key: cord-0738177-o9sng03j authors: Dembinski, Rolf title: Respiratorische Unterstützung bei COVID-19: alles zu seiner Zeit! date: 2022-05-04 journal: Anaesthesist DOI: 10.1007/s00101-022-01123-w sha: b3c98287f24db7f24aec5a0143e2cc56fe94b53a doc_id: 738177 cord_uid: o9sng03j nan Zwei Jahre "coronavirus disease 2019" (COVID-19) haben Spuren hinterlassen, auch in der Wissenschaft. Dies gilt insbesondere für die Erforschung antiinfektiver Therapieansätze und den differenzierten Einsatz maschineller Beatmung. Als Grundlage für die Untersuchung beider Aspekte der Infektion mit dem "severe acute respiratory syndrome coronavirus 2" (SARS CoV-2) konnte auf langjähriger Forschungsarbeit und fundierten Erkenntnissen zu pathophysiologischen Mechanismen und möglichen Therapiestrategien aufgebaut werden. Und doch macht es den Eindruck, als hätte die SARS-CoV-2-Pandemie die Intensität der wissenschaftlichen Arbeit auf diesen Gebieten noch einmal wie ein Katalysator beschleunigt: In kürzester Zeit gelang es, große randomisierte, kontrollierte Studien zur Evaluation verschiedenster antiinflammatorischer und antiviraler Medikamente zu planen, durchzuführen und zu veröffentlichen sowie vielversprechende Substanzen umgehend für den klinischen Einsatz zuzulassen. Eine ähnliche Intensivierung der Forschungsaktivität lässt sich für die Evaluation von Beatmungsstrategien erkennen: Etliche prospektive klinische Studien haben sich in den letzten beiden Jahren diesem Thema gewidmet. Für den Einsatz nichtinvasiver respiratorischer Unterstützungsmethoden wie der High-Flow-Sauerstofftherapie und der nichtinvasiven Beatmung bedeutet dies, dass unter den heutzutage möglichen, suffizienten Schutzmaßnahmen für das betreuende Personal ein Einsatz bei milder bis moderater Hypoxämie gerechtfertigt erscheint. Insbesondere bei geringer Ausprägung von Atelektasen ist der Einsatz dieser Methoden, deren Rekrutierungseffekt begrenzt ist, zu empfehlen. Um die Vorteile, die mit der Vermeidung einer Intubation verbunden sind, möglichst weitgehend ausnutzen zu können, wurde das bereits vor Beginn der Pandemie diskutierte Konzept der Bauchlagerung unter nichtinvasiver respiratorischer Unterstützung auch beim COVID-ARDS mit Erfolg eingesetzt. Natürlich setzt diese Strategie eine gute Führbarkeit des Patienten und eine engmaschige Überwachung voraus. Eine wichtige Limitation der erhaltenen Spontanatmungsaktivität und damit sowohl der nichtinvasivenUnterstützungsverfahren als auch der invasiven Beatmung stellt die Gefahr der Lungenschädigung durch hohen Atemantrieb mit konsekutiv hohem transpulmonalen Druck dar. Dieses pathophysiologische Konzept der "patient self-inflicted lung injury" wurde bereits vor der Pandemie propagiert und weiterentwickelt, scheint jedoch beim COVID-ARDS von besonderer Bedeutung zu sein, da die resultierende Gefahr einer Lungenfibrosierung bereits durch einen profibrotischen Effekt des SARS-CoV-2 selbst erhöht zu sein scheint [4] . Eine Annäherung an das Ausmaß des transpulmonalen Drucks erlaubt dessen Kalkulation mithilfe einer Ösophagusdrucksonde zur Messung des Pleuradrucks. » Individualisierung der Therapie und Ausrichtung an aktuellen Gegebenheiten gewinnen an Gewicht Entsprechend den zeitlich unterschiedlichen pathophysiologischen Befunden beim COVID-ARDS hat sich auch für die Einstellung der invasiven Beatmung ein pragmatisches Vorgehen durchgesetzt. So muss sich die Richtschnur z. B. bei der Einstellung des "positive end-expiratory pressure" (PEEP) nicht an starren Konzepten, sondern vielmehr an den aktuellen Gegebenheiten orientieren. Auch hier ist daher die Diagnostik zur Evaluation des Rekrutierungspotenzials von größter Wichtigkeit. Zusammenfassend belegendiehier von Frau Dr. Schröder et al. dargestellten aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse eindeutig, dass die Grundregeln für den Einsatz von respiratorischen Unterstützungsverfahren auch beim COVID-ARDS gelten. Wie beim Non-COVID-ARDS hat auch hier jedes Verfahren seinen Stellenwert, wenn es im Sinne eines Stufenschemas in der richtigen Situation zur richtigen Zeit eingesetzt wird. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung ist eindeutig die engmaschige Diagnostik der pathophysiologischen Situation. Damit gewinnt die Individualisierung der Therapie zunehmend an Gewicht. Eine nicht ganz neue Erkenntnis, die aber mit den nun vorliegenden Daten zum COVID-ARDS zusätzliche Bedeutung erlangt [5] . Glücklicherweise haben sich die Befürchtungen einer im Vergleich zum Non-COVID-ARDS massiv erhöhten Letalität des COVID-ARDS nicht bestätigt. Es darf angenommen werden, dass genau diese Individualisierung der Therapie, wie sie sich zunehmend durchsetzt, hierfür mitverantwortlich ist. Nicht-invasive respiratorische Unterstützung und invasive Beatmung bei COVID-19: Wo stehen wir heute? Anaesthesist Clinical course and outcomes of critically ill patients with SARS-CoV-2 pneumonia in Wuhan, China: a single-centered, retrospective, observational study COVID-19 pneumonia: ARDS or not? SARS-CoV-2 infection triggers profibrotic macrophage responses and lung fibrosis Isn't it time to abandon ARDS? The COVID-19 lesson