key: cord-0981494-b3bu2r1o authors: Peuckmann-Post, Vera; Hagedorn, Carolin; Krumm, Norbert; Rolke, Roman; Elsner, Frank title: Wahrnehmungen zum Umgang mit Opioiden: Fokus COVID-19: Freitext-Analyse einer Umfrage in Anästhesiologie/Intensivmedizin, Innerer Medizin und Palliativmedizin date: 2022-01-24 journal: Schmerz DOI: 10.1007/s00482-021-00620-y sha: d924b1a89b001e3a94ba4126b5271196c39c67b7 doc_id: 981494 cord_uid: b3bu2r1o BACKGROUND: Opioids efficiently manage pain and dyspnea. However, guidelines on symptom management with opioids differ, which may lead to uncertainty among medical staff concerning opioid indication and ethical implication, especially when caring for COVID-19 patients. AIMS: We aimed to examine the perception of morphine/opioid (M/O) administration for symptom control within and outside palliative care, including care for COVID-19 patients, among members of the German associations for palliative medicine, internal medicine, anesthesiology and intensive care. METHODS: Participants received an anonymized online questionnaire via Survey Monkey® (Momentive Inc., San Mateo, CA, USA) regarding their general perception of symptom management with M/O. These results have been published elsewhere. For systematic and structural analysis of comments in the free-text field, we chose Phillip Mayringʼs method of summarizing qualitative content analysis. RESULTS: Of the n = 2202 persons who participated, 339 wrote comments in the free-text field which were categorized as follows: main categories 1) personal perceptions of COVID-19 patients, 2) administration and effect of M/O, 3) observations within the palliative care field, 4) imparting knowledge concerning M/O usage and palliative care, and 5) others. CONCLUSIONS: Some participants reported very personal perceptions and deficits of the healthcare system, especially when caring for COVID-19 patients. Uniform interdisciplinary guidelines for symptom control, more education, and support by trained staff confident in symptom control should be increasingly considered in the future. Umfrage zur Wahrnehmung des Umgangs mit Morphin/Opioiden (M/O) unter Mitgliedern der Fachgesellschaften für Palliativmedizin, Innere Medizin, Anästhesiologie und Intensivmedizin durch [23, 24] . Die quantitativen Daten bestätigten eine teils große Unsicherheit, welche wir nun durch qualitative Analyse der persönlichen Kommentare im Freitextfeld "Weitere Anmerkungen" zur Umfrage näher charakterisierten. Auf Grundlage von Interviews mit Ärzt:innen und Pflegenden innerhalb wie außerhalb der Palliativmedizin (PM) (Einzelinterviews und Fokusgruppeninterview, nicht publiziert) sowie auf der Grundlage internationaler Literatur identifizierten wir häufige Fragestellungen und Assoziationen zur Wahrnehmung des Umgangs mit Morphin/Opioiden (M/O) in der Symptomkontrolle. Aus diesen entwickelten wir einen elektronischen Fragebogen, und sechs Personen(vier Ärzt:innen, zweiPflegende) testeten die Benutzerfreundlichkeit und technische Funktionalität vor dem Einsatz. Um einen Vergleich innerhalb versus außerhalb der PM abbilden zu können, kontaktierten wir folgende Fachgesellschaften: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), Berufsverband Deutscher Anästhesisten e. V. (BDA) und Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Die Mitglieder erhielten eine E-Mail über die jeweiligen E-Mail-Verteiler der Sekretariate mit einem Link zu einer freiwilligen, anonymisierten Online-Umfrage (Survey Monkey ® ; Momentive Inc., San Mateo, CA, USA) in den Monaten September bis November 2020. Zur besseren Charakterisierung der Teilnehmenden baten wir das Ausmaß einer Tätigkeit in der PM ("gar nicht", "teilweise", "vollständig/ überwiegend") anzugeben. Im Fragebogen erläuterten wir Begriffe wie "innerhalb"/"außerhalb" der PM, und informierten über Initiatoren, Zeitangabe zur Durchführung und Anonymisierung. Die Eingabe erfolgte manuell, und es war möglich, einzelne Fragen unbeantwortet zu überspringen sowie im Freitextfeld "Weitere Anmerkungen" Kommentare zu hinterlassen. Die Teilnahme war nur einmalig möglich (IP-Adressen-Registrierung durch SurveyMonkey ® ). Zur systematischen und strukturierten Auswertung aller Kommentare des Freitextfelds wurde Phillip Mayrings Methode der zusammenfassenden qualitativen Inhaltsanalyse gewählt [20] . Alle Inhalte wurden im Sinne eines induktiven Vorgehens in einem Kategoriensystem mit Hauptkategorien, Sub-Kategorienund Sub-Sub-Kategorien strukturiert. Die Analyse erfolgte anschließend manuell und das Anmerkungsmaterial wurdeinzweiDurchgängen analysiert. Geprüft wurden das Kategoriensystem, die inhaltliche Strukturierung und Codierungen nachfolgend durch eine zweite Autorin. Bei Dissens stellte die zweite Autorin das Thema zur Diskussion im Autor:innen-Team, bis ein Konsens gefunden wurde. Analysiert wurden insgesamt 339 Kommentare von 2202 Teilnehmenden. Bei DGP-Teilnehmenden handelte es sich primär um Ärzt:innen und Pflegende, während bei DGAI/BDA und DGIM primär Ärzt:innen teilnahmen. In der . Tab. 1 Mehr Konsens bei den Fachgesellschaften wäre hilfreich! Es gab in den letzten Jahren in der Fachpresse eine 180-Grad-Wendung von "wir verordnen zu wenig Opioide" zu "wir verordnen viel zu viele Opioide", ohne dass für mich nachvollziehbar wurde, warum -und ohne klare Maßstäbe, was "zu viel" oder "zu wenig" ist. (20/194 [23, 24] . Die Auswertung belegte Unsicherheiten im Umgang mit Opioiden, die sich in den bereits publizierten quantitativen Daten zeigten: So nahmen drei von vier Ärzt:innen (Mitgliedschaft DGAI/BDA) den Umgang mit M/O bei der Betreuung COVID-19-Erkrankter nicht als "klar und geregelt" für den Bereich außerhalb der Palliativmedizin (PM) wahr. Bedenkt man die teils heterogenen Empfehlungenunterschiedlicher Leitlinien zur Therapie der Dyspnoe während des Umfragezeitpunkts [16] [17] [18] 28] , so wundert diese wahrgenommene Unsicherheit und Unklarheit nicht. Vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie, die das Personal durch steigenden Druck und Leid der Patient:innen belastet [26] , erscheint ein sicherer Umgang mit Opioiden umso wichtiger. Einerseits wird vor unsachgemäßer Verordnung von Opioiden und nichtmedizinischem Gebrauch im Rahmen der Opioidkrise in den USA gewarnt [2] , und auch für Deutschland werden sich verändernde Handlungsempfehlungen beschrieben [22] . Aus bevölkerungsbasierten Studien ist sogar eine erhöhte Mortalität bei Patient:innen mit chronischen Nichttumorschmerzen unter der Einnahme starker Opioide bekannt, verglichen mit Personen ohne chronische Schmerzen [27] . Andererseits sehen internationale Autoren durch die aktuell restriktive Haltung eine Unterversorgung von Patient:innen mit Krebsoder postoperativen Schmerzen [2] . Diese wechselnden Empfehlungen im Laufe der Jahre, die von anderen Autoren sogar als "Opioidpendel zwischen unkritischer Indikation und überkritischer Restriktion" bezeichnet wurden [22] , werden von einigen Teilnehmenden kritisiert. Es stellt sich die Frage, warum verschiedene Fachgesellschaften zu teils unterschiedlichem Konsens finden, wenn doch Empfehlungen zur Therapie standardisiert erfolgen und auf derselben verfügbaren Literatur basieren [3, 5] . Die zum Zeitpunkt der Umfrage aktuelle S3-Leitlinie "Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19" hingegen veranschaulicht erneut, dass bislang vorhandene allgemeine Empfehlungen zur Symptomkon-trolle von Dyspnoe und Schmerz nicht selbstverständlich übernommen wurden: Worte wie "Opioide" und "Benzodiazepine" sowie konkrete Medikamentenangaben zur Symptomkontrolle fanden erst während der dritten Pandemiewelle Einzug in die revidierte Version dieser Leitlinie vom 17.05.2021, bei der in aktualisierter Form auch die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin beteiligt war [16, 17] . Ein aktueller Artikel zum Schmerzmanagement in der Inneren Medizin [9] beleuchtet Schwierigkeiten bei einer bundesweiten Erhebung zu Struktur-und Prozessdaten, und beschreibt ein "häufig ausdrückliches Desinteresse am Thema Schmerzmanagement". Die Autor:innen folgern auf der Basis vorhandener Literatur, dass "Defizite in der Versorgungsqualität im konservativen Bereich denen der operativen Bereiche entsprechen" sowie Hinweise auf eine noch ausgeprägtere "Unter-und Fehlversorgung mit ausbleibender oder verzögerter Therapie von Schmerzen in den nicht-operativen Bereichen". In ihrer eigenen Erhebung sehen sie Verbesserungspotenzial bei organisatorischen Rahmenbedingungen wie der Implementierung von Behandlungsstandards, schriftlichen Vereinbarungen und regelmäßiger Qualitätssicherung. Sie empfehlen, der Erfassung von "patient-reported outcomes" zukünftig eine größere Bedeutung zukommen zu lassen. Die Ergebnisse unserer Studie festigen den Eindruck von Wissens-und Erfahrungsdefiziten im Bereich des Umgangs mit Opioiden im ärztlichen und pflegerischen Bereich [23] . Die aktuelle qualitative Analyse veranschaulicht, dass die Wahrnehmungen zum Umgang mit Opioiden von einem selbstverständlichen Umgang bis hin zu Ängsten, wahrgenommenem Fehlgebrauch und großer Unsicherheit zu Regelungen bezüglich des Umgangs mit Opioiden reichen. Spezifische Lehre und Fortbildungsangebote könnten hier helfen, unbegründete Befürchtungen abzubauen oder zu relativieren. Hingegen zeigen Anmerkungen wie "Atemdepression ist beim sinnvollen Umgang mit Opioiden eine therapeutische Stärke" ein tieferes und fundiertes Verständnis im Gebrauch von Opioiden, denn die Gabe von Opioiden wirkt sich senkend auf die Atemfrequenz bei Tachypnoe aus [25] . Diese differenzierte Wahrnehmung sollte in zukünftigen Leitlinien entsprechend dargestellt werden, um Kolleg:innen mit wenig Erfahrung im Umgang mit Opioiden die Wirkung zu verdeutlichen und einer übertriebenen "Opiophobie" entgegenzuwirken. Die fachliche Unterstützung kann auch durch einen weiteren Ausbau der Palliativmedizin gefördert werden. So wurde schon zu Beginn der Pandemie der Palliativmedizin eine Schlüsselrolle in der Versorgung von Patient:innen zugeschrieben. Sie wurde als "essenzielle Antwort auf die COVID-19-Pandemie" bezeichnet, da sie flexibel und bedarfsangepasst reagieren konnte [6, 19, 26] . Für die Kardinalsymptome Dyspnoe und Unruhe von COVID-19-Erkrankten in palliativer Situation wurden Opioide und Benzodiazepine mit gutem Erfolg bereits in niedrigen Dosierungen verabreicht [1, 13, 19] . Insbesondere einem palliativmedizinischen Konsildienst wird eine große Bedeutung zugemessen, was sich die Teilnehmenden auch in der quantitativen Analyse eindeutig gewünscht hatten [23] . Ein interdisziplinär tätiger Konsildienst kann sowohl direkt Patient:innen einschätzen und mitbehandeln als auch eine wertvolle Unterstützung für die Kolleg:innen anderer Fachrichtungen darstellen. Da Anästhesist:innen insbesondere interdisziplinär arbeiten und die Palliativmedizin oft mit der Anästhesie oder Inneren Medizin assoziiert ist, liegt ein weiterer, möglichst patienten-und bedarfsorientierter Ausbau dieser Strukturen nahe [2, 10, 14] . Ausbildung und Lehre insbesondere im Rahmen früher Integration von Palliativmedizin sind wichtig [8] . Einer frühen Integration von Palliativmedizin sowie ihrer übergeordneten, interdisziplinären Organisation wird von internationalen Autor:innen nicht nur eine Verbesserung im klinischen Outcome und z. B. Aspekten wie einer Vorbeugung von nichtmedizinischem Opioid-Verhalten zugeschrieben [2, 15, 21] , sondern auch eine besondere Rolle in Forschung und Ausbildung von medizinischem Personal [2] . Die Etablierung einer solch übergeordneten Versorgungsstruktur in der Palliativmedizin könnte sogar eine organisatorische Resilienz fördern [2, 4, 11, 14] und lösungsorientiert viele hier von den Teilnehmenden genannte Probleme adressieren. Von einigen Teilnehmenden wurde trotz erläuternder Einführung im Fragebogen kritisiert, dass nicht immer klar war, um welche Situationen es sich in den gestellten Fragen handelte. So wurde geäußert, dass die Unterscheidung zwischen innerhalb und außerhalb der PM bzw. der Wahrnehmung des eigenen Fachbereichs versus des Bereichs anderer teils als unscharf wahrgenommen wurden. Der Bereich "außerhalb der PM" bezieht sich auf sämtliche andere Fachbereiche und kann sehr heterogen verstanden worden sein. Zusammengefasst sollte die Bereichszuordnung als grobe Einschätzung eingeordnet werden. Ebenso wurde die Verwendung des Begriffs "Morphin" stellvertretend für "Opioide" kritisiert. Einige Teilnehmende äußerten selbst, dass sie keine COVID-19-Erkrankten behandelt hätten, sodass sie zu Fragen mit COVID-19-Bezug nicht Stellung nehmen konnten. Die Unsicherheiten im Umgang mit Opioiden sind vielfältig und sollten unbedingt durch mehr Lehre, einen weiteren Auf-und Ausbau von Palliativdiensten in Krankenhäusern sowie einheitliche, fachübergreifende Leitlinien mit standardisierten medikamentösen Empfehlungen zur Symptomkontrolle adressiert werden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. An audit of end-of-life symptom control in patients with corona virus disease 2019 (COVID-19) dying in a hospital in the United Kingdom Independent research on cancer pain management in the setting of early palliative care: a flywheel to counteract general opioid misuse and abuse Opioids for the palliation of refractory breathlessness in adults with advanced disease and terminal illness Integrating supportive and palliative care in the trajectory of cancer: establishing goals and models of care Appraisal of guidelines for research & evaluation II -AGREE II instrument Necessity is the mother of invention': specialist palliative care service innovation and practice change in response to COVID-19. Results from a multinational survey (CovPall) Attitudes, beliefs, practices, and concerns among clinicians prescribing opioids in a large academic institution Appraisal of guidelines for research & evaluation II -AGREE II instrument Pain management in departments of internal medicine: results of a national survey on structures and processes of care Role of anesthesiology in pain medicine and palliative care treatment in German hospitals: survey of departmentheadsofanesthesiologyontreatment structures Integration of palliative care into COVID-19 pandemic planning Recommendations of the second update of the LONTS guidelines: long-term opioid therapy for chronic noncancer pain COVID-19 and hospital palliative care-a service evaluation exploring the symptoms and outcomes of 186 patients and the impact of the pandemic on specialist hospital palliative care Modelsofsupportive care in oncology Integration of oncology and palliative care: a Lancet Oncology Commission S3-Leitlinie -Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 S3-Leitlinie -Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 2020) Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung Characteristics, symptom management and outcomes of 101 patients with COVID-19 referred forhospitalpalliativecare Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken Early, integrated palliative rehabilitation improves quality of life of patients with newly diagnosed advanced cancer: the Pal-Rehab randomized controlled trial And the opioid pendulum still swings between uncritical indication and overcritical restriction Wahrnehmungen zum Umgang mit Opioiden bei COVID-19: Eine Umfrage unter Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Wahrnehmungen zum Umgang mit Opioiden: Fokus COVID-19 The use of intranasal fentanyl for the palliation of incident dyspnea in advanced congestive heart failure: a pilot study The key role of palliative care in response to the COVID-19 tsunami of suffering A population-based cohort study on chronic pain: the role of opioids S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit chronisch obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (COPD) Perceptions on the use of opioids: focus on COVID-19. 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Uniform interdisciplinary guidelines for symptom control, more education, and support by trained staff confident in symptom control should be increasingly considered in the future. Dyspnea · Symptom management · Qualitative analysis · Palliative care · Survey