key: cord-0860141-1os5hqz2 authors: Rohn, H.; Feldkamp, T.; Witzke, O. title: COVID-19 und die Niere date: 2020-11-06 journal: Gastroenterologe DOI: 10.1007/s11377-020-00484-1 sha: ccb4e4cc79905debfbe97d4de05c3f2823ade9c7 doc_id: 860141 cord_uid: 1os5hqz2 The severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) pandemic has become one of the greatest global challenges of our time. It quickly became clear that coronavirus disease 2019 (COVID-19) affects not only the lungs but also other organs to varying degrees. The kidneys are particularly frequently affected. Many patients without underlying kidney diseases already show urinary abnormalities at the onset of COVID-19 and often run the risk of developing acute kidney injury. Mehrere Studien konnten zeigen, dass viele der zuvor nierengesunden Patienten bereits zu Beginn einer COVID-19-Erkrankung eine Nierenbeteiligung mit Nachweis einer Albuminurie (und/oder Hämaturie) aufweisen [1, 2] . Diese frühen Zeichen einer Nierenbeteiligung sind für den weiteren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung prognostisch bedeutsam [3] : So verschlechtert eine Nierenbeteiligung bei COVID-19 das Patienten-Outcome dramatisch und erhöht die Mortalität bis um das 10-Fache [4, 5] . Das Auftreten einer akuten Nierenschädigung ist ein unabhängiger Prädiktor für die Mortalität bei COVID-19-Patienten [2, 6] . Sie ist alles andere als selten: In großen Beobachtungsstudien entwickelten 5-50 % der hospitalisierten Patienten mit COVID-19 eine akute Nierenschädigung unterschiedlichen Schweregrads [7, 8] . In großen Kohortenstudien aus den USA lag der Anteil der Patienten mit akutem dialysepflichtigen Nierenversagen sogar bei 5-20 % [5] . Unter den intensivpflichtigen Patienten entwickelten sogar fast zwei Drittel ein akutes Nierenversagen, von denen 25-45 % eine Dialysetherapie benötigten [6] . Diese Daten wurden durch Registerstudien aus anderen Ländern bestätigt. Eine Auswertung der Daten von über 10.000 AOK(Allgemeine Ortskrankenkasse)-versicherten Patienten aus über 900 deutschen Krankenhäusern, zeigte, dass allein 27 % der beatmungspflichtigen COVID-19-Patienten während des Krankenhausaufenthalts ein dialysepflichtiges akutes Nierenversagen entwickelten [9] . Ob diese hohe Inzidenz an akutem Nierenversagen bei COVID-19 die Schwere der systemischen Erkrankung wiederspiegelt oder ob ein akutes Nierenversagen auch eine separate (von der Erkrankungsschwere) unabhängige Organmanifestation der SARS("severe acute respiratory syndrome")-CoV("coronavirus")-2-Infektion darstellen kann, ist Gegenstand aktueller intensiver Forschung. Mehrere Faktoren könnten bei COVID-19 in die Entwicklung einer Nierenbeteiligung involviert sein [10] . Der mit Abstand häufigste histopathologische Befund in den Nieren bei COVID-19-Erkrankten ist eine akute Tubulusnekrose im Bereich des proximalen Tubulus. Dieser Befund ist gut vereinbar mit der Hypothese, dass die Ursache des akuten Nierenversagens bei SARS-CoV-2 in der generellen Erkrankungsschwere mit ihren hämodynamischen Veränderungen und der Zytokinfreisetzung zu finden ist. In einigen Fällen wurden, hierzu passend, auch Zeichen einer thrombotischen Mikroangiopathie gefunden. Zusätzliche weitere mögliche Faktoren, welche die Nierenschädigung triggern können, sind die Toxizität von Arzneimitteln und die häufig im Rahmen der Erkrankung beobachtete Rhabdomyolyse. » Derzeit wird diskutiert, inwieweit eine direkte Virusaffektion der Niere zur Pathogenese beiträgt Eine derzeit stark diskutierte Frage ist, inwieweit eine direkte Virusaffektion der Niere zur Pathogenese beiträgt. So konnten in einzelnen Obduktionsstudien SARS-CoV-2-Antigene in menschlichen Nieren nachweisen werden [11] [12] [13] [14] . Der hohe Nierentropismus von SARS-CoV-2 kann z. T. durch die Affinität des Virus für membrangebundenes ACE2 ("angiotensin-converting enzyme 2") erklärt werden [15] . SARS-CoV-2 nutzt ACE2 als "Türöffner", um Zugang zu seinen Zielzellen zu erhalten [16, 17] . ACE2 wird v. a. von den Alveolarzellen in der Lunge exprimiert, aber auch in anderen Organen, darunter Nieren, Herz, Darm und Mund-Rachen-Raum (was den Eintritt des Virus in den Wirt erleichtert; [18] ). Aus den bisherigen epidemiologischen Daten geht hervor, dass über zwei Drittel der Patienten, die an COVID-19 starben, an Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen litten [19] . Die meisten dieser Patienten erhielten eine leitliniengerechte blutdrucksenkende Therapie mit ACE-Hemmern oder Angiotensinrezeptorblockern (ARB). Diese beiden Medikamentengruppen sind in der Lage, die ACE2-Expression in der Niere und im Herzen um das 2-bis 5-Fache zu erhöhen [20, 21] . Konsequenterweise kam schnell die Diskussion auf, ob der Einsatz dieser Medikamente Patienten anfälliger für eine SARS-CoV-2-Infektion macht und für schwerer verlaufende COVID-19-Erkrankungen prädisponiert [22] . Nach derzeitigem Wissensstand gibt es keine Belege für einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von ACE-Hemmern bzw. ARB und einem schweren COVID-19-Krankheitsverlauf [23, 24] . Einige große Studien und eine systematische Übersicht weisen auf keinen Zusammenhang zwischen der Einnahme dieser Wirkstoffe und dem Schweregrad von COVID-19 hin [25] [26] [27] [28] [29] , während andere Arbeiten sogar darauf hindeuten, dass ACE-Hemmer den Schweregrad der Erkrankung mildern könnten [30] [31] [32] . Dies wird auch von tierexperimentellen Studien gestützt, die in Summe zeigen, dass eine erhöhte ACE2-Expression während einer Coronavirusinfektion protektiv wirkt. In Gastroenterologe https://doi.org/10.1007/s11377-020-00484-1 © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Zusammenfassung Die SARS("severe acute respiratory syndrome")-CoV("coronavirus")-2-Pandemie hat sich zu einer der größten globalen Herausforderungen unserer Zeit entwickelt. Recht schnell wurde klar, dass im Rahmen einer COVID-19("coronavirus disease 2019")-Erkrankung neben der Lunge auch andere Organe in unterschiedlichem Maße betroffen sind. Besonders häufig sind dies auch die Nieren. So weisen viele zuvor nierengesunde Patienten bereits zu Beginn einer COVID-19-Erkrankung Urinauffälligkeiten auf, und bei schweren Verläufen entwickelt sich oft eine akute Nierenschädigung. Coronavirus · SARS-CoV-2 · Pandemien · Akutes Nierenversagen · Chronische Nierenerkrankung The severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) pandemic has become one of the greatest global challenges of our time. It quickly became clear that coronavirus disease 2019 (COVID-19) affects not only the lungs but also other organs to varying degrees. The kidneys are particularly frequently affected. Many patients without underlying kidney diseases already show urinary abnormalities at the onset of COVID-19 and often run the risk of developing acute kidney injury. Coronavirus · SARS-CoV-2 · Pandemics · Acute kidney injury · Chronic renal insufficiency zen und als Hochrisikogruppe besonders zu schützen sind. Aus In-vitro-Studien zu MERS ("Middle East respiratory syndrome")-CoV und SARS-CoV ist bekannt, dass sowohl Cyclosporin als auch Mycophenolat-Mofetil (MMF) die virale Replikation hemmen [35] . Zwar gibt es keinen aktuellen Bericht über die Wirkung dieser Immunsuppressiva auf SARS- Kidney disease is associated with in hospital death of patients with COVID 19 Caution on Kidney Dysfunctions of COVID-19 Patients COVID-19-associated nephritis: early warning for disease severity and complications? Renal involvement and early prognosis in patients with COVID-19 pneumonia Kidney disease is associated with in-hospital death of patients with COVID-19 Acute kidney injury in patients hospitalized with COVID-19 Acute kidney injury in hospitalized patients with COVID-19 Acute kidney injury in patients hospitalized with COVID-19 Case characteristics, resource use, and outcomes of 10021 patients with COVID-19 admitted to 920 German hospitals: an observational study Acute kidney injury in COVID-19: emerging evidence of a distinct pathophysiology Clinical characteristics of 113 deceased patients with coronavirus disease 2019: retrospective study Is the kidney a target of SARS-CoV-2? Multiorgan and Renal Tropism of SARS-CoV-2 SARS-CoV-2 renal tropism associates with acute kidney injury Receptor recognition by the novel Coronavirus from Wuhan: an analysis based on decade-long structural studies of SARS Coronavirus SARS-coV-2 cell entry depends on ACE2 and TMPRSS2 and is blocked by a clinically proven protease inhibitor Structural basis for the recognition of SARS-CoV-2 by full-length human ACE2 Glomerular localization and expression of Angiotensin-converting enzyme 2 and Angiotensin-converting enzyme: implications for albuminuria in diabetes COVID-19 and Italy: what next? Upregulation of angiotensin-convertingenzyme2aftermyocardial infarction by blockade of angiotensin II receptors Kidney and lung ACE2 expression after an ACE inhibitor or an ang II receptor blocker: implications for COVID-19 Are patients with hypertension and diabetes mellitus at increased risk for COVID-19 infection? Renin-Angiotensin system blockers and the COVID-19 pandemic: at present there is no evidence to abandon Renin-Angiotensin system blockers Sound science before quick judgement regarding RAS blockade in COVID-19 Renin-Angiotensin-Aldosterone system inhibitors and risk of Covid-19 Renin-Angiotensin-Aldosterone system blockers and the risk of Covid-19 Association of Renin-Angiotensin system inhibitors with severity or risk of death in patients with hypertension hospitalized for Coronavirus disease 2019 (COVID-19) infection in Wuhan, China Use of renin-angiotensin-aldosterone system inhibitors and risk of COVID-19 requiring admission to hospital: a case-population study Risks and impact of Angiotensin-converting enzyme inhibitors or Angiotensin-receptor blockers on SARS-coV-2 infection in adults A crucial role of angiotensin converting enzyme 2 (ACE2) in SARS coronavirus-induced lung injury Association of inpatient use of Angiotensin-converting enzyme inhibitors and Angiotensin II receptor blockers with mortality among patients with hypertension hospitalized with COVID-19 Effects of Angiotensin II receptor blockers and ACE (Angiotensin-converting enzyme) inhibitors on virus infection, inflammatory status, and clinical outcomes in patients with COVID-19 and hypertension: a single-center retrospective study Characteristics of and important lessons from the Coronavirus disease 2019 (COVID-19) outbreak in China: summary of a report of 72314 cases from the Chinese center for disease control and prevention Mitigating risk of COVID-19indialysisfacilities Effect of interferon alpha and cyclosporine treatment separately and in combination on Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) replication in a human in-vitro and ex-vivo culture model