key: cord-0067567-u6nrqmv8 authors: Hermes-Moll, Kerstin; Walawgo, Thomas; Richter, Max; Osburg, Sandra; Hempler, Isabelle; Blattert, Lisa; Becker, Jana; Heidt, Vitali title: Umfrage unter hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen zur COVID-19-Lage date: 2021-09-22 journal: InFo Hämatol Onkol DOI: 10.1007/s15004-021-8784-6 sha: 1bf87318a6c9ed29617b856777d653e9feb35b8c doc_id: 67567 cord_uid: u6nrqmv8 nan In der COVID-19-Pandemie wurden aus Krankenhäusern und hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen zum Teil konträre Signale übermittelt, was die Versorgungssituation von Krebs erkrankten betrifft. Um einen besseren Einblick zu erlangen, wie Krebspatientinnen und -patienten ambulant in der Pandemie behandelt werden, wurde eine Umfrage unter hämato onkologischen Schwerpunkt praxen durchgeführt. Nachfolgend werden deren wichtigste Ergebnisse dargestellt. Die COVID-19-Pandemie hat weltweit Auswirkungen auf die Versorgung von Krebserkrankten. So wurde unter anderem berichtet über [1, 2, 3, 4] : ▶ Verzögerungen bei Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, ▶ Veränderungen der Behandlungspfade (z. B. in der Nachsorge, der psychoonkologischen Versorgung, bei Ernährungsund Bewegungstherapien sowie Sozialberatungen), ▶ Verschiebungen elektiver Leistungen, ▶ Aussetzen klinischer Studien, ▶ eine höhere Wahrscheinlichkeit schwerer Krankheitsverläufe im Falle einer SARS-CoV-2-Infektion bei Krebserkrankten sowie ▶ eine höhere Arbeitsbelastung der medizinisch Versorgenden und Veränderungen der einrichtungsinternen Abläufe. Kliniken und Krankenhäuser verzeichneten pandemiebedingte Einschränkungen in der Versorgung von Krebspatientinnen und -patienten [5] . Zieht man die KV-Abrechnungsdaten aller in Deutschland im Jahr 2020 betreuten Krebserkrankten heran, zeigen sich im Jahresverlauf von Ende März bis Ende Mai zunächst geringere Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr, gefolgt von einem Anstieg und einer Annäherung zum Vorjahresniveau und schließlich einem erneuten Rückgang der Fallzahlen im November [6] . Diese Schwankungen entsprechen weitestgehend der zu erwartenden Entwicklung der Zahlen an Patientinnen und Patienten angesichts des Infektionsgeschehens und den damit einhergehenden Maßnahmen und Lockerungen der Kontaktbeschränkung [6] . Eine Erklärungsmöglichkeit für den beobachteten Anstieg der Anzahl der versorgten Krebspatientinnen und -patienten in den hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen liegt in der Übernahme der Behandlung von Patientinnen und Patienten, die zuvor in umliegenden oder kooperierenden Klinikambulanzen behandelt wurden [7] . Um diesem Erklärungsansatz nachzugehen und weitere Kenntnisse über die Versorgungssituation in der ambulanten hämatoonkologischen Versorgung zu erlangen, wurde eine Umfrage unter allen Mitgliedspraxen des Wissenschaftlichen Instituts der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (WINHO) durchgeführt. Die Befragung der WINHO-Mitgliedspraxen fand Ende April/ Anfang Mai 2021 statt. Um einen schnellen und möglichst komplikationslosen Rücklauf zu erreichen, erfolgte die Umfrage per Faxaufruf an 167 Mitgliedspraxen des WINHO und umfasste eine DIN-A4-Seite. Der ausgefüllte Fragebogen wurde von den Mitgliedspraxen an das WINHO zurückgefaxt. Eine Zuordnung der Faxnummern oder der geografischen Verteilung anhand der Faxnummern erfolgte zur Wahrung der Anonymität nicht. Die Daten wurden per Hand in eine Excel-Tabelle eingegeben und mittels Statitistikauswertungssoftware (SPSS-Version 27) deskriptiv ausgewertet. Neben Fragen zur Anzahl der versorgten Patientinnen und Patienten adressiert die Kurz befragung der Praxen Themen wie pandemiebedingte Kurz arbeit und Schließungen von Praxen aufgrund von Quarantänevorschriften, das Angebot von Telefon-und Videosprechstunden sowie von COVID-19-Schutzimpfungen und SARS-CoV-2-Testmöglichkeiten für die Praxismitarbeitenden. Insgesamt haben sich 115 hämatoonkologische Schwerpunktpraxen an der Befragung beteiligt (Rücklaufquote: 69 %). 38 % der befragten Praxen geben einen zeitweisen Rückgang, 35 % einen Anstieg der Anzahl an Patientinnen und Patienten an. Schwankungen, also sowohl eine Reduktion als auch einen Anstieg der Anzahl an Patientinnen und Patienten im Zeitverlauf, verzeichneten nur knapp 6 % der Schwerpunktpraxen. 99 % der Praxen, die sich an der Befragung beteiligten, haben mindestens eine Klinik im Einzugsgebiet. Ein knappes Drittel (31 %) der Praxen hat seit März 2020 einen Anstieg der Zahl der Patientinnen und Patienten aus diesen Kliniken erfahren (▶Tab. 1). Fast drei Viertel (74 %) der Schwerpunktpraxen bieten ihren Patientinnen und Patienten seit dem ersten Lockdown in der Von vorübergehenden Schließungen der Praxis aufgrund von Quarantänevorschriften und von der Notwendigkeit, zeitweise Kurzarbeit anmelden zu müssen, waren jeweils nur wenige (4 und 5 %) der Schwerpunktpraxen betroffen (▶Tab. 2). Die Praxen, die zeitweise Kurzarbeit anmelden mussten, gaben bis auf eine Praxis ebenfalls an, dass sie einen Rückgang bei der Anzahl an Patientinnen und Patienten verzeichnet haben. In 60 % der hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen werden Schutzimpfungen gegen COVID-19 durchgeführt (▶Tab. 3). Alle Praxismitarbeitenden der Schwerpunktpraxen haben bereits die Option für eine Impfung gegen COVID-19 erhalten. Darüber hinaus werden in fast allen Praxen SARS-CoV-2-Schnelltests für die Mitarbeitenden angeboten. Betrachtet man alle Patientinnen und Patienten unabhängig von der Art ihrer Erkrankung, haben auch die hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen Schwankungen im Verlauf der COVID-19-Pandemie bei der Anzahl der zu versorgenden Personen erfahren. Jeweils etwas unter 40 % der befragten Praxen haben zeitweise einen Anstieg bzw. Rückgang der Anzahl an Patientinnen und Patienten erfahren. Jedoch verdeutlicht die Unterscheidung zwischen allen Patientinnen und Patienten und denjenigen mit aktiver Krebstherapie, dass die Versorgung von Krebserkrankten in den hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen aufrechterhalten werden konnte [2] . Darüber hinaus haben knapp ein Drittel der befragten Schwerpunktpraxen weitere Krebspatientinnen und -patienten aus umliegenden Krankenhäusern mitversorgt, sodass sich das Aufkommen an Patientinnen und Patienten in diesen Praxen trotz der COVID-19-Pandemie und den zusätzlichen Schutzmaßnahmen und dem höheren Arbeitsaufwand erhöht hat. Ob dieser Anstieg auch nach der COVID-19-Pandemie anhält, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Auch die langfristigen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Krebsgeschehen in Deutschland werden sich erst in den nachfolgenden Jahren zeigen. Insbesondere betrifft dies die Folgen verspäteter Krebsfrüherkennungsuntersuchungen und damit einhergehender möglicherweise erst später bzw. im fortgeschrittenerem Stadium identifizierten Krebserkrankungen [8, 9, 10] . Neben den rein klinischen Auswirkungen sollten jedoch die psychosozialen Folgen der COVID-19-Pandemie für Krebserkrankte und deren Angehörige, z. B. durch verschobene psychosoziale, rehabilitative und andere unterstützende Maßnahmen, nicht aus den Augen verloren werden. Ein erhöhtes Aufkommen an Patientinnen und Patienten in den Schwerpunkt praxen geht mit einer höheren Arbeitsbelastung einher, die sich durch zusätzliche Schutzmaßnahmen wie Entzerrungen der Termindichte und damit einhergehender längerer Arbeitszeit, Aufteilung der Praxis bzw. des Praxisteams oder die Durchführung von Impfungen von Krebserkrankten noch verstärken [7, 11, 12] . Auch die European Society for Medical Oncology (ESMO) verzeichnet in ihren Umfragen eine hohe Arbeitsbe lastung und hohe Burnoutraten im Verlauf der COVID-19-Pandemie [4] . Während Telefonsprechstunden von den Schwerpunktpraxen sehr häufig angeboten werden, fällt das Angebot für Videosprechstunden sehr gering aus. Dieses Ergebnis ist vor dem Hintergrund eines insgesamt höheren Altersdurchschnitts bei den Krebserkrankten von 67 Jahren (im Median 58 Jahre) [13] [16, 17] . Daher ist es naheliegend, dass auch die niedergelassenen Hämatoonkologinnen und Hämatoonkologen in ihren Praxen COVID-19-Schutzimpfungen durchführen, wenngleich dies mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden ist [12] . Zum Zeitpunkt der Befragung gaben 60 % der Praxen an, dass sie dieses Impfangebot haben. Die Impfung in Arztpraxen ist in Deutschland seit Anfang April 2021 möglich. Seitdem hat die Anzahl der Impfungen in Arztpraxen stark zugenommen, wobei die Anzahl der bestellten Impfdosen deutlich über den lieferbaren Dosen liegt [18] . Aufgrund fehlender repräsentativer Daten und der Dynamik der Informationen zu Schutzimpfungen gegen SARS-CoV-2 fehlen derzeit noch Angaben zur Impf ereitschaft und der Anzahl bereits geimpfter Praxismitarbeitenden. Basierend auf den hier vorgestellten Daten lässt sich zumindest festhalten, dass alle Praxismitarbeitenden bereits ein Impfangebot erhalten haben. Eine in der Öffentlichkeit differenziertere Darstellung der Versorgungssituation von Krebserkrankten während der COVID-19-Pandemie in Deutschland ist wünschenswert. Dies betrifft nicht nur die ambulante Versorgung in Schwerpunktpraxen. Denn gerade der tiefergehende Blick in die Versorgung in Comprehensive Cancer Centers (CCC) zeigt, dass Einschränkungen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten vorrangig die Nachsorge sowie das in der Befragung der CCC zusammengefasste breite Spektrum der Psychoonkologie, Ernährungs-und Bewegungstherapie und Sozialberatung betrafen [3] . Diese Kurzumfrage der hämatoonkologischen Schwerpunktpraxen in Deutschland gibt einen Überblick über einige Aspekte der Versorgung von Krebserkrankten im Laufe der COVID-19-Pandemie. Dabei zeichnen sich auch Unterschiede und Veränderungen hinsichtlich der Ströme von Patientinnen und Patienten im Verlauf der COVID-19-Pandemie ab, die es in Zukunft näher zu betrachten gilt. The impact of the COVID-19 pandemic on cancer care Trotz Pandemie ambulant gut versorgt Versorgung von Krebspatienten: Corona-Effekt in der The impact of COVID-19 on oncology professionals: results of the ESMO Resilience Task Force survey collaboration Krebsinstitutionen senden Notruf an Politik und Bevölkerung (Pressemitteilung) Veränderung der vertragsärztlichen Leistungsinanspruchnahme während der COVID-Krise Tabellarischer Trendreport für das Jahr 2020. Berlin: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland Niedergelassene Onkologen sind und bleiben für ihre Krebspatienten da Krebsfälle bleiben wegen Corona unentdeckt -Brustkrebs-Patientinnen besonders stark betroffen Documented new cases of cancer in the clinical cancer registries of the German state of Saxony during the COVID-19 pandemic A decline in cancer reporting by pathologists in North Rhine-Westphalia, Germany, during the COVID-19 lockdown Hämatologie und Onkologie in der Niederlassung -in Zeiten von COVID-19 eine Herausforderung Krebspatienten sind SARS-CoV-2-Risikopatienten. Deshalb impft ein Hamburger Onkologe gegen Corona Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen. Qualitätsbericht der hämatologischen und onkologischen Schwerpunktpraxen Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen. Qualitätsbericht der onkologischen Schwerpunktpraxen 2016. Köln: Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland (BNHO) e Internetnutzung von Patienten in der ambulanten onkologischen Versorgung: Ergebnisse einer deutschlandweiten Patientenbefragung Aktualisierte Empfehlungen zur COVID-19 Schutzimpfung bei Patienten mit Blut-und Krebserkrankungen Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO) und Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). Schutzimpfung gegen COVID-19 bei Krebspatient*innen Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Corona-Impfindex