key: cord-0827227-vgu22bl1 authors: nan title: Mitteilungen der DMG date: 2022-01-31 journal: Gynakol Endokrinol DOI: 10.1007/s10304-021-00436-0 sha: c51f6134228a0991adde73c5c24268ede8bee670 doc_id: 827227 cord_uid: vgu22bl1 nan Eröffnet wurde das Hauptprogramm des Kongresses mit dem Themenblock Kontrazeption. Demnach kann den meisten perimenopausalen Frauen ein großes Spektrum an kontrazeptiven Methoden angeboten werden und keine dieser Maßnahmen ist allein durch das Alter der Frau kontraindiziert -vorausgesetzt, es findet eine jährliche Überprüfung auf mögliche neue Kontraindikationen statt. Falls der Einsatz von KOKs nicht kontraindiziert ist, sind grundsätzlich niedrig dosierte KOKs vorzuziehen. Solche mit 17 ß-Östradiol oder Estetrol sind möglicherweise in der Phase der Perimenopause vorteilhaft. Für den kontrazeptiven Vaginalring und das Pflaster gelten die gleichen Risiken und Nebenwirkungen wie für kombinierte orale Kontrazeptiva. Frauen mit einer Kontraindikation für Kombinationspräparate können in den meisten Fällen Gestagen-Monomethoden anwenden Junge Frauen haben in der Regel ein niedriges absolutes venöses Thromboserisiko. Mit zunehmendem Alter (also in der Perimenopause) ist dieses Risiko deutlich höher. Wenn bei Angehörigen oder bei Patientinnen eine venöse Thrombose vor dem 50. Lebensjahr aufgetreten ist, kann ein Thrombophiliescreening sinnvoll sein. Ein evidenzbasiertes Screening umfasst u. a. die Faktor-V-Leiden-und die Prothrombin-Mutation, Faktor VIII, eine Blutgruppenbestimmung sowie eine Untersuchung auf ein Antiphospolipidsyndrom. Hormonelle Transitionsphasen gehen nicht nur mit (starken) Hormonschwankungen, sondern auch mit strukturellen und funktionellen Gehirnveränderungen einher. Die Perimenopause ist ein "kritisches Fenster" für Vulnerabilität im Hinblick auf Stimmung, Kognition und Schlaf. Potentielle Behandlungsoptionen zur Verbesserung der Lebensqualität sind beispielsweise Stressmanagement, Training von Emotionsregulationsfähigkeit und eine Psychoedukation. Schlafstörungen, insbesondere Insomnie, gehören zu den typischen Beschwerden der Menopause. Krankheitswert erlangen diese, wenn die Tagesbefindlichkeit eingeschränkt ist. Wichtig ist grundsätzlich die Berücksichtigung der individuellen und genetisch fixierten Charakteristika des Schlafs. Bei Insomnie sind Regeln der Schlafhygiene und eine insomniespezifische Verhaltenstherapie die ersten Schritte, evtl. ergänzt und individuell abgestimmt durch eine möglichst niedrig dosierte Pharmakotherapie. In der Peri-und Postmenopause kann zunächst der Versuch mit pflanzlichen Substanzen erfolgen, eine Hormonersatztherapie ( HRT) kommt ebenfalls in Betracht. Bei einer Oligo-/Amenorrhoe muss man immer an eine prämature Ovarialinsuffizienz ( POI) denken. Definitionsgemäß spricht man von einer POI, wenn bei einer unter 40-jährigen Frau im Abstand von mindestens vier Wochen ein FSH von >25 mU/l gemessen wird. AMH-Messungen spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle. Wichtig ist, dass eine polyglanduläre Autoimmunendokrinopathie nicht übersehen und unbedingt therapiert wird (z. B. ein Morbus Addison). Eine HRT sollte mindestens bis zum Alter von 51/52 Jahren gegeben werden. Bei Frauen mit Verdacht auf eine POI sollte nach der klinischen Diagnose mit Anamnese, gynäkologischer Untersuchung und hormoneller Diagnostik auch ein Karyogramm sowie eine molekulargenetische Untersuchung erfolgen. Diese umfasst idealerweise Veränderungen, die gehäuft mit einer POI assoziiert sind, wie beispielsweise eine FMR1-Prämutationsdiagnostik, eine FOXL2-Mutations-sowie evtl. eine BMP15-und AIRE-Sequenzanalyse. Weitere Kandidatengene sind Gegenstand der Forschung, auch in Bezug auf ihre Rolle für die klinische Praxis. Zu therapeutischen Ansätzen bei POI und Kinderwunsch kommen die in Deutschland nicht zulässige Eizellspende sowie IVF-Maßnahmen infrage. Darüber hinaus gibt es Studien zu mesenchymalen Stammzellen und Platelet-rich Plasma. Diese derzeit rein experimentellen Maßnahmen können die frühe Rekrutierungsphase der verbleibenden Ovarreserve ggf. positiv beeinflussen und eine Immunmodulation initiieren, die die Eizellreserve aktivieren kann. Diese Ansätze sind derzeit nur im Rahmen wissenschaftlicher Studien vertretbar. Dennoch könnten damit künftig die therapeutischen Möglichkeiten bei POI-und Poor-Responder-Patientinnen erweitert werden. Bzgl. einer leitliniengerechten Therapie in den Wechseljahren ist eine gezielte Anamnese inkl. der Abklärung möglicher Risikofaktoren unerlässlich. Dazu sollte vor und während der HRT regelmäßig eine bildgebende Untersuchung der Brust stattfinden. Auch eine Blutdruckmessung vor und nach Beginn der Therapie ist unbedingt anzuraten, da häufig peri-oder früh-postmenopausal ein neuer Hypertonus auftreten kann, dessen Einstellung gegebenenfalls über einen Internisten erfolgen sollte. Bei neu eingestellten Patientinnen sollte eine zeitnahe Wiedervorstellung zur Nutzen-Risiko-Evaluation vereinbart und dabei bereits eventuelle Back-Up-Überlegungen notiert werden. Zudem wird die Beratungsdokumentation inkl. aller Beschwerden, Medikationen, Risiken und auch der Wünsche der Patientin empfohlen. In der Praxis ist es eine Herausforderung, Frauen ausführlich und seriös, vor allem aber verständlich über körperliche und seelische Veränderungen, mögliche Krankheiten, Symptome und Thera pien aufzuklären. Gerade die Angst, Brustkrebs bekommen zu können, steht nach wie vor häufig an erster Stelle einer HRT-Beratung. Diese Angst gilt es, ernst zu nehmen, aber auch mithilfe entsprechender evidenzbasierter Daten, auch zu anderen Risikofaktoren, zu relativieren. Bei der Vertrauensbildung kann es zudem helfen zu erläutern, dass entsprechenden Umfragen zufolge viele Gynäkologinnen die HRT selbst anwenden bzw. dies bei Bedarf tun würden. Bei der Arzneimitteltherapie in der Peri-und Postmenopause muss man wechseljahrsbedingte körperliche Veränderungen im Blick behalten, die Einfluss auf die Pharmakokinetik eines Medikaments oder auf die Arzneimittelsicherheit, unerwünschte Arzneimittelwirkungen ( UAW) und deren Häufigkeit haben. Sowohl der Abfall des Östrogenspiegels als auch die Veränderung des Körperwassers/ der Körperfettquotienten und eine möglicherweise verminderte körperliche Aktivität spielen hierbei eine wichtige Rolle. Frauen mit Brustkrebs haben ein karzinomunabhängiges Osteoporose-Basisrisiko. Dieses ist durch verschiedene Mammakarzinom-Therapien häufig zusätzlich erhöht. Umso wichtiger ist die frühe Identifikation von Risikopatientinnen, bevor es zu einer Fraktur kommt. Die antiresorptive Therapie sollte in solchen Fällen ebenso lange wie die endokrine erfolgen. Bisphosphonate und Denosumab reduzieren das Frakturrisiko; zudem senken Bisphosphonate das Risiko für Knochenmetastasen. Bei geriatrischen Aspekten der Osteoporose sind neben einer effektiven Basisprophylaxe mit Vitamin D und Kalzium ebenfalls Bisphosphonate von Bedeutung -vorausgesetzt, die Gabe (oral oder per Infusion) kann an die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden und mögliche Nebenwirkungen sowie der Umgang damit werden berücksichtigt. Eine Reihe weiterer Antiosteoporotika können eingesetzt werden, jedoch muss bei allen Medikamenten darauf geachtet werden, welche altersbedingten Kontraindikationen bestehen und mögliche unerwünschte Effekte müssen beachtet werden. Und: Bei älteren Patienten sollte unbedingt ein umfassendes körperliches Training (Kraft, Balance und Ausdauer) zur Sturzprophylaxe erfolgen. Gemäß der Leitlinie "Diagnostik, Therapie und Nachsorge der Patientinnen mit Endometriumkarzinom", die sich aktuell in der Neu-Überarbeitung befindet, sollte man generell Risikofaktoren für die Erkrankung, wie einen hohen BMI oder eine Tamoxifen-Behandlung kennen und ein präventives Management, etwa bzgl. Gewichtsreduktion und der Gabe perimenopausaler Gestagene, durchführen. Bei einer HRT sollte man eine Intervalltherapie vermeiden, eine adäquate Gestagensubstitution sowie eine ausreichende Compliance bei transdermaler Therapie beachten. Risikogruppen, auch asymptomatischen, sollte man eine Vaginalsonographie anbieten und Blutungsstörungen generell ausreichend abklären. Eine konservative Therapie von Präkanzerosen kommt nur bei ausgewählten Patientinnen (etwa bei prämenopausalen Frauen mit Kinderwunsch) infrage. Abschließend ist eine intensive Nachsorge unerlässlich. Die im Januar 2020 veröffentlichte S3-Leitlinie "Peri-und Postmenopause -Diagnostik und Interventionen" enthält wesentliche, aus Arztsicht positive, Änderungen in der Beurteilung des Nutzens und der Risiken der Hormontherapie in der Peri-und Postmenopause. Diese betreffen vor allem die Therapie klimakterischer Beschwerden und der Osteoporose. Fest steht, dass eine HRT peri-und postmenopausalen Frauen mit Beschwerden und Risiken angeboten werden sollte und die Dauer der Therapie abhängig von der Indikation ist. Strittig sind dagegen einige Statements zum kardio vaskulären Risiko sowie die Behauptung, dass durch eine kombinierte Therapie über sechs bzw. zehn Jahre das Endometriumkarzinom-Risiko erhöht sei, insbesondere beim Einsatz von Progesteron und Dydrogesteron als Gestagenkomponente. Vorhandene und nicht therapierte hormonabhängige Malig nome stellen eine absolute Kontraindikation dar. Sehr großen Anklang fand die Besprechung ausgewählter Kasuistiken aus der Menopause-Sprechstunde, verbunden mit der einhelligen Meinung der Teilnehmer, diese beim nächsten Kongress in größerem Umfang durchführen zu wollen. Die Fallbeispiele boten die Möglichkeit, sowohl komplexe Probleme kennenzulernen als auch sich interaktiv an der jeweiligen Lösung zu beteiligen. Dies wurde intensiv genutzt. Bzgl. des Einflusses von Sexualhormonen auf Infektionskrankheiten, auch auf COVID-19, sind eine Vielzahl an geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Virusinfektionen bekannt. So weisen Männer bei einer Corona-Erkrankung u. a. ein höheres Mortalitätsrisiko, auch im Vergleich der Altersgruppen, der Ethnizitäten und unter Einschluss der Effekte von Komorbiditäten, an denen auch Testosteron beteiligt ist. Jedoch steht die Forschung zu Geschlechterunterschieden noch am Anfang und EndokrinologInnen sind gefragt, sich in wissenschaftlichen Verbänden einzubringen. Eine neue Option bei der Therapie von Hitzewallungen können Neurokinin-Rezeptor ( NKR)-Antagonisten darstellen. Neurokinin B-Neurone, die Teil der sogenannten KNDy-Neurone im Hypothalamus sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Thermoregulation. Mit dem Wegfall der hemmenden Wirkung von Östrogenen nach der Menopause werden die Neurokinin B-Neurone hyperaktiv, was zu Hitzewallungen führt. In Studien konnte gezeigt werden, dass NKR-Antagonisten Hitzewallungen reduzieren. Die Substanz Fezolinetant (NK3RA) zeigte in einer Phase-3-Studie diesbezüglich gute Ergebnisse. Eine entsprechende Studie zu Elinzanetant (NK1/3RA) soll 2022 starten. Auch zur medikamentösen Therapie der Adipositas stehen Wirkstoffe ( GLP-1-Rezeptor-Agonisten) zur Verfügung die in entsprechenden Studien mutmachende Ergebnisse zeigen. Auch wenn keine der bislang zugelassenen Substanzen an den möglichen Gewichtsverlust einer bariatrischen Operation herankommt, sind sie aber sehr viel besser als reine Lifestyle-Anpassungen und können je nach Wirkstoff zu einer sehr deutlichen Gewichts reduktion führen. Damit könnte das moderne Modell des Adipositas-Managements künftig neben körperlicher Aktivität und operativen Maßnahmen auch eine effektive Pharmakotherapie beinhalten. Zum Abschluss des Kongresses erhielten die Teilnehmer noch einen Überblick über die wichtigsten Publikationen des letzten Jahres zur HRT im Kurzdurchlauf. Zusammenfassend bot die DMG-Tagung damit auch in virtueller Ausführung wieder ein gelungenes, kurzweiliges und informatives Programm -sowohl mit wissenswerten Ergebnissen der aktuellen Forschung als auch mit relevanten Tipps und Themen für die gynäkologische Praxis. Frankfurt am Main Kongresspräsidentinnen: Dr. Annette Bachmann & Prof. Dr. Petra Stute Mitgliederversammlung DMG e Den DMG Mitgliedern steht an jedem ersten und dritten Donnerstag im Monat die kostenlose Telefon-Hotline "Fragen Sie die Expert-Innen" zur Verfügung, bei der wir gerne Ihre Fragen rund um die Menopause beantworten Weitere Informationen finden Sie im internen Mitgliederbereich der Website oder Sie wenden sich an unsere Geschäftsstelle! Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: Geschäftsstelle Deutsche Menopause Gesellschaft e