key: cord-0925415-dqy0f2o1 authors: Dalhoff, Klaus title: Ambulant erworbene Pneumonie bei Erwachsenen date: 2017-11-24 journal: CME (Berl) DOI: 10.1007/s11298-017-5989-y sha: 90d89b98ed1dfe0120f24afb8e77f57de7cbedad doc_id: 925415 cord_uid: dqy0f2o1 Die ambulant erworbene Pneumonie ist die häufigste ernste Infektionserkrankung in Deutschland. Die Mehrzahl der Fälle wird ambulant behandelt. Die Diagnose wird klinisch durch Zeichen der Infektion, respiratorischen Symptomen und dem Auskultationsbefund gestellt und durch den Nachweis eines pneumonischen Infiltrats in der Röntgenaufnahme bestätigt. Der mit Abstand häufigste Erreger bleibt Streptococcus pneumoniae, der in Deutschland unverändert hohe Penicillinempfindlichkeit zeigt. Daneben werden Haemophilus influenzae, Mykoplasmen, Legionellen und Influenza-Viren regelmäßig nachgewiesen. Eine mikrobiologische Diagnostik ist in der Praxis nicht routinemäßig erforderlich. Zur Einschätzung der Prognose und Entscheidung über die Notwendigkeit einer Hospitalisierung dient der CRB65-Score. Die Auswahl der kalkulierten Therapie richtet sich nach Schweregrad der Infektion und Vorliegen von Komorbiditäten. Aminopenicilline sind Mittel erster Wahl bei unkomplizierten Pneumonien. Bei Verdacht auf Mykoplasmen- und Legionelleninfektion ist ein Makrolid oder ein neueres Fluorchinolon indiziert. Wichtige präventive Maßnahmen sind die jährliche Influenzaimpfung und die Pneumokokkenimpfung. Nach Lektüre dieses Beitrages • sind Sie mit der Epidemiologie und dem Erregerspektrum der CAP vertraut, • kennen Sie die De nition der CAP und wissen, wie man sie klinisch diagnostiziert, • sind Sie in der Lage, die Prognose bei CAP anhand des CRB65-Scores und zusätzlicher Parameter zu beurteilen, • sind Sie vertraut mit der rationalen Labordiagnostik und bildgebenden Diagnostik bei CAP, • sind Sie über die kalkulierte erapie und Prävention der CAP informiert. Die ambulant erworbene Pneumonie (abgekürzt CAP nach community acquired pneumonia) ist unverändert die häu gste ernste Infektionskrankheit in den entwickelten Ländern. In Deutschland werden jährlich 270.000-290.000 stationär behandelte Fälle registriert, die Gesamtzahl inklusive der ambulant behandelten Patienten wird auf 400.000-600.000 Fälle geschätzt. Dabei ist die Altersverteilung sehr unterschiedlich: die Krankenhausstatistik zeigt, dass inzwischen über die Häl e der Patienten, die mit CAP aufgenommen werden, über 70 Jahre alt sind (Abb. 1). Neben einer allgemein erhöhten Infekt anfälligkeit ("Immunoseneszenz"), die sich u. a. in einer verminderten Antikörperantwort nach Pneumokokkenimpfung ausdrückt, spielt die Polymorbidität im Alter und der eingeschränkte funktionelle Status vieler Senioren die Hauptrolle. Die demogra sche Entwicklung in Deutschland lässt daher eine weitere Zunahme der Pneumonieinzidenz in den kommenden Dekaden erwarten. Das Update der nationalen CAP-Leitlinie von 2016 [1] hat auf diese Entwicklung mit einer neuen Einteilung der CAP reagiert: es werden eine Gruppe 1a mit guter Funktionalität, eine Gruppe 1b mit eingeschränkter Funktionalität, aber kurativem Anspruch und eine Gruppe 2 mit schwerer Komorbidität und infauster Prognose (palliatives erapiekonzept) unterschieden. Diese Unterscheidung hat praktische Bedeutung im Hinblick auf Versorgungspfade (z. B. Verzicht auf stationäre Einweisung in Gruppe 2) und diagnostische und therapeutische Konzepte. Bei ungewöhnlichen Expositionen und Fernreisen sollte auch an seltene bzw. "exotische" Erreger gedacht werden (Tab. 1). Zur Einschätzung der Prognose dient in der Praxis der CRB65-Score, der mit vier einfachen, sofort verfügbaren Variablen eine gute Einschätzung erlaubt, wie hoch das Sterblichkeitsrisiko liegt. Der Score wird aus folgenden Faktoren ermittelt: • C: "confusion" (neu aufgetretene oder zunehmende Bewußtseinsstörung) Nach 24-48 Stunden sollte je nach Situation telefonisch oder durch direkten Kontakt eine Reevalua tion erfolgen, um den erapieerfolg zu kontrollieren und insbesondere ein frühes erapieversagen mit Progress auszuschließen. Die erapiedauer der CAP in der Praxis sollte im Regelfall fünf bis sieben Tage betragen, falls keine Komplikationen ein anderes Vorgehen erfordern. Neben allgemeinen Aspekten wie Tabakkarenz, Einschränkung des Alkoholkonsums und Einstellung von Komorbiditäten sind die beiden wichtigsten Maßnahmen zur Prävention der CAP die In uenzaimpfung und die Pneumokokkenimpfung: Hinsichtlich der In uenzaimpfung wird von der Ständigen Imp ommission (STIKO) und den nationalen Fachgesellscha en übereinstimmend empfohlen, bei Patienten > 60 Jahren und bei allen Patienten mit chronischen Erkrankungen jährlich präsaisonal eine In uenzaimpfung durchzuführen [5] . Diese Maßnahme vermindert nach großen Beobachtungsstudien das Pneumonierisiko, wobei die E ektivität jeweils vom Ausmaß der In uenzasaison und von der Passgenauigkeit der bereits ein halbes Jahr vor Beginn der Saison ausgewählten Vakzine abhängt.Tetravalente Vakzinen sind nach neueren Daten vorzuziehen. Die Diskussion über bessere E ektivität vs. unerwünschte Wirkungen von höher dosierten bzw. stärker adjuvantierten Vakzinen ist noch nicht abgeschlossen. Die Situation hinsichtlich der Pneumokokkenvakzine ist komplexer: Es stehen zwei Vakzinen mit unterschiedlichen Eigenscha en (Tab. 4) zur Verfügung: Die Polysaccharidvakzine (PPV23) erfasst 23 Pneumokokken-Serotypen, ist aber nur mäßig immunogen, was sich vor allem bei Senioren, Patienten mit schweren Komorbiditäten und immungeschwächten Personen negativ auswirkt. Dieser Personenkreis ist aber derjenige , welcher vor allem von der Indikationsimpfung pro tieren soll. Bei Nachimpfung nach fünf bis sechs Jahren wurde eine Hyporesponsivität beobachtet. Die Konjugatvakzine (PCV13) ist durch die Kopplung an ein Toxoid deutlich immunogener. Sie hat als Regelimpfung im frühen Kindesalter zu einem deutlichen Rückgang der Vakzineserotypen in dieser Population geführt. Auch bei Senioren zeigte eine randomisierte Studie über drei Jahre die E ektivität des neueren Impfsto s. Dies ist einerseits erwünscht, führt aber andererseits zum Replacement durch nicht in PCV13 enthaltenen Serotypen. Die STIKO emp ehlt die Impfung mit PPV23 bei Senioren und Komorbiditäten, den Konjugatimpfsto (PCV13) dagegen nur bei Patienten mit Immunde ziten, lässt aber hier bei der Eingrenzung des betro enen Personenkreises einen gewissen Spielraum. Die PCV13-Impfung sollte wegen der besseren Abdeckung der Serotypen nach einem Intervall von sechs Monaten bis zu einem Jahr von einer PPV23-Impfung gefolgt werden ("Sequenzimpfung"). Es handelt sich hierbei derzeit um die e ektivste Lösung, die weitere epidemiologische Entwicklung bleibt abzuwarten. Aktuelle CME-Kurse aus der Pneumologie Bei inhaltlichen Fragen erhalten Sie beim Kurs auf CME.SpringerMedizin.de tutorielle Unterstüt Für eine erfolgreiche Teilnahme müssen 70 % der Fragen richtig beantwortet werden. Pro Frage ist jeweils nur eine Antwortmöglichkeit zutreffend dass Fragen wie auch Antwortoptionen online abweichend vom Heft in zufälliger Reihenfolge ausgespielt werden Kurs wurde von der Bayerischen Landesärztekammer mit 2 Punkten in der Kategorie I zur zertifizierten Fortbildung freigegeben und ist damit auch für andere Ärztekammern anerkennungsfähig Sie finden ihn am Schnellsten, wenn Sie den Titel des Beitrags in das Suchfeld eingeben. Alternativ können Sie auch mit der Option Dieser CME-Kurs ist zwölf Monate auf CME. ◯ Die Influenza-Diagnostik erfolgt am besten serologisch.