key: cord-0061422-u76dgi04 authors: Eberbach, Wolfram title: Adolf Laufs, Christian Katzenmeier und Volker Lipp, Arztrecht. date: 2021-03-29 journal: Medizinrecht DOI: 10.1007/s00350-021-5811-4 sha: 884c6fb2c6cd2ca1cae9a6a21ce0719d507faa39 doc_id: 61422 cord_uid: u76dgi04 nan sowie der Telemedizin (Rdnr. 3). Diese Mega-Tendenz der Digitalisierung wird im gleichen Kapitel unter Rdnrn. 68 ff. (Die Ambivalenz des medizinisch-technischen Fortschritts) sowie in etlichen späteren Kapiteln -etwa unter Stichworten wie Datenschutz, ED-VDokumentation, Gefährdungshaftung und Recht auf Nichtwissen -erneut aufgegriffen. Damit bekommt diese Entwicklung zur immer weiteren Technisierung und Digitalisierung der Medizin und dadurch der Wandel des Arztberufes zu einem gleichsam "technischen Beruf "die gebührende Aufmerksamkeit. Teil "B. Arztrecht" dieses I. Kapitels geht auch auf weitere "moderne" Themen ein: auf Doping und personalisierte Medizin. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass das "Erfolgssystem Doping" (Rdnr. 46) den Arzt in einen Zwiespalt bringen kann, wenn nicht die Leistungssteigerung, sondern die durch Dopingmittel ausgelösten Gesundheitsgefahren sowie die "Reparatur" von unter Dopingeinnahme zugezogenen Sportverletzungen im Vordergrund stehen (Rdnr. 45). Die personalisierte Medizin (Rdnrn. 48 ff.) wiederum kennzeichnet das Problem, dass sie nicht generell für eine bestimmte Diagnose eine Therapie sucht, sondern die beste Therapie für einen einzelnen, ganz konkreten Patienten mit seinen Besonderheiten. Infolgedessen kann die personalisierte Therapie einerseits zum Heilversuch werden, andererseits "droht eine Zersetzung bestehender Standards" (Rdnr. 51). Das II. Kapitel behandelt kompetent das "Ärztliche Berufsrecht". Dass viele Ärzte sich nicht mehr als Vertreter eines sog. "freien Berufes" empfinden, ist angesichts der dargestellten Vielfalt der auf sie einwirkenden Regelungen und insbesondere der damit verbundenen, nie versiegenden Bürokratie nachvollziehbar. Dies ändert jedoch rein formal nichts an der Zuordnung zum "freien Beruf "(Rdnr. 4). Von besonderer Bedeutung für das Verhältnis Arzt-Patient ist der im III. Kapitel ausführlich besprochene Behandlungsvertrag. Er ist nach gesetzgeberischer Entscheidung privatrechtlicher Natur und als besonderer Vertragstyp in § § 630 a ff. BGB geregelt (Rdnr. 1). Zutreffend wird hervorgehoben, dass dieser privatrechtliche Vertrag -außer in Notfällen -keinem berufsrechtlichen Kontrahierungszwang unterliegt. Eine Abweisung erfordert jedoch sachliche Gründe -dies gilt auch bei mit HIV oder aktuell dem Coronavirus infizierten Patienten, vorausgesetzt, der Arzt kann für sich und seine Mitarbeiter eine Ansteckung durch geeignete und zumutbare Schutzmaßnahmen verhindern (Rdnr. 22). Im IV. Kapitel, "Die ärztliche Hilfspflicht", sind neben der ärztlichen Garantenpflicht und der allgemeinen Hilfeleistungspflicht nach § 323 c Abs. 1 StGB besonders die Ausführungen unter "D. Suizid und ärztliche Hilfeleistung" hervorzuheben. Hier wird u. a. zutreffend darauf hingewiesen, welche schwierige Situation das BVerfG geschaffen hat, indem es am 26. 2. 2020 den im Jahr 2015 ins StGB eingefügten § 217 StGB -Straf barkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung -für verfassungswidrig erklärte (zu diesem Thema ausführlich VI. Kapitel, Rdnrn. 98 ff.). Ebenso besonderes Interesse gebührt in diesem Kapitel etwa dem Teil "E. Kapazitätsmangel". Es liegt nahe, dass hier die Corona-Pandemie angesprochen wird. Mit den Themen Triage und Post-Triage werden schwergewichtige Fragen erörtert. Das V. Kapitel gilt den im Arztrecht fast ubiquitären Fragen von "Auf klärung und Einwilligung". Das klar gegliederte Inhaltsverzeichnis sowie das Stichwortverzeichnis mit ca. 110 Begriffen bieten dem Suchenden Orientierung. So findet man Ausführungen zum "informed consent" (Rdnrn. 5 ff.) ebenso wie zur Körperverletzungsdoktrin der Rechtsprechung (Rdnrn. 8 ff.), zur Bedeutung der Selbstbestimmung im Kontext der Auf klärung (B.) sowie zu der in bestimmten Fällen bestehenden Auf klärungspflicht über wirtschaftliche Fragen -zurecht wird vor der ihr innewohnenden Gefahr gewarnt, dass der Arzt gleichsam zum Vermögensberater des Patienten wird (Rdnr. 27). Der Umfang der Auf klärung in Relation zur Dringlichkeit der Behandlung und den spezifischen Behandlungsrisiken wird ebenso erörtert wie die Auf klärung über Behandlungsalternativen -auch solchen, die noch nicht Standard geworden sind. Hervorzuheben ist bei den "Einschränkungen der Selbstbestimmung" die komplexe Problematik der sog. "Therapeutischen Kontraindikation" (Rdnrn. 43 f.), früher "therapeutisches Privileg der Nichtauf klärung" genannt (Rdnr. 44) -um ein "Privileg" des Arztes geht es jedoch nicht, sondern wie immer geht es um das Wohl des Patienten. Nach den im VII. Kapitel behandelten, oft streitbefangenen Problemen von "Sterilisation, Schwangerschaftsabbruch und Sexualmedizin", widmet sich das VIII. Kapitel den Themen "Fortpflanzungsund Genmedizin". Der Teil A. "Grundlagen und Kontroversen" referiert die immer wieder erneut diskutierten Probleme der Menschenwürde des Embryos sowie die Zuordnung des IVF-Kindes zu genetischen, biologischen oder sozialen Eltern, je nach "Beitrag" der beteiligten Personen. Die zahlreichen "Rechtsschichten", die sich um die Fortpflanzungsmedizin legen, werden zutreffend entwirrt (Rdnrn. 5 ff. Jenseits dessen werden in diesem Kapitel alle für den Bereich "Arztfehler und Haftpflicht" relevanten Probleme aufgegriffen und sachgerecht erörtert, seien es etwa Organisationspflichten, horizontale wie vertikale Arbeitsteilung, die Anfängeroperation sowie die Delegation ärztlicher Aufgaben. Von besonderer Bedeutung ist auch die Qualitätssicherung (Rdnrn. 65 ff.). Sie dient nicht nur, so wird hervorgehoben, mit Gütesiegel und Zertifizierung für die Werbung, vielmehr sichert sie auch Behandlungserfolge und optimiert Handlungsabläufe, sie fördert die Selbstkontrolle und damit auch das Vertrauen der Gesellschaft (Rdnr. 74). In ähnlicher Weise vermögen beim Risikomanagement die Schadens-und Haftungsprävention zu wirken (Rdnrn. 75 ff.). Unverzichtbar ist für das ärztliche Handeln angesichts der biologischen Vielfalt, der es begegnet, die Therapiefreiheit (Rdnrn. 83 ff.); nur sie ermöglicht, Chancen und Risiken für das beste Ergebnis im konkreten Fall abzuwägen. Ein Korrelat dieser Therapiefreiheit ist die ärztliche Auf klärung (Rdnrn. 94 ff.), mit der der Arzt dem Patienten die individuelle Therapieempfehlung dargelegt. Die Teile "Außergerichtliche Streitbeilegung" und "Versicherungsrechtliche Fragen" schließen dieses Kapitel ab. Im XI. und XII. Kapitel stehen prozessuale Fragen im Vordergrund. Das XI. Kapitel behandelt zunächst die Frage nach dem richtigen Anspruchsgegner bei vertraglicher und bei deliktischer Haftung, das heißt nach der sog. Passivlegitimation. Ob niedergelassener Arzt, ob die verschiedenen Varianten von Ärztekooperationen in ihrer jeweiligen rechtlichen Gestalt, stets gilt es als erstes zu ermitteln, gegen wen man ggfls. klagen will (Rdnrn. 1 ff.). Das Kernproblem des Arzthaftpflichtprozesses, wird zurecht betont, bildet dann "regelmäßig die Beweisführung und häufig die Beweisnot des Patienten" (Rdnr. 46). Indessen belegt der Misserfolg der Behandlung nicht zwingend, dass sie fehlerhaft war, denn biologische und psychologische Reaktionen sind nicht mathematisch berechenbar. Der Behandlungserfolg wird zwar angestrebt, aber nicht geschuldet. Einleuchtend wird dargestellt, dass die Verteilung der Beweislast (Rdnrn. 48 ff.) -zu wessen Lasten geht die Nichtbeweisbarkeit -besondere Schwierigkeiten bereitet, wie die Grundregeln der Beweislast und die zunehmende Zahl von Ausnahmen (Beweiserleichterungen, Beweislastumkehr, Anscheinsbeweis) belegen: Stets bedeutet die Entlastung der einen Seite die Belastung der anderen. Die Veränderungen der Beweislast aus reinen Billigkeitserwägungen fordern Kritik und Lösungsvorschläge heraus (Rdnrn. 91 ff.). Die stattdessen oder zusätzlich erhobene Auf klärungsrüge birgt ihrerseits neue Probleme (Rdnrn. 150 ff.). Eine ganz andere Rolle, zeigt XII. Kapitel, nimmt der Arzt vor allem im Prozess als medizinischer Sachverständiger wahr. Er trägt jenes Fachwissen bei, über das das Gericht nicht selbst verfügt. Daher ist es Aufgabe des Gerichts, soweit erforderlich den Sachverständigen so lange zu Gutachten und Vortrag zu befragen, bis es dessen Ausführungen verstanden hat und einer Plausibilitätskontrolle unterziehen kann. Nur so, wird betont, ist zu vermeiden, dass der "Gehilfe" das Gericht dominiert und de facto die Entscheidung fällt (Rdnrn. 5 ff.). Dies leichter verhindern zu können ist der Vorteil spezialisierte Spruchkörper für Arzthaftungssachen (Rdnr. 10). Sofern ein Gutachten unrichtig ist -etwa wegen Zugrundelegung falscher Tatsachen Minderjährige und einwilligungsunf ähige Erwachsene in die medizinische Forschung einbezogen werden dürfen, denn einerseits besteht die Gefahr, sie zu instrumentalisieren, andererseits dass spezifische Krankheiten nicht erforscht werden können. Verschärft wird die Problematik, wenn anders als beim therapeutischen Experiment bei der nicht-therapeutischen Forschung ein Nutzen für Probanden per se nicht intendiert ist (Rdnrn. 89 f.). Indessen lassen internationale und nationale Regelungen (mit Ausnahme des Medizinprodukterechts) diese Art Forschung i. d. R. unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen grundsätzlich zu, an Minderjährigen jedoch nur, wird betont, wenn die zu erwartende Belastung minimal ist (Rdnrn 91 ff.). Medizinische Forschungsvorhaben sind an beratende Begleitung -und häufig die Zustimmung -von Ethikkommissionen gebunden, dies dient, wie zurecht hervorgehoben wird, außer dem Schutz der Probanden auch der Selbstkontrolle der Wissenschaft (Rdnrn. 109 ff., 115). Ethikkommissionen haben sich durch die Intensivierung ihrer Aufgaben zunehmend zu Kontrollorganen gewandelt (Rdnr. 130). Fazit: Jedes Kapitel bieten viel mehr Themen, als hier genannt werden konnten. Jeder Besprechung eines solchen Werkes wohnt jedoch unvermeidbar eine Tendenz zur Reduktion inne -sie wird nur entschuldigt durch die räumliche Begrenzung des Berichts. Angesichts der Vielzahl der in dem Handbuch erörterten Fragen lautet das Fazit: Wer sucht, der findet -man kann nichts Besseres sagen über ein solches Werk. Das Handbuch von Laufs/Katzenmeier/Lipp ist für das Arztrecht unentbehrlich. Sterbehilfegesetz -Augsburg-Münchner-Hallescher Entwurf. Gesetz zur Gewährleistung selbstbestimmten Sterbens und zur Suizidprävention. Während sich das Bundesgesundheitsministerium insoweit in Zurückhaltung übt, liegen inzwischen zwei Gesetzesinitiativen verschiedener Abgeordneter vor, die die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, dass "sich Menschen zukünftig einer Begleitung bis zum Lebensende sicher sein können und auch Zugang zu Medikamenten zur Selbsttötung erhalten." (Helling-Plahr-Entwurf ) Was die Darstellung des Urteils selbst betrifft, ermöglicht das Buch einen schnellen Zugriff auf die wesentlichen Gründe der Entscheidung, die § 217 StGB nicht isoliert, sondern mitsamt seines Normumfelds in den Blick nimmt Das dient ebenso wie die ausdrückliche Einräumung des korrespondierenden Rechts in § 2 an sich nur der Klarstellung und ist doch unerlässlich, um Rechtssicherheit für Suizidwillige und Suizidhelfer zu schaffen (Brade/Friedrich, Verf Blog 2021/1/16). Weitergehende -auf Behandlungsverzicht, -begrenzung und -abbruch beschränkte -Regelungen enthält der Entwurf indes für minderjährige Personen Sie gehen zu recht von der prinzipiellen Straffreiheit der Mitwirkung am Suizid aus: Soweit das Vorgehen dem Willen des Betroffenen entspricht, sind Verstöße gegen Verfahrens-oder Formvor-Dr. iur. Alexander Brade, Wissenschaftlicher Mitarbeiter