key: cord-0907690-218ho80r authors: Kohte, Wolfhard; Rabe-Rosendahl, Cathleen title: Zerlegung des Arbeitsschutzes in der Fleischindustrie durch Werkverträge – und die Notwendigkeit integrativen Arbeitsschutzes date: 2020-11-20 journal: Z Arbeitswiss DOI: 10.1007/s41449-020-00232-9 sha: 16053172f5fb7172966fb82f3d7c0e6e6570b431 doc_id: 907690 cord_uid: 218ho80r The devastating working conditions in the meat industry have not only been known since the Corona pandemic, but this spring slaughterhouses in particular proved to be hotspots of the Sars-CoV-2 spread. In the summer of this year, the Federal Government presented a draft for an occupational health and safety control law. Among other things, the bill provides for a ban on the use of contracts to produce a work (Werkverträge) and temporary agency work in the core area of the meat industry from 1 January and 1 April 2021 respectively. This article traces the omissions of recent years and shows why, in third-party employment constellations, the important inter-company cooperation in occupational health and safety cannot represent a model for success in the meat industry, since in the meat industry the contracting companies are neither able nor willing to assert themselves with regard to occupational health and safety. The article highlights why the proprietor’s organisational obligations are crucial for compliance with national and EU occupational health and safety law as well as food hygiene regulations, and must ultimately be monitored by the occupational health and safety inspectorates. The contribution supports the objectives of the bill, but at the time of the editorial deadline (16.11.2020) it is still uncertain whether the Bundestag will pass the law without substantial deterioration. Nicht erst seit dem sprunghaften Anstieg von Corona-Infektionen in Schlachthöfen des Tönnies-Konzerns stehen die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie, insbesondere der unzureichende Arbeitsschutz und die damit verbundene hohe Anzahl von Arbeitsunfällen, sowie die oftmals alarmierende Unterkunftssituation 1 wieder in der Kritik. Wie die Bundesregierung ihrem Gesetzesentwurf für ein Gesetz zur Verbesserung des Vollzugs im Arbeitsschutz (Arbeitsschutzkontrollgesetz) zutreffend voranstellt, ist eine Kernaufgabe staatlichen Handelns, Rahmenbedingungen für gesunde, sichere und menschengerecht gestaltete Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu schaffen 2 . In der Fleischindustrie ist dies trotz einiger gesetzgeberischer Bemühungen 3 und freiwilliger Selbstverpflichtungen der Branche in den letzten Jahren nicht gelungen -obwohl, wie zu zeigen sein wird, die Rechtslage, insbesondere im Hinblick auf Arbeitsschutz und Lebensmittelhygiene, bereits zuvor eindeutige Maßnahmen erforderte. Wie die bereits erwähnte Untersuchung des COVID-19-Ausbruchs bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück gezeigt hat, spielen raumlufttechnische Anlagen (RLT-Anlagen) eine kritische Rolle beim Infektions-und somit auch Arbeitsschutz. An raumlufttechnische Anlagen sind gerade in Pandemiezeiten erhöhte Anforderungen zu stellen, weil bei unzureichender Wartung spezifische Gefährdungen auftreten können. Diese Anforderungen sind bereits in der allgemeinen Arbeitsstätten-Richtlinie ASR A 3.6 "Lüftung" am Stand der Technik orientiert worden 35 . In der Technischen Regel Corona vom 11.08.2020 ist die Bedeutung der Kontrolle der RLT-Anlagen zusätzlich hervorgehoben worden. Hier ist in der Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen, ob die in der VDI-Richtlinie 6022 verlangten Hygienekontrollen ordnungsgemäß durchgeführt und dokumentiert worden sind. Besonders in Fremdfirmenkonstellationen ist eine Gewährleistung des Infektionsschutzes durch den Werkvertragsunternehmer -allein schon durch die Eigentumsverhältnisse an Arbeitsstätte und Produktionsmitteln -allerdings kaum möglich. Dieser Weg wird bestätigt durch das Recht der Lebensmittelsicherheit. Insbesondere in der Lebensmittelindustrie ist es für einen effektiven Arbeitsschutz und die Lebensmittelsicherheit notwendig, Hygiene-und Arbeitsschutzbestimmungen im Zusammenhang zu sehen, denn: die Einhaltung der Arbeits-und Hygienebestimmungen ist in diesem Fall auch vorbeugender Verbraucherschutz. Dies gilt umso mehr in Bereichen der Tierprodukteverarbeitung: eine effektive Lebensmittelhygiene kann ohne funktionierenden Arbeitsschutz kaum gewährleistet werden -und umgekehrt. Auch die Bestimmungen des Lebensmittelhygienerechts stützen das Gebot, in den Kernbereichen der Fleischwirtschaft mit eigenen Betriebsangestellten zu arbeiten. In der Diskussion um die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie wird das EU-Verbraucherrecht -und insbesondere das Lebensmittelhygienerecht -bisher weitgehend außen vor gelassen. Doch gerade im Zusammenhang mit der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln ist ein Blick in das diesbezügliche Sekundärrecht im Grunde unumgänglich. Auch hier kommt dem Betriebsinhaber eine entscheidende Schlüsselrolle zu, da regelmäßig nur dieser die betrieblichen Gegebenheiten wie technische Anlagen und Produktionsmittel verantworten kann. 42 Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. 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