch ein neues, hin- gebendes Studium der Werke, in welchen jenes Ideal herzerhebend lebt, kann das verwirklicht werden, was jetzt nur Einzelnen als schöne Vision vor der Seele gaukelt. Ich bilde mir nicht ein, damit Neues ausgesprochen zu haben, doch darf ich wol sagen, ich habe mir dies Resultat ſelbſtändig errungen. Wer aber will es dem Wanderer verargen, der nach langen nächtlichen Irrfahrten endlich den rechten Weg fand und nun laut aufjubelnd es jedem zurufen möchte: hier, hier ist die rechte Straße ? Lassen Sie mich meine Freude wenigstens Ihnen vertrauen. Ihr feines, unbeſtechliches Urteil wird mir schon sagen, ob ich auf rechten Pfaden bin, auch wenn ich versuche, Aufgabe und Ziel von Schule, Kirche und Preſſe nach jenem Ideal zu beſtimmen. Das Skizzenhafte des Unternehmens aber wird Ihnen gewiß durch die Briefform gefordert erscheinen, während es in der Abhandlung eine unverzeihliche Oberflächlichkeit wäre. VIII. Wie unter den Individuen, so sind auch bei den Völkern die Gaben verſchieden ausgeteilt, und es wäre Wahnsinn, vom Ackerpferd Hippogryphen-Dienste zu fordern. Nie hätten die Römer ein Ideal erzeugt, wie wir es im griechischen verehren; von ihrem weisen, einſichtsvollen Sinn zeugt es jedoch, wenn sie das- selbe ihrem prosaischen Geiste einzupflanzen sich be- mühten. Und während sie seine Geburtsstätten politisch unterjochten, da begann griechische Bildung ihre rohen Ueberwinder sich geistig zu unterwerfen. Gleichen wir Deutsche in diesem Lande wenigstens darin den Griechen. Politisch, wie der Verkehrs- sprache nach sind wir mit Recht und Lust der großen, schönen Republik einverleibt, an uns liegt es, unfre Herrscher mit unsrem Geiſte zu beseelen. Was kann uns auch hindern, hier in der Ferne ein geistiges Großgriechenland zu schaffen, als unsre Schlaffheit, der es nie zum Bewußtsein geworden ist, welches Pfund ihr anvertraut worden ? Denn, auch ohne geschichtliche Vergleiche, wo ist das moderne Volk, das nicht blos nach Außen unter Führung seines größten politischen Sohnes weltbe- herrschend dasteht, das weit mehr im Reiche des 43 Geistes Schätze und Güter birgt, die ihm die Zukunft der Welt verheißen? Erst wenn uns das zum er- hebenden Gefühle gewachsen ist, nicht zum stolzen, hochfahrenden, sondern zum tatkräftig schaffenden, werden wir uns auch aufraffen. Daß dies Werk der Erneuerung bei der Jugend zu beginnen hat, damit ein völlig neu gebildetes Ge- schlecht erstehe, dem eine brennende Liebe zu jenen Bildern im Busen glüht, werden Sie mir gewiß zugeben. Schwieriger wird es sein, den Weg zu zeigen, auf welchem dies zu Stande kommen kann. Wie gerne würde ich hier entwickeln, läge es nicht weit klarer vor Ihren Augen, wie sich in unsrer Muttersprache, in tausend Wörtern des gewöhnlichen Lebens all die Keime verbergen, aus welchen die ge= übte Hand des Lehrers ein neues Leben in seinen Schülern kann erblühen laſſen; wie grade die deutſche Sprache, die unmittelbar, wie keine andre Sprache in den Tiefen des schaffenden Volksgeiſtes wurzelt, solch neue Bildung allein vermitteln kann; wie hier im Kleinen, in einzelnen Wörtern schon, sich An- schauen, Empfinden und Denken unsres Volkes zu schönen Bildern und Bildchen gestaltet hat, an welchen unser eigenes Werden sich stärken kann. Im Grunde ist ja alle wahre Bildung nur Entwicklung des Anschauungs- und Empfindungsvermögens, wor- auf gesundes Denken und sittliches Handeln sich 44 unzerstörbar gründen. Wie aber kann dies Ziel fchöner erreicht werden, als durch Pflege der Sprache, die eine Verkörperung desselben Triebes ist und in welche die edelsten Geister unseres Volkes die Früchte ihrer Bildungsarbeit gehüllt haben. Mir sind die Bestrebungen Pestalozzi's, Fichte's, Schleiermacher's und Diesterweg's darum auch immer wie die Antwort erschienen, welche der strebende Teil des deutschen Volkes auf die Bemühungen seiner geistigen Führer gab, als die begeisterte Nachfolge in das Wunder- land des neuen Lebens, das jene herrlichen Männer mitten in der Verstandeswüste des 17. und 18. Jahr- hunderts hervorzauberten. Ach wir ſchmachten hier in gleicher Wüste. Noch neulich sagte der Schulfuperintendent eines unsrer größten Staaten in öffentlicher Lehrerversammlung, ihm sei der Anschauungsunterricht zuwider, weil er die Aufmerksamkeit der Kinder vom Unterricht_ab- lenke, die Phantaſie und die Abſtraktion nicht fördere. Welch reizendes Armuts- und Beſchränktheitszeugniß, läge dahinter nicht unser ganzes Elend verborgen. Ist es doch eine uralte Erfahrung, daß grade das Höchste und Edelste in der Hand des Unerfahrenen und Beschränkten gar leicht zum verderblichen Gifte wird. Ja wir müssen jenem Pseudo-Pädagogen selbst Recht geben, wenn er seinen Anschauungs- unterricht meint, wobei er die Schüler mit toter Auf- 45 zählung von Merkmalen abheßt, um ihnen schließlich noch durch geistlose Definitionen den Garaus zu machen. Eins aber, ja das Wichtigste hat ihm seine Beschränktheit zu sagen verboten. Daß unser sitt- liches Elend, jenes Tollen zwischen Extremen, der Mangel an Selbstbeherrschung, die bodenloſe Pietäts- losigkeit, die Unfähigkeit zum wahren Lebensgenuß aller Frömmelei zum Hohn tagtäglich von dem Er- ziehungssystem genährt wird, zu dessen Hauptver- tretern er gehört. Welches Feld, welche Aufgaben für den deutschen Pädagogen, der das Wesen seiner Kunst ergriffen hat, und sie auch auszuüben weißz! der die erwachende, ſtaunende Kindesseele in die umgebende, herrliche Welt und diese ins Kindergemüt zu führen versteht, seine Zöglinge stufenweise fortleitet und ihre Seele mit dem schönen Realismus füllt, der gleichweit ent- fernt ist von trockner Verstandeskultur wie von geiſt- losem Materialismus. Was den Stümpern im deutschen Unterricht nie gelingen wird, das würde er spielend erreichen. Freilich bedürfte er auch der noch zu schaffenden Lehr- mittel. Schon früher erwähnte ich, daß sich deutsche Bücher nicht geradezu importiren lassen. Es käme darauf an, eines der wichtigsten aller Bücher, ein erstes Lesebuch zu schaffen, das dem Kinde den ersten Lesestoff vermittelte, wie er sich seiner Anschauung 46 aufdrängt. Freilich gehörte hiezu der liebevollste Sinn, das eingehendſte Verſtändniß, ja eine ge- wiſſe Künſtlerschaft, die es vermag, das Gewöhnlichſte unfres Lebens und dieses dennoch verklärt in kleinen Lesestücken zurückzuspiegeln. So lange jedoch die Produkte unsrer Bücherfabrikanten den Markt be- herrschen, so lange sich in den wüsten Seelen unsrer Schulmeister nur die prosaischen Reflere der Bier- kneipen wälzen, wird dies frommes Ideal bleiben.*) Es kann mir nicht einfallen, Ihnen hier mit einem vollständigen Lehrplan des deutschen Unterrichts be- schwerlich zu werden, nur die Umrisse des Ganges lassen Sie mich andeuten. Dem Kinde, dem durch eine solche Fibel die Lust und Liebe zur Muttersprache erwacht wäre, müßten dann die Schätze Grimm'scher Märchen und bedeutender Jugendschriftsteller er- schlossen werden. Der Kenner weiß, welche Bildungs- mittel hier vergraben liegen, sobald der Lehrer nur die Wünſchelrute beſißt, sie zu heben und nutzbar zu machen. Gerade die innige Märchenpoesie ist mit *) Anmerkung. Dem Verfaſſer waren, als er Obiges ſchrieb, die trefflichen Bücher von W. Gelbach (New York bei L. W. Schmidt) noch nicht bekannt. Er steht jedoch keinen Augenblick an, sie für das Beste unsrer Literatur zu erklären, obgleich nach seinem Dafürhalten das amerikaniſche Leben darin noch nicht genügend verwertet wurde. Für die Erbärmlichkeit unsrer Schulzustände zeugt es, daß ein so geschmackvolles Buch bis jezt noch so wenig Verbreitung gefunden hat. 47 ihrem schönen, von zartester Empfindung umwebten Realismus dazu angetan, das neue Leben im Schüler zu pflanzen und zu entwickeln. Das ängstliche Ge= müt wähne nicht, es gäbe dabei nicht mehr eigent- lichen Schulmeisterstoff zu traktiren. Dessen wird immer noch die Fülle vorhanden sein, allein er ist nicht mehr Marter des armen Schülers, sondern Lust, weil er zur Nebensache geworden iſt. In ſtufenweiſer Anordnung, wie sie von erfahrener Lehrerhand in einem Kreis von Leſebüchern zu schaffen sei, folge dann das Schwierigere bis hinauf zum Höchsten, dem Ideale zustrebend, das wir auf- gestellt haben. Und auf alle Zweige des Unterrichts wird sich davon ein befruchtender Einfluß ſenken. Es würde dann nicht blos ein Beherrschen der deutschen Sprache erzielt, vor allem würde im Schüler die wahre Selbsttätigkeit erzeugt, auf welche alle Erziehung doch hinausstrebt. Sie haben mir freilich schon lange eingewendet, wo sind die Lehrer dies durchzuführen und wo die Schulen einen solchen Plan in die Wirklichkeit zu setzen? Gewiß, der ersteren gibt es nicht viele und der letzteren vielleicht nur einige. Allein dies hindert uns nicht am Aufstellen unsrer Forderungen. Zum Lehrer des Deutschen in unserm Lande genügt nicht eine notdürftige Kenntniß der deutschen Grammatik. Er muß zum Teil wenigstens in das Wesen der 48 Muttersprache eingedrungen sein, er muß unser Ideal innerlich erlebt haben und es mehr oder minder voll- kommen darstellen. Und glücklicherweise hat die deutsche Lehrerbildung dies auch meistens geleistet, mag der einzelne Lehrer den Gang und die Geschichte des Deutschen auch nicht vollständig überschauen. Was aber die Schule betrifft, warum sollte da amerikanischer Unternehmungsgeist nichts Neues leiſten ? Mit einem Teil der Kosten, die jährlich an eine Menge völlig nutzloſer Inſtitute allein in New York verschwendet werden, ließe sich leicht eine Musteran- stalt errichten, deren bleibende Resultate ihr Bestehen rechtfertigten. Und welcher gebildete Deutſche, dem seine Muttersprache wie seine Kinder an's Herz ge- wachsen sind, würde das nicht von ganzer Seele wünschen? IX. Auch unsre deutsche Kirche würde gewinnen, wollte ſie im angedeuteten Sinne die Muttersprache pflegen. Sie fürchte nicht durch Aufnahme eines andern Ideals ihrem behaglichen Neste ein Kukuksei beige- fügt zu haben. Wie schade, daß ſich mit dem unge- bildeten Teil ihrer Vertreter darüber nicht reden läßt. Mit den Einsichtigeren würde ich mich folgender- maßen auseinanderſeßen. Es ist eine alte Klage, daß sich amerikaniſches Kirchentum mit deutſchem Geiſte nicht verträgt und zwar um so weniger, je gebildeter der letztere iſt. Ein Volk von ſelbſtdenkenden und ſelbſtempfindenden Menschen, wie wir es durch Geburt und Erziehung nun einmal ſind, kann die Widersprüche unmöglich ertragen, die dort friedlich zuſammenwohnen. Ver- mittlungsversuche sind darum auch meistens ge- ſcheitert und weil der gebildete Deutſche die Prediger ſeines Volkes meiſt auf engliſchen Pfaden findet, hält er sich von ihnen zurück. Es ist nur natürlich, daß ihm das von Fanatikern als Atheismus angerechnet wird. Wir Deutsche Atheisten! Ein Volk, das einen Luther, einen Schleiermacher, Klopstock, Lessing, Herder, Schiller und Göthe hervorgebracht hat, welch 50 lettere nach K. Rosenkranz feiner Bemerkung nicht blos die Religion, sondern auch das Christentum förderten und vertieften, sollte irreligiös sein! Es handelt sich hierbei um tiefere Dinge als dem oberflächlichen Verstande einzusehen vergönnt sind. Denn wenn wir auch wol verstehen, wie sich die jeßige Kirche zum Zwecke der Selbsterhaltung hinter die Bekenntnisse flüchten muß, weil sie glaubt, mit leiden- schaftlichen Beseelungsversuchen die abgestorbnen Formen wiederbeleben zu können, die einst das feste Knochengerüste ihres Organismus bildeten, so werden diese Experimente dem Gebildeten immer als eitel erscheinen. In allen Lagern, besonders auch in den denkenderen englischen Kreiſen, regt sich ein Geist, der sich in alte Formen nicht mehr zwängen läßt. Gar Vieles empfindet man als überflüssigen Ballaſt, worüber man sich vor Jahrhunderten in heiligem Eifer noch die Schädel zerschlug, und doch ist unsre Zeit so reich an Werken der Liebe und Barmherzig- feit wie kaum eine andere Periode der Geschichte. Es versteht sich von selbst, daß dies zu Gährungen der verschiedensten Art führt. Daß es aber bei einem Volke, dem nicht blos tiefe Gedankenbildung, ſondern, was hier die Hauptsache ist, das reiche, deutſche Ge- müthsleben fehlt, in solcher Bewegung zu den häß- lichsten Extremen kommen muß, ist nicht minder ein- leuchtend. Hier haben die Pfaffen des Glaubens 51 und Unglaubens dann leichtes Spiel und auch Spiel- raums genug bei unsrer großen Freiheit. Mit Sehn- ſucht blicken die Edleren nach einem Ausweg in dieſen Wirren und wo könnte sich dieser herrlicher zeigen als bei unſerm Volke, das mit dieſen Kämpfen und Zuckungen schon seit Jahrhunderten ringt, sie teil- weise überwunden hat und nur des letzten gewaltigen Genius vielleicht noch harrt, der dem ganzen Volfe den Weg weist, wie er den besten Geistern schon lang vor der Seele lag? Die Stellung zu den Angelegenheiten des Glaubens wird und muß immer subjektiv bleiben. Auch wenn es der Zukunft gelingen sollte wieder eine annähernd objektive Norm zu schaffen: der Protestantismus wird ewig leben. Es liegt auf der Hand, von welcher Bedeutung bei solchem Stand der Dinge die Jugend- bildung ist, welche die idealen Neigungen und Ge= sinnungen pflegen und pflanzen soll. Wir haben früher gesehen, wie es die deutsche Erziehung einzig hierauf abgeſehen hat. Ihnen brauche ich nicht zu versichern, daß dies die Abrichtung zu irgend einem Bekenntniß nicht bedeutet. Bedenken wir aber, daß die Bildung des Empfindungsvermögens, die Ent- wicklung des idealen Sinnes, richtig verstanden mit der eigentlichen Kernforderung der Religion zu- ſammentrifft, dann mag sich der einsichtige Vertreter der Kirche die also gebildete Jugend wol willkommen 52 Heißen. Und jenes allgemeine Ziel, nach welchem die Edleren sich lange sehnen, wie könnte es schöner erreicht werden, als auf unserm freien Boden und von unsern alſo Gebildeten? Ihnen lebte die Fähig= keit, den ewig wahren Inhalt jeder geschichtlichen Erscheinung zu erkennen, dem eignen Wesen einzu fügen und in schöne Tat umzusetzen. Ein Teil des Ewigen, erfaßten sie das Ewige in jeder Erscheinung, die Hülsen vermessnen Menschenwahnes blieben liegen und hellen Auges schauten sie dem glücklichen Tag der Zukunft entgegen. Doch das sind alles stille Ideen, die ich Ihnen lieber verschwiegen hätte, die dürre Verstandeskultur Deutschlands in der Gegenwart hat vielleicht gar kein Ohr für solche Dinge. Denn wie die Orthodoxen durch Einpauken der Bekenntnisse, so wähnen die "Freieren" durch den Vortrag moderner Kritik dem religiösen Leben in Schule und Volk aufzuhelfen. Vielleicht lehrt sie die Zeit noch, wie das Gemüt es allein vermag, hinter und über dem, was der Verſtand zerrissen hat, eine umfassende Weltanschauung zu er- bauen. Kehre ich aber zu unsrer Kirche zurück, so glaube ich, könnte dieselbe weit praktischer wirken, wollte sie ihrem alten Berufe, Kulturbringerin zu sein, treu bleiben. Wie viele Mittelpunkte deutscher Kultur und deutschen Lebens könnten so geschaffen werden. 53 Und während die deutsche Kirche sich jezt in klein- lichen Zwistigkeiten aufreibt oder nur ſtill ihre geiſt- lichen Zwecke verfolgt, wie könnte sie damit ihre Ziele ausweiten, ohne daß sie ihren Hauptberuf vergäße. Freilich müßte vor allem ihr Widerspruch gegen andre deutſche Bestrebungen fallen, denn auf dem Gebiete der Sprache muß Einigkeit herrschen, falls wirkliche Resultate erreicht werden sollen. Auch sie müßte das Streben fördern, zunächst einen Lehrer- ſtand zu bilden, der fähig wäre, deutsche Bildung und deutsches Leben zu fördern und zu pflanzen. Uor M # X. Fast ist's gefährlich, in unsrer geiſtesarmen Zeit vom Ideale zu sprechen : unſre geiſtigen Strolche, die am sogenannten Realismus ihr Mark vergeudet haben, lauern ihm auf und suchen es zu töten, weil es mit seinem Scheine ihre Armseligkeit bestrahlt. Sie jedoch, der Sie wissen, wie alles neue Leben des Geistes sich aus begeisterten Seelen erhoben hat, Sie werden die Bilder nicht verachten, die uns selige Stunden zu einstiger Verwirklichung geschenkt haben. Sie zürnen auch nicht, daß wir das Beste davon dem Marke des Vaterlandes entsogen. Sein Stamm iſt noch kräftig genug, gar manche Schößlinge zu nähren; und warum sollte uns eine dankbare Rückwirkung auf die Heimath für immer versagt sein? Doch arbeiten wir zunächst am eignen Auf- und Ausbau. Was nüßen uns alla herrlichen Bilder, was frommt es, „auf freiem Grund mit freiem Volk zu stehn," so lange wir nur träumen und nicht handeln? Es wird zunächst ein Kennzeichen für die Bildung und die Deutschheit unserer geistigen Führer sein, ob ſie dem neuen Leben zum Ausdruck und Durchbruch verhelfen. Jeder wahre Deutſche trägt es ja in irgend MU 55 einer Geſtalt ſchon in ſich; das geistige Gesindel aber, ſowie die nationslosen Zwittergestalten werden so wie ſo daran scheitern. Und während wir es der eigenſten Gesinnung des Einzelnen überlassen, das Neue zu ergreifen oder zu verwerfen, wird die eigentliche Arbeit der kleinen Schaar zufallen, die in ſich den Beruf fühlt, dás neue Ideal auszugestalten. Welches Glück, daß jedes Ideal auch die Flamme der Begeisterung zu zünden und nähren vermag, selbst dann, wenn, wie bei uns, die Verhältnisse sich zu verbünden scheinen, um alles geistige Streben niederzuhalten! Ja, um es deutlich auszusprechen wir erwarten den Auf- schwung unsres Geisteslebens zumeist auch von einer neuen eignen Literatur, welcher die Presse im an- gedeuteten Sinne vorzuarbeiten hat. Und gewiß, wir haben wol die Grundlage dafür, wie sie uns ein gestaltenreicher Weltstoff darbietet. Nur sei unserm Schaffen das jetzige Deutschland nicht Vorbild. Denn, Sie verzeihen wol das harte Urteil, Ihre Literatur ist von ihrem hohen Berufe abgefallen; es fällt schwer, an den schwächlichen Epigonen der Gegen- wart die Söhne Göthes und Schillers zu erkennen. Ihre Dichter eilen dem Volke nicht mehr voran, kaum folgen sie ihm mühsam nach. Ihre meisten Lyriker gleichen den Orgelleuten des Jahrmarktes, die ihre alten Melodien immer wieder ableiern oder aus ver- steckten pessimistischen Gedankenwinkeln uns um unser 56 Mitleid anjammern. Ihre gelesensten Novellisten führen uns in die Rumpelkammern der Geschichte oder quälen uns mit abgeschmackten Problemen der Psycho- logie, die sie möglichst exakt, den Resultaten der jüng- ſten Forschung gemäß, zu lösen suchen. Von Ihrem Drama endlich lassen Sie mich nicht reden, herrscht doch über seinen Zuſtand ſelbſt bei Ihnen ein trauer- volles Schweigen. Mag es nun auch dem aufstreben- den Dichter der Heimat schwer werden, sich dem Zauberbann überlieferter Stoffe zu entziehen, ſo iſt die Gefahr doch noch weit größer, die ihm eine fieber- hafte Originalitätssucht bereitet. Und nicht ist's jene Originalität, welche Hegel ein für allemal definirt hat, nach welcher er ſtrebt, es iſt die kindiſche Sucht nach dem Neuen, die ihn beherrscht. Was aber will alles dies bedeuten, als daß Ihrem Dichtergeschlecht der Geiſt entflohen ist, ohne welchen an keine wahre Schöpfung zu denken ist. Der Quell ewig mensch- lichen, gewaltigen Fühlens ist verſiecht und wen möchte das wundern, wenn tauſend Ursachen zu- ſammenwirken, ihn trocken zu legen ? Man ist nicht blos ſorgſam bedacht, sich ja bei keiner Empfindung ertappen zu laſſen, eine gewiſſe kritische Räuberbande sucht sie sogar förmlich auszurotten. Das matte Licht ſubjektiver Stimmung, welches die Dichter als Ersaß dafür über ihre Gestalten hauchen, vermag es nicht, ihnen wahres Leben zu verleihen. Ja dem Kenner- 57 auge werden die Larven dadurch noch unerträglicher, die eine kranke Reflexion geboren hat. Die deutsche Poesie ist fast ausschließlich Reflexionspoesie geworden, so sehr sie sich ihres Realismus auch brüsten mag. Nur die Reflexion kann auch eine krankhafte Sinnlich- keit erzeugen, wie sie sich in der Neuzeit blosstellt. Wo ist ein organisch stilvolles Schaffen, das nach Göthes Worten auf den Grundfesten der Erkenntniß ruht, wo jene keusche Kunst, welcher allein Unsterb- lichkeit verheißen ist ? Es wäre eitle Torheit, wollten wir uns am Anfang unsrer Entwicklung, vor wirklichen Leistungen, das zusprechen, was wir an den vaterländischen Schrift= ſtellern vermiſſen. Ein Andres jedoch ist es, die Fehler unsrer Vorgänger uns klar zu machen, ehe wir ans Werk schreiten. Nur des Stoffes, nur unsrer Welt dürfen wir uns beſcheiden und begeiſtert freuen. Von keinen Banden des Staates oder der Gesellschaft behindert, können sich die Anlagen unsrer Menſchen an der Welt entwickeln; Verstand und Leidenschaft, Klugheit und Tapferkeit mögen hier in allen Abstu- fungen erscheinen. Und Alles gehört dem Dichter, der mit fester Hand nur hineinzugreifen braucht in dies volle Lebeu, um es, in seinem Busen wiederge- boren, der Mitwelt herrlich und erhebend vorzuhalten. Warum aber sollte er uns fehlen, wenn erst in unsrer Jugend das deutsche Ideal lebendig zu werden be- 58 ginnt? Noch schlummert der lebenſchaffende Genius nicht, der so oft das deutsche Volk durchschritten hat. Und während wir des Mannes harren, auf dem er dreifach ruhen möge, darf ich Ihnen wol den Seufzer einer Seele mitteilen, der, ich weiß es, Tausenden meiner Volksgenossen gleich heiß schon entſtiegen iſt. Nahe dich, nahe dich, Genius, heiliger Geiſt ! Ach! in diesem Wüſtenland Lieg' ich allein hier mit tränendem Aug' Und sende heißquellende Seufzer zu Dir ! Warum, ach, warum verhüllst du dich ? Hat mir in treufrommer Brust Selig dein Bild nicht gejauchzt, Wenn am goldnen Frühlingsabend Auf glühenden Rosenwolken Du feurig geschwebt ? In heiligem Sternenglanz du gedämmert? Oder zur Sturmnacht Auf wütendem Meer du gebrütet? Ach! was kann ich allein! Mein Volk, dein Volk kennt dich nicht mehr! Kindischen Wilden gleich Jagen nach buntem Tand fie Und beten totes Gestein an. Aber nahen muß sich dein Tag. Schon ahn' ich dämmerndes Morgenrot ! Dann senkt Frühlingslicht golden Auf diese Gefilde sich nieder, Das bebende Herz ahnet dein Walten, Schaut dein Weben allüberall, 59 Lebet und schafft mit Dir! Und die besten der Brüder, Fern überm Meere, Kommen ſehnend gezogen Zum Lande ewiger Freiheit! Bleibe, weile, Begeisterung, heiliges Feuer! Nahe dich, nahe dich, Genius, heiliger Geist. DIN LIBRA Sep 16 1904 UNIVERSITY OF MICHIGAN 3 9015 02354 6255 THE UNIVERSITY OF MICHIGAN DATE DUE AUG 0 1 1992 ** 4 NO A 12 • • • ▼ . 3 KE ZALTID 59. * • SFOLIARY EN A LARG ! M7 GASINAN # ** 50 – 2 3 3 2 5 ** ད་ A · J*3 P ་་་ ནྟི E - *x 421 2 1 * ** 54 LRA * > ་ I° 0% བོ་་ 4 71 > ya W ON 183219ANA MURA W Z ZUNDREOP 8 à um de akehal et 7 CIK PICS E w2re P - in i ८ 105 1 JIKAN 24 Mar KOEWNO NA MÍN BAGIA こな ​201 2247 བ་་འ་ ** Tsi - โร ic. Za + A : * ༥ VASKHP J. 20 as dähenE GAGNIZ 2. 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