key: cord-0781021-43obzo35 authors: Hepp, Tobias; Marquart, Pia; Jauck, Christoph; Gefeller, Olaf title: Auswirkungen der Ausgangsbeschränkungen im Zusammenhang mit Covid-19 auf Supermarktbesuche in Deutschland date: 2021-01-25 journal: Gesundheitswesen DOI: 10.1055/a-1341-1575 sha: 27d85a9e87bb727af21b8c34bdd9b50a1f7bd6e1 doc_id: 781021 cord_uid: 43obzo35 Background The lockdown measures imposed in Germany starting in mid-March had a significant impact on public life. While the avoidance of social contacts was possible in many areas, the responsibility to provide themselves with food was placed in the hands of private households. Objectives To investigate whether and to what extent the restrictions led to changes regarding visits to supermarkets using cars. Materials and Methods Data were available on the parking movements on 136 parking spaces of supermarkets in Germany between the beginning of February and the end of May. The analyses focused on changes in the total number of parking events per day and slot as well as their duration. Results Regarding the parking events, there was a clear reduction until the end of April, interrupted by an increase around Easter. After the introduction of mandatory masking, the values recovered to just below the level before lockdown. The duration changed relatively slightly. Initially it decreased, but later rose slightly above the level observed before the restrictions. Over the medium term, there was a slight reduction of parking events and an extension of their duration by a little more than 5%. Discussion Despite the explicit exclusion of food purchases from the lockdown measures, a dynamic adaptation behaviour of the population to the changing circumstances is also evident in this context. In terms of parking movements, a lasting effect on shopping behaviour seems unlikely. Ziel der arbeit Die vorliegende Arbeit untersucht, ob und inwiefern die Beschränkungen zu Veränderungen hinsichtlich der Besuche von Supermärkten mit Personenkraftwagen geführt haben. Material und Methoden Zur Verfügung stehen Daten über die Parkbewegungen von 136 Parkplätzen von Supermärkten in Deutschland zwischen Anfang Februar und Ende Mai. Im Fokus der Analysen stehen Veränderungen der Gesamtzahl an Parkvorgängen pro Tag und Stellplatz sowie deren Dauer. ergebnisse Mit Blick auf die Parkvorgänge zeigt sich eine deutliche Reduktion bis Ende April, unterbrochen durch einen temporären Anstieg um die Osterfeiertage. Nach Einführung der Maskenpflicht erholen sich die Werte wieder bis knapp unter das Vorniveau. Die Parkdauer verändert sich nur vergleichsweise wenig. Sie sinkt mit den Beschränkungen, steigt jedoch später leicht über das Niveau vor den Beschränkungen. Mittelfristig ist eine leichte Reduzierung der Parkvorgänge und eine Verlängerung ihrer Dauer um jeweils gut 5 % zu beobachten. schlussfolgerung Trotz ausdrücklicher Ausnahme der Einkäufe von Lebensmitteln von den Ausgangsbeschränkungen zeigt sich auch in diesem Bereich ein dynamisches Anpassungsverhalten der Bevölkerung an die sich verändernden Gegebenheiten. Ein dauerhafter Effekt auf die Einkaufsgewohnheiten scheint gemessen an den Parkbewegungen unwahrscheinlich. absTr aC T background The lockdown measures imposed in Germany starting in mid-March had a significant impact on public life. While the avoidance of social contacts was possible in many areas, the responsibility to provide themselves with food was placed in the hands of private households. Objectives To investigate whether and to what extent the restrictions led to changes regarding visits to supermarkets using cars. Materials and Methods Data were available on the parking movements on 136 parking spaces of supermarkets in Germany between the beginning of February and the end of May. The analyses focused on changes in the total number of parking events per day and slot as well as their duration. results Regarding the parking events, there was a clear reduction until the end of April, interrupted by an increase around Einleitung Die Covid-19-Pandemie stellt Wissenschaft und Gesellschaft weltweit vor enorme Herausforderungen. Während dies einerseits virologische und epidemiologische Fragen nach der Prognose von Krankheitsverläufen, möglichen Therapien, der Entwicklung effektiver Impfstoffe und der Infektionsdynamik auf Populationsebene betrifft, wurden von vielen Regierungen diverse Maßnahmen veranlasst, um einem drohenden Kollaps der Gesundheitssysteme entgegenzuwirken [1] . Als besonders einschneidend muss in diesem Zusammenhang das Herunterfahren vieler Bereiche des öffentlichen Lebens betrachtet werden. Entsprechende Maßnahmen beinhalten Schul-und Geschäftsschließungen, Reisebeschränkungen, Veranstaltungsverbote und Einschränkungen der Versammlungsfreiheit bis hin zu Verordnungen, die das Verlassen der eigenen Wohnung regulieren. Auch wenn die strenge Einhaltung bestimmter Maßnahmen das Infektionsgeschehen zumindest deutlich verlangsamen kann [2] [3] [4] [5] [6] , werden Tragweite und Konsequenzen der Einschränkungen selbst erst nachträglich sichtbar. Diese reichen von wirtschaftlichen Aspekten [7, 8] bis hin zu psychosozialen Folgen der Isolation und deren Konsequenzen [9] [10] [11] [12] [13] . In Deutschland trat ein Großteil der Regelungen zwischen dem 16. und 23. März in Kraft; wobei eine der strengsten Maßnahmen die der landesweiten Ausgangsbeschränkungen darstellte. Auch wenn die Regeln im europäischen Vergleich mit bspw. Italien oder Spanien noch etwas mehr Spielraum ließen wurden Treffen mit mehr als einer Person außerhalb des eigenen Haushalts vorerst für einen unbestimmten Zeitraum untersagt und die eigene Wohnung sollte nicht mehr ohne triftigen Grund verlassen werden. Während dies bspw. für viele auch Umstellung auf Heimarbeit bedeutete [14] , blieb die Versorgung mit Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Gebrauchs weiterhin vollständig der Verantwortung der Haushalte selbst überlassen. Dies führte unweigerlich zu dem Dilemma, dass das Gebot der Reduzierung der Kontakte sowie das Einhalten der Abstandsregelungen im Kontext des typischen Supermarktbesuchs nur noch bedingt möglich war. Je nach Stärke des Risiko-bzw. Gefährdungsempfindens kann deshalb davon ausgegangen werden, dass Teile der Bevölkerung versuchten, ihr Verhalten an die neuen Gegebenheiten anzupassen [15, 16] . Ausgehend von der Vermutung, dass insbesondere in der Anfangsphase der Covid-19-Pandemie viele das Risiko einer Ansteckung so gering wie möglich halten wollten, wird in diesem Zusammenhang daher die Hypothese aufgestellt, dass sich sowohl die Anzahl der Einkäufe als auch deren Dauer nach Eintreten der Beschränkungen und dem damit verbundenen "Ernst der Lage" verringert haben. Die Analysen zur Überprüfung der Hypothesen basieren auf Daten der durch die Firma Smart City System vertrie- Die Informationen über die einzelnen Parkvorgänge wurden im Vorfeld aggregiert, sodass für jeden Stellplatz die durchschnittliche Parkdauer in Form des arithmetischen Mittels innerhalb einer Ka-Easter. After the introduction of mandatory masking, the values recovered to just below the level before lockdown. The duration changed relatively slightly. Initially it decreased, but later rose slightly above the level observed before the restrictions. Over the medium term, there was a slight reduction of parking events and an extension of their duration by a little more than 5 %. Despite the explicit exclusion of food purchases from the lockdown measures, a dynamic adaptation behaviour of the population to the changing circumstances is also evident in this context. In terms of parking movements, a lasting effect on shopping behaviour seems unlikely. Besonders interessant ist auch die Rolle der Osterfeiertage, um die einerseits wieder ein deutlicher Anstieg der Parkfrequenz beobachtet werden kann, die jedoch danach bis zur Einführung der Maskenpflicht und anderen ersten Lockerungen auf ein teilweise sogar niedrigeres Niveau fallen. Für die Dauer der Parkvorgänge gilt das jedoch nicht, diese scheinen sich entgegen der eingangs formulierten Hypothese zwar kurzfristig zu verkürzen, fallen jedoch nach der Spitze um Ostern im Schnitt nicht mehr unter das Niveau vor den Beschränkungen. Über die Gründe dieses Anstiegs lassen sich verschiedene Vermutungen anstellen. Einerseits scheint es plausibel, dass sich nach dem anfänglichen Schock über die ungewohnte Situation ein Gewöhnungseffekt einstellt, gerade da sich für Deutschland in den folgenden Wochen ein im internationalen Vergleich glimpflicher Verlauf der Epidemie abzuzeichnen schien. Die für Mai gemessene leichte Reduktion der Parkvorgänge spricht allerdings gegen eine vollständige Rückkehr zur Normalität, bedeutet aber möglicherweise, dass nun in weniger Besuchen insgesamt die gleiche Menge an Waren gekauft wird. Dies könnte mit Eintreten der Maskenpflicht und dem damit weiter reduzierten Risikoempfinden eine plausible Erklärung für die leichte Erhöhung der Einkaufs-bzw. Parkdauer darstellen. Da es sich andererseits bei der Erhöhung lediglich um einen Zeitraum von durchschnittlich einer Minute handelt, wäre jedoch auch schlicht ein Effekt der neuen Schutzmaßnahmen wie Abstandsregelungen an den Kassen oder Begrenzungen der Kundenzahlen in den Märkten denkbar. Bezüglich der verschiedenen Bundesländer zeigt sich ein Unterschied im Zeitpunkt der Reaktion auf die Beschränkungen insofern, als dass in Bayern bereits eine Woche früher ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist. Dies ist möglicherweise dem Umstand geschuldet, dass die bayerische Staatsregierung nach dem Saarland Schulschließungen relativ früh als erste Maßnahmen gegen das Infektionsgeschehen verkündet hatte. Tatsächlich zeigen auch die Daten der 2 verfügbaren saarländischen Parkplätze ein ähnliches Muster. Auch wenn der Umfang der den Analysen zugrundeliegenden Daten eine solide Basis für die statistische Auswertung darstellt und im Prinzip beliebig feine Definition der Zeiträume möglich wären, ergeben sich bezüglich der Interpretation der Ergebnisse ein paar Einschränkungen. Da die Auswahl der mit Sensoren ausgestatteten Parkflächen in den Händen der Betreiber liegt, handelt es sich bei den betrachteten Parkplätzen nicht um eine Zufallsstichprobe. [20] , sodass sich die Veränderungen der Verkehrsmittelnutzung wohl v. a. auf andere Bereiche des Alltags konzentrieren und der Lebensmitteleinkauf nur geringfügig betroffen ist. So haben bspw. auch der Umstieg auf Online-Einkäufe sowie Warenlieferungen nach Hause zwar zugenommen, spielen aber insgesamt betrachtet immer noch eine untergeordnete Rolle [14] . Obwohl Einkäufe zum Zweck der Versorgung mit Lebensmitteln von Beginn an ausdrücklich von den Ausgangsbeschränkungen ausgenommen wurden, zeigt sich gemessen an dem Parkverhalten eine dynamische Anpassung der Bevölkerung an die neue Situation. Dies beinhaltet sowohl die Phase unmittelbar nach Inkrafttreten der Verordnungen als auch den Zeitraum der Lockerungen. Mittelfristig scheint sich eine geringfügige Änderung des Verhaltens insofern zu zeigen, dass die Zahl der Parkvorgänge im Schnitt um gut 5 % sank, die Dauer hingegen im Schnitt um 5 % zunahm. Eine dauerhafte Veränderung der Einkaufsgewohnheiten hingegen scheint auch in Anbetracht des allgemein sinkenden Risikoempfindens jedoch unwahrscheinlich [21] . Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht werden zwar größtenteils eingehalten, die tatsächliche Ausführung ist jedoch teilweise fehlerhaft [22] . Angesichts der weltweiten Entwicklungen des Infektionsgeschehens sowie der seit Ende Juli auch in Deutschland wieder leicht steigenden Zahl an Neuinfektionen [23] scheint eine weitere Beobachtung des Sektors aufgrund seiner hohen systemischen Relevanz für die Versorgung daher prinzipiell sinnvoll. Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur Variation in Government Responses to COVID-19 Version 7.0. Blavatnik School of Government Working Paper Räumliche Ausbreitung von COVID-19 durch interregionale Verflechtungen An investigation of transmission control measures during the first 50 days of the COVID-19 epidemic in China Association between mobility patterns and COVID-19 transmission in the USA: a mathematical modelling study Human Mobility and COVID-19: A Negative Binomial Regression Analysis Staying at Home: Mobility Effects of COVID-19 Economic and social consequences of human mobility restrictions under COVID-19 Psychosoziale Folgen von Quarantänemaßnahmen bei schwerwiegenden Coronavirus-Ausbrüchen: ein Rapid Review Epidemic of COVID-19 in China and associated Psychological Problems COVID-19 related school closings and risk of weight gain among children Will changes in alcohol and tobacco use be seen during the COVID-19 lockdown? Health risks and potential remedies during prolonged lockdowns for coronavirus disease Risk perceptions and health behavior Towards a data-driven characterization of behavioral changes induced by the seasonal flu R: A language and environment for statistical computing. R Foundation for Statistical Computing Die Folgen von Corona für den Straßenverkehr Wie verändert Corona unsere Mobilität langfristig (03.05.2020)? Im Internet PsychArchives 2020 Einsatz von Community-Masken in der Bevölkerung: Praxis und Anwendungsfehler während der COVID-19 Pandemie in Deutschland