key: cord-1032046-sdoomjle authors: Nibbe, L.; Jungehülsing, M.; Röber, S.; Ripberger, G.; Oppert, M. title: „Hybridtracheostomie“ – ein risikoarmes Verfahren der Tracheostomie bei COVID-19-Patienten date: 2020-08-05 journal: Med Klin Intensivmed Notfmed DOI: 10.1007/s00063-020-00710-2 sha: 270b47849781a13db1277fdccaae8e74f1bbd200 doc_id: 1032046 cord_uid: sdoomjle BACKGROUND: Tracheostomy in ventilated patients suffering from Coronavirus disease 2019 (COVID-19) carries an increased risk of exposure to virus-containing aerosol for the staff. OBJECTIVE: Evaluation of a risk-reduced procedure for tracheostomy. METHOD: Presentation of “hybrid tracheostomy”: a method combining the advantages of conventional surgical and percutaneous dilative tracheostomy. RESULTS: Tracheostomy of six patients using the hybrid method without any complications. CONCLUSION: “Hybrid tracheostomy” offers a minimally invasive and safe procedure with low risk of exposure to virus-containing aerosol. "Hybridtracheostomie" -ein risikoarmes Verfahren der Tracheostomie bei COVID-19-Patienten Hintergrund Das Thema "Tracheostomie" ist bei invasiv beatmeten COVID-19-Patient*innen Gegenstand intensiver Diskussion. Anlass dafür ist in erster Linie die Sorge um eine die Mitarbeiter*innen gefährdende Exposition mit virushaltigem Aerosol [8, 15] . Zudem sprechen einige Aspekte dafür, dass bei invasiv beatmeten Patienten mit COVID-19-Pneumonie die Indikation zur Tracheostomie häufiger gestellt werden könnte als bei Pneumonien anderer Ursache. Gründe dafür sind u. a.: 4 Längere Beatmungsdauer [2, 20] In der aktuellen Literatur wird für die Tracheostomie bei COVID-19-Patienten weder die konventionelle chirurgische Tracheostomie mit mukokutaner Anastomose noch die perkutane Dilatationstracheostomie (PDT) als bevorzugtes Verfahren empfohlen [3, 12] . Als Vorteil der chirurgischen Methode werden der Verzicht auf eine beglei-tende Tracheobronchoskopie durch den Endotrachealtubus (ETT) mit Aerosolbelastung [3, 19] und die Einschätzung als das im Notfall insgesamt sicherste Verfahren genannt: Es kommt seltener zu Verletzungen der Trachea (Knorpelspangenbrüchen, Hinterwandverletzungen) und anderen Komplikationen (Malinsertion, Via falsa, Gefäßverletzungen; [10] ). In der Intensivmedizin wird üblicherweise die PDT als bevorzugte Methode empfohlen [18] . Vorteile sind u. a., dass es durch den engen Punktionskanal viel seltener als bei der konventionellen chirurgischen Tracheostomie zu Wundheilungsstörungen kommt und sich der Punktionskanal nach Extubation in der Regel ohne weitere Operation binnen weniger Tage verschließt, während nach Anlage einer mukokutanen Anastomose in der Regel ein plastischer Tracheostomaverschluss notwendig wird [10] . Ein gewisses Risiko für Verletzungen, z. B. von Trachealspangen, bleibt jedoch trotz tracheobronchoskopischer Kontrolle bestehen. Das vorgestellte Hybridverfahren kombiniert die Vorteile der konventionellen offen-chirurgischen und der dilatativen Technik: 4 Objective. Evaluation of a risk-reduced procedure for tracheostomy. Method. Presentation of "hybrid tracheostomy": a method combining the advantages of conventional surgical and percutaneous dilative tracheostomy. Tracheostomy of six patients using the hybrid method without any complications. Conclusion. "Hybrid tracheostomy" offers a minimally invasive and safe procedure with low risk of exposure to virus-containing aerosol. Pandemic · Long-term ventilation · Aerosol exposure · Contamination · Risk of injury dem Tracheobronchialsystem entnommenen Proben positiv, in den anderen Fällen fielen die Ergebnisse nach Tracheostomie negativ aus. In keinem Fall kam es während der Apnoephasen zu einem Abfall der pulsoxymetrischen Sättigung unter 97 % (FiO2 1,0). In allen Fällen war nach Wiederaufnahme der Beatmung innerhalb weniger Minuten das Tidalvolumen vor Intervention erreicht. Während der Intervention und im Nachbeobachtungszeitraum von 5 bis 27 Tagen wurden weder Verletzungen der Halsorgane noch lokale Wundheilungsstörungen diagnostiziert. SAPS Simplified Acute Physiology Score, KHK koronare Herzkrankheit, COPD "chronic obstructive pulmonary disease", BMI Body-Mass-Index, CPAP "continuous positive airway pressure", PS "pressure support", PEEP "positive end-expiratory pressure", "driving pressure" inspiratorischer Plateaudruck -PEEP, FiO2 inspiratorische Sauerstofffraktion In unserer Institution erhalten derzeit alle Mitarbeiter*innen mit patientenna-herTätigkeitim 4-Tages-Rhythmus einen tiefen Rachenabstrich zum Screening auf SARS-CoV-2-Infektion. Alle an den Tracheostomien beteiligten Personen sind im Zeitraum von erster Tracheostomie bis Einreichen dieses Beitrags (58 Tage) zu keinem Zeitpunkt positiv getestet worden und nicht mit Symptomen eines Atemwegsinfekts erkrankt. Wir berichten erstmalig über ein kombiniertes Verfahren aus chirurgischer und dilatativer Vorgehensweise zur Tracheostomie bei COVID-19-Patienten, welches bei sechs konsekutiven Patient*innen mit moderaten Respiratoreinstellungen komplikationslos durchgeführt wurde. Grundsätzlich wird eine zurückhaltende Indikationsstellung zur Tracheostomie beiinvasiv beatmetenCOVID-19-Patienten empfohlen [11] . Diese Empfehlung beruht vor allem auf der Absicht, die Infektionsgefahr für das Personal so gering wie möglich zu halten. Ist dennoch eine Tracheostomie indiziert, so ist das Verfahren zu favorisieren, welches angesichts von Erfahrung und Verfügbarkeit in der betreffenden Institution mit der geringsten Ansteckungsgefahr für das Personal bei gleichzeitig hoher Sicherheit für den Patienten einhergeht. Allgemein empfohlen wird diesbezüglich die Integration von Apnoephasen in den Ablauf einer Tracheostomie [12, 14] . Diese Anregungen haben wir aufgenommen und versucht, unter Vermeidung der Nachteile von konventioneller chirurgischer und dilatativer Methode die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren mit dem Ziel, sowohl das Ansteckungsrisiko für das Personal als auch für die Patient*innen die Risiken für Verletzungen und Wundheilungsstörungen sowie für negative Folgen der Apnoephasen zu minimieren. Die "Hybridtracheostomie" konnte an dem hier beschriebenen kleinen Kollektiv von sechs Patienten komplikationslos für die Patient*innen und ohne Ansteckung der beteiligten Mitarbeiter*innen durchgeführt werden. Von weiteren alternativen Modifikationen der konventionellen Verfahren bei COVID-19-Patient*innen wird berichtet. Um die Apnoezeit bei der PDT zu verkürzen, wurde bei 98 Patienten zur visuellen Kontrolle das Endoskop neben dem distal in der Trachea positionierten ETT eingeführt [1] Bei dem von uns vorgestellten Verfahren der "Hybridtracheostomie" wird im Vergleich zu anderen Verfahren das erhöhte Expositionsrisiko durch Tracheoskopie vermieden, das Risiko für Verletzungen der Trachea und anderer Strukturen sowie für Wundheilungsstörungen durch die minimal-invasive Vorgehensweise in Zusammenhang mit der Nutzung einer PDT-Kanüle reduziert und die Zeit in Apnoe minimiert. Die Gefahr für eine Dislokation der Trachealkanüle und damit des Entweichens von Aerosolen im weiteren Verlauf ist im Vergleich mit der konventionellen offen-chirurgischen Tracheostomie ebenfalls reduziert. Im Unterschied zur konventionellen PDT ist allerdings die Einbeziehung eines HNO-Teams erforderlich. Unsere Erfahrungen mit der "Hybridtracheostomie" sind angesichts des kleinen Patientenkollektivs noch sehr begrenzt. Bezüglich der Infektiosität der Patient*innen zum Zeitpunkt der Tracheostomie können wir keine sicheren Aussagen treffen, u. a. da bei den nach Tracheostomie negativ getesteten Patient*innen am Tag der Intervention keine Virusdiagnostik geführt wurde, die Bedeutung von positiven Abstrichen >14 Tage nach Diagnosestellung bezüglich persistierender Infektiosität unklar ist und keine Antikörperdiagnostik erfolgte. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Methode auch nach Behandlung einer größeren Patientenzahl in Zukunft als vorteilhaft erweist. Zusammenfassend betrachten wir in unserer Institution die "Hybridtracheostomie" trotz der begrenzten Erfahrung derzeitig als das Verfahren der Wahl für die Anlage eines trachealen Atemwegs bei langzeitbeatmeten COVID-19-Patienten*innen. Ein Hybridverfahren als Option zur Tracheostomie wird in der zwischenzeitlich publizierten S1-Leitlinie zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19 erwähnt [17]. Novel percutaneous tracheostomy for critically ill patients with COVID-19 Covid-19 in critically ill patients in the Seattle region-case series Tracheotomy in ventilated patients with COVID-19. Guidelines from the COVID-19 Tracheotomy Task Force, a Working Group of the Airway Safety Committee of the University of Pennsylvania Health System Technique, complications, and improvements in percutaneous dilatational tracheostomy Anatomie und Physiologie der Luftröhre und der Bronchien Effect of failed intubation on the outcome of mechanical ventilation Outcome of reintubated patients after scheduled extubation Safety recommendations for evaluation and surgery of the head and neck during the COVID-19 pandemic Feasibilty of an endotracheal tube-mounted camera for percutaneous dilational tracheostomy Kompendium Tracheotomie und Atemwege Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19 Tracheostomy in the COVID-19 era: global and multidisciplinary guidance Percutaneous tracheostomy Performing tracheostomy during the COVID-19 pandemic: guidance and recommendations from the Critical Care and Acute Care Surgery Committees of the American Association fort the Surgery of Trauma AAO position statement: tracheotomy recommendations during the COVID-19 pandemic. Airway and Swallowing Committee of the American Academy of Otolaryngology-Head and Neck Surgery Australian New Zealand Intensive Care Society (ANZICS) (2010) Percutaneous dilatational tracheostomy-consensusstatement1 S1-Leitlinie Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19 S3-Leitlinie Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz -Langversion Surgical considerations for tracheostomy during the COVID-19 pandemic: lessons learned from the severe acute respiratorysyndromeoutbreak Schwereeinschätzung von COVID-19 mit Vergleichsdaten zu Pneumonien aus dem Krankenhaussentinel für schwere akute Atemwegserkrankungen am RKI (ICOSARI)