key: cord-0073770-byd758gz authors: nan title: Straffreiheit bei Vorzeigen gefälschter Impfausweise in Apotheke: StGB 267, 277–279; IfSG 74, 75a date: 2022-01-19 journal: Medizinrecht DOI: 10.1007/s00350-021-6102-9 sha: 5c85a1bb9e018b85fa2fb44525e283dc9296048e doc_id: 73770 cord_uid: byd758gz 1. Die 277, 279 StGB sind im Verhältnis zu 267 StGB Spezialvorschriften. Bei Vorlage eines unechten oder verfälschten Gesundheitszeugnisses wird 267 StGB von diesen verdrängt und kann nicht zur Anwendung gelangen. 2. Dies gilt unabhängig davon, ob die übrigen Voraussetzungen der 277, 279 StGB erfüllt sind, denn mit einem Strafrahmen von Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe enthalten diese Vorschriften eine Privilegierung gegenüber der deutlich höheren Strafandrohung des 267 StGB. 3. Bei einem Impfausweis handelt es sich um ein Gesundheitszeugnis im Sinne der 277, 279 StGB, da die Impfung eine Information über die voraussichtlich gesteigerte Immunabwehrkraft als Aspekt des Gesundheitszustandes impliziert und der Impfnachweis Informationen über die Existenz bestimmter körperbezogener Umstände enthält, die auf den Gesundheitszustand dieses Menschen mehr oder weniger Einfluss ausüben müssen oder doch können. 4. Eine Apotheke ist keine Behörde im Sinne der 277, 279 StGB. Das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises bei einer Apotheke erfüllt daher nicht die Voraussetzungen der Vorschriften und ist infolge der Sperrwirkung deren gegenüber 267 StGB auch nicht als Urkundenfälschung strafbar. 5. Mögliche Strafbarkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (74 Abs. 2, 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG) setzen einen Impfausweis voraus, in dem von einem Arzt eine unrichtige Dokumentation vorgenommen wurde. Eine Strafbarkeit nach 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG für den Gebrauch “privat” gefälschter Impfausweise scheidet daher aus. (Leitsätze der Bearbeiter) StGB von diesen verdrängt und kann nicht zur Anwendung gelangen. 2. Dies gilt unabhängig davon, ob die übrigen Voraussetzungen der § § 277, 279 StGB erfüllt sind, denn mit einem Strafrahmen von Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe enthalten diese Vorschriften eine Privilegierung gegenüber der deutlich höheren Strafandrohung des § 267 StGB. Gesundheitszeugnis im Sinne der § § 277, 279 StGB, da die Impfung eine Information über die voraussichtlich gesteigerte Immunabwehrkraft als Aspekt des Gesundheitszustandes impliziert und der Impfnachweis Informationen über die Existenz bestimmter körperbezogener Umstände enthält, die auf den Gesundheitszustand dieses Menschen mehr oder weniger Einfluss ausüben müssen oder doch können. 4 . Eine Apotheke ist keine Behörde im Sinne der § § 277, 279 StGB. Das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises bei einer Apotheke erfüllt daher nicht die Voraussetzungen der Vorschriften und ist infolge der Sperrwirkung deren gegenüber § 267 StGB auch nicht als Urkundenfälschung straf bar. 5 Da der Gebrauch eines unechten oder gefälschten lmpfausweises unabhängig von der Straf barkeit des Verhaltens aufgrund der bestehenden Ansteckungsgefahr eine gegenwärtige Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, dürfte der lmpfausweis allerdings auf Grundlage des polizeirechtlichen Gefahrenabwehrrechtes nach § 26 Nr. 1 NPOG sicherzustellen sein. […] Auch bei Geltung der 3-G-Regel erspart man sich den wiederkehrenden Aufwand und ggfs. die Kosten einer Testung. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass über stark ansteigende Fallzahlen im Zusammenhang mit Fälschungen von Impfausweisen berichtet wird. Die Frage nach der Straf barkeit solcher Verhaltensweisen ist nicht neu. Bereits im Frühsommer letzten Jahres mehrten sich die Berichte über Fälschungen im Zusammenhang mit Corona-Impfungen 1 . Und schon im Mai vergangenen Jahres äußerte sich die vormalige Bundesjustizminiersterin Lambrecht zur Frage der Straf barkeit dieses Verhaltens überraschend eindeutig. Das Fälschen von Impfausweisen sei "kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat" 2 . Auch der vormalige Bundesgesundheitsminister Spahn äußerte sich in diesem Sinne 3 . Allerdings gab es auch Bedenken, dass entsprechende Handlungen straffrei sein könnten. Deshalb wurde im Sommer letzten Jahres eine Reform auf den Weg gebracht Knapp vier Monate später hat zur Thematik der Impfausweisfälschung nun das LG Osnabrück entschieden Lehrstuhl für Strafrecht