key: cord-0992419-k5i8a9fg authors: Gerlinger, Thomas; Schmidt, Phillip Florian; Lückenbach, Caspar title: Öffentliche Gesundheitsdienste in der COVID-19-Pandemie: Strategien und Praktiken in ausgewählten europäischen Nachbarländern date: 2021-03-21 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-021-03295-z sha: 4fcfe2667a44fbf019f8a9de5eb12d41303ec432 doc_id: 992419 cord_uid: k5i8a9fg The challenges posed by the COVID-19 pandemic face different institutional structures and traditions of action in the European health systems. This article uses the example of the public health services in Sweden, France and Austria to address the question of the similarities and differences in the measures taken to combat the pandemic (status: November 2020). Among the countries presented in this article, Austria is the least affected by the pandemic and France is the most affected. In all analysed health systems there is a tension between national and regional responsibilities. France’s healthcare system is particularly centralized, while Sweden’s is strongly regional and municipal. Governments in the nation states are striving to obtain pandemic containment powers independent of parliamentary decisions. Sweden differs from Austria and France in that its pandemic containment strategy is based primarily on recommendations and appeals rather than directives and bans. The sequences of action during the pandemic and, apart from Sweden, the instruments used to contain the pandemic are similar. The course of the pandemic and the measures taken in Austria and France show clear parallels with those in Germany. The protection of particularly vulnerable groups has not been sufficiently successful in all countries and remains a challenge to be met. Einleitung Die COVID-19-Pandemie stellt die europäischen Gesundheitssysteme vor ähnliche Herausforderungen, allerdings stoßen diese in den Nationalstaaten auf bisweilen sehr unterschiedliche institutionelle Strukturen und Handlungstraditionen. Dieser Beitrag geht am Beispiel der öffentlichen Gesundheitsdienste (ÖGD) Schwedens, Frankreichs und Österreichs der Frage nach, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich aus internationaler Perspektive bei den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung ergaben. Im Folgenden werden zunächst Grundmerkmale der Organisation des öffentlichen Gesundheitswesens in diesen Ländern und sodann die Hauptmaßnahmen zur Pandemieeindämmung skizziert (Stand: November 2020). Abschließend folgt eine vergleichende Betrachtung, die auch Bezüge zu den Merkmalen und Maßnahmen des ÖGD in Deutschland herstellt. Das staatliche Gesundheitswesen Schwedens ist in einem Mehrebenensystem organisiert. Die Bundesebene ist in Gestalt des Ministeriums für Gesundheit und Soziale Angelegenheiten (Socialdepartementet)fürdie übergeordnete gesundheitspo-litische Rahmensetzung sowie einen kleineren Teil der im Wesentlichen steuerbasierten Finanzierung zuständig [1] . Der bedeutendere Teil der Finanzierung und die eigentliche Sicherstellung der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung liegt allerdings im Administrationsbereich der 21 Provinzen und 290 Gemeinden [1] . Der Sektor der Langzeitpflege fällt gänzlich in den Verantwortungsbereich der Gemeinden [1] . Damit ist das schwedische Gesundheitssystem hochgradig regionalisiert mit besonderer kommunaler Verankerung. Diese regionale Gliederung ist handlungsleitend für den ÖGD, also diejenigen Institutionen des Gesundheitssystems, die als Teil des direkten Staatsapparates der Bevölkerungsgesundheit verpflichtet sind. Weitere Merkmale sind die vergleichsweise niedrige Bevölkerungsdichte des Landes und die Konzentration eines erheblichen Teils der Bevölkerung in den urbanen Zentren Mittel-und Südschwedens [2] . Auf nationaler Ebene finden sich die Behörden, die für den Erhalt und die Verbesserung der öffentlichen Gesundheit, die Gesundheitsberichterstattung, aber auch in Teilen für die Krisenvorsorge zuständig sind. Federführend sind hier 2 dem Stockholmer Gesundheitsministerium nachgeordnete Institutionen, deren Aufgabenbereiche sich ergänzen: die Agentur für Öffentliche Gesundheit (Folkhälsomyndigheten) und die Nationale Be-hörde für Gesundheit und Wohlfahrt (Socialstyrelsen). Die dort geplanten bzw. organisatorisch angebundenen Maßnahmen zum Infektionsschutz werden in einem System regionalisierter Verantwortung umgesetzt, das Handlungsspielräumen der teilsouveränen Provinzen und Kommunen Schwedens Rechnung trägt. Die Agentur für Öffentliche Gesundheit ist der zentrale Akteur in Fragen der öffentlichen Gesundheit und trägt in der COVID-19-Pandemie die Gesamtverantwortung für den Schutz der schwedischen Bevölkerung [3] . Ihr obliegen die Sammlung, Systematisierung und Bewertung von Gesundheitsdaten. In der Pandemie ist dieser Teil der epidemiologischen Surveillance-Aufgaben Basis der Beratungsarbeit für die schwedische Regierung und der regionalen Gebietskörperschaften [4] . Ferner entwickelt die Agentur für Öffentliche Gesundheit Leitlinien und Empfehlungen für die Angehörigen der Gesundheitsberufe [3] . Darüber hinaus verfügt die Behörde über eigene Hochsicherheitslaboratorien und plant die landesweiten Laborkapazitäten [3] . Die Agentur für Öffentliche Gesundheit kann als maßgebliche Behörde in der strategisch-fachlichen Beratung der schwedischen Regierung im Umgang mit der COVID-19-Pandemie bezeichnet werden. Die Nationale Behörde für Gesundheit und Wohlfahrt ist der zweite wichtige Akteur in der Pandemiebekämpfung auf na-tionaler Ebene. Die Zuständigkeit dieser Behörde erstreckt sich von der Krisenvorsorge für das gesundheitliche und langzeitpflegerische Versorgungssystem über die Lizensierung des Gesundheitspersonals bis hin zur Erstellung nationaler Krankheitsregister und der Todesursachenstatistik [5] . Im Zuge der COVID-19-Pandemie übernimmt die Nationale Behörde für Gesundheit und Wohlfahrt wichtige beratende und logistische Unterstützungsaufgaben für das Krankenversorgungssystem und die sozialen Dienste. Sie kann als maßgebliche Behörde in der operativ-koordinativen Bekämpfung der COVID-19-Pandemie bezeichnet werden. So werden in Zusammenarbeit regionaler Behörden regelmäßig Lageberichte erstellt, die aktuelle und regional differenzierte Analysen über den Bedarf an Schutzkleidung und sonstigen pandemierelevanten Medizinprodukten wie Beatmungsgeräten liefern [6] . Die Behörde koordiniert den Ankauf und die Verteilung solcher Güter in die Regionen und erwirkt ggf. auch eine Umverteilung bereits vorhandenen Materials oder benötigten Personals entsprechend Bedarfsanalysen. Die Regierung hat die Nationale Behörde für Gesundheit und Wohlfahrt mit der landesweiten Koordinierung und Weiterentwicklung der normalerweise regional geplanten Intensivkapazitäten betraut [6] . Die schwedische Strategie zur Pandemieeindämmung unterscheidet sich auffällig von jenen der meisten anderen europäischen Länder [7, 8] . Zwar verpflichtet sich die schwedische Strategie ebenso der Verlangsamung der Infektionsausbreitung, um das Versorgungssystem nicht zu überlasten, sowie dem Schutz der Risikogruppen. Allerdings gab es in Schweden trotz einiger Verschärfungen Mitte November 2020 insgesamt nur wenig harte Einschnitte in das gesellschaftliche Leben. Zur Eindämmung von SARS-CoV-2 setzt die schwedische Regierung vor allem auf die Eigenverantwortung der Bürger und appelliert an die Einhaltung der Hygieneempfehlungen sowie die Beachtung des räumlichen Abstands [6] . Maßnahmen, die erheblich in das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben eingreifen, wie Ausgangssperren, die flächendeckende Maskenpflicht, die Schließung von Einzelhandelsgeschäften oder die Schließung aller Bildungseinrichtungen, sind nicht erfolgt. Schweden hat sich mit dem Verweis auf die erwarteten negativen Sekundäreffekte dafür entschieden, Kindertagesstätten und Grundschulen nicht zu schließen [9] . Zu den restriktivsten Maßnahmen zählten das Ende März 2020 verhängte und mit nur wenigen Ausnahmen gültige Verbot von öffentlichen Versammlungen von über 50 Personen, Einreisebeschränkungen, das landesweite Besuchsverbot von Einrichtungen der Langzeitpflege sowie Abstandsregelungen im gastronomischen Gewerbe [10] . Ein Schwerpunkt der schwedischen Strategie im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie liegt in der Bereitstellung und Aufrechterhaltung einer bedarfsangemessenen intensivmedizinischen Versorgung. So konnten die intensivmedizinischen Versorgungseinheiten im Zuge der Pandemie verdoppelt und eine Überlastung der Krankenhäuser vermieden werden [6] . Im Lichte der epidemiologischen Daten kann die schwedische Strategie nicht abschließend beurteilt werden. Die Mortalitätsrate war zwar im September 2020 niedriger als in stark betroffenen südeuropäischen Ländern wie Italien und Spanien, überstieg aber bspw. das deutsche Sterblichkeitsgeschehen um ein 5-Faches [12] . Aus Analyse der Nationalen Behörde für Gesundheit und Wohlfahrt geht hervor, dass knapp die Hälfte aller an COVID-19 Verstorbenen in Altenpflegeheimen lebte (Erhebung bis 07.09.2020; [13] ). Insbesondere im Ballungsgebiet Stockholm ist es nicht gelungen, den Eintrag von SARS-CoV-2 in die Altenpflegeeinrichtungen zu verhindern. Im Herbst 2020 stieg die Zahl der Neuinfektionen auch in Schweden wieder erheblich an -hier ist besonders die Großstadt Uppsala betroffen. Die Agentur für Öffentliche Gesundheit hat daraufhin in Abstimmung mit der Bezirksverwaltung lokale Richtlinien zur Eindämmung des Verbreitungsgeschehens erlassen. Diese befristeten und lokal begrenzten Richtlinien fordern unter anderem zur möglichst seltenen Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel auf sowie zum Verzicht auf private Feiern. Derartige über landesweite Empfehlungen hinausgehende Richtlinien sind allerdings nicht sanktionsbewehrt, weil eine Einschränkung des Grundrechts auf Bewegungsfreiheit mit dem Verfassungsrecht kollidiert. Die schwedische Regierung plant daher eine Verfassungsänderung, um der Bundesebene in der-artigen Krisenfällen mehr Kompetenzen übertragen zu können. Solch eine Verfassungsänderung mit der Möglichkeit von Grundrechtseinschränkungen in nichtmilitärischen Krisenfällen ist politisch umstritten und würde aufgrund des legislativen Prozederes nicht vor 2021 in Kraft treten können. Frankreich hat eine zentralistische Verwaltungstradition, die auch in der Gesundheitspolitik zum Ausdruck kommt [14, 15] . Die 18 Regionen sind keine eigenständigen politischen Gebilde, sondern kaum mehr als die regionalen Repräsentanten des Zentralstaats. Auch Gesundheitsförderung und Prävention werdenzentralistischreguliertebensowie die soziale Krankenversicherung, die über weit geringere Handlungsspielräume verfügt als die gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland. Auf zentralstaatlicher Ebene ist die Nationale Behörde für öffentliche Gesundheit ("Agence nationale de santé publique" -ANSP) für die Identifikation bevölkerungsbezogener Gesundheitsrisiken sowie für die Entwicklung risikosenkender Maßnahmen und Konzepte zuständig [16] . Unter den auf nationaler Ebene angesiedelten staatlichen Agenturen spielt die Generaldirektion für Gesundheit ("Direction général de la santé" -DGS) eine wichtige Rolle. Bei ihr handelt es sich um eine der 5 Direktionen, die im französischen Gesundheitsministerium für die Entwicklung und Formulierung der nationalen Gesundheitspolitik in ihren unterschiedlichen Interventionsbereichen zuständig sind [17] . Die DGS hat die Aufgabe, Ziele und Prioritäten für die öffentliche Gesundheit zu entwickeln sowie dafür Handlungsstrategien und Programme auszuarbeiten. Zu den Handlungsfeldern zählt auch die Bekämpfung von Infektionsrisiken. Seit einigen Jahren unterliegt das französische Gesundheitssystem einem Prozess der Dezentralisierung [18, 19] , der vor allem in der Einrichtung regionaler Gesundheitsbehörden ("Agences Bundesgesundheitsbl https://doi.org/10.1007/s00103-021-03295-z © Der/die Autor(en) 2021 Zusammenfassung Die Herausforderungen der COVID-19-Pandemie stoßen in europäischen Gesundheitssystemen auf unterschiedliche institutionelle Strukturen und Handlungstraditionen. Dieser Beitrag befasst sich am Beispiel der öffentlichen Gesundheitsdienste (ÖGD) Schwedens, Frankreichs und Österreichs mit der Frage nach den Gemeinsamkeiten und Unterschieden bei den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung (Stand: November 2020). Österreich ist das unter den Vergleichsländern am wenigsten, Frankreich das am stärksten von der Pandemie betroffene Land. In allen analysierten Gesundheitssystemen existiert ein Spannungsverhältnis zwischen nationalstaatlichen und regionalen Zuständigkeiten. Frankreichs Gesundheitssystem ist besonders zentralistisch ausgerichtet, das schwedische stark regional und kommunal organisiert. Die Regierungen in den Nationalstaaten sind bestrebt, von Internationaler Vergleich · Öffentliche Gesundheitsdienste in Europa · COVID-19 · Prävention · Gesundheitspolitik The challenges posed by the COVID-19 pandemic face different institutional structures and traditions of action in the European health systems. This article uses the example of the public health services in Sweden, France and Austria to address the question of the similarities and differences in the measures taken to combat the pandemic (status: November 2020). Among the countries presented in this article, Austria is the least affected by the pandemic and France is the most affected. In all analysed health systems there is a tension between national and regional responsibilities. France's healthcare system is particularly centralized, while Sweden's is strongly regional and municipal. Governments in the nation states are striving to obtain pandemic containment powers independent of parliamentary decisions. Sweden differs from Austria and France in that its pandemic containment strategy is based primarily on recommendations and appeals rather than directives and bans. The sequences of action during the pandemic and, apart from Sweden, the instruments used to contain the pandemic are similar. The course of the pandemic and the measures taken in Austria and France show clear parallels with those in Germany. The protection of particularly vulnerable groups has not been sufficiently successful in all countries and remains a challenge to be met. International comparison · European public health services · COVID-19 · Prevention · Health policy Bundesgesundheitsblatt -Gesundheitsforschung -Gesundheitsschutz régionales de santé" -ARS) im Jahre 2010 zum Ausdruck kam [14] . Bei ihnen handelt es sich um regionale Untergliederungen des Zentralstaats. Landesweit gibt es insgesamt 26 dieser regionalen Gesundheitsagenturen [20] . Die ARS sollen die regionale Gesundheitsstrategie in enger Kooperation mit den betroffenen Akteuren (v. a. Städten und Gemeinden, Krankenkassen, Leistungserbringern) gestalten. Dabei sollen sie die traditionellen Grenzen zwischen medizinischer Versorgung, Public-Health-Orientierung und der gesundheitlichen und sozialen Fürsorge, insbesondere für vulnerable Gruppen, überwinden [20, 21] . Die Zuständigkeit der ARS schließt die Krankenhausversorgung, die ambulante Versorgung sowie die Gesundheitsförderung und Prävention ein. Sie schließen mit ihnen Vereinbarungen, verhandeln mit Leistungserbringern, führen die Bedarfsplanung im Krankenhaussektor durch und sind für die Gesundheitsberichterstattung verantwortlich. Die ARS klären über Krankheitsrisiken auf, entwickeln Konzepte zu gesundheitsförderlichem Verhalten und sind Träger gesundheitlicher Überwachungsaufgaben [21] . Hierzu zählen auch klassische gesundheitspolizeiliche Funktionen wie die Überwachung und Bekämpfung von Infektionsrisiken in einer Region. Auch die Sicherstellung der Versorgung in benachteiligten Regionen zählt zu ihren Aufgaben [22] . Die ARS sind dem Gesundheitsministerium unterstellt und ihre Direktorinnen und Direktoren werden vom Gesundheitsministerium ernannt [23] . Die Agenturen sollen nach zentralstaatlichen Vorgaben, nicht zuletzt zur Ausgabenbegrenzung, Strategien zur Gesundheitssicherung entwickeln und umsetzen und dabei regionale Besonderheiten berücksichtigen [18] . Somit sind sie nicht allein Instrumente für eine Regionalisierung der Gesundheitspolitik, sondern auch für die Durchsetzung zentralstaatlicher Steuerungsziele in den Regionen. Mit ihrem umfassenden Zuständigkeitsbereich handelt es sich bei ihnen um Gebilde, die im deutschen Gesundheitssystem in dieser Form nicht existieren. [27] . In manchen ARS habe in der Vergangenheit ein Personalabbau stattgefunden, der sich in der Pandemie schmerzlich bemerkbar mache [28] . Bei der Wahrnehmung der Aufgaben trat eine Vielzahl von Problemen auf. Vielerorts gab es wegen mangelnder Laborkapazitäten längere Wartezeiten auf einen Test. Personalmangel und die Verzögerung von Auswertungen erschwerten die Kontaktnachverfolgung. Die Corona-Warn-App hat sich als weitgehend unwirksam erwiesen. DerÖffentliche Gesundheitsdienst(ÖGD) ist im föderalen Mehrebenensystem Österreichs im Wesentlichen auf der Landesebene verankert. Seine Aufgaben werden im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung auf Landes-und Bezirksebene wahrgenommen [29] . In den letzten Jahren trat die historisch gewachsene föderale Heterogenität von Organisation, Aufgaben und Struktur des ÖGD in den Hintergrund und es gewann die bundeseinheitliche Definition von Aufgaben an Bedeutung [29] . Der ÖGD handelt u. a. als Kontroll-und Aufsichtsorgan in Einrichtungen des Gesundheitssystems und beobachtet mögliche neue Gesundheitsgefahren, die bspw. durch Naturkatastrophen oder neue Infektionskrankheiten entstehen. Weiter führt er Aufsicht über die Ausbildung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe [30] . Die Wochen deutlich reduziert werden. So sank die Zahl der täglichen Neuinfektionen von etwa 800 in der letzten Märzwoche auf unter 50 in der ersten Maiwoche [33] . Im Gegensatz zu den strikten Einschränkungen des öffentlichen Lebens war das Testgeschehen teils harscher Kritik ausgesetzt. Neben der als zu gering angesehenen Testkapazität wurden lange Wartezeiten, sowohl bei der Coronahotline 1450 wie auch bei den Testergebnissen, beklagt. Nach einer schrittweisen Öffnung unter Hygieneauflagen und Maskenpflicht im April und Mai 2020 wurden im Zuge der steigenden Fallzahlen im Juni und Juli wieder sukzessive Einschränkungen vorgenommen. Wie in weiten Teilen Europas stiegen die Infektionen im Herbst weiter an und übertrafen die Zahlen vom Frühjahr teils erheblich. Anfang September führte die Bundesregierung ein Am-pelsystem ein, welches das Infektionsgeschehen in 4 Stufen auf Bezirksebene abbildet und zur Einleitung entsprechender Maßnahmen anhalten soll. Die Datenlage wird von einer Kommission aus Expertinnen und Experten sowie Politikerinnen und Politikern wöchentlich analysiert und aktualisiert. Die mit der Ampel verbundenen Maßnahmen sind jedoch nur teilweise auf Bundesebene rechtsverbindlich geregelt und die einzelnen Bundesländer behalten sich eigene Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie vor. Hier zeigt sich die wie in Deutschland starke Kompetenz der Länderebene auf dem Gebiet des Infektionsschutzes und der öffentlichen Gesundheit. Bundesweit geltende Maßnahmen können nur durch politische Aushandlungsprozesse erreicht werden und stellen lediglich einen gemeinsamen Mindeststandard dar, von dem die Bundesländer und die Bezirksebene abweichen können. Während die Bundesländer also einen erheblichen Einfluss auf die zu treffenden Maßnahmen haben, obliegen die Ausführung und Kontrolle zuvorderst der Bezirks-und der Gemeindeebene. Anders als in Deutschland, wo die einzelnen Gesundheitsämter über Testungen entscheiden, gilt in Österreich eine nationale Teststrategie des Gesundheitsministeriums, die festlegt, in welchen Fällen Testungen vorgenommen werden. Das Ministerium entscheidet auch über Art und Länge von Quarantänemaßnahmen. Eine Änderung der Teststrategie ermöglicht seit Ende Oktober 2020 nun zum einen die Nutzung von Antigenschnelltests im Rahmen der Kontaktnachverfolgung, zum anderen die Testung symptomatischer Personen beim Hausarzt, sofern die Praxis an dem freiwilligen Programm mit Kostenerstattung über die Sozialversicherung teilnimmt. Im Laufe des November 2020 wurden zunächst Museen, Theater, Kinos und Restaurants und anschließend auch fast alle Läden erneut geschlossen und der Unterricht wieder auf Distanzlehre umgestellt. Mit der Anfang Dezember 2020 in Kraft getretenen 2. COVID-19-Schutzverordnung galten zwischen 20:00 Uhr und 6:00 Uhr weitgehende Ausgangsbeschränkungen. Im Gegen-zug durften Handel und Gastronomie wieder tagsüber öffnen und Schulen den Regelbetrieb wieder aufnehmen. Weiterhin begann Österreich Corona-Massentests, um erneut Kontrolle über das Infektionsgeschehen zu gewinnen. Eine Umfrage inBehördenaus dem Frühjahr 2020 deutet darauf hin, dass es bis zu diesem Zeitpunkt nur wenige Probleme beim Umgang mit der Pandemie gab. So gingen die Befragten davon aus, dass die Herausforderungen sehr gut zu bewältigen seien. Als Erfolgsfaktoren wurden interne und externe Strukturveränderungen, z. B. Personalumschichtungen sowie der Netzwerkausbau und eine intensivere Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen und der Privatwirtschaft, benannt [33] . Dies wandelte sich im Herbst jedoch mit dem starken Anstieg der Infektionszahlen auf über 5000 Neuinfektionen pro Tag Ende Oktober und über 8000 am Ende der ersten Novemberwoche [34] . Seit Anfang November zeigte auch das Ampelsystem ein flächendeckend hohes Infektionsrisiko (BMSGPK 2020). Bereits im September und Oktober wurde von zu langen Wartezeiten bei Testergebnissen [35] und Problemen bei der Kontaktnachverfolgung [36] [37] [38] berichtet. Zum Ende Oktober 2020 scheint sich die Situation weiter zu verschärfen. So berichten mehrere Medien, dass die Kontaktnachverfolgung mit dem verfügbaren Personal kaum noch zu leisten sei [36] [37] [38] . Organisation der Gesundheitsdienste und Verhältnis der Handlungsebenen Im Vergleich der hier betrachteten Länder wird deutlich, dass die jeweiligen öffentlichen Gesundheitsdienste sehr unterschiedlich organisiert sind. Diese Unterschiede kommen auch in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zum Tragen. Eine an quantitativen Indikatoren wie Infektionszahlen oder Sterbefällen orientierte Bewertung des Pandemiemanagements in den verschiedenen Staaten ist kaum möglich. Denn nicht nur Testkapazitäten und Testungspraxis unterscheiden sich von Land zu Land und veränderten sich im Zeitverlauf ebenso die Definition und Erfassung von Todesfällen im Zusammenhang mit der SARS-CoV-2-Infektion. Hinzu kommen Unterschiede in den Bedingungen, die für die Verbreitung des Virus relevant sind, wie Bevölkerungsdichte und Siedlungsstruktur, geografische Lage, transnationale und Binnenmobilität sowie Lebensstandard und Ausprägung sozialer Ungleichheiten. Allerdings lässt sich länderübergreifend mit einiger Bestimmtheit feststellen, dass der Schutz besonders vulnerabler Gruppen in allen Ländern nur unzureichend gelungenistund eine beständige Herausforderung bleibt. Dies betrifft nicht nur die in der Öffentlichkeit benannten Hochrisikogruppen wie Alte und chronisch Kranke. Darüber hinaus wäre es auch erforderlich, die besondere Situation sozial Benachteiligter zu berücksichtigen und die diversen Bevölkerungsgruppen kultursensibel anzusprechen. Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger Fakultät für Gesundheitswissenschaften Arbeitsgruppe "Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik, Gesundheitssoziologie", Universität Bielefeld Postfach 10 01 31, 33501 Bielefeld, Deutschland thomas.gerlinger@uni-bielefeld.de Funding. Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Interessenkonflikt. T. Gerlinger, P.F. Schmidt und C. Lückenbach geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien. Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. International health care system profiles -Sweden Our mission Brief facts and organization About the National Board of Health and Welfare The role of the National Board of Health and Welfare during the COVID-19 response in Sweden The first eight months of COVID-19 strategy and the key actions and actors that were lnvolved Swedish policy analysis for Covid-19 Covid-19 in schoolchildren. A comparison between Finland and Sweden Krisinformation (2020) Restrictions and prohibitions The COVID-19 pandemic and the Swedish strategy. Epidemiology and postmodernism. SSM Popul Health Mortality analyses Analys av det tillfälliga förbudet mot besök inom särskilda boendeformer för äldre La réforme des systèmes de santé, 8. Aufl. Presses Universitaires de France European coronationalism? A hot spot governing a pandemic crisis Organisation de la direction générale de la santé (DGS) France: squaring the health spending circle? In: Pavolini E, Guillèn AM (Hrsg) Health care systems in Europe under austerity: institutional reforms and performance Sociologie politique de la santé France: health system review Le rôle de l'État dans la régulation de l'assurance maladie The role of professional groups in policy change: physician's organizations and the issue of local medical provision shortages in France and Germany Frankreich: Gesundheitspolitik weiter "en marche Etat d'urgence sanitaire: le Parlement devant le fait accompli Test de dépistage: quelles sont les personnes prioritaires? COVID-19 health system response monitor: France Coronavirus: pourquoi les Agences Régionales de Santé sont-elles sous le feu des critiques ? Covid-19: les agences régionales de santé sous le feu des critiques Handbuch ÖGD. Handbuch für den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Österreich Rechtliche Grundlagen und Meldung übertragbarer Krankheiten Betroffenheit und Reaktionen der österreichischen Kommunen in der COVID-19 Pandemie COVID-19 dashboard Länder beklagen, dass Contact-Tracingnichtfunktioniert-Kurz willNachbesserungen von Wien Zuwachs an Fällen kaum mehr abzuarbeiten Contact Tracing in der Stadt Salzburg vorübergehend im Notbetrieb Immer höhere Fallzahlen im Westen