key: cord-0066677-zhbyhi32 authors: Bechtel, Ulrike; Abu-Tair, Mariam title: Nierenersatzverfahren bei Hochbetagten date: 2021-08-13 journal: Nephrologe DOI: 10.1007/s11560-021-00518-x sha: 636c4e76b1e5c577182c1add5dcc34f9ed86a940 doc_id: 66677 cord_uid: zhbyhi32 Very old people have a 1‑year mortality on hemodialysis, which in association with comorbidities and a catheter as dialysis access exceeds 30%; however, meta-analyses show that timely preparation and individually selected procedures decisively improve the morbidity and mortality even in old age. With increasing age and frailty the treatment targets shift away from prolongation of the lifespan to improvement of the quality of life. In this way the preference of home dialysis procedures, also as assisted peritoneal dialysis, can also achieve importance just as specialist nephrological treatment without renal replacement therapy with a palliative treatment target. In advanced age comorbidities, cognitive impairment, frailty and the overall prognosis determine the meaningful approach. Even with the placement of a vascular access there are other criteria for making decisions in very old people with respect to the anastomosis site and timing of access placement. Recommendations on the duration and frequency of dialysis follow the quality of life with incremental and at the end of life also with decremental treatment regimens. The demographic development is a special challenge for nephrology with an increase in older patients. Timely clarification of all renal replacement procedures and establishment of individual treatment targets with a careful selection of the dialysis modality and intensity can make a decisive contribution to improvement of the prognosis and particularly to the quality of life even in the very old. Hochbetagte haben an der Hämodialyse eine 1-Jahres-Mortalität, die im Zusammenhang mit Komorbiditäten und einem Katheter als Dialysezugang 30 % übersteigt. Metaanalysen zeigen aber, dass frühzeitige Vorbereitung und individuelle Verfahrensauswahl die Morbidität und Mortalität auch im hohen Lebensalter entscheidend bessern. Mit zunehmendem Alter und Gebrechlichkeit verschieben sich dabei die Behandlungsziele weg von der Verlängerung der Lebensdauer auf die Verbesserung der Lebensqualität. Damit kann die Präferenz von Heimdialyseverfahren, auch als assistierte Peritonealdialyse, ebenso Bedeutung erringen wie die fachnephrologische Behandlung ohne Nierenersatzverfahren mit palliativem Therapieziel. Im höheren Lebensalter bestimmen zunehmend Komorbiditäten, kognitive Einschränkungen, Gebrechlichkeit und die Gesamtprognose das sinnvolle Vorgehen. Bereits bei der Anlage von Gefäßzugängen ergeben sich hinsichtlich Anastomosenort und Anlagezeitpunkt bei Hochbetagten andere Entscheidungskriterien. Empfehlungen zu Dialysedauer und -frequenz folgen der Lebensqualität mit inkrementellen und am Ende des Lebens auch dekrementellen Therapieregimen. Die demographische Entwicklung stellt die Nephrologie mit einer Zunahme älterer Patienten vor besondere Herausforderungen. Frühzeitige Aufklärung über alle Nierenersatzverfahren und die Festlegung individueller Therapieziele können bei sorgfältiger Auswahl von Dialysemodalität und -intensität auch bei Hochbetagten entscheidend zur Verbesserung der Prognose und insbesondere der Lebensqualität beitragen. Dialyse · Alter · Frailty · Komorbidität · Lebensqualität Überblick Über 80-Jährige beginnen die Hämodialyse mit einer durchschnittlichen 2-Jahres-Mortalität von 20 %. Komorbiditäten wie Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen, Rauchen, Übergewicht und der Dialysestart über einen Katheterzugang erhöhen bereits die 1-Jahres-Mortalität auf 25 %, die 2-Jahres-Mortalität sogar auf 65%, und diese steigt noch weiter, wenn Anämie, erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) und niedriges Serumalbumin dazukommen. Das Aufgrund der demographischen Entwicklung wird der Anteil alter und sehr alter behandlungsbedürftiger Menschen deutlich steigen. Damit finden wir auch zunehmend diese Alterskohorte auf unseren Intensivstationen wieder. Komorbiditäten wie kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen, aber auch eine vorbekannte chronische Niereninsuffizienz verschlechterndas Outcomedieser Patienten deutlich mit 1-Jahres-Mortalitäts-Raten von 65 % bei Patienten über 90 Jahre [3, 13] . Grundsätzlich muss die Aufnahme auf eine Intensivstation gerade bei älteren und sehr alten Mitmenschen immer unter der Berücksichtigung von Komorbiditäten, "frailty", Prognose der Erkrankung und Schweregrad etwaiger Organdysfunktionen diskutiert werden. Auch individuelle Wünsche des Patienten müssen berücksichtigt werden. Aufgrund der vorhandenen Logistik wird vielerorts bei notwendiger Nierenersatztherapie auf HD in Form intermittierender und kontinuierlicher Verfahren zurückgegriffen. Nichtsdestotrotz hat auch auf den Intensivstationen indikationsabhängig die PD ihren Stellenwert. Gerade aufgrund der besseren Kreislaufverträglichkeit ist sie eine sinnvolle Alternative, sofern das entsprechende Setting vorgehalten werden kann. Patienten, die mit einem akuten Nierenversagen auf der Intensivstation mit einem Nierenersatzverfahren behandelt wurden, haben ein absolutes Risiko von 20 %, auch nach 1 Jahr noch dialysepflichtig zu sein [11] . Auch dieses muss bei der Prognoseabschätzung und vor Einleitung einer Nierenersatztherapie auf der Intensivstation mit in Betracht gezogen werden, setzt man sich einen größtmöglichen Erhalt an Lebensqualität als Therapieziel. Aufklärungen zu allen Nierenersatzverfahren müssen in Deutschland jedem chronisch nierenkranken Patienten angeboten werden. Das Timing der Aufklärungsgespräche richtet sich nach der Geschwindigkeit des eGFR-Abfalls. Oft werden diese Gespräche in allen Altersgruppen erst bei einer eGFR von weniger als 15 ml/min initiiert, wenn die anstehende Dialysepflicht offensichtlich wird. Bei Hochbetagten ist es aus 2 Gründen sinnvoll, diese Aufklärung schon bei einer eGFR von 20-25 ml/min zu starten: Apparativ oder konservativ? Auch die Patienten, die ein Nierenersatzverfahren ablehnen oder sich dafür aus medizinischen Gründen nicht qualifizieren, müssen engmaschig und sorgfältig fachnephrologisch betreut werden. Diätetische Beratung zur Proteinbilanz sowie Phosphat-und Kaliumrestriktion sind essenziell. Renale Folgekrankheiten wie sekundärer Hyperparathyreoidismus, Hyperurikämie mit Gichtarthritis, metabolische Azidose und renale Anämie müssen sorgfältig evaluiert und therapiert werden. Um die renale Restfunktion so lange wie möglich zu erhalten, ist eine exakte Blutdruckeinstellung unter Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems günstig, die anhand von Langzeit-Blutdruck-Messungen unter Vermeidung hypotensiver Phasen normnahe Werte anstrebt. Komorbiditäten erfordern ggf. eine individuelle Anpassung der Zielwerte. Unter entsprechender Aufklärung kann gegen Ende der Nierenfunktion der ACE("angiotensin-converting enzyme")-Der Nephrologe 5 Hemmer bzw. das Sartan abgesetzt werden, um die Nierenfunktion noch einige Monate auf Kosten einer nicht mehr vorhandenen Langzeitprognose zu konservieren. Unter Einbezug der hausärztlichen Versorgung und z. B. kardiologischer oder orthopädischer Mitbehandler sollte der Verzicht auf NSAR(nichtsteroidale Antirheumatika)-haltige Analgetika und Röntgenkontrastmittel besprochen werden. Bei Hochbetagten ergeben sich vorhersehbar auch Situationen, die suggerieren, ein bei besserem Gesundheitszustand eingeleitetes Nierenersatzverfahren angesichts akuter Komorbiditäten oder schleichender Verschlechterung des Allgemeinzustands wieder einzustellen. Hilfreich sind hier bereits bei Behandlungsbeginn im Vorfeld geführte Gespräche über gewünschte Therapielimitierungen und eine Patientenverfügung. Ein abrupter Abbruch der Dialyse kann zu heftigen Urämie-und Hypervolämiesymptomen führen mit Erbrechen, Cephalgien, Dyspnoe und Blutungen. Ein dekrementelles Vorgehen mit schrittweiser Reduktion von Dialysefrequenz und -dauer erreicht in der Regel besser die palliative Zielsetzung einer weitgehenden Leidensund Symptomfreiheit am Lebensende. Ältere Menschen haben an der Dialyse eine stark eingeschränkte Prognose. In einer Metaanalyse über 89 Studien und 294.921 ältere Dialysepatienten (mittleres Alter: 76 Jahre) lag das 1-Jahres-Überleben nur bei 73 % und nur marginal über dem konservativ-palliativen Behandlungsansatz mit 71 % 1-Jahres-Überleben [10] . Eine andere retrospektive Studie mit über 70-Jährigen kam zu einem deutlichen Vorteil im mittleren Überleben der Dialysepatienten gegenüber der konservativen Gruppe von 3,1 versus 1,5 Jahren. Aber auch in dieser Studie ergab sich kein Unterschied mehr für die über 80-Jährigen. Unabhängige Prädiktoren für eine schlechte Prognose waren ein Alter über 85 Jahre, Malnutrition, Komorbiditäten, Very old people have a 1-year mortality on hemodialysis, which in association with comorbidities and a catheter as dialysis access exceeds 30%; however, meta-analyses show that timely preparation and individually selected procedures decisively improve the morbidity and mortality even in old age. With increasing age and frailty the treatment targets shift away from prolongation of the lifespan to improvement of the quality of life. In this way the preference of home dialysis procedures, also as assisted peritoneal dialysis, can also achieve importance just as specialist nephrological treatment without renal replacement therapy with a palliative treatment target. In advanced age comorbidities, cognitive impairment, frailty and the overall prognosis determine the meaningful approach. Even with the placement of a vascular access there are other criteria for making decisions in very old people with respect to the anastomosis site and timing of access placement. Recommendations on the duration and frequency of dialysis follow the quality of life with incremental and at the end of life also with decremental treatment regimens. The demographic development is a special challenge for nephrology with an increase in older patients. Timely clarification of all renal replacement procedures and establishment of individual treatment targets with a careful selection of the dialysis modality and intensity can make a decisive contribution to improvement of the prognosis and particularly to the quality of life even in the very old. care: a retrospective observational study Evaluation of a 12-month pilot of long-term and temporary assisted peritoneal dialysis Patient and technic survival of older adults with ESRD treated with peritoneal dialysis Assisted peritoneal dialysis-an evolving dialysis modality Fistula first is not always the best strategy for the elderly Cognitive decline and its risk factors in prevalent hemodialysis patients Development and validation of a predictive mortality risk score from a european hemodialysis cohort Survival outcomes of supportive care versus dialysis therapies for elderly patients with endstage kidney disease: a systemic review and metaanalysis Renal recovery after acute kidney injury Incremental dialysis in ESRD: systemic review and metaanalysis Vascular access in the elderly: results and perspectives in a geriatric population Arteriovenous fistula placement in the elderly: When is the optimal time? 1-and 2-year-mortality prediction for patients starting chronic dialysis Rates of treated and untreated kidney failure in older vs younger adults Dialysismodality and mortality in the elderly: a meta-analysis Mortality in the elderly on dialysis: Is this the right debate? Quality of life and physical function in older patients on dialysis: a comparison of assisted peritonealdialysiswithhemodialysis Survival of elderly dialysis patients is not dependend on modality or "older" age Association of performance-based and selfreported function-based definitions of frailty with mortality among patients receiving hemodialysis A meta-analysis of dialysis