key: cord-0073272-lsvh08li authors: Hellbach, Katharina title: Moderne Tumortherapien und ihre pulmonalen Nebenwirkungen date: 2022-01-10 journal: best practice onkologie DOI: 10.1007/s11654-021-00360-6 sha: 1545182120817ab937beda436f35350ad2fe9ae6 doc_id: 73272 cord_uid: lsvh08li Radiation therapy and more recently, drug-based molecular therapy in particular, are a central component of modern oncology. Both forms of therapy are suitable for effectively treating tumors with comparatively low systemic side effects. Nevertheless, even these treatment approaches have side effects, which are triggered by the toxicity of the radiation and by the immunomodulatory effects of the administered drugs. The pneumotoxic potential of these forms of therapy is reflected in the development of interstitial pneumonitis, which can transition into fibrotic changes in the lung structure. The clinical diagnosis of the disease is made more difficult as the symptoms are nonspecific. Computed tomography (CT) is an excellent means of diagnosing the corresponding consolidations and to monitor them over time. Therefore, in the interdisciplinary context the radiologist plays a central role in the diagnostics of this disease. Im Gegensatz zu den klassischen Chemotherapeutika adressiert die gezielte Therapie ("targeted therapy") insbesondere Tumorzellen, da diese Wirkstoffe an speziellen Oberflächenmolekülen der entarteten Zellen binden, die auf gesunden Zellen nicht oder in sehr geringem Umfang exprimiert werden. Zudem ist es mit dem Einsatz von ICI möglich, immunsupprimierende Eigenschaften der Tumorzellen zu blockieren, was zu einer effizienten Antwort des Immunsystems gegen Tumorzellen führt. Das macht diese Therapieformen hoch wirksam bei gleichzeitig verhältnismäßig geringen systemischen Nebenwirkungen [3] . Dennoch haben auch Substanzen aus dem Spektrum der molekularen Therapeutika zum Teil erhebliche Nebenwirkungen. Eine Übersicht über gängige Wirkstoffe aus der Gruppe dieser antineoplastischen Medikamente mit pneumotoxischem Potenzial gibt Tab. 1 [4, 5, 6] . Im Jahr 2003 wurde erstmals über Fälle von schwerem akuten Lungenversagen (ALI) nach Gabe von Gefitinib bei NSCLC berichtet [7] . In jüngerer Zeit rückten zudem die ICI in den Fokus des medizinischen Interesses, da nach deren Verabreichung vermehrt Fälle immunbedingter Nebenwirkungen auftraten [8] . Letztlich können alle zielgerichteten Therapien Reaktionen in der Lunge auslösen, die dem Krankheitsbild der DILD ("drug-induced lung disease") zugerechnet werden. CT-morphologisch lässt sich die DILD in ihren verschiedenen Ausprägungsformen gut abbilden [9] . Merke. Durch molekulare Therapeutika verursachte entzündliche Lungenveränderungen werden unter dem Begriff der DRP zusammengefasst. CT-morphologisch zeigen sich Verdichtungen mit unterschiedlichen Mustern. Die klinischen Symptome der DRP sind unspezifisch und können Atemnot, trockenen Husten und Fieber umfassen. Manche Patienten zeigen trotz CT-morphologisch sichtbarer Verdichtungen keinerlei Symptome. Andere wiederum entwickeln eine akut ausgeprägte Dyspnoe und sind vital gefährdet. Tab. 2 gibt eine Übersicht über die klinische Stadieneinteilung der DRP [10] . Auch die klinische Untersuchung, Bluttests oder Lungenfunktionsuntersuchungen erlauben meist keine spezifische Diagnose, sind aber für den Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen hilfreich [11] . Eine gemeldet [12] . Andere mögliche Differenzialdiagnosen der DRP müssen vor Diagnosestellung ausgeschlossen werden [9] . Merke. Die Symptome der DRP sind unspezifisch und umfassen viele Differenzialdiagnosen. Bei Gabe eines potenziell pneumotoxischen Medikaments sollte jedoch an das Vorliegen einer DRP gedacht werden. Die CT der Lunge (dünnschichtige Volumen-CT, Schichtdicke <1,5 mm, inkl. koronarer Rekonstruktionen) ist ein wichtiges Werkzeug für die Diagnose der DRP [13] . Sowohl die Ausdehnung und das Muster als auch die Entwicklung der Verdichtungen im zeitlichen Verlauf können mithilfe der CT dargestellt werden (Abb. 2). Zudem ist die Bildgebung dem Ausschluss möglicher Differenzialdiagnosen dienlich [14] . Erschwert EGFR "epidermal growth factor receptor", TKI Tyrosinkinaseinhibitor, mTOR "mechanistic target of rapamycin", ALK anaplastische Lymphomkinase, ICI Immuncheckpoint-Inhibitor, PD-1 "programmed cell death protein 1" Grad Symptome Muster verursachen [15] . Verschiedene Muster können gleichzeitig vorliegen. Es bleibt also festzustellen, dass das HR("highresolution")-CT-morphologische Muster prinzipiell nicht vorhersehbar ist, jedoch gewisse Häufungen bei bestimmten Medikamenten zeigt. Ein Großteil der DRP-typischen Verdichtungen wird der Gruppe der interstitiellen Pneumonie (IP) zugeteilt [9] . Tab. 3 gibt einen Überblick über die verschiedenen Muster, deren Erscheinungsform in der CT sowie der potenziell auslösenden Substanzen. Ein NSIP(nichtspezifische interstitielle Pneumonie)-Muster findet man vermehrt bei Patienten, die eine Therapie mit EGFR-TKI oder ICI erhalten haben (Abb. 2; [16] ). Die Hypersensitivitätspneumonitis (HP) tritt gehäuft nach Gabe von EGFR-TKI, mTOR-Inhibitoren und ICI auf [17] . Besondere Aufmerksamkeit des Radiologen verdient das Muster eines diffusen alveolären Schadens ("diffuse alveolar damage", DAD; Abb. 3). Es tritt auf nach Therapie mit EGFR-TKI, ALK-Inhibitoren, CD20-Antikörpern und ICI. Veränderungen im Rahmen eines DAD sind mit schweren klinischen Symptomen und einer vergleichsweise schlechten Prognose verbunden [18] . Völlig ge-gensätzlich hierzu hat der Patient bei Diagnose eines Löffler-Syndroms (einfache pulmonale Eosinophilie), das zumeist nach Gabe von Osimertinib auftritt, eine exzellente Prognose [19] . Die Verdichtungen bilden sich in der Regel binnen 4 Wochen spontan zurück. Das Muster einer organisierenden Pneumonie (OP) wurde dokumentiert bei Therapien mit ICI, EGFR-TKI, mTOR-und ALK-Inhibitoren (Abb. 4; [20] ). Eine Besonderheit der durch ICI-verursachten Pneumonitis besteht in der Tatsache, dass die CT-morphologischen Muster partiell mit der Ausprägung des Krankheitsbildes korrelieren. Liegt ein NSIP-oder HP-Muster vor, bestehen eher milde Krankheitsverläufe, gefolgt vom OP-Muster. Das DAD-Muster scheint mit schwereren Krankheitsverläufen assoziiert zu sein [21] . Merke. Die CT-morphologischen Muster der DRP sind häufig dem Formenkreis der IP zuzuordnen. Die verschiedenen CTmorphologischen Muster sind unspezifisch für die verabreichte Medikation. Reaktion nach Gabe von EGFR("epidermal growth factor receptor")-Tyrosinkinaseinhibitoren (EGFR-TKI): a 65-jährige Patientin, NSCLC ("non-small cell lung cancer"; Adenokarzinom Oberlappen rechts), Stadium IV. b 6 Monate nach Beginn der Therapie mit Nivolumab (4 Zyklen); CT(Computertomographie)morphologisch DRP ("drug-related pneumonitis"); Besserung unter NSIP nichtspezifische interstitielle Pneumonie, EGFR "epidermal growth factor receptor", TKI Tyrosinkinaseinhibitor, ICI Immuncheckpoint-Inhibitor, OP organisierende Pneumonie, mTOR "mechanistic target of rapamycin", ALK anaplastische Lymphomkinase, DAD "diffuse alveolar damage" Abb. 3 Diffuser alveolärer Schaden ("diffuse alveolar damage", DAD) nach Therapie mit VEGF("vascular endothelial growth factor")-Antikörpern: a 73-jährige Patientin mit kolorektalem Karzinom; b 9 Wochen nach Beginn der Therapie mit Bevacizumab. (Mit freundlicher Genehmigung, © Prof Dr. med. Claus Peter Heußel, alle Rechte vorbehalten) Merke. Für die zuverlässige Diagnose der DRP wird ein multidisziplinäres Team aus Klinikern, Radiologen und ggf. Pathologen empfohlen. Wie bei Auftreten einer DRP zu verfahren ist, richtet sich nach der bereits genannten klinischen Stadieneinteilung (Tab. 2; [10] ). Bei Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf (NCI[National Cancer Institute]-Grad 3 und 4) sollte das auslösende Agens sofort abgesetzt werden. Außerdem werden in der Regel Glukokortikoide verabreicht, die den Heilungsprozess beschleunigen. Eine zusätzliche Sauerstoffgabe bis hin zur Intubation kann in diesen Fällen nötig werden [23] . Eine Ausnahme bildet die durch ICI-verursachte DRP: In diesem Fall wird empfohlen, die Medikation unabhängig vom Schweregrad der DRP zu pausieren, also auch bei milden Symptomen. Lag eine Pneumonitis Grad 3-4 vor, sollte die ICI-Therapie nach Abklingen der DRP nicht wiederaufgenommen werden [9] . Die medikamenteninduzierte sarkoidoseähnliche Reaktion ("drug-induced sarcoidosis-like reaction", DISR) ist eine systemische granulomatöse Reaktion, deren Auftreten in zeitlichen Zusammenhang mit der Gabe bestimmter Medikamente steht. Die DISR ist klinisch und bildgebend nicht von der eigentlichen Sarkoidose zu unterscheiden: Betroffene Patienten zeigen unter anderem eine bilaterale hiläre Lymphadenopathie, kutane Läsionen und Uveitis. Histopathologisch finden sich wie bei der Sarkoidose auch bei der DISR nichtverkäsende, epitheloidzellige Granulome mit Langhans-Riesenzellen und einem Randwall aus Lymphozyten, Monozyten und Fibroblasten. Die Unterscheidung der DISR von der Sarkoidose ist lediglich durch das Absetzen des potenziell auslösenden Medikaments möglich. Hiernach bildet sich die DISR im Gegensatz zur "echten" Sarkoidose regelhaft zurück. Folgende Medikamentengruppen konnten als potenzielle Auslöser der DISR identifiziert werden [24] : • ICI, • antiretrovirale Medikamente, • Interferone, • Tumornekrosefaktor-α-Inhibitoren, • BRAF("V-Raf [rat fibrosarcoma] murine sarcoma viral oncogene homolog B1")-Inhibitoren. Cave. An die DISR denken! Eine Missinterpretation der bihilären Lymphadenopathie als Tumorprogress ist sonst möglich. Veränderungen im Lungenparenchym sind regelhafte Folge thorakaler Bestrahlungen und werden unter dem Begriff "RILI" ("radiotherapy-induced lung injury") subsummiert. In Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, wie z. B. der applizierten Dosis und des bestrahlen Lungenvolumens, Lokalisation, Art und Größe des bestrahlten Tumors sowie patientenbasierten Faktoren (Rauchen, Komorbiditäten etc.), kann es zu mehr oder weniger ausgeprägten postradiogenen Veränderungen kommen [25, 26, 27, 28] . Klinisch unterscheidet man zwischen der akuten (Symptombeginn <6 Monate nach Bestrahlung) und der chronischen Phase (Symptombeginn >6 Monate nach Bestrahlung). CT-morphologisch äußern sich frühe Lungenschäden als Strahlenpneumonitis. Im chronischen Stadium ist eine Strahlenfibrose sichtbar [29] . Die Strahlenfibrose entsteht typischerweise 6 bis 12 Monate nach Bestrahlung und kann über 2 Jahre zunehmen, ehe ein stabiler Befund erreicht ist [30] . Viele Patienten sind asymptomatisch. Trockener Husten und Kurzatmigkeit sind die am häufigsten angegeben Beschwerden [31] . CT-morphologisch zeigt sich ein Volumenverlust der bestrahlten Lunge mit konsekutivem Mediastinalshift zur betroffenen Seite und ipsilateralem Zwerchfellhochstand. Traktionsbronchiektasen sowie chronische Konsolidierungen mit Luftbronchogramm sind typische Zeichen der Fibrose (Abb. 5). Auch pleurale Reaktionen mit Pleuraverdickungen und geringen Pleuraergüssen sind regelhaft zu finden [32] . Merke. Ab ca. 6 Monaten nach Bestrahlung kann sich eine Strahlenfibrose bilden. Treatment of the immunerelated adverse effects of immune checkpoint inhibitors: a review Chest CT diagnosis and clinical management of drug-related pneumonitis in patients receiving molecular targeting agents and immune checkpoint inhibitors: a position paper from the Fleischner society Common terminology criteria for adverse events Pneumonitis in patients treated with anti-programmed death-1/programmed death ligand 1 therapy Drug-induced interstitial lung disease: a systematic review The role of chest computed tomography in the diagnosis of drug-related reactions Diagnostic imaging techniques in the evaluation of drug-induced pulmonary disease Pulmonary drug toxicity: radiologic and pathologic manifestations Predictive factors for interstitial lung disease, antitumor response, and survival in non-small-cell lung cancer patients treated with gefitinib Drug-induced lung diseases: most common reaction patterns and corresponding high-resolution CT manifestations Drug-related pneumonitis in the era of precision cancer therapy Transient asymptomatic pulmonary opacities during osimertinib treatment and its clinical implication Thoracic complications of precision cancer therapies: a practical guide for radiologists in the new era of cancer care PD-1 inhibitor-related pneumonitis in advanced cancer patients: radiographic patterns and clinical course Japanese Respiratory Society Committee for formulation of Consensus statement for the diagnosis and treatment of drug-induced lung injuries. Consensus statement for the diagnosis and treatment of drug-induced lung injuries Understanding, recognizing, and managing toxicities of targeted anticancer therapies Drug-induced sarcoidosis-like reactions A systematic review and meta-analysis of immune-related adverse events of anti-PD-1 drugs in randomized controlled trials Dose-volume metrics associated with radiation pneumonitis after stereotactic body radiation therapy for lung cancer A literature-based meta-analysis of clinical risk factors for development of radiation induced pneumonitis The risk and predictors for severe radiation pneumonitis in lung cancer patients treated with thoracic reirradiation Giridhar PRGKMS . Radiation induced lung injury: prediction, assesment and management Effects of radiation therapy on the lung: radiologic appearances and differential diagnosis Recognizing radiation therapy-related complications in the chest Differentiation of radiation fibrosis from recurrent pulmonary neoplasm by magnetic resonance imaging Radiographic changes after lung stereotactic ablative radiotherapy ( SABR )-can we distinguish recurrence from fibrosis? A systematic review of the literature Possible misinterpretation of demarcated solid patterns of radiation fibrosis on CT scans as tumor recurrence in patients receiving hypofractionated stereotactic radiotherapy for lung cancer High-risk CT features for detection of local recurrence after stereotactic ablative radiotherapy for lung cancer Evaluation for local failure by 18F-FDG PET /CT in comparison with CT findings after stereotactic body radiotherapy ( SBRT ) for localized non-small-cell lung cancer Test performance of positron emission tomography and computed tomography for mediastinal staging in patients with non-smallcell lung cancer: a meta-analysis ◯ EGFR("epidermal growth factor receptor")-Tyrosinkinaseinhibitoren ◯ ALK(anaplastische Lymphomkinase)-Inhibitoren ◯ CD20-Antikörper ◯ Immuncheckpoint-Inhibitoren ◯ mTOR("mechanistic target of rapamycin")-Inhibitoren? Wann sollte die Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) pausiert werden?