key: cord-0912888-2okrdfv5 authors: Taupitz, Jochen title: Verteilung medizinischer Ressourcen in der Corona-Krise: Wer darf überleben? date: 2020-05-08 journal: Medizinrecht DOI: 10.1007/s00350-020-5558-3 sha: 8a4b0485619b21fb19c09cf3558b1cf562b08562 doc_id: 912888 cord_uid: 2okrdfv5 nan Zielen. Auch der Wille des Patienten kann für unterschiedliche Situationen ein jeweils anderer sein, so dass auch er vom medizinischen Personal bei Änderung der medizinischen Fakten erneut zu evaluieren ist. Aus dem Vorstehenden folgt, dass sich das Problem der Verteilung knapper medizinischer Ressourcen nur bezogen auf jene Patienten stellt, bei denen sowohl eine medizinische Indikation (noch) gegeben ist als auch eine Einwilligung (noch) vorliegt. Auf der Suche nach einer einschlägigen Rechtsnorm, die das Verteilungsproblem knapper medizinischer Güter im Pandemiefall regelt, wird man im deutschen Recht nicht fündig. Dies erstaunt zunächst, ist der Gesetzgeber doch in verschiedener Hinsicht tätig geworden und hat er zahlreiche Regelungen für etwaige Pandemiefälle getroffen. Hierzu zählen z. B. das Infektionsschutzgesetz 9 und das Zivilschutz-und Katastrophenhilfegesetz 10 des Bundes, die Katastrophenschutzgesetze und Rettungsdienstgesetze der Länder und die auf Basis dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen 11 . Doch gerade die Verteilung knapper medizinischer Güter im (drohenden) Pandemiefall ist in ihnen nicht rechtssatzförmig geregelt. Bund und Länder haben zwar in den vergangenen Jahren Pandemiepläne erarbeitet. Auf Bundesebene ist für die Pandemievorsorge und -bekämpfung der für Influenza entwickelte nationale Pandemieplan maßgeblich ( 25 . Es genüge also, wenn Ärzte dem medizinischen Standard gemäß handelten 26 . Dieser Auffassung steht allerdings entgegen, dass Allokationskriterien darüber entscheiden sollen, welcher Patient anstelle anderer Patienten das benötigte Medikament oder Beatmungsgerät erhält, wer also "bevorzugt" wird. Das Problem der interpersonellen Verteilung kann die Medizin in ihrer Eigenschaft als Naturwissenschaft jedoch nicht mit "Bordmitteln" lösen 27 . Sie kann lediglich sagen, ob die Anwendung eines Arzneimittels bei einem Patienten "sinnvoll" ist. Beim Vergleich von Patienten und bei der Abwägung von Zielkonflikten ist die Medizin auf normative Vorgaben (Ethik, Recht) angewiesen 28 . Zwar ist auch die Medizinethik Bestandteil der medizinischen Wissenschaft 29 . Es existieren jedoch zahlreiche konkurrierende Richtungen der (Medizin-)Ethik (genannt seien nur der Utilitarismus, der Egalitarismus, der Individualismus, die Deontologie) 30 , so dass sich die Frage stellt, welche dieser Richtungen maßgeblich sein soll. Diese Frage kann "die Ethik" nicht aus sich heraus beantworten. Jedenfalls bezogen auf wesentliche Entscheidungen ist eine Antwort des Rechts gefordert -und nach der Wesentlichkeitslehre des BVerfG 31 sogar eine solche des parlamentarischen Gesetzgebers. Denn Allokationsentscheidungen aufgrund knapper medizinischer Ressourcen haben eine hohe Bedeutung für die Allgemeinheit bzw. das öffentliche Interesse, weisen eine hohe generelle Grundrechtsrelevanz auf (nämlich für Leben, körperliche Unversehrtheit und Gesundheit der Bürger) und führen zu einer intensiven individuellen Betroffenheit der auf das knappe Gut angewiesenen Personen 32 . Deshalb wäre im Hinblick auf die Verteilung knapper medizinischer Güter, auch für den Fall einer Pandemie, eine stärker prägende Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst notwendig 33 . Gegengesichtspunkte der Flexibilität und Normierungsfähigkeit 34 sind dagegen eher von untergeordneter Bedeutung. Auch kann nicht argumentiert werden, dass ein Pandemiefall eine außergewöhnliche Situation darstelle, für die keine Vorsorge getroffen werden könne. Denn dass es Pandemiesituationen geben würde, stand schon lange fest -speziell eine Pandemie wie die jetzt eingetretene wurde im Rahmen einer Bund-Länder-Risikoanalyse 2013 bereits sehr drastisch beschrieben 35 . In der Analyse heißt es zudem ausdrücklich: "Bisher gibt es keine Richtlinien, wie mit einem Massenanfall von Infizierten bei einer Pandemie umgegangen werden kann. Diese Problematik erfordert komplexe medizinische, aber auch ethische Überlegungen und sollte möglichst nicht erst in einer besonderen Krisensituation betrachtet werden." 36 Diesen Rat hat der Gesetzgeber allerdings bis heute nicht beherzigt. Der Deutsche Ethikrat hat am 27. 3. 2020 eine Ad-hoc-Stellungnahme veröffentlicht mit dem Titel: "Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise". Darin führt der Rat aus 37 : "Der Staat darf menschliches Leben nicht bewerten, und deshalb auch nicht vorschreiben, welches Leben in einer Konfliktsituation vorrangig zu retten ist. Selbst in Ausnahmezeiten eines flächendeckenden und katastrophalen Notstands hat er nicht nur die Pflicht, möglichst viele Menschenleben zu retten, sondern auch und vor allem die Grundlagen der Rechtsordnung zu garantieren. Die Möglichkeiten des Staates, abstrakt bindende Vorgaben für die Allokation knapper Ressourcen zu machen, sind somit begrenzt. Die grundrechtlichen Direktiven beschreiben im Wesentlichen negativ den Bereich des nicht mehr Zulässigen. Positive Orientierung für die konkrete Auswahlentscheidung in der Klinik bieten sie dagegen kaum. Das bedeutet nicht, dass keine handlungsleitenden Vorgaben konzipierbar wären. Aus dem Verbot einer eigenen staatlichen Bewertung folgt nicht, dass entsprechen-de Entscheidungen nicht akzeptiert werden können. Es ist daher sinnvoll, unterschiedliche Ebenen normativer Konkretisierung zu verbinden. Das verweist auf die Funktion zum Beispiel der Fachgesellschaften, die im Rahmen der vorgenannten Grundvorgaben wichtige Orientierungshilfen geben können und sollten, welche inhaltlich über das hinausgehen, was staatlicherseits zulässig wäre. Die damit hervorgehobene Primärverantwortung der Medizin für einzelne Entscheidungen und deren Umsetzung folgt aus den erwähnten Grenzen des staatlich Normierbaren, die dem Verfassungsrecht geschuldet sind. Doch sollte diese Verantwortung keinesfalls nur ‚am Krankenbett', also im Rahmen der individuellen Arzt-Patienten-Beziehung, wahrgenommen werden. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung, aber auch um der allgemeinen Akzeptanz willen bedarf es vielmehr weithin einheitlicher Handlungsmaximen für den klinischen Ernstfall. In der Reaktion auf die aktuelle Krise sind … erste Empfehlungen medizinischer Fachgesellschaften erschienen." Diese Ausführungen zu den nur begrenzten Regelungsbefugnissen des Staates sind möglicherweise geprägt durch die Entscheidung des BVerfG zum Luftsicherheitsgesetz 38 . In jener Entscheidung ging es jedoch um den staatlich angeordneten Abschuss eines von Terrorristen entführten und als Waffe missbrauchten Flugzeugs, also um eine eigene Maßnahme des Staates, durch die das Leben der Besatzung und der Passagiere gezielt und aktiv beendet werden würde, um andere Menschenleben zu retten. In dieser Situation macht sich der Staat selbst zum "Täter", behandelt er die unschuldigen Opfer "als bloße Objekte seiner Rettungsaktion zum Taupitz, Verteilung Originäre Teilhaberechte, also solche, die aus den Grundrechten im Sinne von Abwehrrechten einen direkten Anspruch gegen den Staat liefern, sind der Verfassung nach heute überwiegender Auffassung zwar durchaus insoweit zu entnehmen, als es um das Existenzminimum geht 54 . Hieraus und aus dem menschlichen Leben als einem "Höchstwert" 55 des Grundgesetzes folgt, dass die Beseitigung von Lebensgefahr Vorrang vor der Beseitigung von Gefahren für Körper und Gesundheit hat 56 . Als Weiteres folgt daraus, dass die "Dringlichkeit" grundsätzlich vor der "Erfolgsaussicht" rangieren muss 57 . Soweit jedoch der Schutz der "nackten Existenz", letztlich des Lebens, verlassen wird, lassen sich kaum belastbare Konturen eines verfassungsunmittelbaren Anspruchs der Prämisse, so viele Leben wie möglich zu retten, als Ultima Ratio für "zulässig, gerechtfertigt und sogar geboten" 75 . Die Maximierung der Überlebendenzahl als Verteilungskriterium ist jedoch aus dem Blickwinkel der Verfassung nicht unproblematisch. Denn das menschliche Leben wird vielfach als absoluter Höchstwert beschrieben 76 . Ein Menschenleben sei nicht abwägbar, der solidarischen Aufopferung für andere grundsätzlich entzogen und könne als Eingriffsgut von keinem anderen Interesse überwogen werden 77 . Daraus wird ein Quantifizierungsverbot abgeleitet, das die Aufrechnung von Menschenleben im Sinne einer Gewinn-und Verlustsaldierung verbiete 78 . Die singuläre Stellung des menschlichen Lebens erlaube es nicht, Menschenleben wie materielle Güter zu verrechnen 79 . Verwiesen wird -insbesondere vor dem Hintergrund der historischen Vergangenheit Deutschlands -zudem auf die Gefahr, dass das Sterbenlassen eines Menschen zum Einfallstor für andere Fälle werde 80 83 . Dem wird jedoch zu Recht entgegengehalten, dass das Quantifizierungsverbot -jedenfalls außerhalb der Alltagsmedizin -nicht absolut gelten kann. Auch wenn das BVerfG das menschliche Leben als "einen", richtigerweise aber nicht als "den" Höchstwert klassifiziert 84 , so ist es doch kein unendlicher, sondern ein begrenzter Wert. In bestimmten Konstellationen muss auch eine Abwägung zu Lasten des Lebensschutzes möglich sein, nämlich dann, wenn das Leben gegen ebenso hohe verfassungsrechte Güter abgewogen wird 85 . Dies gilt etwa für das Interesse der Allgemeinheit an der Gewährleistung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege 86 , aber beispielsweise auch dann, wenn es um "Leben gegen Leben" geht 87 . Immerhin unterliegt das Rechtsgut Leben gemäß Art. 2 Abs. 2 S. 1, 3 GG einem einfachen Gesetzesvorbehalt, kann also nach Maßgabe des Gesetzes beschränkt werden. Und gerade wenn man davon ausgeht, dass jedes Leben eines Menschen für sich genommen gleich wertvoll ist, folgt daraus, dass zwei Leben wertvoller sind als eines ("Der Wert steigt mit der Zahl") 88 . Von daher ist nicht von einem Quantifizierungsverbot, sondern sogar von einem Quantifizierungsgebot auszugehen 89 . Aus einem strengen Gebot der Gleichbehandlung aller Patienten könnte sonst folgen, dass niemand das knappe Gut erhält 90 . Im Übrigen ist es ein Ziel der Rechtsordnung, ein Optimum an Rechtsgüterschutz zu erreichen 91 . Kollidieren Grundrechte verschiedener Bürger, so ist im Wege praktischer Konkordanz 92 jedem Grundrecht zu möglichst weitreichender Geltung zu verhelfen. Wenn in einer Situation nicht alle Interessen geschützt werden können, wie es bei knappen medizinischen Gütern im Pandemiefall der Fall sein kann, dann ist dieses Optimum, dieser maximale Rechtsgüterschutz, nur zu erreichen, wenn knappe medizinische Güter so eingesetzt werden, dass so viele Leben wie möglich gerettet werden können 93 . Dies trägt der Gleichwertigkeit menschlichen Lebens sogar in besonderem Maße Rechnung. Denn jeder andere Verteilungsmodus würde in letzter Konsequenz darauf hinauslaufen, dass auf die mögliche Rettung von Menschenleben verzichtet wird und damit der Lebenswert der "ohne Not" im Stich gelassenen Menschen negiert würde 94 . Vor allem aber ist Folgendes zu berücksichtigen: Es geht in den hier zu erörternden Fällen nicht um eine aktive Ver-kürzung des Lebens eines Betroffenen um der Rettung eines anderen willen. Vielmehr bleiben diejenigen, die nicht gerettet werden können, ihrem von ihrer Krankheit und der Mangelsituation bestimmten Schicksal überlassen 95 100 . Folglich ist am ehesten bei denjenigen Patienten auf eine Intensivtherapie zu verzichten, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit intensivmedizinischer Behandlung versterben werden. Bei sich verschärfender Ressourcenknappheit sollte zunehmend die mittelfristige Erfolgsaussicht berücksichtigt werden. In jedem Fall ist eine ausreichende palliativmedizinische Versorgung sicherzustellen 101 . b) Situation 2: Rettung später hinzukommender Bedürftiger Fraglich ist allerdings, ob es auch zulässig ist, die lebenserhaltende Behandlung eines Patienten zu beenden, um mit den dadurch frei werdenden Ressourcen das Leben eines anderen zu retten. Explizit fordern z. B. die Richtlinien der SAMW 102 , dass mindestens alle 48 Stunden anhand einer detaillierten klinischen Kriterienliste zu überprüfen ist, bei welchen Patienten ein Erfolg ihrer Beatmung inzwischen unwahrscheinlich erscheint. In solchen Fällen sei die Intensivtherapie abzubrechen, um den Platz für einen anderen Schwerstkranken mit besseren Aussichten frei zu machen. Gefordert wird also eine konsequente Verlaufs-Triage. Eine Beendigung der Intensivtherapie eines COVID-19-Patienten mit dem Risiko des krankheitsbedingten Versterbens sehen auch die Empfehlungen der ÖGARI ausdrücklich vor, sofern ein anderer Patient, "-gemessen an den zu plausibilisierenden Kriterien für den Beginn einer Intensivtherapieein besseres Outcome zu erwarten hätte, aber aus Ressourcenmangel (z. B. kein Intensivbett frei) eine Intensivtherapie nicht rechtzeitig zur Abwendung der akuten Lebensgefahr erhalten könnte" 103 . In dieselbe Richtung äußern sich auch die Empfehlungen von DIVI et al. 104 . und diejenigen der italienischen SIAARTI 105 . Alle Stellungnahmen gehen somit für den Triagefall von dem sonst in der Medizin geltenden, allen Patienten gleiche Behandlungschancen gewährenden Grundsatz ab, wonach der nächste Patient der wichtigste ist 106 , anders formuliert: "wer zuerst kommt, mahlt zuerst" 107 . Offenkundig beruht die abweichende Herangehensweise im Katastrophenfall auf der Überlegung, dass auch z. B. danach differenziert werden sollte, ob ein Patient nur eine Überbrückung einer Krise von einigen wenigen Tagen benötigt, um dann aller Voraussicht nach wieder zu genesen, während ein anderer Patient selbst nach langer Beatmungszeit nur wenig Aussicht auf Heilung hat 108 . Wenn der aussichtsreichere Patient die Behandlung voraussichtlich kürzer beanspruchen wird, könnten die Ressourcen bald zur Rettung anderer, insgesamt also einer größeren Zahl von Menschenleben eingesetzt werden. Der Deutsche Ethikrat vertritt dagegen eine andere Auffassung. Nach seiner Ad-hoc-Stellungnahme 109 kann derjenige, "der in einer solchen Lage [ 110] eine Gewissensentscheidung trifft, die ethisch begründbar ist und transparenten -etwa von medizinischen Fachgesellschaften aufgestellten -Kriterien folgt, … im Fall einer möglichen (straf-)rechtlichen Aufarbeitung des Geschehens mit einer entschuldigenden Nachsicht der Rechtsordnung rechnen. Objektiv rechtens ist das aktive Beenden einer laufenden, weiterhin indizierten Behandlung zum Zweck der Rettung eines Dritten jedoch nicht. … Auch in Katastrophenzeiten hat der Staat die Fundamente der Rechtsordnung zu sichern." Zwar ist es in der Tat nicht ausgeschlossen, dass die Rechtsordnung menschliches Handeln anderes bewertet als dies aus ethischer Sicht möglich ist. Gleichwohl ist es überraschend, mit welcher Rigidität der Ethikrat eine "ethisch begründbare" Entscheidung für objektiv rechtswidrig erklärt und sie sogar als gegen die Fundamente der Rechtsordnung gerichtet ansieht. Das Verdikt der Rechtswidrigkeit entsprechenden Handelns ist dabei keineswegs selbstverständlich. Denn auch in der hier zu beurteilenden Situation gilt, dass derjenige, dem die erforderlichen medizinischen Ressourcen nicht weiter zur Verfügung gestellt werden, an seiner Krankheit stirbt, nicht dagegen durch einen von außen kommenden Eingriff in sein Leben. Wenn man dagegen argumentiert, dass er -unter Inkaufnahme der Nicht-Rettung eines anderen -gerettet werden könnte, müsste dasselbe auch für die Situation gleichzeitig Bedürftiger (vorstehend a]) gelten. Denn auch dort ist nicht eine Rettung an sich unmöglich, sondern nur die Rettung aller gleichzeitig Bedürftigen, so dass der konkret nicht gerettete dies als Eingriff in seine Rechte empfinden muss. In beiden Situationen geht es um eine Auswahlentscheidung, so dass sich die Frage stellt, warum die Gleichzeitigkeit der Entscheidungsnotwendigkeit eine Auswahl nach bestimmten Kriterien (auch rechtlich) legitimiert, die zeitlich versetzte Entscheidungsnotwendigkeit dagegen per se nicht. Gleichwohl gilt nach Auffassung des Ethikrates nur für die Situation der gleichzeitig akut Bedürftigen 111 : "Patienten, denen die Behandlung vorenthalten wird, werden von den medizinischen Entscheidern nicht etwa durch Unterlassen ‚getötet', sondern aus Gründen einer tragischen Unmöglichkeit vor dem krankheitsbedingten Sterben nicht gerettet. Hier gilt der Grundsatz, dass niemand zu Unmöglichem verpflichtet sein kann." Zuzugeben ist dem Ethikrat, dass ein Behandlungsabbruch, der mit einem aktiven Tun (etwa der Verlegung von der Intensivstation) einhergeht, nach verbreiteter Auffassung nicht als Unterlassen, sondern als (straf bares) Handeln anzusehen ist 112 . Jedoch hat der BGH entschieden, "dass die Kriterien für die Abgrenzung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten nicht allein in der äußerlichen Handlungsqualität gefunden werden können. Zwar unterscheidet das Gesetz zwischen dem pflichtwidrigen Unterlassen einer erfolgsabwendenden Handlung und dem aktiv erfolgsverursachenden Tun grundsätzlich wertungsmäßig, da es in § 13 Abs. 2 StGB für den Fall der Erfolgsverursachung durch Un- Wenn man diese Ausführungen verallgemeinert, dann ist es durchaus möglich, in einer Triage-Situation um der Rettung möglichst Vieler willen "alle Handlungen, die mit einer … Beendigung einer ärztlichen Behandlung im Zusammenhang stehen, in einem normativ-wertenden Oberbegriff des Behandlungsabbruchs zusammenzufassen" und dem von Rechts wegen erlaubten Unterlassen einer (medizinisch an sich indizierten) Behandlung (s. oben a]) gleichzustellen 114 . Denn auch bei dem (in einer Triage-Situation) von Rechts wegen erlaubten Unterlassen einer Behandlung kommt es auf den Willen des Betroffenen nicht an. Vor allem geht es dabei um Handlungen, die sich darauf beschränken, einen Zustand (wieder-) herzustellen, der einem bereits begonnenen Krankheitsprozess seinen Lauf lässt, nicht dagegen um einen gezielten Eingriff, der die Beendigung des Lebens vom Krankheitsprozess abkoppelt und deshalb sicher unzulässig ist 115 . Wenn somit der Behandlungsabbruch im Fall einer Triage als Unterlassen und nicht als Tun gewertet wird, wie es ohnehin verbreiteten ethischen 116 und rechtlichen 117 Vorstellungen entspricht, wird die Möglichkeit eröffnet, die verschiedenen Rettungspflichten gegeneinander abzuwägen. Dabei sind allerdings besonders gute medizinische Gründe dafür notwendig, dass bei einem Patienten die Beatmung zugunsten eines anderen beendet wird 118 ; denn immerhin hatte jener Patient bereits eine Rettungschance, so dass es einer Begründung bedarf, warum ihm die weitere Teilhabe an der medizinischen Versorgung genommen wird. Diese liegt auch hier in den Erfolgsaussichten der medizinischen Maßnahmen begründet, wie sie verbreitet beim Vergleich "Sterben verlängern oder Leben retten" für zulässig gehalten wird 119 , nicht aber etwa in der Bewertung der betroffenen Rechtsgüter "Leben". Auch prozedurale Absicherungen wie ein Mehr-Augen-Prinzip sind sicher sinnvoll 120 . Gewährt man dem Arzt, der "eine Gewissensentscheidung trifft, die ethisch begründbar ist und transparenten -etwa von medizinischen Fachgesellschaften aufgestellten -Kriterien folgt", wie der Ethikrat dagegen nur einen Entschuldigungsgrund 121 , lässt die Rechtsordnung das medizini-sche Personal im Pandemiefall tagtäglich sehenden Auges rechtswidrig handeln und setzt sie es zusätzlich zur ohnehin offenkundigen emotionalen Belastung nicht nur einem erheblichen Straf barkeitsrisiko, sondern auch dem möglichen Drama von zulässigen Notwehr-und Nothilfehandlungen aus -und das alles, obwohl sich das Personal vollkommen innerhalb der Grenzen der Verfassung verhält. Bei Aufrechterhalten des Rechtswidrigkeitsvorwurfs liegt es seitens des medizinischen Personals nahe, dass man die benachteiligten Patienten samt ihren Angehörigen hinsichtlich der real bestehenden Behandlungschancen täuscht -was aber "weder mit den Grundideen von Demokratie, Transparenz und Fairness noch mit einem längerfristigen Vertrauen in das Medizinsystem vereinbar [ist]" 122 . Nach Auffassung mancher ist es sogar "heuchlerisch, Ärzten zu suggerieren, die Justiz werde für ihr Dilemma im Nachhinein sicher Verständnis auf bringen" und sie wegen der Zubilligung eines Entschuldigungsgrundes schon nicht verfolgen. Die Hoffnung sei verständlich, sie werde aber mit großer Wahrscheinlichkeit vergebens sein 123 Problematischer als die kurz-und mittelfristige Erfolgsaussicht der jeweiligen Behandlung sind die Kriterien der langfristigen Überlebensdauer 127 und der zu erwartenden Lebensqualität mittels sogenannter "qualitätsbereinigter Lebensjahre" ("Qualys" 128 ). Die Rettung nur derjenigen, die eine höhere Überlebensdauer oder Lebensqualität erwarten können, kann dahin gedeutet werden, dass das Leben der übrig Gebliebenen unzulässigerweise als Leben mit geringerem Erhaltungswert eingestuft würde 129 . Zudem kann die langfristige Überlebensdauer kaum prognostiziert werden und würde sie leicht mit dem unzulässigen Kriterium des Alters und der möglicherweise geretteten Lebensjahre (dazu sogleich unter 3.) korreliert. Bezogen auf die Lebensqualität stellt sich über die kaum mögliche Prognostizierbarkeit hinaus die Frage, wie sie gemessen werden soll 130 . Als stark von subjektivem Empfinden abhängige Kategorie sperrt sich die Lebensqualität einer objektivierenden Betrachtungsweise. Hinzu kommt, dass gerade diejenigen, denen es latent besonders schlecht geht und deren Lebensqualität nur geringfügig verbessert werden kann, faktisch doppelt verurteilt würden 131 . Diejenigen, die von einer Krankheit oder Behinderung am stärksten betroffen sind und durch eine medizinische Maßnahme nur einen geringen Zuwachs an Lebensqualität erlangen können, blieben drastisch formuliert "auf der Strecke" 132 . Weiter stellt sich die Frage, ob das Lebensalter eines Patienten als Auswahlkriterium zulässig ist 133 . Immerhin ist das Alter im Katalog des Art. 3 Abs. 3 GG nicht als unzulässiges Kriterium aufgeführt. Zudem wird das Alter in verschiedenen rechtlichen Bereichen als Differenzierungsmerkmal verwendet, etwa im Rahmen der Geschäftsfähigkeit oder beim Wahlrecht oder als Berufszulassungs-oder -ausübungsgrenze. Folglich ist die Berücksichtigung des Alters nicht per se verfassungswidrig 134 . Für eine Altersrationierung im Sinne der Vorenthaltung von Gesundheitsgütern allein aufgrund des Alters spricht, dass das Restlebensalter eines älteren Menschen im Zweifel geringer ist als das eines jüngeren, so dass auch der "Nutzen" der Behandlung im interpersonellen Vergleich im Zweifel weniger hoch ist. Außerdem sind die Behandlungskosten für ältere Menschen oft besonders hoch 135 . Hinzu kommt, dass die Berücksichtigung des Lebensalters alle Menschen trifft. Jeder wird beim Durchleben des entsprechenden Lebensabschnitts gleich behandelt. Daher wird argumentiert, eine Diskriminierung sei eher fernliegend, liege vielmehr gerade umgekehrt eine Gleichbehandlung vor 136 . Außerdem wird von Befürwortern dieses Auswahlkriteriums angeführt, dass ältere Menschen bereits viele Gelegenheiten hatten, ihre Lebenspläne zu verwirklichen, was für eine vorrangige Behandlung derjenigen -jüngeren -Patienten spricht, die das aufgrund ihres geringen Lebensalters noch nicht tun konnten 137 . Des Weiteren habe jeder nur Anspruch auf einen "fairen Anteil an der Gesundheitsversorgung", um eine normale Lebenserwartung zu erreichen. Lege man daher einen "vernünftigen" Menschen zugrunde, wolle dieser um der normalen Lebenserwartung willen eine knappe Ressource lieber in jungen Jahren erhalten 138 . Gegen diese Erwägungen spricht aber, dass die unterschiedliche medizinische Bedürftigkeit der Betroffenen, insbesondere auch die Dringlichkeit, dabei aus dem Blick gerät. Zudem kann kaum definiert werden, was eine "normale" Lebenserwartung ist. Des Weiteren hat jeder Mensch aus verschiedenen Gründen (z. B. genetisch bedingt, aufgrund seiner Umwelt oder des mehr oder weniger gesundheitsbewussten Verhal-tens) eine unterschiedliche Lebensdauer. Die Verteilung nur anhand des kalendarischen Alters wäre daher gleichheitswidrig 139 . Da ein z. B. 50-Jähriger ebenso vital sein kann wie ein 25-Jähriger, wäre es nötig, das biologische Alter zugrunde zu legen 140 . Das wiederum lässt sich jedoch kaum bestimmen. Zudem müsste die biographisch schlechte "Qualität" eines Menschenlebens konsequenterweise auch bei jüngeren Menschen ausschlaggebend sein, die z. B. untherapierbar krank sind 141 . Vor allem aber würde letztlich dem älteren Menschenleben eine geringere Wertigkeit zugeschrieben. Eine derartige Abwertung des älteren Lebens verstieße jedoch gegen die Menschenwürde gemäß Art. 1 GG, die jedem Menschen unteilbar in allen Phasen seines Lebens zukommt. Das BVerfG hat in der Entscheidung zum Luftsicherheitsgesetz erneut betont, dass das menschliche Leben und die Würde des Menschen unabhängig von der voraussichtlichen Dauer seines Lebens den gleichen verfassungsrechtlichen Schutz genießen 142 . Grundsätzlich ist es damit aus juristischer Sicht nicht zulässig, die Verteilung knapper medizinischer Güter von einem bestimmten Alter abhängig zu machen 143 . Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn dem Alter aus medizinischer Sicht ein Aussagewert zukommt. So kann das Al-Taupitz, Verteilung medizinischer Ressourcen in der Corona-Krise: Wer darf überleben? MedR (2020) 38: 9 ter mittelbar für die Einschätzung der Erfolgsaussicht re-sein, dass sie in der Praxis hinreichend rechtssicher umgesetzt werden könnte (sachliche Legitimation) 161 . Oder aber der Gesetzgeber müsste ausreichende Vorgaben zur Zusammensetzung und zum Verfahren eines zur Regelung zuständigen Gremiums erlassen (personelle Legitimation). Je schwächer einer der beiden Legitimationsstränge ist, umso stärker muss der andere ausgestaltet sein 162 . Der bei ihm bestehenden und bezogen auf die grundlegenden Entscheidungen auch nicht abwälzbaren Regelungsverantwortung ist der parlamentarische Gesetzgeber in Deutschland bisher bezogen auf den (absehbaren) Fall einer Pandemie nicht hinreichend nachgekommen. Wird er nicht bald tätig, "werden Kranke, Ärzte und Richter seine Feigheit ausbaden müssen" 163 . Taupitz, Verteilung medizinischer Ressourcen in der Corona-Krise: Wer darf überleben? MedR (2020) 38: 11 Zum medizinischen Standard als Maßstab für das Recht s. differenzierend Taupitz Schroth/König/Gutmann/Oduncu, Transplantationsgesetz Organtransplantation, 2000, S. 139 ff., S. 145; Brech, Triage und Recht S. dazu hier nur den Überblick bei Brech, Triage und Recht Rationierung im Gesundheitswesen, 1998, S. 143, 151; Brech, Triage und Recht Taupitz Die Standesordnungen der freien Berufe Wolter/Riedel/Taupitz, Einwirkungen der Grundrechte auf das Zivilrecht, Öffentliche Recht und Strafrecht Deutscher Ethikrat (Fn. 37), S. 3; SAMW (Fn. 46) Zu Recht wird auch in der aktuellen Situation immer wieder auf die Notwendigkeit gleicher Zuteilungskriterien hingewiesen, s. Deutscher Ethikrat (o. Fn. 37) Punkt 2.2; Schöne-Seifert Verteilung knapper Ressourcen in der Intensiv-und Notfallmedizin, S. 6 f., abruf bar unter Eser/ v. Lutterotti/Sporken (Hrsg.), Lexikon Medizin, Ethik, Recht, 1989, S. 1042; Uhlenbruck, MedR Wirtschaftlicher Behandlungsverzicht und Patientenauswahl, 1992, S. 325; Brech Deutsche Bischofskonferenz (Fn. 61) Deutsche Bischofskonferenz (Fn. 61), Punkt 5, 9 Der Schutz des Lebens im Strafrecht, 1997, S. 152; Peters, JR 1949, 496, 496; Spendel S. 3; vgl. ferner Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, Vorbem. zu § § 32 ff Kommentar zum Grundgesetz, Stand: 89. EL Okt. 2019, Art. 2 Abs. 2 S. 1, Rdnr. 40; Schoor, Lebensschutz an der Schwelle des Todes 246 f.; Scheid, Grund-und Grenzfragen der Pflichtenkollision beim strafrechtlichen Unterlassungsdelikt S. 217; Taupitz der Pflichtenkollision beim strafrechtlichen Unterlassungsdelikt S. 530; s. auch Merkel, faz 701) auch keineswegs das Kriterium der Erfolgsaussicht generell für verfassungswidrig erklärt, sondern lediglich die in den damaligen Richtlinien der Bundesärztekammer genannte feste WHO (Fn. 101), S. 21 Punkt 3; WHO, Guidance for Managing Ethical Issues in Infectious Disease Outbreaks WHO (Fn. 101), S. 21 Im Konfliktfall steht … an erster Stelle das Wohl des gerade behandelten kranken Einzelnen Auch für den Pandemiefall ein solches Vorgehen befürwortend Walter (Fn Dann kommt zuerst dran, wer näher am Krankenhaus wohnt oder sich ein Auto leisten kann Wenn Merkel (Fn. 95) Betroffene, die sich schon auf dem Weg zur Klinik befinden und dem Team bereits angekündigt wurden, wie bereits eingetroffene Patienten behandeln will, verstößt er gegen die von ihm selbst postulierte Prämisse, dass nur die Unmöglichkeit der Rettung zur Rechtfertigung führt S. 4; ähnlich (österr.) Bioethikkommission (Fn. 8), S. 13; Deutsche Bischofskonferenz (Fn. 61) Der Ethikrat spricht insoweit von einer Deutscher Ethikrat (Fn. 37), S. 4. Der Ethikrat spricht insoweit von "Ex-ante-Konkurrenz 118; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, Vorbem. zu § § 32 ff Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht, 3. Aufl So auch Hoven (auch mit Blick auf Zufälligkeiten in der Behandlungsaufnahme/im Behandlungsverlauf ) Spickhoff (Hrsg.), Medizinrecht, 3. Aufl Kick/Taupitz (Hrsg.), Handeln und Unterlassen wenn auch mit anderer Begründung) Neumann Punkt 5 Nachsicht der Rechtsordnung"; s. dazu Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, Vorbem. zu § § 32 ff., Rdnr. 108. -Für den Rückgriff auf die Rechtsfigur des entschuldigenden Notstands auch die Anders aber Zimmermann (Fn. 33): die Ärzte hätten strafrechtlich nichts zu befürchten S. 188 f.; Junghanns, Verteilungsgerechtigkeit in der Transplantationsmedizin Siehe auch das "Statement on COVID-19: Ethical considerations from a global perspective Dafür Hoven (Fn. 113) Soziale Gerechtigkeit (Fn. 57), S. 214 ff.; v. d.Schulenburg/Schöffski, ebenda, S. 178 ff.; Lauterbach Es geht … um Ressourcen, die sehr knapp sein könnten, für diejenigen zu reservieren, [bei denen] … mehr Lebensjahre gerettet werden können, mit dem Ziel der Maximierung der Vorteile für möglichst viele Menschen Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen Wirtschaftlicher Behandlungsverzicht und Patientenauswahl, 1992, S. 328; Conrads, Rechtliche Grundsätze der Organallokation Rationierung und Allokation im Gesundheitswesen Bioethikkommission (Fn. 8), S. 12; Taupitz Junghanns, Verteilungsgerechtigkeit in der Transplantationsmedizin S. 288; Junghanns, Verteilungsgerechtigkeit in der Transplantationsmedizin Enderle (Hrsg.), Ethik und Wirtschaftswissenschaften ablehnend aber Deutsche Bischofskonferenz (Fn. 61) Brech, Triage und Recht Besonders ressourcenintensive Interventionen sollten nur in Fällen eingesetzt werden, in denen ihr Nutzen eindeutig nachgewiesen ist Nur unter diesem Vorbehalt stimmt, dass "der Arzt … wählen 701) bezogen auf das geltende TPG und die entsprechenden Richtlinien der Bundesärztekammer nicht der Fall 103 ff.; Höfling/ Augsberg, Zeitschrift für medizinische Ethik levant sein; u. a. aufgrund von Begleiterkrankungen und Gebrechlichkeit kann es z. B. ein Faktor für die Prognose von COVID-19-Patienten sein 144 . Auch kann das Alter im Hinblick auf bestimmte Risiken relevant sein 145 . Eine solche Konstellation kann etwa vorliegen, wenn bei Kindern in der Wachstumsphase durch fehlende medizinische Behandlung ein gegenüber Erwachsenen zusätzlicher, irreversibler Schaden droht 146 . Der soziale "Wert" einer Person bestimmt sich nach der Nützlichkeit einer Person für die Gesellschaft 147 . So könnten in der Knappheitssituation zum einen diejenigen bevorzugt werden, die sich in der Vergangenheit aufgrund familiärer, gesellschaftlicher, politischer, militärischer oder ökonomischer Gründe verdient gemacht und andere zu eben diesem Verhalten angespornt haben 148 . Bevorzugt würde sozusagen die vorhandene "Elite". Es könnten aber zum anderen auch all jene belohnt werden, von denen für die Zukunft ein besonderer sozialer Wert zu erwarten ist, etwa diejenigen, die im Pandemiefall Leben retten, wichtige Sozialfunktionen aufrechterhalten oder sonst für das Gemeinwesen nützlich sind.Allerdings verbieten es die Menschenwürdegarantie des Art. 1 GG und der Gleichheitssatz, bestimmte Leben auf der Basis von Leistungen und sozialem Status als "wertvoller" als andere zu erachten 149 . Etwas anderes gilt nur dann, wenn durch die Rettung eines "sozial wertvollen" Patienten unmittelbar die Überlebendenzahl maximiert wird 150 . Aus diesem Blickwinkel dürfen im Sinne einer Notstandsmaßnahme zunächst diejenigen Personen behandelt werden, die für die Rettung anderer unersetzbar sind ("Rettung weiterer Retter") 151 . Gleiches gilt für diejenigen, die unmittelbar zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur beitragen 152 . Je weniger konkret sich die Rettung eines Menschen allerdings in der möglichen Rettung anderer niederschlägt, umso weniger ist seine Rettung durch das Optimierungsprinzip gerechtfertigt. Freilich sind auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Funktionsfähigkeit des Staates durchaus Gemeinwohlbelange von hohem Rang. Aus diesem Blickwinkel lässt es sich durchaus vertreten, dass Träger unentbehrlicher Staatsfunktionen im (drohenden) Pandemiefall vorrangig versorgt werden dürfen 153 . Fraglich ist, ob der finanzielle Aufwand in weitestem Sinne, der für eine Behandlung aufgebracht werden muss, entscheidend dafür sein kann, wer ein knappes medizinisches Gut erhält. Zwar ist menschliches Leben nicht in Geld messbar. Es darf nicht in Geld aufgewogen werden 154 . Dennoch gilt auch hier der in der Rechtsordnung allgemein herrschende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; in manchen Situationen kann die Bereitstellung einer ohnehin knappen Ressource unverhältnismäßig erscheinen 155 . Verbindet man diesen Gedanken mit dem Optimierungsprinzip, so bleibt der Schluss, dass auch aus Kosten-Nutzen-Erwägungen diejenigen Behandlungsoptionen ausgewählt werden dürfen, die zur Rettung einer maximalen Anzahl von Patienten beitragen 156 . Dafür spricht auch der bereits genannte § 1 BÄO, wonach der Arzt der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes dient, also nicht nur dem jeweils vor ihm befindlichen individuellen Patienten. Zudem hat das BVerfG bereits mehrfach ein funktionierendes Gesundheitswesen als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut bezeichnet 157 . Auch daraus folgt, dass Kostengesichtspunkte (auch) bei der Frage, welche medizinische Behandlung jedenfalls innerhalb eines solidarischen Gesundheitssystems und damit auch bei der Verteilung knapper medizinischer Ressourcen durchaus eine Rolle spielen dürfen. Verschiedentlich wird argumentiert, in einer Triagesituation dürfe überhaupt nicht der Wille eines Menschen entscheiden; vielmehr solle das Los verteilen und damit "die Majestät des Schicksals oder, für gläubige Menschen, der Wille Gottes" 158 . Doch dagegen spricht sehr klar -wie bereits angesprochen -, dass der unterschiedliche medizinische Zustand der Patienten und damit auch ihre Rettungschance dann keine Rolle spielen würden. Es bliebe dabei auch unberücksichtigt, dass ein aussichtsreicherer Patient die Behandlung möglicherweise sogar noch kürzer beanspruchen würde, so dass Ressourcen zur Rettung anderer Menschen früher frei würden. Dass das alles unberücksichtigt bleiben sollte, ist nicht überzeugend 159 . Es gibt nicht "die" gerechte Verteilung und Zuteilung von Medikamenten und intensivmedizinischen Ressourcen im Pandemiefall. Es gibt auch nicht "die" von der Rechtsordnung vorgeschriebene "richtige" Verteilung. Das Grundgesetz verbietet allerdings bestimmte Begründungen für die Zuteilung und damit auch Vorenthaltung lebensrettender Maßnahmen 160 und enthält somit vor allem einen begrenzenden Rahmen. Aufgabe des parlamentarischen Gesetzgebers ist es, diesen Rahmen auszufüllen. Die arbeitsteilige Einbeziehung anderer Disziplinen mit ihrer je eigenen Fachkunde (etwa der Medizin) ist zulässig und geboten. Aber der Gesetzgeber darf sich nicht hinter anderen Disziplinen verstecken. Die grundlegenden Entscheidungen muss er vielmehr selbst treffen. Eine entsprechende gesetzliche Regelung müsste entweder inhaltlich derart bestimmt