key: cord-0078393-tqiviaa6 authors: Kleinwechter, Helmut title: Diabetes und Schwangerschaft – Update 2022 date: 2022-05-20 journal: Diabetologie DOI: 10.1007/s11428-022-00900-w sha: 2688377d9503669b8d692c764bb4a64f4bf5eb0b doc_id: 78393 cord_uid: tqiviaa6 With a share of 80%, gestational diabetes mellitus (GDM) is the most common form of hyperglycemia in pregnancy. Breastfeeding reduces the risk of type 2 diabetes; the longer the duration of breastfeeding, the greater the effect. Women who have had a premature birth or a stillbirth are at increased risk of dying prematurely themselves. The potential of pre-eclampsia prevention with low-dose acetylsalicylic acid in women with diabetes mellitus is far from being adequately used. Pregnant women reduce their risk of a severe course of the disease by being vaccinated against coronavirus disease 2019 (COVID-19). The still high rate of perinatal mortality in pregnancies with type 1 and type 2 diabetes may primarily be reduced by improving basic factors in periconceptional care. Two-stage screening for GDM reduces GDM prevalence and medicalization compared to one-stage screening without harm to mothers and their newborns. The approval of metformin for pregnant women since February 2022 does not mean that metformin is recommended as the primary pharmacotherapy for pregnant women. Gestationsdiabetes mellitus (GDM) ist mit einem Anteil von 80 % die häufigste Form der Hyperglykämie in der Schwangerschaft. Stillen reduziert das Risiko für Typ-2-Diabetes, je länger die Stilldauer, umso größer ist der Effekt. Bei Frauen, die eine Früh-oder eine Totgeburt durchgemacht haben, besteht ein erhöhtes Risiko, selbst frühzeitig zu versterben. Das Potenzial einer Präeklampsieprävention durch niedrig dosierte Azetylsalizylsäuregabe bei Frauen mit Diabetes mellitus wird bei weitem nicht ausgeschöpft. Schwangere reduzieren durch eine COVID-19-Impfung (COVID-19: "coronavirus disease 2019") ihr Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Die nach wie vor hohe Rate an perinataler Mortalität bei Schwangerschaften mit Typ-1und Typ-2-Diabetes kann in erster Linie durch eine Verbesserung von Basisfaktoren bei der perikonzeptionellen Betreuung reduziert werden. Zweizeitiges Screening auf GDM reduziert im Vergleich zum einzeitigen Screening die GDM-Prävalenz und die Medikalisierung ohne Nachteile für die Mütter und ihre Neugeborenen. Die Zulassung von Metformin für Schwangere seit Februar 2022 bedeutet nicht, dass dieses Arzneimittel als primäre Pharmakotherapie für schwangere Frauen empfohlen wird. Fortpflanzung · Azetylsalizylsäure · Screening · COVID-19 · Metformin Die globale Prävalenz einer Hyperglykämie in der Schwangerschaft wurde von der "International Diabetes Federation" (IDF) für das Jahr 2021 auf der Basis von 58 Studien aus 47 Ländern mit 16,7 % angegeben, davon entfallen 80,3 % auf den Gestationsdiabetes mellitus (GDM) und 10,6% auf einen präexistenten Diabetes [11] . Eine weitere Differenzierung für den GDM über einen 10-Jahres-Zeitraum ergab, dass Europa mit einer Prävalenz von 7,8 % als Niedrigrisikogebiet einzustufen ist, während sich in Südostasien mit 20,8 % und im mittleren Osten/Nordafrika mit 27,8 % die höchsten Prävalenzen finden [22] . Eine weitere Analyse aus 17 Ländern für die Prävalenzen von Typ-1-und Typ-2-Diabetes zeigte ebenfalls mit 0,5 % in Europa die niedrigste und mit 2,4 % im mittleren Osten/Nordafrika die höchste Rate [3] . Für Deutschland berichtete das Robert Koch-Institut bezüglich des GDM im Geburtsjahrgang 2019 eine Prävalenz von 6,8 % (n = 51.315) mit starker Altersabhängigkeit, nämlich 2,5 % bei Frauen < 20 Jahre und 15,9 % bei Müttern ab einem Alter von 45 Jahren [20] . Stillen reduziert bei allen Frauen das Risiko für Typ-2-Diabetes -so das Ergebnis einer Metaanalyse von 17 Kohortenund 5 Querschnittsstudien mit einer Nachbeobachtungszeit von bis zu 25 Jahren [17] Mehr als 2 Jahre SARS-CoV-2-Pandemie haben unsere Kenntnisse zum Verlauf und Ausgang der Infektion bei Schwangeren kontinuierlich erweitert. Eine Schwangerschaft per se ist ein Risiko für einen schweren Verlauf, verglichen mit nichtschwangeren Frauen im reproduktiven Alter. So werden Schwangere 3-mal häufiger auf einer In einem großen nationalen Audit von 172 Kliniken in England, Wales und der "Isle of Man" wurde nachgewiesen, dass die Verbesserung des Ausgangs der Schwangerschaft in prä-und perikonzeptionellen Beratungen und Interventionen zu suchen ist und nicht ausschließlich durch elaborierte Techniken, wie Insulinpumpen, "continuous glucose monitoring" (CGM), "automated insulin delivery" (AID) und "loops", erreicht werden kann [15] . Die zweite randomisierte Studie GDM2 ("comparison of two screening strategies for gestational diabetes") wurde an der Universitätsfrauenklinik von Pittsburgh/PA (PA: Pennsylvania, USA) mit 961 Schwangeren durchgeführt [5] . Alle Frauen absolvierten den 50-g-Vortest und wurden dann in 2 Gruppen mit den oben beschriebenen Diagnosekriterien randomisiert. In der IADPSG-Gruppe wurde das Ergebnis des Vortests ignoriert, und in der Carpenter-Coustan-Gruppe absolvierten alle Frauen den 100-g-oGTT, wobei der GDM nur dann als bestätigt galt, wenn im Vortest mindestens 130 mg/dl (7,2 mmol/l) gemessen wurden. Der primäre Endpunkt war die Prävalenz von LGA (. Abb. 4). Auch in dieser Studie lag die GDM-Prävalenz in der einzeitigen IADPSG-Gruppe mit 14,5 % vs. 4,5 %deutlichhöher, genauso wiediePharmakotherapie mit 9,3 % vs. 2,4 %, ohne dass die LGA-Prävalenz ( HAPO ("hyperglycemia and adverse pregnancy outcomes") in der Praxis In einer retrospektiven Kohortenstudie aus der Provinz Alberta/Kanada mit 97.032 Einzelkindschwangerschaften der Jahrgänge 2008-2018 wurde die Assoziation von ansteigenden Blutglukosewerten im 75-g-oGTT mit der LGA-Rate der Neugeborenen analysiert und mit den Glukosekategorien der HAPO-Studie verglichen [14] . In Kanada wird für die GDM-Diagnose nach einem positiven 50-g-Vortest die 2,0fache OR der HAPO-Mittelwerte verwendet: 95/190/162 mg/dl entsprechend 5,3/10,6/9,0 mmol/l. Frauen, die diese Grenzen erreichen, erhalten also eine Therapie. Das Ergebnis war überraschend: In den Glukosekategorien zeigten sich keine Unterschiede zwischen den HAPO-Ergebnissen und den kanadischen Befunden; so konnte zwar bei isolierter Betrachtung der Therapie bei erhöhten 1-und 2-h-Werten die LGA-Rate um 20 [16] . Es führte zu einer Herunterregulierung ("down regulation") von Pankreasgenen, zur Dysfunktion der mitochondrialen Atmung und zur Störung der Insulinsekretion. Die Autoren forderten dazu auf, die Nutzen-Risiko-Bewertung von Metformin für die perikonzeptionelle Periode und die Schwangerschaft zu aktualisieren, und warnten vor hohen Metformindosierungen in der Schwangerschaft. Sollte Metformin in Einzelfällen dennoch gut begründet zum Einsatz kommen, hätte die Zulassung den Vorteil, dass die Frauen das Medikament nicht mehr selbst bezahlen müssen. Effectiveness of a third dose of the BNT162b2 mRNA COVID-19 vaccine for preventing severe outcomes in Israel: an observational study Metformin in pregnancy and risk of adverse longterm outcomes: a register-based cohort study IDF Diabetes Atlas: the prevalence of pre-existing diabetes in pregnancy-a systematic review and meta-analysis of studies pubished during 2010-2020 Effectivesness of the BNT162b2 mRNA COVID-19 vaccine in pregnancy Perinatal outcomes of two screening strategies for gestational diabetes mellitus. A randomized controlled trial Trends in factors affecting pregnancy outcomes among women with type 1 or type 2 diabetes of childbearing age Aspirin use to prevent preeclampsia and related morbidity and mortality. Updated evidence report and systematic review for the US preventive services task force A pragmatic randomized clinical trial of gestational diabetes screening International Diabetes Federation IDF atlas 2021 An update on COVID-19 and pregnancy COVID-19 booster doses in pregnancy and global vaccine equity Association between maternal glucose and large for gestational age outcomes: real-world evidence to support hyperglycemia and adverse pregnancy outcomes (HAPO) study findings Characteristics and outcomes of pregnant women with type 1 or type 2 diabetes: a 5-year national population-based cohort study Metformin perturbs pancreatic differentiation from human embryonic stem cells Association of lactation with maternal risk of type 2 diabetes: a systematic review and meta-analysis of observational studies Screening for gestational diabetes. Updated evidence report and systematic review for the US preventive services task force Aspirin use for preeclampsia prevention among women with prepregnancy diabetes, obesity, and hypertension Gestationsdiabetes in Deutschland: Zeitliche Entwicklung von Screeningquote und Prävalenz Pregnancy complications and risk of cardiovascular disease later in life: a nationwide cohort study IDF diabetes atlas: global and regional estimate of gestational diabetes mellitus prevalence for 2019-2021 by international association of diabetes in pregnancy study group's criteria Estimated prevalence of risk factors for preeclampsia among individuals giving birth in the US in 2019 With a share of 80%, gestational diabetes mellitus (GDM) is the most common form of hyperglycemia in pregnancy. Breastfeeding reduces the risk of type 2 diabetes; the longer the duration of breastfeeding, the greater the effect. Women who have had a premature birth or a stillbirth are at increased risk of dying prematurely themselves. The potential of pre-eclampsia prevention with low-dose acetylsalicylic acid in women with diabetes mellitus is far from being adequately used. Pregnant women reduce their risk of a severe course of the disease by being vaccinated against coronavirus disease 2019 (COVID-19) . The still high rate of perinatal mortality in pregnancies with type 1 and type 2 diabetes may primarily be reduced by improving basic factors in periconceptional care. Two-stage screening for GDM reduces GDM prevalence and medicalization compared to one-stage screening without harm to mothers and their newborns. The approval of metformin for pregnant women since February 2022 does not mean that metformin is recommended as the primary pharmacotherapy for pregnant women. Reproduction · Acetylsalicylic acid · Screening · COVID-19 · Metformin