key: cord-0876344-1n1opirl authors: Strobl, Stephanie; Roth, Wilfried title: Internationale wissenschaftliche Publikationsaktivität zu COVID-19 date: 2021-01-12 journal: Pathologe DOI: 10.1007/s00292-020-00892-8 sha: de0382810a6a92f67508dc06dad9f7110f411c1f doc_id: 876344 cord_uid: 1n1opirl BACKGROUND: Pandemics lead to new challenges for healthcare systems and a subsequent shift of the scientific focus, which can partially be seen in alterations in scientific publication activity. OBJECTIVES: Follow-up on the global publication activity within the course of the COVID-19 pandemic in a comparison of national contexts with regards to local infection rates and the involvement of the discipline of pathology. MATERIALS AND METHODS: Comparative analysis of the number of publications in the PubMed® database concerning COVID-19 with respect to publication type, date and place of publication, affiliation to an institute of pathology, and correlation with the number of SARS-CoV‑2 infections over the same timeframe. RESULTS: After an initial peak with regards to the number of publications in the months of May and June 2020, a slight decrease was observed, followed by another increase starting in August/September 2020. Further, the time between data collection and publication contracted to approximately 3–4 months. Countries faced with early SARS-CoV‑2 infections published promptly, even though there was no overall association between the number of publications and COVID-19 case numbers. On average, 4% of authors were affiliated to an institute of pathology, with a steady increase of this percentage within the course of the pandemic. CONCLUSIONS: COVID-19 altered global publication activity by providing for an unprecedented number of publications combined with an acceleration of publication times irrespective of the geographical location and overall case numbers. Insgesamt stieg jedoch nicht die Anzahl der medizinischen Publikationen an sich, sondern lediglich der Anteil COVID-19-bezogener Veröffentlichungen am gesamten Publikationsvolumen. Vergleichbar zu den bisherigen Ergebnissen steigerte sich der Anteil der auf COVID-19-bezogenen Publikationen bis Mai, bevor sich für jedes Land ein individuell stabiles Level einpendelte (beispielsweise für die USA bei 6 %, für China bei 5 % und für Deutschland bei 4 % des Gesamtvolumens). Doch nicht nur das Publikationsvolumen, auch der Zeitraum zwischen Beginn der Krise und den beschriebenen Publikationsspitzen ist interessant. Davon ausgehend, dass COVID-19 vor allem Mitte bis Ende Februar 2020 begann, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, würde dies bedeuten, dass sich die Publikationshöhepunkte nur 3-4 Monate später abzeichneten, was für einen insgesamt sehr schnellen Prozess der Datenerhebung, der Auswertung und des Verfassens eines Artikels sprechen würde. Die Brisanz der Thematik spiegelt sich also durchaus in der außerordentlichen Schnelligkeit der Veröffentlichung wider. Dies lässt folglich 2 mögliche Interpretationen der sinkenden Publikationszahlen in den Monaten Juni und Juli zu. Zum einen könnte der leichte Abfall des Publikationsvolumens damit erklärt sein, dass die klinischerseits wichtigsten Fragen in Bezug auf Inhalte wie Transmission und Krankheitsverlauf von SARS-CoV-2-Infektionen bereits -zumindest partiell -beantwortet waren, was wiederum die zeitliche Dringlichkeit und den Neuheitscharakter der Publikationen abmilderte. Zum anderen könnte die geringere Anzahl an Publikationen den Daten entsprechen, die im Juli bezüglich einer neuen oder spezifischeren Fragestellung erhoben wurden und noch zur Veröffentlichung ausstehen. Die zum September wieder leicht steigenden Publikationszahlen unterstreichen diese These. Entsprechend stellt sich außerdem die Frage, ob die Anzahl der Publikationen in einem direkten Zusammenhang mit der Zahl der Neuinfektionen der Länder steht, da es vorstellbar wäre, dass eine größere Zahl an SARS-CoV-2-Infektionen potenziell zu mehr Daten und damit zu mehr Publikationen führen könnte. Hierbei zeigte sich länderübergreifend, analog zu der vorherigen Betrachtung der Artikelarten, ein Spitzenwert für die Gesamtzahlen an Publikationen für die Monate Mai und Juni mit entsprechendem Abfall im Juli, wobei der Publikationshöhepunkt in einigen Ländern wie in China, Südkorea und Australien leicht früher einsetzte. Hierbei handelt es sich jedoch auch um Staaten, die bereits früh mit SARS-CoV-2-Infektionen konfrontiert waren (. Abb. 2). Insgesamt zeigt sich ein Höhepunkt an Publikationszahlen 1-2 Monate nach dem Spitzenwert für Neuinfektionen, ohne eine klar erkennbare quantitative Assoziation zwischen Ausmaß der Publikationsaktivität und Ausmaß der Ausbreitung der Infektion im nationalen Vergleich. Bezüglich des Publikationsvolumens ergeben sich ebenfalls interessante Befunde. Während sich die USA erwartungsgemäß an vorderer Stelle wiederfinden, zeigten Japan und Südkorea eher geringe Publikationsaktivität, obwohl bereits im Januar SARS-CoV-2-Infektionen gemeldet wurden. Die Verbreitung des Erregers konnte jedoch hier auch zeitnah eingedämmt werden. Australien hingegen, in einer ähnlichen Situation, zeigte eine deutlich höhere Publikationsaktivität. Bemerkenswert ist auch die hohe Anzahl von Publikationen aus China bei offenbar in den letzten Monaten sehr geringen Infektionszahlen. Die Beteiligung der Pathologie zeigt sich im Verlauf der Pandemie als tendenziell steigend (. Abb. 3). Dies ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass im Verlauf des Wissensgewinns die Fragestellungen spezifischer werden. Anhand dieser Daten zeichnen sich bestimmte Besonderheiten für das wissenschaftliche Arbeiten zu Beginn und während der COVID-19-Pandemie ab. Wenig überraschend ist dabei die verkürzte Zeitspanne zwischen Datenerhebung und Publikation. Kontraintuitiv erscheint jedoch, dass sich die bisher geltende geografische Hierarchie im Bereich naturwissenschaftlicher Publikationen nicht vollständig auf die Aktivität der Forschung zu SARS-CoV-2 widerspiegelt. COVID-19 scheint also bereits die aktuelle Publikationslandschaft verändert zu haben. Am offensichtlichsten ist hierbei die hohe Anzahl an Publikationen zum Thema SARS-CoV-2. Zum Vergleich: Be- International publication activity during the COVID-19 pandemic Abstract Background. Pandemics lead to new challenges for healthcare systems and a subsequent shift of the scientific focus, which can partially be seen in alterations in scientific publication activity. Objectives. Follow-up on the global publication activity within the course of the COVID-19 pandemic in a comparison of national contexts with regards to local infection rates and the involvement of the discipline of pathology. the PubMed ® database concerning COVID-19 with respect to publication type, date and place of publication, affiliation to an institute of pathology, and correlation with the number of SARS-CoV-2 infections over the same timeframe. Results. After an initial peak with regards to the number of publications in the months of May and June 2020, a slight decrease was observed, followed by another increase starting in August/September 2020. Further, the time between data collection and publication contracted to approximately 3-4 months. Countries faced with early SARS-CoV-2 infections published promptly, even though there was no overall association between the number of publications and COVID-19 case numbers. On average, 4% of authors were affiliated to an institute of pathology, with a steady increase of this percentage within the course of the pandemic. Conclusions. COVID-19 altered global publication activity by providing for an unprecedented number of publications combined with an acceleration of publication times irrespective of the geographical location and overall case numbers. Abb. 2 [4] . Diese Aufforderung wurde von der Wissenschaft offensichtlich wahrgenommen. Eine Studie der Universität Madrid zeigt, dass 97,4 % der SARS-CoV-2 betreffenden Publikationen auf PubMed ® frei zugänglich sind [5] . Forscher der Universität Granada kommen in einer ähnlichen Arbeit auf lediglich 67,5 % [6] . Ein einfacher Zugang zu neuen Erkenntnissen ist jedoch nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Gesellschaft relevant. Wie eine Studie der Universität Amsterdam zeigte, liegen den auf COVID-19 bezogenen Artikeln der Plattform Wikipedia vorrangig wissenschaftliche Publikationen zugrunde, die einem Peer-Review-Prozess standhielten [7] . Die Wichtigkeit, einer breiten Öffentlichkeit leicht zugängliche und vor allem verständliche Informationen zur Verfügung stellen zu können beruht dabei jedoch nicht nur darauf, dass das öffentliche Engagement eine Grundlage für eine effektive Bewältigungsstrategie darstellt, sondern auch, um der Verbreitung von Fehlinformationen und Falschmeldungen, zum Beispiel über sozialen Medien, entgegenzuwirken. Auch wenn zu Beginn eines Ausbruchs einer Infektionskrankheit schnelles Handeln essenziell ist, bergen einige dieser Entwicklungen erhebliche Risiken. Veröffentlichung ohne vorhergehende Qualitätskontrolle des Inhalts, beispielsweise durch ein Peer-Review-Verfahren, lassen Raum für eine Verbreitung von Fehlinformationen und Arbeiten auf Basis schlechter wissenschaftlicher Praxis. Im Januar 2020 veröffentlichte beispielsweise ein indischer Forscher eine wissenschaftlich nicht haltbare Theorie über einen mutmaßlichen Zusammenhang zwischen den Erregern SARS-CoV-2 und HIV, die widerrufen wurde, nachdem sich mehrere Wissenschaftler einschalteten, um auf methodologische Fehler hinzuweisen [3] . Dieses Beispiel macht deutlich, welche schwerwiegenden Konsequenzen es haben könnte, wenn pseudowissenschaftliche Arbeiten dieser Art über einen längeren Zeitraum kursieren würden und damit beispielsweise für die Öffentlichkeit und Politik zugänglich wären, die möglicherweise nicht über die nötige Vorbildung verfügen, um solche Artikel folgerichtig bewerten zu können. Gleichwohl sind auch in Fachzeitschriften veröffentliche Artikel nicht gänzlich vor Fehlern gefeit. Die im Nachhinein wissenschaftlich wohl nicht begründbare Idee, Hydroxychloroquin als mögliche Therapie für COVID-19 einzusetzen, wurde beispielsweise durch eine Arbeit französischer Wissenschaftler im International Journal of Antimicrobial Agents gestützt, die einen Peer-Review-Prozess überstanden hatte [3] . Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass Ärzten und Wissenschaftlern durch die Flut neuer Daten und Ergebnissen die Übersicht genommen wird. Alleine im Mai wurden beispielsweise innerhalb nur einer Woche über 4000 neue Publikationen veröffentlicht [8] . Einen Lösungsansatz bieten Datenportale, wie beispielsweise das COVID-19 Open Research Dataset (CORD-19), die Artikel hochrangiger Journale und Arbeiten von Preprintservern bündeln [9] . Durch verschiedenste Algorithmen werden Artikel mit ähnlichen Inhalten markiert, während mithilfe von Filteroptionen Ärzte und Forscher eine auf persönliche Interessen eingeschränkte Auswahl an Arbeiten zusammenstellen können. Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass sich die zuvor beschriebene verkürzte Zeit zwischen Einreichung und Publikation lediglich auf Artikel bezog, die die COVID-19-Pandemie betrafen [2] . Hierbei stellt sich die Frage, ob durch den Fokus auf SARS-CoV-2 andere wichtige Themen von der wissenschaftlichen Bildfläche verdrängt werden bzw. deren Publikation verzögert wurde. Dies äußert sich zum Beispiel auch darin, dass sich viele Wissenschaftler von ihren ursprünglichen Themengebieten abwendeten, um sich SARS-CoV-2-verwandten Themen zu widmen [10]. Insgesamt zeigt die COVID-19-Pandemie, dass sich die wissenschaftliche Während einige dieser Veränderungen möglicherweise vergänglich sind, sobald das Publikationsvolumen weiter absinkt, mögen andere über den Verlauf der Krise erhalten bleiben. So bestätigt John Inglis, Mitbegründer der Preprintserver medRxiv, gesponsort durch die Universität Yale, und bioRxiv, unterstützt durch die Non-Profit-Organisation Cold Spring Harbor Laboratory, dass wissenschaftliche Zweige, die besagte Server nutzen, für gewöhnlich nicht mehr davon abkehren [11] . Ein ähnliches Phänomen wird im Bereich der Medikamentenzulassung erwartet. Während die Bereitschaft der zuständigen Behörden, eine schnelle und unkomplizierte Zulassung von Studien oder Medikamenten zur Erforschung und Behandlung von COVID-19 zu ermöglichen, auf die Pandemie beschränkt sein wird, besteht die Hoffnung, dass der Mut zu teils unüblichen Kollaborationen verschiedener Akteure, seien es Regierungen, die Industrie oder die akademische Welt, erhalten bleiben wird [12] . Auch besteht die Hoffnung, dass sich die Onlinelehre nachdrücklich verbessert und sich zukünftig inklusiver gestaltet -sowohl im globalen Norden als auch in Entwicklungsländern, die letztlich nun zu einer Erweiterung ihrer digitalen Infrastruktur gezwungen sind [13] . Wie sich dabei die erwarteten finanziellen Schwierigkeiten auswirken werden, bleibt unabhängig des Herkunftslandes abzuwarten. Ein Hoffnungsschimmer ist dabei, dass die Wissenschaft von ursprünglichen Fehlern gelernt zu haben scheint. So veröffentlichte das WHO Bulletin noch 2016 einen Aufruf zu einer schnelleren, transparenteren und umfassenderen Veröffentlichung von Forschungsergebnissen, da eine fehlende Initiative in diesem Bereich die Antwort auf die Ebola-Epidemie in Westafrika in 2014 merklich verlangsamte [14] . Auch wenn das Interesse und die Bereitschaft zur Kooperation westlicher Industrienationen während der COVID-19-Pandemie vermutlich besonders auf die wirtschaftliche und politische Tragweite ihrer Konsequenzen zurückzuführen ist, bleibt zu hoffen, dass der globale Einsatz für eine weitreichende wissenschaftlichen Zusammenarbeit für die Zeit nach der Krise erhalten bleibt. Dies zu beweisen gilt es in den Epidemien und Pandemien, die noch vor uns liegen. The ten leading countries in natural-sciences research Pandemic Publishing: Medical journals drastically speed up their publication process for Covid-19. bioRxiv. Institute for Science in Society The Economist (2020) Scientific research on the coronavirus is being released in a torrent Open access to facilitate research and information on COVID-19 Open Access of COVID-19-related publications in the first quarter of 2020: a preliminary study based in Open Access and Altmetrics in the pandemic age: Forescast analysis on COVID-19 literature COVID-19researchinWikipedia. U.o Scientists are drowning in COVID-19papers Gibney E (2020) The pandemic mixed up what scientists study-and some won't go back Will the pandemic permanently alter scientific publishing? The coronavirus outbreak could make it quicker and easier to trial drugs Universities will never be the same after the coronavirus crisis Data sharing in public health emergencies: a call to researchers