key: cord-0899529-cbkh8op7 authors: Boeckelmann, Moritz; Glaser, Nicola; Dejas, F.; Östreicher, I.; Grüner, J.; Höche, A.; Akanbi, S.; Thiemig, D.; Rossi, R. title: „Pediatric inflammatory multisystem syndrome“ – Erfahrungen aus einer Berliner Kinderklinik date: 2022-01-20 journal: Monatsschr Kinderheilkd DOI: 10.1007/s00112-021-01394-4 sha: 2814b51642bf71f8328620a971715ee050598989 doc_id: 899529 cord_uid: cbkh8op7 BACKGROUND: Since the beginning of the SARS-CoV‑2 pandemic, cases of the hyperinflammatory syndrome pediatric inflammatory multisystem syndrome (PIMS) have been accumulating. The clinical presentation is variable and it occurs 2–6 weeks after infection with SARS-CoV‑2. As of today, immunoglobulins and/or steroids as well as ASS are used for medication. METHOD: In our clinic 11 patients presented with PIMS between 06/2020 and 06/2021, whose data were retrospectively collected and analyzed. RESULTS: Of the 11 patients 6 were male, the age distribution ranged from 4–18 years and 7 were overweight or obese. Almost all patients showed gastrointestinal and cardiovascular involvement, 4 had respiratory symptoms, 6 showed signs of nephritis. All showed blood count changes with anemia or leukocytosis and coagulopathy. CRP, ferritin, and soluble IL2 receptor were highly elevated in all patients. Only 2 patients had neither troponin‑T nor NT-pro-BNP elevation and 7 patients had impaired left ventricular function. Positive SARS-CoV‑2 serology was found in 10, and positive SARS-CoV‑2 PCR via nasopharyngeal swabs in 2. All were initially treated with antibiotics, 3 patients required O(2) supplementation, 6 required intensive care and 5 required vasoactive agents. All but one patient received immunoglobulins and ASS, 5 received prednisolone. Length of stay ranged from 4–51 days. CONCLUSION: PIMS is a severe acute hyperinflammatory disease, which was secured in 11 patients in our clinic. In some cases, there was a need for intensive care. Under anti-inflammatory therapy there was a good response without exception. Seitdem der National Health Service (NHS) des Vereinigten Königreichs am 25.04.2020 erstmalig von einem neuartigen schweren multisystemischen Inflammationssyndrom in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern berichtete [1] , häufen sich weltweit Veröffentlichungen zu Kindern und Jugendlichen mit einer multisystemischen Hyperinflammation [2] [3] [4] [5] [6] [7] . Das "Royal College of Paediatrics and Child Health" (RCPCH) bezeichnet das Syndrom als "paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally associated with COVID-19 (PIMS-TS)" [8] , die US Centers for Disease Control and Prevention (CDC) [9] und die World Health Organisation (WHO) [10] sprechen von "multisystem inflammatory syndrome in children" (MIS-C) (. Abb. 1). Nach nachgewiesener SARS-CoV-2-Infektion sind das Risiko bei Kindern, ein PIMS zu entwickeln, mit 0,14 % [12] und die Mortalität mit 1,7-2,2 % beschrieben [3, 13] . Der Altersgipfel liegt bei 7 bis 10 Jahren, [14, 15] es können jedoch auch Säuglinge [16, 17] und Erwachsene betroffen sein [18] . Die meisten Patient*innen mit PIMS sind vorher gesund, männliche Kinder und Jugendliche scheinen etwas häufiger betroffen zu sein, und Übergewicht ist als Risikofaktor beschrieben [14, [17] [18] [19] . Differenzialdiagnosen sind das Kawasaki-Syndrom, schwere Infektionen, ein "toxic shock syndrome", eine Appendizitis, eine Myokarditis, ein Makrophagenaktivierungssyndrom sowie ein M. Still. Im Vergleich zum Kawasaki-Syndrom sind PIMS-Patient*innen meist älter, zeigen höhere Inflammationsparameter, häufiger eine Anämie und Thrombozytopenie, häufiger gastrointestinale Symptome und häufigere und schwerwiegendere myokardiale Dysfunktionen [6] , auch zeigt die Therapie mit Immunglobulinen beim PIMS im Vergleich zum Kawasaki-Syndrom ein geringeres Ansprechen [11, 18] . Das PIMS tritt ca. 2 bis 6 Wochen nach einer häufig auch asymptomatischen SARS-CoV-2-Infektion auf. Es wird vermutet, dass eine überschießende Immunreaktion ein Schlüsselfaktor sein könnte, die sich jedoch von der Pathophysiologie von COVID-19 und des Kawasaki-Syndroms un-terscheidet [20] . Ein Erklärungsansatz ist die "Antibody-dependent-enhancement"-Hypothese. Hier binden infektionsverstärkende Antikörper an das Spike-Protein des SARS-CoV-2 und führen zu einer verbesserten Aufnahme des Antikörper-Antigen-Komplexes in die Zielzelle und damit zu einer erhöhten Virusreplikation [21, 22] . Eine zweite Hypothese ist ein Zytokinsturm durch eine verzögerte Interferonantwort. Coronaviren sind in der Lage, Autoantikörper zu induzieren, die eine Blockade der Interferon-I-und Interferon-III-Typen bewirken, wodurch es zu einer verspäteten Interferonantwort und damit zu einer verzögerten Virusbekämpfung und folgender überschießender Inflammation mit Zytokinsturm kommt [23, 24] . Eine mögliche Erklärung, warum Adipositas ein Risikofaktor sein könnte, ist die vermehrte Anzahl von SARS-CoV-2-bindenden Rezeptoren in den Fettgewebszellen und die dadurch vermehrte Akkumulation der Entzündungszellen im Fettgewebe [13] . Ein anderer Erklärungsmechanismus ist die mögliche Rolle von Autoantikörpern. Es wurde bei Patienten*innen mit PIMS eine erhöhte Konzentration von Autoantikörpern gefunden, welche einen Einfluss auf die Lymphozytenaktivierung sowie auf den intrazellulären Signalweg hatte [25] . Das Vorkommen von möglichen Zielstrukturen der Autoantikörper in verschiedenen Gewebetypen könnte die multisystemische Auswirkung von PIMS erklären [20] . Im Differenzialblutbild fielen bei 9 Patient*innen eine Neutrophilie und eine Lymphopenie auf. 9 Patient*innen hatten entweder eine Troponin-T-oder eine NT-proBNP-Erhöhung, bei 5 waren beide Herzenzyme erhöht. Obwohl bei einer Seit Juni 2020 wurden in unserer Klinik 11 Patient*innen mit PIMS diagnostiziert. Der leichte Trend zur Jungenwendigkeit sowie die Altersverteilung zwischen 4 und 18 Jahren lassen sich auch in der Literatur so wiederfinden [15, [17] [18] [19] , ebenso wie das bei uns bei 7/11 vorliegende Übergewicht. Dies untermauert die Vermutung, dass Übergewicht ein Risikofaktor für die Manifestation eines PIMS darstellt [13, 16, 17] . Klinisch zeigten unsere Patient*innen sehr variable Symptome; die Diagnosestellung erfolgte bei den pädiatrischen Patient*innen zwischen dem 1. und 3., bei dem 18-Jährigen nach 13 Tagen. Bis auf eine Patientin zeigten übereinstimmend mit der aktuellen Literatur alle eine gastrointestinale Beteiligung sowie z. T. sonographische Auffälligkeiten im Sinne einer Inflammation [15, [17] [18] [19] 26] . Im PIMS-Survey (Stand 18.07.2021) wurde zu 24 % eine Gastroenteritis und zu 11 % eine Appendizitis als Verdachtsdiagnose bei Aufnahme angegeben [15] , was sich mit unseren Beobachtungen deckt. In einer Studie von Miller et al. zeigte sich, dass sich 29,5 % der im Verlauf stationär mit PIMS aufgenommenen Patient*innen innerhalb einer Woche vor Aufnahme mit gastrointestinalen Symptomen in einer Rettungsstelle oder einem akutmedizinischen Zentrum vorgestellt hatten [30] . Übereinstimmend mit unseren Beobachtungen zeigen sich auch in den bisher publizierten Studien eine häufige kardiovaskuläre Beteiligung und echokardiographische Auffälligkeiten wie Perikardergüsse oder Myokarditis [18, 19, 26] . Koronararterienaneurysmata waren im Vergleich zur publizierten Literatur bei uns nicht zu finden [13, 17, 19, 26, 28] . In einem syste-matischenReviewvonAhmed etal. zeigten sich bei einer Mehrzahl der Patient*innen bei initial unauffälliger Echokardiographie erst im Verlauf der Erkrankung echokardiographisch eine Funktionsstörung sowie teilweise Koronaraneurysmata [13] , sodass repetitive Echokardiographien notwendig sind. Die Beobachtung, dass respiratorische Symptome, wie sie bei SARS-CoV-2 vorkommen, meist nicht schwerwiegend sind, Husten, Hypoxie und Dyspnoe aber auftreten können [17] , ließ sich auch in unserem Kollektiv wiederfinden. Zwei unserer Patient*innen zeigten neurologische Symptome, die den Verdacht auf eine Meningitis bzw. Enzephalitis begründeten. Im DGPI-Survey war die Meningitis zu 6 % (Stand 18.07.2021) die Verdachtsdiagnose bei der stationären Aufnahme [15] . Esposito und Principi berichten in ihrer Übersichtsarbeit sogar bei 22-55 % der Patient*innen von neurologischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Dysarthrie und Dysphagie, Meningismus, Ataxie, Muskelschwäche und abgeschwächten Reflexen [18] . Die in unserem Patient*innenkollektiv gezeigte Affektion der Niere findet sich auch in der Literatur wieder, hier ist ein Nierenversagen mit bis zu 38 % beschrieben, eine Nierenersatztherapie war jedoch fast nie notwendig [7, 13, 18] . Nur 2 Patient*innen hatten unauffällige Herzenzyme, bei den anderen waren diese Werte z. T. drastisch erhöht. Übereinstimmend sind die kardialen Marker praktisch ausnahmslos als stark erhöht beschrieben [13, 14, 16] , z. T. wurde bei 33-68 % von einer Troponin-T-und bei 44-73 % von einer NT-proBNP-Erhöhungberichtet [13, 14, 16, 19, 26, 28] . Ausgehend von der Annahme, dass ACE-2-Rezeptoren eine elementare Rolle beim Eintritt von SARS-CoV-2 in die Zelle spielen [31] und der Menge der ACE-2-Rezeptoren im Myokardgewebe, erscheint dies nicht überraschend. Die bei unseren Patient*innen beobachteten Blutbildveränderungen mit Leukozytose, Neutrophilie, Lymphopenie, Thrombopenie und Anämie sind auch in der Literatur zu finden [13, 19] . Womöglich spiegelt das Ausmaß der Separation der Neutrophilen und Lymphozyten das Ausmaß der Inflammation wider [13] . Die laborchemischen Entzündungsparameter, insbesondere CRP, Prokalzitonin sowie Ferritin, sind in der Literatur stets als stark erhöht beschrieben [14, [17] [18] [19] . Nur bei einem Patienten waren die SARS-CoV-2-PCR sowie die Antikörperdiagnostik nicht wegweisend. Hier erfolgte die Diagnosestellung durch das Zusammenspiel von Klinik, passender Laborchemie und auffälliger Echokardiographie. Auch in der Literatur sind der positive Nachweis einer SARS-CoV-2-PCR nur bei 14-45 % der PIMS-Patient*innen und der Antikörpernachweis mit 75-87 % beschrieben [7, 15, 21] . 6 unserer Patient*innen wurden zwischenzeitlich auf der Kinderintensivstation betreut, 5 benötigten eine Katecholamintherapie. Dies stimmt ebenfalls mit den publizierten Daten überein, wo die Notwendigkeit der Intensivbetreuung bei 44 bis > 90 % der Fälle lag [13, 14, [17] [18] [19] und 42-80 % der Patient*innen vasoaktive Medikamente benötigten [13, 16, 19] . Es liegt eine deutschsprachige Therapieempfehlung zur Behandlung des PIMS aus dem November 2020 vor [11] . Wir behandelten 9 der Patient*innen hochdosiert mit ASS. Die Entscheidung zur Gabe von Steroiden war jeweils eine Einzelfallentscheidung, u. a. dadurch erklärbar, dass zu dem Zeitpunkt der jeweiligen Gabe die Therapieempfehlungen teilweise noch nicht vorlagen. Eine Kombinationstherapie aus Immunglobulinen und Methylprednisolon/Prednisolon scheint aktuell bessere Ergebnisse zu zeigen [12, 32] ; weitere Studien sind jedoch noch notwendig. Die Limitationen folgender Arbeit ergeben sich aus dem retrospektiven und beschreibenden Charakter sowie der kleinen Fallzahl. COVID-19 and Kawasaki disease: novel virus and novel case Hyperinflammatory shock in children during COVID-19 pandemic Emerging evidence on multisystem inflammatory syndrome in children associated with SARS-CoV-2 infection: a systematic review with meta-analysis Characteristics and outcomes of US children and adolescents with multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) compared with severe acute COVID-19 Godfred-Cato S (2021) Trends in geographic and temporal distribution of US children with multisystem inflammatory syndrome during the COVID-19 pandemic Defining Kawasaki disease and pediatric inflammatory multisystem syndrometemporally associated to SARS-CoV-2 infection during SARS-CoV-2 epidemic in Italy: results from a national, multicenter survey Clinical characteristics of 58 children with a pediatric inflammatory multisystemsyndrometemporallyassociatedwith SARS-CoV-2 Guidance: Paediatric multisystem inflammatory syndrome temporally associated with COVID-19 Multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) associated with coronavirus disease World Health Organization (2020) Multisystem inflammatory syndrome in children and adolescents with COVID-19: scientific brief STAKOB zur klinischen Präsentation und zur medikamentösen Behandlung von Kindern mit COVID-19 Association of intravenous immunoglobulins plus methylprednisolone vs immunoglobulins alone with course of fever in multisystem inflammatory syndrome in children Multisystem inflammatory syndrome in children: a systematic review Factors linked to severe outcomes in multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) in the USA: a retrospective surveillance study Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (2021) PIMS Survey Update: 2021, Kalenderwoche 28 COVID-19-associated multisystem inflammatory syndrome in children-United States Multisystem inflammatory syndrome in children (MIS-C) and the coronavirus pandemic: current knowledge and implications for public health Multisystem inflammatory syndrome in children related to SARS-CoV-2 Multisystem inflammatory syndrome in U.S. children and adolescents The immunology of multisystem inflammatory syndrome in children with COVID-19 Paediatric inflammatory multisystem syndrome temporally-associated with SARS-CoV-2 infection: an overview SARS-CoV-2 in cardiac tissue of a child with COVID-19-related multisystem inflammatory syndrome 2020) Type I and type III interferons-induction, signaling, evasion, and applicationtocombatCOVID-19 Understanding SARS-CoV-2-related multisystem inflammatory syndrome in children SARS-CoV-2 paediatric inflammatory syndrome Multi-system inflammatory syndrome in children & adolescents (MIS-C): a systematic review of clinical features and presentation Multisystem inflammatory syndrome in children associated with severe acute respiratory syndrome coronavirus 2: a systematic review Cardiac abnormalities due to multisystem inflammatory syndrome temporally associated withCovid-19 amongchildren: asystematicreview and meta-analysis Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Leitlinie Kawasaki Syndrom. S2k Leitlinie Gastrointestinal symptoms as a major presentation component of a novel multisystem inflammatory syndrome in children that is related to coronavirus disease 2019: a single center experience of 44 cases High expression of ACE2 receptor of 2019-nCoV on the epithelial cells of oral mucosa Multisystem inflammatory syndrome in children-initial therapy and outcomes