key: cord-1052018-y9z6jqpk authors: Klimek, Ludger; Novak, Natalija; Hamelmann, Eckard; Werfel, Thomas; Wagenmann, Martin; Taube, Christian; Bauer, Andrea; Merk, Hans F.; Rabe, Uta; Jung, Kirsten; Schlenter, Wolfgang W.; Ring, Johannes; Chaker, Adam M.; Wehrmann, Wolfgang; Becker, Sven; Mülleneisen, Norbert K.; Nemat, Katja; Czech, Wolfgang; Wrede, Holger; Brehler, Randolf; Fuchs, Thomas; Jakob, Thilo; Ankermann, Tobias; Schmidt, Sebastian M.; Gerstlauer, Michael; Vogelberg, Christian; Zuberbier, Torsten; Hartmann, Karin; Worm, Margitta title: Schwere allergische Reaktionen nach COVID-19-Impfung mit dem Impfstoff von Pfizer/BioNTech in Großbritannien und USA: Stellungnahme der deutschen allergologischen Gesellschaften AeDA (Ärzteverband Deutscher Allergologen), DGAKI (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie) und GPA (Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin) date: 2021-03-26 journal: Allergo J DOI: 10.1007/s15007-021-4762-4 sha: 5283ec9dbbe4ec62a34b081d497f196129aa29e7 doc_id: 1052018 cord_uid: y9z6jqpk Zwei Mitarbeiter des National Health Service (NHS) in England entwickelten nach der Verabreichung des BNT162b2-Impfstoffs von BionNTech gegen COVID-19 schwere allergische Reaktionen. Die britische Fachinformation für den BNT162b2-Impfstoff enthält bereits Hinweise auf eine Kontraindikation zur Anwendung bei Personen, die allergisch auf den Impfstoff oder einen seiner Bestandteile reagiert haben. Als Vorsichtsmaßnahme hat die englische Regulationsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) eine vorläufige Anleitung herausgegeben, "Patienten mit schweren Allergien" grundsätzlich nicht zu impfen. Allergische Reaktionen auf Impfstoffe sind sehr selten, aber Impfstoffkomponenten verursachen bekanntermaßen allergische Reaktionen. BNT162b2 ist ein Impfstoff, der auf einer in Lipidnanopartikel eingebetteten mRNA basiert und mit weiteren Substanzen angereichert wird, um den Transport in die Zellen zu ermöglichen. In der zentralen klinischen Phase-III-Studie wurde der BNT162b2-Impfstoff im Allgemeinen gut vertragen. Impfstoffe gelten als eine der wirksamsten Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Schwere allergische Reaktionen auf Impfstoffe sind selten, können jedoch lebensbedrohlich sein. Es ist ratsam, die Impfteams auf diese Gefahr aufmerksam zu machen und angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, während mehr Erfahrungen mit dem neuen Impfstoff gesammelt werden. . Dezember 2020 informierte die britische Arzneimittelbehörde Medicines and Healthcare products Regulatory Agency (MHRA) über schwere allergische Reaktionen bei zwei Mitarbeitern des englischen Gesundheitssystems National Health Service (NHS) nach der Verabreichung des Impfstoffs BNT162b2 gegen COVID-19. Bei beiden Patienten waren in der Vorgeschichte Anaphylaxien beschrieben, beide erholten sich rasch und, soweit derzeit bekannt ist, vollständig von diesen schweren allergischen Reaktionen. Da nicht klar ist, auf welche Komponente des Impfstoffs sie reagierten, wurde eine Untersuchung eingeleitet, um die beiden Vorfälle und ihre Ursachen vollständig zu verstehen. Die englische Fachinformation (SmPC) für den Impfstoff BNT162b2 beinhaltet auch bereits den Hinweis auf eine Kontraindikation für die Verwendung bei Personen, die eine allergische Reaktion auf den Impfstoff oder einen der Bestandteile des Impfstoffs gezeigt haben [1] . Als Vorsichtsmaßnahme hat die MHRA eine vorläufige Anweisung an den NHS herausgegeben, grundsätzlich bei "Patienten mit schweren Allergien" nicht zu impfen. Es ist anzunehmen, dass die nun erfolgte Beschränkung der Indikationsstellung durch die MHRA dazu führen wird, dass deutlich weniger Patienten den Impfstoff erhalten können. Weitere Meldungen unerwünschter Wirkungen sind durch die am 11. Dezember 2020 erteilte Notfallzulassung (EUA) für BNT162b2 der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zu erwarten, da nun wohl rasch sehr große Impfzahlen erreicht werden. Allergische Reaktionen auf Impfstoffe sind sehr selten und treten bei 0,2-1,3 pro einer Millionen Impfdosen auf [2, 3, 4, 5, 6] . Impfstoffbestandteile, von denen bekannt ist, dass sie allergische Reaktionen hervorrufen können, Zwei Mitarbeiter des National Health Service (NHS) in England entwickelten nach der Verabreichung des BNT162b2-Impfstoffs von BionNTech gegen COVID-19 schwere allergische Reaktionen. Die britische Fachinformation für den BNT162b2-Impfstoff enthält bereits Hinweise auf eine Kontraindikation zur Anwendung bei Personen, die allergisch auf den Impfstoff oder einen seiner Bestandteile reagiert haben. Als Vorsichtsmaßnahme hat die englische Regulationsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) eine vorläufige Anleitung herausgegeben, "Patienten mit schweren All ergien" grundsätzlich nicht zu impfen. Allergische Reaktionen auf Impfstoffe sind sehr selten, aber Impfstoffkomponenten verursachen bekanntermaßen allergische Reaktionen. BNT162b2 ist ein Impfstoff, der auf einer in Lipidnanopartikel eingebetteten mRNA basiert und mit weiteren Substanzen angereichert wird, um den Transport in die Zellen zu ermöglichen. In der zentralen klinischen Phase-III-Studie wurde der BNT162b2-Impfstoff im Allgemeinen gut vertragen. Impfstoffe gelten als eine der wirksamsten Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Schwere allergische Reak-tionen auf Impfstoffe sind selten, können jedoch lebensbedrohlich sein. Es ist ratsam, die Impfteams auf diese Gefahr aufmerksam zu machen und angemessene Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, während mehr Erfahrungen mit dem neuen Impfstoff gesammelt werden. BNT162b2 ist in Großbritannien für die aktive Immunisierung zur Vorbeugung der durch das SARS-CoV-2-Virus verursachten COVID-19-Erkrankung bei Personen ab 16 Jahren "vorübergehend lizenziert" [7] . Der Impfstoff wird intramuskulär in zwei Dosen von je 0,3 ml im Abstand von 21 Tagen verabreicht. Der aufgetaute COVID-19-mRNA-Impfstoff BNT162b2 muss in seiner ursprünglichen Ampulle (0,45 ml) mit 1,8 ml nicht konservierter 0,9%iger Natriumchloridlösung zur Injektion verdünnt werden, bevor eine 0,3-ml-Dosis entnommen wird [7, 8] . Die aufgeführten Hilfsstoffe in BNT162b2 sind ALC-0315 ([4-Hydroxybutyl]azandiyl)bis(hexan -6,1-diyl)bis(2-hexyl decanoate), ALC-0159 (2-([Poly ethylenglykol]-2000)-N,N-ditetradecylacetamid), 1,2-Distearoyl-sn-glycero-3-Phosphocholin, Cholesterin, Kaliumchlorid, Kaliumdihydrogenphosphat, Natriumchlorid, Dinatriumhydrogenphosphat-Dihydrat, Saccharose und Wasser für Injek tionszwecke [7, 8] . Eine Durchstechflasche (0,45 ml) enthält fünf Dosen á 30 µg hochgereinigter, einzelsträngiger, 5'-gekappter mRNA (BNT162b2-RNA), die durch zellfreie In-vitro-Transkription an einer geeigneten DNA-Vorlage hergestellt wird und für das virale Spike(S)-Protein von SARS-CoV-2 kodiert [7, 8] . Diese mRNA ist in Lipid-Nanopartikel eingebettet. mRNA wird schnell durch Ribonukleasen abgebaut, leicht von mononukleären Phagozyten aufgenommen und kann aufgrund ihrer negativen elektrischen Ladung und ihres hohen Molekulargewichts Zellmembranen nur schlecht durchdringen. Daher benötigt mRNA für den Einsatz als Impfstoff eine schützende Hülle. Im BioNTech-Impfstoff werden hierfür lipidbasierte Nanopartikel (LNP) als nicht virale Vektoren verwendet, die kationische Lipide enthalten, die die polyanionische mRNA mit ihren tertiären oder quaternären Aminen umhüllen, ergänzt durch zwitterionische Lipide, die Phospholipide der Zellmembran nachahmen, sowie Cholesterin, das die Lipid-Doppelschicht des Nanopartikels stabilisiert. Schließlich ermöglichen Polyethylenglykol(PEG)-modifizierte Lipide den Aufbau einer Hydrathülle und erhöhen so die Löslichkeit der LNPs. PEG oder Makrogol ist eine Polyetherverbindung, die häufig als Zusatzstoff in Kosmetika, Pharmazeutika und auch in Lebensmitteln verwendet wird [9] . PEG gibt es in Molekulargewichtstypen von 200 g/ mol bis 10.000.000 g/mol und es wird über allergische Reaktionen nach seiner Verwendung in einer Vielzahl von Medikamenten und kosmetischen Produkten berichtet [10, 11] . Es besteht möglicherweise eine gewisse Kreuzreaktivität zu Polysorbat 80 aufgrund gemeinsamer chemischer Motive [12, 13] . Allergische Reaktionen auf PEG werden wahrscheinlich zu selten diagnostiziert, so dass PEG auch als "verstecktes" Allergen gilt [11] . Schwere allergische Reaktionen sind bei der diagnostischen Hauttestung beschrieben worden, daher sollte diese nur in allergologisch spezialisierten Zentren nach publizierten Standardschemata erfolgen. In der zulassungsrelevanten klinischen Phase-III-Studie wurde der Impfstoff BNT162b2 im Allgemeinen gut vertragen [8] . Insgesamt wurden 43.548 Teilnehmer randomisiert, von denen 43.448 eine Injektion erhielten, 21.720 mit BNT162b2 und 21.728 mit Placebo, 18.556 erhielten eine zweite Dosis von BNT162b2 [8] . Die häufigsten unerwünschten Reaktionen waren Lokalreaktionen an der Injektionsstelle (84,7 %), Müdigkeit (62,8 %), Kopfschmerzen (55,1 %), Muskelschmerzen (38,3 %), Schüttelfrost (31,9 %), Gelenkschmerzen (23,6 %) und Fieber (14,2 %) [7, 8] . Die meisten Reaktionen waren leicht bis mittelschwer. Schwere Nebenwirkungen traten in bis zu 4,6 % auf und waren nach der zweiten Dosis häufiger und bei Erwachsenen > 55 Jahren seltener. Lymphadenopathie wurde in 0,3 % berichtet. Systemische Nebenwirkungen waren in der Regel von leichter oder mittlerer Schwere, traten im Allgemeinen am Tag nach der Impfung auf und hielten ein bis zwei Tage danach an [7, 8] . Das Auftreten allergischer Reaktion wurde in ähnlicher Anzahl sowohl in der Impfstoff-Verum-als auch in der Placebogruppe berichtet (0,63 % vs. 0,51 %) [7, 8] . Diese große klinische Studie, die zur Unterstützung der Impfstoffzulassung durch die MHRA und die FDA verwendet wurde, schloss jedoch Personen mit einer "Vorgeschichte einer schweren unerwünschten Reaktion im Zusammenhang mit dem Impfstoff und/oder einer schweren allergischen Reaktion (z. B. Anaphylaxie) auf eine Komponente der Studienmedikation" aus [7, 8] . In der hierauf basierenden britischen Packungsbeilage wurde darauf hingewiesen, dass der Impfstoff nicht an Personen verabreicht werden sollte, die auf den Wirkstoff oder einen der anderen aufgeführten Inhaltsstoffe all-ergisch sind. In dieser Hinsicht entspricht die Patienteninformation den Ausschlusskriterien der klinischen Studie. Impfstoffe sind als eine der effektivsten Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheitsvorsorge anerkannt. "Impfprogramme verfolgen als Hauptziel den Schutz der geimpften Person, zielen aber in vielen Fällen auch auf den Schutz nicht geimpfter Personen. Angestrebt wird das Erreichen einer Herdenimmunität, das heißt eine Resistenz gegen die Verbreitung einer ansteckenden Krankheit in einer Population, die sich dann ergibt, wenn ein ausreichend hoher Anteil von Personen gegen diese Krankheit immun ist, insbesondere durch Impfung. [14] . Die Entwicklung einer solchen Herdenimmunität erfordert jedoch Impfquoten von > 60 % der Gesamtbevölkerung [14] . Um eine wirksame Immunisierung von > 95 % mit BNT162b2 zu erreichen, ist allerdings eine zweite Impfung ("booster") notwendig. Diese wiederholte Gabe eines Fremdproteins (Antigens) macht eine sorgfältige allergologische Anamnese vor jeder Applikation und gegebenenfalls diagnostische Abklärung sowie Nutzen-Risiko-Abwägung vor jeder Injektion notwendig. Vor Schwere allergische Reaktionen auf Impfstoffe sind sehr selten und es ist ratsam, das Bewusstsein für diese Gefahr bei den Impfteams zu schärfen und adäquate Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, während mehr Erfahrungen mit diesem neuen Impfstoff g esammelt werden. Patienten mit schweren allergischen Reaktionen in der Vorgeschichte können gegebenenfalls durch Ärzte mit Erfahrung in der Behandlung anaphylaktischer Reaktionen geimpft werden, insofern die in UK laufenden Ermittlungen diese Empfehlung zulassen. PEG wird aktuell als dasjenige Agens angesehen, das die schweren allergischen Reaktionen bei den zwei betroffenen Patienten in UK am wahrscheinlichsten ausgelöst hat, auch hierzu sind die weiteren Untersuchungen jedoch abzuwarten. Sollte sich dies bestätigen, wäre es nur notwendig Patienten mit bekannten allergischen Reaktionen auf PEG, PEG-Analoga und andere Zusatzstoffe von der Impfung mit BNT162b2 auszuschließen, nicht aber alle Patienten mit schweren allergischen Reaktionen in der Vorgeschichte, was den Kreis der potenziell impfbaren Personen deutlich erweitern würde. Für BNT162b2 wird die Sicherheitsüberwachung für zwei Jahre nach Verabreichung der zweiten Impfstoffdosis innerhalb der Studie fortgesetzt [8] . Patient Group Direction for COVID-19 mRNA vaccine BNT162b2 (Pfizer/BioNTech) -NATIONAL COVID-19 VACCINATION PROGRAMME Vaccine allergy International Consensus (ICON): allergic reactions to vaccines Vaccine-associated hypersensitivity Vaccination and allergy: EAACI position paper, practical aspects Allergic reactions to vaccines Safety and Efficacy of the BNT162b2 mRNA Covid-19 Vaccine Macrogol hypersensitivity reactions during cleansing preparation for colon endoscopy Immediate-type hypersensitivity to polyethylene glycols: a review Polyethylene glycol as a cause of anaphylaxis Immediate Hypersensitivity to Polyethylene Glycols and Polysorbates: More Common Than We Have Recognized Anti-PEG IgE in anaphylaxis associated with polyethylene glycol Dissecting the indirect effects caused by vaccines into the basic elements Guideline (S2k) on acute therapy and management of anaphylaxis: 2021 update. S2k-Guideline of the German Society for Allergology and Clinical Immunology (DGAKI), the Medical Association of German Allergologists (AeDA), the Society of Pediatric Allergology German Professional Association of Pediatricians (BVKJ), the Society for Neonatology and Pediatric Intensive Care (GNPI), the German Society of Dermatology (DDG), the Austrian Society for Allergology and Immunology (ÖGAI), the Swiss Society for Allergy and Immunology (SGAI), the German Society of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine (DGAI), the German Society of Pharmacology (DGP), the German Respiratory Society (DGP), the patient organization German Allergy and Asthma Association (DAAB), the German Working Group of Anaphylaxis Training and Education