key: cord-1037109-eva1fj0e authors: Gerstacker, K.; Speck, I.; Riemann, S.; Aschendorff, A.; Knopf, A.; Arndt, S. title: Ertaubung nach COVID-19? date: 2021-04-09 journal: HNO DOI: 10.1007/s00106-021-01040-1 sha: f0f96fa80028366aa72a27c86975e2a3d2b18abf doc_id: 1037109 cord_uid: eva1fj0e This article presents a case of sudden bilateral deafness in the context of a severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV2) infection and resultant coronavirus disease 2019 (COVID-19). After treatment in the intensive care unit for acute respiratory distress syndrome and acute kidney failure, hearing ability had drastically changed. While hearing had been subjectively normal before the infection, deafness was now measured on the left and profound hearing loss on the right ear. The patient was treated with cochlea implants on the left and a hearing aid in the right ear. The hearing loss is most likely a complication of COVID-19. Ein 38-jähriger Mann zeigte im Rahmen einerErkrankung mitCOVID-19 Anfang April 2020 zunächst Symptome eines respiratorischen Infekts mit subjektiv eingeschränktem Riechvermögen. Im weiteren Verlauf trat eine progrediente Dyspnoe auf. Bereits 6 Tage nach Erstsymptomen erfolgte alio loco bei akutem Lungenversagen die maschinelle Beatmung sowie die Implementation einer venovenösen extrakorporalen Membranoxygenierung und nach 5 Tagen die Verlegung in das Universitätsklinikum der Autoren. Bei dringendem Verdacht auf Septikämie durch bakterielle Superinfektion wurde zunächst eine Antibiotikainfusionstherapie mittels Amoxicillin eingeleitet und dann auf Meropenem gewechselt. Darüber hinaus war eine Dialyse aufgrund eines akuten Nierenversagens notwendig. Nach weiteren 6 Wochen Intensivtherapie und prolongiertem Erwachen gab der Patienteine Hörminderungrechts,Surdi- Die im Dezember 2019 erstmalig beschriebene Erkrankung COVID-19 wird durch die Infektion mit "severe acute respiratory syndrome coronavirus 2" (SARS-CoV2) hervorgerufen. Noch sind die Langzeitschäden sowie der Einfluss von COVID-19 auf die Sinnesorgane im HNO-Bereich wenig erforscht [3] . Otorhinolaryngologische Symptome wie beispielsweise Halsschmerzen und Dyspnoe können auf COVID-19 hinweisen [2] . Gleichzeitig treten gehäuft Riechstörungen bei SARS-CoV2-infizierten Patienten auf. Bocksberger et al. beschrieben, dass die Riechstörung überwiegend nicht mit Rhinitissymptomen assoziiert ist, was auf eine neurogene Ursache hinweist [4] . InBezugaufdenEinflussvonCOVID-19 auf das Hör-und Gleichgewichtsorgan besteht noch wenig Wissen. Mustafa berichtet bezüglich des Hörvermögens von COVID-19-Patienten über eine signifikant verschlechterte Hochtonhörschwelle sowie erniedrigte OAE-Amplituden im Vergleich zu nichtinfizierten Probanden [9] . Als ätiologischer Faktor des ausgeprägten, irreversiblen Hörverlusts des zuvor regelrecht hörenden 38-jährigen Patienten ist eine SARS-CoV2-assoziierte Folge bei COVID-19 zu diskutieren. Verschiedene Hypothesen für den Pathomechanismus einer Hörminderung im Rahmen von COVID-19 werden im Folgenden diskutiert. Neben einer systemischen Infektion im Rahmen einer Septikämie kann eine lokale Infektion wie eine Labyrinthitis zu einer Innenohrschädigung des Patienten geführt haben. Influenzaviren können eine Infektion der Perilymphräume verursachen, demnach könnte auch eine SARS-CoV2-Infektion durch direkte intralabyrinthäre Virusmanifestation eine Hörminderung und Affektion des Vestibularorgans bewirken. Vermutet wird, dass die Blut-Labyrinth-Schranke zum Höhepunkt der Infektion zerstört ist. Der Antigen-Antikörper-Komplex oder die Immunreaktion auf die Virusinfektion kann einen sensorischen Hörverlust in der Periode des Abklingens der akuten Erkrankung verursachen, welcher innerhalb von 3 oder 4 Wochen auftritt [10] . Außerdem kann die Labyrinthitis zu einer Fibrosierung und Verknöcherung der Cochlea führen, was das Einsetzen eines CI-Elektrodenträgers erschweren oder sogar verhindern kann. Daher ist eine zeitnahe Implantation vor dem Einsetzen der Obliteration angeraten [8] . Für das Vorliegen einer Labyrinthitis sprechen bei dem beschriebenen Patienten der Drehschwindel und die Untererregbarkeit des linken Vestibularorgans. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde bei dem Patienten intraoperativ Innenohrflüssigkeit zur virologischen Untersuchung gewonnen; es konnte keine Virus-RNA nachgewiesen werden. Zeitgleich zeigte sich ein hoch positiver IgG-Wert (8,4 g/l positiv) gegen SARS-CoV2 im Patientenserum; der Patient hatte demnach bereits Antikörper gebildet, was erklären könnte, dass in der Innenohrflüssigkeit zum Zeitpunkt der Operation keine Virus-RNA nachgewiesen werden konnte. Eine weitere Erklärung des Pathomechanismus könnte das thromboembolische Potenzial des Virus sein. Al-Ani et al. beschrieben bei COVID-19-Patienten mit schweren respiratorischen Verläufen erhöhte D-Dimer-Spiegel. Man geht davon aus, dass das Virus SARS-CoV2 thrombotische Komplikationen begünstigt [1, 9] . Eine Hörminderung könnte demnach als thromboembolische Komplikation aufgrund einer SARS-CoV2infektionsbedingten Durchblutungsstörung der Cochlea entstehen. Es ist zu bedenken, dass bei SARS-CoV2-Infektionen vermehrt Vaskulitiden nachgewiesen wurden, die mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert sind [5] . In der Schädel-MRT des vorgestellten Patienten zeigen sich keine ischämischen Veränderungen, daher ist eine Vaskulitis in diesem Fall nicht anzunehmen. Herold et al. beschreiben erhöhte Werte für Zytokin und Interleukin-6 (IL-6) bei COVID-19-Patienten. Derzeit wird geklärt ob IL-6 lediglich ein Marker der Krankheitsaktivität oder aber ein zentraler Faktor des Entzündungsgeschehens von COVID-19 sein könnte [7] . Solch ein möglicher Zytokinsturm könnte zur Funktionsstörung und Organausfällen führen, so auch zum Ausfall des Labyrinths mit resultierender Surditas. Die IL-6-Laborwerte des Patienten lagen während der Erkrankung im Normbereich. Auch zu diskutieren ist, dass die durch COVID-19 verursachte Schwerhörigkeit durch eine Infektion der Nervenscheiden sowie Hirnareale hervorgerufen werden könnte. Es wird ein ähnliches neuroinvasives Potenzial von SARS-CoV2 wie bei bereits bekannten Coronaviren vermutet [3] . Als Ursache für den Geruchsverlust wird davon ausgegangen, dass die Virusinfektion über die Filiae olfactoriae direkt ins Rhinenzephalon eintritt und sich dann in weitere Hirnareale ausbreitet. Bocksberger et al. vermuten eine neurogene Ursache der durch COVID-19 bedingten Riechveränderung [4] . Eine lokale Entzündung einzelner Hirnareale, ausgelöst durch das Virus, könnte neben der bereits bekannten Störung des Geruchssinns auch eine zentrale Hörminderung verursachen. Der Einfluss von SARS-CoV2 auf das auditorische System ist noch nicht untersucht [5] . Die sehr gute Hörrehabilitation durch das CI spricht bei dem Patienten nicht für eine Schädigung von auditorischen neuronalen Strukturen. Die vorliegende Diagnostik zeigte zudem eine Schädigung der Haarzellen des Patienten, da auch nach der Infektion die OAE-Messung keine Werte erbrachte. Differenzialdiagnostisch ist eine cochleäre Störung bei ototoxischer Medikation (Furosemid) zu bedenken, wobei in diesem Fall die Hörstörung v. a. bei schneller und längerfristiger i.v.-Gabe und selten irreversibel auftritt [6] . Furosemid wurde nach 2 Tagen bei Angabe der Hypakusis sofort abgesetzt, es kam zu keiner Besserung der Hörstörung. Im Zusammenhang mit einer Therapie mittels extrakorporaler Membranoxygenierung (ECMO) wurden selten Hörminderungen beschrieben, jedoch keine Ertaubung [11] . Thrombosis risk associated with COVID-19 infection. A scoping review Acute-onset smell and taste disorders in the context of COVID-19:a pilot multicentre polymerase chain reaction based case-control study BergerJR(2020)COVID-19andthenervoussystem Temporary hyposmia in COVID-19 patients Neurological effects of COVID-19 2020) miR-182 prevented ototoxic deafness induced by co-administration of kanamycin and furosemide in rats Elevated levels of IL-6 and CRP predict the need for mechanical ventilation in COVID-19 Cochlear implant-state of the art Audiological profile of asymptomatic Covid-19 PCR-positive cases Criteria for establishing an association between Covid-19 and hearing loss Neurologic Outcomes After Extracorporeal Membrane Oxygenation-a Systematic Review Weitere Gründe, die zu den Ursachen der sensorisch-neuralen Schwerhörigkeit gezählt werden können, wie z. B. akustisches Trauma, lärmbedingte Schwerhörigkeit, Kopftrauma, Labyrinth-Erschütterung, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Presbyakusis, Erkrankungen wie M. Menière und Otosklerose, konnten bei dem Patienten anamnestisch ausgeschlossen werden [10] .Letztendlich ist die Ursache der Hörminderung des vorgestellten Patienten im Rahmen von COVID-19 nicht eindeutig zu klären.