key: cord-0994961-255ca7w2 authors: Werner, S. G.; Langer, H.-E.; Chatelain, R. title: COVID-19 in der rheumatologischen Routineversorgung date: 2021-11-01 journal: Rheuma Plus DOI: 10.1007/s12688-021-00474-3 sha: 610f46740dfc02fcd7b2edc24b561885d2d2dad7 doc_id: 994961 cord_uid: 255ca7w2 Since the first case of coronavirus infection with SARS‐CoV‐2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) and the associated COVID‐19 (corona virus disease 2019) it has become a worldwide pandemic. This leads to persistent and far-reaching consequences for the health system and society as a whole. Our patients with inflammatory rheumatic diseases were initially considered to be at high risk of contracting SARS-CoV‑2, especially if they were on immunosuppressive and/or immunomodulatory therapy (DMARD). It was assumed that a severe COVID-19 course could occur in case of infection. Although PCR diagnosis is generally considered the gold standard for early diagnosis of active infection with SARS-CoV‑2, it has been shown that it should not always be used to confirm the diagnosis of COVID-19. Therefore, complementary antibody testing for SARS-CoV‑2 could be useful in cases of clinical suspicion and negative PCR for diagnostic confirmation of COVID-19, even retrospectively. Apparently, patients with inflammatory rheumatic disease and under DMARD therapy are not particularly at risk in case of SARS-CoV‑2 infection. Whether this is due to better hygiene measures or increased contact restrictions of patients with underlying inflammatory rheumatic disease, or whether ongoing DMARD therapy offers some protection against a severe course of COVID-19, is still to be clarified. The important questions about the tolerability and efficacy of COVID-19 vaccination have yet to be answered. In summary, there is still a clear need for research to better advise our patients. Seit dem ersten Fall einer Infektion mit dem Severe-acute-respiratory-syndrome-Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) und der damit assoziierten Erkrankung "corona virus disease 2019" (COVID-19) im Dezember 2019 in der Provinz Wuhan in China existiert eine weltweite, auch im Jahr 2021 noch hochpräsente, Pandemie. Diese führt zu anhaltenden, weitreichenden Folgen für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft insgesamt. In der alltäglichen rheumatologischen Praxis geht dies mit einem immensen Informations-, Aufklärungsund Richtigstellungsbedarf einher. Unsere Patienten mit entzündlichrheumatischen Erkrankungen galten initial, insbesondere wenn eine immunsuppressive und/oder immunmodulatorische Therapie ("disease modifying antirheumatic drug", DMARD) besteht, als hochgefährdet, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Man nahm an, dass es im Falle einer Infektion zu einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung kommen könnte. Dies führte zu großer Verunsicherung, sodass sowohl Kollegen als auch Patienten aus Unsicherheit erwogen, die DMARD-Therapie zeitweise zu pausieren bzw. sogar pausiert haben. Es galt die Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI), für solche Erkrankungen wie eine entzündlichrheumatische Grunderkrankung und für Patienten mit einer immunsuppressiven Therapie sog. Risikoatteste für Arbeitnehmer zu erstellen [1], um einen Arbeitsplatz zuhause (Homeoffice) zu ermöglichen bzw. auch um die Gefährdung auf dem Weg zur Arbeit und vor Ort zu minimieren. Zahlreiche Patienten haben dies in Anspruch genommen. In Deutschland wurden bereits früh nach Beginn der Pandemie erste Handlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Bezug auf die Coronapandemie veröffentlicht [2] . Diese empfahlen nicht grundsätzlich, eine laufende DMARD-Therapie aus Sorge voreinerInfektionmit SARS-CoV-2 abzusetzen. Des Weiteren wurden verschiedene Szenarien skizziert und entsprechende Empfehlungen herausgegeben. Auf diese Weise wurden den behandelnden Kollegen konkrete Handlungsempfehlungen zur Seite gestellt. Sie erwiesen sich in der rheumatologischen Routineversorgung als sehr hilfreich in der täglichen Beratung. Bereits sehr früh wurden ein nationales Register [3] und im Verlauf auch internationale Register [4] initiiert, die rasch erste Informationen und Erkenntnisse liefern konnten. In einer Publikation der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg [5] wurde berichtet, dass Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen trotz einer laufenden DMARD-Therapie leichter bzw. weniger häufig an COVID-19 erkrankt sind. Die Empfehlungen der DGRh wurden und werden den neuesten Erkenntnissen entsprechend laufend angepasst [6] . Darüber hinaus wurden europäische Handlungsempfehlungen erstellt [7] , wobei sich diese nicht relevant von den Empfehlungen der DGRh unterscheiden. Die beiden Fälle mit einem schweren Verlauf der COVID-19-Erkrankung wurden genauer betrachtet. Beide waren Frauen und beide mussten stationär betreut werden. Eine dieser beiden Patientinnen benötigte zeitweise die Gabe von Sauerstoff, bei einer zusätzlich bestehenden bekannten schweren "chronic obstructive pulmonary disease" (COPD). Eine Patientin litt an einer Spondylarthritis, die andere an einer rheumatoiden Arthritis. Beide Patientinnen hatten relevante Komorbiditäten (schwere COPD, Mammakarzinom unter laufender Therapie) und erhielten zum Zeitpunkt der Infektion keine DMARD-Therapie. In weiteren Einzelfallanalysen konnte herausgearbeitet werden, dass es durchaus nicht selten vorkam, dass sich Ehepartner oder andere enge Kontaktpersonen innerhalb eines Haushalts mit SARS-CoV-2 infizierten und der Patient mit entzündlich-rheumatischer Grunderkrankung unter laufender DMARD-Therapie einen milderen Verlauf der COVID-19-Erkrankung als das entsprechende Familienmitglied erlebte. In einer weiteren Arbeit [9] Bei 2 initial negativ getesteten Patienten trotz typischer Symptome wurde im Verlauf eine zweite PCR-Testung durchgeführt, die dann positiv ausfiel. In n = 29/35 Patienten (83 %) wurde im Rahmen der rheumatologischen Kontrolluntersuchung ein SARS-CoV-2-Antikörpertest bei klinischem Verdacht auf COVID-19 oder bei bekanntem Risikokontakt durchgeführt. Bei allen war dieser positiv und konnte die Diagnose einer COVID-19-Erkrankung bestätigen. In diesem Kollektiv war bei allen Patienten mit positiver PCR-Testung auch der Antikörpertest positiv. Selten zeigten sich positive SARS-CoV Zusammenfassung Seit dem ersten Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 ("severe acute respiratory syndrome coronavirus 2") und der damit assoziierten COVID-19-Erkrankung ("corona virus disease 19") existiert eine weltweite Pandemie. Diese führt zu anhaltenden, weitreichenden Folgen für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft insgesamt. Unsere Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen galten initial, insbesondere bei bestehender immunsuppressiver und/oder immunmodulatorischer Therapie (DMARD), als hochgefährdet, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Man nahm an, dass es im Fall einer Infektion zu einem schweren COVID-19-Verlauf kommen könnte. Die PCR-Diagnostik gilt zwar gemeinhin als Goldstandard zur Frühdiagnose einer aktiven Infektion mit SARS-CoV-2, es zeigt sich jedoch, dass sie nicht immer zur Diagnosesicherung von COVID-19 als solches gewertet werden sollte. Eine ergänzende Antikörpertestung scheint empfehlenswert und kann bei typischer Symptomatologie auch noch rückwirkend zur Diagnosesicherung Abhilfe schaffen. Dem Anschein nach sind Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung und unter einer DMARD-Therapie im Fall einer SARS-CoV-2-Infektion nicht grundsätzlich besonders gefährdet. Ob dies an besseren Hygienemaßnahmen oder verstärkten Kontaktbeschränkungen der Patienten mit entzündlich-rheumatischer Grunderkrankung liegt oder ob die laufende DMARD-Therapie einen gewissen Schutz vor einem schweren Verlauf von COVID-19 bietet, lässt sich aus den vorliegenden Daten nicht sagen. Die wichtigen Fragen zur Verträglichkeit und Wirksamkeit der COVID-19-Impfung sind noch nicht zu beantworten. Zusammenfassend besteht weiterhin ein deutlicher Forschungsbedarf, um unsere Patienten besser beraten zu können. Since the first case of coronavirus infection with SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) and the associated COVID-19 (corona virus disease 2019) it has become a worldwide pandemic. This leads to persistent and far-reaching consequences for the health system and society as a whole. Our patients with inflammatory rheumatic diseases were initially considered to be at high risk of contracting SARS-CoV-2, especially if they were on immunosuppressive and/or immunomodulatory therapy (DMARD). It was assumed that a severe COVID-19 course could occur in case of infection. Although PCR diagnosis is generally considered the gold standard for early diagnosis of active infection with SARS-CoV-2, it has been shown that it should not always be used to confirm the diagnosis of COVID-19. Therefore, complementary antibody testing for SARS-CoV-2 could be useful in cases of clinical suspicion and negative PCR for diagnostic confirmation of COVID-19, even retrospectively. Apparently, patients with inflammatory rheumatic disease and under DMARD therapy are not particularly at risk in case of SARS-CoV-2 infection. Whether this is due to better hygiene measures or increased contact restrictions of patients with underlying inflammatory rheumatic disease, or whether ongoing DMARD therapy offers some protection against a severe course of COVID-19, is still to be clarified. The important questions about the tolerability and efficacy of COVID-19 vaccination have yet to be answered. In summary, there is still a clear need for research to better advise our patients. IgG-Antikörper nachgewiesen werden. Die Höhe der Antiköpertiter war sehr unterschiedlich, teilweise sehr hoch, anderseits auch sehr niedrig, knapp oberhalb des Normalwerts. Eine Korrelation zur Krankheitsschwere, DMARD-Therapie oder Krankheitsaktivität wurde nicht erfasst. Bei n = 13/35 (37 %) Patienten wurde die Diagnose einer SARS-CoV-2-Infektion mit Beginn der ersten Symptome durch die PCR-Testung gestellt und zog somit Konsequenzen des Gesundheitsamts mit sich. Bei einem Großteil der Patienten jedoch (n = 22/35 [63 %]) wurde die Diagnose einer SARS-CoV-2-Infektion erst retrospektiv mittels des An-tiköpertests gestellt. Nichtdestotrotz hatten sich 5/22 Patienten (23 %) mit typischen klinischen Symptomen während der symptomatischen Phase selbstständig in Quarantäne begeben. Bei einem Teil der Patienten (n = 12) konnten Titerverläufe der SARS-CoV-2-Antikörper erhoben werden. Bei n = 7/12 (58 %) wurde der Titer im Verlauf negativ (im Mittel nach 188 Tagen, Median 202, "range" 51-296 Tagen). Bei n = 5/12 (42 %) blieb der Titer positiv (im Mittel 190 Tage, Median 191, "range" 122-260 Tage). Bemerkenswerterweise war der Wechsel des Titers unabhängig von der Schwere der COVID-19-Erkran-kung und der antirheumatischen Therapie. Anhand dieser Daten und Erfahrungen aus der rheumatologischen Routineversorgung zeigt sich, dass es noch große Wissenslücken im Umgang mit der Diagnostik einer SARS-CoV-2-Infektion und der damit assoziierten COVID-19-Erkrankung gibt und es weiterer Forschung bedarf. Die PCR-Diagnostik gilt zwar gemeinhin als Goldstandard zur Frühdiagnose einer aktiven Infektion mit SARS-CoV-2. Die Ergebnisse aus der zwar vergleichsweise kleinen rheuma plus Stichprobe von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen vermitteln aber den Eindruck, dass die PCR-Testung nicht immer als Goldstandard zur Diagnosesicherung einer COVID-19-Erkrankung gewertet werden sollte. Bei einem Großteil der Patienten ist entweder keine PCR-Testung erfolgt bzw. vielleicht ist die PCR-Testung auch zum falschen Zeitpunkt erfolgt, oder sie war falsch negativ. Eine ergänzende Antikörpertestung scheint daher empfehlenswert zu sein und kann bei typischer Symptomatologie auch noch rückwirkend zur Diagnosesicherung Abhilfe schaffen. Auf Speziell zur Impfthematik kam es aufgrund von teils widersprüchlichen, teils sogar falschen Informationen in den Medien bei unseren Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und den verschiedenen krankheitsmodifizierenden Therapien innerhalb von kürzester Zeit nach Zulassung der verschiedenen Impfstoffe mit den unterschiedlichen Wirkmechanismen (mRNA-Impfstoffe, Vektorimpfstoff) zu einem sehr hohen Informationsbedürfnis, das sich nicht nur bei praktisch jeder Konsultation, sondern auch in zahlreichen Telefonaten und E-Mail-Anfragen widerspiegelte. Auch hierzu wurden sehr früh Empfehlungen der DGRh herausgegeben [14] . Dennoch bestehen weiterhin Wissenslücken bezüglich der Wirksamkeit und der Verträglichkeit der Impfung gegen COVID-19 bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Grunderkrankungen, die geschlossen werden müssen, insbesondere da erste Publikationen von geringerer Antikörperbildung berichten [15, 16] und die Diskussion um eine dritte Impfung mit einem mRNA-Impfstoff medial präsent ist und teilweise bereits angeboten wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es bezüglich der Diagnostik der SARS-CoV-2-Infektion und der COVID-19-Erkrankung einige Fallstricke gibt und noch ein erheblicher Bedarf an Forschung notwendig ist. Groß angelegte Antikörpertests könnten mehr Kenntnisse über die Erkrankung und die Dunkelziffer unentdeckter Infektionen ergeben. Wie bei anderen Viruserkrankungen können bei manchen Patienten nur niedrige Antikörpertiter gemessen werden und auch eine Serokonversion mit Entwicklung von IgG blieb teilweise aus, was die Diagnostik zusätzlich erschwert. Dies sollte bei typischen Symptomen mit beachtet werden. Der nachgewiesene Abfall bzw. die Normalisierung der Antikörpertiter bei einem Teil der Patienten unterstützt die Empfehlung, eine Impfung gegen COVID-19 auch nach abgelaufener SARS-CoV-2-Infektion durchzuführen. » Nahezu alle Patienten hatten eher milde bis moderate Verläufe der COVID-19-Erkrankung Dem Anschein nach sind Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung und unter einer DMARD-Therapie im Fall einer SARS-CoV-2-Infektion nicht grundsätzlich besonders gefährdet. Die Daten aus dem Kollektiv der rheumatologischen Routineversorgung haben gezeigt, dass nahezu alle Pa-tienten, wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infizierten, eher milde bis moderate Verläufe der COVID-19-Erkrankung hatten. Auch die Daten aus dem Statusbericht des deutschen COVID-19-Registers lassen keine grundsätzlich erhöhte Letalität der Patienten mit entzündlich-rheumatischer Grunderkrankung erkennen [17] . Ob dies an besseren Hygienemaßnahmen oder verstärkten Kontaktbeschränkungen der Patienten mit entzündlichrheumatischer Grunderkrankung liegt oder ob die laufende DMARD-Therapie einen gewissen Schutz vor einem schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung bietet, lässt sich aus den vorliegenden Daten nicht sagen. Auch aus den Registerdaten bleiben diesbezüglich noch Fragen offen. Die aktuell wichtigen Fragen zur Verträglichkeit und Wirksamkeit der COVID-19-Impfung sind noch nicht zu beantworten. Die Fortführung der Registerarbeit trägt einen wesentlichen Beitrag zum Erkenntnisgewinn für unsere tägliche Patientenversorgung bei. Letztendlich besteht weiterhin ein im-menserForschungsbedarf, um unsere Patienten mit entzündlich-rheumatischen Grunderkrankungen bezüglich der Erkrankung COVID-19 und der COVID-19-Impfung besser beraten zu können. Aktuelle Handlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie für die Betreuung von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen während der SARS-CoV-2/Covid 19-Pandemie National registry for patients with inflammatory rheumatic diseases (IRD) infected with SARS-CoV-2 in Germany (ReCoVery): a valuable mean to gain rapid and reliable knowledge of the clinical course of SARS-CoV-2 infections in patients with IRD COVID-19 Global Rheumatology Alliance (2020) Characteristics associated with hospitalisation for COVID-19 Global Rheumatology Alliance physician-reported registry Patients with immune-mediated inflammatory diseases receiving cytokine inhibitors have low prevalence of SARS-CoV-2 seroconversion Aktualisierte Handlungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie für die Betreuung von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen im Rahmen der SARS-CoV 2/COVID 19-Pandemie einschließlich Empfehlungen zur COVID 19-Impfung EULAR provisional recommendations for the management of rheumatic and musculoskeletal diseases in the context of SARS-CoV-2 Incidence and outcome of Covid-19 in routine rheumatology care: data from a single outpatient center in Germany Pitfalls in the diagnosis of Covid-19-experiencesfromarheumatologyoutpatientclinic COVID-19: risk for cytokine targeting in chronic inflammatory diseases? Impfung gegen SARS-CoV-2 SARS-CoV-2 vaccination responses in untreated, conventionally treated and anticytokine-treated patients with immune-mediated inflammatory diseases Anti-SARS-CoV-2 mRNA vaccine in patients with rheumatoid arthritis Deutsches Register www.Covid19-Rheuma.de: Statusbericht nach 1 Jahr der Pandemie Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral