key: cord-1030597-4n1uskzi authors: Haun, Markus W.; Hoffmann, Mariell; Tönnies, Justus; Dinger, Ulrike; Hartmann, Mechthild; Friederich, Hans-Christoph title: Videokonsultationen durch Psychotherapeuten in Zeiten der COVID-19-Pandemie: Wirksamkeit, Gestaltung des Settings und erste Erfahrungen aus einer Machbarkeitsstudie sowie mit dem Routineangebot im Krankenhaus date: 2020-05-26 journal: Psychotherapeut (Berl) DOI: 10.1007/s00278-020-00438-6 sha: 9378b4d889bca64dbc3c09d16489b9e2703b8253 doc_id: 1030597 cord_uid: 4n1uskzi Due to the pandemic caused by the coronavirus disease 2019 (COVID-19) and the resulting constraints on personal (i.e. face to face) treatment, video consultations have recently gained a major role in the delivery of healthcare services; however, until now, most psychotherapists have little experience with conducting video consultations, not least because of poor possibilities for reimbursement from the statutory health insurance. This article provides (1) an overview of the effectiveness of psychotherapy interventions delivered via video consultations for depression and anxiety disorders, (2) recommendations for setting up and conducting these consultations and (3) first experiences of psychotherapists from a German feasibility study and from the provision in routine care in hospital during the COVID-19 pandemic. Angesichts der durch die COVID-19-Pandemie resultierenden Beeinträchtigungen persönlicher (d. h. von Angesicht-zu-Angesicht stattfindender) Behandlung kommen Videokonsultationen als Gesundheitsleistungen mehr und mehr zum Einsatz (Greenhalgh et al. 2020; Mann et al. 2020; Mohr et al. 2018; Tuerk et al. 2018 Die Wirksamkeit von psychotherapeutischen Interventionen, die per Videokonsultationdurchgeführtwerden, wurde für depressive und Angststörungen zuletzt systematisch von Yellowlees et al. (2018) untersucht. Bezüglich der Behandlung von Depressionen per Videokonsultation wurden in einer Übersichtsarbeit 14 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) identifiziert, in denen jeweils die Kontrollgruppe (Angesicht-zu-Angesicht) die gleiche Intervention (meist kognitive Verhaltenstherapie) erhielt wie die Videokonsultationsgruppe (Berryhill et al. 2019a (Hoffmann et al. in Vorbereitung; Stamm 1998) . In einer Nichtunterlegenheitsmetaanalyse, die 12 Studien einbezog, wurde tatsächlich eine leichte Unterlegenheit der Videokonsultationsmodalität gegenüber dem klassischen Angesichtzu-Angesicht-Setting festgestellt, die jedoch nicht signifikant ausfiel (Norwood et al. 2018) . In einzelnen Studien fanden sich Divergenzen bezüglich des Arbeitsbündnisses zwischen Patienten und Psychotherapeuten dahingehend, dass Patienten dieses als besser einschätzten. Hinsichtlich der Symptomreduktion erwiesen sich Videokonsultationen in dieser Übersicht als ebenbürtig gegenüber dem Angesicht-zu-Angesicht-Setting. In einer zweiten Übersichtsarbeit mit 23 quantitativen und qualitativen Studien zum therapeutischen Arbeitsbündnis bei videobasierter Psychotherapie kamen Simpson und Reid (2014) zu der Überzeugung, dass Patienten -unabhängig von ihrer Diagnose -das Gefühl von Bindung und Präsenz als mindestens so hoch beschrieben wie in konventionellen Settings. Psychotherapeuten bewerteten das Arbeitsbündnis in der frühen Behandlungsphase demgegenüber niedriger. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass psychotherapeutische Interventionen per Videokonsultationen hinsichtlich Symptomminderung zu vergleichbaren Ergebnissen führen wie Psychotherapie im klassischen persönlichen Setting. Unabhängig davon liegen derzeit keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass Videokonsultationen unerwünschte Ereignisse bei Patienten auslösen. Orientierung zur Durchführung von psychotherapeutischen Videokonsultationen bieten die Empfehlungen der AmericanPsychiatric Association(APA), der American Telemedicine Association (ATA; Shore et al. 2018 Gesundheitsversorgung · Telemedizin · Behandlungswirksamkeit · Behandlungs-Setting · Versorgungsforschung Due to the pandemic caused by the coronavirus disease 2019 (COVID-19) and the resulting constraints on personal (i.e. face to face) treatment, video consultations have recently gained a major role in the delivery of healthcare services; however, until now, most psychotherapists have little experience with conducting video consultations, not least because of poor possibilities for reimbursement from the statutory health insurance. This article provides (1) an overview of the effectiveness of psychotherapy interventions delivered via video consultations for depression and anxiety disorders, (2) recommendations for setting up and conducting these consultations and (3) first experiences of psychotherapists from a German feasibility study and from the provision in routine care in hospital during the COVID-19 pandemic. Sobald die Videokonsultation begonnen hat, sollte jegliche verbale und nonverbale Information bereits unter diagnostischen/therapeutischen Gesichtspunkten betrachtet werden. Patienten sollten die Bild-in-Bild-Option deaktivieren und darauf hingewiesen werden. Zu Beginn jeder Videokonsultation sollte der Psychotherapeut den genauen Ort erfragen, an dem sich der Patient befindet, und mit ihm klären, ob die Angaben im Notfallplan weiterhin gültig sind, und wer an der Videokonsultation teilnimmt. Jeder Teilnehmer sollte stets auf dem Bildschirm zu sehen sein. Patient und Psychotherapeut sollten sich ggf. gegenseitig versichern, dass keine anderen Personen im Raum sind bzw. den Raum während der Konsultation betreten (Morland et al. 2015) . Gegebenenfalls kann der Psychotherapeut kurz die Kamera durch seinen Raum schwenken, sodass sich der Patient vergewissern kann, dass niemand anderes zugegen ist. In umgekehrter Weise sollte sich der Psychotherapeut beim Patienten vergewissern können. Werden die angeführten Aspekte berücksichtigt, sind gute Voraussetzungen für die Durchführung von psychotherapeutischen Videokonsultationen gegeben. Sollten Schwierigkeiten auftreten, sollte der Psychotherapeut einen einmaligen Wiederverbindungsversuch unternehmen und, wenn dieser erfolglos verläuft, rasch auf das Telefon umsteigen ). Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführten PROVIDE-Projekt (https://www. provide-project.de) werden Videokonsultationen durch Psychotherapeuten bei in der Hausarztpraxis vorstelligen Patienten mit Depressionen und Angststörungen erprobt Tönnies et al. 2019) . Im Rahmen der Prozessevaluation der Machbarkeitsstudie wurden neben der quantitativen Erhebung der Praktikabilität auch leitfadengestützte Interviews mit 20 der 23 Patienten der Interventionsgruppe (mittlere Dauer: 24 min) und den 3 Studientherapeuten geführt (43 min). Im Folgenden wird ein Einblick in die Ergebnisse gegeben. Insgesamt bewerteten die Studientherapeuten die Videokonsultationen als praxistauglich und gut durchführbar, jedoch ausnahmslos auch als "anstrengender" (PT1:51). Trotz anfänglicher Bedenken, insbesondere hinsichtlich der Etablierung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung, waren alle Therapeuten nach einem Gewöhnungsprozess von der Machbarkeit der Videokonsultationen überzeugt. Für eine Studientherapeutin war "dieser Computer kein Hinderungsgrund" (PT3:107), eine andere meinte, "Übertragungs-und Gegenübertragungsphänomene [hätten] auch einfach sich schnell im Video gezeigt" (PT2:92-93). Mit punktuellen technischen Störungen hatten alle Studientherapeuten zu kämpfen. Die Antizipation von Unterbrechungen oder Verzögerungen der Ton-und/oder Bildübertragung ging für 2 der 3 Studientherapeuten mit einer spezifischen Unsicherheit im therapeutischen Gespräch einher. Die fehlende Leiblichkeit und persönliche Interaktion wurden von allen Therapeuten als deutlichster Nachteil benannt: "Wenn man den Patienten sieht, dem z. B. nicht die Hand zu geben. Das finde ich immer eine komische Situation . . . ich finde jetzt dieses Händeschütteln und dieser körperliche Kontakt, der dann ja trotzdem immer in jeder Stunde mit den Patienten da ist, der fehlt" (PT2:68-75). Die Patienten berichteten von einem aus ihrer Sicht weitestgehend reibungslosen Ablauf der einzelnen Videokonsultationen. Acht Patienten beschrieben Skepsis bzw. zurückhaltende Erwartungen vor Beginn der ersten Videokonsultation, was sich jedoch meist schon nach der ersten Sitzung relativierte. Insgesamt gaben fast alle Patienten an, von den Videokonsultationen profitiert zu haben (19 von 20 Patienten). Die wesentlichen Nachteile bezogen sich auf Unterbrechungen der Bild-und/oder Tonübertragung (17/20). Eine Patientin empfand diese als "extrem störend in so einer Situation, also eine gute Verbindung ist, glaube ich, das Muss an so einem Termin" (I20:2). Die fehlende persönliche Interaktion empfanden nur 5 Patienten als Nachteil. Alle Patienten nahmen die therapeutische Beziehung als positiv und hilfreich wahr (20/20): "Das Gespräch mit dem Therapeuten an sich . . . das war dann schon, sag ich mal, ein bisschen lösend oder auch befreiend" (I3:33-34). Der Modus Video scheint für die Patienten eine untergeordnete Rolle zu spielen; die räumliche Distanz habe sich "zunehmend verwischt; dass es da eine räumliche Distanz gibt, eine echte Realität, das ist dann nicht mehr so bedeutsam gewesen" (I1:461-464). Einige Patienten empfanden es als "einfacher" (I8:42) und "angenehmer" (I14:74), sich im Gespräch über Video zu öffnen, im Vergleich zur persönlichen Therapie (4/20). Ferner hob die Hälfte der Patienten eingesparte Wegzeiten als Vorteil hervor (10/20). In weitgehender Übereinstimmung mit Simpson und Reid (2014) The therapeutic alliance in internet interventions: A narrative review and suggestions for future research Videoconferencing Psychotherapy and Depression: A Systematic Review Videoconferencingpsychologicaltherapyandanxiety: A systematic review Patients' perspective on mental health specialist video consultations in primary care: Qualitative preimplementationstudyofanticipatedbenefits and barriers Real-world implementation of video outpatient consultations at macro, meso, and micro levels: mixed-method study Video consultations for covid-19 Psychotherapeutic video consultations in primary care-Concept of the PROVIDE intervention and results on the intent to adopt in psychotherapists Integration of mental health care within primary care via video consultation: A qualitative pre-implementation study exploring the perspectives of psychotherapists and psychiatrists Mobilization of telepsychiatry in response to COVID-19-moving toward 21(st) century access to care COVID-19 transforms health care through telemedicine: Evidence from the field A solutionfocused research approach to achieve an implementable revolution in digital mental health Home-based clinical video teleconferencing care: Clinical considerations and future directions Anewtherapyforeach patient: Evidence-based relationships and responsiveness Working alliance and outcome effectiveness in videoconferencing psychotherapy: A systematic review and noninferiority metaanalysis Best practices in videoconferencing-based telemental health Therapeutic alliance in videoconferencing psychotherapy: A review Clinical applications of telehealth in mental health care Mental health specialist video consultations for patients with depression or anxiety disorders in primary care: Protocol for a randomised controlled feasibility trial Treatment for anxiety and depression via clinical videoconferencing: Evidence base and barriers to expanded access in practice The COVID-19 pandemic: The 'black swan' for mental health care and a turning point for e-health Remote treatment delivery in response to the COVID-19 pandemic Telepsychiatry and health technologies: A guide for mental health professionals, 1. Aufl