key: cord-0705733-5r1z6skf authors: Friebe, D.; Fischer, M.; Giesche, F.; Füzéki, E.; Banzer, W. title: Auswirkungen des COVID-19-Lockdowns auf physische Leistungsparameter im professionellen Fußball: Eine narrative Literaturübersicht date: 2022-01-24 journal: Zentralbl Arbeitsmed Arbeitsschutz Ergon DOI: 10.1007/s40664-022-00455-z sha: 71cb8f7c9f82371d3c613946d10b06d2df952f74 doc_id: 705733 cord_uid: 5r1z6skf BACKGROUND: Governmental measures in 2020 to contain the severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2 (SARS-CoV-2) brought training and competition in professional soccer to a temporary halt in many countries. As a result of the lockdown, training possibilities were mostly limited to nonspecific home-based training methods. It is unclear whether the lack of sport-specific stimuli led to a reduction in the physical performance of soccer players. METHODS: For the narrative review, the PubMed, Google Scholar and BISp-Surf databases were selectively searched for studies examining the effects of the lockdown on physical performance parameters in adult professional soccer players. RESULTS: In this review six prospective longitudinal studies were included. In all studies home-based training was performed during quarantine. Of the studies four compared the performance of the soccer players with data from previous seasons and two studies assessed the performance of players immediately before and after the lockdown period. DISCUSSION: While general strength and endurance performances can be maintained through home-based substitute training programs, the studies indicated that the lack of football-specific stimuli could have an impact on the rapid power and speed performances of soccer players. Progressive loading control especially for speed training should be considered when returning to regular training in order to reduce the risk of injuries. Die hochinfektiöse Coronaviruserkrankung 2019 (COVID-19) hat sich im Frühjahr 2020 zu einer weltweiten Pandemie entwickelt [23] . Da zu diesem Zeitpunkt weder ein wirksamer präventiver Impfstoff noch geeignete Pharmazeutika zur Verfügung standen, kamen in vielen Ländern Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens (Hygieneregeln, Kontakteinschränkungen, soziale Distanzierung, Isolation und Quarantäne) zum Einsatz, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen [15] . Im Breiten-und Freizeitsport führten die staatlich verordneten Maßnahmen zur Schließung von Vereins-und Trainingsstätten [11, 18] . Im professionellen Fußball kam es in Folge zu Verschiebungen, Unterbrechungen und teilweise sogar zu vollständigen Ausfällen von nationalen und internationalen Spielen [2] . Durch die räumlichen Einschränkungen war auch ein strukturiertes und sportspezifisches Training zeitweise nur bedingt oder gar nicht möglich. Als Alternative führten die Fußballspielenden in der Regel Heimtrainingsprogramme durch, welche sich zumeist aus Kraftund Ausdauermethoden zusammensetzten. Die fehlenden oder eingeschränkten sportartspezifischen trainings-und wettkampfassoziierten Belastungsreize im Heimtraining könnten zu negativen physiologischen Anpassungen, sog. Detraining-Effekten [4, 14] , der Sporttreibenden führen. Bei der Rückkehr in den regulären Trainings-und Wettkampfbetrieb könnten diese Detraining-Anpassungen die Spielenden einem erhöhten Verletzungsrisiko aussetzen [4] . Hinweise darauf liefern u. a. Daten aus der National Football League. Dort kam es im Jahr 2011 streikbedingt (Lockout) über mehrere Monate zu Abweichungen des regulären Trainings-und Spielbetriebs. In dieser Zeit wurde ein Anstieg der Inzidenz von Achillessehnenverletzungen beobachtet [14] . Die Auswirkungen des COVID-19-Lockdowns auf die körperliche Leistungsfähigkeit von professionellen Fuß-ballspielenden sind bislang noch wenig erforscht. Gemäß den Prognosen mathematischer Modellierungsstudien könnte es im Zusammenhang mit dem Coronavirus bis 2022 jedoch zu erneuten zeitweiligen Einschränkungen des sozialen und öffentlichen Lebens kommen [12] . Eine strukturierte Zusammenstellung der bisherigen Befundlage zu den Auswirkungen derartiger Lockdownperioden auf fußballspezifische Leistungsparameter könnten daher wichtige Potenziale für die inhaltliche Trainingsund Belastungssteuerung während oder nach einem erneuten Lockdown bieten und den Fußballspielenden eine möglichst sichere Wiederaufnahme ihrer Spiel-und Wettkampfaktivität ermöglichen [17] . Aufgrund des narrativen Charakters der vorliegenden Arbeit wurde keine systematische Bewertung der methodischen Qualität der eingeschlossenen Studien durchgeführt. In die narrative Übersichtsarbeit wurden 6 Studien eingeschlossen. Vier Studien [6, 7, 10, 20] Background. Governmental measures in 2020 to contain the severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2 (SARS-CoV-2) brought training and competition in professional soccer to a temporary halt in many countries. As a result of the lockdown, training possibilities were mostly limited to nonspecific home-based training methods. It is unclear whether the lack of sport-specific stimuli led to a reduction in the physical performance of soccer players. Methods. For the narrative review, the PubMed, Google Scholar and BISp-Surf databases were selectively searched for studies examining the effects of the lockdown on physical performance parameters in adult professional soccer players. Results. In this review six prospective longitudinal studies were included. In all studies home-based training was performed during quarantine. Of the studies four compared the performance of the soccer players with data from previous seasons and two studies assessed the performance of players immediately before and after the lockdown period. Discussion. While general strength and endurance performances can be maintained through home-based substitute training programs, the studies indicated that the lack of football-specific stimuli could have an impact on the rapid power and speed performances of soccer players. Progressive loading control especially for speed training should be considered when returning to regular training in order to reduce the risk of injuries. Coronavirus · Detraining · Elite football · Performance · Hometraining Zwei der eingeschlossenen Untersuchungen [10, 16] Fünf Studien [1, 7, 10, 16, 20] untersuchten den Effekt des Lockdowns auf Parameter der Schnelligkeits-bzw. Schnellkraftleistung. Im Rahmen der Untersuchung von Albuquerque Freire et al. [1] zeigten die Spieler beim YOYO-Test eine signifikante Reduktion der maximalen Laufgeschwindigkeit (p = 0,021), der durchschnittlichen Laufgeschwindigkeit (p = 0,019), der Anzahl an Beschleunigungen (p = 0,03) sowie der Abbremsmanöver (p = 0,05). Weiterhin konnten Rampinini et al. [20] eine Reduktion der Leistung im Counter Movement Jump feststellen. Verglichen mit der regulären Saisonpause, führte die COVID-19-bedingte Quarantäne bei den 15 Fußballspielern zu einem signifikant geringeren absoluten und relativen maximalen Power-Output (p < 0,001). Hinsichtlich der Sprunghöhe konnte kein Unterschied festgestellt werden (p > 0,05). Auch in der Untersuchung von Grazioli et al. [10] führte die Lockdownperiode verglichen mit der regulären Saisonpause zu einer signifikanten Leistungs-reduktion innerhalb mehrerer Schnelligkeitsparameter bei 23 männlichen Fußballspielern. Im Anschluss an die häusliche Quarantäne zeigte sich eine reduzierte Leistungsfähigkeit innerhalb der 10und 20-m-Sprints (p < 0,001) sowie des Counter Movement Jumps (p = 0,006). Hinsichtlich des Squat Jumps zeigten sich keine Differenzen zwischen den Messzeitpunkten (p > 0,05). Cohen et al. [7] Konträr zu den Ergebnissen der übrigen Studien wiesen die Profifußballerinnen in der Untersuchung von Pedersen et al. [16] keine Veränderung der Counter Movement Jump-Höhe (p = 0,09) und der 15-m-Sprintzeit (p = 0,52) in Folge der Lockdownperiode auf. Die vorliegende Übersichtsarbeit untersuchte die Auswirkungen des ersten COVID-19-Lockdowns auf zentrale physische Leistungsdeterminanten (Ausdauer-, Kraft-sowie Schnelligkeitsfähigkeit [22] ) im Fußball bei professionellen, erwachsenen Spieler/innen. Den Resultaten zufolge scheint sich ein fußballunspezifischeres Ersatztraining während des COVID-19-Lockdowns weniger stark auf die Ausdauer-und allgemeine Kraftleistungsfähigkeit als auf die Schnelligkeits-bzw. Schnellkraftleistung auszuwirken. Die Ausdauer-und Kraftleistung konnte über die Lockdownperiode weitestgehend aufrechterhalten oder teilweise sogar verbessert werden. Potenziellen Detraining-Effekten der Ausdauerleistungsfähigkeit, die bereits nach 3 Wochen auftreten können [5, 8] , scheint demnach mittels fußballunspezifischer heimbasierter Trainingsprogramme mit moderaten Intensitäten (z. B. Ergometeroder Laufbandeinheiten; [1, 6, 20] ) sowie zyklischen Ganzkörperübungen ( [1, 6] ; z. B. Jumping-Jacks, Burpees, Sprünge) während der Lockdownperiode entgegengewirkt werden zu können. Ähnliches zeigt sich auch in Bezug auf die allgemeine Kraftfähigkeit von trainierten Sportler/-innen, welche gemäß Literatur über einen ähnlich langen trainingsfreien Zeitraum erhalten werden kann [13] . Erst nach einem Zeitfenster von ca. 3 Wochen scheinen negative Adaptionen hinsichtlich Muskelmasse, -struktur und -kraft aufzutreten. Zwar erstreckten sich die staatlichen Maßnahmen zur Reduzierung des COVID-19-Infektionsgeschehens in vielen Ländern über diesen Zeitraum hinaus, jedoch scheinen die angewandten heimbasier-tenÜbungenmiteigenem Körpergewicht und Widerstandsbändern ausreichend, um die Kraftfähigkeit der professionellen Fußballspielenden zu erhalten [10, 16] . Im Gegensatz dazu zeigten die meisten Studien eine herabgesetzte Schnelligkeitsleistungsfähigkeit der Fußballspielenden in Folge der Lockdownperiode während Sprint-und Sprungtests [1, 20] . Durch die räumlichen und organisatorischen Einschränkungen im Rahmen der staatlich angeordneten COVID-19-Quarantäne in vielen südamerikanischen Ländern [1, 11] sowie in Italien [20] bestand das Training in diesen 3 Untersuchungen lediglich aus sportartunspezifischen heimbasierten Ausdauer-und Krafteinheiten. Übungen mit maximaler neuromuskulärer Ansteuerung, wie sie in Fußballspielen etwa in Form von Sprints, Sprüngen oder Schüssen vorkommen, waren in dieser Zeit nur sehr eingeschränkt oder gar nicht möglich. Frühere Untersuchungen zeigen, dass mit der Schnell-und Reaktivkraftleistung assoziierte Strukturen (z. B. Sehnen) bereits nach 2 Wochen mit negativen Adaptionen auf fehlende Trainingsreize reagieren, woraus eine herabgesetzte Leistungsfähigkeit resultieren kann [3] . Hierfür spricht ebenfalls eine erhöhte Inzidenz von Verletzungen der Achillessehne in Folge von Saisonpausen oder trainingsfreien Perioden [14] . Die Ergebnisse von Cohen et al. (2020) weisen darauf hin, dass auch hinsichtlich der intermuskulären Koordination die fehlenden fußballspezifischen Belastungen zu Veränderungen der Testleistung geführt haben könnten [7] . Einzig in der Untersuchung von Pedersen et al. [16] haben die Fußballspielerinnen ihre Sprint-bzw. Sprung-leistung über den Zeitraum des Lockdowns aufrechterhalten [16] . Das Training während des Lockdowns beinhaltete jedoch, im Vergleich zu den weiteren eingeschlossenen Studienprotokollen, einen erhöhten Umfang an Schnelligkeits-und Sprungtrainingseinheiten. Die weniger strengen staatlichen Auflagen in Norwegen ermöglichten den in die Studie von Pedersen und Kollegen eingeschlossen Fußballspielerinnen schon früh Einzeltraining und Kleingruppentraining im Freien. Diese Tendenzen werden von Untersuchungen gestützt, welche die Spielleistung männlicher Fußballspieler in kroatischen, polnischen und spanischen Profiligen vor und nach der Lockdownperiode verglichen. Hierbei zeigte sich, dass die Spieler vor allem hinsichtlich hochintensiver Aktionen (Sprints, Beschleunigungen) ein vermindertes Leistungsniveau aufwiesen [9, 19, 21] . Die Häufigkeit und AnzahlvonLäufenmitniedrigerundmoderater Geschwindigkeit scheinen infolge der Lockdownperiode hingegen nicht negativ beeinflusst worden zu sein. Die vorhandene Evidenz zeigt, dass Phasen mit reduzierten Belastungsumfängen und -intensitäten zu einer Reduktion der Leistungsfähigkeit des kardiovaskulären, neuronalen sowie muskuloskeletalen Systems führen [4] . Derartige Detraining-Anpassungen scheinen dabei in Abhängigkeit des betroffenen Systems in unterschiedlichem Maße und ungleicher Geschwindigkeit einzutreten [4, 5, 13] . Auch innerhalb der eingeschlossenen Studien zeigten sich bei differenzierter Betrachtungsweise Unterschiede in der Ausprägung und Richtung der Effekte des substituierten heimbasierten Trainings auf die konditionellen Fähigkeiten der Fußballspielenden in Folge des Lockdowns. In Anbetracht der beschriebenen Befundlage sollte bei der Rückkehr professioneller Fußballspielenden in den regulären Trainings-und Wettkampfbetrieb nach einem Lockdown-bedingten Ersatztraining auf eine progressive und individuelle Belastungssteuerung insbesondere im Bereich des Schnelligkeits-/ Krafttrainings geachtet werden [14] . COVID-19-related restrictions and quarantine COVID-19: effects on cardiovascular and Yo-Yo test performance in professional soccer players Coronavirus' impact on sport Time course of muscular, neural and tendinous adaptations to 23 day unilateral lowerlimb suspension in young men Effect of training cessation on muscular performance: a meta-analysis Cardiovascular determinants of maximal oxygen consumption in upright and supine posture at the end of prolonged bed rest in humans Cardiovascular effects of COVID-19 lockdown in professional football players Detraining of specific neuromuscular qualities in elite footballers during COVID-19 quarantine Cardiovascular consequences of bed rest: effect on maximal oxygen uptake Comparative analysis of soccer performance intensity of the pre-post-lockdown COVID-19 in LaLiga™ Coronavirus disease-19 quarantine is more detrimentalthantraditionaloff-seasononphysical conditioning of professional soccer players A global panel database of pandemic policies (Oxford COVID-19 Government Response Tracker) Projecting the transmission dynamics of SARS-CoV-2 through the postpandemic period The development, retention and decay rates of strength and power in elite rugby union, rugby league and American football: a systematic review Did the NFL lockout expose the Achilles heel of competitive sports? Quarantine alone or in combination with other public health measures to control COVID-19: a rapid review Maximalstrength, sprint, andjumpperformancein high-level female football players are maintained with a customized training program during the COVID-19 lockdown Sports in time of COVID-19: impact of the lockdown on team activity Lockdown policies and the dynamics of the first wave of the Sars-CoV-2 pandemic in Europe The influence of COVID-19 pandemic lockdown on the physical performance of professional soccer players: an example of German and Polish leagues Impact of COVID-19 lockdown on Serie A soccer players' physical qualities The effect of the COVID-19 lockdown on the position-specific match running performance of professional football players; preliminary observational study Strength and Conditioning for Soccer Players WHO (2021) Coronavirus disease (COVID-19)-events as they happen Limitationen Es liegen nur wenige Studien zu den Auswirkungen des COVID-19-Lockdowns auf die Leistungsfähigkeit von professionellen Fußballspielenden vor. Gleichzeitig weisen die eingeschlossenen Untersuchungen, u. a. bedingt durch die unterschiedlichen COVID-19-Maßnahmen der Länder, relativ große Differenzen in Bezug auf Dauer und Art der durchgeführten Ersatztrainings auf. Weiterhin unterschieden sich auch die Erhebungsmethoden sowie die erfassten Leistungsparameter der Studien in weiten Teilen, was die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt. Aufgrund des narrativen Charakters der vorliegenden Arbeit wurde die mögliche Einflussnahme der methodischen Qualität (inkl. Bias-Risiko) der eingeschlossen Publikationen auf die Ergebnisse nicht bewertet.