key: cord-0878737-10v88wi6 authors: Eggers, Maren; Baumann, Anna; Lilienthal, Nils; Steinmann, Eike; Steinmann, Jochen; Hübner, Nils-Olaf; Rabenau, Holger F.; Weinheimer, Viola; Schwebke, Ingeborg title: Desinfektionsmittel in der COVID-19-Pandemie: eine Herausforderung date: 2021-12-08 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-021-03457-z sha: 0b181d2c4ee96da7adeaeeac4512db954184997d doc_id: 878737 cord_uid: 10v88wi6 Disinfection measures have become more important as a result of the COVID-19 pandemic in Germany. The increased need for disinfectants at the beginning of the pandemic required temporary legal regulations in order to provide a sufficient quantity of products for the necessary disinfection in the medical sector on the one hand and for the additional demand in the population on the other. For this purpose, the Federal Institute for Drugs and Medical Devices (BfArM) and the Federal Institute for Occupational Safety and Health (BAuA) issued a general ruling, which is explained in more detail in this article. The focus was on measures for hygienic hand disinfection. However, other applications such as surface disinfection in relation to pandemic respiratory diseases are also addressed. The experience gained in ensuring the supply of disinfectants that are effective and safe to use should be used to prepare for further pandemics. Einleitung Seit Beginn der durch SARS-CoV-2 ("severe acute respiratory syndrome coronavirus 2") verursachten COVID-19-Pandemie haben sich weltweit ca. 262 Mio. Menschen infiziert; ca. 5,2 Mio. sind verstorben (Worldometer Corona 30.11. 2021; [1]). Die schnelle pandemische Ausbreitung des Virus führte zur Frage nach geeigneten Schutzmaßnahmen im medizinischen und im öffentlichen Bereich. Damit rückte auch die Desinfektion in den Fokus des allgemeinen Interesses. In der Folge stieg die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln nicht nur im medizinischen Bereich, sondern auch im öffentlichen und im privaten Umfeld stark an. Gleichzeitig traten bestehende Wissenslücken und Fehleinschätzungen in Bezug auf adäquate und nichtadäquate Desinfektionsmaßnahmen hervor: Aktionen wie das Besprühen bzw. Benebeln ganzer Straßenzüge mit Desinfektionsmitteln prägten in mehreren Ländern das Bild der Coronavirusbekämpfung. In Deutschland konnte großflächiges Besprühen von Straßen verhindert werden, trotzdem stieg auch hierzulande die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln auch in Bereichen, in denen diese bisher nicht oder kaum eingesetzt worden waren, stark an. Dies betraf zum einen Verbraucher aus Sorge, sich im öffentlichen Umfeld mit SARS-CoV-2 zu infizieren -obwohl in verschiedenen Stellungnahmen darauf hingewiesen wurde, dass Händewaschen in der Regel ausreicht und eine Flächendesinfektion im Haushalt nicht erforderlich ist, so in den Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), des Robert Koch-Instituts (RKI), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), der Desinfektionsmittelkommission der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) und der Gesellschaft für Virologie (Gf V; [2] [3] [4] Eine Steigerung der Produktion war nur eingeschränkt möglich, da auch Verpackungen und Rohstoffe in der erforderlichen Qualität extrem knapp wurden. Die bisher verfügbaren Desinfektionsmittel, vor allem für die Händedesinfektion, waren zu diesem Zeitpunkt kaum noch erhältlich. Deshalb wurde intensiv nach Lösungen gesucht, um den Mangel möglichst schnell zu beseitigen und die Desinfektion vor allem im medizinischen Bereich im gewohnten Qualitäts-und Sicherheitsstandard durchführen zu können. Dazu war eine Kommunikationsstrategie notwendig, die den Anwender informieren, aber nicht verunsichern sollte. Währenddessen tauchten im Handel immer mehr neue und ungewöhnliche Produkte auf (. Abb. 1). In Deutschland wurden in der Folge die Empfehlungen auf anerkannte Verfahren zur Desinfektion beschränkt. Inwieweit die ergriffenen Maßnahmen zur Desinfektion ihrem Ziel gerecht [7] . Aufgrund der biochemischen Struktur und der Erfahrungen mit SARS-CoV-1 war bekannt, dass zur Desinfektion alkoholische Lösungen gut geeignet sind. Wie SARS-CoV-1 gehört SARS-CoV-2 zu den behüllten Viren, sodass zu seiner Inaktivierung der Wirkbereich "begrenzt viruzid" ausreichend ist. Allgemeine Anforderungen an den Nachweis der Viruswirksamkeit hat der Arbeitskreis Viruzidie beim RKI formuliert [8] . Im medizinischen Bereich muss aber immer auch mit dem Vorhandensein weiterer Krankheitserreger gerechnet werden, sodass als Grundvoraussetzung bei Desinfektionsmitteln, neben einer Wirksamkeit gegen behüllte Viren (begrenzt viruzid), auch die Wirksamkeit gegen Bakterien und Hefen (Bakterizidie und Levurozidie) gegeben sein muss. Diese Anforderung gilt auch für den öffentlichen Bereich, wie z. B. Schulen, Feuerwehr oder Polizei, sowie für den privaten Bereich, wenn hier aus medizinischen Gründen eine Desinfektion erforderlich ist. Desinfektionsmittel sollten jedoch nicht nur wirksam, sondern auch sicher in der Anwendung sein, was auch für die zu Pandemiebeginn dringend benötigten Produktalternativen galt. Händedesinfektionsmittel können rechtlich Biozidprodukte der Produktart 1 (PT 1, Produkte für die menschliche Hygiene) sein oder aufgrund von Bestandsschutz Arzneimittel (. Abb. 2) sein. Flächendesinfektionsmittel gehören in der Regel zu den Biozidprodukten und hier zur Produktart 2 (PT 2). Unter Pandemiebedingungen waren vorübergehende juristische Regelungen für beide Rechtskreise, Biozidprodukte und Arzneimittel, erforderlich. Neue Händedesinfektionsmittel werden als Biozidprodukte zugelassen, es sei denn, die beantragten Indikationen beinhalten zusätzlich zur hygienischen und chirurgischen Händedesinfektion auch die Verhütung von Krankheiten (z. B. Wundantiseptik; [9] ). Die Zulassungsanforderungen für Händedesinfektionsmittel zum Beleg der Wirksamkeit ergeben sich allgemein aus der angestrebten Indikation -hygienische oder chirurgische Händedesinfektion -und dem beantragten Wirkspektrum. Unterschiede in den Zulassungsanforderungen zwischen Händedesinfektionsmitteln als Arzneimittel und als Biozidprodukt wurden zuletzt ausführlich im Epidemiologischen Bulletin 17/2021 diskutiert [10] . Die Belege zum Wirksamkeitsnachweis stimmen jedoch weitestgehend überein. Während der Pandemie wurde jedoch nicht nur die Neuzulassung von Händedesinfektionsmitteln wieder interessant, sondern auch die erweiterte Anwendung bereits zugelassener Händedesinfektionsmittel in der Verantwortung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). So ergaben sich in 6 Fällen Zulassungsänderungen Coronavirus SARS-CoV-2 · Desinfektion · Allgemeinverfügungen · Arzneimittel · Biozidprodukte Disinfectants during the COVID-19 pandemic: a challenge Abstract Disinfection measures have become more important as a result of the COVID-19 pandemic in Germany. The increased need for disinfectants at the beginning of the pandemic required temporary legal regulations in order to provide a sufficient quantity of products for the necessary disinfection in the medical sector on the one hand and for the additional demand in the population on the other. For this purpose, the Federal Institute for Drugs and Medical Devices (BfArM) and the Federal Institute for Occupational Safety and Health (BAuA) issued a general ruling, which is explained in more detail in this article. The focus was on measures for hygienic hand disinfection. However, other applications such as surface disinfection in relation to pandemic respiratory diseases are also addressed. The experience gained in ensuring the supply of disinfectants that are effective and safe to use should be used to prepare for further pandemics. Coronavirus SARS-CoV-2 · Disinfection · General ruling · Medicinal products · Biocidal products zur Erweiterung des Wirkspektrums auf "begrenzt viruzid" bzw. "begrenzt viruzid PLUS", um die Wirksamkeit gegen behüllte Viren, die SARS-CoV-2 einschließen, bzw. zusätzlich gegen die unbehüllten Adeno-, Rota-und Noroviren, ausloben zu können. Flächendesinfektionsmittel werden von den jeweiligen nationalen Zulassungsbehörden (in Deutschland: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedi-zin [BAuA]) bzw. der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) auf der Basis der Anforderungen der Biozid-Verordnung (BPR; [11] ) und zugehöriger Dokumente als Biozidprodukte zugelassen, Informationen hierzu siehe Website der BAuA [12] . Der Artikel 55 der BPR [11] regelt Ausnahmen des Zulassungsverfahrens. Das heißt, "eine zuständige Behörde" kann "befristet für eine Dauer von höchstens 180 Tagen die Bereitstellung eines Biozidprodukts auf dem Markt oder die Verwendung eines Biozidprodukts, das nicht die in dieser Verordnung niedergelegten Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung erfüllt, für eine beschränkte und kontrollierte Verwendung unter der Aufsicht der zuständigen Behörde gestatten, wenn dies aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit, die Tiergesundheit oder für die Umwelt notwendig ist, die mit anderen Mitteln nicht eingedämmt werden kann". SARS-CoV-2 stellt zwar keine besonders hohen Anforderungen an Desinfektionsmittel, aber die üblichen Produkte waren schnell nicht mehr in ausreichender Menge verfügbar. Deshalb trat dieser Artikel im humanmedizinischen Bereich erstmals in Kraft, damit auch nicht regulär zugelassene Produkte sicher angewendet werden konnten. Einzelheiten für das Vorgehen nach Artikel 55 BPR sind für Deutschland in § 12 Chemikaliengesetz (ChemG; [13] ) festgelegt. Die BAuA als reguläre Zulassungsbehörde verfügte über jahrelange Erfahrung in Zulassungsverfahren; hier jedoch mussten schnell Produkte für die "Ausnahmezulassung" gefunden werden, die einerseits wirksam und andererseits auch sicher in der Anwendung sind. In enger Zusammenarbeit mit dem RKI und den beiden zuständigen Ministerien -Ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) sowie dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) -entstanden Allgemeinverfügungen für die hygienische Händedesinfektion und die Flächendesinfektion ( [14, 15] ; . Abb. 3). Um der Dringlichkeit des pandemiegeschuldet erhöhten Bedarfs an Händedesinfektionsmitteln Rechnung zu tragen, wurden zeitlich befristete Abweichungen von den allgemeinen Standards der Zulassung für alkoholhaltige Arzneimittel und Biozidprodukte zur hygienischen Händedesinfektion erlaubt. Hierzu erließen das BfArM und die BAuA im März 2020 Allgemeinverfügungen, um die Verfügbarkeit von Händedesinfektionsmitteln unter Beibehaltung eines hohen Mindeststandards aufrechtzuerhalten [14, 16] . Die Allgemeinverfügung des BfArM [ [18] [19] [20] . In nachfolgenden wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigte sich ihre Wirksamkeit auch gegenüber dem behüllten SARS-CoV-2 [21] . Neben den in Deutschland vor der Pandemie nicht verwendeten WHO-Formulierungen existieren im Arzneimittelbereich die Standardzulassungen verschiedener alkoholischer Lösungen, für deren Wirksamkeit auch gegen behüllte Viren ebenfalls wissenschaftliche Untersuchungen vorlagen und die in die Desinfektionsmittelliste des RKI aufgenommen waren [22] [23] [24] [25] . Sie haben z. T. zusätzlich den Anwendungsbereich der Hautdesinfektion, für den ebenfalls die Mittel knapp wurden. Über die korrekte Herstellung der Lösungen herrschten allerdings vor allem bei in der Desinfektionsmittelproduktion unerfahrenen Firmen viele Unklarheiten. Lösungen z. B. mit einem vorgegebenen Ethanolgehalt herzustellen ist keineswegs trivial, da substanztypische Eigenschaften wie die Volumenkontraktion bei Verdünnung und die Dichte zu beachten sind. Mit Unterstützung der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e. V. (ABDA) gelang es, eine nachvollziehbare Herstellungsanweisung zu erstellen, die dann in der endgültigen Fassung der Allgemeinverfügung veröffentlicht wurde [14] . Eine solche detaillierte Vorschrift wurde notwendig, da aus Kapazitätsgründen nun nicht nur die erfah- Neben der Allgemeinverfügung für Händedesinfektionsmittel, konnte vom 02.04.2020 bis 30.09.2020 eine Allgemeinverfügung der BAuA zum Inverkehrbringen von Flächendesinfektionsmitteln genutzt werden [15] . Sie enthielt 80 % (v/v) Ethanol-, 0,5 % (w/w 3 ) Natriumhypochlorit-und 2,5 % (w/w) Chloramin-T-Lösung mit entsprechenden Qualitätsvorgaben. Neben diesen nun für den "Notfall" per Allgemeinverfügung zugelassenen Produkten gibt es aufgrund der Übergangsregelungen für Biozidprodukte mit sogenannten Altwirkstoffen in Deutschland auch viele weitere Produkte mit anderen Wirkstoffen, die derzeit noch ohne Zulassung verkehrsfähig sind. Diese werden vom Inverkehrbringer lediglich elektronisch bei der BAuA gemäß der Meldeverordnung [31] [33, 34] . Aufgrund der fehlenden Erfahrung mit häufigen Anwendungen wird darin von der Verwendung chlorhaltiger Produkte für die Händedesinfektion abgeraten, solange diese nicht zugelassen sind, und eine Listung wird von der Zulassung abhängig gemacht. Aus Sicht der Arzneimittelzulassung sind diese Produkte prinzipiell zur Händedesinfektion geeignet. Allerdings ist von einer allgemeinen Verwendung chlorhaltiger Produkte zur Händedesinfektion abzuraten, da Natriumhypochloritlösungen in der Regel pH-Werte deutlich im alkalischen Bereich aufweisen, während der pH-Wert der Haut im schwach sauren Bereich liegt. Hautirritationen können bei einer wiederholten Verwendung grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Für die wiederholte hygienische Händedesinfektion werden alkoholbasierte Händedesinfektionsmittel empfohlen [35] . Dennoch wird auch hier eine Intensivierung der Hautpflegemaßnahmen nahegelegt. Aus den oben genannten Gründen des Hautschutzes wird nur die Verwendung ausschließlich für die Händedesinfektion zugelassener Produkte angeraten. Die Zuordnung des richtigen Wirkstoffes bei Produkten, die Aktivchlor entwickeln, ist kompliziert. Deshalb hat die BAuA im Helpdesk hierzu eine Information (FAQ Nr. 0598) veröffentlicht [36] . Inzwischen ist die Bewertung weiterer Aktivchlor abspaltender Wirkstoffe abgeschlossen und sie wurden als "genehmigte" Wirkstoffe in die Unionsliste [37] für PT 1 und PT 2 (z. B. als Flächendesinfektionsmittel) aufgenommen. Damit ist auch ein Ende der Nutzung von Übergangsregelungen vorgegeben. Im Rahmen der Bewertung im Zulassungsverfahren wird sich zeigen, unter welchen Gegebenheiten Aktivchlor abspaltende Verbindungen sicher zur Desinfektion eingesetzt werden können. Bei zahlreichen Virusinfektionen erfolgt die Übertragung humanpathogener Viren nicht nur über Tröpfchen oder aerogen, sondern auch über kontaminierte Flächen. Dabei ist im Allgemeinen die Stabilität behüllter, humanpathogener Viren wie SARS-CoV-2 durch den Lipidanteil in ihrer Membran geringer als die unbehüllter Viren (z. B. Noroviren). Wichtige Faktoren für die Stabilität der Viren in der Umwelt sind ferner mögliche Eiweiß-und Blutzusätze, die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Art bzw. das Material der Fläche. Nach der Übersicht von Kramer et al. liegt die Zeit bis zur Inaktivierung auf der Fläche bei behüllten Viren aus dem Bereich des Respirationstraktesund dem derblutübertragenenViren (HIV, Hepatitisviren) im Bereich von wenigen Tagen, während für unbehüllte Viren, die überwiegend aus dem Gastrointestinaltrakt stammen, sogar Wochen und Monate angegeben werden [38, 39] . Zu Beginn und auch im weiteren Verlauf der COVID-19-Pandemie ist zurecht dann auch immer wieder hinterfragt worden, wo, wie und in welchem Umfang eine Kontamination von patientennahen Flächen durch Personen mit positivem SARS-CoV-2-Nachweis im Nasen-/Rachenabstrich erfolgen kann. Deshalb sind bereits zu Beginn der Pandemie Untersuchungen zum Nachweis und zur Stabilität von SARS-CoV-2 auf unterschiedlichen Flächen erfolgt [40, 41] . Viele der erhobenen Daten zur Stabilität auf der Fläche basieren jedoch nicht auf der Detektion von infektiösen Viruspartikeln, nachgewiesen in der Zellkultur, sondern von genetischem Material, welches in diesen Fällen mit der Polymerasekettenreaktion (PCR) detektiert wird. Eine Studie aus Wuhan zeigte beispielsweise, dass mit der PCR in Patientenzimmern das genetische Material bis zu 28 Tage nachgewiesen werden konnte [42] . Ein Virusnachweis in der Zellkultur ist hier nicht versucht worden. In einer anderen Studie wurde in 52,3 % der Proben in einem Londoner Krankenhaus genetisches Material detektiert [43] . Ein direkter Nachweis infektiöser Viren gelang hier nicht. Eine Studie aus einem Krankenhaus in Singapur ergab ein unklares Bild der Viruskontamination mit negativen und positiven Befunden, wobei die Nachweise mit der PCR hauptsächlich im Badezimmer erfolgreich waren [44] . Diese und viele weitere Studien zeigen das Ausmaß einer möglichen Kontamination im medizinischen Bereich. Der Versuch einer Virusisolierung fehlt aber häufig bzw. zeigte ein negatives Ergebnis. Deshalb wurde in der Folge intensiv diskutiert, welche Bedeutung positive PCR-Befunde für die Notwendigkeit einer Flächendesinfektion im medizinischen Bereich überhaupt haben [45] . Ein wichtiges Hilfsmittel für die Bewertung PCR-positiver Proben könnte der sogenannte Ct(Cycle-Threshold)-Wert sein, mit dem beschrieben wird, wie viele Zyklen in der PCR für die Generierung eines positiven Resultates erforderlich sind. Aber auch diese ergänzende Angabe ersetzt nicht den fehlenden Virusnachweis. Im nichtmedizinischen Bereich wird die durchgeführte Flächendesinfektionkritischgesehen, wobeiauch hier der fehlende Virusnachweis mit der Zellkultur als wichtiges Kriterium für die vorgenommene Einschätzung angesehen wird [46] . Daher weisen die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in einer im April 2021 aktualisierten Stellungnahme [47] darauf hin, dass durch Kontakt mit Oberflächen SARS-CoV-2 übertragen werden könnte. Die Übertragung über Oberflächen stellt -basierend auf den verfügbaren epidemiologischen Daten und Studien -jedoch nicht den Hauptübertragungsweg von SARS-CoV-2 dar und das Risiko wird als gering eingestuft. Klar ist, dass SARS-CoV-2 primärdurchAerosole oder Tröpfchen, die auf die Atemwegsschleimhäute gelangen, übertragen wird. Daher wäre es in den meisten Situationen im nichtmedizinischen Bereich ausreichend, die Oberflächen mit Seife oder Reinigungsmittel zu reinigen und nicht zu desinfizieren. In Situationen, in denen innerhalb der letzten 24 h ein Verdachtsfall oder ein be-stätigterFall vonCOVID-19 inInnenräumen aufgetreten ist, ist das Vorhandensein infektiöser Viren auf Oberflächen wahrscheinlicher. Die Desinfektion von häufig berührten Oberflächen sollte daher in Betracht gezogen werden [48] . Wie bei den Stabilitätsdaten auf der Fläche sind viele Rückschlüsse zur chemischen Inaktivierung des SARS-CoV-2 von anderen Mitgliedern der großen Coronavirusfamilie abgeleitet, wobei sicherlich von einem weitestgehend identischen Verhalten der einzelnen Familienmitglieder der Coronaviridae gegenüber chemischen Flächendesinfektionsmitteln ausgegangen werden kann. Neuere gezielte Untersuchungen von Handelspräparaten zur Flächendesinfektion mit dem SARS-CoV-2 sind in Deutschland und Europa nur im Einzelfall erforderlich. In den vorhandenen Prüfnormen [6] werden in der Regel einzelne apathogene und möglichst gut zu vermehrende Vertreter mit hohen Titern in der Zellkultur als Prüfviren im quantitativen Suspensionsversuch und in praxisnahen Versuchen unter Belastung eingesetzt. Bekanntlich fungiert bei der Prüfung der Viruzide der chemischen Flächendesinfektionsmittel das Vacciniavirus als Prüfvirus für alle behüllte Viren (begrenzt viruzid) und erlaubt so auch eine sichere Aussage zur Wirksamkeit gegenüber dem SARS-CoV-2 [49, 50] . Mit dieser Vorgehensweise bei der Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln können so geprüfte und zertifizierte Flächendesinfektionsmittel auch in Zeiten von COVID-19 zielgerecht zur Inaktivierung des SARS-CoV-2 eingesetzt werden. Geprüfte Flächendesinfektionsmittel mit einem erweiterten Wirkbereich wie "begrenzt viruzid PLUS" und "viruzid" können ebenfalls erfolgreich bei der Inaktivierung des SARS-CoV-2 Verwendung finden. Die Erfahrungen aus knapp 2 Jahren COVID-19-Pandemie zeigen, dass mit Artikel 55 der BPR in Europa eine tragfähige rechtliche Vorgabe existiert, um im Bedarfsfall schnell zusätzliche Produkte zur Desinfektion verfügbar zu machen. Die größte Herausforderung bestand dabei darin sicherzustellen, dass trotzdem nur wirksame und verträgliche Produkte auf den Markt gelangen. Hier zeigten sich die Grenzen der aktuellen Gesetzgebung: Weder das europäische noch das deutsche Biozidrecht enthielten Instrumente, um zu verhindern, dass unter Pandemiebedingungen ungeprüfte Produkte massenhaft vermarktet wurden. Nachbesserungen hinsichtlich der Verkehrsfähigkeit insbesondere für Händedesinfektionsmittel als Produkte, die unmittelbar auf der menschlichen Haut angewendet werden, erscheinen dringend geboten. In jedem Fall müssen auch Produkte für eine "Notfallzulassung" wirksam und sicher bzw. unbedenklich in der Anwendung sein. Die Prüfung der Wirksamkeit und Sicherheit muss schon vor einer Pandemie oder einer anderen "Gefahr für die öffentliche Gesundheit" erfolgen, da sie einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt. Erkrankung mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID-19, für Coronavirus disease 19) einzusetzen? Hinweise zu Reinigung und Desinfektion von Oberflächen außerhalb von Gesundheitseinrichtungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie Stand: 3. Juli 2020 DIN EN 14885 Chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika -Anwendung Europäischer Normen für chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika HändedesinfektionunterdenBedingungen der SARS-CoV-2-Pandemie Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren zur Anwendung im human-medizinischen Bereich Quo vadis Händedesinfektionsmittel: Arzneimittel oder Biozidprodukt? 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen1 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Allgemeinverfügung Az: 5.0-710 30/01.00003, Fassungvom15. April2020 Allgemeinverfügung zur Zulassung Ethanol-haltiger, Chloramin-T-haltiger und Natriumhypochlorit-haltiger Biozidprodukte zur Flächendesinfektion zur Abgabe an und Verwendung durch berufsmäßige Verwender aufgrund einer Gefahr für die öffentliche Gesundheit (Fassung vom 2 WHO (2009) Guide to local production: WHOrecommended Handrub formulations Testing of the World Health Organization recommended formulations in their application as hygienic hand rubs and proposals for increased efficacy Virucidal activity of world health organizationrecommended formulations against enveloped viruses, including Zika, Ebola, and emerging Coronaviruses Virucidal activity of 2 alcohol-based formulations proposed as hand rubs by the World Health Organization Inactivation ofsevereacuterespiratorysyndromeCoronavirus2 by WHO-recommended hand rub formulations and alcohols Anlage zur zehnten Verordnung zur Änderung der Verordnung über Standardzulassungen von Arzneimitteln vom 6 Dezember Elfte Verordnung zur Änderung der Verordnung über Standardzulassungen von Arzneimitteln vom 19 Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren, Stand: 31. Oktober 2017 (17. Ausgabe % zur hygienischen Händedesinfektion Qualitätskennzeichen für den Einkauf von Händedesinfektionsmitteln. Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH zum internationalen Tag der Händehygiene am 05.05.2020 Ethanol is indispensable and safe as a biocidal active substance for hand disinfection Potential methanol toxicity and the importance of using a standardised alcohol-based hand rub formulation in the era of COVID-19 Verordnung über die Meldung von Biozid-Produkten nach dem Chemikaliengesetz Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 der Kommission vom 4 Anforderungen an die Zertifizierung durch den VAH, Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission im VAH Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) Bundesgesundheitsbl BAUA Helpdesk 0598 How long do nosocomial pathogens persist on animate surfaces. A systematic review Persistence of pathogens on inanimate surfaces: anarrativereview. Microorganisms9:343 Aerosol and surface stability of SARS-CoV-2 as compared with SARS-CoV-1 Temperaturedepent surface stability of SARS-CoV-2 Presence of SARS-CoV-2 RNA in isolation ward environment 28 days after exposure Investigating SARS-CoV-2 surface and air contamination in an acute healthcare setting during the peak of the COVID-19 pandemic in London Air, surface environmental, and personal protective equipment contamination by severe acute respiratory syndrome Coronavirus 2 (SARS-coV-2) from a symptomatic patient Ct values and infectivity of SARS-CoV-2 on surfaces A-1332/B-1132 47. (2021) CDC Centers of disease control and prevention Science Brief: SARS-CoV-2 and Surface (Fomite) Transmission for Indoor Community Environments Aerosol and surface contamination of SARS-CoV-2 observed in quarantine and isolation care The European tiered approach for virucidal efficacy testing-rationale for rapidly selecting disinfectants against emerging and re-emerging viral diseases Virucidalefficacyofdifferentformulationsforhand and surface disinfection targeting SARS CoV-2