key: cord-0059091-oyjfqjn7 authors: Reuse, Svend; Frère, Eric; Thole, Frank title: Nachhaltigkeit in deutschen Banken – eine empirische Analyse nachhaltiger Assets im Kontext des BaFin-Merkblattes aus 2019 date: 2020-12-04 journal: Banking & Innovation 2020/2021 DOI: 10.1007/978-3-658-32427-8_7 sha: 0122bd656bb245ddb90acc29f35ebf36aeaba9b1 doc_id: 59091 cord_uid: oyjfqjn7 Nachhaltigkeit hat auch Eingang in das Aufsichtsrecht von Banken gefunden. Dieser Artikel analysiert die Inhalte des neuen BaFin-Leitfadens, gibt Umsetzungshinweise für die Praxis und beantwortet die Frage, ob nachhaltige Investments effizient sind oder nicht. Begriffe wie Nachhaltigkeit ("Sustainability") sowie ESG ("Environment Social Governance", dt.: Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) und SDG ("Sustainable Development Goals", dt.: Ziele für nachhaltige Entwicklung) als Standardkriterien nachhaltiger Anlagen sind in aller Munde. Nachhaltige Investments haben einen enormen Zuwachs erhalten. Die Vereinten Nationen betonten Ende März 2020 die Notwendigkeit, aus der COVID-19-Pandemie die entsprechenden Schlüsse zu ziehen und die Nachhaltigkeitsziele und die Agenda 2030 konsequenter und schneller umzusetzen (vgl. United Nations 2020a). Daher erscheint es im gemeinsamen Interesse der Regierungen und des Finanzsektors, dass Sustainable Finance noch konsequenter verankert wird. In Europa sorgt dafür u. a. die EU-Kommission mit einem eigens ins Leben gerufenen Aktionsplan, in dessen Kontext die "High Level Expert Group on Sustainable Finance" (HLEG) zahlreiche Maßnahmen zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum erarbeitet hat (vgl. u. a. HLEG 2018) . Aus Sicht der Autoren beinhalten diese Entwicklungen für Banken nicht nur neue regulatorische Verpflichtungen, sondern auch innovative Möglichkeiten. Infolgedessen fragen sich auch Anleger, inwieweit Banken, Asset-Manager und Vermögensverwalter in der Lage und bestrebt sind, die Nachhaltigkeitskriterien umfänglich zu erfüllen. Die Nachhaltigkeitskriterien orientieren sich nämlich nicht nur an der Verringerung von Klimaschäden, sondern auch an der Förderung von sozialer Teilhabe und guter Unternehmensführung. Dieser Artikel zeigt dazu verschiedene Definitionen des Nachhaltigkeitsbegriffs und Kriterien zur Messung auf, verschafft einen Überblick über die verschiedenen aufsichtsrechtlichen Anforderungen und diskutiert Handlungsimpulse für Banken und Sparkassen u. a. im Kontext des neuen BaFin-Leitfadens. Mit dieser Ausarbeitung sollen zwei Forschungsfragen beantwortet werden. 1. Zum einen geht es um die Frage, inwieweit Banken und Sparkassen Nachhaltigkeit in ihre Strategie, Risikosteuerung und Prozesse integrieren sollen bzw. müssen und dabei innovative Chancen aus der Nachhaltigkeitsentwicklung nutzen können. Während das Thema Nachhaltigkeit in Deutschland seinen Begriffsursprung insbesondere in der Forstwirtschaft hat und sich in den 1960er und 1970er Jahren in der Umweltdiskussion weiter herausgebildet hat (vgl. Gröneweg Auch wenn es somit schon länger "ethische" oder "grüne" Geldanlagen gab und sich einzelne Banken wie die GLS Bank, Fondsgesellschaften oder auch Vermögensverwalter hierauf fokussieren, so ist eine neue Dynamik aufgetreten, als seitens der United Nations im Dezember 2015 in Paris 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) veröffentlicht wurden (vgl. United Nations 2015, S. 14). Tab. 7.4 verschafft einen chronologischen Überblick über die Entwicklung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen in den vergangenen fünf Jahren. Im Januar 2020 legte die Europäische Kommission den sogenannten "European Green Deal" vor, d. h. einen übergreifenden Rahmen und ein Aktionsprogramm zur Umgestaltung der europäischen Wirtschaft. Eine Schlüsselkomponente des Green Deal ist das vorgeschlagene "Klimagesetz", das eine rechtliche Verpflichtung der EU zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 enthält. Die EU wird einen umfassenden Plan vorlegen, um das Klimaziel der EU für 2030 auf mindestens 50 % zu erhöhen. Die EU wird auch eine überarbeitete und ehrgeizigere Strategie zur Anpassung an den Klimawandel vorlegen, die auf den Anpassungszielen des Pariser Übereinkommens und der SDGs aufbaut (vgl. Europäische Kommission 2020). Am 20. Dezember 2019 veröffentlichte die BaFin ein Merkblatt, mit dem die beaufsichtigten Unternehmen eine Orientierungshilfe im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken erhalten. Das Merkblatt wird als Kompendium unverbindlicher Verfahrensweisen (Good-Practice-Ansätze) vorgestellt, das unter Berücksichtigung des Proportionalitätsprinzips (Wahrung der Verhältnismäßigkeit, d. h. große Unternehmen haben umfangreiche, kleinere Unternehmen kleinere Anforderungen zu erfüllen) von den beaufsichtigten Unternehmen im Bereich von Nachhaltigkeitsrisiken zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation und ein angemessenes Risikomanagementsystem angewendet werden kann. Das Merkblatt ist somit nicht 1:1 wie ein Gesetz oder eine Verordnung umzusetzen. Die bestehenden gesetzlichen Vorgaben, konkretisiert insbesondere durch die Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Kreditinstitute (MaRisk), seien zu beachten. Dies bedeutet, dass alle (wesentlichen) Risiken zu identifizieren, zu bewerten, zu überwachen, zu steuern und zu kommunizieren sind. Hierzu zählen als Teilaspekte bekannter Risikoarten auch Nachhaltigkeitsrisiken (vgl. BaFin 2019, S. 9-11). Das diesbezügliche Risikomanagement sei essentiell und beinhalte die Prozesse der Risikoidentifikation, der -steuerung und des -controllings sowie die "klassischen" Methoden und Verfahren unter besonderer Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken. So heißt es im Merkblatt, die BaFin nehme die aus dem Klimawandel resultierenden Risiken ernst, die daraus resultierenden Schäden könnten sich bei Fortschreibung der gegenwärtigen Entwicklung nach jüngeren Modellrechnungen auf weltweit bis zu US$ 550 Billionen summieren. Darum halte die BaFin insbesondere die beaufsichtigten Unternehmen dazu an, diese Risiken noch stärker in den Fokus zu nehmen. Nachhaltigkeit dürfe sich dabei nicht in Klimafragen erschöpfen, vielmehr könnten auch andere ökologische und soziale Aspekte gravierende Finanzrisiken für beaufsichtigte Unternehmen darstellen (vgl. BaFin 2019, S. 12). Aus Sicht der BaFin seien daher alle ESG-Risiken zu berücksichtigen, die sich letztlich aus den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen ableiten lassen (vgl. BaFin 2019, S. 13). Die BaFin definiert Nachhaltigkeitsrisiken wie folgt: Die Anzahl der ESG-und SDG-Datenanbieter für Nachhaltigkeitsbewertungen ist bereits recht groß (z. B. S & P Dow Jones, Reuters/Refinitiv, MSCI, Sustainalytics, Inrate, vgl. Offenlegungspflichten für ESG-Faktoren/ -Auswahlkriterien. Fokus auf Vertragspartner, die als nachhaltig gelten. Vertragsanpassungen mit ESG-Rating-Agenturen. Ein renommierter Anbieter für ESG-Ratings ist seit vielen Jahren auch der Finanzdienstleister MSCI, der hier als Beispiel für Struktur und Vorgehen bei ESG-Ratings dienen soll. Diese Ratings basieren auf vorhandenen Informationen von Unternehmen über ESG-relevante Bereiche und auf der Erfahrung und Arbeit des Unternehmens. Abb. 7.3 veranschaulicht das auf Basis von über (A) 1000 Ausgangsdatenpunkten, aus denen schließlich (B) 37 Hauptmesspunkte ermittelt werden, an denen die ESG-Performance eines Unternehmens gemessen werden können. Diese werden anschließend gewichtet und in ein (E) Rating von AAA bis CCC überführt. Dabei können Sub-Scores nach den zehn definierten (C) Themenschwerpunkten und (D) drei Säulen (Pillars) E, S und G jeweils in einer Range von 0 bis 10 aufgeführt werden (vgl. MSCI 2019). Im Rahmen der Banksteuerung gilt es, mehrere Aspekte zu beachten. Aus strategischen Gründen, aber auch zur Vermeidung von Reputationsrisiken sollte sich jedes Institut mit der Frage beschäftigen, ob und inwieweit Nachhaltigkeitsrisiken Eingang in die Steuerung finden sollten. Auch wenn das Merkblatt vorerst "nur" empfehlenden Charakter hat und nicht rechtsverbindlich einzuhalten ist (vgl. BaFin 2019, S. 10), so wird doch ein Auseinandersetzen mit den Inhalten erwartet (vgl. BaFin 2019, S. 10). Dies bedeutet, dass die Institute das Thema in ihrer Geschäfts-und Risikostrategie zumindest erwähnen sollten. Auch in Risikoinventur und in den Stresstestszenarien ist eine qualitative Beachtung der Inhalte des BaFin-Merkblattes angeraten. Da Nachhaltig- keitsrisiken richtigerweise nicht als separate Risikokategorie betrachtet werden, ist der Aufwand jedoch überschaubar. Eine zu detaillierte Beachtung der Inhalte des Leitfadens wird nicht angeraten -auch wenn die genannten Beispiele (vgl. BaFin 2019, S. 16 ff.) in sich richtig und logisch erscheinen, übersteigen sie die Minimalanforderungen der MaRisk deutlich. Zudem sind die theoretisch erarbeiteten Zusammenhänge in der Praxis oft nur sehr schwer zu modellieren. Oft liegt dies an der Verfügbarkeit der Daten und der Datenqualität. Die beispielhaft modellierten physischen Risikotreiber und Transitionsrisikotreiber (vgl. BaFin 2019, S. 17) sind schon in der Szenarioanalyse der Stresstests über alle Risikoarten komplex genug -eine methodische Separierung der Nachhaltigkeitsaspekte dürfte hier oftmals nicht hinreichend valide gelingen. In Summe kann bezüglich der ersten Forschungsfrage (Sollen sich Institute mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen und wenn ja, in welcher Tiefe?) Folgendes ausgeführt werden: Eine Beschäftigung an vielen Stellen in der Bank kann, abhängig von der Größe und von der Komplexität des Geschäftsmodells, sinnvoll sein. Letztlich offeriert der Leitfaden viele Ansatzpunkte, die eine kritische Reflektion ermöglichen. Auch wenn das Merkblatt -Stand heute -noch nicht verbindlich für die Institute ist, so lassen Veröffentlichungen der EBA und auch die Formulierungen im Leitfaden der BaFin die Schlussfolgerung zu, dass eine spätere verbindliche Verankerung, z. B. in den MaRisk, nicht auszuschließen ist. Da dies dann ohne Umsetzungsfristen geschehen wird, ist eine frühzeitige Beschäftigung mit den Inhalten angeraten, auch wenn es für eine umfangreiche Umsetzung der Inhalte aus Sicht der Autoren an vielen Stellen noch zu früh ist. Eine Umsetzung mit Augenmaß im Kontext der Öffnungsklauseln der MaRisk ist zu empfehlen, vor allem dann, wenn sich auch Vorteile für das Geschäftsmodell heben lassen. In Aufbauend auf den Erkenntnissen lassen sich folgende Forschungshypothesen ableiten, wie Tab. 7.8 zeigt. Die Hypothesen erweitern somit bestehende Analysen und gehen zudem auf die These einer besseren Performance nachhaltiger Investments ab 2014 ein. Der Fokus dieses Beitrags liegt nicht auf Einzeltiteln und auch nicht auf aktiven Managementansätzen, wie es in einigen der oben erwähnten Studien der Fall war. Vielmehr wird auf passives Management abgestellt. Hierdurch kann die Überperformance, die ein aktiver Fondsmanager erwirtschaftet, weitestgehend egalisiert werden. Die Unterscheidung weltweiter Indizes in nachhaltig und nicht-nachhaltig ist das einzige Kriterium, was die Zusammensetzung der Indizes beeinflusst. Die zu untersuchende Variable "Nachhaltigkeit" ist aus Sicht der Autoren so am ehesten isolierbar (vgl. auch Büscher et al. 2013, S. 83 ff.) . Es werden mehrere Indizes analysiert. Voraussetzung ist, dass sie als Performance-und Kursindizes (mit und ohne Dividendeneffekt) vorliegen Die Ergebnisse sind wiederum nicht eindeutig. Auch hier ist erkennbar, dass die Jahresperformances unabhängig davon, wie sie ermittelt werden, keine Überperformance der nachhaltigen Assets erkennen lassen. Einzig der Global Challenges besticht hier durch seine Outperformance. Dies ist in beiden Zeiträumen festzuhalten. In Bezug auf die Risikowerte ist dies ebenfalls der Fall. Der nachhaltige Emerging-Market-Index hat in drei Berechnungsmethoden in der langen Historie ein geringeres Risiko. Erwartungsgemäß ist das Risiko des MSCI World in allen Zeiträumen sehr niedrig und oft auch der niedrigste Wert. Sein Nachhaltigkeitspendant hat hier vor allem im kurzen Zeitraum geringere Risiken als der Hauptindex. Allerdings lässt sich auch hier keine strukturell geringere Risikolage nachhaltiger Assets konstatieren. Dasselbe gilt für die RORACs. Sie sind nicht eindeutig nach nachhaltig/nicht-nachhaltig sortierbar. Einzig der Global Challenge weist aufgrund seiner Performance einen signifikant höheren RORAC auf. Dies zeigt auch die Rangfolge der RORACs, die dem MSCI World immer einen Rang von 2-3 bescheren, wobei sein Nachhaltigkeitspendant hier sehr nahe aufschließt. Beide Dow-Jones-Indizes können hier nicht überzeugen, sie liegen weiter hinten. Im nächsten Schritt gilt es, den Vergleich der beiden Zeiträume näher zu fokussieren. Hierzu werden in Ergänzung zu den vorherigen Ausführungen im Rahmen eines Risk/ Return-Diagramms die monatlich überlappenden Werte dargestellt. Auf diese wird deshalb abgestellt, weil die Stichprobenanzahl groß genug ist. Zudem ist der Autokorrelationseffekt noch vergleichsweise gering. Die Ergebnisse zeigt Abb. 7.7. Im direkten Vergleich der Indizes wird deutlich, dass der MSCI Emerging Markets sich in der kurzen Historie als deutlich ineffizient herausstellt. Während er in der langen Historie noch näher am Europe Stoxx 600 und DSJI Europe lag, ist er nunmehr das risikoreichste Asset, während sein Nachhaltigkeitspendant in der langen Historie am risikoreichsten war. Diese Erkenntnis ist auch bei den anderen VaR-Berechnungen sichtbar. Hier scheint die These, dass der kurze Zeitraum zu besseren Risk/Return-Verhältnissen führt, nicht widerlegt werden zu können. Auch der DJSI Europe weist in der kurzen Historie nun ein leicht besseres Risk/Return-Verhältnis auf als der Europe Stoxx 600. Beim Vergleich MSCI World und DJSI World fällt auf, dass sich der Abstand verringert hat. Immer noch ist der MSCI effizienter, aber nur noch marginal. Umgekehrt ist die Entwicklung beim MSCI World vs. MSCI World ESG: Während die Performance RORAC Jahr = r Index − r f VaR 99 % in beiden Zeiträumen für beide Indizes nahezu identisch ist, ist der MSCI World in der kurzen Historie der effizientere -dies widerspricht der o. g. These. Auch auf Basis dieser Analysen lässt sich keine signifikante Bestätigung von These 4 ableiten. Bei einigen Indizes bestätigt sich dies, es ist aber nicht durchgehend der Fall. In einem weiteren Schritt werden die Korrelationen der Indizes zueinander analysiert. Dies zeigt Abb. 7.8, wobei die Korrelationen der Indizes zur sicheren Rendite informatorisch in grau mit aufgeführt werden. Zu erkennen ist, dass alle Aktienindizes hoch miteinander korrelieren. Werden Korrelationen auf Tagesbasis ermittelt, sind gerade die Emerging-Market-Indizes noch recht gering korreliert. Gleichwohl ist dies in den anderen Berechnungen kaum noch spürbar. Die durchschnittliche Korrelation liegt immer über 0,8. Dies bedeutet, dass These 6 als verifiziert gelten kann. Gerade die oben analysierten Indexpaare sind hochkorreliert, eine Diversifikation auf Basis des Nachhaltigkeitskriteriums ist nicht zu empfehlen. Anzumerken ist jedoch, dass Aktien mit vielen anderen Assetklassen gar nicht oder sogar negativ korrelieren (vgl. umfassend Reuse 2011, S. 143 ff.) . Dies ist auch hier der Fall: Korrelationen zum erzeugten EONIA Performance Index sind ausnahmslos negativ, was zu einer Diversifikation einlädt. Im letzten Schritt werden die durchschnittlichen Dividenden der Indizes miteinander verglichen. Hierzu wurden die obigen Berechnungen der CAGR ("Compound Annual Growth Rate") für alle Kurs-und Performance-Indizes durchgeführt. Die Dividendenrendite ist vereinfacht ausgedrückt: Die so ermittelten Dividendenrenditen zeigt Abb. 7.9. Die Dividendenrenditen liegen zwischen 2,17 % und 3,57 %. Ersterer ist der MSCI World, letzterer der Europe Stoxx 600. Der MSCI World ESG hat eine leicht bessere Dividendenrendite als der MSCI selbst, der DSJI Europe eine schlechtere als der Europe Stoxx 600. Der nachhaltige MSCI-Emerging-Market-Index schüttet leicht besser aus als der klassische MSCI-Emerging-Market-Index. Die Ergebnisse des Artikels und die Beantwortung der beiden Forschungsfragen lassen sich wie folgt zusammenführen: In Bezug auf die erste Frage, ob und inwieweit Banken und Sparkassen Nachhaltigkeit in ihre Strategie, Risikosteuerung und Prozesse integrieren sollen bzw. müssen, lässt sich Folgendes ausführen: Auf Basis des Leitfadens lassen sich einige Aspekte aufzeigen, die sinnvoll sind und im Kontext der Vermeidung von Reputationsrisiken umgesetzt werden können. Auch vor dem Hintergrund, dass Kundinnen und Kunden immer mehr auf das Thema Nachhaltigkeit achten, lohnt sich eine Beschäftigung mit dem Thema und auch die Integration in die Risikoinventur und die Strategien. Allerdings sollte gleichzeitig beachtet werden, dass Kunden kaum bereit sind, für Nachhaltigkeit mehr Kosten oder weniger Erträge in Kauf zu nehmen (vgl. Maisch 2020, S. 29). Folglich ist aus Sicht der Autoren bei der Umsetzung mit Augenmaß vorzugehen. Nicht alle abstrakt formulierten Anforderungen des Leitfadens lassen sich hinreichend valide in die Praxis übertragen. Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzender Aufwand, den jedes Institut sorgfältig abwägen muss (vgl. auch Ender und Wimmer 2020, S. 9). Da das Thema aus Sicht der Autoren aber kurz-bis mittelfristig an Verbindlichkeit gewinnen wird, ist eine Beschäftigung in Abhängigkeit von Art, Umfang und Komplexität des Geschäftsmodelles empfehlenswert. In Bezug auf die zweite Frage nach der Effizienz nachhaltiger Assetklassen sind die Aussagen nicht eindeutig. Im Kontext der ESG-Kriterien kommen Khan et al. (2016) zu dem Schluss, dass wesentliche Nachhaltigkeitsaspekte einen signifikanten Einfluss auf die Performance eines Unternehmens haben (vgl. weiterführend auch Khan 2019, S. 103 ff.). Die Untersuchung von Amel-Zadeh und Serafim (2018) stellt die Schlussfolgerung auf, dass ESG-Informationen vor allem vor dem Hintergrund der finanziellen Performance einer Anlage benötigt und genutzt werden und ein intensiviertes Engagement mit der Anlage ermöglichen. In dieser Studie wird zudem als größte Herausforderung die fehlende Vergleichbarkeit von ESG-Informationen aus den Firmen erwähnt. Der Status quo der Literatur kann jedoch keine signifikante Outperformance nachhaltiger Investments feststellen. Sustainable Investments schneiden nicht wesentlich schlechter ab als traditionelle Investments. Die aktuelle Studie in diesem Artikel bestätigt diese Erkenntnisse. Auch in jüngerer Vergangenheit haben nachhaltige Assets nicht besser performt als traditionelle, ein Investment für eine Bank nur unter diesem Gesichtspunkt ist nicht eindeutig zu empfehlen. Allerdings bedeutet dies auch, dass nachhaltige Assetklassen im Eigen-und Kundengeschäft verwendet werden können, ohne dass diese per se ineffizient sind und zu Lasten der Performance des Kunden oder der Bank gehen. Ist einer Bank das Thema ESG jedoch wichtig, so spricht nichts dagegen, nachhaltige Assets in das Depot A aufzunehmen. Dass sich Institute in Zukunft intensiver mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen werden, sieht auch die Deutsche Kreditwirtschaft so: "Aufgrund der darin von der Aufsicht formulierten Erwartungshaltung werden sich die Institute ohnehin künftig mit Nachhaltigkeitsrisiken noch intensiver als bisher schon befassen und diese angemessen und dem Proportionalitätsgrundsatz entsprechend in ihre Risikomanagementsysteme integrieren" (Deutsche Kreditwirtschaft 2020, S. 6). Ab 2021 wird das Thema in die Aufsichtsprozesse integriert, was ebenfalls zu mehr Verbindlichkeit führen wird. Auch hier wird der hohe Aufwand in der Implementierung gerade bei kleinen und wenig komplexen Instituten angeführt (vgl. Deutsche Kreditwirtschaft 2020, S. 7). Es bleibt abzuwarten, welche Best-Practice-Beispiele sich hier herauskristallisieren werden. Schon jetzt wird aus Sicht der Autoren allerdings deutlich, dass eine unreflektierte Beschäftigung mit dem Thema nicht zwingend einen Mehrwert für ein Institut darstellt. Bezüglich der Effizienz der Assetklassen kann in einem nächsten Schritt der Fokus auf aktives Management gelegt werden. Unter Umständen ist je nach Ausgestaltung eines nachhaltigen Investmentprozesses hier eine signifikante Outperformance feststellbar. Auch eine kritische Analyse des neuen Dax 50 ESG im Vergleich zum Dax 30 bzw. MDax wäre eine weitere interessante Forschungsfrage, gerade im Kontext der hochvolatilen Märkte im März 2020 (vgl. Zydra 2020, S. 15). Allein aus der Begrenzung von Reputationsrisiken und strategischen Risiken ist eine Beschäftigung mit dem Thema sinnvoll und wichtig: Eine Bank, die nachhaltige Assets negiert und nur auf Gewinnerzielung aus ist, kann bei beiden Risikoarten schnell Aus-wirkungen spüren. Sowohl die Aufsicht als auch die Stakeholder einer Bank erwarten, dass Banken in der Gesellschaft mit gutem Beispiel vorangehen. Nachhaltigkeit und deren Umsetzung stellt die Banken vor große Herausforderungen. Hierbei macht es die Vielfalt der Regelungen und Veröffentlichungen nicht einfach. Der Artikel stellt diese Regelungen vor, definiert Nachhaltigkeit und beantwortet zwei Forschungsfragen. Die erste Forschungsfrage analysierte, ob und inwieweit sich Institute mit dem Thema Nachhaltigkeit im Kontext des BaFin-Leitfadens aus 2019 befassen sollen. Die Empfehlung lautet, eine Umsetzung mit Augenmaß vorzunehmen, damit das Thema einerseits adäquat in der Bank verankert werden kann, aber andererseits nicht zu viele Kapazitäten im Haus bindet. Die zweite Forschungsfrage behandelte die empirische Effizienz nachhaltiger passiver Assetklassen. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass nachhaltige Investments kein schlechteres Risk/Return-Verhältnis aufweisen als traditionelle Investments -allerdings lässt sich eine Outperformance nicht nachweisen. Nachhaltigkeit wird am Markt folglich nicht abgestraft, aber auch nicht mit einem besonderen Wert versehen. 83 7.2.2 Kategorien von Nachhaltigkeit: Environment Social Governance (ESG) 3.3 BaFin-Merkblatt zur Nachhaltigkeit (2019) 100 7.4.1 Status quo in der Forschung Nachhaltige Investments -Strategien und Asset-Manager-Performance in Europa Why and how investors use ESG information: Evidence from a global survey Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken Die Bedeutung der SDG für nachhaltige Investments Die Nachhaltigkeitsagenda und die Rio-Konferenzen Nachhaltig starke Performance -Der Global Challenges Index Sustainable Finance: Wie "grün" sind die Banken? diebank Gesetz zu dem Übereinkommen von Paris vom 20. Oktober Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie Neuauflage Sustainable Investments -Outperformance gegenüber traditionellen Kapitalanlagen? Controller Magazin The case for and against business assumption of social responsibilities Zeitreihe BBK01.ST0304: Geldmarktsätze/EONIA/Tagessatz Stellungnahme zum Zwischenbericht des Sustainable Finance-Beirats EBA/GL/2014/13 -Leitlinien zu gemeinsamen Verfahren und Methoden für den aufsichtlichen Überprüfungs-und Bewertungsprozess (SREP) vom 19. Dezember pdf/5d63aad3-5b03-4301-b1c9-174e3670ad66. Zugegriffen: 13 EBA action plan on sustainable finance Finanzwirtschaft und Nachhaltigkeit -Neue Anforderungen an das Risikomanagement und die Rolle der ESMA's technical advice to the European commission on integrating sustainability risks and factors in MiFID II EU Technical Expert Group on Sustainable Finance Aktionsplan: Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Brüssel, 08.03 Factsheet financing sustainable growth. European commission action plan Kapitalmarktunion: Kommission begrüßt Einigung über Offenlegungsvorschriften für nachhaltige Investitionen Leitlinien für die Berichterstattung über nichtfinanzielle Informationen: Nachtrag zur klimabezogenen Berichterstattung Fragen und Antworten: Politische Einigung auf ein EUweites Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen (Taxonomie). Brüssel Financing the green transition: The European green deal investment plan and just transition mechanism Nachhaltige Finanzierung Corporate social responsibility in limelight-industries -Eine integrative betrachtung Financing a sustainable European economy. Final report 2018 by the highlevel expert group on sustainable finance Integration von ESG-Kriterien Corporate governance, ESG, and stock returns around the world Corporate sustainability: First evidence on materiality Nachhaltige Investments aus dem Blick der Wissenschaft: Leistungsversprechen und Realität -Analysebericht. Steinbeis Research Center for Finance Rendite wichtiger als Nachhaltigkeit. Handelsblatt, 29. MSCI MSCI world index (USD) MSCI emerging markets ESG leaders index (EUR) Nachhaltige Finanzwirtschaft: Veränderungen in Umwelt und Gesellschaft -Umgang der BaFin mit Risiken Distribution of share and bond prices -An analysis with the Kolmogorov-Smirnov and Jarque Bera test via MS Excel at the example of the German RexP and DAX. 2nd International PhD Conference -New Economic Challenges Korrelationen in Extremsituationen -Eine empirische Analyse des deutschen Finanzmarktes mit Fokus auf irrationales Marktverhalten Vernetztes Risiko-und Nachhaltigkeitsmanagement -Erfolgreiche Navigation durch die Komplexität und Dynamik des Risikos Does the Square-root-of-time Rule lead to adequate values in the risk management? -An actual analysis. Financial Management of Firms and Financial Institutions Proceedings (Part II Factsheet Dow Jones sustainability world index Factsheet Dow Jones sustainability Europe index Report of the world commission on environment and development -Our common future. Conclusion, S. 41 Rate the raters 2019: Expert views on ESG ratings Ein Dax für die Nachhaltigkeit. Süddeutsche Zeitung