key: cord-0057230-egbpceo1 authors: Menze, Steffen; Wittich, Laura; Schmidt, Torben title: Heuristiken zur Ermittlung der Eigenkapitalrendite date: 2020-11-30 journal: Control Manag Rev DOI: 10.1007/s12176-020-0334-9 sha: 40acba70a21421a0de983cef21155f8bb75d9f62 doc_id: 57230 cord_uid: egbpceo1 nan Option ist, die Renditeanforderungen der Eigenkapitalgeber mithilfe einer Heuristik zu ermitteln und das Ergebnis dem Status quo gegenüberzustellen. Reduzieren sich unter Anwendung des heuristischen Modells die Eigenkapitalzinsen, kann das Unternehmen die Differenz nutzen, um sie auf andere Stakeholder zu verteilen. Seit über zehn Jahren gehen die Entwicklungen des Basiszinssatzes und der Zinsen der Eigenkapitalgeber auseinander. Gemäß einer Studie von KPMG beträgt die Differenz zwischen fünf und inzwischen sieben Prozentpunkten (vergleiche KPMG 2018) . Anders ausgedrückt ist der Eigenkapitalzinssatz damit mehr als dreimal so hoch wie der Basiszinssatz. Demnach haben die Eigenkapitalgeber aufgrund ihrer zusätzlichen beziehungsweise anders gearteten Risiken und trotz der eingeräumten Mitspracherechte einen enormen Aufschlag erhalten, dessen Höhe sich auch mit kapitalmarkttheoretischen Modellen nicht erklären lässt. Gerechtfertigt erscheint demnach lediglich ein Aufschlag von etwa einem Prozentpunkt gegenüber dem Basiszinssatz. Dieses ungewöhnlich hohe Auseinanderfallen der Renditen ist bereits für zahlreiche Länder sowie langfristige Zeithorizonte nachgewiesen worden und wird als "Equity Premium Puzzle" bezeichnet (vergleiche Mehra 2006, S. 4.) . Eine Heuristik beschreibt allgemein die Suche nach Vorgehensweisen, mit denen sich Problemstellungen bei begrenzten Informationen pragmatisch und mit vergleichsweise geringem Aufwand lösen lassen. Die mittels einer Heuristik ermittelten Ergebnisse basieren dabei auf mutmaßlichen Schlussfolgerungen oder auch Faustregeln. Im Gegensatz zu analytischen Lösungsverfahren, wie beispielsweise einer line- Insgesamt konnten Lingnau/Fuchs mit diesem Heuristik-Modell in einer ersten Untersuchung einen maximalen Zuschlag in Höhe von 10,5 Prozent auf den Fremdkapitalzinssatz ermitteln, der auf den historischen Daten deutscher börsennotierter Unternehmen zwischen 2013 und 2017 basiert (vergleiche Lingnau/Fuchs 2018, S. 37 ff.). Diese Heuristik ist dabei keineswegs auf historische Daten begrenzt, sondern kann auch zukunftsgerichtet sowie unternehmensindividuell ausgestaltet werden. Zudem lässt sie sich zu einem geregelten Prozess ausbauen, bei dem dem Management eine aktive Rolle zukommt. Schließlich werden die so ermittelten Renditen auch gegenüber aktuellen sowie potenziellen Anlegern verwendet, um sie von dem eingeschlagenen Kurs des Unternehmens zu überzeugen. Dem Controlling als Business Partner obliegt es hierbei, den Prozess zu koordinieren sowie die Heuristik durch weiterführende Analysen argumentativ zu untermauern. Werden dazu Modelle oder externe Daten herangezogen, sollten diese allgemein anerkannt beziehungsweise für Dritte zugänglich sein. Werden interne Daten verwendet, ist auf die strategische Unternehmensplanung abzustellen. Sofern dabei neben Risiken auch Chancen existieren, sind diese separat voneinander zu ermitteln und anschließend wieder miteinander zu verrechnen. Idealerweise basieren der zugrunde liegende Fremdkapitalzinssatz und die herangezogenen Daten dabei auf äquivalenten Laufzeiten. Überdies ist es naheliegend, eine Verknüpfung mit dem Chancen-und Risiko- • Das Shareholder-Value-Konzept soll nach Empfehlung des Business Roundtables künftig in den Hintergrund rücken, was zu einem Umdenken bei der Ermittlung der Eigenkapitalrendite führen muss. • Eine Heuristik setzt auf dem unternehmensindividuellen Fremdkapitalzinssatz auf und berücksichtigt die unterschiedlichen Chancen und Risiken der Eigenkapitalgeber durch spezifische Zuschlagssätze. • Ein Fallbeispiel zeigt, wie sich eine Heuristik in den strategischen Unternehmensplanungs-sowie Chancen-und Risiko-Management-Prozess integrieren lässt. Management herzustellen. Abbildung 1 fasst die aufgezeigte Vorgehensweise zusammen. In unserem Fallbeispiel möchte ein börsennotiertes Unternehmen den Empfehlungen des Business Roundtables folgen und die aktuelle Gewinnverteilung prüfen sowie gegebenenfalls eine Umverteilung der Gewinne vornehmen. Dazu sollen die bisher mit dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) ermittelten Mindestanforderungen der Eigenkapitalgeber in Höhe von 8,45 Prozent durch die heuristische Vorgehensweise neu bewertet werden. Das Unternehmen legt Wert auf eine langfristige Finanzierung und hat hierzu die in Tabelle 1 aufgeführten Fremdkapitalinstrumente eingesetzt. Die minimale Restlaufzeit von fünf Jahren repräsentiert den zukünftigen Zeitraum mit sicheren Finanzierungskonditionen. Dieser Zeitraum deckt zugleich die Unternehmensstrategie ab und dient als Basis für die Ermittlung relevanter Parameter. Um die für das Heuristik-Modell zu empfehlende Laufzeitäquivalenz sicherzustellen, sollten die weiterzuverarbeitenden Daten folglich einen zukunftsgerichteten Zeitraum von fünf Jahren umfassen. Bei der genannten Laufzeit entspricht der gewichtete Fremdfinanzierungssatz 2,85 Prozent. Die Bestimmung des ersten Zuschlagsatzes für die Nachrangigkeit des Eigenkapitals im Insolvenzfall erfolgt anhand der strategischen Zielsetzung des Unternehmens, eine Einstufung im Recovery Rating der Kategorie 3 der sechs möglichen Kategorien anzustreben. Recovery Ratings zeigen dabei die Deckungsquote beziehungsweise das Ausfallrisiko, das Gläubiger im Insolvenzfall eines Unternehmens tragen (vergleiche Tabelle effekt dabei ist, dass ein so ermittelter Renditeanspruch intersubjektiv nachvollziehbar ist. Insofern lässt sich nicht nur die Akzeptanz der Aktionäre, sondern auch die weiterer Stakeholder gewinnen. Letztlich könnte sogar eine gesellschaftlich legitimierte Höhe der Renditeanforderung der Eigenkapitalgeber erreicht werden (vergleiche Lingnau/Fuchs 2018, S. 41). Voraussetzung dazu ist, dass seitens des Managements der aktive Diskurs mit den Stakeholdern geführt wird. Damit lässt sich auch der Nachteil der Heuristik, keine optimale Lösung zu bieten, überwinden. Gelingt all dies nicht, könnte zur Finanzierung der übergeordneten Ziele alternativ die Ausschüttungspolitik dahin gehend angepasst werden, dass beispielsweise zunächst die übergeordneten Ziele finanziert und nur ein Residualbetrag an die Anteilseigner ausgeschüttet werden darf. Die Folgen der Corona-Pandemie dürften bei vielen Unternehmen und deren Stakeholdern zu einem Umdenken führen und andere Ziele als bisher in den Fokus rücken. Dazu könnte eine Reduzierung der Renditeforderung beitragen. Vor diesem Hintergrund ließe sich der hier diskutierte Paradigmenwechsel vermutlich leichter vollziehen als in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten. Möglicherweise leistet ein solcher Schritt aber auch einen Beitrag zur Lösung des "Equity Premium Puzzles" sowie zu mehr Nachhaltigkeit in der Unternehmensführung. Business Roundtable Redefines the Purpose of a Corporation to Promote An Economy That Serves All Americans Bandbreitenplanung, Planungssicherheit und Monte-Carlo-Simulation mehrerer Planjahre: Risikoaggregationauch über die Zeit Heuristik 4.0: Heuristiken zur Evaluation digitalisierter Arbeit bei Industrie-4.0 und KI-basierten Systemen aus soziotechnischer Perspektive New Business Models -Risk and Rewards Das Ende der Einmütigkeit der Shareholder? The Equity Premium Puzzle: A Review Shareholder Value Is No Longer Everything Decision Making With The Analytic Hierarchy Process Portfolio-Management: Theorie und Anwendung, 5. Auflage, Frankfurt am Main Standard & Poor's Ratings Definitions Gewerbemeldungen und Insolvenzen -Insolvenzverfahren von Unternehmen nach Höhe der Forderungen und finanziellen Ergebnissen Angaben zu den Autoren Steffen Menze war bis August 2019 Leiter Controlling -Methoden und Standards bei der K+S AG in Kassel. E-Mail: steffen.menze@gmx.net Laura Wittich ist Mitarbeiterin Controlling Systems bei der K+S AG in Kassel Optimierung der Unternehmensfinanzierung Beteiligungsmanagement und Bewertung für Praktiker, 3. Auflage