key: cord-0813051-otk41y69 authors: Hösel, Kristin; Saeger, Mark; Roider, Johann B. title: Venenastthrombose als frühe Manifestation von COVID-19 date: 2021-09-15 journal: Ophthalmologe DOI: 10.1007/s00347-021-01492-4 sha: e649a9567c8b5a83e09c685058735af77a6e6d2c doc_id: 813051 cord_uid: otk41y69 nan Der bestkorrigierte Visus des betroffenen rechten Auges betrug 0,5. Der Augeninnendruck sowie vordere Augenabschnitt waren unauffällig. Fundoskopisch zeigten sich dilatierte Venen des temporalinferioren Gefäßbogens mit umgebenden Streifenblutungen sowie multiplen Cotton-Wool-Herden (. Abb. 1). Es bestand keine Glaskörperinfiltration. In der optischen Kohärenztomographie (OCT) zeigte sich ein zystoides Makulaödem. In der Fluoreszeinangiographie zeigte sich eine Venenastthrombose (VAT) des inferioren Gefäßbogens mit umgebender retinaler Ischämie sowie Schrankenstörung (. Abb. 2). Der Visus des Partnerauges betrug 0,8. Inferior der Papille des linken Auges zeigte sich eine winzige retinale Hämorrhagie unterhalb der Papille bei sonst unauffälligem ophthalmologischem Status. Der Patient wurde mit der Diagnose einer Venenastthrombose (Auge rechts) stationär aufgenommen. Am Tag der stationären Aufnahme wurde ein Nasen-Rachen-Abstrich auf SARS-CoV-2-RNA untersucht (RT-PCR), welcher sich positiv zeigte. Während des stationären Aufenthaltes verbesserte sich sein Befund, und er konnte nach 7 Tagen erneut mit einem guten Allgemeinbefinden entlassen werden. Der Patient erhielt eine Anschlussbehandlung mit intravitrealen Antivasculargrowth-factor-Injektionen ins rechte Auge (insgesamt bisher 4 Injektionen zum Zeitpunkt der Einreichung) sowie fokale Laserkoagulation der ischämischen Areale. Hierunter kam es zu einem Rückgang des zystoiden Makulaödems im OCT mit Visusanstieg auf 0,9. Der Patientinunserem Fall berichteteca. 10 bis 14 Tage vor dem Auftreten von generellen COVID-19-Symptomen über Sehstörungen auf dem rechten Auge. Klinisch zeigten sich Zeichen einer Venenastthrombose (VAT) mit ausgeprägten Cotton-Wool-Spots, intraretinalen Streifenblutungen sowie Makulaödem. Insgesamt erinnert das pizzaähnliche Fundusbild auch an eine Zytomegalievirusretinitis. In der Fluoreszeinangiographie zeigte sich jedoch das Bild eines ischämischen Venenastverschlusses der inferiorenTemporalvene. AuchdieMin-Abb. 2 8 Spätphase einer Fluoreszeinangiographie: Es zeigen sich am inferior-temporalen Gefäßbogen moderat gestaute venöse Gefäße mit eingeschlossener retinaler Ischämie sowie Endotheldysfunktion mit gefäßassoziierter Hyperfluoreszenz. Auch die Lokalisation der Okklusion an einer Gefäßkreuzungsstelle spricht eindeutig für eine VATund schließt die Differenzialdiagnose einer CMV-Retinitis aus derperfusion nach einer Gefäßkreuzungsstelle spricht eindeutig für einen Venenastverschluss. Eine virusassoziierte Retinitis oder retinale Nekrose ist nicht zu sehen. Wir können nicht mit Sicherheit unterscheiden,ob dieVAT durchdieCOVID-19-Erkrankung ausgelöst wurde oder im Zusammenhang mit systemischen Komorbiditäten zu sehen ist. Es zeigte sich neben der VAT inferior auch ein Cotton-Wool-Spot am superioren Gefäßbogen (. Abb. 1). Dies ist für eine reine VAT eher untypisch und spricht für das Vorliegen gefäßassoziierter Komorbiditäten. Jedoch fanden sich in der kardiovaskulären Ursachenabklärung keine Risikofaktoren für das Auftreten eines thrombogenen Ereignisses. Ebenso gab es auf dem Partnerauge fundoskopisch bis auf eine einzelne Hämorrhagie unterhalb der Papille keine Zeichen eines chronischen arteriellen Hypertonus. Ein durchgeführtes Thrombophiliescreening blieb negativ. Wir vermuten daher eher eine Assoziation mit der COVID-19-Infektion, auch in Anbetracht der häufig berichteten vaskulären Nebenwirkungen bei COVID-19. Auch wenn der Pathomechanismus noch nicht vollständig geklärt ist, erhöhen hyperinflammatorische Reaktionen das Risiko für venöse thrombembolische Ereignisse [1] . In der SERPICO-Studie konnten retinale Gefäßaffektionen bei COVID-19-Patienten nachgewiesen werden. Die Autoren fanden heraus, dass der venöse Ge-fäßdurchmesser bei Erkrankten signifikant größer war als bei gesunden Probanden. Des Weiteren schien der Gefäßdurchmesser positiv mit der Schwere der COVID-19-Infektion zu korrelieren [2] . Vaskuläre Komplikationen sind auch nach COVID-19-Impfungen beschrieben. Der impfstoffassoziierten Thrombozytopenie ("vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia" [VITT]) liegt wahrscheinlich eine Autoimmunreaktion auf COVID-19-Impfstoffe zugrunde, welche zu Thrombozytopenien und Thrombosen führen kann. Der genaue Pathomechanismus dieser seltenen Komplikation ist bisher unbekannt, ebenso wie die Bedeutung im Hinblick auf mögliche retinale Gefäßverschlüsse nach der Impfung [3, 4] . Interessanterweise zeigte sich außerdem an beiden Augen ein positiver Bindehautbefund auf SARS-CoV-2. Sowohl eine Ausbreitung per continuitatem als auch hämatogen oder neurogen in die Retina sind denkbar [5] . Auch konnte bereits SARS-CoV-2 in retinalem Gewebe (post mortem) nachgewiesen werden [6] . Retinale Manifestationen von COVID-19 sind folglich denkbar. Unserer Erkenntnis nach, ist unser Fall der erste, welcher einen retinalen Venenastverschluss als Erstmanifestation einer COVID-19-Pneumonie beschreibt. Eine kürzlich publizierte Fallbeschreibung berichtete über einen 40-jährigen COVID-19-Patienten mit Pneumonie, tiefer Beinvenenthrombose sowie bilateralem Zentralvenenverschluss [7] . Auch gibt es eine Reihe weiterer Case Reports über retinale Verschlüsse bei jungen, gesunden COVID-19-Patienten [8, 9] . Berichte über retinale Thrombosen nach COVID-19-Impfungen sind nach unserem Wissen jedoch bisher nicht veröffentlicht. Mit dieser Kasuistik möchten wir dafür sensibilisieren, dass die Möglichkeit einer retinalen Venenthrombose als frühe hyperinflammatorische Reaktion einer COVID-19-Erkrankung in Betracht gezogen werden sollte. Auch bestätigt unser Fall die aktuelle Empfehlung der Thrombose-und Embolieprophylaxe bei schwerer COVID-19-Infektion [10] . High risk of thrombosis in patients with severe SARS-CoV-2 infection: a multicenter prospective cohort study Retinal findingsinpatientswithCOVID-19:resultsfromthe SERPICO-19 study Coronavirus (COVID-19) vaccine-induced immune thrombotic thrombocytopenia (VITT) Thrombosis after covid-19 vaccination SARS-CoV-2 targeting the retina: hostvirus interaction and possible mechanisms of viral tropism DetectionofSARS-CoV-2inhumanretinalbiopsies of deceased COVID-19 patients Bilateral central retinal vein occlusion in a 40-year-old man with severe coronavirus disease 2019 (COVID-19) pneumonia Hemi-retinal vein occlusion in a young patient with COVID-19 Central retinal vein occlusion in a young healthy COVID-19 patient: a case report COVID-19 and thrombotic or thromboembolic disease: implications for prevention, antithrombotic therapy, and follow-up