key: cord-0766889-1w677dta authors: Schuppert, A.; Theisen, S.; Fränkel, P.; Weber-Carstens, S.; Karagiannidis, C. title: Bundesweites Belastungsmodell für Intensivstationen durch COVID-19 date: 2021-02-03 journal: Med Klin Intensivmed Notfmed DOI: 10.1007/s00063-021-00791-7 sha: 3e069254a30d830aae0156c1dd5b149d2486557c doc_id: 766889 cord_uid: 1w677dta BACKGROUND: Forecasting models for intensive care occupancy of coronavirus disease 2019 (COVID-19) patients are important in the current pandemic for strategic planning of patient allocation and avoidance of regional overcrowding. They are often trained entirely on retrospective infection and occupancy data, which can cause forecast uncertainty to grow exponentially with the forecast horizon. METHODOLOGY: We propose an alternative modeling approach in which the model is created largely independent of the occupancy data being simulated. The distribution of bed occupancies for patient cohorts is calculated directly from occupancy data from “sentinel clinics”. By coupling with infection scenarios, the prediction error is constrained by the error of the infection dynamics scenarios. The model allows systematic simulation of arbitrary infection scenarios, calculation of bed occupancy corridors, and sensitivity analyses with respect to protective measures. RESULTS: The model was based on hospital data and by adjusting only two parameters of data in the Aachen city region and Germany as a whole. Using the example of the simulation of the respective bed occupancy rates for Germany as a whole, the loading model for the calculation of occupancy corridors is demonstrated. The occupancy corridors form barriers for bed occupancy in the event that infection rates do not exceed specific thresholds. In addition, lockdown scenarios are simulated based on retrospective events. DISCUSSION: Our model demonstrates that a significant reduction in forecast uncertainty in occupancy forecasts is possible by selectively combining data from different sources. It allows arbitrary combination with infection dynamics models and scenarios, and thus can be used both for load forecasting and for sensitivity analyses for expected novel spreading and lockdown scenarios. Die SARS-CoV-2-Pandemie hat im Rahmen der ersten COVID-19-Welle im Frühjahr 2020 zu einer Spitzenbelastung der Intensivstationen mit mehr als 3500 COVID-19-Patienten im April 2020 geführt, die durch den ersten Lockdown bis Anfang Oktober 2020 auf niedriges Niveau zurückgeführt werden konnten. Der im Oktober einsetzende starke Anstieg der Infektionen führte zu einer zunehmenden Belastung der Intensivmedizin. Trotz der hohen Intensivbettenzahl drohen die Ressourcen im Winter 2020/2021 vollständig ausgelastet zu werden [1] . Im Hinblick auf eine Kapazitätssteuerung im deutschen Gesund-heitswesen ist eine Planung mithilfe von Prognosemodellen zum weiteren Verlauf der COVID-19-Infektionsdynamik essenziell. Hierbei spielt die Latenzzeit bis zum Auftreten der respiratorischen Insuffizienz und Intensivpflichtigkeit eine besondere Rolle. Integrierte Prognosemodelle für den Verlauf der Covid19-Infektion und die damit einhergehenden Belastungen für die Krankenversorgung auf Basis von SEIR(Susceptible -Exposed -Infected -Removed -Modelle)-Modellen [2] [3] [4] [5] [6] modellieren sowohl die Infektionsdynamik als auch die daraus resultierenden Belastungen in einem einheitlichen Modellsystem. Hierbei wird die Bevölkerungspopulation in Kompartimente eingeteilt mit jeweils homogener intrinsischer stochastischer Dynamik. Die Belegungen von Normalstationen, Intensivstationen sowie der Beatmungsplätze können jeweils als eigenständige Kompartimente integriert oder als separates Modell dargestellt werden. Das mittlere Verhalten des Systems wird durch gewöhnliche Differenzialgleichungen quantifiziert, deren Parametrisierung durch Anpassung an retrospektive Daten zur Infektionsdynamik und der Bettenbelegungssituation vorgenommen wird. Modelle vom SEIR-Typ weisen in einer Pandemiephase weit unterhalb der Herdenimmunität eine intrinsische exponentielle Instabilität des Lösungsverhaltens auf. Hierdurch resultieren Unsicherheiten im Gesamtmodell, die tendenziell exponentiell mit dem Prognosehorizont wachsen. Außerdem ist die Verknüpfung der Parametrisierung durch veränderte politische Rahmenbedingungen nicht explizit integriert, sondern muss aus Daten retrospektiv geschätzt werden, wodurch ein Zeitverzug resultiert. Netzwerkbasierte Modelle [7] , die das Kontaktverhalten der Bevölkerung explizit abbilden, sind in Deutschland wegen der unzulänglichen Datenlage nur sehr schwer zu parametrisieren. Daher schlagen wir ein Belastungsmodell vor, bei dem die Dynamik des Infektionsgeschehens explizit entkoppelt wird von der Modellierung der Bettenbelegungen und nur die zu erwartende Dynamik der Bettenbelegung bei vorgegebener Infektionsdynamik simuliert wird. Das Belastungsmodell ist dabei so ausgelegt, dass es die reale Verteilung der Bettenbelegungsdauern explizit erfasst und so auch atypische Verteilungen simulieren kann. Das Modell wird dabei bis auf wenige Parameter nicht mithilfe einer gegebenen Infektionsdynamik und zugehörigen Bettenbelegungen parametrisiert, sondern mithilfe von separat erhobenen Belegungsdaten aus "Sentinel"-Kliniken. Daher ist die Identifizierung des Belastungsmodells numerisch robust, d. h., kleine Veränderungen in den Parametern und den Infektionsdynamiken können qua Design keine zeit- Das Belastungsmodell geht von einer gegebenen Infektionsdynamik, u1(t), . . . um(t), aus mit ui(t) als der täglichen Infektionszahl der i-ten Altersgruppe im zu simulierenden Gebiet. ui(t) können aus Datenquellen, Prognosen oder Simulationen von Szenarien gewonnen werden. Der Kern des Modells ist die Quantifizierung des erwarteten zukünftigen Bettenbedarfs der Kategorie k (Hospitalisierung allgemein, Intensivbett, Intensivbett mit Beatmung) zum Zeitpunkt t für einen zum Zeitpunkt t ′ infizierten Patienten der Altersgruppe i quantifiziert durch die Belastungsfunktion B(t-t ′ ,k,i), B(t-t ′ ,k,i) = 0 für t < t ′ . Die Gesamtbelastung GB(t) des Gesundheitssystems der Kategorie k im zu simulierenden Gebiet zum Zeitpunkt t ist dann eine Faltung der Belastungsfunk-tion B(t-t ′ ,k,i) mit den Infektionszahlen uk(t): (1) Abweichungen δui(t ′ ) der Infektionsdynamik vom angenommenen Szenario ui(t) resultieren in einer Abweichung δGB(t): Die Hölder-Ungleichung garantiert, dass die resultierende Abweichung stets innerhalb eines Korridors von der Breite liegen muss. Das Modell erlaubt daher die Berechnung von Korridoren für maximale Ausschläge der Belastung in Abhängigkeit der Infektionsdynamik unabhängig von deren konkreter Realisierung. Die Berechnung der Belastungsfunktion B(t-t ′ ,k,i) aus gemessenen Belegungs-und Infektionsdaten mithilfe von Maximum-Likelihood-Verfahren aus der Modellgleichung Gl. 1 ist jedoch instabil. Daher schätzen wir die Belastungsfunktion B(t-t ′ ,k,i) direkt aus Belegungsdaten von "Sentinel"-Krankenhäusern. Da weder der Zeitpunkt der Infektion t ′ noch der genaue Zeitpunkt der Aufnahme auf die Intensivstation sowie der Beginn der Beatmung bekannt ist, muss im Modell für jede Bettenkategorie ein unbekannter Zeitverzug aus den Belegungsdaten für jede Bettenkategorie einzeln geschätzt werden. Hierfür wird die Belastungsfunktion B(t-t ′ ,k,i) approximiert werden durch wobei B ′ (tLoS,k,i) die Verteilung der Aufenthaltsdauer der Patienten in Bettenkategorie kist. S(taufnahme -t ′ ,k)istdie Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Zeitverzug zwischen Einweisung und Infektion und R(k,i) die Wahrscheinlichkeit für einen Bettenbedarf der Kategorie k für einen infizierten Patienten der Altersgruppe i. S wurde normalverteilt um te(k) mit einer Spannbreite von 7 Tagen angenommen. Da zwischen Infektion, Erfassung der Diagnose und Einweisung ein unbekannter Zeitverzug besteht, der außerdem zeitlich leicht schwanken kann, wird te(k) aus Belegungs-und Infektionsdaten mithilfe der Gl. 1 direkt geschätzt. Das Risiko R(k,i) wird approximiert als Produkt aus dem relativen Risiko der Altersgruppen Rrel(k,i) multipliziert mit einem von der Kategorie k abhängigen Gesamtrisikofaktor Rg(k): Rrel(k,i) wird aus der Verteilung der Altersgruppen in den "Sentinel"-Kliniken und der Altersverteilung der Infektionsdynamiken geschätzt. Das absolute Risiko Rg(k) für jede Bettenkategorie wird mit Gl. 1 aus der Infektions-und Bettenbelegungdynamik geschätzt. Für die Schätzung von Rg(k) und te(k) wird ein "least square fit" mit Kreuzvalidierung (80 % Trainingsdaten, 20 % Testdaten) verwendet, die te(k) und Rg(k) werden als Erwartungswert der in jedem Kreuzvalidierungslauf gefitteten Parameter berechnet. Als Modellun- Med Klin Intensivmed Notfmed https://doi.org/10.1007/s00063-021-00791-7 © Der/die Autor(en) 2021 Nationwide exposure model for COVID-19 intensive care unit admission Abstract Background. Forecasting models for intensive care occupancy of coronavirus disease 2019 (COVID-19) patients are important in the current pandemic for strategic planning of patient allocation and avoidance of regional overcrowding. They are often trained entirely on retrospective infection and occupancy data, which can cause forecast uncertainty to grow exponentially with the forecast horizon. Methodology. We propose an alternative modeling approach in which the model is created largely independent of the occupancy data being simulated. The distribution of bed occupancies for patient cohorts is calculated directly from occupancy data from "sentinel clinics". By coupling with infection scenarios, the prediction error is constrained by the error of the infection dynamics scenarios. The model allows systematic simulation of arbitrary infection scenarios, calculation of bed occupancy corridors, and sensitivity analyses with respect to protective measures. Results. The model was based on hospital data and by adjusting only two parameters of data in the Aachen city region and Germany as a whole. Using the example of the simulation of the respective bed occupancy rates for Germany as a whole, the loading model for the calculation of occupancy corridors is demonstrated. The occupancy corridors form barriers for bed occupancy in the event that infection rates do not exceed specific thresholds. In addition, lockdown scenarios are simulated based on retrospective events. Discussion. Our model demonstrates that a significant reduction in forecast uncertainty in occupancy forecasts is possible by selectively combining data from different sources. It allows arbitrary combination with infection dynamics models and scenarios, and thus can be used both for load forecasting and for sensitivity analyses for expected novel spreading and lockdown scenarios. Acute respiratory distress syndrome · ICU · Model · Scenario · Simulation sicherheit wird der Fehler im Testset angenommen. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. COVID-19 Simulator Modellierung und Vorhersage für die deutschen Bundesländer Modeling the spread of COVID-19 in Germany: early assessment and possible scenarios Modellierung von Beispielszenarien der SARS-CoV-2-Epidemie Joint analysis of duration of ventilation, length of intensive care, and mortality of COVID-19 patients: a multistate approach Inferring change points in the spread of Covid-19 reveals the effectiveness of interventions Impact of nonpharmaceutical interventions (NPIs) to reduce COVID-19 mortality and healthcare demand