key: cord-1049544-tj6au1o6 authors: Loske, G.; Hornoff, S.; Mende, M.; Müller, C.; Faiss, S. title: Postoperative Leckagen im Gastrointestinaltrakt – Diagnostik und Therapie date: 2022-01-10 journal: Gastroenterologe DOI: 10.1007/s11377-021-00584-6 sha: be220d6d58208ef908b75ee739ad604d32fbf22a doc_id: 1049544 cord_uid: tj6au1o6 Postoperative leaks following esophageal, gastric, colonic or rectal resection represent a life-threatening complication that is associated with high morbidity and mortality. Leaks are generally diagnosed with a combination of the following: recognition of clinical deterioration, laboratory results, endoscopic and radiological imaging. In case of intraperitoneal leaks, surgery is mandatory. In case of mediastinal or retroperitoneal anastomotic insufficiencies, treatment mainly comprises interventional endoscopic procedures in an interdisciplinary approach. For endoscopic therapy, there are mainly two different methods described: closure of the defect with fully covered self-expandable stents with external drainage and closure of the defect with simultaneously internal drainage by endoscopic vacuum therapy. Postoperative Leckagen nach Ösophagus-, Magen-oder Kolon-bzw. Rektumchirurgie stellen schwerwiegende chirurgische Komplikationen mit einer hohen Morbidität und Mortalität dar. Leckagen werden zumeist durch eine Kombination aus klinischer Beobachtung, Infektionsparametern sowie endoskopischen und schnittbildgebenden Verfahren diagnostiziert. Die Therapie ist bei intraperitonealen Leckagen chirurgisch, bei retroperitonealen bzw. mediastinalen Leckagen in einem interdisziplinären Setting überwiegend interventionell endoskopisch. Hier stehen der Defektverschluss durch die Abdichtung mittels selbstexpandierender gecoverter Stents mit gleichzeitiger externer extraluminaler Drainage sowie der Defektverschluss mit simultaner innerer Drainage und endoskopischer Unterdrucktherapie als vorrangige Methoden zur Verfügung. Anastomoseninsuffizienz · Endoskopie · Stents · Unterdrucktherapie · Drainage Lernziele Nach Lektüre dieses Beitrags ... können Sie die Diagnostik postoperativer Leckagen im Gastrointestinal(GI)-Trakt zuverlässig anwenden; können Sie die unterschiedlichen diagnostischen Verfahren in ihrer Wertigkeit entsprechend einordnen; kennen Sie die unterschiedlichen Verfahren zur Therapie postoperativer Leckagen im GI-Trakt; kennen Sie die Vor-und Nachteile dieser unterschiedlichen Verfahren; können Sie diese Verfahren entsprechend den unterschiedlichen Leckagetypen einordnen und differenziert einsetzen. Anastomoseninsuffizienzen (AI) des GI-Trakts stellen schwerwiegendste chirurgische Komplikationen dar, die zu einer deutlich erhöhten Morbidität und Mortalität des Eingriffs führen. Verschiedene interventionell-endoskopische Verfahren zur Therapie der AI stehen zur Verfügung. Es wird im Folgenden im Wesentlichen auf postoperative Leckagen (PL) nach Ösophagus-, Magenund Rektumchirurgie eingegangen. Je nach regionaler Lokalisation der betroffenen Naht sind die Auswirkungen einer PL unterschiedlich. Postoperative leaks following esophageal, gastric, colonic or rectal resection represent a life-threatening complication that is associated with high morbidity and mortality. Leaks are generally diagnosed with a combination of the following: recognition of clinical deterioration, laboratory results, endoscopic and radiological imaging. In case of intraperitoneal leaks, surgery is mandatory. In case of mediastinal or retroperitoneal anastomotic insufficiencies, treatment mainly comprises interventional endoscopic procedures in an interdisciplinary approach. For endoscopic therapy, there are mainly two different methods described: closure of the defect with fully covered self-expandable stents with external drainage and closure of the defect with simultaneously internal drainage by endoscopic vacuum therapy. Anastomotic insufficiency · Endoscopy · Stents · Negative pressure therapy · Drainage Jahren einem klaren Paradigmenwechsel hin zur Endoskopie gewichen. In den meisten Fällen kann eine PL direkt detektiert werden. Die Endoskopie lässt sich sowohl in den Endoskopieräumen also auch im Operationssaal, auf der Intensivstation und mobil "bedside" durchführen. Sie kann mit einer Röntenkontrastuntersuchung kombiniert werden. Zum Einsatz kommen bevorzugt diagnostische und kleinkalibrige Endoskope. Aufgrund der rascheren Resorption, geringeren Ballonierung und des potenziellen Risikos der Luftembolie ist CO2 als Untersuchungsgas zu bevorzugen [4] . Beim Nachweis einer PL spielt die Endoskopie für die weitere Therapieplanung die entscheidende Rolle (siehe im Folgenden). Die Defektgröße, eine extraluminale Infekthöhle, die Durchblutungssituation bzw. eine Ischämie und die daraus folgende Nekrose lassen sich bildlich exakt darstellen. Anhand der erhobenen Befunde ist zu entscheiden, welches Therapieverfahren angewendet werden soll. Eine endoskopische Therapiemaßnahme kann sich in derselben Untersuchung unmittelbar ohne weiteren Zeitverlust anschließen. Nur endoskopisch kann beurteilt werden, ob eine lokale Wundheilungsstörung der Anastomose vorliegt, die im weiteren Verlauf in einer PL enden kann. Sichtbares freiliegendes Naht-und Klammermaterial, breite Ulzerationen und Durchblutungsstörungen sind wichtige Indikatoren einer Risikoanastomose (At-risk-Anastomosen, ARA; [5, 6] ). Bei Anastomosen mit diesen Risikokriterien empfehlen sich engmaschige Kontrolluntersuchungen bzw. die unmittelbare Einleitung einer präemptiven intraluminalen endoskopischen Unterdrucktherapie (EUT; [7, 8] Sie kann mit der Endoskopie kombiniert werden. Im Unterschied zur Endoskopie wird die PL aber erst bei einem manifesten transmuralen Defekt diagnostiziert. Aussagen zur Durchblutungssituation oder zum Vorliegen einer kritischen Anastomosensituation (ARA) können nicht getroffen werden [9] . Das bedeutet, dass die Röntgendarstellung eine noch intakte Anastomose zeigen kann, während endoskopisch bereits eine ARA vorliegt. Im Vergleich zu Schnittbildverfahren zeigt die indirekte Röntgenkontrastdarstellung nicht die Umgebung und das ganze Ausmaß der Leckage [10] . Die schnittbildgebende Computertomographie (CT) ermöglicht die unverzügliche Untersuchung der Anastomosenregion mit gleichzeitiger Abbildung der extraluminalen Umgebung. Sie detektiert nicht nur die PL selber, sondern auch das periluminale Ausmaß der Leckage (z. B. Größe eines Abszesses) und die umgebenden Begleiterscheinungen (z. B. Mediastinitis, freie Luft, Flüssigkeitsverhalte; [1] ). Es wird die Durchführung mit intravenösem und intraluminalem Kontrastmittel empfohlen. DieCT istder konventionellenRöntgenkontrastdarstellungüberlegen, aber auch hier ist zu beachten, dass erst beim Vorliegen eines manifesten transmuralen Defekts dieser eindeutig gesichert werden kann. Extraluminale Gaseinschlüsse sind hochverdächtig auf das Vorliegen einer PL und müssen zügig durch eine Endoskopie überprüft werden. Die CT hat noch eine besondere Bedeutung im Laufe einer eingeleiteten endoskopischen Therapiemaßnahme. Nicht ausreichend drainierte Flüssigkeitsverhalte können detektiert werden und einer interventionellen Drainage zugeführt werden. Leckagen werden zumeist durch eine Kombination aus klinischer Beobachtung, Infektionsparametern, endoskopischer und schnittbildgebender Verfahren diagnostiziert. Bei einem klinischen Verdacht sollten eine CT zur Bestätigung und eine endoskopische Darstellung der Anastomose erfolgen. Bei frühen Formen einer Insuffizienz kann eine CT noch einen normalen Befund ergeben, eine Endoskopie jedoch schon den Anastomosendefekt oder eine Wundheilungsstörung im Sinne einer ARA direkt visualisieren [10, 11] . Sämtliche Therapiekonzepte beim Vorliegen einer PL haben die Beseitigung bzw. Verhinderung der Komplikationsfolgen zum Ziel. Zu beachten ist, dass 2 wesentliche chirurgische Grundprinzipien eine unverändert hohe Bedeutung haben: der Defektverschluss und die Sekretableitung. Die Behandlungen sind schwierig und erfordern häufig eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ausschöpfung aller intensivmedizinischen Ressourcen. Die Endoskopie liefert die wichtigsten Informationen zur Therapieplanung der PL. Im Idealfall kann sofort nach der diagnostischen Untersuchung die endoskopische Therapie eingeleitet werden. Anhand der erhobenen Befunde ist zu entscheiden, ob und welche endoskopische Behandlung erfolgen kann oder ob eine operative Revision erfolgen muss. Der Einsatz von SCS ist eines der häufigsten angewandten endoskopischen Verfahren zur Therapie einer postoperativen Leckage im oberen GI-Trakt [12] . Diese Möglichkeit der Defektabdichtung mit obligater Lokaldrainage des extraluminalen Fokus durch eine externe Drainage ist ein schon lange etabliertes Konzept. Die notwendigen operativ oder interventionell eingebrachten Drainagen dienen der extraluminalen Sekretableitung, um die Entstehung einer extraluminalen Abszedierung oder Phlegmone zu verhindern. Die SCS kommen bei postoperativen Drainagen im oberen GI-Trakt sowohl nach resezierenden onkologischen Eingriffen (Ösophagusresektionen, Gastrektomie) als auch bariatrischen Operationen zum Einsatz. Die klinische Erfolgsrate wird von 70 bis zu 90 % angegeben (Abb. 1; [13] [18, 19] ) und Rektum [20] vor. Erfolgreiche Anwendungen erfolgten auch im Duodenum [21] und nach bariatrischer Chirurgie [22, 23] . Auch für den Einsatz der EUT im Vergleich zur Stentbehandlung bei Defekten nach bariatrischer Chirurgie liegen erste Daten vor, die einen Vorteil für die EUT zeigen [23] . Randomisierte prospektive Studien fehlen. Die SCS sind seit Jahren ausgereifte zugelassene Medizinprodukte, während für die EUT derzeit nur 2 zugelassene Drainagen erhältlich sind. Neue Typen von Unterdruckdrainagen zeigen, dass die technische Entwicklung für die EUT noch nicht abgeschlossen ist. Um ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen, muss der Anwender bei der EUT die geeigneten Materialien kreativ adaptieren. Speziell für die EUT entwickelte und zugelassene Unterdruckpumpen sind nicht verfügbar. Hieraus resultiert, dass in vielen Fällen der EUT-Anwendung formal keine Medizinproduktsicherheit gegeben ist. Umso erstaunlicher ist es, dass die EUT im Komplikationsmanagement in wenigen Jahren diesen hohen Stellenwert erreicht hat. Gemeinsam mit den Partnern der Industrie muss nach Lösungen gesucht werden, damit zugelassene Medizinprodukte den Anwendern zur Verfügung stehen [26] . "Stent-over-sponge" und Vakuumstent Zwei unterschiedliche Methoden versuchen beide Verfahren vorteilhaft miteinander zu verbinden. Bei der Stent-over-sponge(SOS)-Methode wird der Defekt zusätzlich zu einer intrakavitären Unterdruckdrainage mit einem gecoverten Stent überdeckt. Hierdurch soll eine bessere Abdichtung des Kompartiments, das unter den Unterdruck gesetzt wird, erreicht werden [27] . Des Weiteren liegt bereits als ein zugelassenes Medizinprodukt ein selbstexpandierender kurzer Stent vor, dessen Außenwand mit einem offenporigen Schaum ummantelt ist und mit einem Drainageschlauch unter einen Unterdruck gesetzt werden kann. Durch diese Anordnung soll eine intraluminale Unterdrucktherapie mit Abdichtung des Defekts bei gleichzeitig erhaltener Passage gewährleistet werden. Erste Erfahrungen zur Anwendung liegen vor [28] . Auch wenn der Fokus des Beitrags auf die Diagnostik und Therapie von bestehenden PL steht, soll darüber hinaus auf eine zusätzliche Indikation der EUT hingewiesen werden. Erste Studien zeigen, dass eine präemptive intraluminale EUT bei der abdominothorakalen Ösophagusresektion einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung einer AI leisten kann. Im Jahr 2017 haben Neumann et al. in einer kleinen Fallserie die präemptive Indikationsstellung bei Ösophagusresektion vorgestellt, nachdem schon zuvor in Einzelfällen hiervon berichtet wurde [7] . In frühen postoperativen Kontrollendoskopien bei 8 Patienten ihrer Fallserie fanden sie umschriebene Ischämien der Anastomosenregion. Die für eine PL als gefährdet eingeschätzte Nahtregion wurde vorbeugend mit intraluminalen Polyurethanschaumdrainagen überdeckt und die intraluminale EUT eingeleitet. Bei allen Patienten kam es zur Abheilung der Anastomose. Eine noch weitergehende Indikation zur präemptiven Therapie bei abdominothorakaler Ösophagusresektion wurde im Jahr 2021 von 2 Arbeitsgruppen vorgelegt, die mit der präemptiven Therapie bereits intraoperativ nach Fertigung der Anastomose beginnen. Müller et al. berichten über die Erfahrung mit mittlerweile 67 Patienten [5] , bei denen eine intraluminale EUT mit einer Polyurethanschaumdrainage in Höhe der Anastomose unmittelbar nach Fertigung der Nahtverbindung für eine Dauer von 4-6 Tagen durchgeführt wurde. Bei 73 % der Patienten war die Anastomosenheilung unkompliziert, bei 27 % wurde die EUT bei Heilungsstörungen an der Anastomose fortgeführt. Loske et al. berichten über eine erste Patientenserie mit 24 Patienten mit Ivor-Lewis Resektionen, bei denen präemptiv, intraoperativ beginnend, eine intraluminale Unterdrucktherapie eingeleitet wurde. Sie nutzen eine dünne doppellumige offenporige Foliendrainage (OFD), die transnasal eingeführt und im Magen platziert wird. Nach Anlegen eines permanenten Unterdrucks wird der Magen dauerhaft leergesaugt. Ziel ist es, in der ersten vulnerablen Phase der Wundheilung die Anastomosenregion frei von den Verdauungssäften des Refluxes zu halten [6] . Earlydetectionofcomplications: anastomotic leakage Current treatment and outcome of esophageal perforati onsin adults:systematic review and meta-analysisof 75 studies Endoskopische Vakuumtherapie von Perforationen und Anastomoseninsuffizienzen des Ösophagus Complicationsandmanagement of complications in oesophagealsurgery Preemptive endoluminal vacuum therapy to reduce morbidity after minimally invasive Ivor lewis esophagectomy: including a novel grading system for postoperative endoscopic assessment of GI-anastomoses Pre-emptive active drainage of reflux (PARD) in ivor-lewis oesophagectomy with negative pressure and simultaneous enteral nutrition using a double-lumen open-pore film drain (dOFD) Pre-emptive endoscopic vacuum therapy for treatment of anastomotic ischemia after esophageal resections Prevention of reflux after esophagectomy with endoscopic negative pressure therapy using a new double-lumen openpore film drainage with an intestinal feeding tube Endoscopic intraluminal vacuum therapy of complete esophageal-jejunal anastomotic rupture: a case report Computed tomography versus water-soluble contrast swallow in the detection of intrathoracic anastomotic leak complicating esophagogastrectomy (Ivor Lewis): a prospective study in 97 patients The clinical suspicion of a leaking intrathoracic esophagogastric anastomosis: the role of CT imaging Endoluminal therapies for esophageal perforations and leaks Outcome of self-expanding metal stents in the treatment of anastomotic leaks after Ivor lewis esophagectomy Utilization of a novel dedicated stent fixation clip device ("stentfix OTSC") for an umbrella-type cardia stent Endoscopic vacuum sponge therapy for esophageal defects Intraluminal and intracavitary vacuum therapy for esophageal leakage: a new endoscopic minimally invasive approach Open-pore film drainage (OFD): a new multipurpose tool for endoscopic negative pressure therapy (ENPT) Endoscopic vacuum therapy foranastomoticleakinesophagectomyandtotalgastrectomy: asystematicreview and meta-analysis Endoscopic vacuum therapy for various defects of the upper gastrointestinal tract Endoscopic vacuum therapy for in-and outpatient treatment of colorectal defects Endoscopic negative pressure therapy (ENPT) for duodenal leakage-novel repair technique using open-pore film (OFD) and polyurethane-foam drainages (OPD) Endoscopic vacuum therapy (EVT) for early infradiaphragmal leakage after bariatric surgery-outcomes of six consecutive cases in a single institution Endoscopic negative pressure therapy (ENPT) is superior to stent therapy for staple line leak after sleeve gastrectomy: a singlecentercohortstudy Comparison of endoscopic vacuum therapy versus endoscopic stenting for esophageal leaks: systematic review and meta-analysis Endoscopic vacuum therapy versus endoscopic stenting for upper gastrointestinal transmural defects: systematic review and meta-analysis Tipps und Tricks in der endoskopischen Unterdrucktherapie Stent-over-sponge (SOS): a novel technique complementing endosponge therapy for foregut leaks and perforations VACStent: combining the benefits of endoscopic vacuum therapy and covered stents for upper gastrointestinal tract leakage Zu den Kursen dieser Zeitschrift: Scannen Sie den QR-Code oder gehen Sie auf www