key: cord-0065753-6rgssd39 authors: Rendtel, Ulrich; Neudecker, Andreas; Fuchs, Lukas title: Ein neues Web-basiertes Verfahren zur Darstellung der Corona-Inzidenzen in Raum und Zeit date: 2021-07-14 journal: AStA Wirtsch Sozialstat Arch DOI: 10.1007/s11943-021-00288-x sha: 86783b1b310547d17f8067b675b9983a95255610 doc_id: 65753 cord_uid: 6rgssd39 The representation of the spacial and temporal dispersion of the Corona pandemic is a key issue of epidemiologic research but also of public media. This issue is often realized via maps which are often animated. The web-application which is presented here uses an alternative statistical concept for the display of Corona incidences. Instead of the standard assumption of a uniform distribution over the reference area we use the approach of Gross et al. (2020). This general statistical approach is applied here for the estimation of local Corona incidences. The approach avoids the discontinuities at the borderlines of counties which appear in standard maps by a joint analysis of neighboring counties. The focus of the presentation is the realization of this concept by a web-application and its use. By three examples we demonstrate that during the second Corona wave there exist in Germany fixed local clusters which may broaden over time and which may also merge. Die Darstellung der räumlichen und zeitlichen Ausbreitung der Corona-Pandemie ist ein zentrales Anliegen von epidemiologischer Forschung aber auch der öffentlichen Medien. Dieses geschieht meist über Karten, die in vielen Fällen animiert sind und über den Maus-Zeiger weitere Informationen zu den angezeigten Flächenstücken liefern. Zusätzlich kann man die Zeitdimension über einen Regler realisieren. Das Ziel ist die Darstellung von lokalen Corona-Hotspots und deren zeitlicher Entwicklung. Diese animierten Karten sind dann der Ausgangspunkt von Hypothesen über die Ausbreitung der Corona-Pandemie. Die hier vorgestellte Web-Applikation benutzt ein alternatives statistisches Konzept zur Darstellung von Corona-Inzidenzen. Statt der üblichen, aber unrealistischen Annahme einer Gleichverteilung über einer Referenzfläche benutzen wir das Verfahren von Groß et al. (2020) . Dieses Verfahren schätzt die unbekannten Geokoordinaten der Infektionen über einen Simulated EM-Algorithmus. Dieses allgemeine statistische Konzept wird hier auf die Schätzung lokaler Corona-Inzidenzen angewendet. Es vermeidet die harten Sprünge an den Kreisgrenzen, die bei den üblichen Kartendarstellungen auftreten, durch eine gemeinsame Auswertung benachbarter Kreisgebiete. Andere Anwendungsgebiete sind beispielsweise die Schätzung der Siedlungsgebiete ethnischer Minoritäten (Gross et al. 2017) , regionale Bedarfsschätzungen zur Kinderbetreuung (Rendtel und Ruhanen 2018) In vielen Medien sind derartige Kreiskarten interaktiv. Hier liefert eine Mouse-Over-Funktion zusätzliche Informationen über den Namen des jeweils angezeigten Kreises sowie die exakte Inzidenzzahl, die bei der Farbkodierung verloren geht. Auch andere kreisbezogene Informationen, zum Bespiel die Absolutzahl der Neuinfektionen im Kreis, können zusätzlich über die Mouse-Over-Funktion angezeigt werden. Hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung der Inzidenz wird fast durchgängig eine Darstellung über Linienzüge gewählt. Als Darstellungsebene wird hier meist die Ebene der Bundesländer gewählt, vgl. Abb. 2. Eine Darstellung auf Kreisebene würde in einem Diagramm mit 412 Linienzügen resultieren. Derartige Diagramme sind jedoch nur schwer lesbar und damit auch schwer interpretierbar. Eine echte Darstellung in Raum und Zeit ist prinzipiell über eine Kombination von Kreiskarte mit einem Zeitregler möglich. Allerdings wird diese Darstellung fast nirgendwo in den Medien und auch nicht vom RKI präsentiert. Eine Ausnahme findet man beispielsweise unter der URL https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/coronaanalyse-in-welchen-regionen-die-zahlen-wieder-steigen/ Allerdings ist diese Darstellung wenig geeignet, die zeitliche Entwicklung von lokalen Infektionsherden zu verfolgen. Die zeitlichen Muster sind sehr instabil, so dass kaum ein visueller Eindruck von räumlichen Clustern entsteht, deren Ausbreitung sich über die Zeit ändert. Durch Anklicken eines späteren Zeitpunkts, zum Beispiel des Zeitpunkts mit der höchsten Inzidenz, wechselt die Hintergrundkarte auf die Situation an dem angegebenen Zeitpunkt, vgl. Abb. 5. Man sieht, dass die Stadt Cloppenburg auch noch nach einem Monat in einem der "heißesten" Inzidenzgebiete Deutschlands liegt. Allerdings hat sich das Niveau der Neuerkrankungen von einem Inzidenzwert 62 auf 420 fast versiebenfacht. Selbst in der auslaufenden zweiten Infektionswelle bildet die Gegend um Cloppenburg noch einen lokalen Hotspot, vgl. Abb. 6. Diese zeitliche Stabilität der regionalen Hotspots ist bemerkenswert und wird über die bisherigen Darstellungsformen nicht vermittelt. Ebenso gut kann man mit dieser Darstellungstechnik auch "Cold-Spots" (also Gebiete mit geringer Inzidenz) identifizieren. Hier spielt die Stadt Rostock eine für Deutschland herausragende Rolle. Wie die Abb. 7 zeigt, sind die lokalen Inzidenzwerte während der gesamten zweiten Infektionswelle bis auf geringe Abweichungen unter dem Wert 50 geblieben. Auf dem Höhepunkt der Infektion ist Rostock von Infektionsgebieten mit deutlich höheren Inzidenzen umgeben. te man nach ähnlichen Ursachen wie bei der Großschlachterei Tönnies 5 forschen. Der Cold-Spot Rostock ist bereits durch seine frühzeitige und konsequente Nutzung von Corona-Tests bekannt geworden 6 . Der Fall Sachsen fällt zunächst durch den Start der Infektionen in unmittelbarer Nähe zur Tschechischen Grenze auf. Da Tschechien im Oktober/November im Landesdurchschnitt Inzidenzen bis zu 800 hatte, könnte hier eine Infektion über Berufspendler stattgefunden haben. Allerdings gibt es auch Berichte über einen deutschen Biertourismus nach Tschechien 7 , das in seinen Lockdown-Regelungen nicht so streng war wie Deutschland. Schließlich gab es auch Vermutungen über eine Assoziation von politischen Präferenzen, die mit einer Ablehnung von Corona-Hygiene-Vorschriften einhergehen und zu einem erhöhten Corona-Ansteckungs-Risiko führen 8 . Allerdings beschränkt die regionale Auflösung der verwendeten Aggregatszahlen die Interpretation der gefundenen Cluster. Hierbei ist die Unterteilung Deutschlands zen bei der Auslastung der Rechner 13 stoßen. Für Grenzregionen, beispielsweise zu Tschechien oder die Alpenregion, erscheint ein solcher Ansatz jedoch realisierbar. Allerdings sind die Inzidenzzahlen von den örtlichen Testungsstrategien abhängig. Diese können in den einzelnen Ländern stark voneinander abweichen und so in unterschiedlichen Inzidenzzahlen resultieren. Dies erschwert einen Vergleich über die Landesgrenzen. Die hier vorgestellte Web-Applikation ermöglicht für Deutschland die Identifikation von räumlichen Corona-Infektionsclustern und deren zeitlicher Entwicklung. Sie behebt damit einen Mangel der üblichen Darstellungen über Kreiskarten. Die Darstellung basiert zwar auf denselben Kreisaggregaten des RKI, benutzt aber nicht die unrealistische Annahme einer gleichmäßigen Verteilung der Corona-Infektionen über das gesamte Kreisgebiet. Die Ergebnisse zeigen regional stabile interpretierbare Corona-Infektionscluster. Die Web-Applikation ist frei verfügbar und wird ständig aktualisiert. Funding Open Access funding enabled and organized by Projekt DEAL. Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/ licenses/by/4.0/deed.de. Erfurth K, Groß M, Rendtel U, Schmid T (2021) Regional voting analysis via simulated geo-coordinates: a case study for the general election in Berlin (Submitted for publication) Groß M, Kreutzmann A-K, Rendtel U, Schmid T, Tzavidis N (2020) Switching between different area systems via simulated geo-coordinates: a case study for student residents in Berlin. J Off Stat 36:297-314. https://doi.org/10.2478/JOS-2020-0016 Estimating the density of ethnic minorities and aged people in Berlin: multivariate kernel density estimation applied to sensitive geo-referenced administrative data protected via measurement error Die Konstruktion von Dienstleistungskarten mit Open Data am Beispiel des lokalen Bedarfs an Kinderbetreuung in Berlin Hinweis des Verlags Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral Abb. 10 Die Vereinigung von drei lokalen Hotspots im Freistaat Sachsen: Bautzen, Annaberg (Erzgebirge) und Riesa. Hintergrundkarte am 12. Dezember 2020 in 412 Landkreise und Stadtbezirke sicher eine gute Basis für Interpretationen auf nationaler Ebene. Allerdings gestatten beispielsweise die 12 Aggregate der Berliner Stadtbezirke keine separaten Analysen für das Berliner Stadtgebiet 9,10 . Hier wäre der Zugang zu Aggregaten auf kleineren regionalen Einheiten wünschenswert. Solche Zahlen werden jedoch vom RKI nicht bereitgestellt.Einige Cluster liegen direkt an der Grenze zu Österreich beziehungsweise Tschechien. Hier ist es wünschenswert die Ausdehnung der Infektionscluster über die nationalen Grenzen darzustellen und gegebenenfalls die Dynamik an den nationalen Grenzen zu überprüfen. Dies plädiert für eine eher europäische Sichtweise. Klassische Kartendarstellungen 11,12 zeigen, dass sich die Corona-Pandemie in Europa zeitlich und räumlich sehr ungleich ausgebreitet hat. Allerdings würde die Realisierung einer Europakarte mit der hier benutzten statistischen Methodik auf Kapazitätsgren-9 https://www.berlin.de/corona/lagebericht/ (Download 21.322.021). 10 https://www.berlin.de/sen/gesundheit/service/gesundheitsberichterstattung/veroeffentlichungen/kurzinformiert/#Corona20 (Download 21.03.2021). 11 https://experience.arcgis.com/experience/3a056fc8839d47969ef59949e9984a71 (Download 23.03.2021).