key: cord-0971528-9xx205tm authors: Haller, Julia; Kocalevent, Rüya-Daniela; Nienhaus, Albert; Peters, Claudia; Bergelt, Corinna; Koch-Gromus, Uwe title: Anhaltende Fatigue als Folge einer COVID-19-Infektion bei Beschäftigten im Gesundheitswesen: Risikofaktoren und Auswirkungen auf die Lebensqualität date: 2022-03-17 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-022-03511-4 sha: 8c73db863d23da72b9e188bf6910a9b6cb8ba043 doc_id: 971528 cord_uid: 9xx205tm BACKGROUND AND OBJECTIVES: Employees from medical and nursing professions are at increased risk for a SARS-CoV‑2 infection and thus more frequently affected by COVID-19 sequelae. Previous studies have identified post-viral fatigue as the most common sequelae. The aim of this study was to investigate risk factors and effects induced by clinically relevant fatigue symptoms following a COVID-19 infection of healthcare workers. METHODS: In the spring of 2021, 4315 insured members of the Statutory Accident Insurance and Prevention in the Health and Welfare Service were contacted for a written survey on their COVID-19 disease in 2020 and its sequelae. Information on Symptoms of acute infection, disease sequelae, and potential risk factors were collected, as well as the physical and mental health status after SARS-CoV‑2 infection. The general fatigue scale of the Multidimensional Fatigue Inventory (MFI) was used as fatigue screening. Regression analyses and multivariate analyses of variance were calculated for data analysis. RESULTS: Of the respondents, 10.7% showed severe fatigue symptoms. Identified risk factors for clinical fatigue symptoms included preexisting mental and respiratory conditions and severity of acute infection. Furthermore, severe long-/post-COVID fatigue was associated with higher psychological distress, lower health-related quality of life, and more frequent incapacity to work. CONCLUSIONS: Severe long-/post-COVID fatigue is associated with a high level of distress, which requires specific rehabilitation approaches and poses a challenge to the social insurance agencies and accident insurers to develop appropriate rehabilitation concepts. Das Coronavirus SARS CoV-2 (Severe Acute Respiratory Syndrome Corona Virus Type 2) löste 2019 ein bis heute bestehendes weltweites Pandemiegeschehen aus. Dabei verursacht SARS-CoV-2 die Erkrankung COVID-19, die verschiedene Organe und Systeme betreffen kann [1] . In der Bekämpfung der weltweiten Coronapandemie kommt Menschen aus medizinisch-pflegerischen Berufen eine zentrale Rolle zu. Gleichzeitig waren und sind Menschen aus diesen Berufsgruppen insbesondere bei Patient:innenkontakt einem sehr Die Autor:innen C. Bergwelt und U. Koch-Gromus haben gleichermaßen zum Manuskript beigetragen und teilen sich die Letztautor:innenschaft. hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt [2, 3] und waren im Jahr 2020 besonders häufig von Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einer COVID-19-Diagnose betroffen [4] . Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) verzeichnete von Januar 2020 bis September 2021 insgesamt 118.566 meldepflichtige SARS-CoV-2-Fälle 1 (Prof. Albert Nienhaus, persönliche Mitteilung, 30.09.2021). Die BGW ist der Unfallversicherungsträger für die private Kranken-und Wohlfahrtspflege einschließlich der Kirchen und anderer Nichtregierungsorganisationen. Entsprechend umfasst die BGW-Datenbank nicht die Beschäftigten in staatlichen Krankenhäusern [5] . 1 Von einem meldepflichtigen Fall wird dann gesprochen, wenn ein begründeter Verdacht auf eine COVID-19-Erkrankung durch PCR-Test oder Symptome sowie begründeter Verdacht auf beruflichen Zusammenhang und fehlenden Hinweis auf private Ursache bestand. Versicherungsfälle, die im Jahr 2020 erkrankt, aber bis Februar 2021 nicht gemeldet wurden (= Nachmeldungen), wurden nicht mitberücksichtigt. schlossenen Studien [6, 8, 9] . Generell legen bisherige Daten eine Abhängigkeit der Prävalenz von der untersuchten Bevölkerungsgruppe und deren Risikofaktoren nahe. Zwar weisen Risikoanalysen auf einen Zusammenhang zwischen der Schwere der Erkrankung und dem Auftreten von bestehenden Beschwerden hin [10] , jedoch wird das Post-COVID-Syndrom auch bei milden COVID-19-Akutverläufen beobachtet [8] . Bisherige Studien zu Long-/Post-COVID in der Allgemeinbevölkerung deuten auf massive Einschränkungen hinsichtlich Aktivität, Teilhabe und Lebensqualität hin [11] . Erste Ergebnisse zur Wirksamkeit von rehabilitativen Interventionen zur Behandlung von Spätsymptomen zeigen, dass Rehabilitationsmaßnahmen die Genesung nach einer SARS-CoV-2-Infektion beschleunigen können [12, 13] . Betroffene des Post-COVID-Syndroms berichten am häufigsten von Symptomen, die unter dem Begriff "Fatigue" zusammengefasst werden [6] . Darunter fallen Symptome wie anhaltende Müdigkeit, eine verminderte Leistungsfähigkeit oder eine schnelle Erschöpfbarkeit (Post-Exertional Malaise). Häufig werden Fatiguesymptome auch von Kopf-und Gliederschmerzen und einer verminderten Konzentrationsfähigkeit begleitet. Entsprechend gilt das Vorliegen von Fatiguesymptomen als Risikofaktor für eine geringere Lebensqualität [9] . Anhaltende Fatiguesymptome sind dabei keine neuartige Erscheinung nach einer COVID-19-Infektion, sondern werden auch nach Infektionen mit anderen Viren, wie dem Epstein-Barr-Virus, dem humanen Herpesvirus oder Influenzaviren beobachtet und daher allgemein auch als "postvirales Fatiguesyndrom" bezeichnet [14] [15] [16] Von Februar bis April 2021 wurden alle SARS-CoV-2-meldepflichtigen Fälle der Bezirksverwaltungen Köln und Dresden der BGW aus dem Jahr 2020 (N = 4315), davon 78 % weiblich, für eine schriftliche Befragung zur Nachverfolgung von Long-/Post-COVID-Erkrankungsverläufen angeschrieben. In dem Selbstauskunftsfragebogen wurden Symptome der Akutinfektion sowie weiterhin bestehende Symptome listenweise erfragt. Dabei wurden die Befragten gebeten sowohl auf sie zutreffende als auch nichtzutreffende Symptome entsprechend anzukreuzen. Fehlte die Angabe zu einem Symptom, wurde es bei der Auswertung als nicht vorhanden gewertet. Soziodemografische Daten inklusive des beruflichen Hintergrunds und des Erwerbsstatus wurden ebenso erhoben wie gesundheits-und versorgungsbezogene Daten zum allgemeinen Gesund-heitsverhalten, zum subjektiven Gesundheitszustand vor und nach der COVID-19-Infektion, zu Vorerkrankungen, zur COVID-19-Infektion (Art der Testung und Testergebnis), Behandlung der Akuterkrankung, zur medizinischen Nachsorge und Rehabilitation sowie zur Leistungs-und Arbeitsfähigkeit vor und nach der COVID-19-Infektion. Als Screeninginstrument für Fatiguesymptome wurde eine deutsche Übersetzung der Skala "Allgemeine Erschöpfung" des Multidimensional Fatigue Inventory (MFI) verwendet. Das MFI ist ein 20 Items umfassendes Selbstauskunftsinstrument zur Messung von Fatigue und wurde in der englischen Version unter anderem an Patient:innen validiert, die an einem chronischen Fatiguesyndrom leiden [17, 18] . Die Skala "Allgemeine Erschöpfung" umfasst 4 Items, die auf einer 5-stufigen Likert-Skala (von "yes, that is true" bis "no, that is not true") beantwortet werden. Die Skala erfasst sowohl körperliche als auch psychologische Aspekte von Müdigkeit und Leistungsfähigkeit und wird daher auch als Screening inderDiagnostikvonFatiguesymptomen eingesetzt [19] . In der hier verwendeten deutschen Version werden die Items auf einer 11-stufigen Skala ("0 = überhaupt nicht" bis "10 = maximal") beantwortet. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde mit dem VR-12 (Veterans RAND 12-Item Health Survey) erhoben, der die beiden Subskalen körperliche Summenskala (PCS_90) und psychische Summenskala (MCS_90) beinhaltet [20] . Die interne Konsistenz der Summenskalen des VR-12 ist als akzeptabel bis gut zu bewerten. Höhere Werte in den Summenskalen entsprechen einer höher ausgeprägten körperlichen und psychischen Lebensqualität. Zur Erfassung von Depressivität und Angst wurde der PHQ-4 (Patient Health Questionnaire for Depression and Anxiety-4) eingesetzt, der aus jeweils 2 Items zu Depressionsbzw. Angstsymptomen besteht [21] . Das Instrument weist eine hohe Reliabilität auf. In der Gesamtstichprobe wurden die zentralen statistischen Kennwerte der Postvirale Fatigue · Post-COVID · COVID-19 Survivors · Chronisches Fatigue-Syndrom · Rehabilitation Background and objectives. Employees from medical and nursing professions are at increased risk for a SARS-CoV-2 infection and thus more frequently affected by COVID-19 sequelae. Previous studies have identified post-viral fatigue as the most common sequelae. The aim of this study was to investigate risk factors and effects induced by clinically relevant fatigue symptoms following a COVID-19 infection of healthcare workers. Methods. In the spring of 2021, 4315 insured members of the Statutory Accident Insurance and Prevention in the Health and Welfare Service were contacted for a written survey on their COVID-19 disease in 2020 and its sequelae. Information on Symptoms of acute infection, disease sequelae, and potential risk factors were collected, as well as the physical and mental health status after SARS-CoV-2 infection. The general fatigue scale of the Multidimensional Fatigue Inventory (MFI) was used as fatigue screening. Regression analyses and multivariate analyses of variance were calculated for data analysis. Results. Of the respondents, 10.7% showed severe fatigue symptoms. Identified risk factors for clinical fatigue symptoms included preexisting mental and respiratory conditions and severity of acute infection. Furthermore, severe long-/post-COVID fatigue was associated with higher psychological distress, lower health-related quality of life, and more frequent incapacity to work. Conclusions. Severe long-/post-COVID fatigue is associated with a high level of distress, which requires specific rehabilitation approaches and poses a challenge to the social insurance agencies and accident insurers to develop appropriate rehabilitation concepts. Post-viral fatigue · Post-COVID · COVID-19 survivors · Chronic fatigue syndrom · Rehabilitation Skala "Allgemeine Erschöpfung" des MFI erhoben und mit Daten einer Stichprobe gesunder Personen sowie einer Stichprobe von Personen mit CFS aus einer Validierungsstudie des MFI verglichen [18] . Für den Vergleich wurde die Skala "Allgemeine Erschöpfung" entsprechend der englischsprachigen Originalskalierung transformiert (0-2 = 1, 3-4 = 2, 5-6 = 3, 7-8 = 4, 9-10 = 5). Um mögliche Risikofaktoren zu untersuchen, die mit der späteren Entwick-lung einer Long-/Post-COVID-Fatigue zusammenhängen, wurde eine multiple Regressionsanalyse durchgeführt. In dieses Regressionsmodell wurden als Prädiktoren eingeschlossen: Geschlecht, Alter, berufliche Tätigkeit, Rauchen, Body-Mass-Index (BMI), der subjektive Gesundheitszustand vor der COVID-19-Infektion, Vorerkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen, psychische Beeinträchtigung, Erkrankungen des Urogenital-systems, Hauterkrankungen, Hormon-/ Stoffwechselerkrankungen), Symptome während der Akuterkrankung (Husten, Schnupfen, Halsschmerzen, Luftnot, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Gliederschmerzen, Übelkeit, Durchfall, Fieber, Geruchs-/Geschmacksstörungen, Müdigkeit) und Schwere der Akuterkrankung (Hospitalisierung, intensivmedizinische Behandlung, Beatmung). Die Variablenauswahl erfolgte durch Rückwärtsselektion. Insgesamt nahmen N = 2052 Versicherte der BGW im Frühjahr 2021 an der Befragung zu ihrer COVID-19-Erkrankung im Jahr 2020 teil (Rücklaufquote: 47,6 %). Ausgeschlossen wurden alle Teilnehmenden, die nicht positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren oder dazu keine Angaben machten (n = 11). Weitere 6 Teilnehmende machten keine Angabe über ihre be- Insgesamt weisen 10,7 % (n = 217) der vorliegenden Stichprobe klinisch relevante Fatiguewerte (≥ 16) auf, die mit CFS-Betroffenen vergleichbar sind. Davon gaben 95,6 % an, seit der COVID-19-Infektion an diesen Symptomen zu leiden. 77,3 % der Stichprobe (n = 1574) gaben an, an Long-/Post-COVID-Beschwerden zu leiden, wiesen jedoch Werte unterhalb des Cut-off auf. 12 % der Stichprobe (n = 244) gaben an, nicht an Long-/Post-COVID-Beschwerden zu leiden. . Tab. 3 gibt eine Übersicht über zentrale erhobene Kennwerte in den 3 Teilgruppen. In der Teilgruppe der von schwerer Fatigue Betroffenen sind 88,0 % weiblich, das Durchschnittsalter beträgt M = 47,59 (SD = 12,17) Jahre. Die Chi-Quadrat-Tests weisen auf Unterschiede zwischen den Häufigkeiten der meisten untersuchten Variablen bei den 3 Teilgruppen hin. Keine Unterschiede zwischen den Teilgruppen wurden lediglich für das Rauchverhalten, die körperliche Aktivität, Vorerkrankungen im Bereich der Haut und für Fieber als Long-/ Post-COVID-Symptom gefunden (vgl. Post-hoc-Tests mit Bonferroni-Korrektur zeigen für die Fatigueteilgruppe signifikant häufiger Vorerkrankungen im Bereich der Psyche (z = 3,1) und der Atemwege (z = 2,7), ein häufigeres Vorkommen der meisten Akutsymptome (Husten: z = 3,6; Halsschmerzen: z = 4,3; Luftnot: z = 7,9; Kopfschmerzen: z = 3,9; Bauchschmerzen: z = 3,9; Übelkeit/Erbrechen: z = 5,4; Durchfall: z = 4,8; Müdigkeit: z = 44; Konzentrations-und Gedächtnisprobleme: z = 7,3; andere Symptome: z = 3,8) sowie häufigere stationäre Behandlungen (z = 4,5) als die beiden andere Teilgruppen auf. Ebenso wies die von schwerer Fatigue betroffene Teilgruppe signifikant häufiger die Long-/Post-COVID-Symptome Husten (z = 2,8), Luftnot (z = 3,9), Kopfschmerzen (z = 2,7), Müdigkeit (z = 3,4), Konzentrations-und Gedächtnisprobleme (z = 3,5) sowie andere Symptome (z = 5,7) auf und war häufiger arbeitsunfähig (z = 12,2) als die beiden anderen Teilgruppen. Auch nahm die von schwerer Fatigue betroffene Teilgruppe signifikant häufiger eine ambulante medizinische Nachbetreuung (z = 6,5) sowie stationäre Rehamaßnahmen in Anspruch (z = 5,2) und gab häufiger den Wunsch nach einer Rehabilitationsmaßnahme an (z = 9,9). Der Gruppenvergleich mittels multivariater Varianzanalyse zeigt, dass die 3 Teilgruppen sich systematisch unterscheiden im Hinblick auf den subjektiven Gesundheitszustand vor und nach der COVID-19-Erkrankung, die Anzahl derAkutsymptome, die psychische Belastung sowie die psychische und körperliche gesundheitsbezogene Lebensqualität (p < 0,001; s. Onlinematerial). Die Post-hoc-Analysen zeigen, dass sich alle 3 Teilgruppen in der Wahrnehmung der subjektiven Gesundheit nach der Infektion sowie in der Anzahl der Akutsymptome, der psychischen Belastung und hinsichtlich der psychischen und körperlichen gesundheitsbezogenen Lebensqualität unterscheiden, wobei die Teilgruppe der von schwerer Fatigue Be- (18, 9) 244 (15, 5) Long-/Post-COVID-Symptome --- Unsere Studie untersuchte die Risikofaktoren für und gesundheitlichen Auswirkungen von schwerer Long-/ Post-COVID-Fatigue von Beschäftigten in Gesundheitsberufen in Deutschland anhand einer Befragung von BGW-Ver-sicherten, die 2020 mit SARS-CoV-2 infiziert waren. Unter allen von Long-/Post-COVID-19 Betroffenen stellen diejenigen, die an schweren Fatiguesymptomen leiden, eine besonders vulnerable Gruppe dar. So weisen die Ergebnisse einerseits darauf hin, dass die Fatiguesymptomatik insgesamt unter Long-/Post-COVID-19-Betroffenen signifikant höher ausgeprägt ist als in der Allgemeinbevölkerung [18] . Andererseits verdeutlichen sowohl die Regressionsanalyse zu den Auswirkungen von Fatigue als auch die Ergebnisse aus dem Vergleich der Teilgruppen, dass eine schwere Long-/Post-COVID-Fatigue mit einer höheren psychischen Belastung, stärkeren Einschränkungen hinsichtlich der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, einem niedrigeren subjektiven Gesundheitszustand sowie mit einer häufigeren Arbeitsunfähigkeit as-soziiert ist. Damit stimmen unsere Ergebnisse mit Erkenntnissen aus einer kürzlich erschienenen Metaanalyse von Malik und Kolleg:innen [9] überein, in der Long-/Post-COVID-Fatigue mit einer niedrigeren Lebensqualität assoziiert war. Gleichzeitig zeigte sich in unseren Analysen, dass Menschen, die von schwerer Long-/Post-COVID-Fatigue betroffen sind, unter einem besonderen Leidensdruck stehen, wenn die Schwere der Symptomatik mit der von CFS-Erkrankten vergleichbar ist. Dies spiegelte sich auch in der häufigeren Inanspruchnahme ambulanter medizinischer Nachbehandlungen und stationärer Rehabilitationsmaßnahmen sowie in dem häufigen Wunsch nach Rehabilitationsangeboten der untersuchten Teilgruppe wider. Aufgrund der Neuartigkeit von SARS-CoV-2 fehlt es bislang an Studien, die den Verlauf von Post-COVID-Fatigue prospektiv untersuchen. Erfahrungen zu Langzeitverläufen von postviraler Fatigue bei anderen Infektionskrankheiten deuten auf die Gefahr einer Chronifizierung der Symptomatik hin [15] . Für die Prävention von schwerer Fatigue infolge einer SARS-CoV-2-Infektion könnte Impfungen eine herausragende Bedeutung zukommen. Denn neben der Senkung des Ansteckungsrisikos wird durch eine Impfung gegen SARS-CoV-2 auch die Wahrscheinlichkeit eines schweren Krankheitsverlaufs und damit auch für die Entwicklung einer postviralen Fatigue entscheidend gesenkt [22] . In zukünftigen Studien sollte dementsprechend die Wirkung der verschiedenen COVID-19-Impfstoffe zur Prävention von Fatigue und anderen Long-/Post-COVID-Beschwerden untersucht werden. Unsere Studie stellt nach unserem Kenntnisstand die erste Analyse von Risikofaktoren für die Entwicklung einer schweren Long-/Post-COVID-Fatigue (auf dem Niveau von CFS-Betroffenen) und für deren gesundheitliche Auswirkungen dar. Dafür wurden in unserer Studie Long-/Post-COVID-Betroffene nicht einheitlich betrachtet, sondern nach der Schwere der Fatiguesymptomatik differenziert. Während in verschiedenen Metaanalysen die Prävalenz von Long-/ Post-COVID-Fatigue zwischen 35-60 % geschätzt wird [6, 8] , deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass der Anteil von Betroffenen mit schwerer Fatigue deutlich geringer ist. Die Differenzierung der Stichprobe ermöglicht eine genauere Analyse der Therapie-und Rehabilitationsbedürfnisse von Long-/Post-COVID-Betroffenen. Dabei wurde mit den BGW-Versicherten eine besonders von der Pandemie betroffene Zielgruppe untersucht. Durch den direkten Zugang über die Unfallversicherung BGW konnten alle SARS-CoV-2-meldepflichtigen Fälle aus 2 Bezirksverwaltungen angesprochen werden, sodass von einer hohen Generalisierbarkeit bei der Rekrutierung der Stichprobe ausgegangen werden kann. Trotz der hohen Rücklaufquote (48 %) ist jedoch von einem selektiven Antwortverhalten von Long-/Post-COVID-Betroffenen auszugehen. Einschränkend zu erwähnen ist zudem die subjektive und teilweise retrospektive Einschätzung einiger erhobener Variablen (bspw. subjektiver Gesundheitszustand vor der COVID-19-Infektion), wodurch systematische Fehler im Antwortverhalten (bspw. Erinnerungseffekte) begünstigt werden können. Die Einschätzung der Fatiguesymptomatik erfolgte anhand der Screeningskala "Allgemeine Erschöpfung" des MFI und stellt somit keine gesicherte Diagnostik von CFS dar. Weiterhin erschwert die in dieser Studie verwendete 11-stufige Skalierung den Vergleich der Ergebnis-se mit Normwerten des ursprünglich 5-stufigen MFI und mit internationalen Publikationen. Multisystem effects of COVID-19: a concise review for practitioners Occupation and risk of severe COVID-19: prospective cohort study of 120 075 UK Biobank participants Risk of hospital admission with coronavirus disease 2019 in healthcare workers and their households: nationwide linkage cohort study Ein Jahr Corona-Pandemie: Wie geht es Deutschlands Beschäftigten? COVID-19 among health worker in Germany-An update Prevalence of post-COVID-19 symptoms in hospitalized and nonhospitalized COVID-19 survivors: a systematic review and meta-analysis More than 50 long-term effects of COVID-19: a systematic review and meta-analysis Post-acute COVID-19 syndrome (PCS)andhealth-relatedqualityoflife(HRQoL)-A systematic review and meta-analysis Attributes and predictors of long COVID Health-related quality of life issues, including symptoms, in patients with active COVID-19 or post COVID-19; a systematic literature review Benefitsofpulmonaryrehabilitation in COVID-19-a prospective observational cohort study Functional outcomes in the inpatient rehabilitation setting following severe COVID-19 infection Post-viral fatigue: implications for long Covid Post-viral fatigue and COVID-19: lessons from past epidemics Postinfective and chronic fatigue syndromes precipitated by viral and non-viral pathogens: prospective cohort study The multidimensional Fatigue Inventory (MFI) psychometric qualities of an instrument to assess fatigue Further validation of the Multidimensional Fatigue Inventory in a US adult population sample Improving the response choices on the veterans SF-36 health survey role functioning scales An ultra-brief screening scale for anxiety and depression: the PHQ-4 Association between mRNA vaccination and COVID-19 hospitalizationanddiseaseseverity Von schwerer Long-/Post-COVID-Fatigue Betroffene sind starken psychischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt. Gleichzeitig äußern diese einen hohen Rehabedarf, den es in der Planung von Rehabilitationsprogrammen zu berücksichtigen gilt.