key: cord-0901354-2htzcfvm authors: Cassel, Dieter; Ulrich, Volker title: Corona-Impfstoffe im Überfluss — was dann? date: 2021-04-17 journal: Wirtschaftsdienst DOI: 10.1007/s10273-021-2895-4 sha: 5249162cfbc66166b04e9ae4866a0d1dff0fba2c doc_id: 901354 cord_uid: 2htzcfvm A total of 3.2 million people in Germany have been fully immunised so far. However, in order to achieve herd immunity, which is likely to require an immunisation rate of around 80 % due to the highly infectious mutants, approximately 65 million people need to be vaccinated. The current “imbalance” in the vaccination campaign is largely due to the limited supply of vaccines. Since J&J’s vaccine has recently been approved by the EU and additional production facilities are available, it is foreseeable that the capacities of the vaccination centres will no longer be sufficient. Moreover, at some point the existing unwillingness to vaccinate could become the final bottleneck in reaching herd immunity. This paper provides some calculations for these relationships. Against this background, it is questionable how well-prepared the present system is to cope with these foreseeable problems. 1 Dies geschah erst mit einem Beschlussentwurf online am 7.12.2020, kurz vor Inkrafttreten der Coronavirus-Impfverordnung (Coro-naImpfV) am 18.12.2020 und dem Impfbeginn am 27.12.2020. Absehbar war allerdings die wegen anfänglich unzureichender Produktionskapazitäten weltweit extreme Knappheit der drei zuerst zugelassenen Impfstoffe von BioNTech/ Pfi zer, Moderna und AstraZeneca/Oxford. Dies hätte erfordert, den Kreis der zu priorisierenden Impfberechtigten darauf zahlenmäßig abzustellen und ihre Impfung nach Verfügbarkeit der Vakzine zeitlich zu takten. Stattdessen ist das BMG der Empfehlung der STIKO gefolgt und hat nicht nur mit etwa 40 Mio. Personen fast die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung priorisiert, sondern auch in der ersten, erwartungsgemäß besonders kritischen Phase über 8,6 Mio. Personen mit höchster Impfpriorität aufgerufen, darunter etwa 5,4 Mio. über 80-Jährige (Cassel und Ulrich, 2021a, 14 ff.) . Die Folge war eine mitten im zweiten Lockdown mit Lieferschwierigkeiten, Informationspannen und Terminvergabeproblemen nur ruckelnd angelaufene Impfkampagne, was dem Vertrauen in das Krisenmanagement von Bund und Ländern nachhaltig geschadet haben dürfte. Ende 2020 wurde der Vektor-Impfstoff von AstraZeneca (AZ) von der European Medicines Agency (EMA) unbeschränkt für alle Altersgruppen über 18 Jahre zugelassen. Er gilt als sicher und vermeidet nahezu alle Hospitalisierungen mit schweren Krankheitsverläufen, weist aber im Vergleich zu den mRNA-Vakzinen von BioNTech und Moderna eine geringere Wirksamkeit auf (mindestens 63 % gegenüber 95 % bzw. 94 %). Auch konnte sie wegen einer zu geringen Datenbasis für unter 18-und über 64-Jährige zunächst noch nicht sicher belegt werden. Während die meisten EU-Länder und Großbritannien den AZ-Impfstoff bei allen über 18-Jährigen anwenden, ist er in anderen Ländern -wie Schweiz, USA und Südafrika -aus verschiedenen Gründen (noch) nicht zugelassen. Das BMG Analysen und Berichte Coronavirus hat auf Empfehlung der STIKO einen dritten Weg eingeschlagen, indem es den AZ-Impfstoff zunächst nur bei Erwachsenen im Alter von 18 bis 64 Jahren empfahl. Dadurch wurden die bisherigen Priorisierungskriterien "Krankheitsverlauf" und "Exposition" um die Dimension "Impfstoffqualität" erweitert. 2 Die daraufhin erforderliche Revision der Impfpriorisierung trat mit einer entsprechend geänderten CoronaImpfV am 8. Februar 2021 in Kraft. Sie teilte die vorrangig Impfberechtigten in zwei zu behandelnde Gruppen: In der einen durften nur die beiden mRNA-Vakzine appliziert werden, in der anderen der Vektor-Impfstoff von AZ. Nachdem die STIKO den letzteren lediglich eingeschränkt zur Impfung empfohlen und ihn damit in den Augen vieler -sicherlich unbeabsichtigt 3 -als minderwertig diskreditiert hatte, musste sich eine solche produktbezogene Segmentierung negativ auf die Impfbereitschaft der Betroffenen auswirken. Dies umso mehr, als die Impfstoffzuordnung in den bisher mit höchster oder hoher Priorität zu impfenden Personengruppen ( § § 2-3 CoronaImpfV) kaum nachvollziehbar war und damit einer Büchse der Pandora gleichkam (Cassel und Ulrich, 2021b, 3 f.) . Seitdem wurde beklagt, dass immer mehr Priorisierte eine Impfung mit dem AZ-Vakzin ablehnen und lieber ungeimpft bleiben oder bis zur breiten Verfügbarkeit der mR-NA-Vakzine bzw. der Lieferbarkeit des erst am 11. März EU-weit zugelassenen Impfstoffs von Janssen-Cilag/ Johnson&Johnson (J&J) voraussichtlich im zweiten Quartal 2021 warten wollen. Dieser Vektor-Impfstoff ist zwar ebenfalls nicht so wirksam wie die mRNA-Vakzine, bedarf aber nur einer Impfung und ist bei Kühlschranktemperatur transport-und lagerfähig. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Präferenzen der noch nicht Geimpften bei den beiden Vektor-Impfstoffen, insbesondere nach dem zwischenzeitlichen Impfstopp von AZ, entwickeln. Immerhin lagen nach Angaben des RKI Mitte März noch 1,6 Mio. AZ-Dosen bzw. 47 % der Lieferungen bei den Impfzentren auf Halde. Dies verlangsamte die Impfkampagne und vergrößert später die noch zu erwartenden Impfengpässe ebenso, wie das aus Sicherheitsgründen in den meisten Bundesländern praktizierte Zurückhalten der Dosen für 2 Die STIKO nahm die AZ-Zulassung zum Anlass, ihre bisherige weitgehend "personalisierte Priorisierung" der Impfberechtigten nach Alter, Vorerkrankungen und Exposition nun auch nach Maßgabe der Impfstoffeigenschaften zu revidieren und dem BMG als neue "Feingranulierung" (STIKO) zu empfehlen. Aufgrund neuester Studiendaten wurde allerdings von Bund und Ländern erwartet, dass sie kurzfristig die Altersbegrenzung der AZ-Anwendung aufhebt (BKMPK, 2021, 4 Es sei dahingestellt, ob angesichts dessen die Aussetzung der Impfungen mit einem ansonsten unbestritten sicheren und wirksamen Vakzin als "reine Vorsichtsmaßnahme" (Spahn) bei noch ruckelnder Impfkampagne inmitten der dritten Infektionswelle verhältnismäßig war. 5 Jedenfalls dürften das Vertrauen in das Impfmanagement und die Akzeptanz des AZ-Vakzins gelitten und sich die Impfbereitschaft zumindest temporär verringert habenan die dadurch Infi zierten, Erkrankten und Gestorbenen gar nicht zu denken. 4 Bei den noch nicht verbrauchten BioNTech-Dosen dürfte es sich überwiegend um angebotsbedingte Sicherheitsreserven für die zweite Impfung handeln, die umso geringer sein können, je verlässlicher die Lieferzusagen sind und je größer das Intervall zwischen erster und zweiter Impfung sein kann. Angesichts dessen hatte das BMG schon frühzeitig empfohlen, beim AZ-Stoff keine Rücklage zu bilden, sodass seine hohen Bestände im Wesentlichen nachfrageseitig mit einer produktspezifi schen Impfzurückhaltung der Priorisierten und einer anfänglich zu starr gehandhabten Priorisierung erklärbar ist. 5 Dies bedarf der Diskussion: Schließlich sind Rolle und Verantwortung von PEI und STIKO als wissenschaftliche Berater und BMG als politischer Entscheider hinsichtlich des angerichteten Schadens grundsätzlich zu klären. Das dürfte auch für das Selbstbestimmungsrecht der Impfwilligen gelten, sich auf eigenes Risiko mit einem zugelassenen Stoff impfen zu lassen, solange keine Impfpfl icht besteht Niemeyer, 2021) . Auch ist erklärungsbedürftig, warum der AZ-Impfstoff schon nach drei Tagen wieder zur unbeschränkten Anwendung freigegeben wurde, obwohl während des Impfstopps keine neuen Erkenntnisse zu gewinnen waren -mit Ausnahme der Notwendigkeit einer besseren Aufklärung über die Nebenwirkungsrisiken. Bereitstehende Impfstoffe bei neuerlich anrollender Infektionswelle und gelockerten Kontaktbeschränkungen nicht zu verimpfen, ist ein GAU der Pandemiebekämpfungentstehen doch damit vermeidbare Schäden durch nicht verhinderte Infektionen, Verlängerung oder Verschärfung des Lockdowns sowie Vertrauensverlust mit Verringerung der Impfbereitschaft. Deshalb haben sich Bund und Länder auf ihrer Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsident:innen vom 3. März 2021 darauf geeinigt, die für die Zweitimpfung zurückgehaltenen Dosen deutlich zu reduzieren und die zulässigen Intervalle zwischen erster und zweiter Impfung möglichst auszuschöpfen (BKMPK, 2021, 3 ff.). Auch können nun Personen der zweiten Priorisierungsgruppe produktbezogen "im fl ießenden Übergang" geimpft werden, obwohl die am höchsten Priorisierten noch nicht komplett immunisiert sind. Damit legitimierte man das Vorziehen nachrangig Priorisierter beim AZ-Vakzin, das von den Ländern schon längst praktiziert wurde. Schließlich sollen spätestens ab April auch Haus-, Fach-und Betriebsärzte mit Impferfahrung unter Beachtung der Priorisierung einbezogen werden, um das Impftempo merklich beschleunigen zu können. Diese Beschlüsse -wie insbesondere auch die zur Höherstufung der Beschäftigten in der Kinder-und Grundschulbetreuung -waren längst fällig, reichen aber bei Weitem nicht für eine erfolgversprechende Impfstrategie aus (Cassel et al., 2020, 66 ff.) . Primäres Ziel der Nationalen Impfstrategie des BMG ist der individuelle Impfschutz (Personenschutz) zur Vermeidung von Hospitalisierung und schweren Krankheitsverläufen, was sich in der CoronaImpfV als "personalisierte Priorisierung" konkretisiert. Außerdem soll die Corona-Pandemie mit einer raschen Durchimpfung der Bevölkerung zum Erreichen der Herdenimmunität (Bevölkerungsschutz) bekämpft werden. Dazu bedarf es aber einer "institutionalisierten Priorisierung" zur gezielten Immunisierung potenzieller Superspreader, Bekämpfung von Hotspots und Unterbrechung von Infektionsketten einerseits sowie eines effektiven Impfmanagements bei hoher Impfbereitschaft zur Vermeidung von Engpässen der Durchimpfung andererseits (Cassel und Ulrich, 2021a, 4 ff.) . Die bis dato ruckelige Impfkampagne ist weitgehend dem knappen Impfstoffangebot bis Ende Februar geschuldet. Seitdem steigt die Zahl der täglichen Impfungen infolge des verbesserten Impfstoffangebots tendenziell deutlich an, hat aber erst am 10. März 2021 die 250.000-Marke überschritten und durch den AZ-Impfstopp vorübergehend einen merklichen Rückschlag erlitten. Da mit dem Vektor-Impfstoff von J&J erst kürzlich ein weiteres Vakzin zugelassen wurde und der Impfstoff des russischen Gamaleja-Instituts (Sputnik V) vor der EU-Zulassung steht sowie die Produktionslinien der bereits zugelassenen Produkte immer noch erweitert werden, ist absehbar, wann die stationären und mobilen Impfkapazitäten der Impfzentren nicht mehr ausreichen werden, um die gelieferten Dosen zu verbrauchen: Nach der Impfstoffknappheit droht also ein Mangel an Impfkapazitäten. Schließlich ist irgendwann auch die Zahl der Geimpften so weit gestiegen, dass sich immer weniger Impfwillige fi nden lassen und die nicht vorhandene Impfbereitschaft zum Engpass beim Erreichen der Herdenimmunität werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist fraglich, wie gut die Politik auf die absehbaren Problemlagen vorbereitet ist. Um das Impfmanagement hierauf einstellen zu können, hat das BMK in Zusammenarbeit mit dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi, 2021a) ein Online-Tool entwickelt, mit dem Bund und Länder verschiedene Impfszenarien für den zeitlichen und quantitativen Ablauf der Impfkampagne berechnen und die Auswirkungen alternativer Vorgehensweisen simulieren zu können. Dies ermöglicht es, planerisch so wichtige Fragen wie die nach den wöchentlich verfügbaren Impfstoffmengen und der dafür benötigten Impfkapazität in den Impfzentren und Arztpraxen zu beantworten. Auch lässt sich der bevölkerungsbezogene Impfschutz abschätzen, der mit unterschiedlichen Impfstoffmengen, Impfkapazitäten und Verimpfungsintervallen erreichbar ist (Zi, 2021b zur Herdenimmunität fehlten dann jeweils noch 17 % Geimpfte in der Bevölkerung. Schon die Impfbeschränkung für über 64-Jährige, die Anfang Januar für das AZ-Vakzin verfügt und auf Drängen der BKMPK Anfang März wieder aufgehoben wurde, hat bei den unter 65-Jährigen verbreitet zu einer produktbezogene Impfverweigerung geführt (Cassel und Ulrich, 2021b) . Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Impfstopp das Vertrauen in das AZ-Produkt nochmals beschädigt und auch generell die Impfbereitschaft beeinträchtigt hat. Deshalb wäre es gut zu wissen, ob man den Vertrauensbonus der mRNA-Vakzine nutzen und die Herdenimmunität gegebenenfalls auch mit den von BioNTech und Moderna zugesagten Dosen allein erreichen könnte. Hierfür haben wir analoge Berechnungen unter der Annahme angestellt, dass nur diese beiden Impfstoffe verwendet werden. Wie Abbildung 2 zeigt, bleibt es im ersten Szenario (rautierte Kurve) beim Ende der Impfkampagne im November 2021 wegen mangelnder Impfbereitschaft (Phase-III-Knappheit). Dagegen sind im zweiten Szenario (gepunktete Kurve) die Impfkapazitäten deutlich höher als die Liefermengen. Dadurch kann der Bevölkerungsteil der Geimpften nur der Impfstoffverfügbarkeit entsprechend bis zur Grenze der Impfbereitschaft zunehmen, die im August 2021 erreicht wäre -also nur zwei Monate später als in Abbildung 1. Aber selbst bei ausreichender Impfbereitschaft würde sich das Erreichen der Herdenimmunität nur um gut zwei Monate verzögern. Von daher ließe sich bei Soll die Impfkampagne nicht an Querdenkern, Impfgegnern und Unbesorgten scheitern, muss die Impfstrategie auch für die dritte Phase gerüstet sein. Hierauf haben schon seit längerem STIKO, Deutscher Ethikrat, Leopoldina und andere hingewiesen und vor allem vertrauensbildende Maßnahmen wie Informationen, Aufklärung, Appelle usw. gefordert. Sie allein werden aber nur schwerlich Erfolg haben, hat die bisherige Impfkampagne doch schon mehr Vertrauen zerstört als aufgebaut. Aus ökonomischer Sicht dürfte eine steigende Impfbereitschaft ohnehin eher mit Anreizen und Sanktionen ("Carrot and Stick") erreichbar sein. Dies lässt sich aus den externen Effekten des Impfens und Nichtimpfens ableiten, die positiv ("nützlich") oder negativ ("schädlich") sein können. 15 Geimpfte erhalten nämlich zum einen die positiven externen (Schutz-)Effekte, die sie zum Nutzen Dritter und letztlich für die Gesellschaft zum Erreichen der Herdenimmunität bewirken, nicht kompensiert; zum anderen verursachen Personen, die sich nicht impfen lassen, negative externe Effekte zum Schaden Dritter -insbesondere gegenüber Risikogruppen wie auch der Gesellschaft als Ganzes -, für den sie nicht aufkommen müssen. private Nachfrage hinter dem gesellschaftlich erwünschten Ausmaß zurückbleibt. Pragmatisch gesehen gilt also, die externen Effekte zu internalisieren und so die individuelle Impfbereitschaft mit kompensatorisch wirkenden Mitteln zu erhöhen. • Der Carrot-and-Stick-Devise würden ökonomisch gesehen am ehesten fi nanzielle Anreize zum Impfen und Sanktionen des Nicht-Impfens entsprechen. Der Höhe nach wirksame Geldbeträge zur generellen Belohnung des Impfens zu zahlen, dürfte bei etwa 65 Mio. zu Impfenden fi skalisch rasch an Grenzen stoßen, im Wesentlichen aus Mitnahmeeffekten bestehen und politisch schwer vermittelbar sein. Und das Impfverweigern durch Strafzahlungen zu sanktionieren, um die Impfbereitschaft zu erhöhen, wird bei notorischen Impfgegnern kaum erfolgreich sein und juristisch noch vor dem Ende der Pandemie auch nicht durchsetzbar. • Erfolgversprechender ist es, das Impfen kostenlos anzubieten, wie es in Deutschland und auch weltweit schon häufi g geschieht. Darüber hinaus sollte es aber auch möglichst geringe monetäre und nicht monetäre (intangible) Nebenkosten -wie Informations-, Wege-und Zeitkosten oder Nebenwirkungen -verursachen. Von daher werden sich das steigende Impfstoffangebot und die zunehmenden Impferfahrungen ebenso positiv auswirken wie das demnächst schrittweise mögliche Impfen durch niedergelassene Impfärzt:innen. • Besonders schädlich wirken sich die intangiblen Kosten der Terminvergabeprozeduren mit ihren Warteschlangen aus. Dies ist zu bedenken, wenn die Bundeskanzlerin nach abgeschlossener Durchimpfung der Priorisierten ihr versprochenes "Impfangebot an alle" einlöst; denn es wird sich dann mit einem Schlag an die verbliebenen 30 Mio. noch Ungeimpften richten. Selbst wenn niedergelassene Impfärzt:innen den Problemdruck verringern dürften, sollten jetzt schon die Vorkehrungen für elektronische Wartschlangen getroffen werden: Darin könnten sich die Impfwilligen bei Zentren und Arztpraxen virtuell einreihen und fl exibel zur Impfung aufrufen lassen. • Dazu würde auch eine fl exiblere Handhabung der Priorisierung durch Vorziehen von Impfungen nach Verfügbarkeit einzelner Impfstoffe gehören, um Impfstaus zu vermeiden ("Impfungen mit produktbezogenen Geschwindigkeiten"). Auch könnte sich die Priorisierung erübrigen, sobald die Impfnachfrage der Priorisierten unter das verfügbare Impfangebot fällt; denn je leichter der Zugang zur Impfung ist, umso höher wird die Impfbereitschaft sein. • Auch sollten die Kosten verlässlicher Informationen über Qualität und Sicherheit der verimpften Stoffe, die Bedeutung der Impfpriorisierung, die persönlichen und sozialen Vorteile des Impfens und auch die Wahrscheinlichkeit von Risiken und Nebenwirkungen so gering wie möglich sein. Dies wäre regierungsseitig durch ein professionelles Entscheidungs-und Informationsmanagement und ärztlicherseits durch vertrauensbasierte persönliche Aufklärung und Beratung der Impfberechtigten in den Arztpraxen zu gewährleisten. Vor allem dürfte sich ein Debakel wie beim AZ-Vakzin nicht wiederholen. • Die Impfbereitschaft ist erfahrungsgemäß umso höher, je größer der erwartete individuelle Nutzen aus der Impfung ist. Dieser hängt wesentlich davon ab, wie wirksam der Impfstoff ist, welche Nebenwirkungen er hat, wie gut das Virus nach Reproduktion und Inzidenz bereits kontrolliert ist, inwieweit das Testen fälschlicherweise als ein die Impfung ersetzender Infektionsschutz gesehen wird, ob es bereits effektive Behandlungsmöglichkeiten von Covid-19 gibt und nicht zuletzt, welches Risiko besteht, schwer daran zu erkranken. Diese Faktoren wirken teilweise gegenläufi g auf die Impfbereitschaft und sind noch dazu schwer steuerbar. • Dagegen gilt als wirksamster Anreiz zur Erhöhung der Impfbereitschaft ein amtlicher "elektronischer EU-Impfpass". Er wurde schon früh gefordert (Cassel et al., 2020, 68; Cassel und Ulrich, 2021a, 23) , scheint aber erst jetzt politisch durchsetzbar zu sein, nachdem es Anzeichen gibt, dass die bisher zugelassenen Vakzine die Transmission ausschließen. Die Anreizwirkung setzt allerdings voraus, dass Träger:innen des Impfpasses weitgehend von Lockdown-bzw. Mobilitätsbeschränkungen verschont bleiben. Darin ist keine Privilegierung der Geimpften zu sehen, sondern vielmehr eine nach erfolgter Immunisierung mögliche Rückkehr zur Normalität, die ihnen zuvor durch pandemiebedingte Einschränkungen ihrer Grundrechte verwehrt war. • Gleichsam als Ultima Ratio ließe sich die Zahl der Impfl inge auch mit einer gesetzlichen Impfpfl icht erhöhen. Dafür käme jedoch keine generelle Impfpfl icht in Betracht, ist sie doch eine ziemlich rigorose Methode zur Internalisierung der externen Impfeffekte: Sie würde unter den derzeitig noch moderaten Pandemie-Bedingungen die verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte unverhältnismäßig stark einschränken. Dagegen wäre eine selektive Impfpfl icht für bestimmte Berufsgruppen -wie das medizinisch-pfl egerische Personal oder die Belegschaften systemisch relevanter Betriebe -schon aus pandemischen Gründen not- Impfstoff für alledoch wie soll das gehen? Probleme der Verfügbarkeit und Verteilung von Covid-19-Impfstoffen, RPG -Recht und Politik im Gesundheitswesen Corona-Impfpriorisierung: personalisiert oder institutionalisiert? Genese und Probleme der Regelung des Impfstoffzugangs nach § § 2 bis 4 Coronavirus-Impfverordnung Neue Impfpriorisierung -eine Büchse der Pandora?, dfg -Dienst für Gesellschaftspolitik HCHE COVID-19 study Covid19-Durchimpfung der Bevölkerung in Deutschland bis Juli 2021 ist möglich. Eine Projektion von S. Dullien und A. Watt, IMK Policy Brief Erwachsene Bevölkerung könnte bis Ende Juli 2021 geimpft sein, Gemeinsame Medieninformation, 24. Februar Impfen und impfen lassen, Wirtschaftliche Freiheit Per aspera ad AstraZeneca? Vaccination and non-pharmaceutical interventions for COVID-19: a mathematical modelling study, The Lancet Infectious Diseases 2021, Online 18 Entscheidung gegen Astrazeneca Ist eine Impfpfl icht gegen das Coronavirus nötig? Modellierung von Impfszenarien Simulation der COVID19-Impfkampagne nicht nur die Lösung eines Problems sind, sondern auch neue Probleme aufwerfen: Nun gilt es zu verhindern, dass am Ende zu wenig Impfwillige da sind, um bei gegebenem Wirkungsgrad der Vakzine und erhöhter Infektiosität ihrer Mutanten die gewünschte Herdenimmunität erreichen zu können. Die Lösung dafür heißt Zur ebenfalls früh erhobenen, aber bislang politisch nicht aufgegriffenen Forderung nach einer selektiven Impfpfl icht und deren Ausgestaltung siehe Cassel et al 2 million people in Germany have been fully immunised so far. However, in order to achieve herd immunity, which is likely to require an immunisation rate of around 80 % due to the highly infectious mutants, approximately 65 million people need to be vaccinated. The current "imbalance" in the vaccination campaign is largely due to the limited supply of vaccines. Since J&J's vaccine has recently been approved by the EU and additional production facilities are available, it is foreseeable that the capacities of the vaccination centres will no longer be suffi cient. Moreover, at some point the existing unwillingness to vaccinate could become the fi nal bottleneck in reaching herd immunity. This paper provides some calculations for these relationships Digital gegen Corona -Präsentation des Präsidenten von Bitkom -Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien -vom 23. Februar 2021 BKMPK -Bundeskanzlerin mit den Regierungschefi nnen und Regierungschefs der Länder Modellierung im Rahmen der Nationalen Impfstrategie zur Ministerpräsidenten-Konferenz (MPK) am 10. Februar 2021, Anlage 1: Status quo und Modellierung des BMG; Anlage 2: Modellierung von Impfszenarien des Zi Informationen zur Impfstoffbeschaffung gegen COVID-19. Liefermengen/Lieferzeitpunkt/Zulassung