key: cord-0754870-ln4sscbj authors: Seifried, Janna; Hoffmann, Alexandra; Reda, Sarah; Böttcher, Sindy; Abu Sin, Muna; Hofmann, Alexandra; Noll, Ines; von Laer, Anja; Reuss, Annicka; Oh, Djin-Ye; Albrecht, Stefan; Stern, Daniel; Willrich, Niklas; Staat, Doreen; Zacher, Benedikt; Schneider, Marc; Feig, Marcel; Nitsche, Andreas; Rieck, Thorsten; Rexroth, Ute; Eckmanns, Tim; Hamouda, Osamah title: Erfassung der Labortestungen auf SARS-CoV-2 in Deutschland date: 2021-04-15 journal: Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz DOI: 10.1007/s00103-021-03307-y sha: 39f3f9965cf42999399347f228652ffa6ae957c6 doc_id: 754870 cord_uid: ln4sscbj The collection of data on SARS-CoV‑2 tests is central to the assessment of the infection rate in the context of the COVID-19 pandemic. At the Robert Koch Institute (RKI), data collected from various laboratory data recording systems are consolidated. First, this article aims to exemplify significant aspects regarding test procedures. Subsequently the different systems for recording laboratory tests are described and test numbers from the RKI test laboratory query and the laboratory-based SARS-CoV‑2 surveillance as well as accounting data from the Association of Statutory Health Insurance Physicians for SARS-CoV‑2 laboratory tests are shown. Early in the pandemic, the RKI test laboratory query and the laboratory-based SARS-CoV‑2 surveillance became available and able to evaluate data on performed tests and test capacities. By recording the positive and negative test results, statements about the total number of tests and the proportion of positive test rates can be made. While the aggregate test numbers are largely representative nationwide, they are not always representative at the state and district level. The billing data of the Association of Statutory Health Insurance Physicians can complement the laboratory data afterwards. In addition, it can provide a retrospective assessment of the total number of SARS-CoV‑2 numbers in Germany, because the services provided by statutory health insurers (around 85% of the population in Germany) are included. The various laboratory data recording systems complement one another and the evaluations flow into the recommended measures for the pandemic response. Einleitung Die Erfassung von SARS-CoV-2-Testzahlen ist für die Einschätzung des Infektionsgeschehens im Rahmen der COVID-19-Pandemie zentral. Die Labordiagnostik spielt hierbei nicht nur eine wesentliche Rolle in der diagnostischen Abklärung von Verdachtsfällen, sondern auch für die Beurteilung der epidemiologischen Entwicklung und hinsichtlich Strategien zur Verlangsamung des aktuellen Geschehens in Deutschland [1, 2] . Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind bisher nur Fälle mit einer labordiagnostisch nachgewiesenen Infektion (direkter Erregernachweis, z. B. PCR, Virusanzucht oder Antigennachweis) meldepflichtig. Dies allein lässt keine Rückschlüsse auf die Gesamtzahl der Testungen zu. Die Gesamtzahl an durchgeführten Tests beeinflusst jedoch die Anzahl der täglich gemeldeten COVID-19-Fälle: Eine größere Anzahl an positiven Testungen führt in der Regel zu einer vollständigeren Erfassung von Erkrankungsfällen. Für eine genauere Einschätzung eines tatsächlichen Anstiegs von Infizierten ist neben der absoluten Anzahl insbesondere der Anteil positiv Getesteter innerhalb der Gesamtzahl von Testungen ausschlaggebend. Eine Meldepflicht, die die ne-Die Autorinnen J. Seifried und A. Hoffmann teilen sich die Erstautorinnenschaft. gativen Testergebnisse miteinschließt, würde eine vollerfassende Dokumentation der Testsituation in Deutschland ermöglichen. Mit Beginn der Pandemie mussten zum einen rasch diagnostische Verfahren zum Nachweis von SARS-CoV-2 in den Laboren etabliert werden. Zum anderen ist es für die Beurteilung der epidemiologischen Lage und Steuerung des Geschehens unerlässlich, Daten zu Testkapazitäten sowie differenzierte Daten zu Testungen und Testergebnissen zu erfassen. Am Robert Koch-Institut (RKI) wurden zeitnah neue Instrumente zur Datenerhebung geschaffen, bestehende Surveillance-Systeme ausgebaut und weitere Datenquellen genutzt, um entsprechend der hohen Dynamik des Geschehens rasch Aussagen über das Testgeschehen machen zu können. Es ist der engagierten Mitarbeit der Labore zu verdanken, dass Daten zu Testungen in Deutschland über verschiedene Übermittlungsformen zur Verfügung stehen. Im Folgenden werden für die epidemiologische Bewertung bedeutsame Aspekte der Diagnostik zum Nachweis von SARS-CoV-2 sowie die Systeme zur Erfassung der Testzahlen vorgestellt und diskutiert. Für eine labordiagnostische Untersuchung zur Klärung des Verdachts auf eine SARS-CoV-2-Infektion stehen für die Routinediagnostik in Deutschland 2 unterschiedliche Testverfahren für den direkten Erregernachweis zur Verfügung: PCR-Methoden mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAAT) und Antigentests. Der Nachweis von SARS-CoV-2 mittels Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) gilt als Goldstandard Die Herausgabe eines klinischen Befundes unterliegt einer fachkundigen Validierung und schließt im klinischen Setting die Anamnese und Differenzialdiagnosen ein. In der Regel werden nicht plausible Befunde in der Praxis durch Testwiederholung oder durch zusätzliche Testverfahren bestätigt bzw. verworfen [3] . Bei korrekter Durchführung der Tests und fachkundiger Beurteilung der Ergebnisse gehen wir demnach von einer sehr geringen Zahl falsch-positiver Befunde aus, die die Einschätzung der Lage nicht verfälscht [9] . Für die Erfassung der SARS-CoV-2-PCR-Testzahlen werden Daten von Universitätskliniken, Forschungseinrichtungen sowie klinischen und ambulanten Laboren zusammengeführt. Die Erfas-sung basiert auf einer freiwilligen Mitteilung der Labore und erfolgt über eine webbasierte Plattform (VOXCO, RKI-Testlaborabfrage) in Zusammenarbeit mit der am RKI etablierten Virologischen Surveillance am Nationalen Referenzzentrum für Influenzaviren und ZBS1 sowie der am RKI etablierten, laborbasierten Surveillance SARS-CoV-2 (eine Erweiterung der Antibiotika-Resistenz-Surveillance, ARS), dem Netzwerk für respiratorische Viren (RespVir) sowie der Abfrage eines labormedizinischen Berufsverbands. Bei den erhobenen Daten handelt es sich um eine freiwillige und keine verpflichtende Angabe der Labore, sodass eine Vollerfassung der in Deutschland durchgeführten PCR-Tests auf SARS-CoV-2 zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegt. Die hier veröffentlichten Daten liefern daher Hinweise zur aktuellen Situation in den Laboren, erlauben aber keine detaillierten oder regionalen Auswertungen sowie direkte Vergleiche mit den gemeldeten Fallzahlen [10] . Seit Beginn der Testungen in Deutschland bis einschließlich Kalenderwoche (KW) 8/2021 wurden bisher 45.114.160 PCR-Tests erfasst, davonwurden2.685.563 positiv auf SARS-CoV-2 getestet (Datenstand 03.03.2021; . Abb. 1). Bis einschließlich KW 8/2021 haben sich 259 Labore für die RKI-Testlaborabfrage oder in einem der anderen an der Erhebung beteiligten Netzwerke registriert und übermitteln ihre Daten nach Aufruf überwiegend wöchentlich. Da Labore die Tests der vergangenen Kalenderwochen nachmelden können, ist es möglich, dass sich die ermittelten Zahlen nachträglich ändern. Es ist zu beachten, dass die Zahl der Tests nicht mit der Zahl der getesteten Personen gleichzusetzen ist, da in den Angaben Mehrfachtestungen von Patienten enthalten sein können. Daher kann von dem in der Testzahlerfassung angegebenen Positivenanteil auch nicht unmittelbar auf die tatsächliche Prävalenz in der Bevölkerung geschlossen werden. Während die Testaktivität in der Umsetzung der nationalen Teststrategie gut abgebildet wird, sind für eine detaillierte Bewertung der Positivenanteile ergänzende Erfassungssysteme zurate zu ziehen (siehe z. B. die Bundesgesundheitsbl https://doi.org/10.1007/s00103-021-03307-y © Der/die Autor(en) 2021 The collection of data on SARS-CoV-2 tests is central to the assessment of the infection rate in the context of the COVID-19 pandemic. At the Robert Koch Institute (RKI), data collected from various laboratory data recording systems are consolidated. First, this article aims to exemplify significant aspects regarding test procedures. Subsequently the different systems for recording laboratory tests are described and test numbers from the RKI test laboratory query and the laboratorybased SARS-CoV-2 surveillance as well as accounting data from the Association of Statutory Health Insurance Physicians for SARS-CoV-2 laboratory tests are shown. Early in the pandemic, the RKI test laboratory query and the laboratory-based SARS-CoV-2 surveillance became available and able to evaluate data on performed tests and test capacities. By recording the positive and negative test results, statements about the total number of tests and the proportion of positive test rates can be made. While the aggregate test numbers are largely representative nationwide, they are not always representative at the state and district level. The billing data of the Association of Statutory Health Insurance Physicians can complement the laboratory data afterwards. In addition, it can provide a retrospective assessment of the total number of SARS-CoV-2 numbers in Germany, because the services provided by statutory health insurers (around 85% of the population in Germany) are included. The various laboratory data recording systems complement one another and the evaluations flow into the recommended measures for the pandemic response. Anteile positiver Testungen mit bis zu 24 % finden sich in der Altersgruppe der > 80-Jährigen, bei einer relativ konstanten Anzahl durchgeführter Testungen in dieser Altersgruppe (. Abb. 3). Daten zu serologischer Diagnostik liegen aktuell aus 37 Laboren vor, die Grundlage weiterer wissenschaftlicher Auswertungen sind. In Zusammenarbeit mit den Laboren werden weitergehende Anpassungen der laborbasierten Surveillance SARS-CoV-2 angestrebt, um z. B. auch die Dynamik des Auftretens von SARS-CoV-2-Varianten differenziert abbilden zu können. Bisher nicht veröffentlichte Auswertungen konnten zeigen, dass mit der laborbasierten Surveillance SARS-CoV-2 etwa 30-40 % aller bundesweit durchgeführten Testungen erfasst werden. Eine Limitation ist die regional sehr unterschiedliche Abdeckung und damit die Repräsentativität regionaler Daten auf Ebene der Bundesländer und Landkreise. Eine weitere Limitation der laborbasierten Surveillance SARS-CoV-2 sind die fehlenden klinischen Angaben zu den positiv getesteten Personen. Zwischen symptomatischen und asymptomatischen Personen kann nicht unterschieden werden, da die Surveillance SARS-CoV-2 eine laborbasierte Surveillance ist und klinische Angaben zur Person im Labor nicht vorliegen. Eine weitere Datenquelle zur Bewertung der Testzahlen bilden Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen in Deutschland. Hierzu werden abgerechnete Leistungen von SARS-CoV-2-Tests aus dem niedergelassenen Bereich ausgewertet. Neben der genaueren Abgrenzung eines reellen Anstiegs von Infizierten gegenüber einem generellen Anstieg der Testraten könnten hier für einzelne Bundesländer mithilfe zusätzlicher patienten-und wohnortbezogener Informationen stratifizierte epidemiologische Auswertungen vorgenommen und somit weitere Erkenntnisse gewonnen werden. Auch eine Einschätzung der abgerechneten Mittel, die für Testungen und die Betreuung von Verdachtsfällen im niedergelassenen Bereich aufgewendet wurden, ist in diesem Zusammenhang möglich. Seit dem 01.02.2020 ist die Testung auf eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2) eine über die Krankenversicherungen in Deutschland abrechenbare Leistung [13, 14] . Zusätzlich ist eine ärztliche Betreuung bei klinischem Verdacht gemäß der Falldefinition des RKI auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 oder einer nachgewiesenen Infektion bei der Abrechnung anzugeben [15] Da es sich bei der RKI-Testzahlerfassung um eine freiwillige Übermittlung der Daten durch die Labore handelt, stellt diese keine Vollerfassung der durchgeführten PCR-Tests auf SARS-CoV-2 dar. Durch die hohe Beteiligung der in mehreren Laborverbünden zusammengeschlossenen Labore und die Erfassung der Zahlen aller in der RKI-Testzahlerfassung genutzten Systeme ist eine weitgehende Repräsentativität auf Bundesebene gegeben. Dies ist auf Bundeslandebene und kleineren Ebenen jedoch nicht immer der Fall. Bei der Angabe des Positivenanteils pro KW ist zu beachten, dass der Anteil der positiven Testungen in den einzelnen Laboren von der Zusammensetzung der untersuchten Proben beeinflusst werden (Untersuchung von Ausbruchsproben, Reihentestung) und dementsprechend Schwankungen unterliegen kann [16] . Aufgrund der quartalsweisen Abrechnungsstrukturen können die Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen ausschließlich quartalsweise und nicht in kürzeren Perioden fortgeschrieben werden. Diese zeitlich eingeschränkte Datenverfügbarkeit steht einer zeitnahen Bewertung der Testund Fallzahlen entgegen. Eine weitere Limitation ist die fehlende direkte Zu-ordnung zum Wohnsitz der Patienten: Es findet lediglich eine Zuordnung zur abrechnenden KV-Region statt. Für die Erkrankungsfälle ist dies weniger problematisch als für die abgerechneten Tests. Laborpraxen rechnen ihre Leistungen im Bereich ihrer KV-Region (Standort des Labors/Sitz der Praxis) ab, aber erhalten über die KV-Grenzen hinaus Proben. Daher haben diese Daten nur einen schwachen regionalen Bezug zum Patienten. Die Erhebung von Daten zu Testungen von SARS-CoV-2 durch verschiedene Surveillance-Systeme und Instrumente stellt für alle an der Datenbereitstellung und -verarbeitung Beteiligten einen hohen personellen und technischen Aufwand dar. Die Daten aus allen Systemen werden zum einen für bestimmte Fragestellungen am RKI zusammengeführt und abgeglichen, zum anderen hat jedes System Stärken für die Beantwortung spezifischer Fragen. Somit stellen die sich ergänzenden Surveillance-Systeme eine Bereicherung und wichtige Säule für die Beurteilung und Steuerung der Maßnahmen zur Pandemiebewältigung dar. Eine Integration der negativen SARS-CoV-2-PCR-Tests in die elektronische Meldepflicht würde dies erleichtern und gleichzeitig ein umfassenderes Bild der Umsetzung der Teststrategie ermöglichen. Abteilung für Infektionsepidemiologie, Robert Koch-Institut Seestraße 10, 13353 Berlin, Deutschland HamoudaO@rki.de Danksagung. Es ist dem hohen Engagement der Labore zu verdanken, dass früh differenzierte Daten zu den für die Steuerung der Pandemie wichtigen Labortestungen zur Verfügung standen. Das RKI möchte sich an dieser Stelle bei allen an der laborbasierten Surveillance SARS-CoV-2 oder einer der Abfragen teilnehmenden Laboren für ihre Unterstützung sowie bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Testlabore für ihren Einsatz bedanken. Dank gilt außerdem allen Kassenärztlichen Vereinigungen für die Bereitstellung der Abrechnungsdaten. Funding. Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Erfassung der SARS-CoV-2-Testzahlen in Deutschland (Stand 30 Abu Sin M (2020) Laborbasierte Surveillance SARS-CoV-2 Hinweise zur Testung von Patienten auf Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 Was ist bei Antigentests zur Eigenanwendung (Selbsttests) zum Nachweis von SARS-CoV-2 zu beachten Erfassung der SARS-CoV-2-Testzahlen in Deutschland (Stand 16.9.2020) Aktueller Lage-/ Situationsbericht des RKI zu COVID-19 Wochenberichte der SARS-CoV-2 Surveillance Kassenärztliche Bundesvereinigung (2020) Coronavirus: Informationen für Ärzte, Psychotherapeuten und Praxisteams Kassenärztliche Bundesvereinigung (2020) Praxisnachrichten. Corona-Warn-App: Neue EBM-Leistung auch bei Gespräch berechnungsfähig Kassenärztliche Bundesvereinigung (2020) Praxisnachrichten. Zusätzliches Honorar für Corona-Patienten: Neues Verfahren zur Kennzeichnung der Leistungen ab 1. April Erfassung der SARS-CoV-2-Testzahlen in Deutschland