key: cord-0077260-rxiy27kg authors: Krügl, Stefanie title: Der (Un)Sinn von Purpose: Theoriebasierte Ansätze zur Gestaltung von sinnhaftem Handeln in Unternehmen date: 2022-04-19 journal: Gr Interakt Org DOI: 10.1007/s11612-022-00628-7 sha: 6b3b27154f907215265cbadba367ec23f748ca0c doc_id: 77260 cord_uid: rxiy27kg This contribution to the journal “Group. Interaction. Organization.” deals with the question of the (non-)sense of purpose. Current approaches aiming at shaping the collective meaningfulness and aligning employee actions with the company’s purpose miss three crucial points: Orientation (Meaning of purpose), clarity (How to shape purpose?), and evidence (Why address purpose in organizations?). In short: The What, How and Why of purpose. This contribution fills these three gaps by providing a comprehensive review of literature. Purpose is defined (what) in a theory-driven way. The three levels at which purpose should be addressed (individual, team, and organization) are outlined. Relevant insights on these levels and advice for meaningful work design are provided (how). As current ongoing discussions barely contribute on the sense of purpose as such, the intention of this article is to shed light on why companies and managers should engage with this subject in a meaningful way (why). streben nach einer starken gemeinsamen Ausrichtung, auf die Mitarbeitende mit voller Kraft hinarbeiten. Der Unternehmenserfolg soll automatisch folgen. Viele der aktuell in Unternehmen eingeführten Ansätze für Purpose degenerieren im Zuge dieses Trends zu Modevokabeln (Backovic 2021) . Was Purpose bedeutet und wie er zu gestalten ist, ist häufig kaum mit validen Fakten untermauert, stattdessen unscharf bis transzendental konnotiert -bis hin zu "Visionen, die ein organisationales Jenseits" suggerieren (Lackner und Schuster 2020, S. 405) . Bedauerlicherweise entwertet der marktgetriebene Purpose-Hype ein prinzipiell wertvolles Instrument der Organisationsentwicklung, weil es der aktuell geführten Diskussion an drei Dingen fehlt: Orientierung, Klarheit und Evidenz. Die Diskussion ist orientierungslos, weil es infolge kaum belastbarer Definitionen an greifbaren Gegenständen mangelt. Was ist mit Purpose genau gemeint? Die Diskussion ist konfus, weil Ansatzpunkte zur Entwicklung einer Grundausrichtung im Sinne eines Purpose weitgehend unklar bleiben. Wie kann man Purpose tatsächlich entwickeln? Die aktuelle Diskussion ist zudem hoch spekulativ, weil sich die behaupteten Effekte eines Purpose in der wissenschaftlichen Literatur nicht nachweisen lassen bzw. nachgewiesene Effekte außer Acht gelassen werden: Warum also sollten sich Unternehmen mit Purpose beschäftigen? Der Gestaltung von Purpose in Unternehmen fehlt es ausgerechnet an Simon Sineks zentralen Stellschrauben des What, How und Why (Sinek 2019) . Darin besteht der aktuell vorherrschende Un-Sinn von Purpose. Mit dem vorliegenden Beitrag wird theoriegeleitet Klarheit in das diffuse Konstrukt Purpose und dessen Gestaltung gebracht. Dabei orientiert sich der Artikel am eingeführten Dreiklang aus What, How und Why. Erstens wird Purpose sauber und fundiert abgegrenzt. Zweitens werden sechs Wirkprinzipien beschrieben, mit denen Purpose auf den Ebenen Individuum, Team und Unternehmen adressiert werden kann. Drittens wird dargestellt, welche Gründe dafürsprechen, sich als Unternehmen tatsächlich sinnhaft mit Purpose auseinanderzusetzen. Der Begriff des Purpose wird häufig, basierend auf der Beschreibung von (Ryff 1989b, S. 43/44) , als Zuschreibung von Richtung, Intentionalität und Integration der verschiedenen Lebensbereiche definiert. Vermutlich macht dieses Verständnis von Purpose als handlungsleitende Grundausrichtung das Konzept für Unternehmen so attraktiv. In der Verwendung von Ryffs Definition wird gerne die Tatsache unterschlagen, dass sie Purpose aus persönlichkeitspsychologischer Sicht als Kennzeichen einer intakten psychischen Gesundheit definiert, als "persönliche Reife, die ein kla-res Verständnis des eigenen Lebenssinns, ein Gefühl von Zielgerichtetheit und Intentionalität umfasst" (Ryff 1989a (Ryff , S. 1071 . Entsprechend ist ein sinnhafter Einsatz individueller Ressourcen und Stärken zunächst einmal stark personengebunden und subjektiv. Rosso et al. (2010, S. 108) betrachten Purpose als einen von sieben Faktoren, die dazu führen, dass Arbeit als sinnvoll wahrgenommen wird 1 . Dabei unterscheiden sie zwischen zwei Arten, Purpose zu verstehen: als individuelle Bedeutsamkeit einerseits und als geteilte Wertvorstellungen einer Gemeinschaft, z. B. Team oder Organisation, andererseits (Rosso et al. 2010, S. 111) . Erstens entsteht Purpose für jeden Menschen individuell durch die wahrgenommene Bedeutsamkeit der eigenen Aufgaben (Rosso et al. 2010) . Grant (2008) zeigte etwa, dass Mitarbeitende, die den sozialen Nutzen ihrer Arbeit als hoch einstufen, diese als sinnhaft wahrnehmen. Ferner erzielen diese Mitarbeitenden, deren Arbeit mit prosozialem Sinn aufgeladen ist, bessere Leistungen (Grant 2008) . Ryff (1989a) betonte in ihrer Definition zudem die temporäre Dimension des sich im Zuge äußerer oder persönlicher Veränderungen wandelnden individuellen Purpose. Jiang (2021) zeigte in einer Längsschnittstudie, dass Menschen unter Krisenbedingungen den Purpose ihrer Arbeit an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen. Mitarbeitende einer US-amerikanischen Flüchtlingsbehörde waren während der syrischen Flüchtlingskrise über zwei Jahre immensen Veränderungen in ihrer Arbeit ausgesetzt. Die Mitarbeitenden hielten am grundlegenden Sinn ihrer Arbeit fest, definierten aber in der geänderten Situation ein vorläufiges neues "Warum" ihrer Arbeit und fokussierten sich weniger auf Qualität, sondern mehr auf Quantität, d. h. die schnelle Bearbeitung von Asylanträgen. Dass der individuelle Purpose auch über eine Lebensspanne stabil sein kann, zeigen umfassende Forschungsarbeiten zum Thema der persönlichen Berufung (s. unten) (z. B. Dobrow und Tosti-Kharas 2011; Dobrow und Heller 2015) . Zweitens entsteht Purpose in Bezug auf den Beruf durch ein von einer Gruppe geteiltes Wertesystem, insbesondere in einer Gesellschaft, in welcher Arbeit eine wesentliche Grundlage für Selbstwert darstellt (Baumeister 1991) . So verstanden bedeutet Purpose eine Art sozialen Kompass für richtig und falsch, der die menschliche Wahrnehmung und das Verhalten leitet (Schwartz 1992) . Ein Handeln in Übereinstimmung mit dem gemeinsamen Wertesystem gibt dem Individuum die Gewissheit, "das Richtige getan zu haben" (Baumeister und Vohs 2002, S. 610) , und erzeugt ein Gefühl für zielgerichtetes Handeln (Frankl 1959) . Purpose bildet laut Baumeister (1991, S. 118 ) die Grundlage, warum Mitarbeitende ihre Arbeit machen, und warum diese für sie wertvoll, wichtig und wert ist, getan zu werden. Traditionell waren mit Arbeit verbundene individuelle Ziele eher kongruent mit Unternehmenszielen, etwa Gewinn-und Statusmaximierung. Die Nachwuchsgenerationen dagegen vertreten Werte wie Sinnstiftung, Arbeitszufriedenheit und Selbstverwirklichung und stellen damit neuartige Forderungen an das Wertesystem von Organisationen (Lancaster und Stillman 2010) . So führen sie Organisationen nicht nur zurück an die Wurzel ihrer Existenz, die neben dem Wunsch nach finanziellem Erfolg stets eine qualitative Komponente enthält (van Knippenberg 2020), sondern bringen sie auch dazu, sich an äußeren, gesellschaftlichen Werten und Veränderungen auszurichten, um Arbeit sinnstiftend und attraktiv zu gestalten (Grant 2008) . Häufig wird Purpose in einem Atemzug mit der Vision bzw. Mission einer Organisation genannt. Van Knippenberg (2020, S. 7) grenzt Vision und Purpose klar gegeneinander ab und beschreibt, in Anlehnung an Selznick (1957) , Unternehmenspurpose als Verständnis dafür, was der grundlegende Zweck der Organisation ist und warum dieser sinnvoll sei. Der Zweck sei immer gegenwartsgerichtet und obligatorisch vorhanden -jede Organisation muss in ihrem Tun einen Zweck verfolgen, während eine Vision als vorgestelltes Zukunftsbild auch optional sein kann. Stellen die Vision das Zukunftsbild und die Mission grundlegende Ziele, Werte und Zwecke einer Organisation dar (Rosso et al. 2010) , so ist Purpose als "Richtung und Intentionalität" (Ryff 1989a (Ryff , S. 1071 ) sozusagen die dritte Komponente erfolgreicher Organisationsentwicklung, der "Motor", der das aktive Handeln im Sinne der Vision und Mission antreibt. Ein gemeinsamer Purpose entsteht entsprechend, wenn mehrere Mitarbeitende das gleiche Verständnis vom Sinn und Zweck ihrer Arbeit teilen (Carton et al. 2014 (Carton et al. , S. 1544 . Entflechtet man also den Begriff des Purpose, wird deutlich, dass mehrere Ebenen unterschieden werden müssen: der individuelle Purpose als persönliche Sinnfindung bzw. Berufung und der Purpose einer Gemeinschaft, sprich eines Teams von Menschen, als geteiltes Wertesystem und übergeordnet einer Organisation als Unternehmenszweck, auf den sich die Aktivitäten der Gemeinschaft ausrichten. Um das Handeln von Menschen sinnstiftend zu gestalten und damit Purpose zu erzeugen, können Unternehmen an sechs substanziellen Wirkmechanismen auf drei Ebenen ansetzen: Individuum, Team und Organisation (siehe Abb. 1). Ein Individuum kann sich mit dem Unternehmenszweck identifizieren, wenn Arbeit sinnhaft gestaltet ist. In manchen Fällen kann dies bis zur Verwirklichung einer individuellen Berufung in der Arbeitstätigkeit führen, wie etwa als Musiker:in. Auf Teamebene kann Purpose an der sozialen Identität sowie Beziehungsqualität und prosozialer Arbeitsgestaltung ansetzen. Die Arbeit am Purpose der Organisation liegt in den Feldern visionäre Führung bzw. sinnbasiertes Führungshandeln sowie dem Herstellen eines Gleichgewichts von Strukturen und Freiheitsgraden. Sinnstiftende Arbeit ist mit hoher persönlicher Relevanz, positiver Bedeutung (Rosso et al. 2010 ) und folglich höherer Arbeitsmotivation verbunden (Grant 2008 Führungskräfte können diese Erkenntnisse für die Zuordnung von Aufgabenbereichen für ihre Mitarbeitenden nutzen. Indem sie in regelmäßigen Mitarbeitergesprächen die erlebte Motivation in Verbindung mit Arbeitsmerkmalen und dem, was sich Mitarbeitende wünschen, vergleichen, ergründen Mitarbeitende und Führungskräfte gemeinsam den Weg der besten Entwicklung des Mitarbeitenden. Unternehmen tun gut daran, die individuell sinnstiftenden Faktoren ihrer Mitarbeitenden auszumachen und damit nicht zuletzt einem der häufigsten Kündigungsgründe junger Nachwuchskräfte (vgl. Lancaster und Stillman 2010) entgegenzuwirken. Einige Menschen empfinden ihre Arbeit als Berufung, definiert als "verzehrende, bedeutungsvolle Leidenschaft, die Menschen für eine Domäne empfinden" (Dobrow und Tosti-Kharas 2011 , S. 1005 . Menschen, die ihrer Arbeit als Berufung nachgehen, sind nachweislich erfolgreicher (Praskova et al. 2014) , engagierter (Bunderson und Thompson 2009) , stärker mit ihrem Unternehmen verbunden (Cardador et al. 2011 ) und erleben ihre Arbeit als sinnhafter (Hirschi 2011) . Berufung bedeutet demnach, inspiriert und handlungsfähig in Übereinstimmung mit seinen wahren Potenzialen zu leben und zu arbeiten. Bloom et al. (2020) zeigten, dass, wenn Menschen mit einem starken Berufswunsch diesen auch ausüben können, sie im Laufe der Zeit ihre Berufung immer weiter stärken. Die Autoren beschreiben in der Entwicklung einer persönlichen Berufung zwei zentrale Faktoren: Authentizität, also wahrhaftig und kompetent für ihr ausgeübtes Handwerk zu stehen, und Legitimität, d.h., von ihrem Umfeld auch als fachliche Autorität anerkannt zu werden (Bloom et al. 2020, S. 32) . Diese Aspekte können der sinnstiftenden Gestaltung von Nachwuchsprogrammen und Führungskräfteentwicklung dienen und auch für individuelle Zielvereinbarungsprozesse, Karrierepfade und Anreizsysteme genutzt werden. Dabei müssen Unternehmen jedoch darauf achten, dass sich Menschen mit einem starken Gefühl der Berufung durch ihr großes Engagement nicht selbst schaden. Duffy und Dik (2013) sehen neben den vielen positiven Effekten einer Berufung eine Gefahr darin, dass Menschen, die ihrer persönlichen Lebensaufgabe folgen, zu viel Energie in ihre Arbeit investieren und von ihren Arbeitgebern ausgebeutet werden könnten. Schabram und Maitlis (2017) weisen ebenfalls auf Burnout als potenzielle Schattenseite der Berufung hin. Teams stellen eine Form der Gemeinschaft dar, aus deren Zugehörigkeit Menschen Bedeutung (Pratt und Ashford 2003) und intrinsische Motivation schöpfen (Gagné und Deci 2005) und daraus einige ihrer sozialen Identitäten definieren. Griffin (1983) geht davon aus, dass die Sinnhaftigkeit, die Mitarbeitende einer Arbeitsaufgabe beimessen, sozial konstruiert wird. Je mehr Wertschätzung eine Aufgabe durch Führungskräfte und Kollegen erfährt, umso sinnvoller wird sie wahrgenommen. Mitarbeitende suchen demnach an ihrem Arbeitsplatz nach Hinweisen, wie sie sich am vorteilhaftesten verhalten sollen, und konstruieren daraus ihre Einstellungen, Interpretationen und Bedeutungen der Arbeit. So entwickeln sich gemeinschaftliche Normen und Regeln (Wrzesniewski et al. 2003) . Maitlis und Christianson (2014) unterstreichen das Bedürfnis nach Sinn hinter dem eigenen Handeln und dem des Umfeldes: Wenn Menschen auf Momente der Mehrdeutigkeit oder Ungewissheit stoßen, versuchen sie zu klären, was vor sich geht, indem sie Hinweise aus ihrer Umgebung wahrnehmen, interpretieren und so einen Sinn im Geschehen ausmachen, der ihr weiteres Handeln beeinflusst. Purpose, als Orientierungspunkt und schließende Handlungsstrategie (s. unten), kommt demnach auch eine sozial normierende und konsensbildende Funktion zu (Gebert et al. 2010 ). Die Beziehungen zu anderen Menschen sind für unsere Wahrnehmung von Sinn und Bedeutsamkeit maßgeblich. Robertson et al. (2020) skizzieren die Rolle sozialer Verbindungen für das Purpose-Erleben von Mitarbeitenden. Sie nehmen an, dass Ressourcen aus beruflichen Netzwerken, K die hierarchisch geprägt bzw. informell sein oder auf Expertentum basieren können, das Maß beeinflussen, in dem ein Mensch seine Tätigkeit als sinnhaft empfindet. Solche Ressourcen können instrumenteller Natur sein, wie z. B. Informationen und Ratschläge für die Erledigung von Aufgaben, oder expressiver Natur, wie soziale Unterstützung, Mitgefühl und Freundschaft (Umphress et al. 2003) . Auf diese Weise verhelfen Netzwerke Menschen dazu, sich integriert zu fühlen, ihre Aufgaben gut zu erledigen und neue Fähigkeiten zu erwerben. Die Digitalisierung und IT-gestützte Kommunikation bringen weitere Implikationen für soziale Verbindungen am Arbeitsplatz mit sich: So postulieren Wang et al. (2020) , dass der Austausch instrumenteller Unterstützung in der digitalen Kommunikation eine stärkere Rolle spielt und so die Produktivität und Aufgabenerledigung steigert. Expressive Verbindungselemente wie Körpersprache und soziale Hinweisreize sind digital dagegen eingeschränkter abbildbar. Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit bieten, etwas Wertvolles für andere Mitglieder der Gemeinschaft beizutragen, gewinnen diese Mitarbeitenden ein Gefühl von Zweck, Handlungsfähigkeit und Einfluss (Grant 2007) . Folglich können Organisationen der Arbeit auch Richtung und Intentionalität -also Purpose -verleihen, indem sie die Mitarbeitenden dabei fördern, starke soziale Bindungen in der Organisation aufzubauen. Gezielte Peer-Learning-Formate etwa, in denen Mitarbeitende von Mitarbeitenden lernen, umfassen instrumentelle und expressive Ressourcen gleichermaßen. Purpose als klarer Unternehmenszweck nützt Unternehmen durch drei Funktionen: Purpose wirkt, im Sinne einer schließenden Handlungsstrategie der Organisationsentwicklung, richtungsgebend (direktiv), fördert kulturell Konsens und ermöglicht es, neu entwickelte Ideen in der Praxis umzusetzen (Gebert et al. 2010) . Ein geteilter Purpose verringert den Koordinationsaufwand von Aufgaben und Aktivitäten in Teams und Organisationen und steigert so deren Leistungsfähigkeit (Carton et al. 2014) . Purpose vermindert Komplexität, indem er die Anzahl der Handlungsoptionen eines Teams reduziert. Folglich kann Führung über eine kluge Kombination von Purpose und Regeln viel Freiheit in der konkreten Umsetzung von Aufgaben zulassen, ohne direktiv zu agieren. Die durch Purpose erzeugte abgesicherte Freiheit befähigt die Mitarbeitenden zu autonomen Handeln (d. h. Empowerment) (Birkinshaw 2003; Gebert et al. 2010) . So entsteht ein Klima der psychologischen Sicherheit, das jederzeit kreativen Widerspruch und kritisches Hinterfragen des Status quo erlaubt (Edmondson 2020) . Erst durch die Kombination dieses gesetzten Rahmens mit der daraus erwachsenden Offenheit ist es möglich, alternative Blickwinkel einzunehmen, neue Optionen zu berücksichtigen und so Entwicklung zu ermöglichen (Gebert et al. 2010) . Das permanente Hinterfragen von als gegeben betrachteten Tatsachen in Kombination mit einer klaren Zielorientierung ist die Voraussetzung für Innovation. Purpose dient folglich als Puffer für die Komplexität, in der Unternehmen zunehmend agieren, und als gemeinsame Klammer, welche die Fliehkräfte in Schach hält. Je stärker der Veränderungsdruck ist, desto wichtiger wird die puffernde Gegenwirkung des Purpose, nicht im Sinne eines Entweder-oder, sondern im Sinne einer sinnvollen Kombination öffnender und schließender Handlungsstrategien von Führung (Gebert et al. 2010 In Zeiten, in denen nicht nur durch globale Entwicklungen wie Digitalisierung oder Pandemien wie Covid-19 die Komplexität der Zusammenarbeit stetig steigt, brauchen Organisationen einen stabilen Faktor, an dem sie sich ausrichten können. Ursache-Wirkungsprinzipien sind vorab oft nicht klar erkennbar und auch erfahrene Organisationen müssen immer häufiger nach dem Prinzip Versuch und Irrtum handeln. Sie müssen daher ihre Arbeitsweisen in einem Umfeld von komplexer werdenden Märkten ändern, wenn sie weiterhin erfolgreich sein wollen. Die Komplexität erreicht einen großen Teil der Mitarbeitenden, die nun in den Blickpunkt rücken. Auch wenn es den Beispielen aus dem Chor der Influencer, die in nahezu allen Managementmagazinen zu lesen sind, an Definitionen, klar dargestellten Ursache-Wirkungs-Prinzipien und echter Empirie mangelt, sollten diese Schwächen Organisationen nicht davon abhalten, sich fundiert mit dem Thema Purpose zu befassen. Er erfüllt in dynamischen und sich stark verändernden Umgebungen -also unserer heutigen Arbeitswelt -eine enorm wichtige Funktion: die Komplexität der Handlungsoptionen zu reduzieren, indem er dem Handeln von Organisationen eine klare und idealerweise von allen Mitarbeitende verstandene und geteilte Grundausrichtung gibt. Dies ist der eigentliche Sinn von Purpose. Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de. Beraterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FH Südwestfalen, International Management. Forschungsschwerpunkte: agile und klassische Organisationsentwicklung, Führung und People Analytics. Stefan Kühl im Interview: In ein, zwei Jahren wird kaum noch jemand über Purpose sprechen The theory of purposeful work behavior: the role of personality, higher-order goals, and job characteristics Meanings of life The pursuit of meaningfulness in life The Paradox of Corporate Entrepreneurship Stories of calling: how called professionals construct narrative identities The call of the wild: Zookeepers, callings, and the double-edged sword of deeply meaningful work Linking calling orientations to organizational attachment via organizational instrumentality A (blurry) vision of the future: how leader rhetoric about ultimate goals influences performance Follow your heart or your head? A longitudinal study of the facilitating role of calling and ability in the pursuit of a challenging career Calling: the development of a scale measure Research on calling: What have we learned and where are we going Die angstfreie Organisation: Wie Sie psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz für mehr Entwicklung, Lernen und Innovation schaffen Man's search for meaning Self-determination theory and work motivation Fostering team innovation: why is it important to combine opposing action strategies? Organization Science Relational job design and the motivation to make a prosocial difference The significance of task significance: job performance effects, relational mechanisms, and boundary conditions Objective and social sources of information in task redesign: a field experiment Situated coworker familiarity: how site visits transform relationships among distributed workers Callings in career: a typological approach to essential and optional components Sustaining meaningful work in a crisis: adopting and conveying a situational purpose Consequences of individuals' fit at work: a meta-analysis of person-job, person-organization, person-group, and person supervisor fit Sinn, Zweck und Purpose im Organisationskontext: Magic Moments. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO) The mindfactor: how the millennial generation is rocking the workplace Sensemaking in organizations: taking stock and moving forward Hierarchical leadership versus self-management in teams: goal orientation diversity as moderator of their relative effectiveness Lead and disrupt: How to solve the innovator's dilemma. Press: Stanford Business Books. an imprint of Stanford University Pichler Revisiting the meaning of leadership Testing a calling model of psychological career success in Australian young adults: a longitudinal study Fostering meaningfulness in working and at work Dimensions of transformational leadership: conceptual and empirical extensions. The Leadership Quarterly Finding meaning in relationships: the impact of network ties and structure on the meaningfulness of work On the meaning of work: a theoretical integration and review. Research in Organizational Behavior Happiness is everything, or is it? Explorations on the meaning of psychological well-being Beyond ponce de Leon and life satisfaction: new directions in quest of successful ageing Negotiating the challenges of a calling: emotion and enacted sensemaking in animal shelter work Universals in the content and structure of values: theoretical advances and empirical tests in 20 countries Law and the Structures of Social Action Start with why: how great leaders inspire everyone to take action The role of instrumental and expressive social ties in employees' perceptions of organizational justice How does the use of information communication technology affect individuals? A work design perspective Examining personality-job characteristic interactions in explaining work outcomes Interpersonal sensemaking and the meaning of work Paradoxical Leader Behaviors in People Management: Antecedents and Consequences