key: cord-0741000-jn87v3gd authors: Gesierich, Wolfgang title: COVID-19: Mehr als nur eine virale Pneumonie? date: 2020-07-14 journal: Pneumo News DOI: 10.1007/s15033-020-1860-z sha: 27f371ee3511383aaaca32fb591907ab52e377f9 doc_id: 741000 cord_uid: jn87v3gd nan Das PMCT zeigte eine Kombination von retikulären Infiltraten und dichten Konsolidierungen ohne relevante vorbestehende Pathologie (wie Emphysem oder Tumor). Die makroskopischen Befunde der Autopsie ergaben in 4 Fällen massive Lungenembolien als Todesursache mit einer Emboliequelle in den tiefen Beinvenen. Bei weiteren 3 Fällen fand sich eine tiefe Beinvenenthrombose ohne Lungenembolie. Bei 6 der 9 Männer zeigten sich frische Thrombosen im venösen Plexus der Prostata. Die histopathologische Aufarbeitung der Lunge ergab in 8 Fällen das Muster eines diffusen Alveolarschadens ("diffuse alveolar damage", DAD) mit lymphozytären Infiltraten vereinbar mit der viralen Pathogenese. In 4 Fällen fand sich kein DAD, es zeigte sich hingegen eine extensive granulozytäre Infiltration der Alveolen und Bronchiolen vereinbar mit einer bakteriellen Pneumonie. Bei allen Patienten wurden Mikrothromben in den kleinen Arterien der Lunge gefunden, aber nicht in anderen Organen. Auch extrapulmonal ergaben sich Befunde vereinbar mit der viralen Infektion: häufig zeigten sich lymphozytäre Infiltrate der Pharynxschleimhaut, bei einem Patienten fand sich eine lymphozytäre Myokarditis. Außerdem fanden sich die histopathologischen Veränderungen der bekannten präexistenten Erkrankungen. Die quantitative PCR auf SARS-CoV-2-RNA zeigte eine hohe Viruslast in der Lunge bei allen Patienten und im Pharynx bei 9 Patienten. 6 Patienten hatten eine moderate Virämie, bei diesen ließ sich das Virus in Konzentrationen oberhalb der Virämie auch in anderen Organen (Herz, Leber, Nieren) nachweisen. Patienten ohne Virämie hatten keine oder nur eine geringe Viruslast in anderen Organen. Die Mechanismen der Koagulopathie sind noch ungenügend bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Kombination aus einem Endothelschaden durch direkte Virusinfektion der Endothelzellen (Endotheliitis) [1] und prokoagulatorischen Effekten der systemischen Inflammation und des damit einhergehenden Zytokinsturms. Korrelierend zu den hier vorgelegten histopathologischen Befunden ergeben klinische Studien, dass Marker einer Koagulopathie, insbesondere relevant erhöhte D-Dimere ein Risikofaktor für Mortalität bei COVID-19 darstellen [2] . Ebenso gibt es erste Hinweise auf eine Reduktion der Sterblichkeit durch prophylaktische Antikoagulation mit niedermolekularen Heparinen [3] . Die Evidenz in dieser Hinsicht ist noch gering und viele Fragen sind offen, aber die Pandemie zwingt uns zu handeln. Daher gibt es bereits erste Empfehlungen von Fachgesellschaften [4, 5] . Bei allen stationär behandelten Patienten mit COVID-19 wird eine Antikoagulation mit LMW-Heparin in prophylaktischer Dosierung empfohlen, sofern keine Kontraindikationen bestehen. Wichtig ist im Weiteren eine Risikostratifizierung und besondere Wachsamkeit gegenüber der Ausbildung thromboembolischer Ereignisse. Neben den labordiagnostischen Markern der Koagulopathie, insbesondere den D-Dimeren können die CT-Diagnostik, das Monitoring des rechtskardialen Spitzendrucks mittels Echokardiografie und die Duplexsonografie der Beinvenen herangezogen werden. Besonders bei Ausbildung einer kritischen respiratorischen Insuffizienz muss die Möglichkeit einer begleitenden Lungenembolie dringend in Betracht gezogen werden. Für eine Antikoagulation in therapeutischer Dosis zur Prophylaxe gibt es bisher keine Evidenz. Spätestens bei Nachweis einer Thromboembolie muss die Therapieintensität aber entsprechend gesteigert werden. Bei kritisch kranken Patienten kommt hierfür auch unfraktioniertes Heparin infrage. Zur Sekundärprophylaxe eignen sich direkte orale Antikoagulanzien (DOAK), wobei es für die Therapiedauer noch keine Evidenz gibt. Ein interessanter Nebenaspekt der Studie ist die quantitative virologische Diagnostik: auch post mortem finden sich die höchsten Viruskonzentrationen in der Lunge und der Rachenschleimhaut. Über die Blutbahn kann sich das Virus offensichtlich im Körper ausbreiten und möglicherweise andere Organe infizieren. Die PCR alleine ist allerdings noch kein Beweis dafür, dass das Multiorganversagen durch direkte Virusinfektion von extrapulmonalen Organen bedingt ist, da die Methode nicht zwischen vollständigen, replikationsfähigen Viruspartikeln und RNA-Fragmenten unterscheiden kann. Größere Autopsieserien müssen den direkten Effekt der Virusinfektion auf andere Organe noch klären. Endothelial cell infection and endotheliitis in COVID-19 Abnormal coagulation parameters are associated with poor prognosis in patients with novel coronavirus pneumonia Anticoagulant treatment is associated with decreased mortality in severe coronavirus disease 2019 patients with coagulopathy ISTH interim guidance on recognition and management of coagulopathy in COVID-19 COVID-19 and Thrombotic or Thromboembolic Disease: Implications for Prevention, Antithrombotic Therapy, and Follow-up