key: cord-0837805-kdibbo2h authors: Fischer, Thomas title: Das Data Monitoring Committee – State of the Art und Perspektiven für die Zukunft date: 2020-09-08 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-020-03212-w sha: 6ac33c78f020b3f29b1f38141e35d83e577f6544 doc_id: 837805 cord_uid: kdibbo2h BACKGROUND: The classic randomized and controlled clinical trial is facing new challenges with complex study designs and disease interception concepts. For this reason, data monitoring committees (DMCs) can take on a central function if professionally integrated into the methodical procedure of clinical trials. On this basis, the responsible competent authority and the responsible ethics committee have to verify the substantial charter document in the implicit/explicit approval procedure reflecting the working process of the independent committee. OBJECTIVES: The frequencies and conditions under which DMCs are used in clinical trials was investigated. METHODS: The database of the Federal Institute for Drugs and Medical Devices (BfArM) was the basis for statistical analysis concerning the frequency of implementation of data monitoring committees with different criteria over an observation period of more than 15 years. RESULTS: In total, 4152 DMCs have been used in 14,135 clinical trials with drugs. The independent expert committee was mostly integrated by commercial sponsors in phase III of the clinical development. The ethics committees were involved with different absolute frequencies. DISCUSSION: Sponsors demonstrate an increasing willingness to integrate DMCs in the methodical conduct of clinical trials especially in the case of new study designs. DMCs could be an important scientific aid in order to assess the implications of coronavirus SARS-CoV‑2 on clinical trials. Einleitung Angesichts innovativer Ansätze in der Arzneimitteltherapie steht auch die klassische randomisierte und kontrollierte klinische Prüfung vor einer notwendigen Weiterentwicklung, zumal die neuen individualisierten Therapiekonzepte immer häufiger komplexe Studienkonzepte als Grundlage haben, welche den Entwicklungsprozess im Phasenkonstrukt der klinischen Prüfung flexibilisieren und beschleunigen sollen. Dabei können insbesondere Data Monitoring Committees (Datenüberwachungskomitees [DMCs]) zukünftig einen wesentlichen Beitrag leisten, um bei adaptiven Studiendesigns effektive Therapieoptionen rasch zu erkennen und entweder bei bewiesener Wirksamkeit oder bei ungünstigen therapeutischen Ansätzen die klinische Prüfung frühzeitig zu beenden. Eine vergleichbare zentrale Aufgabe ist für ein DMC auch bei neuartigen Disease-Interception-Konzepten möglich, wenn die Diagnose und therapeutische Intervention bei symptomfreien Menschen vorverlagert werden, welche aufgrund von prädiktiven Biomarkern ein hohes Krankheitsrisiko aufweisen. Vor diesen neuen Herausforderungen soll mithilfe der nachfolgenden wissenschaftlichen Forschungsanalyse ein differenzierter retrospektiver und prospektiver Ausblick für die Implementierung von DMCs in klinischen Prüfungen auf der Grundlage der globalen regulatorischen Rahmenbedingungen gegeben werden. Bei einer bereits bestehenden hohen Regelungsdichte wird mit der Anwendung der neuen EU-Verordnung Nr. 536/2014 auch die Zusammenarbeit zwischen zuständiger Bundesoberbehörde und zuständiger Ethikkommission bei der Überprüfung der Funktionalität von Data Monitoring Committees noch enger werden. Dabei hat sich die Rolle der Ethikkommissionen in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Die nationalen Ethikkommissionen sind bei klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln vollständig in die ordnungsrechtliche Regulierung des Arzneimittelrechts integriert [1] . Mit dem impliziten/ expliziten Genehmigungsverfahren sind die Bundesoberbehörde und die federführende Ethikkommission zuständig für die Genehmigung bzw. Bewertung von Anträgen für klinische Prüfungen in Deutschland. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen hat der Sponsor die zentrale Rolle in der Durchführung einer klinischen Prüfung inne. Neben der dritten Säule des DMCs überprüfen sowohl die Bundesoberbehörde als auch die Ethikkommission bei der Antragstellung, ob auch die zweite Säule für die Durchführung einer klinischen Prüfung -das Monitoring und das Auditsystemadäquat in den methodischen Ablauf der klinischen Prüfung integriert wurde [2] . Wenn Änderungen für den Studienablauf durch ein DMC empfohlen werden, müssen sowohl die Bundesoberbehörde als auch die zuständige Ethikkommission im Rahmen einer substanziellen Änderungsanzeige die Vorschläge medizinisch-wissenschaftlich überprüfen und autorisieren. Die zunehmende Bedeutung von DMCs in der klinischen Prüfung zeigt sich auch in der differenzierten Aus-gestaltung der globalen regulatorischen Grundlagen. Sowohl die europäische "Guideline on data monitoring committees" [3] In der individualisierten Medizin soll jeder Patient unter Berücksichtigung individueller Faktoren über die gesicherte Diagnose hinaus "maßgeschneidert" behandelt werden können. Dabei kann die klinische Prüfung von Arzneimitteln bereits eine Grundlage bilden, um entsprechende Patientengruppen für eine verbesserte Wirksamkeit bzw. Sicherheit von neuen Arzneimitteltherapien zu differenzieren. Im Gegensatz zur "sprechenden" Medizin können mittels identifizierter Biomarker differenzierte und stratifizierte Patientengruppen gebildet werden. Dazuhabenwissenschaftliche Fortschritte vor allem in der Molekularbiologie und Immunologie zur Entwicklung neuer, gezielter Therapien in erster Linie bei onkologischen Erkrankungen geführt. Für eine flexible klinische Entwicklung des Be-reiches der neuartigen Therapieoptionen besteht zunehmend die Erfordernis, die klassische randomisierte und kontrollierte klinische Prüfung durch ein Repertoire verschiedener neuer Studienkonzepte zu ergänzen, um den Entwicklungsprozess von neuartigen Therapien möglichst effektiv zu beschleunigen [5] . Bei diesen komplexen Studienprotokollen sind vor allem adaptive Studiendesigns, "Umbrella-" und "Basket-Studien" zu nennen. Für die Beurteilung dieser neuen Therapieansätze durch die zuständige Bundesoberbehörde und die federführende Ethikkommission ist eine klare Darstellung, inkl. Fallzahlschätzung und statistischen Konzepts im Prüfplan, -ggf. in einem entsprechenden Anhang -notwendig [6] . Data monitoring committees-state of the art and perspectives for the future Abstract Background. The classic randomized and controlled clinical trial is facing new challenges with complex study designs and disease interception concepts. For this reason, data monitoring committees (DMCs) can take on a central function if professionally integrated into the methodical procedure of clinical trials. On this basis, the responsible competent authority and the responsible ethics committee have to verify the substantial charter document in the implicit/explicit approval procedure reflecting the working process of the independent committee. Data monitoring committees · Statistical analysis · BfArM databank · New study designs · COVID-19 lichen Grundlage der veröffentlichten Literatur wurde ausdrücklich eine detaillierte Charta für jedes DMC vor dem Beginn der betreffenden klinischen Prüfung empfohlen [8] . Die publizierten Vorschläge bilden die Grundstruktur des zentralen Chartadokuments ab, welches die Funktionalität des unabhängigen GremiumsmitseinenVerantwortlichkeiten und Verfahrensabläufen beschreibt [9] . Bereits seit dem Jahr 1950 wurde das Konzept von DMCs bei randomisierten klinischen Prüfungen verfolgt. Eine gute Beschreibung für eine erste regulatorische Weiterentwicklung eines Policy Advisory Board (PAB) stammt aus dem Jahr 1981. Im damaligen "Coronary Drug Project" wurden 3 von 5 Behandlungsarmen frühzeitig beendet [10] . Erst kürzlich wurde nun von der europäischen, biostatistischen Arbeitsgruppe ein Questions-and-answers-Papier über DMCs zur weiteren Kommentierung abschließend veröffentlicht [11] . Mit Die methodische Grundlage für die statistische Analyse der DMCs bildet eine Access-Datenbank, in welche wesentliche Merkmale einer klinischen Prüfung seit dem Inkrafttreten der GCP-Verordnung am 14 In dieser Arbeit wird auch die Beteiligung der nationalen Ethikkommissionen am Bewertungsprozess von DMCs dargestellt. . Abb. 2 zeigt die entsprechenden absoluten Zahlen der jeweiligen Ethikkommissionen für das duale Genehmigungsverfahren. Die entsprechende Übersicht dient nur zur Orientierung und kann die teilweise erheblichen, strukturbedingten Unterschiede bzw. Antragszahlen bei den nationalen Ethikkommissionen nicht näher abbilden. Die bestehenden verfahrenstechnischen Unterschiede zwischen der Bundesoberbehörde und der Ethikkommission bleiben in der Darstellung gleichfalls unberücksichtigt. Dabei wurden bei den folgenden 6 Ethikkommissionen die häufigsten Eintragungen für die Implementierung eines DMCs gefunden: Landesamt für Gesundheit und Soziales Geschäftsstelle der Ethikkommission des Landes Berlin, Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover, Ethikkommission der Medizinischen Fakultät Heidelberg, Ethikkommission des Fachbereichs Medizin Klinikum Grosshadern der LMU München, Ethikkommission des Fachbereichs Humanmedizin der Universität Frankfurt und Ethikkommission der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. Seitdem die europäische "Guideline on data monitoring committees" vor 14 Jahren in Kraft getreten ist, wurden diese unabhängigen externen Gremien zunehmend in den methodischen Ablauf von klinischen Prüfungen integriert. Die Data Monitoring Committees üben mittlerweile eine zentrale Funktion in der globalen klinischen Arzneimittelentwicklung aus, sodass in der ICH-Region eine differenzierte regulatorische Grundlage für alle Länder besteht [12, 13] . Mit der Einführung des impliziten/expliziten Genehmigungsverfahrens in Deutschland haben sowohl die zuständige Bundesoberbehörde als auch die zuständige Ethikkommission die fachgerechte Implementierung bei der Bewertung der Antragsunterlagen zu überprüfen. Mit der vorliegenden wissenschaftlichen Analyse in der BfArM-Datenbank sollte der Fragestellung nachgegangen werden, mit welchen Häufigkeiten und Gegebenheiten DMCs in der klinischen Prüfung über einen Beobachtungszeitraum von über 15 Jahren in Deutschland eingesetzt wurden. Im Rahmen der statistischen Auswertung der Angaben der Sponsoren sollten auch erkennbare Trends wiedergegeben werden. Da sich die klassische randomisierte und kontrollierte klinische Prüfung mit den neuen komplexen Studiendesigns und Disease-Interception-Konzepten weiter- [14] . Zur Wahrnehmung dieser besonderen Verantwortung ist die methodische Integration eines DMCs in die klinische Prüfung stets lege artis auf der gültigen regulatorischen Grundlage und der entsprechenden Fachliteratur vorzunehmen. Eine substanzielle Charta, in welcher alle Verfahrensabläufe und Verantwortlichkeiten detailliert abgebildet sind, ist für eine Genehmigung durch die Bundesoberbehörde und die Ethikkommission mittlerweile unverzichtbar. Außerdem ist für eine qualifizierte externe klinische Überwachung der klinischen Prüfung die Unabhängigkeit der Mitglieder dieses Gremiums eine "Conditio sine qua non" [15, 16] . Bei der Implementierung von DMCs in die Verlaufskontrolle von klinischen Prüfungen müssen sowohl klinische als auch biometrische Gesichtspunkte differenziert beachtet werden. Der verantwortliche Statistiker hat alle notwendigen Schutzvorkehrungen zu treffen, welche aus dem Eingriff in die Daten der klinischen Prüfung resultieren, um nicht die Aussagekraft der Studienergebnisse zu gefährden. Während zahlreiche statistische Arbeiten sich mit der Weiterentwicklung dieses unabhängigen Gremiums auseinandergesetzt haben [17] [18] [19] , sind neue klinische Übersichtsarbeiten nur begrenzt veröffentlicht [20, 21] . Dabei sind für eine methodisch belastbare Konstruktion präspezifizierte Abbruchkriterien und ggf. Interimanalysen in den Prüfplan aufzunehmen [22, 23] . Wenn auch praktische Empfehlungen ausgesprochen werden, so fehlt doch eine umfangreiche Analyse der bisherigen regulatorischen Antragsund Bewertungsverfahren, bei denen ein DMC eine zentrale Aufgabe übernommen hat. Die Ergebnisse der statistischen Aufarbeitung von 14.135 klinischen Prüfungen in der BfArM-Datenbank zeigen deutlich, dass die Bedeutung von Data Monitoring Committees in der klinischen Prüfung gewachsen ist. Allein in Deutschland wurden insgesamt über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren 4152 DMCs im Rahmen von klinischen Prüfungen eingesetzt. Gemäß den Vorgaben der europäischen Guideline wurde dieses unabhängige Expertengremium überwiegend in der Phase III der klinischen Prüfung integriert. Die medizinischen Ethikkommissionen in der Bundesrepublik Deutschland waren in den Bewertungsprozess von DMCs eingebunden, aber mit sehr unterschiedlichen absoluten Häufigkeiten in Abhängigkeit von den jeweiligen Antragszahlen. Die relative Zunahme der Anzahl von klinischen Prüfungen mit einem DMC in den letzten Jahren ist möglicherweise Ausdruck einer höheren Bereitschaft der Sponsoren, sicherheitsrelevante Fragestellungen zusätzlich einer unabhängigen Überwachung zu unterziehen, und spiegelt auch die häufigere Notwendigkeit einer Implementierung bei der zunehmenden Komplexität von klinischen Prüfungen wider. Für die nicht kommerziellen Sponsoren wird angesichts des Aufwandes, welcher mit der fachgerechten Implementierung von DMCs verbunden ist, die Inanspruchnahme von unabhängigen, professionellen Dienstleistern innerhalb der Einrichtung angeregt [24] . Insgesamt bilden die statistischen Daten aus der BfArM-Datenbank die regulatorischen Erfordernisse auf Grundlage der derzeit noch gültigen Direktive 2001/20/EC ab. Mit der Aktivierung der EU-Verordnung Nr. 536/2014 wird in Zukunft die kooperative Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten intensiver werden und vermutlich eine Weiterentwicklung in der harmonisierten Bewertung bei der Einrichtung von unabhängigen DMCs erbringen [25, 26] . Die aktuelle gravierende Coronakrise hat die Zulassung von Arzneimitteln und Impfstoffen in den Mittelpunkt der regula-torischen medizinischen Aktivitäten gerückt. Die zahlreichen Beeinträchtigungen im Rahmen der COVID-19-Pandemie betreffen sowohl laufende als auch geplante klinische Prüfungen mit Arzneimitteln. Für eine möglichst harmonisierte Vorgehensweise in der europäischen Union hat die Kommission das Dokument "Guidance on the management of clinical trials during the CO-VID-19 (Coronavirus) pandemic" veröffentlicht [27] . Da insbesondere auch methodische Aspekte in der Durchführung von klinischen Prüfungen betroffen sind, hat die europäische biostatistische Arbeitsgruppe ein "Points-to-consider-Papier" bereitgestellt, welches explizit Aufgaben und Bedeutung von Data Monitoring Committees in dieser schwierigen Krisensituation in den Mittelpunkt der methodischen Betrachtungen stellt [28] . In den laufenden klinischen Prüfungen mit COVID-19-Patienten können diese unabhängigen DMCs eine wertvolle wissenschaftliche Unterstützung sein, wenn die Implikationen des Coronavirus SARS-CoV-2 auf die methodische Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arzneimitteln zu bewerten sind. Aus diesem Grund wird auch die Implementierungsrate von DMCs in klinischen Prüfungen während der gegenwärtigen Pandemie zunehmen. Zukünftig werden in erster Linie komplexe Studiendesigns und Disease-Interception-Konzepte ein unabhängiges Data Monitoring Committee benötigen. Die Rolle von Ethikkommissionen bei der Bewertung klinischer Arzneimittelprüfungen Das Data Monitoring Committee -DiedritteSäuleindermethodischenDurchführung von klinischen Prüfungen Guideline on data monitoring committees Guidance for clinical trial sponsors-establishment and operation of clinical trial data monitoring committees The changing face of clinical trials-master protocols to study multiple therapies, multiple diseases, or both Master protocols in clinical trials: a universal Swiss Army knife? ICH Topic E6 (R2)-Guideline for Good Clinical Practice (Doc Operational guidelines for the establishment and functioning of data and safety monitoring boards A proposed charter for clinical trial data monitoring committees: helping them to do their job well Practical aspects of decision making in clinical trials: the Coronary Drug Project as a case study Questions and answers on Data Monitoring Committees issues. EMA/492010 Data monitoring committees for pragmatic clinical trials Data monitoring committees: promoting best practices to address emerging challenges Data monitoring committees: expect the unexpected Should statisticians reporting to data monitoring committees be independent of the trial sponsor and leadership Enhancing trial integrity by protecting the independence of data monitoring committees in clinical trials An evaluation of inferential procedures for adaptive clinical trial designs with pre-specified rules for modifying the sample size Stepwise two-stage sample size adaptation How to construct an optimal interim report: what the data monitoring committee does and doesn't need to know Independent data monitoring committees: an update and overview Data monitoring committees: current issues Study discontinuations in clinical trials and data monitoring committees An analysis of protocols and publications suggested that most discontinuations of clinical trials were not based on preplanned interim analyses or stopping rules Data safety and monitoring board in non-industry trials: learning it the hard way Änderungen des Arzneimittelgesetzes durch die EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen Die EU-Verordnung 536/2014 und ihr Einfluss auf die Aufgaben und Arbeitsweisen der Ethikkommissionen in Deutschland Guidance on the Management of Clinical Trials during the COVID-19 (Coronavirus) pandemics (Due to the urgency, this guidance is issued without prior public consultation. The sponsors should note that due to the rapidly evolving situation further updates to this guidance are possible and likely Points to consider on implications of Coronavirus disease (COVID-19) on methodological aspects of ongoing clinicaltrials