key: cord-0697348-oy17garr authors: Zeymer, Uwe; Gitt, Anselm; Thiele, Holger title: COVID-19-Pandemie: Effekte auf die klinische Versorgung von Herz-Kreislauf-Patienten im Frühling 2020 date: 2021-02-16 journal: Herz DOI: 10.1007/s00059-020-05015-w sha: d1419a7d4f83a2a06de374d2f320639a62f7ee24 doc_id: 697348 cord_uid: oy17garr The coronavirus disease 2019 (COVID-19) pandemic has led to a focus of acute medical care on the treatment of patients with severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) infections and pneumonia with consequences for all other medical specialties. Between March and May 2020 a decline in the number of admissions for elective cardiac procedures as well as for cardiac emergencies was observed. The number of patients hospitalized for acute myocardial infarction decreased, especially those with non-ST elevation myocardial infarction (NSTEMI), while time intervals between symptom onset and admission sometimes increased. In some studies an increase in infarct-related mortality was reported. There are multiple possible reasons for these findings, which include fear of patients to become infected with SARS-CoV‑2 in hospital, misinterpretation of symptoms and focusing of the healthcare system on the pandemic. In addition, SARS-CoV‑2 can lead to a higher proneness to thrombosis and therefore induce more severe courses of myocardial infarction. Effekte auf die klinische Versorgung von Herz-Kreislauf-Patienten im Frühling 2020 Einleitung Die COVID-19("coronavirus disease 2019")-Pandemie, verursacht durch SARS-CoV-2 ("severe acute respiratory syndrome coronavirus 2"), führt bei etwa 10 % der Patienten zu einer Pneumonie und bei etwa 2 % zu einer Pneumonie mit einem schweren Verlauf. Der Ausbruch der Pandemie in Deutschland im Frühjahr 2020 hat zu Umstrukturierungen im Gesundheitssystem geführt mit dem Ziel, die erwartete steigende Zahl von schwer erkrankten Patienten mit SARS-CoV-2 versorgen zu können [1] . Dies betraf die Verschiebung von elektiven kardiologischen und herzchirurgischen Eingriffen, aber auch die Akutversorgung kardiologischer Patienten. Obwohl das deutsche Gesundheitssystem im Frühjahr 2020 durch die COVID-19-Pandemie nicht an seine Kapazitätsgrenzen gekommen ist, ergaben sich doch unerwartete Auswirkungen auf die Akutversorgung von Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen. So fragte die New York Times Anfang April 2020: "Where have all the heart attacks gone?" In diesem Übersichtsartikel analysieren wir die Effekte der 1. Welle der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 auf die kardiovaskuläre Versorgung von Patienten unter besonderer Berücksichtigung des akuten Koronarsyndroms (ACS) in Deutschland. [19] . Wichtige Zeitintervalle waren während der COVID-19-Pandemie nicht verändert, und es ergab sich in dieser Analyse keine Erhöhung der Sterblichkeit [19] . Allerdings zeigte eine Analyse von Daten aus 36 großen Notaufnahmen eine deutliche Reduktion der Aufnahmen wegen eines Herzinfarkts, die z. B. in der Kalenderwoche 12/2020 für Herzinfarkt bei 40 % lag [22] . Die Zahlen haben sich im weiteren Verlauf bis Ende Mai fast wieder normalisiert. Interessanterweise ergaben sich ähnliche Effekte auch für die chronischobstruktive Lungenerkrankung (COPD) und den Schlaganfall [22] . Eine große Datensammlung aus 15 Herzinfarktnetzwerken in Deutschland mit über 9000 Patienten ergab einen Rückgang der Aufnahmen wegen ACS (sowohl STEMI als auch NSTE-ACS; [23] [24] . Dies dürfte mit dem längeren Warten der Patienten bis zum Notruf zu erklären sein. Die Dauer des Krankenhausaufenthalts war in mehreren Untersuchungen verkürzt als Hinweis auf die Tendenz, möglichst die Dauer der potenziellen Infektionsgefahr in der Klinik zu reduzieren. Die Spannweite der Verzögerung von Symptombeginn bis zur Reperfusion und auch der Door-to-balloon-bzw. derDoor-to-device-Zeitenbetrug 15-238 min [13, 16, 25] . Interessanterweise gab es in Schweden sogar eine Verkürzung der intrahospitalen Reperfusionszeiten [14] . Einfluss auf diese intrahospitalen Zeitverzögerungen während der Pandemie haben sicherlich auch die Empfehlungen der Fachgesellschaften genommen, die spezifische Schutzmaßnahmen für das medizinische Personal und adaptier-te Reperfusionsstrategien mit zum Teil Präferenz einer Fibrinolyse bei STEMI bzw. auch konservative Strategien bei NSTEMI beinhalteten [26, 27] . Eine Auswertung von Daten aus 82 Kliniken des größten deutschen privaten Krankenhausträgers ergab einen Rückgang der Krankenhausaufnahmen wegen 6 wichtiger kardiologischer und vaskulärer Erkrankungen [28] . Während der Hochphase der Pandemie im April betrug dieser Rückgang bei elektiven und akuten Aufnahmen wegen Herzinsuffizienz 37 %, wegen kardialer Arrhythmien 38 %, wegen stabiler koronarer Herzkrankheit (KHK) 33 %, wegen Herzklappenerkrankungen 39 %, wegen arterieller Hypertonie 28 % und wegen peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) 36 % [28] . Wenn nur die notfallmäßigen Aufnahmen berücksichtigt wurden, dann ergaben sich Rückgänge bei akuter Herzinsuffizienz von 22-28 %, bei Bradykardien, Vorhofflimmern/-flattern und supraventrikulären Tachykardien von 13-27 % sowie bei interventionellen Eingriffen und Device-Implantationen von 15-27 % [29] . Ähnliche Berichte und Rückgänge gab es bei elektiven perkutanen Koronarinterventionen (PCI) im Vereinigten Königreich und bei anderen akuten kardiovaskulären Ereignissen in den USA [12, 30] . Herz https://doi.org/10.1007/s00059-020-05015-w © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 Zusammenfassung Die COVID-19("coronavirus disease 2019")-Pandemie hat zu einer Fokussierung der Akutmedizin auf die Versorgung von Patienten mit SARS-CoV-2("severe acute respiratory syndrome coronavirus type 2")infizierten Patienten geführt -mit Auswirkungen auf alle anderen medizinischen Gebiete. In den Monaten von März bis Mai 2020 kam es zu einem Rückgang der Krankenhausaufnahmen sowohl für elektive kardiologische Prozeduren als auch für akute kardiologische Erkrankungen. Die Anzahl von Patienten mit akutem Herzinfarkt, insbesondere mit Nicht-ST-Strecken-Hebungs-Infarkt, ist während dieser Monate zurückgegangen, und es zeigte sich auch teilweise eine Zunahme der Zeit zwischen Symptombeginn und Krankenhausaufnahme. In einigen Untersuchungen wurde auch eine Erhöhung der infarktbezogenen Mortalität beobachtet. Die Gründe sind vielfältig und beinhalten eine Furcht der Patienten vor dem Krankenhausaufenthalt mit möglicher Ansteckung mit SARS-CoV-2, Missdeutung der Symptome und Fokussierung des Gesundheitssystems auf die Pandemie. Zusätzlich kann SARS-CoV-2 zu einer höheren Thromboseneigung führen und damit schwerere Verläufe eines Myokardinfarkts induzieren. Coronavirus · Herzinfarkt · Akute kardiologische Versorgung · Reperfusion · Perkutane Koronarintervention The coronavirus disease 2019 (COVID- 19) pandemic has led to a focus of acute medical care on the treatment of patients with severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) infections and pneumonia with consequences for all other medical specialties. Between March and May 2020 a decline in the number of admissions for elective cardiac procedures as well as for cardiac emergencies was observed. The number of patients hospitalized for acute myocardial infarction decreased, especially those with non-ST elevation myocardial infarction (NSTEMI), while time intervals between symptom onset and admission sometimes increased. In some studies an increase in infarct-related mortality was reported. There are multiple possible reasons for these findings, which include fear of patients to become infected with SARS-CoV-2 in hospital, misinterpretation of symptoms and focusing of the healthcare system on the pandemic. In addition, SARS-CoV-2 can lead to a higher proneness to thrombosis and therefore induce more severe courses of myocardial infarction. Coronavirus · Myocardial infarction · Acute cardiac care · Reperfusion · Percutaneous coronary intervention während der Hochphase der Pandemie, was mit einer signifikant höheren Rate von Herzinsuffizienz und intrahospitaler Mortalität begleitet wurde [8] . In Italien wurde im Rahmen einer Snapshot-Analyse einer Woche im Vergleich zur gleichen Woche in 2019 eine erhöhte STEMI-Fallsterblichkeitsrate während der Pandemie beobachtet (RR ["risk ratio"]: 3,3; 95 %-KI: 1,7-6,6; p < 0,001). Parallel dazu gab es einen Anstieg bei den Komplikationen (RR: 1,8; 95 %-KI: 1,1-2,8; p = 0,009). In der oben genannten internationalen Metaanalyse mit Einschluss von 16 Studien zum ACS ergab sich in mehreren Ländern eine höhere Infarktsterblichkeit während der Monate von März bis Mai [24] . Eine Gesamtanalyse zur Mortalität für alle 16 ACS-Studien liefert diese Metaanalyse allerdings nicht. Für einen Einfluss der Pandemie auf die Gesamtinfarktsterblichkeit -also response causes cardiac collateral damage COVID-19 pandemic and admission rates for and management of acute coronary syndromes in England The Covid-19 pandemic and the incidence of acute myocardial infarction Reduction in ST-segment elevation cardiac catheterization laboratory activations in the United States during COVID-19 pandemic Impact of COVID-19 pandemic on STEMI care: an expanded analysis from the United States ZhangWetal(2020)Management and outcomes of patients with STEMI during the COVID-19 pandemic in China Reduction of hospitalizations for myocardial infarction in Italy in the COVID-19 era Impact of COVID-19 pandemic on mechanical reperfusion for patients with STEMI Case rates, treatment approaches, and outcomes in acute myocardial infarction during the coronavirus disease 2019 pandemic Impactofthe COVID-19 pandemic on percutaneous coronary intervention in England: insights from the British cardiovascular intervention society PCI database cohort Impact of COVID-19 on percutaneous coronary intervention for ST-elevation myocardial infarction Incidence and outcome of myocardial infarction treated with percutaneous coronary intervention during COVID-19 pandemic Population trends in rates of percutaneous coronary revascularizationforacutecoronarysyndromesassociated with the COVID-19 outbreak Effect of the COVID-19 pandemic on ST-segment elevation myocardial infarction presentations and in-hospital outcomes Collateral damage of COVID-19-lockdown in Germany:declineofNSTE-ACSadmissions 31 days of COVID-19-cardiac events during restriction of public life-a comparative study Impact of COVID-19 outbreak on regional STEMI care in Germany Decline of emergency admissions for cardiovascular and cerebrovascular events after the outbreak of COVID-19 Temporal trends in the presentation of cardiovascular and cerebrovascular emergencies during the COVID-19 pandemic in Germany: an analysis of health insurance claims Medical emergencies during the COVID-19 pandemic Hospital admissions with acute coronary syndromes during the COVID-19 pandemic in German cardiac care units The impact of the COVID-19 pandemic on the care and managementofpatientswithacutecardiovascular disease: a systematic review Catheterization laboratory considerations during the coronavirus (COVID-19) pandemic: from the ACC's interventional council and SCAI EAPCI position statement on invasive management of acute coronary syndromes during the COVID-19 pandemic Cumulative hospitalization deficit for cardiovascular disorders in Germany during the Covid-19 pandemic Emergency hospital admissions and interventional treatments for heart failure and cardiac arrhythmias in Germany during the Covid-19 outbreak: insights from the German-wide Helios hospital network Fewer hospitalizations for acute cardiovascular conditions during the COVID-19 pandemic Excess deaths from COVID-19 and other causes Impact of the COVID-19 pandemic on cardiovascular mortality and catherization activity during the lockdown in central Germany: an observational study COVID-19 kills at home: the close relationship between the epidemic and the increase of out-of-hospital cardiac arrests Impact of coronavirus disease 2019 pandemic on the incidence and management of out-of-hospital cardiac arrest in patients presenting with acute myocardial infarction in England Patient response, treatments and mortality for acute myocardial infarction during the COVID-19 pandemic