key: cord-0735649-0th2lahb authors: Boss, Kristina; Woywodt, Alexander; Kribben, Andreas; Mülling, Nils; Becker, Stefan title: Digitale Nephrologie: Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven 2021 date: 2021-01-05 journal: Nephrologe DOI: 10.1007/s11560-020-00478-8 sha: dac46bbd8790c59b03bdbfbb024b92fa1581f63d doc_id: 735649 cord_uid: 0th2lahb nan Im Bereich der Dialyse bietet die Telemedizin innovative Konzepte sowohl für Heimdialyseverfahren als auch für die Zentrumsdialyse. Die Heimhämodialyse hat klare Vorteile gegenüber der zentrumsinternen Behandlung in Bezug auf Flexibilität, Lebensqualität und Kosten [3] , während ein Überlebensvorteil weiterhin schwer nachzuweisen ist [4] . In der Peritonealdialyse als klassischem Heimdialyseverfahren wurden in den letzten 20 Jahren immer wieder neue telemedi-zinische Ansätze vorgestellt, die sich vielfach aber nicht in die Regelversorgung durchsetzten. Dabei war es zunächst die Absicht, die Betreuung von Patienten in entlegenen Gebieten bei klarer Assoziation zwischen der Entfernung zum Dialysezentrum und der Mortalität zu verbessern [39] . Neue Impulse haben sich durch die Einführung von Sharesource (Baxter) und theHub (Fresenius Medical Care) ergeben [41] . Sharesource erlaubt es, Behandlungsdaten unmittelbar in einer Cloud zu hinterlegen, die durch das Behandlungsteam eingesehenund verändert werden können. Dadurch ergaben sich signifikant mehr präemptive Konsultationen sowie eine deutlich häufigere Anpassung des Dialyseregimes. Zudem führte das sog. Remote Patient Monitoring (RPM) zu einer größeren Adhärenz [40] . In weiteren Studien ist nun zu untersuchen, ob dadurch auch Peritonitisund Hospitalisierungsraten gesenkt werden können. Im [30] . Darüber hinaus gibt es zunehmend App-Entwicklungen, die gezielt Lösungen für einzelne Patientenkollektive anbieten. So gaben Dialysepatienten in Japan nach Nutzung einer solchen App an, dass diese ihnen helfe, auf ihr Trockengewicht und eine kalium-und phosphatarme Ernährung zu achten [31] . Die Fallzahlen solcher Untersuchungen sind aktuell aber noch zu gering, um belastbare Schlussfolgerungen zu erlauben. Auch sind die Patientenerfahrungen mit diesen Apps nicht immer positiv, v. a. in Bezug auf nutzerfreundliches Design [32] . Eine aktuelle amerikanische Studie hat in diesem Zusammenhang einen weiteren wichtigen Aspekt der Thematik beleuchtet: die Korrelation von App-Bewertungen zwischen Patienten und Nephrologen. Dabei zeigte sich, dass sich die Bewertung von 28 derzeit häufig genutzten Apps z. T. erheblich zwischen Patienten und Behandlern unterschied [33] . Zur Etablierung der Telemedizin im medizinischen Alltag ist die Umsetzung verschiedener technischer und rechtlicher Aspekte notwendig. Dazu ist beispielsweise die Interoperabilität technischer Geräte notwendig, um einen effizienten Datentransfer herzustellen. Allerdings gibt es noch keine internationalen Standards zur Schnittstellenkompatibilität, sodass für die Anwender hohe Anschaffungskosten entstehen können, die zudem auch eine Herstellerbindung bedingen. Darüber hinaus müssen im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes hohe Standards an IT-Sicherheit erfüllt werden. Gleichzeitig gibt es im Bereich des Datenschutzes sich aktuell überschneidende Rechtsvorschriften, was die Erhebung und Weiterleitung personenbezogener Daten anbelangt, z. B. zwischen der Datenschutzgrundverordnung und dem Medizinproduktegesetz [37, 38] . Ein weiteres fundamentales Problem ist mit dem Begriff "digital divide" ver-bunden. Ursprünglich beschreibt dieser Begriff einen ungleichen Zugang zu digitaler Technologie, oft verursacht durch mangelnde finanzielle Mittel. Mittlerweile wird der Begriff jedoch weiter interpretiert und umfasst auch mangelnde IT-Kompetenz und andere Faktoren [44] . Die COVID-19-Pandemie hat dabei auch gezeigt, dass die "digital divide" keinstatisches Konstrukt ist. So stellte sich bei Einführung der NHS-anywhere™-Plattform für Videosprechstunden heraus, dass ein erstaunlicher Anteil der Patienten im Alter von 80 bis 90 Jahren nun über Tablets verfügt. Diese sind typischerweise zu Beginn der Pandemie beschafft worden, um den Kontakt zwischen der jüngeren Generation und den örtlich und sozial isolierten Älteren zu halten. Statt über die politischen und sozialen Wurzeln der "digital divide" nachzudenken, sollten Kliniker und Zentren vielleicht diskutieren, wie Patienten mit niedriger IT-Kompetenz unterstützt werden können, sodass sie in gleichem Maße von neuer Technologie profitieren können. Es hat uns im Laufe der Pandemie sehr überrascht, wie viele unserer alten und nicht IT-kompetenten Patienten mit ein wenig Hilfe (z. B. durch Anwesenheit von Nachbarn oder Angehörigen) an Videokonsultationen teilnehmen konnten. Die Weiterentwicklung der digitalen Nephrologie im nächsten Jahrzehnt wird wesentlich durch die Innovationen in 2 Kernbereichen bestimmt werden: Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) und Integration von Smartphone-Apps in die Arzt-Patienten-Beziehung. Vielversprechende Beispiele für den Einsatz von Deep Learning in der Nephrologie sind z. B. die Bildverarbeitung zur Bestimmung des Nierenvolumens bei ADPKD(autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung)-Patienten [34] oder in der Nephropathologie [35] . Auch die Ergebnisse der ANEMEX-Studie zum Einsatz eines Algorithmus mit Erythopoetindosierungsempfehlungen dürften interessante Impulse geben [36] . Ein weiteres Feld mit potenziell erheblicher Zukunftsperspektive ist das Gebiet der "wearables". Ob und wie weit sich diese Technologie im klinischen Alltag durchsetzen wird, ist derzeit vollkommen spekulativ. Die Technologie für solche Anwendungen ist zum Teil bereits vorhanden, wenngleich nicht kommerziell verfügbar. So beschrieben Fallahzadeh und Kollegen ein Smart-Sock-Device, welches telemedizinisches Monitoring peripherer Ödeme erlaubt [45] . Abgesehen von den Kosten, muss man sich auch fragen, ob Patienten so eine Technologie daheim wirklich akzeptieren und als angenehm empfinden würden. Telemedizinische Blutdruckmessung ist ebenfalls beschrieben [46] . Technologie zur Auswertung des Urinstix via Smartphone ist bereits kommerziell erhältlich und hat sich zur Verlaufskontrolle bei Glomerulonephritis während der COVID-19-Pandemie als ausgesprochen hilfreich erwiesen ( [47] ; . Abb. 1). Im Verlauf der Pandemie haben sich bei allem Enthusiasmus für Telemedizin und virtuelle Sprechstunden aber auch neue Probleme gezeigt: Aus unserer Erfahrung funktionieren z. B. Videokonsultationen sehr gut, wenn sich Arzt und Patient bereits lange kennen und vertrauen. Sie funktionieren allerdings kaum bei Neuvorstellungen oder Verlaufskontrollen bei Patienten, die man nur selten betreut hat. Ebenso unerwartet waren die positiven Auswirkungen auf Sprechstundenplanung und Arbeitsablauf im Lancashire Teaching Hospital: So ist das traditionelle Sprechstundenmodell zum Teil durcheine sehrflexible Videosprechstunde ersetzt worden, bei der Verfügbarkeit von Raum, Termin und Assistenzpersonal letztlich großenteils irrelevant werden. Insgesamtsind somitdie telemedizinischen Entwicklungen in der Nephrologie vielversprechend und werden vielleicht auch gerade durch die aktuelle COVID-19-Pandemie schneller voranschreiten. Die langfristigen Auswirkungen sind dabei schwer zu erfassen. Man muss aber annehmen, dass in der nächsten Dekade solche Technologien in zunehmendem Ausmaß genutzt oder nachgefragt werden. Kliniker sollten reflektieren, was dieser Trend langfristig bedeutet. 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