key: cord-0072725-ruboxc0m authors: Schober, Theresia title: Eine wachsende Herausforderung: Die Bedeutung der Pflegefachkraft beim Leben mit chronischen Erkrankungen date: 2021-12-07 journal: Procare DOI: 10.1007/s00735-021-1419-1 sha: a6c9534f2074ed9eed639fba8f8464c8ac8a73c2 doc_id: 72725 cord_uid: ruboxc0m nan genommen werden und ihnen gezeigt wird, wie sie das tägliche Leben und den Alltag trotz der Erkrankung selbstständig bewältigen können, dass trotz der chronischen Erkrankung ein ausgefülltes, selbstbewusstes und gemeinschaftsorientiertes Leben möglich ist, werden sie eher Mut fassen, aktiv werden, positiv denken und mitarbeiten (Empowerment). Es bedarf nur der nötigen Ressourcen-Anpassung (vgl. Huck 2004, S. 6) . Durch die chronische Erkrankung und ihre Symptome und Schübe kommt es bei den Patientinnen und Patienten immer wieder zu Beeinträchtigungen auf physischer sowie auch auf psychischer und sozialer Ebene. Die Aufgabe der Pflege ist, dazu beizutragen, diese Beeinträchtigungen zu beseitigen bzw. zumindest zu lindern (vgl. Klingler et al. 2015, S. 535) . Diese unterscheidet sich natürlich je nach Art der chronischen Erkrankung. Wichtig ist jedoch immer, dass wir als Pflegende den Patientinnen und Patienten nicht alles abnehmen -zum Beispiel bei der Körperpflege. Auch wenn die Patientinnen und Patienten für Tätigkeiten mehr Zeit benötigen, wenn sie diese selbst durchführen, so helfen wir ihnen nicht damit, wenn wir es selbst und dafür schneller machen. Genau hier liegen Frustration, Verlust der Würde, Verlust des Selbstwertes oder aber Erfolgserlebnis, Mut und Zuversicht, Selbstvertrauen, Motivation und Lebensinhalt eng beieinander (vgl. Huck 2004, S. 8 es tut gut, es einfach einmal "rauszulassen". Angehörige sind oft nicht die richtigen Ansprechpartnerinnen und -partner, da diese möglicherweise schockiert reagieren könnten. Bei einer Pflegeperson als Gesprächspartner brauchen Patientinnen und Patienten keine Sorge zu haben, diese zu ängstigen, zu verletzen oder zu verunsichern, wenn sie über ihre Sorgen sprechen. Bei der Pflegeberatung oder Edukation geht es darum, das Kohärenzgefühl (Verstehbarkeit, Handhabbarkeit, Sinnhaftigkeit) der Patientinnen und Patienten zu stärken (Antonovsky 1996, S. 15 ). Das Wissen um die jeweilige chronische Erkrankung ist die Basis. Nur wenn die Patientin bzw. der Patient weiß, was auf sie bzw. ihn zukommt, kann sie bzw. er sich damit auseinandersetzen und damit umgehen lernen und bleibt handlungsfähig. Alles, was uns nicht einfach überrascht oder überrollt, sondern mit dem wir rechnen, wirft uns nicht so leicht aus der Bahn (vgl. Huck 2004, S. 9 ). Das Schwierige, aber grundlegend Wichtige daran ist jedoch, als Pflegeperson nicht einfach eine einmal einstudierte Liste für diese Erkrankung herunter zu "predigen", sondern vielmehr gemeinsam mit der Patientin bzw. dem Patienten zu überlegen, was für sie bzw. ihn wichtig ist, um den Alltag zu bewältigen und auch, um Wohlbefinden, Zufriedenheit, Sinn, kurz gesagt um Lebensqualität zu erhalten (vgl. Hüper et al. 2009, S. 193 Aufgrund der zukünftigen Altersverteilung und des damit zu erwartenden Anstiegs chronischer Erkrankungen wird in vielen Wohlstandsländern Europas die Berufsgruppe der Pflege immer mehr an Bedeutung gewinnen. Dem gegenüber steht eine Situation, in der es schon jetzt einen enormen Mangel an Pflegepersonal gibt. Das Pflegepersonal der "Baby-Boomer-Generation" geht demnächst in Pension und der Nachwuchs lässt auf sich warten. Die Fachhochschulen zur Pflegeausbildung auf Bachelor-Niveau in Wien erfreuen sich zwar größter Beliebtheit und sind laut Stadtpolitik immer voll ausgelastet. Die Attraktivität von allgemeinen Bereichen, wie z.B. Normalpflegestationen in Schwerpunktspitälern, scheint jedoch aktuell für FH-Absolventinnen und -Absolventen nicht gegeben zu sein. Gerade hier benötigen wir aber dringend Verstärkung. Umfragen zeigen, dass -zumindest im Großraum Wien -kaum FH-Absolventinnen und -Absolventen auf internen Bettenstationen arbeiten wollen. Meist werden Intensivstationen, OP, Anästhesie oder andere Spezialbereiche als Wunsch-Arbeitsort genannt. Interne Bettenstationen werden von vielen Kolleginnen und Kollegen für eine Art Pflegeheim gehalten und mehr oder weniger auf Inkontinenzversorgung und Nahrungsverabreichung reduziert. Ich möchte hier und jetzt eine Lanze für die "Interne Pflege" brechen. Kaum eine Abteilung bietet ein derart breites Spektrum an unterschiedlichen Erkrankungen und Schwerpunkten. Auf nahezu jeder Internen Bettenstation liegen Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichsten Er-"Nur wenn wir selbst damit beginnen, können wir das Ansehen und den Status der P ege heben und nach außen tragen und sichtbar machen. " Der IVEPA -Interessensverband Endoskopiepersonal Austria unterstützt die Förderung und berufliche Weiterentwicklung von Gesundheitsmitarbeitern, die in Endoskopie-Bereichen tätig sind oder besonderes Interesse daran haben. Informationen: www.ivepa.at krankungen wie zum Beispiel: kardialen, pulmonalen, renalen, gastrointestinalen, neurologischen, onkologischen, diabetologischen, gerontologischen, dermatologischen, psychiatrischen, suchterkrankungsbezogenen Diagnosen -um nur einige zu nennen. Das Pflegepersonal auf diesen Stationen benötigt ein enorm hohes und breites Fachwissen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Auf kaum einer anderen Abteilung kann soviel Fachwissen unterschiedlichster Erkrankungen erworben werden wie auf einer Internen Station. Sehr viele der oben genannten Erkrankungen sind chronischer Art. Dies bedeutet, dass die Pflege gerade auf Internen Stationen sehr viel für und vor allem mit den Patientinnen und Patienten im eigen verantwortlichen Tätigkeitsbereich bewirken kann. Empowerment, Resilienzstärkung, physiologische und psychologische Unterstützung sowie Edukation sind nur einige pflegerische Aufgaben, mit denen wir sehr viel bewirken können -sowohl bei den Patientinnen und Patienten selbst als auch bei deren Angehörigen. Und es gibt wahrscheinlich kaum mehr Motivation als die Worte: "Danke, Sie haben mir sehr geholfen" oder "jetzt geht es mir gleich besser" aus dem Mund einer Patientin bzw. eines Patienten. Ich habe meine Laufbahn selbst auf einer Internen Bettenstation begonnen und mir dort ein breites Fachwissen sowie den Mut und die Freude am selbstständigen Arbeiten erarbeitet bzw. angeeignet. Fachwissen, Selbstbewusstsein und Erfahrung braucht es, um auf Augenhöhe im interdisziplinären Team anerkannt zu werden und Gehör zu finden -"Wissen ist Macht"! Darum wird es höchste Zeit, dass unsere Berufsgruppe -die Pflege -die immer noch vielfach vorhandene "Unterwürfigkeit" gegenüber dem medizinischen Gesundheitspersonal ablegt und diesem stolz und selbstbewusst auf Augenhöhe begegnet. Wir wollen und sollen im Sinne unserer Patientinnen und Patienten unseren Beitrag leisten, mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten und nicht nur Befehlsempfängerinnen und -empfänger sein. Dazu braucht es ausreichend Evidenz basiertes Fachwissen, praktische Erfahrung, den Mut uns Gehör zu verschaffen, Selbstbewusstsein, Hartnäckigkeit und Ausdauer. Wir müssen von uns als Berufsgruppe überzeugt sein, ein interdisziplinäres Arbeiten auf Augenhöhe immer wieder einfordern, unsere Eigenverantwortung wahrnehmen und leben. Nur wenn wir selbst damit beginnen, können wir das Ansehen und den Status der Pflege heben und nach außen tragen und sichtbar machen. Das Originäre der Pflege entdecken, Pflege beschreiben, erfassen, begrenzen. Sonderausgabe Fachtagung Health promotion international Institut für höhere Studien IHS Health Econ Plege und Beratung Gesundheitswesen Heilberufe / das Pflegemagazin Heilberufe / das Pflegemagazin