key: cord-0686951-sdmqu3et authors: Reinhart, Manuel; Metze, Dieter; Braun, Stephan A. title: Hautveränderungen bei COVID-19 und nach COVID-19-Impfung date: 2022-04-27 journal: Hautarzt DOI: 10.1007/s00105-022-04991-w sha: f5b810c23b7be016e28ec109ca3bed183e2dcdfa doc_id: 686951 cord_uid: sdmqu3et Coronavirus disease 2019 (COVID-19) is a systemic disease induced by severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) that frequently presents with skin manifestations. The five most common skin lesions are pseudo-chilblain and maculopapular, urticarial, vesicular, and livedo/necrotizing skin lesions. These skin lesions are of diagnostic and prognostic relevance. For example, in children, typical skin lesions may indicate a life-threatening inflammatory syndrome, which rarely occurs after corona infection. Skin lesions have also been described after COVID-19 vaccination. These usually show an uncomplicated, self-limiting course and therefore do not represent a contraindication for completing the vaccination status in the vast majority of cases. Das neue Virus SARS-CoV-2 (schweres akutes respiratorisches Syndrom Coronavirus-2) führte zu einer Pandemie, die die Welt seit gut 2 Jahren in Atem hält. Hautveränderungen das erste klinische Symptom von COVID-19 sein können, sind diese von diagnostischer Relevanz [38] . Auch die seit Dezember 2020 verfügbaren Impfstoffe können selten zu allergischen Reaktionen führen oder mit meist mild verlaufenden Hautsymptomen einhergehen. Im Dezember 2019 wurde die World Health Organization (WHO) offiziell über die Ausbreitung eines neuen Pneumonie verursachenden Virus in der Stadt Wuhan in China informiert [41] . Dieses Virus, das im Verlauf den Namen SARS-CoV-2 erhielt, verursacht die Erkrankung COVID-19. Nachdem sich am 30.01.2020 SARS-CoV-2 offiziell international verbreitet hatte [39] , begann im März 2020 der erste große COVID-19-Ausbruch auf dem europäischen Kontinent in Italien [33] . Initial wurde primär von respiratorischen Beschwerden bei den Patienten berichtet [13] , jedoch zeigte sich mit steigender Anzahl an Infektionen, dass auch Hautveränderungen im Zusammenhang mit COVID-19 auftreten können. So wurde im März 2020 erstmals über einen Patienten mit petechialem Exanthem bei positivem PCR(Polymerasekettenreaktion)-Test berichtet [22] . Fortan mehrten sich die Berichte hinsichtlich Hautveränderungen bei COVID-19. Hautveränderungen bei COVID-19 sind sehr vielfältig und können das alleinige Symptom einer frühen SARS-CoV-2-Infektion sein [14] . Eine Studie aus Großbritannien zeigte, dass Hautveränderungen sogar stärker mit einem positiven SARS-CoV-2-Test korrelieren als das Symptom Fieber [38] . Daher sollte bei neu aufgetretenen, COVID-19-typischen Hautveränderungen ein SARS-CoV-2-Test erwogen werden. Hautveränderungen treten je nach Literaturquelle bei 5-20 % der COVID-19-Patienten auf [14] . Im Rahmen einer größeren Studie aus Spanien mit 405 Patienten konnten 5 häufige COVID-19-assoziierte Gruppen von Hautmanifestationen identifiziert werden [11] . Diese Einteilung wurde im Verlauf durch 2 Metastudien bestätigt [14, 36] . Die 5 häufigsten COVID-19-assoziierten Hautveränderungen umfassen den Pseudo-Chilblain sowie makulopapulöse, urtikarielle, vesikuläre und livedoartige/nekrotisierende Hautveränderungen (. Tab. 1; [11, 14, 36] ). Die häufigste (41 % aller Hautläsionen) und vielleicht auch bekannteste Hautmanifestation ist der Pseudo-Chilblain, umgangssprachlich auch als COVID-Zeh bezeichnet (. Abb. 2; [36] ). Dieser zeigt sich in Form von akral-lokalisierten, erythematösen Plaques, die selten auch Vesikel und Pustelnaufweisen. In30 %der Fällewerden die Läsionen von Pruritus oder Schmerzen begleitet. Der Pseudo-Chilblain tritt eher im späten Krankheitsverlauf auf und ist mit einem milden Krankheitsgeschehen assoziiert [11] . Letzteres mag auch an dem mit 23,2 Jahren durchschnittlich jungen Alter der Patienten liegen [14] . Die meisten Patienten mit Pseudo-Chilblain wiesen einen negativen PCR-Test auf [23] . Die zweithäufigste Hautmanifestation (28 %) ist das makulopapulöse Exanthem (. Abb. 2; [36] ). Dieses kann eine feinlamelläre Schuppung aufweisen und geht in 56 % der Fälle mit Pruritus einher. Die Verteilung kann sowohl akral als auch stammbetont sein und zusätzlich auch die Schleimhäute betreffen [11] . Das Exanthem tritt meist zeitgleich mit anderen COVID-19-Symptomen auf [14] . Urtikarielle Hautveränderungen kommen in 12,5% der Fälle vor [36] . Sie sind [12] fast immer mit Pruritus assoziiert (92 %) und sprechen gut auf Antihistaminika an. Die Urtikae sind entweder stammbetont oder disseminiert verteilt [11] . Diese Form der Hautmanifestation zeigt sich ebenfalls überwiegend zeitgleich mit anderen COVID-19-Symptomen [14] . Vesikuläre Hautveränderungen sind in etwa gleich häufig wie urtikarielle Hautmanifestationen [36] . Sie erscheinen als monomorphe, meist einzeln stehende Vesikel auf erythematösem Grund, die an Varizellen erinnern. Die Vesikel können jedoch auch konfluieren und hämorrhagisch imponieren. Sie zeigen sich hauptsächlich am Rumpf und an den Extremitäten [11] . Vesikuläre Hautläsionen wurden häufig als erstes klinisches Symptom von COVID-19 beschrieben [14] und sind daher von besonderer diagnostischer Relevanz. Die seltensten COVID-19-assoziierten Hautmanifestationen (4 %) sind die Livedo-nekrotischen oder auch vaskulären Hautveränderungen (. Abb. 2; [11, 14, 36] ). Vaskuläre Hautveränderungen zeigen sich in Form von Livedo racemosa, Purpura, Ischämien und Nekrosen, prädominant am Stamm und den Extremitäten [11, 36] . Sie treten überwiegend bei hochbetagten Patienten auf [14] und gehen mit einer deutlich erhöhten Mortalitätsrate von bis zu 20 % einher [36] . Es entwickelten sich bei diesen Patienten vermehrt Pneumonien [11] und disseminierte intravasale Gerinnungsstörungen [26] . In zahlreichen Fallberichten und Fallserien wurden weitere Hautläsionen in zeitlicher Korrelation zu COVID-19 beschrieben. Diese sind deutlich seltener und machen weniger als 5 % aller Hautmanifestationen aus [36] . Zu nennen wären beispielsweise das Erythema exsudativum multiforme (EEM) [14, 34] und die palmoplantare Erythrodysästhesie [30] . Ferner wurde ein breites Spektrum an Pathologien der Hautanhangsgebilde beschrieben, wie beispielsweise Nagelveränderungen in Form von Mees-Bändern [17, 31] und die Erstmanifestation einer Alopecia areata 1 Monat nach Infektion [9] . Bei Kindern kommen Hautsymptome deutlich seltener vor als bei Erwachsenen. Hoang et al. zeigten, dass nur 0,25 % von 2445 infizierten Kindern Hautveränderungen aufwiesen [20] . Doch auch bei Kindern konnten die oben beschriebenen 5 häufigsten Gruppen von Hautläsionen beobachtet werden [1] [2] [3] . Darüber hinaus finden sich charakteristische Hautsymptome beim gefürchteten Kawasaki-artigen inflammatorischen Syndrom, das auch als pädiatrisches inflammatorisches multisystemisches Syndrom (PIMS) oder im Englischen als "multisystem inflammatory syndrome in children" (MIS-C) bekannt ist. Das PIMS tritt meist Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion auf. Aufgrund der häufigen Schocksymptomatik (57 %) und der Myokarditis mit ventrikulärer Funktionsstörung (76 %) kann die Erkrankung einen letalen Verlauf nehmen. Dabei sind die betroffenen Kinder und Jugendlichen im Median 7,9 Jahre alt (3,7 bis 16,6 Jahre). Diagnostisch bedeutsame Hautveränderungen, die während des PIMS auftreten, umfassen eine beidseitige Konjunktivitis, ein makulopapulöses Exanthem an Stamm und Extremitäten, akrale Erytheme und Schwellungen, Desquamation im Gesicht und am Perineum, eine gerötete Zunge sowie gerötete und rissige Lippen [2, 37] . Werden diese Hautveränderungen bei Kindern beobachtet, sollte auf kardiovaskuläre und gastrointestinale Symptome geachtet werden [37] und eine zeitnahe Krankenhauseinweisung erwogen werden. [15] . Bereits in den Zulassungsstudien der mRNA-Impfstoffe zeigte sich, dass Impfstoff-assoziierte Hautveränderungen in Form von verzögerten Lokalreaktionen (ab dem 8. Tag) mit Schwellung und Erythem an der Injektionsstelle auftreten können [6] . Mit steigender Anzahl an Impfungen wurden weitere Hautreaktionen in zeitlicher Assoziation mit der Impfung beschrieben [12, 28, 29] . Interessanter-weise traten die Impfreaktionen in über 80 % der Fälle bei Frauen auf [12, 28] . Die beste Datenlage zu Hautreaktionen nach COVID-19-Impfung existiert für mRNA-Impfstoffe [12, 28, 29] . McMahon et al. werteten 803 registrierte Fälle von Hautmanifestationen nach COVID-19-Impfungaus.In94 %der FällewurdeeinmRNA-Impfstoff verwendet. Dabei ergab sich folgende Liste der 7 häufigsten Hautveränderungen: Lokalreaktion (binnen eines Tages), verzögerte starke Lokalreaktion (nach 7 Tagen), Urtikaria (. Abb. 3), morbilliformes Exanthem, Zoster-Reaktivierung, papulovesikuläre Reaktionen und Pityriasisrosea-artige Reaktionen (. Tab. 2; [29] ). Diese Hautnebenwirkungen führten bei Ärzten und v. a. bei Patienten zur Verunsicherung. Bei genauer Betrachtung der Datenlage sind die Hautveränderungen jedoch als eher mild und gut kontrollierbar einzustufen. Die meisten Hautreaktionen klangen binnen 14 Tagen komplikationslos ab. Eine Ausnahme bildeten Pityriasis-rosea-artige Reaktionen, die meist über 3 Wochen bis zur Abheilung benötigten. Therapeutische Maßnahmen erfolgten in 81 % der Fälle und bestanden hauptsächlich aus Antihistaminika, topischen Glukokortikosteroiden und/oder einer antiviralen Medikation bei Herpes-Reaktivierungen [12] . Die Wahrscheinlichkeit, nach der 1. Impfung auch auf die 2. Impfung Hautsymptome zu entwickeln, variiert je nach Literatur zwischen 8,5 % und 43 % [12, 28] . » Die meisten Hautveränderungen sind als eher mild und gut kontrollierbar einzustufen Darüber hinaus wurde eine Vielzahl an weiteren und selteneren Hautreaktionen im Zusammenhang mit der Impfung beschrieben wie das EEM, der Pseudo-Chilblain, die Erythromelalgie und Alopezien (. Abb. 3; [29] ). Diese Reaktionen, die auch nach einer SARS-CoV-2-Infektion auftreten, werden wahrscheinlich durch die künstlich mRNA-gesteuerte Produktion des Spike-Proteins ausgelöst [18] . Eine für die Patienten sehr unangenehme Impfreaktion ist die Reaktivierung eines Herpes zoster, die bei etwa 3,8% der Patienten auftritt [12, 16, 29] . Zoster-Reaktivierungen treten im Median 7 Tagen nach der Impfung auf und betreffen überwiegend Frauen (69 %). Das mediane Erkrankungsalter liegt bei 46 Jahren. Die meisten Reaktivierungen treten nach der 1. Impfung auf (78 %) [16] . Es wurde bei keinem Patient ein erneuter Herpes zoster nach den Folgeimpfungen beschrieben [16] . Neben der Zoster-Reaktivierung wurde auch das Aufflammen anderer Dermatosen wie des Herpes simplex (. Abb. 3), der atopischen Dermatitis und der Psoriasis oder seltener z. B. eines bullösen Pemphigoids, eines Lichen planus oder eines Granuloma anulare beobachtet [12, 29] . Laut Literatur und eigener Erfahrungen können auch zuvor kontrollierte Dermatosen nach einer durchgemachten COVID-19-Erkrankung exazerbieren [4] . Skin manifestations of COVID-19 in children: Part 1 COVID-19 and exacerbation of dermatological diseases: a review of the available literature From your nose to your toes: a review of severe acute respiratory syndrome Coronavirus 2 pandemic-associated pernio Efficacy and safety of the mRNA-1273 SARS-coV-2 vaccine 2021) mRNA vaccines to prevent COVID-19 disease and reported allergic reactions: current evidence and suggested approach Delayed large local reactions to mRNA-1273 vaccine against SARS-CoV-2 Alopecia areata in a COVID-19 patient: a case report Pernio (chilblains), SARS-CoV-2, and COVID toes unified through cutaneous and systemic mechanisms Classification of the cutaneous manifestations of COVID-19: a rapid prospective nationwide consensus study in Spain with 375 cases Cutaneous reactions after SARS-CoV-2 vaccination: a cross-sectional Spanish nationwide study of 405 cases Epidemiological and clinical characteristics of 99 cases of 2019 novel coronavirus pneumonia in Wuhan, China: a descriptive study Cutaneous manifestations of COVID-19: an evidence-based review Vaccine Tracker des European Center for Disease Prevention and Control 2022) Varicella-zoster and herpes simplex virus reactivation post-COVID-19 vaccination: a review of 40 cases in an International Dermatology Registry Transverse leukonychia (Mees' lines) nail alterations in a COVID-19 patient Cutaneous findings following COVID-19 vaccination: review of world literature and own experience Tissue distribution of ACE2 protein, the functional receptor for SARS coronavirus. A first step in understanding SARS pathogenesis COVID-19 in Abstract Skin manifestations of COVID-19 and after COVID-19 vaccination SARS-CoV-2) that frequently presents with skin manifestations. The five most common skin lesions are pseudo-chilblain and maculopapular, urticarial, vesicular, and livedo/necrotizing skin lesions. These skin lesions are of diagnostic and prognostic relevance. For example, in children, typical skin lesions may indicate a life-threatening inflammatory syndrome, which rarely occurs after corona infection. Skin lesions have also been described after COVID-19 vaccination. These usually show an uncomplicated, self-limiting course and therefore do not Keywords COVID-19 vaccine · Herpes · Children · SARS-CoV-2 · Allergic reaction 7780 pediatric patients: a systematic review COVID-19 skin lesions are rarely positive at RT-PCR test: the macrophage activation with vascular impact and SARS-CoV-2-induced cytokine storm COVID-19 can present with a rash and be mistaken for dengue Most chilblains observed during the COVID-19 outbreak occur in patients who are negative for COVID-19 on polymerase chain reaction and serology testing Expression of the SARS-CoV-2 cell receptor gene ACE2 in a wide variety of human tissues Genomic characterisation and epidemiology of 2019 novel coronavirus: implications for virus origins and receptor binding Complement associated microvascular injury and thrombosis in the pathogenesis of severe COVID-19 infection: a report of five cases The skin as a critical window in unveiling the pathophysiologic principles of COVID-19 Cutaneous reactions reported after Moderna and Pfizer COVID-19 vaccination: a registry-based study of 414 cases Clinical and pathologic correlation of cutaneous COVID-19 vaccine reactions including V-REPP: a registry-based study Palmoplantar erythrodysesthesia: a diagnostic sign of COVID-19 Nail ManifestationsinCOVID-19: InsightintoaSystemic Viral Disease Vorgehen bei positiver Allergieanamnese vor COVID-19-Impfung COVID-19 in Europe: the Italian lesson Erythema multiforme in the context of SARS-Coronavirus-2 infection Agmon-LevinN(2021)Prevalence of allergic reactions after Pfizer-bioNtech COVID-19 vaccination among adults with high allergy risk Skin manifestations of COVID-19:aworldwidereview AllaliS(2020)Kawasaki-like multisystem inflammatory syndrome in children during the covid-19 pandemic Diagnostic value of cutaneous manifestation of SARS-CoV-2 infection WHO (2020) Statement on the second meeting of the International Health Regulations (2005) Emergency Committee regarding the outbreak of novelcoronavirus High expression of ACE2 on keratinocytes reveals skin as a potential target for SARS-CoV-2 A Novel Coronavirus from Patients with Pneumonia in China