key: cord-0077400-uks1wchz authors: Lind, Alexander title: Ressourcen strategisch allokieren date: 2022-04-25 journal: Control Manag Rev DOI: 10.1007/s12176-022-0455-4 sha: 4abefcc0d0bf1f21ad82ff193fda145203ee79aa doc_id: 77400 cord_uid: uks1wchz nan In zunehmend komplexen und volatilen Marktumfeldern reagieren Unternehmen auf die ständige Veränderung von Wirtschafts-und Wettbewerbsbedingungen und nicht zuletzt auf die Covid-19-Pandemie. Eine Anpassung erfolgt hierbei nicht nur bei Kostenbudgets, sondern auch bei der Reallokation von Ressourcen. Denn für eine Unternehmensleitung ist es von hoher Bedeutung, zur Realisierung der Geschäftsziele strategische Pläne kontinuierlich an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen (vergleiche Horváth/Michel 2013, S. 6 ff.) . Die Aufgabe des Controllings besteht in diesem Zusammenhang darin, die Prozesse zur Steuerung der Ressourcenallokation effizient zu gestalten. Dafür muss es sicherstellen, dass der Geschäftsleitung alle entscheidungsrelevanten Informationen in objektivierter und klassifizierbarer Form zur Verfügung stehen. Für den Wandel von einem klassischen Chemie-und Pharma-Unternehmen hin zu einem Wissenschafts-und Technologie-Konzern tätigte Merck in den vergangenen Jahren große Investitionen. Im Zeitraum von 2006 bis 2018 wurden rund 30 Milliarden Euro in M&A-Transkationen sowie 20 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert. Die Ressourcenallokation richtete sich dabei stets an der Portfoliostrategie aus, welche die drei Geschäftsbereiche Healthcare, Life Science und Electronics reflektiert. Um die Ressourcenallokation bei den in den kommenden Jahren weiter steigenden Investitionen zu optimieren, hat das Controlling eindeutige Auswahlkriterien definiert und die Prozesse zur Entscheidungsfindung systematisiert. Ein weiterer fester Bestandteil des Performance-Management-Systems von Merck, der eine wichtige Rolle im Allokationsprozess spielt, ist der "Performance Management Cycle". Er besteht aus drei wesentlichen Elementen: der strategischen Planung, der operativen Planung und dem Forecast. Der Zweck der strategischen Planung sind die strategische Ausrichtung der Gruppe sowie die Sicherstellung von profitablem, nachhaltigem und wertmaximierendem Wachstum durch eine effiziente Ressourcenallokation. Die strategische Planung ist unterteilt in Überlegungen hinsichtlich des bestehenden Portfolios ("base case") und darüber hinausgehende Überlegungen zu Portfolio-Erweiterungen und -änderungen. Das bedeutet einerseits, dass die Ressourcenallokation auf bestehenden Strukturen aufgesetzt wird, andererseits, dass evaluiert wird, ob die Portfoliostruktur erweitert oder angepasst werden muss. Die operative Planung dient im Wesentlichen dem Target Setting und der Operationalisierung der Strategie. Der Forecast unterstützt bei der Steuerung der unterjährigen Konzernfinanzen sowie der Aktualisierung der Kapitalmarkterwartungen. High importance L ow importance 1 9 9 (9) 8 8 8 mens im Gleichgewicht zu halten zwischen den EPUs, in denen große Investitionen getätigt werden ("Invest for Growth/Leadership"), und denjenigen, die Cashflow zur Finanzierung der Investitionen generieren ("Manage for Cash"). Bei der Abwägung darüber, in welche Projekte investiert werden soll, ist aus finanzieller Sicht der NPV das entscheidende Kriterium. Ist der NPV 0, werden nur die Kapitalkosten erwirtschaftet. Daher müssen Investitionen mindestens einen "NPV > 0" aufweisen, um in Betracht gezogen zu werden. Je nach Art des Projekts (Anlagevermögen, Lizenzierungsvereinbarungen, Übernahmen), des Landes und der Währung müssen entsprechende Aufschläge auf die Kapitalkosten berücksichtigt werden, um das angemessene Risikoprofil widerzuspiegeln. In der Praxis können eine Vielzahl von Projekten einen positiven NPV aufweisen, aber nicht jedes kann aufgrund begrenzter Finanzmittel durchgeführt werden. Um den Unternehmenswert mit den verfügbaren Ressourcen zu optimieren, analysiert das Controlling zusätzlich die Kennzahl NPV/Net Invest. Sie gibt Aufschluss darüber, wie hoch der NPV im Verhältnis zur entsprechenden Nettoinvestition ist: Je höher dieser Wert ist, desto besser. Nachdem die Sektoren ihre Investitionsoption vorgelegt haben, muss neben der korrekten Berechnung des NPVs auch sichergestellt werden, dass die verschiedenen Investitionsoptionen hinreichend genau und vergleichbar dargestellt werden. Dies ist essenziell, um eine Entscheidung auf Grundlage objektiv vergleichbarer Portfolio-Optionen zu treffen. Daher liegt der Fokus auf den Cash-relevanten Treibern, welche für die Bewertung abgefragt werden. Außerdem werden die für die Berechnung zentralen Parameter wie beispielsweise Steuersatz oder Wachstumsrate der ewigen Rente vorgegeben, was eine hohe Vergleichbarkeit sicherstellt. Abbildung 2 listet bei- Quelle: eigene Darstellung Neben den finanziellen Kennzahlen müssen auch die langfristigen strategischen Ziele berücksichtigt werden. spielhaft mögliche Investitionsoptionen der verschiedenen Geschäftsbereiche auf. Neben dem "Return-Profil" der Optionen soll auch das Risiko angemessen berücksichtigt werden. Zwar werden bei der NPV-Berechnung die Risiken durch die entsprechenden Kapitalkosten miteinbezogen, jedoch wird eine zusätzliche Sensitivitätsanalyse durchgeführt, die sogenannte "Assumption Sensitivity". In dieser werden verschiedene Szenarien im Hinblick auf die wesentlichen finanziellen Werttreiber durchgerechnet. Die entsprechende Risikosensitivität ist abschließend in die "Financial Attractiveness" der Option integriert. Die Financial Attractiveness ergibt sich aus dem erwarteten Renditeprofil (NPV/Net Invest) und dem erwarteten Risikoprofil (Assumption Sensitivity) der Option. Zum Beispiel hat die hohe Risikosensitivität der "Option 5" im Sektor Life Science einen negativen Einfluss auf die gesamte Financial Attractiveness. Dieser Prozess findet bei allen Investitionsoptionen Anwendung, unabhängig davon, ob es sich um eine organische oder anorganische Option handelt. Bei Merck beruhen die Entscheidungen über Investitionen auf definierten Kennzahlen und Geschäftsszenarien. Somit ist eine strategische Ressourcenallokation möglich, mit der die Unternehmensleitung für die Zukunft klare finanzielle Prioritäten setzen kann. Die regelmäßige Überprüfung des Portfolios und eine effektive Kapitalallokation werden weiterhin eine ausreichend diversifizierte und wertschaffende Struktur in allen Geschäftsbereichen gewährleisten. In Zukunft wird der Fokus darauf liegen, diesen Prozess zu optimieren und einen ganzheitlichen Blick einzunehmen. So sollen künftig bei der Allokation neben finanziellen Kriterien Nachhaltigkeitsaspekte in Form von ESG-Kriterien noch stärker berücksichtigt werden. Valuation: Measuring and managing the value of companies. 6. Auflage Controlling integriert und global: Erfolgreiche Steuerung von komplexen Organisationen Finanzplanung, Investitionscontrolling und Finanzcontrolling Künftig sollen bei der Allokation neben finanziellen Kriterien Nachhaltigkeitsaspekte in Form von ESG-Kriterien noch stärker berücksichtigt werden