key: cord-0789364-vjbbkvy8 authors: Hardenberg, Jan-Hendrik B.; Stockmann, Helena; Eckardt, Kai-Uwe; Schmidt-Ott, Kai M. title: COVID-19 und akute Nierenschädigung im Intensivbereich date: 2020-12-22 journal: Nephrologe DOI: 10.1007/s11560-020-00471-1 sha: ce677dc86ffc019ce53fa3192b8e13db02b9b013 doc_id: 789364 cord_uid: vjbbkvy8 Acute kidney injury (AKI) is a frequent and severe complication in coronavirus disease 2019 (COVID-19) patients in the intensive care unit. The development of COVID-19 associated AKI is closely linked to the severity of the disease course. The main risk factor for kidney failure requiring kidney replacement therapy is the necessity for invasive ventilation, whereby the onset of renal failure is often closely associated with the timing of intubation. Additionally, the risk factors for a severe course of COVID-19 have been shown to also be risk factors for renal failure. AKI in COVID-19 shows a high mortality and in some patients leads to chronic kidney disease; however, full recovery of kidney function in survivors who need dialysis is not uncommon. With respect to prevention and treatment of renal failure associated with COVID-19, the same recommendations as for AKI from other causes are valid (Kidney Disease: Improving Global Outcomes, KDIGO bundles). Due to the large numbers of patients in the setting of overwhelmed resources, the availability of extracorporeal renal replacement procedures can become critical, especially since hypercoagulation is frequent in COVID‑19. In order to avoid triage situations, in some centers acute peritoneal dialysis was used as an alternative to extracorporeal procedures. Die akute Nierenschädigung ("acute kidney injury", AKI) ist eine häufige und folgenschwere Komplikation bei intensivpflichtigen COVID-19-Patient*innen. Bei 60-90 % dieser Patient*innen kommt es zum AKI, bei 20-37 % sogar zu einem nierenersatztherapiepflichtigen AKI (. Tab. 1; [13, 17, 34] ). Merke. 1/3 der invasiv beatmeten COVID-19-Patient*innen entwickelt ein dialysepflichtiges Nierenversagen Die größte Studie zu intensivpflichtigen COVID-19-Patient*innen stammt aus Großbritannien und basiert auf den Daten des ICNARC(Intensiv Care National Audit and Research Center)-Registers [27] . Von 10.834 COVID-19-Patient*innen auf insgesamt 289 Intensivstationen erhielten 26,7 % ein Nierenersatzverfahren für im Median 9 (5) (6) (7) (8) (9) (10) (11) (12) (13) (14) (15) (16) (17) (18) Tage. In Deutschland zeigen die Daten einer Studie auf der Basis von administrativen Daten von AOK(Allgemeine Ortskrankenkasse)-Patient*innen [20] , dass während des Untersuchungszeitraums 30,7 % der 1318 invasiv beatmeten Patient*innen ein Nierenersatzverfahren benötigten. Basierend auf Inzidenz-, Hospitalisierungs-und Intensivpflichtigkeitsdaten im Rahmen der Pandemie ist zu vermuten, dass etwa 0,1-0,2 % der mit SARS-CoV-2-infizierten ein Nierenersatzverfahren benötigen. Aktuell ist unklar, ob die COVID-19-Pneumonie häufiger mit einer Nierenbeteiligung einhergeht als andere virale Pneumonien. Kohortenstudien aus der H1N1-Epidemie (Schweinegrippe) in 2009 zeigen zwar niedrigere Raten von dialysepflichtigem AKI (7-17 %; [4, 21] ), allerdings betrug das durchschnittliche Alter der hospitalisierten Patient*innen hier auch nur 48 Jahre bzw. 43 Jahre. Dieser Umstand unterscheidet die damalige Pandemie von der heutigen, denn anders als bei COVID-19 waren Menschen höheren Alters (>60 Jahre) bei der H1N1-Pandemie seltener betroffen [38] . Die bereits zitierte britische ICNARC-Studie berichtete neben den Outcomes der COVID-19-Kohorte auch die Outcomes einer Vergleichskohorte von viralen Non-COVID-19-Pneumonien (n = 5782), die zwischen Januar 2017 und Dezember 2019 auf britischen In-tensivstationen behandelt wurden [27] . Von diesen Patient*innen erhielten 17 % Dialyse, verglichen mit 27 % in der COVID-19-Kohorte. Allerdings unterschieden diese Gruppen sich in einigen Schlüsselmerkmalen, z. B. wurden nur 50 % der Patient*innen in der Non-COVID-19-Kohorte gegenüber 72 % der COVID-19-Patient*innen invasiv beatmetet. Tatsächlich geht ein ARDS ("acute respiratory distress syndrome") jedweder Ätiologie mit einem Dialyserisiko von ungefähr 20 % einher, sodass die oben genannten Häufigkeit von dialysepflichtigem Nierenversagen bei COVID-19 nicht in hohem Maße von dieser Inzidenz abzuweichen scheint [24, 36] . Einschränkend ist aber festzuhalten, dass robust adjustierte Vergleiche der Dialyseinzidenz bei COVID-19-ARDS und Non-COVID-19-ARDS aktuell nicht verfügbar sind. Dialysepflichtiges Nierenversagen tritt nahezu ausschließlich bei invasiv beatmeten Patient*innen und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Intubation auf. In einer amerikanische Kohortenstudie mit 3099 Intensivpatient*innen und einer Dialysequote von 21 % erhielten nur 3 nicht-invasiv beatmete Patient*innen ein Nierenersatzverfahren [17] . Dabei ging die maschinelle Beatmung der Dialysepflichtigkeit in über 99 % der Fälle voraus. Auch in der AOK-Studie aus Deutschland wurden nur 1,37 % der nicht-invasiv beatmeten Patient*innen [13, 17, 19] . Eine mögliche Rolle eines direkten renalen Tropismus von SARS-CoV-2 bei der Entwicklung von schwerem AKI wird dadurch gestützt, dass ein positiver SARS-CoV-2-Nachweis im Nierengewebe von verstorbenen COVID-19-Patient*innen mit kürzeren (und damit schwereren) Krankheitsverläufen berichtet wurde [8, 23] . Ähnlich wie andere kritische Erkrankungen [35] , weist auch COVID-19 eine stark erhöhte Krankenhausmortalität auf, sobald ein AKI vorliegt. 33-50 % der COVID-19-Patient*innen mit AKI gegenüber 7-8 % der Patient*innen ohne AKI sterben während des Krankenhausaufenthalts [10, 13] . Die Mortalität steigt stadienabhängig und ist erwartungsgemäß mit 57-73 % am höchsten bei Patient*innen, die Nierenersatztherapie erhalten [17, 18, 20, 34] Acute kidney injury (AKI) is a frequent and severe complication in coronavirus disease 2019 (COVID-19) patients in the intensive care unit. The development of COVID-19 associated AKI is closely linked to the severity of the disease course. The main risk factor for kidney failure requiring kidney replacement therapy is the necessity for invasive ventilation, whereby the onset of renal failure is often closely associated with the timing of intubation. Additionally, the risk factors for a severe course of COVID-19 have been shown to also be risk factors for renal failure. AKI in COVID-19 shows a high mortality and in some patients leads to chronic kidney disease; however, full recovery of kidney function in survivors who need dialysis is not uncommon. With respect to prevention and treatment of renal failure associated with COVID-19, the same recommendations as for AKI from other causes are valid (Kidney Disease: Improving Global Outcomes, KDIGO bundles). Due to the large numbers of patients in the setting of overwhelmed resources, the availability of extracorporeal renal replacement procedures can become critical, especially since hypercoagulation is frequent in COVID-19. In order to avoid triage situations, in some centers acute peritoneal dialysis was used as an alternative to extracorporeal procedures. Coronavirus · Acute kidney injury · Mechanical ventilation · Intensive care medicine · Kidney replacement therapy Schwere Verläufe von COVID-19 führen zu einer systemischen Hyperkoagulabilität mit deutlich erhöhtem Thromboserisiko [22] . Verkürzte Filterlebensdauer durch vermehrtes Filter-Clotting wurden für Heparindialysen bei COVID-19-Patient*innen berichtet [12] . Eine prophylaktische Antikoagulation wird bei allen hospitalisierten Patient*innen mit COVID-19 empfohlen [22] . Ein möglicher Benefit von höheren (intermediären) Heparindosen bei kritisch kranken Patient*innen wird in laufenden Studien untersucht. Falls eine Heparinantikoagulation eingesetzt wird, sollte beachtet werden, dass schwere COVID-19-Verläufe häufig mit spontanen Verlängerungen der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) einhergehen, sodass die Gabe von unfraktioniertem Heparin (UFH) mittels Anti-Faktor-Xa-Assay überwacht werden sollte. Darüber hinaus scheint das Phänomen der Heparinresistenz ein verbreitetes Problem bei COVID-19 zu sein [7, 37] . Aus diesen Gründen empfehlen publizierte Guidelines die Verwendung von niedermolekularem Heparin [22] . Merke. Die PTT ist bei COVID-19 häufig verlängert und zur Antikoagulationssteuerung nicht geeignet Die Frage der optimalen extrakorporalen Antikoagulationsstrategie bei Nierenersatzverfahren bei COVID-19 ist derzeit nicht abschließend beantwortet. Kürzlich wurden in der RICH-Studie an 596 (Non-COVID-19-)Intensivpatient*innen die Effekte einer extrakorporalen Zitratantikoagulation mit denen der Heparinantikoagulation verglichen [39] . Dabei wurden deutlich verlängerte Filterüberlebenszeiten unter Zitratantikoagulation berichtet, ohne dass sich Effekte auf die Mortalität nachweisen ließen. In der Zitratgruppe zeigten sich außerdem signifikant weniger Blutungskomplikationen (-11,8 %), aber mehr Infektionen (12,6 %). Merke. Zitratantikoagulation reduziert über längere Filterüberlebenszeiten Arbeitsaufwand, Materialverbrauch und Kontakt mit potenziell infektiösen Patient*innen Insgesamt ist zu schlussfolgern, dass derzeit für COVID-19 spezifische Studiendaten und Empfehlungen zu systemischen und extrakorporalen Antikoagulationsstrategien fehlen. Auf unseren Intensivstationen praktizieren wir derzeit ein individualisiertes Vorgehen, wobei zumeist eine extrakorporale Zitratantikoagulation mit einer an den Krankheitsverlauf adaptierten systemischen Antikoagulation kombiniert wird. Nicht zuletzt ist dieses Verfahren im Hinblick sowohl auf Verbrauchsmaterial als auch auf den Personaleinsatz ressourcenschonender. In der ersten Welle der Pandemie kam es in mehreren Krankenhäusern in New York und London durch die überwältigende Zahl von nierenersatztherapiepflichtigen Patient*innen zu einer Knappheit von Hämodialyse(HD)-Geräten. Zum kurzfristigen Ausbau der Dialysekapazitäten und zu Vermeidung von Triage-Situationen wurden unter hohem Zeitdruck alternative Konzepte entwickelt. Dazu gehörte die Etablierung von Akut-Peritonealdialyse(PD)-Programmen [9, 11, 31] . Die Akut-PD bei AKI stellt für Nephrologen in Industrieländern zwar Neuland dar, ist aber eine in Entwicklungsländern lange etablierte Methode [26, 28] . Eine Reihe von klinischen Studien zeigt, dass Akut-PD auch bei beatmeten Intensivpatient*innen komplikationsarm durchgeführt werden kann [2, 14, 25] . Dabei ist die metabolische Kontrolle offenbar der HD gleichwertig. Merke. Akut-PD stellt eine Alternative zur HD bei ausgewählten Intensivpatient*innen mit AKI dar Die Katheteranlage zur Akut-PD erfolgt mittels Minilaparoskopie (bevorzugt bei intubierten Patient*innen) durch Chirurg*innen, Radiolog*innen oder interventionell ausgebildete Nephrolog*innen unter Durchleuchtung, entweder direkt auf der Intensivstation oder auch im Operationssaal [1, 3] . Die Nutzung des Katheters erfolgt innerhalb der ersten 24 Stunden zunächst mit reduzierten Füllvolumina (1-1,5 l). Eine ausführliche Beschreibung des Protokolls sowie eine Diskussion der Herausforderungen von Akut-PD und potenzielle Lösungen im Rahmen der Pandemie bieten Srivatana et al. [31] und Sourial et al. [32] . Dabei Best practices consensus protocol for peritoneal dialysis catheter placement by interventional radiologists Acute kidney injury in critically ill patients: a prospective randomized study of tidal peritoneal dialysis versus continuous renal replacement therapy Percutaneous peritoneal dialysis catheter insertion by a nephrologist: a new, simple, and safe technique Acute kidney injury among critically ill patients with pandemic H1N1 influenza A in Canada: cohort study Timing of initiation of renal-replacement therapy inacutekidneyinjury Timing of renal-replacement therapy in patients with acute kidney injury and sepsis Thromboembolic events and apparent heparin resistance in patients infected with SARS-CoV-2 SARS-CoV-2 renal tropism associates with acute kidney injury Acute peritoneal dialysis during the COVID-19 pandemic at Bellevue Hospital Acute start peritoneal dialysis during the COVID-19 pandemic: outcomes and experiences Filter clotting with continuous renal replacement therapy in COVID-19 AKI in hospitalized patients with and without COVID-19: a comparison study High volume peritoneal dialysis vs daily hemodialysis: a randomized, controlled trial in patients with acute kidney injury Initiation strategies for renal-replacement therapy in the intensive care unit Timing of renal support and outcome of septic shock and acute respiratory distress syndrome. A post hoc analysis of the AKIKI randomized clinical trial AKI treated with renal replacement therapy in critically ill patients with COVID-19 Factors associated with death in critically ill patients with coronavirus disease 2019 in the US Acute kidney injury in patients hospitalized with COVID-19 Case characteristics, resource use, and outcomes of 10 021 patients with COVID-19 admitted to 920 German hospitals: an observational study Acute kidney injury in critical ill patients affected by influenza A (H1N1) virus infection Prevention, diagnosis, and treatment of VTE in patients with coronavirus disease 2019: CHEST guideline and expert panel report COVID-19-associated acute kidney injury: consensus report of the 25th Acute Disease Quality Initiative (ADQI) Workgroup Factorsassociatedwithacutekidneyinjuryinacute respiratory distress syndrome A randomized clinical trial of high volume peritoneal dialysis versus extended daily hemodialysis for acute kidney injury patients Acute peritoneal dialysis in the treatment of COVID-19-related acute kidney injury COVID-19 in critical care: epidemiology of the first epidemic wave across England, Wales and Northern Ireland Management of severe acute renal failure in critically ill patients: an international survey in 345 centres Postmortem kidney pathology findings in patients with COVID-19 COVID-19-associated kidney injury: a case series of kidney biopsy findings Urgent peritoneal dialysis in patients with COVID-19 and acute kidney injury: a single-center experience in a time of crisis in the United States Peritoneal dialysis for acute kidney injury treatment in the United States: brought to you by the COVID-19 pandemic Renal histopathological analysis of 26 postmortem findingsofpatientswithCOVID-19inChina Characteristics, outcomes and 60-day hospital mortality of ICU patients with Covid-19 and acute kidney injury Acute renal failure in critically ill patients: a multinational, multicenter study One-year mortality and predictors of death among hospital survivors of acute respiratory distress syndrome Heparin resistance in COVID-19 patients in the intensive care unit Preexisting immunity to pandemic (H1N1) Effect of regional citrate anticoagulation vs systemic heparin anticoagulation during continuous kidney replacement therapy on dialysis filter life span and mortality among critically ill patients with acute kidney injury: a randomizedclinicaltrial