key: cord-0844753-0qmmlaj1 authors: Aries, P.; Welcker, M.; Callhoff, J.; Chehab, G.; Krusche, M.; Schneider, M.; Specker, C.; Richter, J. G. title: Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) zur Anwendung der Videosprechstunde in der Rheumatologie date: 2020-11-17 journal: Z Rheumatol DOI: 10.1007/s00393-020-00932-x sha: f6e2a864d80856688449bf729c8ca48cc2275579 doc_id: 844753 cord_uid: 0qmmlaj1 For several years video consultations have been regarded as a new form of medical healthcare infrastructure, in addition to personal doctor-patient contacts and have also been partly promoted. The COVID-19 pandemic brought unexpected topicality and attention to the use of video consultations. The National Association of Statutory Health Insurance Physicians (Kassenärztliche Bundesvereinigung) decided on special regulations in the context of the COVID-19 pandemic, which reduce previous obstacles to the use of telemedicine and video consultations (and also partly of conventional telephony). The present statement of the German Society of Rheumatology (DGRh) on the use of video consultations is intended to give an overview of in which form and with which limitations video consultations can be used in rheumatology in Germany. It sketches an outlook on how video consultations can undertake which functions in rheumatological care in the future. Die Durchführung von Videosprechstunden wird seit mehreren Jahren als Teil moderner Versorgungsstrukturen angesehen und gefördert. Die Akzeptanz bei Ärzten war aus unterschiedlichen Gründen bis vor Kurzem tatsächlich aber gering [1] . Durch die COVID-19-Pandemie hat sich im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes sowie der verordneten Kontaktund Mobilitätsbeschränkungen die digitale Kommunikation in der medizinischen Versorgung nahezu disruptiv entwickelt. Nach Angaben der KBV stieg die Zahl der Ärzte, die sich für eine Videosprechstunde haben registrieren lassen, in kürzester Zeit auf ca. 25.000 [2] . Berücksichtigt man, dass insgesamt ca. 149.000 Ärzte an der vertragsärztlichen Versorgung in Deutschland teilnehmen, würde rechnerisch knapp ein Dr Fünftel aller Ärzte diese neue Konsultationsform ihren Patienten anbieten [3] . Neben den Hausärzten gehören die 12.400 Fachinternisten wahrscheinlich zu der Gruppe von Ärzten, für die aufgrund eines hohen Beratungsaufwandes der Einsatz der Videosprechstunde, gerade auch in der aktuellen Situation der Pandemie, naheliegend ist. Auch wenn Zahlen für die Rheumatologie aktuell noch fehlen, ist davon auszugehen, dass auch rheumatologische Einrichtungen in Deutschland eine digitale Form der Patientenbetreuung durchführen oder in Zukunft planen durchzuführen. Hieraus leitet sich aus Sicht der DGRh die Notwendigkeit ab, neben den grundsätzlichen bereits gesetzten rechtlichen und abrechnungstechnischen Rahmenbedingungen den Stellenwert der Videosprechstunde in der Rheumatologie zu analysieren bzw. ihre künftigen Einsatzmöglichkeiten zu diskutieren. Dies soll auch dazu dienen, notwendige Evaluationen dieser in der Rheumatologie bislang wenig genutzten Versorgungsstruktur zu unterstützen. In der bis dato einzigen kontrollierten, kanadischen Studie zur Anwendung der Videosprechstunde in der Rheumatologie fand sich bei bekannten Patienten kein qualitativer Unterschied (bezogen auf DAS28-CRP, RADAI , die sich mit verschiedenen Aspekten der Telemedizin einschließlich der Videosprechstunde beschäftigte, gab knapp die Hälfte der befragten Ärzte (48,4 %) an, "ungenügende" oder "mangelhafte" Kenntnisse der Telemedizin, in deren begriffliche Verortung die Videosprechstunde gehört, zu haben, wobei die "Anschaffung der Technik" (62,3 %), der "administrative Aufwand" (62,0 %) sowie die "schwache Vergütung" (53,4 %) als maßgebliche Hindernisse für deren Einsatz angegeben wurden [6] . Die Durchführung von Kontrollterminen (71,1 %) und das Screening von Patienten (51,1 %) wurden seitens der Teilnehmer als möglicherweise sinnvolle Einsatzszenarien der Telemedizin benannt. Der Nutzung von Telemedizin beim Erstkontakt stimmten hingegen lediglich 24,4 % der Befragten zu. Mit der Verabschiedung des E-Health-Gesetzes ("Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze", gültig ab 29.12.2015) wurde Ende 2015 der Digitalisierung in der Medizin seitens des Gesetzgebers ein neuer rechtlicher Rahmen gesetzt. Es folgten zeitnah Aktualisierungen und Anpassungen in den Jahren 2016 und 2017. DasE-Health-GesetzstellteinenFahrplan für den Aufbau der sicheren Telematikinfrastruktur und die Einführung medizinischer Anwendungen in der Versorgung dar. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Chancen der Digitalisierung für die Gesundheitsversorgung zu nutzen und eine schnelle Einführung medizinischer Anwendungen für die Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. Die Organisationen der Selbstverwaltung erhalten darin klare Vorgaben und Fristen, die bei Nichteinhaltung teilweise auch zu Sanktionen führen können [7] . In Folge wurden die Videosprechstunde anfänglich mit der telekonsiliarischen Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen (ab April 2017) und dann die Online-Videosprechstunde (ab Juli 2017) in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen. Das geschah mit dem Ziel, Patienten die Kontaktaufnahme mit dem Arzt, gerade bei Nachsorgeund Kontrollterminen, zu erleichtern [8] . Das Fernbehandlungsverbot wurde allerdings erst im Folgejahr, im Mai 2018 auf dem 121. Deutschen Ärztetag, gelockert bzw. aufgehoben [9] . Die rechtliche Umsetzung der "Fernbehandlung" wurde dabei in den einzelnen KV-Bezirken durchaus unterschiedlich gehandhabt [10] . So ist bzw. war es bislang notwendig zu beachten, ob der beratene Patient sich zum Zeitpunkt der Videokommunikation auch in einer KV-Region aufhielt, die dieses Vorgehen auch als ärztliche Leistung vorsieht. Im Jahr 2019 wurde die Videosprechstunde auch in die Leistungsagenda der ambulant spezialärztlichen Versorgung aufgenommen [11] . Die Durchführung der Videosprechstunde in den Hochschulambulanzen ist nach Kenntnis der Autoren derzeit nicht einheitlich geregelt. Die weitere Ausgestaltung der Digitalisierung in der Medizin erfolgte 2019 mit der Verabschiedung des "Digitalen-Versorgung-Gesetzes" (DVG). Dieses wurde durch die "Digitale Gesundheitsanwendungen Verordnung" (DiGAV) für die praktische Umsetzung ausgestaltet und am 20.04.2020 im Bundesanzeiger veröffentlicht [12] . Diese Regularien sollen helfen, die Kommunikation der Partner im Gesundheitswesen zu vereinfachen z. B. durch die Einführung von Online-Sprechstunden (diese sollen nach Ausdruck des Gesetzgebers "Alltag" werden) und auchdie Verschreibung sog. Gesundheits-Apps zu fördern [13, 14] . Vor der Durchführung einer Videosprechstunde sind grundsätzliche Voraussetzungen zu beachten. Hierzu gehört, dass in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die ausschließliche Fernbehandlung "ärztlich vertretbar" ist und ob die erforderliche ärztliche Sorgfalt durch die Art und Weise dieser Form der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie die Dokumentation ausreichend gewahrt ist [15] . Gesetzliche Dokumentationsvorgaben dazu sind bislang allerdings nicht veröffentlicht. Das Ausstellen von elektronischen Rezepten und elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist in der Videosprechstunde bisher nicht erlaubt. Zudem darf auch die Videosprechstunde nicht aktiv beworben werden ( § 9 Heilmittelwerberecht). Anfang April 2020 wurden seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Sonderregelungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie beschlossen, welche die Begrenzungen der Telemedizin und Videosprechstunde (aber auch teilweise der Telefonie) reduzierten (u. a. https://www.kbv. de/media/sp/PraxisInfo_Coronavirus_ Videosprechstunde.pdf): 4 Ärztinnen und Ärzte können die Videosprechstunde flexibel in allen Fällen nutzen, in denen sie es für "therapeutisch sinnvoll" halten. Möglich ist das mittlerweile sowohl bei bekannten als auch bisher unbekannten Patientinnen und Patienten [16] . Vonseiten des Gesetzgebers und der kassenärztlichen Bundesvereinigung wurden Voraussetzungen für Praxen und Videodienstanbieter formuliert, die insbesondere die technische Sicherheit und den Datenschutz unter anderem in der Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte regelt (. Tab. 1 und 2; [17] Medical care · COVID-19 pandemic · Rheumatological care · Telemedicine · Teleconsultation deosprechstunde bei ihrer zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung informieren (https://www.kbv.de/media/sp/ Anzeige_Videosprechstunde_KV.pdf). Die Videosprechstunde ist bei allen Indikationen und auch dann möglich, wenn der Patient unabhängig von der Fachrichtung zuvor nicht bei dem Arzt in Behandlung war ("Neuvorstellung") [18] . Die Abrechnung der Videosprechstunde ist mit der "Pseudo-GOP 88220" zu kennzeichnen, wenn der Patient in einem Quartal ausschließlich die Videosprechstunde aufgesucht hat. Bisher galt die Regelung, wonach die Anzahl dieser Behandlungsfälle auf 20 % aller Behandlungsfälle des einzelnen Arztes beschränkt war. Die KBV und die Krankenkassen haben die geltenden Beschränkungen für den Einsatz der Videosprechstunde für das zweite und dritte Quartal 2020 Corona-bedingt aufgehoben (vgl. Die Abrechenbarkeit der Videosprechstunde in der privatärztlichen Versorgung ist im Vergleich zu der GKV deutlich eingeschränkter (. Tab. 4). Die außerhalb der üblichen Praxiszeiten), c. mit Ermöglichung einer Screeningsprechstunde bei Verdacht auf eine entzündlich rheumatische Erkrankung zur weiteren Terminpriorisierung; 2. zur Umsetzung/Optimierung moderner Therapiekonzepte wie a. "shared decision", b. "tight control" und c. "treat to target". Für die meisten der oben genannten Punkte gilt, dass der niedrigschwellige Zugang zur rheumatologischen Versorgung insbesondere in besonderen Situationen wie der Pandemie zu einer Optimierung der rheumatologischen Versorgung führen kann, indem Patienten eine rheumatologische Versorgung erfahren können, denen in den genannten besonderen Situationen der Zugang zu den rheumatologischen Praxen und Ambulanzen ansonsten verwehrt geblieben wäre. Bei Einsatz der Videosprechstunde ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht alle entzündlich rheumatischen Erkrankungen und jegliche Krankheitsstadien in gleicher Form für eine Betreuung mittels Videosprechstunde geeignet sind. Neben der Kompetenzvermittlung und der organisatorischen Unterstützung der aktuell an der Versorgung teilnehmenden Rheumatologen und Einrichtungen wäre die frühzeitige Heranführung der zukünftigen Ärztegeneration an die digitale Medizin und ihre telemedizinischen Versorgungsformen bereits an den Universitäten wünschenswert. In der Vergangenheit hatte sich gezeigt, dass die Höhe der Vergütung, aber auch die Transparenz und Dauerhaftigkeit der Vergütungsstrukturen entscheidende Faktoren sind, ob sich Prozesse wie die Videosprechstunde langfristig in der rheumatologischen Versorgung etablieren können. Hier sind die Entwicklungen und Vorgaben der KBV abzuwarten. Solange derMehraufwand,insbesondere gegenüber einem Telefonat, lediglich nur einen geringen finanziellen Vorteil hat und dieser möglicherweise durch Mengenbegrenzung limitiert und zeitlich abhängig ist, werden die Leistungserbringer die Videosprechstunde nicht breit einsetzen. Solche Hemmnisse in der Umsetzung moderner telemedizinischer Anwendungen müssen erwähnt werden, auch wenn grundsätzlich Aspekte einer verbesserten oder auch nur zeitlich optimierten Versorgung im Vordergrund stehen. Aus der Sicht der DGRh ist die wissenschaftliche Evaluation der Videosprechstunde wesentliche Voraussetzung für einen adäquaten Einsatz und auch für eine adäquate Vergütung in Zukunft. Nur der wissenschaftliche Nachweis, dass die quantitative Versorgung nachhaltig verbessert wird, ohne erhebliche Einbußen bei der qualitativen Versorgung in Kauf nehmen zu müssen, wird zur langfristigen Etablierung der Videosprechstunde in der Rheumatologie führen können -auch ohne dass es hierzu einer umwälzenden Pandemie bedarf. Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. 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Implementierung eines telemedizinischen Versorgungskonzeptes in die Rheumatologie im Land Brandenburg (TeleRheumaBB) -Zwischenergebnisse Zugegriffen: 17 KBV Statistische Informationen aus dem Bundesarztregister Addressingruralandremoteaccessdisparitiesforpatients with inflammatory arthritis through video-conferencing and innovative inter-professional care models Telerheumatology: a systematic review Implementierung eines telemedizinischen Versorgungskonzeptes in die Rheumatologie im Land Brandenburg (TeleRheumaBB) -Zwischenergebnisse der Fragebogenerhebung Berufsordnung: Ja und vorerst Nein zur ausschließlichen Fernbehandlung %2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl119s2562.pdf %27%5D__1596531630200. Zugegriffen: 4 Zugegriffen: 25 Inkrafttreten: 1 Videosprechstunden unbegrenzt möglich Switching to teleconsultation for rheumatology in the wake of the COVID-19 pandemic: feasibility and patient re-sponseinIndia