key: cord-0911550-1kjlewm8 authors: Schumacher, I.; Fischer, M.; Hartmann, J.; Hilker, K.-A.; Kasper, U.; Becker, J.-C. title: Kawasaki-Syndrom bei einem 9-jährigen Jungen infolge von COVID-19 date: 2021-05-21 journal: Monatsschr Kinderheilkd DOI: 10.1007/s00112-021-01154-4 sha: eced470e4d5e54c02e909eea59776a67192a771a doc_id: 911550 cord_uid: 1kjlewm8 Since the beginning of 2020 an increase in a Kawasaki-like disease has been noted. The WHO assumes a connection to the COVID-19 pandemic and it is defined as the multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) associated with coronavirus disease 2019. A 9-year-old boy attended the pediatric emergency department with persistent fever and then developed a classical Kawasaki syndrome with affection of the left coronary artery. A specific origin of an infection could not be detected. The SARS-CoV-2 PCR was negative. In due course positive SARS-CoV‑2 antibodies were detected. The patient was treated with intravenous immunoglobulins, ASS and a glucocorticoid, which led to an improvement in the clinical and echocardiographic state of the patient. Seit Beginn des letzten Jahres mehren sich die Fälle eines Kawasaki-ähnlichen Krankheitsbildes, das mit der "coronavirus disease 2019" (COVID-19-Erkrankung) in Verbindung gebracht wird. Die WHO definiert dieses als eigenständiges Krankheitsbild, das "multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) associated with coronavirus disease 2019". Im europäischen Raum wird analog dazu der vom Royal College of Paediatrics and Child Health etwas weiter gefasste Begriff des "pediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2 infection" (PIMS-TS) genutzt. Die Symptome können dabei die Kriterien eines klassischen Kawasaki-Syndroms erfüllen oder aber auch von dem klassischen Bild abweichen. Es wird von einem 9-jährigen Jungen mit klassischem Kawasaki-Syndrom und positivem SARS-CoV-2-Antikörper-Status berichtet. Vor Beginn der spezifischen Therapie führten wir, zum Ausschluss einer Infektion als Ursache der Beschwerden, eine Urinuntersuchung, ein Thoraxröntgen, eine Diagnostik bezüglich respiratorischer Viren, eine EBV-, Parvovirus-B19-und CMV-Serologie sowie eine Sonographie des Abdomens durch. Es zeigten sich durchweg unauffällige Befunde. Die im Thoraxröntgen beschriebenen Befunde werteten wir bei fehlender pulmonaler Klinik nicht als Pneumonie, sondern, ebenso wie die milde Hepatosplenomegalie, als unspezifischen entzündlichen Nebenbefund bei Kawasaki-Syndrom. Ein Fokus konnte nicht eruiert werden. Differenzialdiagnostisch ergaben sich weder klinisch noch laborchemisch Hinweise für ein streptokokken-induziertes toxisches Schocksyndrom (STSS), ein Stevens-Johnson-Syndrom, eine thrombotische Mikroangiopathie oder ein Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS). Am 3. stationären Aufenthaltstag verabreichten wir einmalig 2 g/kgKG intra-venöse Immunglobuline (IVIG) und begannen nach der Leitlinie der American Heart Association (AHA) [3] eine hochdosierte Therapie mit 80 mg/kgKG ASS p.o., das wir im weiteren Verlauf nach der DGPK-Leitlinie [5] erst auf 40mg/ kgKG und nach 72-stündiger Entfieberung auf 4 mg/kgKG reduzierten. Darunter besserte sich der klinische Zustand des Patienten langsam; die Entfieberung trat am Abend nach der IVIG-Gabe (nach insgesamt 10 Tagen) ein. In der Echokardiographie am Tag nach der IVIG-Gabe zeigte sich eine kardiale Beteiligung in Form einer höhergradigen Dilatation der linken Koronararterie (LCA). Wir begannen leitliniengerecht eine Therapie mit einem Glukokortikoid. Der Patient erhielt, entgegen der gängigen Leitlinie und bei schon eingetretener Entfieberung, aufgrund der schnelleren Verfügbarkeit 2 mg/kgKG Prednisolon p.o., welches im weiteren Verlauf nach Leitlinie reduziert werden konnte. Bei einer Kontrolle des Koronarbefundes 3 Tage nach der initialen Echokardiographie zeigte sich eine rückläufige Dilatation der LCA. In den ambulanten kinderkardiologischen Nachkontrollen konnten eine weitere Stabilisierung dokumentiert und ein manifestes Aneurysma ausgeschlossen werden. Vor Entlassung des Patienten bestimmten wir die SARS-CoV-2-Antikörper, die positiv ausfielen. In einer Verlaufskontrolle 15 Tage nach Entlassung zeigten sich weiterhin hochreaktive Antikörper. Wir gehen daher in Zusammenschau der Befunde von einem Kawasaki-Syndrom bei bzw. infolge einer COVID-19-Erkrankung aus. Das Kawasaki-Syndrom ist durch eine Vaskulitis der kleinen und mittelgroßen Blutgefäße gekennzeichnet. Die genaue Ätiologie des Kawasaki-Syndroms ist bis heute unklar. Der Erkrankung geht meist ein mikrobieller Infekt voraus, darunter sind auch Infektionen mit Coronaviren, wie z. B. Corona NL64 oder Corona 229E beschrieben [4] . Die akute Infektion scheint bei Manifestation des Kawasaki-Syndroms allerdings bereits ab- Zusammenfassung Seit Beginn des Jahres mehren sich die Fälle eines Kawasaki-ähnlichen Krankheitsbildes, das mit einer COVID-19-Erkrankung in Verbindung gebracht wird: das "multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) associated with coronavirus disease 2019". Ein 9-jähriger Junge wird mit fieberhaftem Infekt vorstellig und entwickelt ein klassisches Kawasaki-Syndrom mit Koronarbeteiligung. Ein Fokus oder Erreger kann im ersten Untersuchungsgang nicht gefunden werden. Auch die SARS-CoV-2-PCR fällt negativ aus. Im weiteren Verlauf fallen die SARS-CoV-2-Antikörper positiv aus. Unter i.v.-Immunglobulin-Gabe, ASS-und Glukokortikoidtherapie kommt es zu einer klinischen und echokardiographischen Besserung. Kawasaki-Syndrom · COVID-19 · Multisystemisches inflammatorisches Syndrom · PIMS Abstract Since the beginning of 2020 an increase in a Kawasaki-like disease has been noted. The WHO assumes a connection to the COVID-19 pandemic and it is defined as the multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) associated with coronavirus disease 2019. A 9-year-old boy attended the pediatric emergency department with persistent fever and then developed a classical Kawasaki syndrome with affection of the left coronary artery. A specific origin of an infection could not be detected. The SARS-CoV-2 PCR was negative. In due course positive SARS-CoV-2 antibodies were detected. The patient was treated with intravenous immunoglobulins, ASS and a glucocorticoid, which led to an improvement in the clinical and echocardiographic state of the patient. Mucocutaneous lymph node syndrome · COVID-19 · Pediatric multisystem inflammatory disease · PIMS gelaufen zu sein. Vielmehr fungiert der Infekt als Trigger-Faktor einer überschießenden Immunantwort [2] . Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie werden vermehrt Fälle eines multisystemischen inflammatorischen Syndroms beobachtet. Das hier dargestellte Fallbeispiel zeigt, dass eine PCR-Untersuchung aus dem tiefen Rachen bei Aufnahme ein solches COVID-19-assoziiertes Syndrom nicht ausschließen kann. Dies passt zu den bereits veröffentlichten Fallserien aus Bergamo, London und New York City [1, 7, 8] sowie zu der oben genannten Hypothese, dass dem Kawaski-Syndrom nicht direkt eine Infektion, sondern viel mehr eine fehlgesteuerte Immunantwort zugrunde liegt. Bei dem seltenen Vorkommen des Kawaski-Syndroms im hiesigen Raum macht es daher, aus Sicht der Autoren, Sinn, dem Zusammenhang des multisystemischen inflammatorischen Syndroms mit COVID-19 durch einen Antikörpertest weiternachzugehen. Bei Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion sollte eine Meldung des Falls an die WHO erfolgen. Sämtliche Fälle eines multisystemischen inflammatorischen Syndroms, auch ohne Nachweis einer COVID-19-Assoziation, sollten zudem an die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) gemeldet werden. Die zentrale Sammlung der Fallberichte ermöglicht es, bei diesem insgesamt seltenen Krankheitsbild, zeitnah Daten für weitergehende Studien zu erheben. Hierdurch kann ein kausaler Zusammenhang zwischen COVID-19 und Kawasaki-Syndrom zuverlässiger untersucht werden. Multisystem inflammatory syndrome related to COVID-19 in previously healthy children and adolescents in Immunoregulatory T cell abnormalities in mucocutaneous lymph node syndrome Diagnosis, treatment, and longterm management of Kawasaki disease: a scientific statement for health professionals from the American Heart Association Kawasaki disease as the immunemediated echo of a viral infection Leitlinie der Gesellschaft für Kinder-und Jugendrheumatologie und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler Kawasaki Syndrom Endothelial cell infection and endotheliitis in COVID-19 An outbreak of severe Kawasaki-like disease at the Italian epicentre of the SARS-CoV-2 epidemic: an observational cohort study Clinical characteristics of 58 children with a pediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with SARS-CoV-2 Interessant ist, dass, im Gegensatz zu dem klassischen Kawasaki-Syndrom, bei dem MIS-C in SARS-CoV-2-Assoziation v. a. ältere Kinder im Alter um die 8 bis 9 Jahre betroffen sind. Zudem findet man eine Häufung nicht nur bei asiatischer, sondern auch bei aschkenasischjüdischer und hispanischer Abstammung [1, 8] . Es sollte daher auch bei älteren Kindern an die Möglichkeit eines MIS-C gedacht werden.Bezüglich des Antikörpernachweises ist zu beachten, dass i.v.-verabreichte, gepoolte Immunglobulinpräparate mit zunehmender Dauer der Pandemie auch Antikörper gegen SARS-CoV-2 enthalten können und damit zu falsch-positiven Ergebnissen bei den Patienten führen können. Es kann daher sinnvoll sein, die entsprechende AK-Diagnostik vor einer IVIG-Gabe durchzuführen bzw. das Herstellungsdatum der IVIG zu berücksichtigen. Das bei unserem Patienten eingesetzte Präparat wurde am 29.01.2020 hergestellt, sodass eine Übertragung von SARS-CoV-2-spezifischen Antikörpern sehr unwahrscheinlich ist.Neben dem vermuteten gehäuften Vorkommen des Kawasaki-Syndroms im Rahmen einer COVID-19-Erkrankung bei Kindern, fällt auch bei Erwachsenen mit COVID-19 ein gehäuftes Vorkommen einer Entzündung des Endothels auf [6] . Eine weitere Forschung bezüglich der Pathogenese der vaskulären Komplikationen durch SARS-CoV-2 könnte somit auch zur Klärung der Pathogenese des Kawasaki-Syndroms beitragen.Die WHO hat die Kawasaki-ähnliche Erkrankung bei COVID-19 als eigenständiges "multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) associated with coronavirus disease 2019" definiert. Verlässliche Aussagen zu einer spezifischen Therapie dieses neuartigen Krankheitsbildes gibt es bislang aufgrund der geringen Datenlage nicht. In dem geschilderten Fallbeispiel haben sich klinisch und echokardiographisch die bereits etablierten therapeutischen Maßnahmen bewährt. Eine aggressive antiinflammatorische Therapie scheint daher essenziell zu sein. Kindesalter zu einem multisystemischen inflammatorischen Syndrom kommen. 4