key: cord-0896765-im1wib6a authors: Frank, Ulrike; Frank, Katrin title: COVID-19 – neue Herausforderungen in der Dysphagie- und Atemtherapie date: 2021-07-09 journal: Nervenarzt DOI: 10.1007/s00115-021-01162-5 sha: 670eb5266fa26bfb37dd1de1179170a3598726cd doc_id: 896765 cord_uid: im1wib6a Coronavirus disease 2019 (COVID-19) can lead to severe disease courses with multiple organ involvement, respiratory and neurological functional impairments. Swallowing disorders (dysphagia) in this patient group can result from primary damage to the central and peripheral neuronal swallowing network but also from the frequently prolonged intensive care treatment and mechanical ventilation. Clinical observations indicate persistence of dysphagia in post-acute COVID-19 syndrome (long COVID), so that these patients probably also need long-term interventions for rehabilitation of safe and sufficient oral feeding. Therefore, structured disease-specific monitoring of dysphagia symptoms should be integrated into the treatment of COVID-19 patients and respiratory therapy should be an essential part of dysphagia management to re-establish cough effectiveness and breathing-swallowing coordination. Challenges arise from necessary adjustments to established treatment standards to prevent infections. Furthermore, the selection and intensity of therapeutic measures have to be adapted to the capacities and the specific pathophysiology of COVID-19 and long COVID patients to prevent further functional deterioration. COVID-19-Infektionen gehen mit einer großen Bandbreite möglicher Symptome einher, die einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Schluckfunktion und die orale Ernährung haben können. Die Symptome zeigen sich im Mittel erstmals nach 5 Tagen. Einige, wie z. B. Husten, Fieber und Schnupfen weisen offensichtlich auf eine Infektion des respiratorischen Traktes hin, andere sind unspezifischer, wie z. B. Geschmacks-und Geruchsbeeinträchtigungen (Ageusie, Anosmie), Übelkeit und Erbrechen und Herzrhythmusstörungen, Blutgerinnungsstörungen sowie kardiale Dekompensationen [22] . Neuere Studien zeigen, dass es bei COVID-19-Infektionen auch zu laryngealen Ödemen, Laryngitis und Paresen kommen kann [8, 19, 28] , sodass der endoskopischen Schluckuntersuchung bei der Dysphagiediagnostik und im Trachealkanülenmanagement ein besonderer Stellenwert zukommt. Dass SARS-CoV-2 kein reines Atemwegsvirus ist, zeigt sich auch in der Konzentration der Viruslast pro Zelle in unterschiedlichen Organen. Diese ist zwar in den Atemwegen am höchsten, jedoch finden sich Nachweise von SARS-CoV-2 auch in Nieren, Herz, Leber, Gehirn und Blut. Auftretende Enzephalopathien stehen im Zusammenhang mit erhöhter Letalität und Morbidität, jedoch besteht kein klarer Zusammenhang zwischen SARS-CoV-2-Befunden in unterschiedlichen Hirnregionen und den Symptomen einer Neuroinflammation, sodass sowohl eine Autoimmunenzephalitis als auch die SARS-CoV-2-Infektion direkt (parabzw. postinfektiös) als Ursache infrage kommen [17] . Da neurologische Manifestationen der SARS-CoV-2-Infektion leicht durch die kritische respiratorische Situation maskiert werden können, sollte eine spezifische Diagnostik zur Aufdeckung von Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems erfolgen [2, 14] . Die Verlaufsformen der Erkrankung können sehr unterschiedlich sein: von asymptomatischen und leichteren Verläufen bis hin zu schweren Verläufen mit Hypoxämien, Dys-und Tachypnoe (>30 AZ/min), Lungeninfiltraten und Pneumonien. Schwere und kritische Krankheitsverläufe sind häufig durch eine plötzliche Verschlechterung innerhalb weniger Stunden gekennzeichnet und führen zu schweren Pneumonien bis hin zu akutem Lungenversagen ("acute respiratory distress syndrome", ARDS) und Multiorganversagen (Sepsis; [1]). Der Anteil schwerer und kritischer Verläufe liegt bei ca. 15-20 %, ca. 5 % dieser Patienten werden intensivmedizinisch behandelt und häufig längerfristig (>72 h) intubiert beatmet [12] . Die Mortalitätsrate liegt mit 1,6 % mehr als 10-fach höher als bei einer Grippeinfektion (0,1 %), dabei steigt die Rate bei hospitalisierten COVID-19-Patienten auf 22 %, bei beatmeten Patienten ist sie mehr als 3-fach erhöht gegenüber nichtbeatmeten Patienten [12] . Zum Langzeitverlauf ("Long-COVID") gibt es derzeit noch wenige gesicherte Erkenntnisse. Es zeigt sich aber, dass Symptome auch nach leichten Verläufen noch Wochen bis Monate nach der akuten Erkrankung (neu) auftreten können. Nach ersten Einschätzungen werden bis zu 50 % der hospitalisierten Patienten längerfristig Unterstützung benötigen [18] . Zunehmend wird auch das Auftreten eines Guillian-Barré-Syndroms (GBS) in der Akutphase und als Langzeitkomplikation (Post-COVID-GBS) beschrieben [2, 27] . Bereits bekannte langfristige Folgen umfassen Erschöpfungs-und Fatiguezustände mit Dyspnoe und Tachypnoe ("postintensive care syndrome", PICS), die die Schluckfunktion beeinträchtigen können [4] , sowie Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrations-und Gedächtnisstörungen. Hinzu kommen neuropsychiatrische Beeinträchtigungen wie Depressionen, Angststörungen und Schlafstörungen [16] mit erheblicher Minderbelastbarkeit und Einschränkungen der Lebensqualität, der Partizipationsfähigkeit und der beruflichen Perspektiven der häufig noch relativ jungen COVID-19-überlebenden Patienten. Hauptziel in der Behandlung akut hypoxämischer COVID-19-Patienten ist die Sicherstellung einer ausreichenden Oxygenierung. Hierzu wird zunächst ein Therapieversuch mit Sauerstoff ("high-flow nasal oxygen", HFNO) unter kontinuierlichem Monitoring und Intubationsbereitschaft durchgeführt. Kann hierdurch keine ausreichende Sättigung erreicht werden (SpO2 ≤90 %, bei COPD <88 %, PaO2 <55 mmHG, ph ≥7,35), so ist eine nichtinvasive Beatmung (NIV) indiziert [10] . Probleme können sich bei NIV-Beatmung durch die erhöhte Gefahr der Aeorosolverbreitung ergeben, aber auch dadurch, dass die häufig wachen und vigilanten Patienten einen erheblichen Leidensdruck erleben, insbesondere durch "Lufthunger" und das bewusste Erleben von Isolation und Einsamkeit. Hinzu kommt das Bewusstsein bez. der schlechten Prognose für intensivpflichtige COVID- 19 Zusammenfassend sind bei COVID-19-Patienten sowohl die Gesamtdauer der intensivmedizinischen Behandlung als auch die Intubations-und Beatmungsdauer erhöht [7, 24] . Hierdurch steigt die Gefahr dysphagierelevanter Folgekomplikationen. Eine aspirationsfreie und suffiziente orale Nahrungsaufnahme setzt intakte Funktionen des komplexen zentralen und peripheren neurophysiologischen Netzwerks der Schluckfunktion voraus. Auf jeder dieser Ebenen kann durch eine COVID-19-Erkrankung ein Funktionsverlust entstehen, der zu einer Dysphagie führt [9] : Post-Extubations Dysphagien (PED), verbunden mit einer hohen Rate an (stillen) Aspirationen, sind insbesondere aufgrund der oben beschriebenen verlängerten Intubations-und Beatmungszeiten zu erwarten [8, 15, 19, 30] . Die mit der Langzeitintubation verbundene Sedierungsmedikation kann sich zusätzlich negativ auf die Schluckfunktion und kognitive Fähigkeiten auswirken [29] . Eine erste Fallserienstudie zeigte, dass auch der Zeitpunkt der De-kanülierung bei kritisch kranken COVID-19-Patienten verzögert sein kann [9] . Eine zentrale Problemstellung im Dysphagiemanagement bei akut erkrankten COVID-19-Patienten stellt das hohe Infektionsrisiko durch Aerosolbildung dar, die bei vielen Maßnahmen gegeben ist z. B. durch forcierte Ausatmung, Nies-oder Hustenreaktionen [20] . Das Infektionsrisiko ist bei dysphagietherapeutischen Interventionen auch dadurch erhöht, dass der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann und der Patient bei vielen Interventionen keinen Mund-Nasen-Schutz trägt. Die Maßnahmen im Dysphagiemanagement müssen daher an empfohlene Hygieneschutzmaßnahmen angepasst werden (. Tab. 1; [20, 29] ). Insbesondere beim Trachealkanülenmanagement und bei endoskopischen Schluckuntersuchungen sind in der Akutversorgung Abweichungen von etablierten Behandlungsstandards erforderlich [20, 28] [4, 26] ; . Tab. 2). Es ist mit einer hohen Prävalenz von laryngealen Entzündungen, Ödemen und Paresen zu rechnen. Erste Daten zu Dysphonien weisen eine Prävalenz von ca. >60 % in der Akutsituation und 37 % bei Long-COVID-Patienten auf, die Dysphagierate wird mit >27 % bei Long-COVID beziffert [23] . Der flexiblen endoskopischen Schluckuntersuchung (FEES) kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, vor allem da die laryngealen Komplikationen ohne eine bildgebende Untersuchung häufig unentdeckt bleiben [8, 28] . Bei allen dysphagietherapeutischen Maßnahmen sollten neue Risikofaktoren und Problemstellungen beachtet werden, die mit der COVID-19-Erkrankung einhergehen: Coronavirus disease 2019 (COVID-19) can lead to severe disease courses with multiple organ involvement, respiratory and neurological functional impairments. Swallowing disorders (dysphagia) in this patient group can result from primary damage to the central and peripheral neuronal swallowing network but also from the frequently prolonged intensive care treatment and mechanical ventilation. Clinical observations indicate persistence of dysphagia in post-acute COVID-19 syndrome (long COVID), so that these patients probably also need long-term interventions for rehabilitation of safe and sufficient oral feeding. Therefore, structured disease-specific monitoring of dysphagia symptoms should be integrated into the treatment of COVID-19 patients and respiratory therapy should be an essential part of dysphagia management to reestablish cough effectiveness and breathing-swallowing coordination. Challenges arise from necessary adjustments to established treatment standards to prevent infections. Furthermore, the selection and intensity of therapeutic measures have to be adapted to the capacities and the specific pathophysiology of COVID-19 and long COVID patients to prevent further functional deterioration. Post intensive care syndrome (PICS) · Laryngeal functions · Hypoxemia Gesellschaft für Neurologie Prevalence, pathophysiology, diagnostic modalities and treatment options for dysphagia in critically ill patients Recovery from dysphagia symptoms after oral endotracheal intubation in acute respiratory distress syndrome survivors. A 5-year longitudinal study Consensus guidelines for managing the airway in patients with COVID-19: guidelines from the Difficult Airway Society, the Association of Anaesthesists, the Intensive Care Society, the Faculty of Intensive Care Medicine and the Royal College of Anaesthesists Feasibility and physiological effects of prone positioning in non-intubated patients with acute respiratory failure due to COVID-19 (PRON-COVID): a prospective study Deutsche interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv-und Notfallmedizin (2021) DIVI Intensivregister. www.intensivregister.de. Zugegriffen: 9 Dysphagia in patients with severe Coronavirus disease 2019-potential neurologic etiologies Dysphagia in COVID-19-multilevel damage to the swallowing network? S3-Leitlinie "Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz Intensive care unitacquired weakness Case characteristics, resource use, and outcomes of 10021 patients with COVID-19 admitted to 920 German hospitals: an observational study S3-Leitlinie-Empfehlungenzur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 Swallowing dysfunction after critical illness Post-extubation dysphagia is associated with longer hospitalization in survivors of critical illness with neurologic impairment Neurologic manifestations of hospitalized patients with Coronavirus disease Neuropathology of patients with COVID-19 in Germany: a post-mortem case series Living with COVID-19. A dynamic review of the evidence around ongoing COVID-19 symptoms Laryngeal oedema associated with COVID-19 complicating airway management Dysphagia care across the continuum: a multidisciplinary dysphagia research society taskforce report of service-delivery during the COVID-19 global pandemic COVID-19 response: safe tracheostomy care-a toolkit for healthcare staff The emerging spectrum of COVID-19 neurology: clinical, radiological and laboratory findings Postextubation dysphagia and dysphonia amongst adults with COVID-19 in the Republic of Ireland: a prospective multi-site observational cohort study Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19 ICU-acquired weakness, diaphragm dysfunction and long-term outcomes of critically ill patients Dysphagia in mechanically ventilated ICU patients (DYnAMICS): a prospective observational trial Guillain-Barré syndrome associated with SARS-CoV-2 Speech and language therapy for COVID-19 patients in ICU and beyond Speechlanguage pathology guidance for tracheostomy during the COVID-19 pandemic: an international multidisciplinary perspective Dysphagiaintheintensivecareunit:epidemiology, mechanisms, and clinical management